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Die Utopie als Geschichte - Chancen und Grenzen
SSJKamui:
--- Zitat von: Taschenmogul am 25.04.11, 15:09 ---Was die Utopie betrifft, so würde ich die gerne überhaupt erstmal sehen, bevor sie beerdigt wird.
Ich zumindest habe in Star Trek noch nicht viel utopisches gesehen.
Immer nur geredet wurde darüber, über die heeren Werte.
--- Ende Zitat ---
Genau das ist ein weiteres Element, was ich an der Utopie Star Treks kritisiere. Es werden auch häufig wenn nur die Folgen (keine Krankheit,Armut etc.) oder Oberflächlichkeiten (kein Geld) genannt aber nirgendwo wird erklärt, wie dieser Staat eigentlich aufgebaut sein soll.
Dies ist auch ein Grund, warum ich diese utopische Seite Star Treks häufig nicht besonders ernst genommen habe. (Es geht ja nicht, das ich, der die Utopie der Föderation kritisch sieht sich ausführlicher damit beschäftigt als eine Serie, die mich eben davon überzeugen will. ) Ich finde, dieses nichtansprechen diskreditiert dieses Staatskonzept zum Teil auch als Diskussionsgrundlage, da man sich so vor jeder möglichen Kritik immunisiert. (Die meisten richtig ausgebauten Utopien (zum Beispiel Utopia und Walden 2/Futurum 2) driften zwar leider schnell ins totalitäre ab und sind deshalb abzulehnen, aber diese kann man wenigstens einigermaßen diskutieren, da diese sich nicht vor Kritik verstecken.)
Wegen diesem Problem musste ich mir bei meinen Fanfics auch erstmal ein genaues Bild machen, was ich mir unter Föderation eigentlich vorstelle. Deshalb hatte ich mich auch intensiv mit Staatsphilosophie beschäftigt um so ein objektives Bild zu entwickeln. (Und meine Kritik auszubauen.) Dies wurde teilweise kritisiert als nicht zutreffend, aber genau da ist das Problem. Weil fast nichts fest, verbindlich in Star Trek gesagt wurde lässt sich so eigentlich jede Kritik an der Föderation als "Non Canon" abstempeln.
ulimann644:
--- Zitat von: SSJKamui am 25.04.11, 18:05 ---Genau das ist ein weiteres Element, was ich an der Utopie Star Treks kritisiere. Es werden auch häufig wenn nur die Folgen (keine Krankheit,Armut etc.) oder Oberflächlichkeiten (kein Geld) genannt aber nirgendwo wird erklärt, wie dieser Staat eigentlich aufgebaut sein soll.
--- Ende Zitat ---
Wobei man sich selbst bei den einfachsten Oberflächlichkeiten widerspricht.
In ST-7 behauptet Kirk gegenüber Picard, als sie im Nexus sind, dass er sein Haus schon vor Jahren "verkauft" hat...
In ST-4 hingegen behauptet er, dass es in seiner Zeit kein Geld gibt.
Und auch die Tatsache, dass Flottenangehörige im QUARKS gegen Credits oder Latinum dort verkehren, wirkt irgendwie merkwürzig...
Taschenmogul:
@Ulimann: Die Tatsache, daß die Ferengi überhaupt so Handel treiben können, wie sie es können, wirft doch m.E. schon Fragen auf.
Denn wenn die Föderation ihre Replikatortechnologie so freimütig weggibt, dann müsste doch im Alpha- und Beta-Quadranten der Markt für quasi alle vernünftig replizierbaren Güter schon längst eingebrochen sein.
Natürlich gäbe es Waren, bei denen es sehr viel lohnenswerter wäre, herkömmliche Methoden zur Herstellung zu verwenden, entweder weil Replikation zuviel Energie kostet, oder weil damit einfach nicht genügende Mengen hergestellt werden könnten.
Auch hier wäre dann das Existieren der Replikation als Alternative an sich aber schon ein wichtiger Faktor, was den Preis der entsprechenden Ware anginge.
@SSJKamui:
Ja, leider muß man sehr viel "interpolieren", wenn man ein verwertbares Bild der Föderation haben will.
Das finde ich eben auch sehr schade, weil es ja nun nicht ganz so schwer sein dürfte, etwas brauchbares zu entwerfen.
Ich schätze, man hat sich halt nur deshalb nicht getraut, weil man dann wohl den Themenkreis des Sozialismus schwer hätte umschiffen können.
Wenn ich mal so drauflos schwadroniere, würde ich sagen, daß man die Föderation vielleicht als eine pan-nationale demokratisch sozialistische Republik bezeichen könnte.
Und Sozialismus kommt in den USA auch heute noch nicht so gut, und da reicht es schon, wenn man auch nur eine allgemeine Krankenversorgung sicherstellen will, um als Sozialist/Kommunist beschimpft zu werden...
David:
Ich persönlich finde die Ansicht mancher Fans über Star Trek und das Star Trek Universum ein wenig befremdlich.
Zu Utopisch, zu viel heile Welt...
Was ist daran falsch, von einer besseren Welt zu träumen, die nicht gänzlich ohne Fehler ist, aber in der viele Probleme der heutigen Zeit (Hunger, Krieg, Rassismus, Armut, etc.) gelöst sind.
Ohne dies zu Träumen wird sich auch niemand aufraffen, es zu verwirktlichen.
Wie gesagt, in Star Trek erwarte ich nicht zu viel Realismus sondern die Vorstellung, dass alle Menschen miteinander und mit anderen Wesen in Frieden leben können.
Warum dies mittlerweile häufig im Netz - also nicht nur speziell hier im Forum - kritsiert oder als infantil abgetan wird, kann ich nicht nachvollziehen.
Das wir derzeit nicht in einer solchen Welt leben, ist höchst bedauerlich und ob wir Menschen es tatsächlich einmal gesellschaftlich so weit bringen, wie in der Föderationsgesellschaft, ist doch genau genommen nebensächlich. Das wichtigste ist, dass man den ersten Schritt dorthin macht und diesen Weg dann auch weiter geht, egal wie lange es dauert.
Sicherlich wird unsere Generation und auch die meiner Nichte es sicherlich nicht vergönnt sein, eine solche Welt kennenzulernen, aber deswegen sollte man das doch nicht immer als Fantasterei abtun.
Der Glaube allein zählt doch.
Meine 2 cent dazu
Drake:
Mir persönlich stößt grundsätzlich diese selbstherrliche Einstellung der Menschen auf, die vor allem Picard gerne mal zur Schau stellt.
"Wir sind perfekt, wir haben alle negativen Wesenszüge unserer Gesellschaft abgelegt und alle anderen sollten sich an uns ein Beispiel nehmen!"
Vor allem weil diverse Folgen und Filme nahelegen, dass das nichts weiter als eine glatte Selbsttäuschung ist.
Fanfictechnisch strebe ich eher die Darstellung an, dass diese Einstellung ein Ideal ist das Charaktere zu erreichen versuchen, aber nicht immer erfolgreich. Dass es nicht selbstverständlich ist, moralisch hochinteger zu sein und dass das Potenzial zu Grausamkeit, Gier und Gewalt noch vorhanden ist. Es ist nur so, dass man erkannt hat, was für eine schlechte Sache das ist und versucht (wiederum: Nicht immer erfolgreich) das zu vermeiden.
Die Darstellung der Gesellschaft der Föderation ist eine andere Sache. Es ist ziemlich offensichtlich, dass man einfach die Prämisse hatte "Es gibt kein Geld mehr. Basta!", ohne sich je über die Implikationen Gedanken gemacht zu haben. Und da gibt es noch ein paar andere Dinge, die unglückliche Implikationen waren, die aber nie so richtig angesprochen wurden.
Da versuche ich mein Bestes, die Lücken zu schließen wo ich kann. Z.B. insofern, dass die Föderation intern ein geldloses Verteilungssystem von Gütern benutzt, die quasi unbegrenzt vorhanden sind, aber eine offizielle Währung für Luxusgüter und den Handel mit anderen Nationen besitzt.
Der Punkt ist: Die Utopie hat Lücken. Und wenn Lücken erkennbar sind, leidet die Fähigkeit das Konstrukt ernstzunehmen. Man kann sicher gut durchdachte Utopien erdenken, aber die Föderation, so wie sie im Canon verankert ist, ist keine davon. Sie ist eine Gesellschaft, die sich selbst als Utopia wahrnimmt, aber dabei nur ihre eigenen Schwächen ignoriert.
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