Das Problem, was man eben mit Andorianern, etc. hat, ist ja, dass es durchaus Sinn macht, dass sie eher militärische Positionen einnehmen. Wenn man bedenkt, dass Planeten in ST (sowie in vielen Sci-Fi Filmen/Serien) die Rolle von Ländern einnehmen, ist es nicht verwunderlich.
Ja, wobei ich nicht weiß, wie zeitgemäß das noch ist. In den Sechzigern war es vielleicht noch okay, wenn die Klingonen Sowjets und die Romulaner Chinesen darstellen sollte, auch, weil die Art, in der die Geschichten erzählt wurden, spielerischer und eben auch allegorischer waren. Darüber hinaus ist selbst das mit den Länderstellvertretern nicht sonderlich geschickt, denn selbst wenn man das in den USA manchmal anders sah: Auch die Russen waren Menschen

Der Fehler, der von ST gemacht wurde, war es, an dieser Stelle das ganze noch zu überspritzen. Selbst wenn z.B. die Andorianer sich im ewigen Eis stets als bestangepassteste Spezies gegenüber anderen bewähren mussten und dabei vermutlich sowohl Disziplin und ausgelebte Emotionalität (Kultur) als auch physiche Stärke, evtl. Raubtiereigenschaften (biologisch) erworben haben, dürfte sich das nicht in jedem Individuum widerspiegeln. Die ST-Serien reduzieren viel zu stark auf die besagten Eigenschaften, die aus der Natur des Volkes resultieren. Ein Andorianer kann z.B. einerseits physisch stark sein, in Situationen, in denen es erforderlich ist, diszipliniert und beherrschaft auftreten, aber gleichzeitig eine sentimentale Person sein, die in ihrer Freizeit Liebeslyrik verfasst, und sich schüchtern verhalten.
Selbst da kann man letzten Endes skeptisch sein, denn warum sollten Wesen durch den evolutionären Druck einer kalten Welt militärisch werden? Man möchte meinen, dass diese Wesen - wenn sie eine Zivilisation als Ergebnis entwickeln konnten - eher auf Kooperation denn auf Konfrontation setzen würden. Aber gut, das kann man freilich irgendwie konstruieren, wenn man will.
Bei TOS hatte ich manchmal den Eindruck, dass man sich da entweder überhaupt keine Gedanken gemacht hat und das im Guten wie im Schlechten. Bleibe ich bei dem Andorianer-Beispiel, finde ich da zum Beispiel gar nichts, was das spätere Bild bestimmen könnte, andere Aliens sind da sicher klischeehafter definiert. Richtig bedauerlich ist, dass ENT hier ein ganz schlechtes Bild abgegeben hat, denn hier waren die Andorianer plötzlich - das kam für mich völlig aus dem Nichts - auf eine Rolle festgelegt und erfüllten nur einen Zweck. (Selbst bei diplomatischen Verhandlungen haben wir keine anderen Andorianer mit neuen Facetten zu sehen bekommen).
Jedenfalls gebe ich Dir Recht: Man hat zu oft einseitige Charaktermerkmale durchgezogen.
Aber ich muss hier auch wieder auf das Grundproblem zu sprechen kommen, das ist schon fast aussichtslos: Lässt man Außeriridische in ihren Verhaltens- und Charakter-Merkmalen vollkommen menschlich auftreten, braucht man sie nicht als Außerirdische, denn dann sind die Unterschiede im wahrsten Sinne des Wortes rein obrflächlich. Hebt man allerdings einzelne Merkmale hervor, kann man kaum anders, als in Klischees abzurutschen und die Figur einseitig in eine Seite zu schicken. Gibt man ihr Kompensationmerkmale, wirkt das schnell konstruiert und bemüht, um einen ausgewogeneren Charakter zu erreichen. Doch dieses Bild bemisst sich dann immer nach dem Vorbild des Menschen (als Identifikations- und Referenzfigur, schließlich besteht die Leserschaft aus Menschen) und wenn man das erreichen will, kann man doch gleich auf Menschen als Figuren zurückgreifen.
Deswegen gefällt es mir, wenn man den Mut besitzt, mit den Gegenheiten die notwendige Fremdheit auch durchzuziehen, etwa, wenn man eine andorianische Ehe (oder eben auch biologische Elternschaft) aus vier Individuen bestehen lässt. Das ist ein Modell, das ein Wesen, mit dem man sonst ordentliche Schnittmengen findet, den entscheidenden Fremdheitsfaktor findet - eine Fremdheit, die kein Klischee sein kann und die auch nicht überbrückbar ist.
Ich habe z.B. einen bajoranischen Navigator, der als Austauschoffizier der Bajoranischen Miliz auf meine USS Reliant geschickt wurde. Er wurde aber nicht versetzt, weil er besonders gut ist oder ein guter Repräsentant wäre, sondern weil man ihn nicht länger auf dem bajoranischen Schiff haben wollte, auf dem er diente, nachdem er mit seinem männlichen Vorgesetzten eine Affäre hatte. Die Bajoraner haben zwar einen vom Glauben getrennten Staat aufgebaut, aber dennoch hat die Vedek-Versammlung z.B. in dieser Entscheidung großen Druck ausgeübt. Trotzdem ist mein Navigator immer noch von den Propheten überzeugt und ein praktizierender Gläubiger.
Das ist ein guter Weg der Sozialkritik und vermeidet auch Klischees. Das passt meiner Meinung nach auch gut zu Star Trek.
Insofern finde ich Dein Konzept toll.
Aus der Warte der Fremdheit der Außerirdischen heraus betrachtet, sind die von Dir angesprochenen Themen (ehemalige und bzw. oder noch aktuelle) Tabus menschlichen Denkens; damit erreicht man also auch nur die Ebene der Menschen. Aber mit Bajoranern hat man da ja ohnehin Grenzen dieser Art.
Das Problem ist, dass gerade in TOS die Sternenflotte als eine primär, am Anfang sogar scheinbar rein irdische Organisation rüberkam
Das ist auch mein Eindruck gewesen.
So viele Menschen auf dem Flagschiff der Föderation, warum kommt uns das nur rassistisch und falsch vor?
Ein interessanter Punkt (wie Deine anderen Ausführungen auch), den Du da ansprichst. Es ist schon so, dass man, wenn man die Science Fiction zum Aufarbeiten realer Missstände nutzt, umgekehrt auch die Verhältnisse in der Sci Fi, die womöglich gar nicht als negativ oder gar als positiv gelten sollten, kritisch rezipiert.
Dabei böte die Zukunft genug freie Flächen, aber hier eine Lösung zu finden, die aktuelle, zurecht bestehende Empfindungen zum Thema Moral und Toleranz nicht verletzt und andererseits Dominanzen u.a. neu erklärt, ist sehr schwer.
Der von Dir gefundene Weg scheint mir erstaunlich praktisch.
Ich frage mich aber auch, ob es noch andere Wege geben könnten, die weniger von der Funktionalität als vielmehr von der Mentalität ausgehen.
Was mir bei Maskenaliens aber meistens sehr gefällt sind Plots wie bei Macross, Ideon oder Southern Cross, wo herauskommt, die Aliens sind in Wahrheit gar nicht so fremd sondern haben irgendwie mit der Menschheit genetisch zu tun. (Das war ja auch in dieser einen TNG Folge so ähnlich.)
Ja, das funktioniert auch ganz gut und ist so auch (relativ) leicht zu akzeptieren.
(Hier hat man es dann aber auch leicht mit Aliens zu tun, die ohne gefühlte Unterschiede durch Menschen auszutauschen wären; siehe oben).