Teil 5:
Der Chronometer der USS Knightfall zeigte gerade 18:00 Uhr und die Führungsoffiziere hatten sich bereits in der Beobachtungslounge eingefunden. Die Einzige die fehlte, war Counselor Zhir Ra’ta. Die Bolianerin hatte dem Captain nämlich versprochen, dass sie den neuen Piloten persönlich vom Transporterraum abholen würde, damit er sich dann von Angesicht zu Angesicht bei dem Rest der Führungsoffiziere vorstellen konnte. Jeder Offizier hatte während den Besprechungen seinen eigenen Platz. Captain Malcom Rice saß an dem langen, grauen Tisch immer ganz rechts am Kopfende. Links von ihm saßen immer der Sicherheitschef Arjon Dhea, der Chefingenieur Shiro’shan Vrell und die Napeanerin Terez von der OPS. Rechts dagegen, saßen Commander Jolura, Councelor Zhir Ra’ta und die Ärztin Dr. Armitage.
Mittlerweile hatte auch der Captain den Raum betreten und hatte sich am Kopfende des Tisches niedergelassen. Daraufhin nahmen die restlichen Führungsoffiziere Platz, nur der Stuhl der Counselor blieb aus den oben erwähnten Gründen leer. Aber Malcolm wusste genau weswegen die nette Bolianerin abwesend war. Also begann er mit den typischen Begrüßungsfloskeln. „Ich begrüße Sie nach dem längeren Urlaub und dem Aufenthalt im Trockendock wieder an Bord der USS Knightfall. Leider wird es ein paar Änderungen für uns geben, die ich selbst noch nicht so ganz verstehe, die aber das Flottenkommando für uns bestimmt hat.“
Die Führungsoffiziere begrüßten ebenfalls ihren Captain und hörten ihm weiter aufmerksam zu. Captain Rice erhob sich wieder von seinem Sessel und ging zum Replikator um sich ein Glas Wasser zu holen, denn er bekam beim längeren Reden immer eine sehr trockene Kehle. Nachdem er sein Wasser repliziert hatte, setzte er sich wieder hin, faltete seine Hände und fuhr dann mit seinen Erklärungen fort. „Unser Schiff mitsamt seiner Besatzung wurde einer neuen Abteilung zugeteilt…“
Die Mundwinkel der andern Führungsoffiziere gingen nach oben und jeder freute sich auf seine Art. Sie glaubten, dass ihr Schiff von nun an dem Geheimdienst der Sternflotte angehören würde. Jeder von ihnen hatte in dem letzten Jahr so hart dafür gearbeitet und sie freuten sich nun über die Früchte ihrer Arbeit. Jedoch hatten sie sich zu früh gefreut.
„Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass es sich dabei nicht um den Sternenflotten- Geheimdienst handelt, sondern um eine neue Abteilung namens ‚Supernatural and Mystery Classification Squad’ kurz SAMCS. Im Rahmen dieser Zuteilung wird es noch ein paar Veränderungen geben. Es wird ein neuer Wissenschaftsoffizier an Bord seinen Dienst verrichten. Es handelt sich dabei um Prof. Dr. Bruce Norton und um seine Assistentin Marylyn Zeddmore.“ beendete der Captain die erste und schlimmste Neuigkeit.
Die Stimmung unter seinen Führungsoffizieren war nun an dem absoluten Tiefpunkt angelangt. Aber keiner traute sich irgendetwas zu sagen, bis Commander Jolura das Wort ergriff: „Also wollte der Sternenflottengeheimdienst die Knightfall und ihre Crew nicht. Und jetzt sollen wir was tun? Gespenster jagen? Das ist doch ein schlechter Scherz!“
„Genau das Gleiche habe ich auch gedacht, aber dieser Professor ist auf seinem Gebiet der führende Experte für paranormale und mystische Erscheinungen. Vielleicht können wir ihm ja beweisen, dass es für jede mystische Erscheinung einen logischen und technischen Grund gibt. Mehr als ihn zu unterstützen, können wir nicht tun.“ antwortete der Captain auf die Fragen seines ersten Offiziers und machte gleichzeitig seinen Standpunkt klar.
In der Zwischenzeit hatte die Counselor den jungen Piloten namens Joshua Montgolfier vom Transporterraum 2 abgeholt und war mit ihm auf den Weg zur Beobachtungslounge. So wie es zu der Art der Bolianer gehörte, war sie sehr gesprächig und erzählte einiges. „Ja, Sie müssen wissen, unser Captain ist ein Ritterfanatiker. In seinem Quartier und in seinem Bereitschaftsraum stehen Ritterrüstungen herum. Aber das sind keine Nachbildungen sondern restaurierte echte Rüstungen, komplett mit Schwert und Schild. Und die Beobachtungslounge, sieht aus wie die legendäre Tafelrunde. Überall hat er Schilder, mit verschiedenen Wappen aufhängen lassen, außerdem gibt es zu jedem Schild noch eine Fahne. Und dieser ganze Krempel steht in der kleinen Beobachtungslounge. Aber eins muss ich dazu sagen, unser Captain ist wirklich einer der nettesten und schlausten Menschen, die ich kenne. Und von seinem Posten als Oberkommandierender der USS Knightfall versteht er wirklich 100%. Du kannst jeden Mann oder Frau in der Crew fragen, jeder wird dir antworten, dass sie den Captain mögen.“
Joshua war erstaunt und gleichzeitig beeindruckt, denn er kannte niemanden, der so schnell und viel auf einmal reden konnte, ohne dabei Luft zu holen. Doch was die blauhäutige Frau da von sich gab, interessierte ihn nicht die Bohne. Er schaute viel lieber auf ihren knackigen Hintern und trottete gelangweilt hinter ihr her. Diese Bolianerin war nicht so unförmig und dick wie der Rest ihrer Spezies stellte der französische Pilot fest. Nach einer weiteren Fahrt mit dem Turbolift und einem kurzen Fußmarsch durch ein paar Korridore, kamen die Counselor und der Fähnrich an der Beobachtungslounge an. „Sie warten hier, bis sie gerufen werden! Verstanden?“ meinte Lt. jg Zhir Ra’ta freundlichen aber bestimmend.
„Ja, habe ich – Sir!“ antwortete der Pilot gelangweilt und lehnte sich mit den Schultern an die gegenüberliegende Wand.
Die Counselor schüttelte den Kopf und betrat die Beobachtungslounge. In diesem Moment verstummten alle anderen Offiziere und schauten sie an. Erst als sich hinter ihr automatisch die Türe schloss, fing die Diskussion wieder an. Die Bolianerin ging wortlos zu ihrem Platz und ließ sich auf ihren Sessel sinken. Da sie den Anfang und somit auch den Grund für die Diskussion verpasst hatte, hielt es Zhir Ra’ta für angebracht, vorerst nichts zu sagen.
„Aber hier geht es nicht um unsere Kompetenzen. Das Flottenkommando hat einfach beschlossen, dass die USS Knightfall beim Geheimdienst nicht gebraucht wird und hat uns einer anderen Aufgabe zugeteilt, wie andere Schiffe der Sternflotte auch! Jetzt zweifeln sie bitte nicht an ihren Fähigkeiten. Sie sind die besten Führungsoffiziere, die ich jemals hatte.“ versuchte Captain Rice seine Offiziere zu beruhigen. So hatte er sich das Ganze nicht vorgestellt. Er hatte mit einem kleinen bisschen Widerstand gerechnet, aber nicht mit totaler Abneigung.
„Ich würde vorschlagen, wir hören unseren Captain erstmal zu, was für Überraschungen die Sternenflotte noch für uns hat. Danach können wir immer noch darüber diskutieren, obwohl das ganze Gerede eh nichts bringen wird.“ mischte sich nun der Sicherheitschef Arjon Dhea ein und versuchte dadurch seinem Captain und guten Freund den Rücken zu stärken. Plötzlich kehrte Ruhe ein, weil sich die Offiziere langsam wieder beruhigt und auf den Rat des Sicherheitschefs gehört hatten.
„Gut, da sie sich alle wieder beruhigt haben, kann ich fortfahren. Es sind noch einige Umbaumaßnahmen an Bord unseres Schiffes erforderlich. Außerdem müssen Sie Jolura leider ihren Bereitschaftsraum auf der Brücke räumen, denn dort wird die neue Einsatzzentrale der SAMCS eingerichtet werden. Dann wird noch der Prototyp eines Computers installiert werden, der in der Lage ist mysteriöse und abnormale Erscheinungen aufzuspüren, zu erkennen und auszuwerten. Mit dem Professor und seiner Assistentin kommen auch noch zwei Techniker mit an Bord.“ setze der Captain seinem Bericht fort, nahm einen Schluck Wasser und lehnte sich in seinem Sessel zurück.
„Wie bitte? Ich soll meinen Bereitschaftsraum räumen? Und wo soll ich dann meine Berichte schreiben?“ fragte die Orionerin ganz entsetzt und schaute mitleidig den Captain an.
„Keine Sorge! Ich habe unseren Quartiermeister schon damit beauftragt, ihnen einen neuen Platz für ihren Bereitschaftsraum zu suchen. Bis wir bei der Jupiter-Werft ankommen sind, können sie in ihren Bereitschaftsraum bleiben. Aber dort wird der Raum dann ausgeräumt und umgebaut.“ beruhigte Malcolm seinen ersten Offizier und lächelte ihr freundlich entgegen.
Dann wendete er sich an seinen Chefingenieur und meinte: „Lt. Cmdr. Vrell sie werden bei der Installation dieses Computers und vor allem beim Anschluss an unserem Warpkern alles genauestens überwachen und fürs Protokoll dokumentieren. Einverstanden?“
Der Andorianer zuckte mit seinen Fühlern und stand auf um seinem Captain zu antworten. „Sie können sich auf mich verlassen, Sir. Auf unserem Schiff wird keiner irgendetwas ein-, um- oder ausbauen ohne dass ich es mitbekomme. Und an den Warpkern lasse ich auch keine Dilettanten.“
„Und welche Änderungen gibt es für die Krankenstation? Muss ich ab jetzt Geister, Kobolde oder Monster behandeln?“ fragte die kanadischen Ärztin und machte sich einen Spaß daraus.
„Sehr lustig Doktor Armitage und total fehl am Platz….“ meinte der Sicherheitschef und schüttelte den Kopf.
„Diese Frage stellen Sie am besten dem Professor!“ riet Commander Jolura der Ärztin.
„Das hier alle immer so ernst sein müssen. Aber was auf der Krankenstation passiert, interessiert sie sowieso nicht.“ entgegnete Alison und beschloss nun nichts mehr zu sagen.
„Ich wusste doch, dass uns diese neuen Umstände nichts anhaben können. Sie sind eben doch die beste Crew die ich je hatte! Wegtreten…“ ergänzte der Captain und wollte damit die Besprechung beenden. Doch dann mischte sich doch noch die Counselor ein.
„Entschuldigung Captain, aber der neue Pilot wartet noch vor der Beobachtungslounge. Sie meinten doch, er solle sich persönlich bei den Führungsoffizieren vorstellen. Ich muss sagen ich halte das für eine gute Idee, auch wenn ich diesen jungen Fähnrich für unmöglich halte. Ich wollte nur noch anmerken….“ meinte die Bolianerin und wurde von ihren Vorgesetzten unterbrochen
„Ja, Sie haben Recht! Dann holen Sie den jungen Mann mal herein.“ entgegnete Malcolm Rice und nahm wieder einen Schluck von seinem Wasser. Die Counselor betätigte ihren Kommunikator. Nicht mal eine Minute später, betrat ein grinsender junger Franzose mit Kinnbart den Raum und stellte sich den Blicken der Führungsoffiziere. Er selbst staunte aber auch nicht schlecht, denn die Beobachtungslounge sah wirklich wie ein alter Rittersaal aus. An den Wänden hingen Vorhänge aus purpurnem Stoff mit gelben Rändern. In der Mitte über den Fenstern hingen jeweils verschiedene Schutzschilde der einzelnen Ritterklassen. Jedes Schild hatte eine andere Farbe und ein anderes Wappen. Darüber hingen die Fahnen in den gleichen Farben wie die Schilde und mit den ebenfalls gleichen Wappen. Links und rechts in der Ecke standen jeweils komplette Ritterrüstung mit Schwert und Schild. Die eine Rüstung hatte eine grüne Feder auf dem Helm, die andere einen rote Feder. Dieser Captain Rice war wirklich ein absoluter Ritter-Fan.
Das wird ein Kinderspiel, dachte Joshua und schaute sich ganz genau den Captain und seine Offiziere an. Aber bei genauerem hinschauen, kam ihm eine bestimmte Person sehr bekannt vor und ihm verging schlagartig die gute Laune. Denn der junge Pilot erkannte nun wer in Zukunft sein Vorgesetzter beziehungsweise seine Vorgesetzte war. Die Orionerin von letzter Nacht, war wirklich Commander auf einem Schiff der Sternenflotte. Und er war nicht nur ausgerechnet auf diesem Schiff gelandet, sondern hatte die grünhäutige Frau auch noch aufs übelste beleidigt. Seinem Grinsen folgte deshalb ein betroffenes Lächeln.
„Willkommen an Bord der Knightfall. Ich bin Captain Malcolm Rice und das ist mein erster Offizier Commander Jolura. Sie wird Ihnen ihre Aufgabe zuteilen und ihnen die Gepflogenheiten auf diesem Schiff erklären. Fähnrich Gol….“ begrüßte der Captain den neuen Piloten und verstummte plötzlich, weil er sich an den Namen nicht mehr erinnern konnte. Aber die Counselor reagierte schnell und hob ihrem Vorgesetzten ein PADD vor die Nase, so dass er den Namen des Neulings lesen konnte.
„Interessant! Ihr Name lautet also Montgolfier. Dann sind sie anscheinend mit den Brüdern die den Heißluftballon erfunden haben und ihn 1783 erstmals steigen ließen verwandt. Sehr interessant…“ fügte der Captain seiner Aussage hinzu.
„Dürfen wir nun wegtreten? Sir!“ fragte der andorianische Chefingenieur in einem freundlichen Tonfall seinen Vorgesetzten.
„Selbstverständlich! Die Besprechung ist hiermit beendet…“ war die kurze Antwort des Captains. Die anderen Führungsoffiziere begrüßten noch kurz den neuen Piloten und verließen fast alle den Raum um wieder an ihre Arbeit zu gehen.
„Commander Jolura, sie kennen ebenfalls ihre Aufgabe. Falls Sie noch etwas benötigen -ich bin in meinem Bereitschaftsraum. Wegtreten!“ antwortete Malcolm Rice und verließ dann ebenfalls die Beobachtungslounge. Zurück blieben der neue Pilot und die Orionerin. Joshua wagte es nicht seine Vorgesetzte anzuschauen, stattdessen stammelte er: „Sie sind ja wirklich erster Offizier auf einem Raumschiff der Sternenflotte.“
Jolura hingegen ging stolz auf ihn zu und flüsterte ihm ins Ohr: „Wer nicht hören will muss fühlen. Und du gehörst jetzt mir!“ Dann wandte sie ihm den Rücken zu und ging an ihm vorbei. Abrupt blieb sie in der Türe stehen, drehte sich zu ihm und meinte: „Folgen sie mir, Fähnrich Oberschlau! Das ist übrigens ein Befehl!“
Der junge Franzose schluckte noch mal, in seinem Hals hatte sich ein Kloß gebildet. Aber dann folgte er seiner Vorgesetzten sofort und sie verließen hintereinander den Raum.