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Angst
Will Pears:
Angst
Ein ruhiges und gleichmäßiges Klingeln ertönte in Quartier 233. Kaum einer der Kadetten im Inneren reagierte mit Ausnahme des Bajoraners Jakal, der den Wecker auf 05:30 eingestellt hatte um seinen Zimmernachbarn rechtzeitig zu entkommen. Er stand auf, so leise wie nur irgend möglich, schnappte sich seine Uniform, Deo, Eau de Toilette und betätigte den Türöffner. Jakal betete inständig, dass keiner vom Summen aufwachte.
Es war jeden Morgen dasselbe. Seine Mitkadetten, zugedröhnt vom Alkohol des Vortags, den Sie heimlich auf das Akademiegelände geschmuggelt hatten, würden nichts mitbekommen. Erst in 1 Stunde, wenn der Rest des Campus zum Leben erwachte, würden sie bemerken, dass ihr Zimmerkollege nicht mehr da ist.
Auf nackten Füßen schlich Jakal in Richtung der Sanitäranlagen, in der Hoffnung, dass sich dort niemand aufhielt. Mit angehaltenem Atem öffnete er die Tür und atmete erleichtert aus, als er sah, dass kein Kadett bereits so früh duschte. Schnell huschte er ins Innere, entkleidete sich vollends und ging zu einem der langen Spiegelreihen. Aus der gläsernen Oberfläche blickte ihn ein dunkelhäutiger Humanoide an, dessen Ohrring, geriffelte Nase und Übergewicht ihm nie Freunde beschert hatten. Napen Jakal hatte kein Licht angemacht und sah seinen durch das Mondlicht beschienen Körper im Spiegel an. Er zog seinen Bauch ein, was ihm nicht vollständig gelang, und stellte sich vor, wie es wäre, wenn er einmal nicht in aller Frühe aufstehen müsste. Wie es wäre, nicht bei der erst besten Gelegenheit ausgelacht, beleidigt oder geschlagen zu werden. Meist vor den Augen seiner Ausbilder.
Er seufzte schweren Gemüts und sein Blick verlor sich in der Tiefe des Spiegels. Gerade als er zu verzweifeln drohte, sagte ihm seine innere Stimme, dass all das nur noch ein Jahr andauern würde. Noch immer schwermütig murmelte er: “Wenn die mich nicht akzeptieren, warum sollten mich fertige Offiziere respektieren?“ Er seufzte und ging zur Schalldusche, wo er sich seiner Unterhose entledigte, da die Dusche in einer abgetrennten Kabine lag und er sich daher sicher sein konnte, dass niemand ihn sehen würde.
Jakal spürte, wie die Vibratoren zu arbeiten begannen und seine Haut entlang liefen. Lautlos, weder warm noch kalt und irgendwie angenehm. Schwer für den Schall erreichbare Stellen wie die Unterseite seines Bauches, der geriffelte Nasenrücken wurden dabei ausgelassen, doch es war ihm ohnehin egal. Sollten die anderen doch von ihm denken was sie wollten.
Er stellte den Schall wieder ab und verließ die Dusche. Ohne weiter über sein Schicksal nachzudenken bekleidete er sich und griff nach dem Sternenflottenkommunikator, den er sich auch sogleich an seine Uniform steckte. „Und so endet der schöne Teil des Tages.“ Jakal nahm seine privaten Gegenstände und verließ die Duschen, um nicht den Frühaufstehern zu begegnen. Gerade rechtzeitig gelang es ihm seine Privatsachen in seinem Spind unterzubringen, seine Padd und den Tricorder zu nehmen und ins Freie zu gelangen.
Wie jeden Morgen eilte er, so schnell er konnte, zur Golden Gate Bridge, wo er sich bis zum Unterrichtsbeginn versteckte. Er sank nieder, griff in ein Loch im Asphalt, in dem er eine Flasche „Baltrim\'s Wine“, aus seiner Heimat, versteckte. Es war die letzte der 9 Flaschen, die er am Anfang seiner Akademiezeit mitgenommen hatte. Er nahm nur einen winzigen Schluck und erinnerte sich an Bajor. An das Wurmloch und all die anderen Wunder, die sein Heimatsystem Fremden wie Einwohnern gleicher Maßen zeigte.
Dann blieb er liegen, bis 09:00 und erhob sich, denn in einer Viertelstunde würde sein Unterricht beginnen. Er hasste den Unterricht und das, obwohl er überall Noten im guten bis übermäßig guten Bereich hatte. Doch für ihn bedeutete Unterricht Demütigung und Hass durch alle anderen Kadetten.
Er kam genau rechtzeitig im Chemie-Saal an. Genau so rechtzeitig, dass der Professor bereits anwesend war und dass man ihm immerhin keine direkte Gewalt antun könne. Der Professor begann zeitig mit dem Unterricht und die Kadetten arbeiteten eifrig mit, bis auf die, die später einmal Sicherheitsoffiziere werden wollen, denn die lästerten in der letzten Reihe über ihre Mobbingopfer.
Es war ohnehin seltsam, dass es reichte in Sport und Kämpfen gut zu sein, um ein Offizier zu werden, doch Napen Jakal hatte sich damit abgefunden. Genauso wie er sich damit abgefunden hatte irgendetwas gegen die Gemeinheiten seiner Mitkadetten zu unternehmen. Das einzige, was der Bajoraner noch tat, war abwarten und die Counselor aufzusuchen. Natürlich hätte er mehr versuchen können, doch er glaubte nicht, dass das irgendetwas bewirken könnte. \'Welch eine Ironie\', dachte er. \'Einem Bajoraner, dem es an Glauben mangelt, während er unterdrückt wurde. Und ich dachte, dass wir ein Geburtsrecht auf Berge versetzenden Glauben hätten.\'
***
Diese kleine Fanfiction ist nur eine Skizze, ein kleiner Nebengedanke, den ich vielleicht irgendwann einmal weiter ausführen werde, aber ich wollte einfach mal die Grundidee skizzieren.
Alexander_Maclean:
Interessante Thematik.
Mobbing an der Akademie.
Aber: Du hast ein zwei Zeitformendreher drin.
Max:
Stilistische Aspekte:
Ich finde, Du schreibst die Geschichte nicht nur routiniert, sondern auch mit geschickter Leserlenkung. Der Einstieg wird damit schon schon spannend, weil sich dem Leser ja eine Art Rätsel stellt. Auch die Vorstellung der Figur reiht sich da meiner Meinung nach gut ein, mit immer weiteren Enthüllungen. Mit kleineren Abstrichen, aber ich finde, Du schreibst das also wirklich gut!
Inhaltliche Aspekte:
Wie Du es erzählst gefällt mir, was Du erzählst nicht. Zu meinem Bild passt massenhaftes, organisiertes Mobbing genauso wenig wie allabendliche Saufgelage. Ich finde es einfach ziemlich unnötig, sowas ins Star Trek-Universum zu packen.
Interessant ist ja, dass wir die Missstände ja nur subjektiv mitbekommen. Auf der einen Seite ist das eine sehr nahe, sehr persönliche Ebene; aber ohne Zeugen solcher Ereignisse zu werden, zeigt diese Subjektivität aber auch auf, dass wir nichts um die wahren Begebenheiten wissen.
Die religiöse Frage ist als Pointe zwar gut, aber so, wie es ja auch angedeutet hast: Mehr als eine Skizze ist es wohl nicht.
Lairis77:
Eine Frage: In welcher Zeit spielt die Geschichte?
Noch während der Besetzung Bajors? Das würde erklären, warum Jakal als Bajoraner so ein Außenseiter ist.
Oder nach dem Dominionkrieg? Das würde wiederum erklären, weshalb die Sternenflotte nicht mehr so wählerisch ist bei der Auswahl ihrer Kadetten ;).
Ich möchte behaupten, Sport um Kämpfen hat noch nie genügt, um die Akademie zu bestehen - auch nicht für Sicherheitsoffiziere ;).
Mobbing an der Akademie kann ich mir durchaus vorstellen - aber nicht, dass es so massiv abläuft oder gar vor den Augen der Ausbilder!
Anonsten finde ich die Szene sehr gut geschrieben (bis auf ein paar kleine Fehler), du versetzt dich hervorragend in das Mobbingopfer herein und lässt den Leser mit jedem Satz an seinen Gefühlen teilhaben.
Vielleicht kann man das Ganze zu einer größeren Geschichte ausbauen.
Fleetadmiral J.J. Belar:
Also ich fand die Geschichte und die Zerrissenheit deines Protagonisten sehr gut. Du hast einen ziemlich guten Stil, den ich manchmal noch vermissen lasse und du hast die Fähigkeit schön zu umschreiben und trotzdem beim Punkt zu bleiben. Was mir ebenso wie Max nicht so gefiel, war das organisierte Mobbing, aber vorallem dass Schlagen im beisein der Ausbilder. Ich denke, das ist an der Akademie nahezu unmöglich durchführbar. Auch was die allabendlichen Saufgelage angehen, bin ich skeptisch. Sicher wird der ein oder andere Kadett mal einen über den Durst trinken, aber allabendlich wohl eher nicht. Und dann die Ausbildung der Sicherheitsoffiziere: Sie besteht sicher nicht nur aus Sport und kämpfen. Sie besteht auch aus diplomatischer Etikette, falls sie mal Würdenträger eskortieren müssen, Personen- und Objektschutz, Taktik und Strategie etc. Deine Beschreibung der Sicherheitsoffiziere macht auf mich einen eindimensionalen Eindruck. Sie kommen mir vor, wie hirnlose Gorillas mit mehr Muskeln als Hirn. Tuvok, Reed, Worf haben uns das Gegenteil bewiesen.
Gruß
J.J.
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