Es gibt durchaus Gesellschaftsmodelle wo man Besitz erarbeiten muss und er nicht auf Erb-rechten basiert.
Die Frage kann dann freilich lauten, ob man Enteignung nach jeder Generation als gerechte Alternative ansehen will.
So gehst Du Deine Wünsche an? Also Du findest eine "First Contact" Uniform toll - aber sie ist zu teuer und nicht in der Nähe. Statt zu sparen kaufst Du Dir also eine TNG Uniform in der Billigvariante, weil es ja auch irgendwas mit star Trek zu tun hat... und bist dann zufrieden und Glücklich?
Ich nicht unbedingt, aber ich bin ja auch kein Mensch des 24. Jahrhunderts
Vielleicht ist es aber auch so, dass die Leute der Zukunft da nicht so absoult denken: Wer um die Endlichkeit von Land (oder anderen Besitztümern) weiß, (wobei das eine These ist, die einer späteren, die im Posting gleich noch folgen wird, vielleicht widerspricht) bei dem formt sich vielleicht schon ein Wunsch in der Richtung nah an den Gegebenheiten heraus, dass er erkennt, wo bei ihm die Bedürfnisse liegen: Will er wirklich in genau dieses französische Tal ziehen, oder geht es darum, einen ruhigen Ort mit überwältigender Natur, mildem Klima und ein paar anderen Zustaten zu finden? Die Flexibilität einer Gesellschaft, die zu den Sternen reisen kann, ist für solch einen Bezug zu den Dingen vielleicht sogar noch eher in der Lage.
Wegen Deines Beispiels: Wenn ich die "FC"-Uniform nicht bekommen kann... dann springe ich deswegen auch nicht gleich von der Brücke. Es geht nicht darum, die eigenen Wünsche in die Beliebigkeit abrutschen zu lassen - wobei das nebenbei bemerkt genau so ein Ansatz wäre, den ich einer Utopie unterstellen würde: auch hier denke ich ein wenig in Richtung von Lems "Transfer", wo es eine glückliche Gesellschaft gibt, die im Grunde nur deswegen nichts vermisst, weil sie so unter Antriebslosigkeit leidet, dass sie nicht nur Herausforderungen scheut, sondern gar nicht die entsprechenden Fragen stellt, die sie unzufrieden werden lassen; und trotzdem sind sie wirklich glücklich. Also, es geht nicht darum, die eigenen Wünsche in die Beliebigkeit abrutschen zu lassen, wenn etwas aber aufgrund der Bedingungen nicht zu erreichen ist, dürfte es eine gesunde Einstellung sein, sein persönliches Glück nicht davon abhängig zu machen.
Ansonsten war es glaube ich Star, der die andere Möglichkeit ins Spiel gebracht hat: Vielleicht ist ein Mensch des 24. Jahrhunderts ja wirklich auch bereit, einfach zu teilen, sodass man sich den Wunsch nach Land erfüllen kann, indem man quasi eine Art WG gründet (wenngleich das Wort dem Konzept, um das es dann ginge, natürlich nicht ganz gerecht wird
).
Seltsamerweise argumentierst Du sehr stark mit Technik, siehe unten "Ansonsten kann man hier viel mit der Technik lösen... "
Einfach deswegen, weil Technik in de Science Fiction ein grundlegender Faktor ist, der die Unterschiede zwischen der Welt des Lesers und der der Figuren bestimmt.
Sowohl der Autor als auch der Leser einer Utopie haben nur die Geisteshaltung der Gegenwart... sie sind ein Kind ihrer Zeit. Und damit sollten und werden sie arbeiten. Sie sehen die probleme der Gegenwart und reagieren darauf. Deswegen wirst Du bei Plato auch nichts von ökologischer Landwirtschaft als Utopie-Ziel lesen - das war damals kein Problem. Und Du wirst die Sklaverei als un-hinterfragtes "Ist eben so" darin finden, weil damals... Standard.
Ich sehe nicht das Du Dich als Autor und schon gar nicht als Leser aus Deiner Zeit lösen kannst. Es gibt ein oder zwei Autoren von 1000 die das schafften - das waren dann aber meist Philosophen und die werden teils bis heute nicht verstanden.
In meinen Augen gilt: Je mehr fiktive Elemente man einbaut (Fusion, kostenlose Energie, veränderte Menschen) desto unnattraktiver und unnachvollziehbarer wird sie, weil sie auf fiktiven Faktoren beruht. Das könnte man dann auch überspringen und sofort ein Paradies herbeischreiben; alle Menschen sind nackt und philosophieren die ganze Zeit (Klimaerwärmung und Verdopplung des IQ), alle Menschen haben immer zu essen (irgendeine Technik wirds schon leisten) und die Erde ist wieder in einem nur leicht veränderten Naturzustand, vieleicht etwas paradiesischer (hat auch irgendeine Technik gemacht) und die Menschen sind mit diesem Zustand zufrieden (haben sich eben zu glücklichen Wesen entwickelt).
Das kannst Du nun noch Utopie nennen... es ist aber so diffus und unklar das es für den Leser wie uninteressanter Unsinn wirkt. Es gibt ihm weder Lösungen für seine aktuellen Fragen noch Hinweise an die Hand. Eine gute Utopie denkt den "Jetzt" Zustand weiter... sie löst sich nicht völlig von ihm. Wenn doch -> wird sie uninteressant.
Tja, und doch ist es leider so, dass bisher keine Utopie die Anleitung für die Verwirklichung des Paradieses auf Erden sein konnte. Das ist kein Wunder. Es liegt ja schon im Namen - frei soviel wie der "Unort", der "Nichtort" - definiert. Eine Utopie ist eben nicht die Wirklichkeit. Klar kannst Du von der Utopie forden, sie möge doch echte Lösungen für konkrete Probleme anbieten, aber das ist eine Überforderung des Konzepts.
Und natürlich agieren Schöpfer und Rezipienten einer Utopie aus ihrer eigenen Gegenwart heraus. Natürlich werden dort Probleme und Wünsche der Gegenwart artikuliert und ihre Überwindung bzw. Realisierung in Aussicht gestellt. Nur darf man sich über die Grenzen, die sowas hat, am Ende leider halt auch nicht wundern. Und wenn eine Utopie etwas miteinbezieht, das in der derzeitigen Gesellschaft eben nicht Usus ist, hat das schon auch seinen Grund. Eine Utopie war auch gerne schon mal Kritik an bestehenden Verhältnissen, die Veränderung dieser Verhältnisse sorgt dann automatisch für einen Unterschied zur Gegenwart, denn die hat die Lösungen ja bisher nicht angeboten.
Ich schätze, dass die ST-Utopie funktionert, weil die Menschheit sich geändert, einen anderen Zugang zu den Dingen gewonnen hat.
Welcher konkret sollte das sein? Es gab in den letzten 4000 Jahren, wen ich es richtig überblicke, nur zwei grosse Einschnitte in der Menschheitsgeschichte die zu einer "Veränderung" des menschlichen Verhaltens geführt haben... das eine ist das Ende der Antike und der Übergang zur Ein-Gott und Besitzgesellschaft, das andere ist die Aufklärung und damit die Abwendung vom Gott und Hinwendung zu dem was der Mensch als "Vernunft" definiert. Gerade der letzte Einschnitt - Aufklärung - an dem kauen wir noch heute. Und das meine ich nicht positiv.
Eine komplette Änderung des Menschlichen Wesens bedeutete aber keiner dieser Einschnitte. Seit Anbeginn der Schrift... vor ca. 4000 Jahren haben wir diesselben Probleme, Wünsche, Bedürfnisse, Neid, Hass, Liebe, Lust... Kann man bei Homer nachlesen.
Nun, ST bietet da in meinen Augen zwei Ansätze an. Der erste ist technischer Natur: Man hat genügend Energie, kann damit zu fremden Welten fliegen und damit also vielleicht den Schlüssel zu einem Ende einer allgemeinen Ressorucenknappheit in der Hand. Der zweite ist vielleicht durchaus eine intellektuelle und auch emotionale Zeitenwende: Der Kontakt zu einer außerirdischen Zivilisation.
Das schafft einen neuen Bezug dazu, was es bedeutet, Mensch zu sein. Ich finde es überzeugt, dass das etwas bei der Menschheit ausgelöst hat, auch wenn ich ja auch glaube, dass das nicht das sofortige Ende von Problemen, Wünschen, Bedürfnissen, Liebe, Lust und auch Neid und Hass sein dürfte. (TOS betet uns ja auch andauernd vor, dass der Mensch diese Regungen immer schon besessen hat). Aber es kann vieles in eine andere Richtung kanalisieren.
Ich versuche mir das aber schon vorzustellen: Die Bedingungen sind die, dass einem eine außerirdische Zivilisation, nun, nennen wir es mal "behutsam" bei einem Wiederaufbau nach einem Krieg hilft, sowohl rein praktisch, als auch mit einem Ideengerüst, das in die Politk und Kultur hineinwirken kann. Dazu fallen große Konfliktfelder weg; Nahrung und Energie gibt es neuerdings sozusagen im Überflüss. Und das wirkt jetzt über Generationen! Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte wäre es dann so, dass die überwältigende Mehrheit von Kindern zu Erwachenen werden, ohne sich auch nur einmal Sorgen um ihr ganz normales tägliches Auskommen machen zu müssen. Das kann schon einen Einfluss auf eine menschliche Mentalität haben. Ich könnte mir auch vorstellen, dass das ganz paradoxe Auswirkungen hat, womit wir wieder beim oberen Punkt wären: Wenn man praktischer immer alles bekommen kann, haben diese materiellen Güter dann keine so große Bedeutung mehr. Mir ist schon klar, dass es immer Luxusgüter geben wird, aber wenn die Gesellschaft ganz natürlich nicht mehr durchdrungen ist von Prinzip einer Knappheit im Allgemeinen, ändert das durchaus etwas. Was genau, müsste man sich vielleicht noch eingehender durch den Kopf gehen lassen.
Mein Beispiel hatte aber nichts mit Neid oder anderen negativen Gefühlen zu tun. Es ist ein Unterschied ob man einem anderen etwas neidet, oder ob man eine Ungerechtigkeit anmerkt - weil der eine (offenbar grundlos) etwas darf, was mir selber verwehrt bleibt. Auch mit Gewinnsucht hatte es nichts zu tun. Sondern einfach damit eine eigene selbständige Lebensplanung zu machen - zu einem erfüllten Leben, die mir aber verwehrt wird - während sie dem anderen durch Zufall(?) ermöglicht wird. Das ist ein ungerechtes System - wie mir scheint.
Und es sind Erklärungen mit denen wir uns im hier und heute niemals zufrieden geben würden. Wenn Du Dich zB auf einen Studienplatz bewirbst - und ein Freund mit gleichen oder schlechteren Qualifikationen bewirbt sich mit Dir, er wird aber genommen und Du nicht.. und die Begründung dafür lautet "Naja, der Vater Deines Freundes hat schon an dieser Uni studiert. Man kennt also die "Familie" und nimmt daher lieber diesen" - das fändest Du gerecht? Fair? Du fändest dann Deine Bedürfrnisse und Qualifikation durch die Auswahlkomission richtig gewichtet und Dich als Person ernst genommen und wertgeschätzt?
Was die Triebfeder angeht... schau mal auf die Geschichte. Das ist schon der Irrtum von Marx und den kommunistischen System schlechthin gewesen - anzunehmen das der Mensch sich nicht vergleicht und nicht verbessern will. Und das er daher zB immer Arbeiter bleiben möchte. Das tut der Mensch aber doch. Er setzt sich immer ins Verhältnis zu anderen und versucht dadurch besser zu sein und zu werden.
Sobald also das was Du mit "Aufrechnen" umschreibst, wegfällt - wird der Mensch antriebslos und träge/Apathisch.
Und genau das ist das Dilemma einer Utopie, wie ich sie mir vielleicht auch für ST gar nicht mal unpassend vorstellen kann. Die Erfüllung aller Wünsche - wer geht schon davon aus, dass das real werden kann? Und dann heißt es also Abstriche zu machen und gut möglich, dass bei einer utopischen Gesellschaft der Verve auf der Strecke bleibt. Das macht das Konzept meiner Meinung nach auch so spannend: Weltuntergangsszenarien haben wir im Kino etc. schon gefühlt endlos viele vorgesetzt bekommen, hier und da haben wir auch eine Utopie wie bei ST, bei der Du Dich ja zum Beispiel fragst, wie das überhaupt funktionieren soll. Tja, und da ist das doch ein spannendes Konzept, weil man sich fragen muss, was man an eigenen Forderungen (im Sinne von "Suche nach Herausforderungen", Anreizen, Antrieben, Motiven) aufzugeben bereit wäre.
Zu einer Utopie gehören also nicht nur die technischen und bürokratischen Rahmenbedingungen, sondern auch eine andere Mentalität der Personen, die dann letztlich die Welt mit Leben füllen.
Das ist eine Behauptung, die sich meiner Ansicht nach an der Liste von SSKamui (http://www.brainworker.ch/Politik/utopien.htm) widerlegen lässt... Wenige dieser Systeme gehen von einer anderen Mentalität aus. Wenn überhaupt. Viele dieser Utopien hingegen tragen der bestehenden menschlichen Mentalität Rechnung; sie schalten sie durch Zwang, Logik oder Vernichtung aus. Die mentalität ändert sich deswegen nicht... sonst wären Zwang, Logik und Vernichtungswille in diesen Utopien nicht immanent/permanent.
Sie fußen auf der jeweils gegenwärtigen Mentailität, aber es kann doch niemand annehmen, dass eine Mentalität der Individuen von den Bedingungen, in denen die Zivilisation dieser Individuen lebt, nicht beeinträchtigt wird! Und umgekehrt!
Damit ist doch klar: Etwas, das für den Besucher des utopischen Platzes ein Problem darstellt, kann für die Bewohner des utopischen Platzes kein Problem darstellen, sonst wäre es ja kein utopischer Platz. Damit herrscht eine Differenz, damit gibt es eine klare Trennung zwischen der Mentalität des Besuchers auf der einen Seite, der sozusagen "uns" (die Welt des Autors und des Lesers) repräsentiert, und der Mentalität des Bewohners der Utopie auf der anderen Seite, der die Überwindung der Probleme erfahren hat.
Das kann jetzt zum Paradoxon vom Ei und der Henne werden, dennoch glaube ich nicht, dass man die Utopie von der Haltung der Personen, die in ihr leben, trennen kann.
Das ist schon richtig, aber letztlich müssen wir uns darüber nicht unterhalten. Weil diese Unterhaltung dann so läuft: Ein Komet schlägt auf der Erde ein - macht nichts, wir haben Superlaserstrahlen die ihn pulverisieren. Ach ja, wir haben nichts mehr zu essen und eine riesige Flutwelle jagt auf uns zu... Macht nichts, wir erfinden Replikatoren und Energischutzwände. Usw.
Man kann jede aufgebrachte Problemstellung mit einem Verweis auf eine möglicherweise später erfundene Supertechnik abtun. Ein wirklich utopisches Gesellschaftsmodell wird das deswegen aber trotzdem nicht. Und sehr attraktiv sind solche Erklärungsmodelle ebenfalls nicht. Meiner Meinung nach.
Deswegen seh ich zB nicht das die ST Utopie "funktioniert" - immer wenn man ihr etwas zu Leibe rückt tun sich schwerwiegende kaum beantwortbare Fragen auf. Sie lässt sich nur aufrecht erhalten solange man essentielle Fragen übergeht oder in den Breich einer fiktiven Technik verweist, und damit letztlich auch ungeklärt lässt.
Ich verstehe Deinen Einwand sehr gut.
Aber man kann die Technik halt doch nicht ganz aus der Rechnung streichen. (Du wirst, nebenbei bemerkt, auch in unserer Gegenwart Einflüsse von Technik finden, bei denen vor Jahrhunderten auch argumentiert hätte werden können, sie sozusagen unzulässig, weil sie im vergangenen Kontext nicht dem Umgang mit Problemen entsprach).
Und, hmm, wenn die Technik kein bestimmender Faktor für die Utopie sein darf, und wenn Du auch eine (andere) menschliche Mentalität nicht als Grundpfeiler ansehen möchtest... Was bleibt denn dann überhaupt? Ein anderes politisches System? Ein anderer administrativer Apparat? Die Bürokratie war in Utopien ja auch ein zentrales Element, nur so ganz von Gesellschaft und Wirtschaft / Technik ist das auch nicht zu trennen.
Du machst den Fehler, dass du dir vorstellst, wie ein Mensch von heute in eine bereits etablierte, ressourcenbasierte Ökonomie ohne Geld hineinkatapultiert wird. Das kann nicht klappen, nicht ohne die nötige Bildung/Erziehung und somit das nötige Umdenken. Ohne diesen Gegenwartsmensch mit allen nötigen Informationen zu versorgen, wirst du bei den gleichen Problemen landen, wie heute auch.
So sehe ich das auch. Das sind sozusagen zwei unterschiedliche Systeme, zwischen denen man nicht problemlos wechseln kann. Das sieht man ja auch immer wieder in den Folgen oder Texte, die so etwas wie das Versetzen in das andere System beschreiben. Es ist demnach nicht einfach so möglich, in eine Lebensweise überzugehen, die nicht der eigenen Prägung entspricht.
Es müsste keine komplette Änderung des menschlichen Wesens sein, nur eine Änderung des menschlichen Begreifens seiner Rolle in der Welt/Geschichte/Gesellschaft und im Miteinander. Nur machen wir da tatsächlich keine Fortschritte - unser einziger Fortschritt bisher ist der technologische, nur wenn wir nicht wissen, wie wir Technologie "richtig" einsetzen sollen, bringt sie uns auch nichts, rein gar nichts sogar. Streng genommen haben wir heute, trotz all unserer Haushaltsgeräte und Technologien weniger Freizeit, als unsere Vorfahren, die Steinzeit-Menschen. Das sollte einem eigentlich schon zu denken geben.
"Das Verhängnis unserer Kultur ist, daß sie sich materiell viel stärker entwickelt hat als geistig."
-Schweitzer
Das ist auch etwas, das in ST sehr oft und gerne angesprochen wurde: Die Technik entwickelte sich schneller als die Fähigkeit des Menschen, mit ihr umzugehen. Aber zu TOS-Zeiten, so Kirk, war man diesem Umsatnd längst auf die Schliche gekommen und hatte den Misstand abgestellt. Nicht, dass die ST-Figuren allesamt diesen Eindruck gemacht hätten...
Ich sehe immer noch keine Probleme dabei diesem fiktiven System zu folgen, tut mir leid. Bin da ganz bei Max. In einem System, in dem jeder mit den grundlegenden Dingen versorgt wird und zu weitreichender und umfassender Bildung zugang hat, und sich ganz nach eigenem Belieben entfalten kann, verschiebt sich nun mal auch das Verhalten/Denken.
Du bringst das immer so schön auf den Punkt
Ich glaube eben auch, dass sich das Verhalten "verschiebt", gerade auch, weil das nicht von einem Jahr auf das andere passiert, sondern weil diese Mentalität ja im Grunde mindestens ein Jahrhundert zeit hatte, Einzug in die Gesellschaft zu finden.
Ich verstehe natürlich, dass Leela sagt, dass man sich eben nicht restlos so entfalten kann, wie man es möchte. Die Frage ist bloß mMn, ob es zwangsläufig so ist, dass unsere Wünsche nach Entfaltung noch die sind, die jemand aus einer Gesellschaft hat, die schon seit 80 Jahren, also schon zu Zeiten des Großvaters, sozusagen eine Utopie lebt. Möglich, dass eben Besitze weniger eine Rolle spielen, dass man aber lieber die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit verschieben möchte - das würde ganz gut zu ENT passen, wo eine friedliche und geeinte Menschheit jetzt das Bedürfnis hat, endlich weit hinaus ins All zu fliegen.
Aber ich habe auch das Gefühl das die Star Trek Welt gewisse Zwänge hat. ZB sagt man ja, dass gewisse... menschliche "Fehler" ausgestorben sind... Neid, Hass, Missgunst. Mal abgesehen davon das Star Trek selber dieses Bild nie glaubwürdig umsetzen konnte, frage ich mich auch... was passiert denn wenn mal ein Mensch auftritt der diese Eigenschaften noch aufweist? Wie geht die Föderationsgesellschaft mit solchen Fällen um?
Das ist eine äußerst spannende Frage, finde ich! Ich kann mir vorstellen, dass die "Gutmenschen" solch einer Person gegenüber sehr tolerant sind. Die Unfähigkeit allerdings, negative Regungen nachzuvollziehen, ist auch wieder ein Problem: Wie soll man integrieren, was jenseits der eigenen Vorstellungswelt liegt? Nun ist es aber so, dass auch die ST-Leute Neid, Hass, Missgunst etc. sozusagen im Kleinen kennen werden.
Picard betont mehrfach, das sich die Menschheit entwickelt habe. Der einzige Punkt bei dem man dies in der Serie wirklich nachvollziehen kann ist, dass
a) eine gewisse höhere Toleranz herrscht (aber auch nicht bei allen Menschen) und
b) man versucht weniger Aggressiv zu reagieren
Das sind die einzigen zwei Punkte in der Serie die nicht irgendwann... durch das Verhalten der Figuren negiert werden.
Na ja, sind wir ehrlich: Auch die ST-Leute sind nicht immer tolerant und aggressiv sind sie leider ja auch nur allzu oft
Aber die allgemeine Schwäche torpediert das Grundkonzept der ST-Utopie ja nicht sooo stark, vor allem vielleicht, weil wir als Zuschauer immer eingetrichtert bekommen, alles sei ja doch besser
ich reduziere es mal auf drei Kernfragen;
1) Bedarf es für eine Utopie wie Star Trek wirklich einer (Teil-)Änderung des menschlichen Wesen?
2) wäre die in so kurzer Zeit überhaupt erreichbar und damit die Hauptfrage
3) ist das menschliche Wesen (gewisse Grundeigenschaften der Spezies) überhaupt veränderbar? Und wenn ja - nur die negativen, ohne die positiven zu beeinträchtigen?
Zu 1) Kommt meiner Wahrnehmung nach darauf an, worauf sich die Utopie gründen soll; siehe oben. Eine Teilveränderung würde ich aber schon annehmen, eine Veränderung, die durch die Rahmenbedingungen natürlich entstanden ist (also nicht mit einer Art braven Gehirnwäsche vollzogen wurde) oder durch sie begünstigt doch irgendwie "gelehrt" wurde.
Zu 2) Den Faktor Zeit würde ich nicht als unwichtig ansehen. Eine Mentalität braucht Zeit, das sehen wir ja auch heute immer wieder, wenn sich eine Gesellschaft ändert.
Zu 3) Ich könnte mir schon vorstellen, dass man mit dem unveränderichen Pool an Regungen schlicht anders umgeht. Dass die Menschen immer noch ihre negativen Eigenschaften haben, wird ja auch in ST meistens nicht geleugnet. Und Ignorieren ist wohl nie gut, man kann also nicht so tun, als besäße man nur das gute Erbe der letzten Jahrtausende.
Eine friedliche, tolerante, ausgeglichene, bescheidene Mentalität zu entwickeln, dürfte unter den ST-Bedingungen nicht soooo schwierig sein. Interessanter ist die Frage, ob diese Einstellung Krisen standhält. Hier hat ST meiner Meinung nach nicht den Ansatz gezeigt, die moralische Position als unerschütterlich darzustellen. ENT ist da ein Spezialfall, da diese Gesellschaft noch näher an unserer dran ist, aber DS9 sehe ich da eben kritischer (was auch der Grund ist, warum ich die Serie nicht so mag).
1) Bedarf es für eine Utopie wie Star Trek wirklich einer (Teil-)Änderung des menschlichen Wesen?
Nein, nur der Geisteshaltung.
was aber, finde ich, schon auch eine Veränderung ist, wenn auch nicht direkt vom eigentlichen Kern des menschlichen Wesens.