Es ist wie weiland bei Marcel Reich-Ranicki: Die negativen Kritik wecken ganz ungewohntes Interesse. Man könnte auch sagen, dass man manchmal sagen, dass man richtig Lust darauf hat, etwas zu lesen, was bei einem versierten Rezensenten praktisch durchgefallen ist

Ach ich weiß nicht. Da es so viele gute Romane gibt - auch zu Star Trek - , wäre es schade, wenn gerade die schlechten Aufmerksamkeit auf sich ziehen

Stimmt. Wobei ich da fand, dass das ganze dann doch eher wie persönlicher Übereifer wirkte: Da war es so ein wenig so, dass einer (oder mehrere) sein Ego pfelgte und schon zu Kadettenzeiten etwas legendäres vollbringen wollte. Das geht schon auch in die Richtung und ist mMn auch eine lohnenswerte Geschichte.
Aber Doping, um praktisch schon den grundsätzlichen Anforderungen gerecht zu werden, steht da doch noch auf einer anderen Stufe, weil es hier um einen latenten Druck geht (während Locarno ja einfach nur auf ein riskantes Flugmanöver zurückgegriffen hat, um als Zugabe zu seinen ansonsten ohnehin hervorstechenden Leistungen brillieren zu können).
So ist es. Zumindest in einer Sache war der Roman recht geschickt aufgebaut, denn der ehrgeizigste, arroganteste Kadett, der auch ein wenig dem Locarno-Typus glich, war ausnahmsweise mal nicht derjenige, der Dreck am Stecken hatte. Stattdessen waren es teilweise sogar die sympathischen, die sich anders nicht zu helfen wussten.
DS9 - 9.01 KriegspfadSie wurden als Tötungsmaschinen geschaffen. Die Jem Hadar sind eine hochintelligente, einfallsreiche, und trügerisch komplexe Spezies, die für den Krieg konstruiert und auf genetischer Ebene für einen einzigen Zweck programmiert wurde: bis zum Tod als Soldaten eines sich ausdehnenden Imperiums namens Dominion zu kämpfen. Kein Jem Hadar hat je länger als dreißig Jahre gelebt, und nicht einmal ihre Herren, die formwandelnden Gründer, wissen, zu welcher Entwicklung eine solche Kreatur fähig wäre, wenn man sie aus ihrem Soldatendienst befreien würde.
Doch ein Gründer hat es gewagt, sich diese Frage zu stellen. Odo selbst hat ihn auserwählt, um an Bord von Deep Space 9 friedliche Koexistenz zu lernen: Taran atar, ein Ehrwürdiger Älterer der Jem Hadar. Monatelang war er der Besatzung der Station ein treuer, wenn auch konfliktbelasteter, Verbündeter, der stets damit rang, die Mission zu verstehen, auf die er geschickt wurde bis etwas schrecklich schiefging.
Von Selbstzweifeln und stetig wachsender Wut zerfressen, hat sich Taran atar gegen diejenigen gewandt, die er zu unterstützen schwor. Während Captain Kira Nerys und Lieutenant Ro Laren in der Krankenstation von DS9 mit dem Tod kämpfen, flieht ihr Angreifer mit einer Geisel in cardassianischen Raum. Commander Elias Vaughn verfolgt ihn mit der U.S.S. Defiant. Doch im Laufe dieser Jagd wird Taran atars wahres Ziel immer schleierhafter, denn der abtrünnige Jem Hadar führt die Defiant zu einer Entdeckung, die noch schockierender ist, als sein Verbrechen.Das ist er also; der von mir lang erwartete Auftakt zur neunten Staffel. Und David Mack lässt sich nicht lumpen und tut genau das, wofür er in den vergangenen Jahren bekannt geworden ist: Er lässt es ordentlich krachen! Die geballte und stellenweise durchaus brutal-kompromisslose Action ist dabei aber dankenswerterweise nicht das einzige, was die Spannung stets hochhält, denn Mack gelingt noch ein weiteres Kunststück; er gibt mysteriöse Rätsel auf und reißt Handlungsbögen an, die ihre Schatten vorauswerfen und die Spannung auch in den zukünftigen Romanen hochhalten dürften.
Ein Highlight mit dem ich gar nicht gerechnet habe, ist dabei der Handlungsstrang um die Vision, die Kira durchlebt, während sie nach Taran'atars Angriff im Koma liegt. Hier wird eine effektvolle Mittelalter-Story erzählt, ganz mit berittenen Truppen, Burgbelagerungen und Schlachtengemetzel, und das alles dient auch noch als Metapher auf den himmlichen Tempel, und als Vorschau auf die Dinge, die da wohl die neunte Staffel dominieren werden. Ähnlich dem Heuschreckenschwarm, der das Dominion ankündigte, dient die Streitmacht, die in Kiras Vision den Tempel angreift, als Warnung dessen, was da auf Bajor zukommt; Die Aszendenten.
Ebenso überraschend ist die Sache um den abtrünnigen Taran'atar. Denn trotz der unerbittlichen Flucht vor Vaughn und der Defiant, schält sich Stück für Stück heraus, dass die Motive des Jem'Hadar nicht so offensichtlich liegen, wie gedacht. Die Aufklärung hat mich dann auch wirklcih überrascht, wenn auch nicht ganz befriedigt; denn Taran'atar ist selbst ein Opfer. Er wurde manipuliert, ein Mann, der gerade dabei war zum Individuum zu werden, und doch wieder der Sklaverei verfällt - diesmal unter dem Befehl einer anderen Göttin. Einerseits freut mich das, da immer noch die Möglichkeit besteht, ihn im Cast zu behalten. Andererseits fühlt es sich auch wie ein Cop-out an, zumal die Aufdeckung um die Drahtzieher hinter seiner Manipulation doch sehr verwirrend ist und mich auch eher aufstöhnen lässt. Diese Drahtzieher hätte ich wirklich nicht gebraucht. Ich hatte gehofft, dass es ins Dominion geht. Stattdessen werden Fiesewichte ausgepackt, für die ich schon in der Serie nicht viel übrig hatte. Eine "freie" Identitätskrise hätte mir fast besser gefallen - oder wenigstens eine Geschichte, in der Taran'atar sich schlussendlich doch noch als Held erweist, denn als Werkzeug des bösen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Zum Glück gibt es zwischen dem Krach-Bumm auch noch genug Zeit für ruhige Momente. So kann die ungwöhnliche Quark-Ro-Beziehung einmal mehr überzeugen, Dax tut ihre ersten Schritte in eine neue Richtung und Sisko darf sich bei Kira dafür revangieren, dass sie an seiner Seite war, als er in "Starship Down" im sterben lag. Das besondere Highlight ist diesmal aber die gefühlvoll erzählte Geschichte um das Vater-Tochter-Gespann Commander Vaughn und Prynn Tenmei. Die beiden hatten die gesamte achte Staffel lange ihre Probleme und dankenswerterweise hat sich Mack jetzt wohl dazu entschlossen, dass man dem Leser genug hin- und her aufgebürdet hat. Stattdessen werden klare Akzente gesetzt. Besonders Prynn konnte mich diesmal überzeugen und das spektakuläre Ende, wenn auch teilweise etwas kitschig, war durchweg schön.
Insgesamt nutzt Mack seinen Roman leider nicht, um eine abgeschlossene, große Geschichte zu erzählen, sondern legt stattdessen einen Startpunkt mit offenem Ende für eine neue Richtung, wobei er mit fast zu vielen Handlungsbögen jongliert und den Leser (oder zumindest mich) dabei zuweilen zu überfordern droht. Fortsetzung folgt. Trotz kleinerer Mängel hat Mack seine Sache gut gemacht und ich muss jetzt meine machen: nämlich gespannt auf den nächsten Roman zu warten.
