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Die Utopie als Geschichte - Chancen und Grenzen

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ulimann644:

--- Zitat ---Original von Max
Es stimmt wirklich: Für die echte Wissenschaftlichkeit braucht der Autor einen Background. Aber nebenbei bemerkt muss ich sagen, dass ich den Eindruck habe, dass gar nicht so wenige Vertreter der Sci Fi-Zunft aus der Naturwissenschaft kommen oder kamen. Auf Anhieb fallen mir - natürlich - gleich wieder Lem und Clarke ein.
Aber ich finde, man denkt als moderner Leser vielleicht zu schnell daran, dass tatsächlich Antworten präsentiert werden, dabei sind in meinen Augen die Fragen das interessante, das wirklich reizvolle. Und zur Phantasie könnte auch der zauber gehören, etwas eben nicht zu verstehen.
--- Ende Zitat ---


Da ist was Wahres dran - der Punkt, der mir wichtig war zu erwähnen ist: um z.B. durch ein \"Virenproblem\" Spannung zu erzeugen muss man sich mit den spezifischen Eigenschaften und dem Aufbau von Viren auskennen - das kann man durchaus lesbar schreiben, das Wissen um die Dinge muss aber dennoch vorhanden sein um es auch - oder vielleicht gerade - für Laien spannend zu erzählen...

Oft muss man sogar für recht simple Dinge Recherchen führen, die länger dauern, als man dann für das Schreiben der Szene braucht, für die man recherchiert hat.
Ein Beispiel: Für den lapidaren Satz, dass man bei 50millionenfacher LG für 25600 Lj etwa sechs Stunden braucht - hat die Berechnung ( handschriftlich ) spürbar länger gedauert, als das Schreiben dieses Satzes. ( Natürlich hätte ich das nach Gefühl schreiben und irgend eine Zeitspanne nehmen können, aber damit wäre ich nicht zufrieden gewesen - so war der Satz eben authentisch. )

SSJKamui:
Noch was zur Utopie:
Ich denke, ob man eher Utopien thematisiert oder Dystopien etc. hängt natürlich auch davon ab, wie man selber Staaten im Allgemeinen sieht. (Also den Staat an Sich und nicht einen bestimmten Staat wie Deutschland oder USA.) Wer Staaten eher als potentielle Bedrohungen für die eigene Freiheit empfindet als als Chance, wird zum Beispiel eher weniger Interesse an Utopien haben. (Zum Beispiel ist das in einem anderen Thread von mir angesprochene Cyberprep Untergenre von Cyberpunk eher unterrepresentiert bei Cyberpunk. Das liegt zum Teil auch daran, dass die meisten Leute dort eher libertäre bis anarchistische Gesinnungen haben, die den Staat eher als Bedrohung sieht als als Chance.)

Natürlich haben auch manche Libertäre auch teilweise Konzepte für Teilbereiche der Gesellschaft, zum Beispiel dem Bildungssystem, die an utopische Ideen grenzen, aber ganzheitliche utopische Staatsentwürfe sind da eher selten.

Ich persönlich habe auch eine Libertäre einstellung, weshalb es mir häufig schwer fällt, wirklich utopische Entwürfe zu erdenken, aber ich versuche meinen Geist offen für vieles zu halten und auch mal Utopien zu thematisieren und zu überdenken.

Tolayon:
Eine mögliche Umschreibung für Utopie könnte unter bestimmten Umsätzen auch \"Diktatur der Vernunft\" lauten; d.h. eine Gruppe von Leuten, die wirklich nur das Beste für das Gemeinwohl wollen reißt die Herrschaft an sich und schreibt den Bürgern deshalb vor, wie sie sich am besten benehmen bzw. nicht benehmen sollen.
In einer solchen Gesellschaft wäre z.B. \"Unterschichten-Fernsehen\", das aus Formaten wie billigen Seifenopern, Casting-Shows und Doku-Soaps besteht generell verboten; jeder erhält ausreichend Bildung, dass er \"Qualitäts-Sender\" wie Arte verstehen und würdigen kann.

Natürlich ist gerade in einem solchen Szenario der Übergang zur Dystopie nur ein sehr schmaler, etwa wenn abweichendes Verhalten entsprechend hart bestraft wird oder Vollidioten per Gehirnwäsche zu kleinen Intelligenz-Bestien mutieren.

SSJKamui:

--- Zitat ---Original von Tolayon
Eine mögliche Umschreibung für Utopie könnte unter bestimmten Umsätzen auch \"Diktatur der Vernunft\" lauten; d.h. eine Gruppe von Leuten, die wirklich nur das Beste für das Gemeinwohl wollen reißt die Herrschaft an sich und schreibt den Bürgern deshalb vor, wie sie sich am besten benehmen bzw. nicht benehmen sollen.
In einer solchen Gesellschaft wäre z.B. \"Unterschichten-Fernsehen\", das aus Formaten wie billigen Seifenopern, Casting-Shows und Doku-Soaps besteht generell verboten; jeder erhält ausreichend Bildung, dass er \"Qualitäts-Sender\" wie Arte verstehen und würdigen kann.

Natürlich ist gerade in einem solchen Szenario der Übergang zur Dystopie nur ein sehr schmaler, etwa wenn abweichendes Verhalten entsprechend hart bestraft wird oder Vollidioten per Gehirnwäsche zu kleinen Intelligenz-Bestien mutieren.
--- Ende Zitat ---


Das Stimmt. Viele Utopien kann man wirklich als \"Diktatur der Vernunft\" beschreiben. Zum Beispiel in der Utopie Futurum 2/Walden 2 von B.F. Skinner gibt es kein demokratisch gewähltes Parlament sondern speziell dafür ausgebildete \"Gesellschaftsmanager\", die dann sagen, wo es lang geht und denen das Volk dann gehorcht. (Gerade das wurde von vielen Kritikern des Buches kritisiert.)

Bei Platons Staatsentwurf, der als eine der ersten Utopien gilt wird der Staat nicht von einer Volksversammlung regiert, da Platon fand, dass so die Idioten die Leute, die Ahnung von der Sache haben immer überstimmen würden. Stattdessen regieren die weisesten Bürger das Land relativ unkontrolliert. (Das wurde später auch stark kritisiert und ich meine mich erinnern zu können, sogar eine Folge der Simpsons hätte das mal thematisiert und karikiert.)

ulimann644:

--- Zitat ---Original von Tolayon
Eine mögliche Umschreibung für Utopie könnte unter bestimmten Umsätzen auch \"Diktatur der Vernunft\" lauten; d.h. eine Gruppe von Leuten, die wirklich nur das Beste für das Gemeinwohl wollen reißt die Herrschaft an sich und schreibt den Bürgern deshalb vor, wie sie sich am besten benehmen bzw. nicht benehmen sollen.
In einer solchen Gesellschaft wäre z.B. \"Unterschichten-Fernsehen\", das aus Formaten wie billigen Seifenopern, Casting-Shows und Doku-Soaps besteht generell verboten; jeder erhält ausreichend Bildung, dass er \"Qualitäts-Sender\" wie Arte verstehen und würdigen kann.

Natürlich ist gerade in einem solchen Szenario der Übergang zur Dystopie nur ein sehr schmaler, etwa wenn abweichendes Verhalten entsprechend hart bestraft wird oder Vollidioten per Gehirnwäsche zu kleinen Intelligenz-Bestien mutieren.
--- Ende Zitat ---


Wobei nur das Individuum für sich selbst entscheiden kann, was für ihn letztlich das Beste ist IMO...
Letztlich unterscheidet sich also auch eine solche Diktatur nicht von allen anderen...

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