Autor Thema: The Dresden Files - Die unheimlichen Fälle des Harry Dresden  (Gelesen 3517 mal)

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Drake

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Nicht Sci-Fi, sondern eher Fantasy, aber diesen Tipp wollte ich unbedingt loswerden:

Harry Blackstone Copperfield Dresden unterhält ein Detektivbüro in Chicago. Er ist, ganz klischeekonform, nicht immer ganz gepflegt, ein Eigenbrödler und notorisch knapp bei Kasse. Aber damit stößt das Klischee auch schon an seine Grenzen, denn Harry ist in einer Hinsicht besonders: Er ist nicht nur ein Magier, sondern auch der einzige öffentlich praktizierende Magier mit einem Eintrag im Telefonbuch in Nordamerika.
Seinen lebensunterhalt verdient Harry zum einen mit allerlei Kleinkram, wie verschwundene Gegenstände zu finden oder Personen zu helfen, die glauben verflucht oder besessen zu sein. Seine andere Einnahmequelle ist eine regelmäßige Beraterfunktion des Chicago Police Department. Mit dessen Abteilungsleiterin für "Special Investigations", Karrin Murphy, verbindet ihn eine professionelle Freundschaft. Und auch wenn "Murphs" Kollegen ihn wahlweise für einen Scharlatan, Betrüger, Geisteskranken oder direkt alles zusammen halten, erweist sich sein Rat schonmal als ungemein wertvoll, wenn ein Fall die Grenzen des rational Erklärbaren sprengt.
Seine anderen Bekanntschaften umfassen Susan Rodriguez, eine ungewöhnlich scharfsinnige Reporterin für das Spinnerblatt "Midwestern Arcane", die ständig auf der Jagd nach Infos über das Übernatürliche und seine Fälle zu Harry kommt und dabei ausgiebig ihre weiblichen Reize spielen lässt. Mit ihr pflegt Harry eine professionelle bis sexuelle Zweckbeziehung, bei der beide sich nicht so wirklich trauen, darüber nachzudenken, WAS sie da eigentlich miteinander "treiben", "wohl aus Angst wir könnten erkennen, was für eine schlechte Idee das ist und es beenden" (Zitat Harry).
Ein weiterer Kontakt des Magiers ist Bob. Bob ist ein Windelementar und an einen Schädel in Harrys Keller-Labor gebunden. Bob ist gewissermaßen ein (zynischer) Ersatz für einen Computer, denn die bloße Nähe eines übernatürlichen Wesens (wie einem Magier) zu so komplizierter Technik reicht aus, um jeden Computer in Rauch aufgehen zu lassen. Mit mehreren hundert Jahren Erfahrung, Zusammenarbeit mit mehreren anderen Magiern in dieser Zeit und einem Gedächtnis wie ein Elefant ist er daher oft die erste Adresse für jede Art von Recherche, von Trankrezepten bis hin zu Informationen über Kreaturen aus dem "Nevernever" (dem Jenseits).
Auf der anderen Seite des Gesetzes hat Harry immer mal wieder unfreiwilligen Kontakt zu "Gentleman" John Marcone, dem örtlichen Mafiaboss. Marcone hätte nichts lieber, als Dresden exklusiv für sich arbeiten zu lassen, was dieser jedoch strikt ablehnt, auch wenn Marcone seinen Spitznamen "Gentleman" nicht zu unrecht trägt. Dass unter seinem Regime Gewaltverbrechen in der Stadt rapide abnahmen und er ein sehr höflicher, kultivierter und ruhiger Mann ist, lässt Marcone sogar zeitweise in einem sehr positiven Licht dastehen.
Tja und dann sind da noch die diversen unangenehmen Bekanntschaften Dresdens. Denn zum einen steht er mehr oder minder auf der Abschussliste des "White Council" (dem obersten Gremium der Magier), da er pflegt, die Gesetze der Magie "mehr wie grobe Richtlinien" auszulegen. Und zum anderen sind da noch diverse Schwarzmagier, Werwölfe, Vampire und Dämonen, die sich in Chicago rumtreiben und dafür sorgen, dass der freischaffende Magier ab und an viel mehr zu tun hat, als ihm eigentlich lieb ist.

"The Dresden Files" (deutsch: "Die unheimlichen Fälle des Harry Dresden") ist eine Buchreihe von Jim Butcher. Ironischerweise entstand das erste Buch, "Storm Front"/"Sturmnacht" aus dem Rat seiner Verlegerin heraus, er solle sich doch mal an etwas anderem als High-Fantasy versuchen. Also schrieb Butcher ein Buch, um ihr zu beweisen wie mies das Resultat aussehen würde - und landete damit einen echten Überraschungserfolg.

Ich bin durch Zufall (konkret: Gastspiel Harrys in einer Megacrossover-Fanfic) auf den Charakter und die Buchreihe gestoßen und kann sie nur wärmstens weiterempfehlen. Harry (aus dessen Perspektive die Bücher erzählt werden) ist ein interessanter und facettenreicher Charakter, kein Über-Held, sondern mehr ein gewöhnlicher Mensch mit der Macht eines Magiers. Und die ist grundsätzlich begrenzt in dem was sie anstellen und wie oft man sie benutzen kann. Mit Stereotypen des Fantasy-Genres wird ebenso gerne gespielt, wie mit Hollywood-Klischees allgemein. Sprüche wie "Das Leben funktioniert nicht wie in einem Film!" oder "Das was du über diese Kreaturen zu wissen glaubst ist Hollywood-Unsinn!" fallen des Öfteren mal, entweder direkt von Harry oder seinen Kumpanen kommend. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, was vor allem an Harrys Sinn für Selbstironie und Wortwitz ([über eine Werwölfin] "Diese Bitch - kein Wortspiel beabsichtigt.") oder Bobs zynischen Kommentaren zu Harrys Privatleben liegt.

Umgekehrt wird es immer wieder richtig abgehoben und episch, wenn Harry richtig aufdreht. Szenen wie ein Werwolf, der von einem Zauber quer durch drei (3!!!) Gebäude und damit mehrere Dutzend Betonwände geschleudert wird, oder ein von einem nackten (!) Harry mit einem durch seinen Körper geleiteten Blitzschlag gegrillter Dämon fressen sich auf ewig ins Gehirn ein.

Wem also Harry Potter nicht erwachsen genug war und wer Spaß an Buffy und Angel hatte, der kann in die "Dresden Files" guten Gewissens mal reinlesen. Apropos Buffy: Die englischen Hörbücher werden von James "Spike" Marsters gelesen. Das macht sie zu einem echten Erlebnis, sie sind aber leider recht teuer.

Es gibt übrigens eine kurzlebige TV-Serie mit dem gleichen Namen, die aber nur lose auf den Büchern und Charakteren basiert. Jim Butcher selbst bezeichnet sie als "alternative Kontinuität" mit "losen Verbindungen" zu seinen Büchern. Die Serie würde ich jetzt nicht unbedingt empfehlen, denn zum einen sind die Bücher auf Episodenformat gekürzt worden (also fehlen viele Storypunkte) und Dämonen und dergleichen wurden mit menschlichen Darstellern besetzt, um Budget zu sparen. Außerdem fehlt der Serie das meiner Meinung nach sehr interessante und in den Büchern auch gerechtfertigte Element, dass Harry seine Zauber mit lateinischen Formeln spricht (in der Serie macht er das ohne Zauberformeln).

 

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