Autor Thema: U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman  (Gelesen 66614 mal)

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Lairis77

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #120 am: 22.06.12, 12:46 »
Fehler korrigietr :).

Hier kommt der nächste Teil. Diesmal musste ich etwas mehr umschreiben, weil ich Cully schon gekillt habe. Besonders die Szenen auf der Krankenstation waren eine harte Nuss. Ich hoffe, es funktioniert so.

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U.S.S. ICICLE

Kaum dass Dheran wieder auf der Brücke der ICICLE stand, blickte er Commander Mancharella auffordernd an. „Bericht, Commander.“
Die Spanierin erwiderte ohne Umschweife: „Das letzte lyranische Schiff wurde eliminiert, Captain. Der Sektor ist momentan feindfrei.“
„Sehr gut“, entgegnete der Andorianer in einem Tonfall der ebenso gut zu den Worten verdammter Mist gepasst hätte. Dann wandte er sich an Ivarsson: „Lieutenant, bringen Sie die ICICLE unter die ESTRELLA und wenden Sie dem Schiff unsere Unterseite zu. Entfernung zwanzig Meter. Wir werden zusammen mit der ESCORT unser Warpfeld auf das beschädigte Schiff ausdehnen müssen.“
Ivarsson bestätigte: „Aye, Sir. Das wir aber ziemlich knapp.“
„Dann können Sie beweisen, ob Ihr Ruf zu Recht besteht“, gab der Andorianer lakonisch zurück und blickte zu Farok. „Befehl an Kunanga: Er soll seine Staffeln einschleusen. Der Hangar-Chief soll darauf achten, dass niemand zurückbleibt.“


U.S.S.  ESCORT - Krankenstation

Während sich die Lage im All langsam entspannte, kämpfte Dr. Gwen McNamara, Chefärztin der U.S.S. ESCORT, ihren eigenen, verzweifelten Kampf. 
Die Operation hatte Stunden gedauert, doch der Zustand der Patientin war immer noch sehr kritisch. Obwohl es Gwen und ihrem Team gelungen war, die inneren Blutungen zu stoppen, stand das Überleben von Claire Harris immer noch auf Messers Schneide.
Dr. McNamara seufzte leise. Ein weiteres Mal kontrollierte sie die Werte der Frau, die bewusstlos auf einem Biobett lag und mit einer Wahrscheinlichkeit von 70% nie wieder aus der Narkose aufwachen würde. 
„Doktor?“, wurde die Chefärztin der ESCORT von hinten angesprochen.
Gwen McNamara zuckte leicht zusammen, drehte sich um und entdeckte eine ihrer Assistentinnen mit einem Padd in der Hand.
„Ja, Ensign?“, fragte sie müde. 
„Ich habe die Akte von Lieutenant Harris herausgesucht.“ Die Krankenschwester reichte ihrer Vorgesetzten das Padd.
„Verdammt!“, erfuhr es Gwen, als sie die Daten überflog. „Claire Harris ist verheiratet und hat zwei kleine Töchter! Nun muss ich ihrem Mann die schlechte Nachricht überbringen … das hasse ich an meinem Job.“
Die Krankenschwester nickte verständnisvoll. „Soll ich das übernehmen?“
Gwen schüttelte den Kopf: „Nein, das mache ich selber. Die Bürde der Chefärztin.“ Als sie sich zum Gehen wandte, warf sie ihrer Assistentin noch einen eindringlichen Blick zu.  „Passen Sie auf Lieutenant Harris auf, während ich mit ihrem Mann spreche. Informieren Sie mich sofort, wenn sich Claires Zustand verändern sollte!“
„Ja, Doktor.“
Gwen verschwand in ihrem Büro, fuhr sich mit den Fingern ein paar Mal durch die schulterlangen, braunen Haare und aktivierte den Comm-Kanal zur U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA. Es gelang ihr, eine Verbindung direkt zu Commander Richard Harris herzustellen.
Der Sicherheitschef der ESTRELLA klang überrascht, als er den Ruf der Ärztin auf seinem Kommunikator empfing. „Was kann ich für Sie tun, Doktor?“
„Eine Verletzte wurde von der ESTRELLA an Bord der ESCORT gebeamt und befindet sich gerade auf meiner Krankenstation.“ Gwen schluckte und fuhr nach einer unbehaglichen Pause fort. „Es handelt sich dabei um ihre Frau Claire.“
„Claire …“, wiederholte Rick mit dumpfer Stimme.
Dr. McNamara, die auch auch ausgebildete Psychologin war, erkannte sofort, dass ihn die Nachricht aus der Bahn warf.
„Wie geht es ihr?“, fragte Rick besorgt. 
Die Ärztin seufzte. „Das möchte ich ungern über Funk besprechen.“
„Dann komme ich rüber“, erklärte Rick ohne Umschweife.
„Das wollte ich gerade vorschlagen. Ich warte in meinem Büro auf Sie“, gab Gwen zurück.


U.S.S. ESTELLA DEL ALBA - Brücke:

Als er die beunruhigende Nachricht von Dr. McNamara empfing, steckte Commander Harris gerade im Turbolift auf dem Weg zur Brücke, um Commander Katic Bericht zu erstatten.
Doch statt sich vorschriftmäßig zum Dienst zu melden, ging Rick direkt auf Lejla zu, tippte sie an die Schulter und fragte leise: „Kann ich dich kurz sprechen?“
Lejla merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Zwar wirkte ihr Sicherheitschef äußerlich gefasst, doch Katic kannte ihn zu gut, um die latente Besorgnis in seinem Blick zu übersehen.
„Natürlich“, erwiderte sie ebenso leise.
„Meine Frau“, brachte Richard heraus. „Sie wurde verletzt und liegt auf der Krankenstation der ESCORT. Es scheint ernst zu sein.“
„Ich nehme an, du möchtest zu ihr“, entgegnete Lejla weich.
Richard nickte dankbar.
„Erlaubnis gewährt“, sagte Katic ohne zu Zögern.
In solchen Fällen ging die Familie vor – zumal Commander Harris‘ Dienste auf der Brücke nicht unbedingt gebraucht wurden. Schließlich war das Schiff einigermaßen stabil und die Lage unter Kontrolle.
„Danke!“, erwiderte Rick erleichtert. 
Er wusste Lejlas Anteilnahme umso mehr zu schätzen, da Lejla und Claire nicht gerade die besten Freundinnen waren. Als als Lejlas Vorgänger bei einer Außenmission getötet worden war, hatte es keine andere Option gegeben, als die damals gerade 29-jährige zu befördern,  weil sich die ESTRELLA zu dem Zeitpunkt auf einer längeren Forschungsmission im Gammaquadranten befunden hatte. Dennoch ließ Claire keine Gelegenheit aus, die Führungsqualitäten von Katic zu bemängeln.
Dabei saß Richard jedes Mal zwischen den Stühlen, was ihm gehörig auf die Nerven ging. Dieser Zickenkrieg überstieg seinen Horizont. Schließlich waren die beiden Frauen auf der Akademie Zimmergenossinnen gewesen und hatten sich ausgezeichnet verstanden! So gern er seiner Frau gegenüber loyal gewesen wäre, musste er sich traurig eingestehen, dass die Stichleien immer nur von einer Seite ausgingen: Claire. Lejla hingegen ging ihrer früheren  Zimmergenossin aus dem Weg, wo es nur möglich war. Das gefiel Rick auch nicht, schließlich gehörte Lejla zu seinen engsten Freunden. Einmal hatte er seiner Frau schonungslos unter die Nase gerieben, dass sie wohl neidisch auf Lejla wäre, weil ihre ehemalige Freundin schon XO war, sie jedoch nur eine kleine Teamleiterin im Rang eines Lieutenant Junior Grade. Die Art, wie Claire anschließend geschmollt hatte, zeigte Richard, dass er mit seiner Annahme richtig lag. Trotzdem tat es ihm Lied, seine Wortwahl war eindeutig zu hart gewesen …   
Doch das war jetzt nicht mehr wichtig. Claire musste wieder gesund werden – das war im Moment alles, was für ihren Mann zählte. 
Richard verließ die Brücke und aktivierte seinen Kommunikator. „Lieutenant Commander Harris an ESCORT. Eine Person zu beamen.“
Lejla blickte ihrem Sicherheitschef nachdenklich hinterher. Trotz ihrer Differenzen mit Claire wünschte sie Rick von Herzen, dass er seine Frau zurückbekam.
Dann verbannte sie alle Gedanken an das Drama, dass sich vermutlich gerade auf der Krankenstation de ESCORT abspielte, und wandte sich Taren zu: „Lieutenant, ich benötige eine Bestandsaufnahme der Schäden an unserem Schiff. Es wäre praktisch, beim Erreichen von UNITY ONE den Technikern eine Reparaturliste in die Hand zu drücken zu können.“
Katic erlaubte sich ein Lächeln, als sich Tarens Fühler leicht nach innen bogen.
Administrative Aufgaben gehörten nicht gerade zu den Lieblingsbeschäftigungen des Andorianers, dennoch sah er ein, dass diese Arbeit getan werden musste. Zumal niemand anders in der Nähe war, dem Katic diese Aufgabe übertragen konnte.
Hoffentlich werde ich bald Lieutenant Commander, damit ich diesen Bürokratiekram zum nächsten Lt. weiterschieben kann, dachte er. Mit verdrießlicher Miene, aber gewohnter Effizienz machte er sich an die Arbeit, dabei ließ er ab und zu den Blick zu Tal´Inuray Filiz schweifen. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die MACO ihr Haar mit einem stahlblauen Seidenband zurückgebunden hatte. Das war ungewöhnlich, aber Taren gefiel es ausgesprochen gut.


USS ESCORT – Krankenstation:

Der junge Mann mit dem kurzen, etwas wirren dunklem Haar, der gerade ohne Aufforderung in ihr Büro stürmte, konnte nur der Sicherheitschef der ESTRELLA sein.
Gwen hob den Blick. „Ich bin Dr. McNamara. Sind Sie Commander Harris?“
Rick nickte: „Wo ist meine Frau?“, fragte er leicht außer Atem.
Doktor McNamara musterte ihn verstohlen. Er scheint den ganzen Weg vom Transporterraum bis hierher gerannt zu sein, sein Blick wirkte eindringlich, geradezu flehend. 
Gwens Finger verknoteten sich unter der Schreibtischplatte. „Setzen Sie sich bitte, Commander.“
Richard kam der Aufforderung nach. Ihm schwante nichts Gutes. Während das mulmige Gefühl in seinem Magen rumorte, blickte er auf und fixierte die Ärztin: „Also, heraus mit der Sprache: Was ist mit meiner Frau?“
Gwen fiel es schwer, seinem Blick standzuhalten. Die Stimme des Mannes klang beinahe vorwurfsvoll. Würde er ihr die Schuld geben, falls Claire nicht überlebte?
„Einer unser Techniker, den wir an Bord der ESTRELLA gebeamt haben, hat ihre Frau am Boden eines Turboliftschachtes gefunden“, begann sie. „Nach ihren Verletzungen zu urteilen, muss sie sehr tief gefallen sein. Mindestens vier Decks.“
Ein dicker Kloß formte sich in Richards Kehle. „Wie schlimm ist es?“
Dr. McNamara atmete tief durch. „Ihre Frau hat mehrere Knochenbrüche, sie hatte innere Blutungen, die wir aber stoppen konnten. Aber zu dem Zeitpunkt hatte sie schon sehr viel Blut verloren, ihr Organismus ist stark geschwächt …“
„Aber sie wird doch wieder gesund?“, fragte Rick und suchte in den Augen der Ärztin verzweifelt nach einem Anflug von Hoffnung.
„Ich möchte Sie nicht anlügen“, gab Gwen zurück. Diesmal musste sie den Blickkontakt brechen. „Der Zustand ihrer Frau ist kritisch. Hätten wir sie eher behandeln können, würde ich sagen: Ja, ich bin zuversichtlich, dass sie wieder gesund wird. Aber so muss ich leider sagen: Die Chancen stehen nicht sehr gut.“
Richard starrte sekundenlang auf die blankpolierte Tischplatte. Obwohl er Angst vor der Antwort verspürte, fragte er: „Meine Frau … wird doch überleben … oder?“
„Das werden die nächsten vierundzwanzig Stunden zeigen“, erwiderte Gwen betrübt. „Wir tun natürlich alles, was in unserer Macht steht, aber versprechen kann ich Ihnen nichts.“
Richard wandte sich ab und nickte fatalistisch. „Kann ich zu ihr?“
Gwen erhob sich: „Natürlich. Folgen Sie mir.“
Als Richard seine bewusstlose Frau auf dem Biobett liegen sah, wurde ihm innerlich kalt. Sie war kreidebleich, ihre Wangen wirkten eingefallen, der grüne Patientenkittel war voller Blutflecke. Ihre Hand fühlte sie klamm an, als seine Finger sie fest umschlossen.
„Claire“, flüsterte er zärtlich und strich eine feuchte Haarsträhne uns ihrem Gesicht. „Claire … Liebes … bitte … Du MUSST gesund werden! Wir brauchen dich doch!“
Doktor McNamara hinter ihm rang sichtlich um ihre professionelle Fassade.


U.S.S. ESCORT – Brücke & Krankenstation:

   Fleetcaptain Renee O'Connor kontrollierte noch ein letztes Mal alle Daten auf ihrem Monitor, bevor sie sich an den Admiral wandte: „Sir, alle Schiffe sind bereit für Warp. Die Schilde sind um die ESTRELLA ausgedehnt und der Traktorstrahl hält. Wir können also starten.“
„Ausgezeichnet. Dann wollen wir mal“, sagte Belar. „Mr. Harris: Volles Rohr.“
Während sich das Warpfeld aufbaute, wurden die Sterne im Weltall immer länger, bis die drei Schiffe schließlich in einem grellen, weißen Lichtblitz die Warpmauer durchbrachen und endlich UNITY ONE zustrebten.
Auf der Brücke ging ein erleichtertes Aufatmen durch die Runde der anwesenden Offiziere. Selbst der Admiral entspannte sich nun und setzte sich gemütlich in seinen Stuhl.
„Alarmstufe Rot beenden“, ordnete der Trill an und schlug die Beine übereinander.
Die kurze Ruhe wurde jäh unterbrochen, als ein Commsignal die Aufmerksamkeit des Steuermannes weckte: „Krankenstation an Harris“, meldete sich Gwen McNamara. „Ich dachte, Sie sollten wissen, dass sich Ihr Cousin und seine Frau auf der Krankenstation befinden.“
Harris schrak sofort zusammen. „Rick? Es geht ihm doch hoffentlich gut?“
„Richard ist wohlauf, aber seine Frau hat sehr schwere Verletzungen davon getragen. Wir wissen nicht, ob sie die Nacht übersteht“, antwortete Gwen ehrlich.
Ed Harris warf einen fragenden Blick zu Admiral Belar und der Trill gab ihm die stumme Erlaubnis, seinen Posten zu verlassen.
Obwohl die beiden Cousins seit dem Abschluss der Akademie nur noch selten Kontakt hatten, waren sie eine Familie – und Rick brauchte seine Familie jetzt nötiger denn je. 
Als Edward die Krankenstation erreicht hatte, erwartete ihn Dr. McNamara bereits hinter der Tür. Sie führte den Mann zu Biobett zwei, wo Richard mit tief besorgter Miene die Hand seiner Frau hielt.
Edward schluckte beim Anblick ihrer bewusstlosen Gestalt. Er mochte Richards Frau und obwohl sich die beiden nur selten sahen, schien es für Ed unvorstellbar, nie wieder einen saurianischen Brandy mit Claire zu trinken. Eine Familienfeier ohne Claire … nein, das wäre undenkbar!
„Hallo Rick“, begrüßte er seinen Cousin mit gedämpfter Stimme und legte mitfühlend eine Hand auf seine Schulter.
„Hallo Ed.“ Richard lächelte schwach. „Schön, dass du hier bist.“
„Selbstverständlich bin ich für dich da.“ Ein Kloß bildete sich in Edwards Kehle. „Ich habe es eben gehört … Es tut mir so leid, Rick!“
„Wenn ich doch nur irgendwas tun könnte!“, brachte der Sicherheitschef der ESTRELLA heraus. „Nutzlos herumsitzen, während es Claire schlechter und schlechter geht … das macht mich wahnsinnig!“ Mit diesem Worten krachte seine Faust gegen die nächste Wand. Dr. McNamara fuhr herum, besaß aber zu viel Taktgefühl, um etwas zu sagen.
Ed nickte verständnisvoll. Sein Cousin war ein Mann der Tat – genau wie er. 
„Alles, was du jetzt tun kannst, ihr, für Claire da zu sein“, erwiderte er. „Wenn du willst, kümmere ich mich so lange um die Zwillinge.“
Richard dachte einen Moment nach: „Danke, das ist lieb gemeint. Aber die Mädels sind im Bunker auf der ESTRELLA in Sicherheit. Unsere Lehrerin kümmert sich um sie.“
„Gut.“ Edward spürte eine gewisse Erleichterung. Er hatte seinem Cousin einen Gefallen tun wollen, aber seine Erfahrung mit Kindern beschränkte sich darauf, dass er drei Jahre lang den Spielplatz unter dem Balkon seiner ersten Wohnung ertragen hatte. Damals war er froh gewesen, wenn er die Balkontür zu machen und das Gekreische aussperren konnte. Stand ein kleines Kind vor ihm, wusste er nicht, was er sagen oder tun sollte.
Nein, Rick war der familiäre Typ von beiden. Edward, der Womanizer, hatte nicht mal Lust, sich fest zu binden. Oder die Frauen hielten es nicht lange mit ihm aus, weil er sich kein Abenteuer, keine Konfrontation und keine waghalsige Extremsportart entgehen ließ. Nicht gerade die besten Voraussetzungen, um eine Familie zu gründen. 
„Ist wohl das Beste. Aber wenn du Hilfe brauchst: mein Angebot steht.“ erklärte er noch einmal, bevor er auf die Brücke zurückkehrte.
Rick umarmte ihn kurz. „Danke!“



U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA – Krankenstation

Sie rannte einen endlosen Korridor entlang. Stechende Schmerzen in den Seiten ließen sie fast zusammenbrechen, aber sie rannte weiter. Das grüne Feuermonster hinter ihr dufte sie nicht erwischen. Eine Jeffrisröhre, eine Leiter, wieder endlose Korridore in einem Menschenleeren Schiff. Dennoch hörte sie Stimmen, die alle durcheinanderbrüllten:
„Gefahr! Hüllenbruch auf Deck 3, Kraftfeld instabil, wir verlieren Atmosphäre!“
„Feuer auf Deck vier!“
„Kollisionskurs …. Kritisch …“
Es sind nur Echos, beruhigte sie sich. Wenn sie überleben wollte, durfte sie sich auf keinen Fall ablenken lassen, auf keinen Fall stehenbleiben – sonst würden die grünen gestaltlosen Flammenwesen sie bei lebendigem Leib verbrennen.
Die Monster kamen gefährlich nahe, alles was sie berührten, schmolz und verwandelte sich in eine blubbernde, kochende Masse. Wenige Meter hinter ihr wurde der Fußboden zum Lavastrom, die Decke tröpfelte zischend herab. 
Ihre Beine fühlten sich an, wie Pudding, ihr Lungen brannten, jemand hämmerte ihr Eispickel in die Seiten. Aber sie gönnte sich keine Pause, sie musste unbedingt raus hier – raus aus diesem Labyrinth, wo es nur Dunkelheit und Plasmafeuer gab. Sie würde sich auflösen, wie die Welt um sie herum, wenn sie nicht endlich den Ausgang fand.
Deshalb musste sie zurück ans Licht. Dann würde sie erkennen, wer sie war und wohin ihr weiterer Weg führte.
„Lieutenant Kreuzer!“, rief jemand. „Astrid, können Sie mich hören?“
Eine Frau. Ihre Stimme kam von weit her, aber sie klang anders, als die Echos der Katastrophenmeldungen. Realer.
Nein, das war kein Echo einer Erinnerung, dachte sie … Astrid. So lautete ihr Name.
„Sie ist in eine Art Koma gefallen“, bemerkte eine zweite Stimme, diesmal männlich. Aber nicht menschlich, sondern irgendwie … schnurrend.
„Aber sie scheint zu träumen“, meinte die Frau. „Verdammt, was ist nur mit dem Hautregenerator los! Ich kann ihre Plasmaverbrennungen nicht behandeln.“
„Ihr Metabolismus verbraucht fast siebenmal so viel Energie wie normal“, erklärte der schnurrende Mann. „Der Hautregenerator kann keine Heilkräfte ihres Körpers mobilisieren, denn diese Kräfte sind vollständig auf ein anderes Ziel konzentriert.“
„Eine Infusion mit Nährlösung! Schnell!“
Astrid spürte kühles Wasser, dass ihre schmerzenden Füße umspülte und die Flammen hinter ihr löschte.
Für einen Moment flackerte ein Licht am Ende des Tunnels auf, aber in der nächsten Sekunde verlosch es wieder. Der Weg vor ihr gabelte sich in drei Verschiedene Richtungen.
Astrid verzweifelte.


USS ESCORT – Brücke

Gerade als Lieutenant Harris wieder seinen Platz an der CONN einnahm, meldete Lieutenant Asakura eine eingehende Nachricht vom Sternenflottenkommando. „Es ist Admiral Janeway von der Operationsabteilung“, stellte der Kommunikationsoffizier überrascht fest. 
„Auf den Schirm“, befahl Admiral Belar. Auch er wunderte sich, dass sich das Oberkommando so schnell bei ihm meldete – schließlich war der  vorläufige Bericht über die Situation der  ESTRELLA erst vor wenigen Stunden versandt worden.
„Schön, Sie zu sehen, Admiral.“ Vizeadmiral Kathryn Janeway lächelte freundlich.
„Freut mich auch, Kathy“, gab der Trill ungezwungen zurück.
„Ich bin mal eben die Liste potenzieller Kandidaten für das Kommando der ESTRELLA DEL ALBA durchgegangen“, fuhr die stellvertretende Leiterin der Starfleet-Operations-abteilung fort.
„Das hätte doch noch Zeit gehabt. Aber freut mich, dass Sie die Sache so schnell erledigen konnten.“ Belar erlaubte sich ein Schmunzeln. Janeway stand nicht zu Unrecht in dem Ruf, extrem diensteifrig zu sein. „Lassen Sie mich raten: Sie haben mal wieder einen Kaffee zu viel getrunken und mussten wohl oder übel die Nacht durcharbeiten.“
„Ja, der Kaffee wird mich eines Tages umbringen.“ Janeway lachte kurz. „Oder er hält mich so lange wach, bis ich Chief Admiral werde.“ 
„Dann bin ich wahrscheinlich längst in Rente oder tot“, konterte Belar. „Also, was haben Sie für uns?“
„Leider ist die Auswahl eher bescheiden“, gab Janeway zurück. „Durch den Dominionkrieg und den nachfolgenden Krieg gegen die Liga wurden die Reihen der Führungsoffiziere mit den Jahren ziemlich dezimiert. Kurz gesagt …“ Sie stemmte eine Hand in die Hüfte. „Es gibt keinen geeigneten Skipper. Jedenfalls niemanden, der sein eigenes Kommando für die alte Dame aufgeben möchte. Und das würde auch der Sternenflotte nichts bringen. Falls wir also keinen Verwaltungshengst auf diesen Posten heben wollten, wäre die vernünftigste Lösung, Commander Lejla Katic zum Captain zu befördern. Darin sind mein Chef und ich uns einig.“
„Es gibt auch einige vielversprechende XO’s, die schon in der Startlöchern sitzen und auf ein eigenes Kommando warten“, gab Belar zu bedenken.
„Natürlich, die gibt es. Allerdings hätte Katic den Vorteil, dass sie die Mannschaft der ESTRELLA kennt und mit ihr zusammen die Katastrophe durchgestanden hat. Die Männer und Frauen an Bord vertrauen ihr.“
„Verstehe, aber warum kommen Sie damit zu mir?“, fragte Belar. „Ich bin der Chef der Taskforce. Personalangelegenheiten der regulären Sternenflotte fallen nicht unbedingt in meine Zuständigkeit.“         
„Weil die ESTRELLA DEL ALBA wird auf UNITY ONE stationiert werden soll“, kam Janeway gleich zur Sache. „Sie bleibt zwar ein Schiff der Sternenflotte, aber der Wissenschaftsrat hat sie angefordert, um den kompletten cardassianisch-bajoranischen Raum zu kartographieren. Sie soll im Rahmen einer Fünfjahresmission diesen Bereich genau erkunden und UNITY ONE, DS 9 und STARBASE 375 als Anlaufpunkte verwenden. Da Sie im Sektor der ranghöchste Offizier sind, stünde die ESTRELLA künftig unter Ihrem Generalkommando.“
„In Ordnung, dann geht mich die Sache was an“, erwiderte Belar. „Allerdings halte ich es – gelinde gesagt – für Irrsinn, eine wissenschaftliche Mission in den cardassianischen Raum zu befehlen! Die Liga kann jederzeit angreifen, was der Vorfall mit den Lyranern bewiesen hat. Von der Front Dominiontreuer Cardassianer will ich gar nicht erst reden! Wenn die ESTRELLA zwischen die Fronten gerät, wäre sie völlig auf sich gestellt, ein gefundenes Fressen für jedes Wolfsrudel oder Tholianer-Netz! Also, welche Hirnseuche hat den Wissenschaftsrat und die Admirals befallen, dass sie eine alte Excelsior allein in vermintes Gelände schicken? Oder wollen sie das Schiff vielleicht loswerden?“ Mit jedem Wort redete sich der Fleetadmiral mehr in Rage.
Janeway räusperte sich. „Ich verstehe Ihre Bedenken, Sir. Aber die ESTRELLA soll nicht nur Planeten und Anomalien oder Nebel erforschen. Sie soll die Löcher auf unseren Sternenkarten füllen, damit wir taktisches Material besitzen, um gegebenenfalls nicht blind in Hinterhalte zu fliegen. Sollte die Liga tiefer in die cardassianische Zone eindringen, brauchen wir genaue Kenntnisse über das Kampfgebiet.“ 
„Sicher. Ich sehe den taktischen Vorteil.“, lenkte der Fleetadmiral missmutig ein. „Aber, wenn überhaupt, würde ich die DEFENDER mit ihrer Tarnvorrichtung in dieses unsichere Gebiet schicken – keine fünfzig Jahre alte Excelsior mit einer traumatisierten Crew und einen unerfahrenen Captain!“
Janeway grinste. „Sie haben doch nicht eben Lairis für die Sternenflotte zurückgewonnen, um sie mit so einem langweiligen Auftrag wieder zu vergraulen.“
Belar erlaubte sich selbst ein Grinsen. „Da haben Sie natürlich Recht.“ Als Taskforce-Offizier sah er ein, dass ein Kriegsschiff wie die DEFENDER an der Front wesentlich nützlicher sein konnte. „Mir stellt sich nur die Frage: Warum holen wir uns die kartografischen Daten nicht einfach von cardassianischen Militär?“
Janeway zuckte die Achseln. „Weil das Sternenflottenkommando den Cardassianern nicht traut, schätze ich.“
Und ich traue gewissen Leuten im Sternenflottenkommando nicht, dachte Belar grimmig, sprach es aber nicht laut aus. Es wusste, es war paranoid – doch er wurde das Gefühl nicht los, dass die ESTRELLA verheizt werden sollte. Mit einem scharfen Blick in Janeways Augen fragte er unverblümt: „Also, von welcher Pfeife kam dieser Befehl, Kathy?“
„Das wird Ihnen nicht gefallen.“ Die Vizeadmiralin seufzte. „Der Befehl wurde von Fleetadmiral William Sheridan, Geheimdienst der Sternenflotte, persönlich abgezeichnet. Da es sich primär um eine Aufklärungsmission und nur sekundär um eine Forschungsmission handelt, hatte er die endgültige Entscheidungsgewalt.“
„Sie haben Recht: Es gefällt mir überhaupt nicht!“ Admiral Belar verzog das Gesicht und ballte seine behandschuhte, rechte Hand zur Faust.
„Es tut mir leid, J. J., wir haben dagegen protestiert und genau Ihre Einwände vorgebracht. Aber ohne Erfolg.“
Belar schüttelte den Kopf. „Sie brauchen sich dafür nicht zu entschuldigen, Kathryn.“ 
Janeway lächelte resigniert. „Was machen wir nun mit Katic?“
„Hm … Die Frau hat während der Katastrophe echte Führungsqualitäten bewiesen, soweit ich erfahren habe. Andererseits ist sie aus meiner Sicht zu jung und hat zu wenig Kampferfahrung, um Captain zu sein – besonders, wenn das Schiff tatsächlich in den cardassianischen Raum geschickt wird.“ Belar strich grübelnd über seinen Kinnbart. Ein weiteres Mal verfluchte er Admiral Sheridan und wünschte, er könnte diesem inkompetenten Wichtigtuer einen Strich durch die Rechnung machen. Nur leider erwies sich Sheridans Gerissenheit, kombiniert mit seinen zahlreichen Verbindungen, mal wieder als unüberwindbares Hindernis.
Der Fleetadmiral atmete tief durch. „Da ich Commander Katic nicht persönlich kenne, lasse ich gleich ein Gespräch mit ihr ansetzen. Sobald wir auf UNITY ONE ankommen, werde ich mir viel Zeit nehmen, um sie auf Herz und Nieren zu prüfen – und vor allem werde ich mir im Vorfeld ihre Akte zu Gemüte führen. Dann treffe ich eine Entscheidung, ob ich sie befördere oder nicht. Ich möchte die Angelegenheit nicht übers Knie brechen.“
„Ausgezeichnet“, antwortete Janeway mit einem halben Lächeln. „Ich denke, das wird alle zufriedenstellen. Sternenflotte Ende.“
Nachdem sie die Verbindung beendet hatte, erhob sich Belar aus seinem Stuhl und stürmte mit geballten Fäusten Richtung Bereitschaftsraum. „Captain, Sie haben die Brücke“, rief er O’Connor im Vorbeigehen zu. Seine Augen funkelten beängstigend „Ich brauche ein komplettes Dossier über Commander Katic.“
„Wann?“, fragte O’Connor.
„Sofort!“
Seine Stellvertreterin unterdrückte ein Seufzen.
Nachdem sich die Türen des Bereitschaftsraumes hinter im geschlossen hatten, schlug Belar ein paar Mal mit der Faust gegen die Wand, trat mit den Füßen kräftig gegen die Sessel und schrie seine Wut auf Sheridan heraus.
Dank der schalldichten Wände bekam O’Connor zwar nichts mit, doch sie kannte ihren Vorgesetzten gut genug, um zu ahnen, was sich da drin abspielten. Ihr besorgter Blick wanderte mehr als einmal verstohlen Richtung Tür.
In zweiundzwanzig Stunden würden sie UNITY ONE erreichen und dann würde über das Schicksal von zwei Skippern entschieden werden. Renee beneidete weder Katic, die wegen der Profilneurose von Admiral Sheridan womöglich für eine aussichtslose Mission geopfert würde,  falls sie sich nicht ganz schnell an das kalte Wasser der Kommandantenbürde gewöhnte, noch beneidete sie Captain Dheran, der für seinen übereifrigen Einsatz auf der ESTRELLA zweifellos die ganze Wut des Admirals zu spüren bekommen würde. Nun, da Belar wegen Sheridan ohnehin vor Zorn brodelte, konnte Dheran wahrscheinlich froh sein wenn er nach dem Gespräch seine Antennen auf dem Kopf behielt.
Renee hasste es, wenn Dheran und Belar aneinandergerieten – besonders, weil ein Teil von ihr nie aufgehört hatte, diesen eigensinnigen Andorianer zu lieben. Und Belar war ihr seit jeher nicht nur ein Vorgesetzter, sondern ein Freund. Nebenbei bemerkt, ließ sie der Trill auch nicht ganz kalt.
„Einer so schlimm wieder andere“, dachte sie frustriert. Beides Choleriker, beides Sturköpfe, beide nicht zu bremsen, wenn sie glaubten, im Recht zu sein. Sie hielten große Stücke aufeinander, doch wenn sie zusammenrasselten – und das passierte bei einer Meinungsverschiedenheit schnell – krachten Urgewalten aufeinander.
Es lief Renee kalt den Rücken herunter, als ihr einfiel, Belar könnte Dheran auf die ESTRELLA abschieben, wenn er die Alleingänge des Andorianers endgültig satt bekam. Alles, was dagegen sprach, war das Fehlen eines adäquaten Nachfolgers für das Kommando der ICICLE. Andererseits hätte Mancharella als Captain wahrscheinlich bessere Überlebenschancen als Katic, obwohl sie auch nicht wesentlich älter war.
Je weiter Renee O’Connor den Gedanken spann, desto dicker wurde der Kloß in ihrem Magen. Die Vorstellung, dass Dheran sich fünf Jahre lang auf einer Erkundungsmission langweilte und dabei verkümmerte wie ein Tiger im Käfig, betrübte sie zutiefst. Noch mehr betrübte sie die Aussicht, ihren ehemaligen Liebsten erst nach fünf Jahren wiederzusehen. Und ein kleiner Teil von ihr schämte sich, weil ihr Lejla Katics Schicksal dabei ziemlich egal war.     


U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA – Krankenstation

Während Lieutenant Kreutzer von zwei kurzatmigen Tellariten auf der Krankenstation abgeladen wurde, kämpften Dr. Madison und ein kleines Team von Assistenzärzten um das Leben der drei geretteten Wissenschaftsoffiziere. McDougals innere Verletzungen waren schwerer, als angenommen: Gelang es Amelie, eine Blutung zu stoppen, platzte irgendwo eine andere Wunde auf. Doch nach einer zweistündigen Notoperation kam er über den Berg. Seine beiden Kollegen waren zumindest außer Lebensgefahr – doch ob sie jemals wieder richtig gesund werden würden, wagte Amelie nicht vorherzusagen.
Sichtlich erschöpft taumelte die Chefärztin aus dem OP, ihr ganzer Körper schrie nach einer heißen Dusche und einem Latte Macchiato, doch Erholung war erst mal nicht drin.
Ihr Atem stockte, als sie Astrid Kreuzer auf Biobett sechs liegen sah. Die schmale Gestalt der stellvertretenden Chefingenieurin wirkte reglos wie eine Wachpuppe – eine Wachspuppe, die dem Feuer zu nahe gekommen war. Ein rötlicher Streifen unebener Haut zog sich über ihre Stirn, den Nasenrücken und die rechte Wange hinunter zum Hals. Auch die Schulter und der rechte Arm waren von Brandwunden gezeichnet.   
Amelie, die die Schönheit liebte, schockierte der Anblick von Astrids entstelltem Gesicht, noch bevor sie einen Statusbericht über den Gesundheitszustand der „Tolkien“ erhielt. 
Tawny Sullivan und der caitianische Sanitäter P’Lor bewachten Astrid und kontrollierten ständig ihre Lebenszeichen. Tawnys besorgte Miene und der zuckende Schwanz des Caitianers zeigten Amelie, dass es schlecht aussah.
„Wann wurde sie eingeliefert?“, fragte sie ihre Assistenten mit flacher Stimme.
„Vor etwa einer Stunde“, antwortete P’Lor. „Es gab ein Strahlungsleck im Maschinenraum, außerdem eine Explosion. Commander McPherson ist tot.“
Als er Amelies entsetztes Gesicht sah, legte er mitfühlend eine Pranke auf ihre Schulter.
„Cully … tot?“, brachte sie mühsam hervor.
„Sein Opfer rettete viele Leben“, erwiderte der Caitianer ruhig. „Ohne ihn wäre die Krankenstation von Strahlenkranken überschwemmt.“
„Das werden wir nie vergessen.“ Amelie schluckte heftig, ihr Blick streifte Lieutenant Kreutzer. „Wie ist ihr Zustand?“
„Sie hat schwere Plasmaverbrennungen, die wir größtenteils mit dem Hautregenerator reparieren konnten“, berichtete Tawny Sullivan. „Allerdings fing in der Endphase der Behandlung ihr Metabolismus an, verrückt zu spielen, so dass wir nicht alle Narben beseitigen konnten.“
„Haben Sie es mit einer Hauttransplantation versucht?“, fragte Dr. Madison.
„Ja, aber ihr Körper stößt die künstliche Haut ab.“
Amelie runzelte die Stirn. „Wieso das?“
Tawny zuckte die Schultern. „Wie gesagt, ihr Metabolismus spielt verrückt. Zurzeit braucht ihr Körper die siebenfach Menge an Nährstoffen, wir kommen kaum noch hinterher, den Tropf zu wechseln. Als sie hier eingeliefert wurde, war sie bei vollem Bewusstsein, sie konnte sogar berichten, was im Maschinenraum vorgefallen war. Aber kurz danach fiel sie in einen komatösen Zustand, seitdem ist sie nicht mehr ansprechbar und schluckt Kohlenstoff wie ein Brennofen. Wir vermuten, dass sie irgendein tolkien-mäßiges Selbstheilungsding versucht. Zuerst schien sie Alpträume zu haben, aber nun rührt sie sich gar nicht mehr …“
„Dieses Selbstheilungs-Ding, wie Sie sagen … wirkt sich das nicht positiv auf ihre Regenerationsgeschwindigkeit aus?“, unterbrach Amelie ihre Assistentin.
„Oh doch!“, antwortete Sullivan. „Ihr Körper regeneriert sich bemerkenswert – auch wenn ihr Selbstheilungsprozess unsere Schulmedizin gerade ausbremst …“
„Ihr Geist ist das Problem“, schaltete sich P’Lor ein. „Sie hat eine hohe Strahlendosis abbekommen, etwa dreihundert Millisievert. Das könnte ihr Körper verkraften, mit der richtigen Behandlung …“ Seine Schnurrhaare stäubten sich.
„Aber die Strahlung stört die Verbindung der Neuronen im cerebralen Cortex“, erklärte Tawny. Ihres Zeichens Neurobiologin. „Elektrische Signale, die durch ein Axon laufen, werden fehlgeleitet oder laufen ins Leere. Das verursacht Halluzinationen und im schlimmsten Fall eine dauerhafte Geisteskrankheit.“
Amelie wirkte verstört, sie brauchte einen Moment, um die Fakten zu verarbeiten.
„Tawny, Sie sagten, am Anfang wäre Lieutenant Kreutzer noch klar bei Verstand gewesen und hätte sogar einen Bericht geliefert …“
„Stimmt, wir vermuten, dass die Heiltrance, in die sie sich selbst versetzt hat, ihren angeschlagenen Cortex eben überfordert.“
„Können wir den Prozess stoppen?“, fragte die Chefärztin besorgt.
Tawny seufzte. „Wir haben mit allen Mitteln versucht, sie wach zu kriegen: Hypospray, Durchrütteln, kaltes Wasser … nichts zu machen.“
„Haben Sie es mit einer Alpha-Wellen-Induktion versucht?“
„Nein!“ Tawny riss alarmiert die Augen auf. „Sie wollen sie ins Tiefenkoma versetzen und ihre Hirnfunktionen gänzlich lahmlegen? Wir wissen zu wenig aber ihre Hirnchemie, das könnte gründlich in die Hose gehen! Möglicherweise wacht Lieutenant Kreuzer nie wieder auf oder stirbt sogar!“
Amelie musste einsehen, dass das keine gute Idee war. „Also, was denken Sie, könnte ihr jetzt noch helfen?“
Tawny überlegte. „Ein Telepath, würde ich tippen.“   
„Hm …“ Da ihr Volk mit den Vulkaniern verwandt war, verfügte Amelie selbst über rudimentäre telepathische Fähigkeiten.
Kurz entschlossen nahm sie Astrids kühle Hand, konzentrierte sich mit aller Macht, versank in Schwärze, durchwoben von grünen Feuerschlieren, prallte gegen einen unsichtbare Mauer und wurde in die Realität zurückgeschleudert.
„Und?“, fragte Tawny angespannt.
P’Lors Schwanz peitschte.
Amelie schüttelte traurig den Kopf. „Ich dringe nicht zu ihr durch.“
„Dann müssen wir wohl Hilfe von der ESCORT oder der ICICLE  anfordern“, meinte P’Lor.
Tawny nickte. Es wimmelte nicht gerade von Telepathen an Bord der ESTRELLA. Von den beiden Vulkaniern, die im Wissenschaftslabor gearbeitet hatten, war nur noch die Frau am Leben. Deren telepathische Kräfte reichten gerade mal für eine Gedankenverschmelzung mit einem Vertreter ihrer eigenen Art. 
Amelie blickte verwundert auf. „Die ESCORT und die ICICLE?“
„Sie haben uns in Schlepp genommen“, antwortete der Caitianer.
Die Chefärztin atmete hörbar ein und aus. „Vergessen Sie nicht, dass ich die letzten zweieinhalb Stunden im OP beschäftigt war. Davor steckte ich in einer Jeffries-Röhre, abgeschnitten von jeglicher Kommunikation … Also, wir werden abgeschleppt. Schön. Was ist in der Zwischenzeit noch passiert?“
„Commander Harris konnte vom Shuttle aus einen Notruf absetzen. Daraufhin sind uns die ESCORT und die ICICLE zu Hilfe geeilt. Ein Glück, denn ein Rudel Wölfe saß auch schon in den Startlöchern, um uns zu fressen. Aber gegen zwei Taskforce-Schiffe hatten die keine Chance. Katic wurde vorübergehend zum Captain ernannt, die Lage ist erst mal stabil.“
Tawny Sullivan unterbrach ihren Bericht, ihre Miene verfinsterte sich. „Wir haben mittlerweile auch eine Verlustliste von der Brücke: Der Captain, der leitende Wissenschaftsoffizier, der Counselor, der Chefingenieur und Lieutenant Taval von der Plasmaphysik. Ich fürchte, das ist noch nicht alles.“
Amelie ließ sich auf einen Schemel neben dem Biobett sinken. „Ich finde, das reicht!“, stieß sie hervor. Mit einem resignierten Blick auf Astrid fügte sie hinzu. „Und ich will nicht, dass sie als nächste auf der Liste steht!“
„Bis jetzt ist Astrid nicht in Lebensgefahr. Wenn die Taskforce Hilfe schickt, kommt sie in eins-zwei Wochen wieder auf die Beine“, beruhigte sie Tawny. Besorgt musterte sie ihre Chefin, deren Gereiztheit jede Minute zu wachsen schien. „Und Sie sollten sich etwas Ruhe gönnen, Dr. Madision. Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Sie sehen ziemlich erledigt aus.“
P’Lor nickte zur Bestätigung.
„Ruhe … eigentlich keine schlechte Idee“, murmelte Amelie.
Vielleicht sollte sie einfach ins Casino gehen und ein bisschen ausspannen.
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TBC (sieht aus, als ob ich noch diesen Monat fertig werde ^^)
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ulimann644

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #121 am: 22.06.12, 13:35 »
Die Szenen sind super geworden - obwohl ich weder Belar noch Dheran als Choleriker sehe. Wohl aber als die beschriebenen Sturköpfe... :andorian

Lairis77

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« Antwort #122 am: 22.06.12, 15:22 »
Choleriker ist einfach eine Art von Temperament (schnelle Reizleitung, heftige Reaktionen).
Gerade Dheran ist manchmal wegen Sachen an der Decke, die mir ziemlich am Allerwertesten vorbei gehen würden - und ich bin wirklich cholerisch ;).
Und wie Belar seinen Bereitschaftsraum auseinander genommen hat (die Szene ist nicht von mir hinzugedichte) ...mein lieber Scholli ;).
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David

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #123 am: 22.06.12, 15:58 »
Choleriker ist einfach eine Art von Temperament (schnelle Reizleitung, heftige Reaktionen).
Gerade Dheran ist manchmal wegen Sachen an der Decke, die mir ziemlich am Allerwertesten vorbei gehen würden - und ich bin wirklich cholerisch ;).
Und wie Belar seinen Bereitschaftsraum auseinander genommen hat (die Szene ist nicht von mir hinzugedichte) ...mein lieber Scholli ;).

Du und cholerisch?
Das kann ich mir bei dir irgendwie gar nicht vorstellen, Lairis.

ulimann644

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #124 am: 22.06.12, 16:03 »
Choleriker ist einfach eine Art von Temperament (schnelle Reizleitung, heftige Reaktionen).
Gerade Dheran ist manchmal wegen Sachen an der Decke, die mir ziemlich am Allerwertesten vorbei gehen würden - und ich bin wirklich cholerisch ;).
Und wie Belar seinen Bereitschaftsraum auseinander genommen hat (die Szene ist nicht von mir hinzugedichte) ...mein lieber Scholli ;).

Das bezeichne ich als temperamentvoll oder impulsiv... ;)

Choleriker sind das hier: (Auszug Wikipedia)
Als Choleriker wird in der heutigen Umgangssprache, ausgehend von der als überholt geltenden Temperamentenlehre, ein leicht erregbarer, unausgeglichener und jähzorniger Mensch bezeichnet. Im positiven Sinn werden die Charaktereigenschaften eines Cholerikers auch als willensstark, furchtlos und entschlossen beschrieben.
In der Medizingeschichte ist der Choleriker allgemein ein Grundtypus menschlicher Charakterzüge, der als für die mit seinem Typ assoziierten Leidenschaften und Krankheiten besonders empfänglich gilt. Sowohl die Stärke der einzelnen Temperamente als auch ihre Mischung wurde für Personen individuell verschieden angesehen. Den gesunden und wünschenswerten Zustand stellt nach Galenos das Gleichgewicht zwischen den Temperamenten dar. Ein Mensch mit einem stark überwiegenden Temperament wie der Choleriker kann nach dieser Ansicht als krank bezeichnet werden.


Nun sehe ich die beiden Charaktere weder als krank, noch als jähzornig oder übertrieben unausgeglichen (für IHRE Herkunft)
Die positiven Eigenschaften hauen zwar dann in beiden Fällen hin - wiegen aber IMO den negativen Aspekt, den man allgemein mit dem Wort Choleriker in Verbindung bringt, nicht auf...

Alexander_Maclean

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #125 am: 22.06.12, 17:03 »
Ich ahbe nix zu meckern.

die szenen von Rick hast du einfach nur super ergänzt.

btw: wenn du die "Sterbeszene" von Claire mit in den band reinnehmen willst, sag bescheid.
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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #126 am: 23.06.12, 09:34 »
Ich bin ebenfalls von den neuen Szenen begeistert und erkenne Belar absolut wieder. Er hat eine kurze Zündschnur und ich würde ihn auch durchaus als Choleriker bezeichnen, was allerdings dann auch wieder durch seine Freundlichkeit und Menschlichkeit gezügelt wird. Aber wenn er mal platzt, dann ist der Bereitschaftsraum noch das geringste, was draufgehen kann. Allerdings sind mir zwei Punkte aufgefallen, die es noch zu korrigieren gilt. Zum einen hat Gwen McNamara rote Haare und zum anderen ist Edward T. Harris, ebenso wie sein Cousin Lieutenant Commander und wird nach Renees Kommandoübernahme übder die VICTORY, Belars neuer XO.
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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #127 am: 24.06.12, 16:47 »
Danke, die Fehler werden natürlich korrigiert.

Was Choleriker angeht: Das ist psycholgisch gesehen nur eine Variante von 4 Temperamenten (neben Sanguinikern, Phegmatikern und Melancholikern). Umgangssprachlich ist der Choleriker zwar negativ besetzt (genau wie Phegmatiker und Melancholiker), aber wie Uli schon bemerkt hat, besitzt er auch positive Eigenschaften, die ich Dheran und Belar durchaus zuordnen würde!
Auf der anderen Seite hat Belar seine Wutanfälle und Dheran ist schnell mal dabei, Leute zusammentzustauchen :duck:.
Trotzdem sehe ich keinen von beiden als unausgeglichen oder krank!
Krankhaft ist ein Temperament IMO nur, wenn man es nicht unter Kontrolle hat.

@David:
Ja, ich bin ziemlich schnell auf der Palme, aber auch genauso schnell wieder runter. Es passiert auch, dass ich wegen Kleinigkeiten hochgehe (besonders, wenn ich generell nicht gut drauf bin oder unter Stress stehe). Allerdings hab ich meine Wut noch nie an Menschen oder anderen Lebewesen ausgelassen (höchstens verbal - aber dann muss man mich schon richtig zur Weißglut treiben). Aber so was wie Belar in seinem Bereitschaftsraum hab ich allein in meinen vier Wänden auch schon gebracht  :weg.

@Alex:
Auf jeden Fall will ich die Sterbeszene mit Claire einbauen! Hast du bestimmte Vorstellungen oder gab es schon was im RPG?
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ulimann644

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #128 am: 24.06.12, 18:59 »
He he...
Ja, was das Zusammenstauchen betrifft, da hat Dheran was weg - anders als ich selbst... ;)

Und mitunter hat er auch eine etwas kürzere Lunte, von daher passt der Begriff schon irgendwie.

Nur habe ich ich bei diesem Begriff Choleriker immer irgendwie einen verdrehten lärmenden Wissenschaftler mit puterrotem Gesicht und Blutdruckschwierigkeiten vor meinem inneren Auge... ;) :D

Alexander_Maclean

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #129 am: 24.06.12, 19:38 »
@lairis
Ich hatte in Epsiode 2 eine Rückerinnerung / Alptraumsequenz geschrieben, die das beinhaltet.

werde ich dir per PM schicken.
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Lairis77

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #130 am: 29.06.12, 10:03 »
Danke Alex, für die PN. :)
Nun der Tod von Claire ....

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U.S.S. ODYSSEE, Raumschiff der 5. Taskforce:


   Mit gemischten Gefühlen blickte Navina Levinoi, Schiffcounselor der USS ODYSSEE, aus dem Fenster ihres Quartiers. Das Schiff hatte den Asteroidengürtel von Tendara bereits hinter sich gelassen und näherte sich UNITY ONE. Für die Taskforce war die Station ein Hafen, ein Stützpunkt – für Navina war sie das Tor zu einem neuen Leben.
Die junge Halb-Betazoidin fragte sich, wie sie so viele Veränderungen in so kurzer Zeit verarbeiten sollte. Vor wenigen Minuten hatte sie noch ihre beste Freundin, Allison McMeredith, in den Armen gehalten und getröstet. Ronald McMeredith von der ESTRELLA DEL ALBA war ihr Zwillingsbruder gewesen und die Nachricht seines Todes traf Allison hart.
Navina ebenso, denn als Telepathin fühlte sie den Schmerz ihrer Freundin fast ebenso intensiv, wie ihren eigenen. Sie war mit Allison seit der Akademiezeit durch dick und dünn gegangen, obwohl sich ihre Wege zwischendurch immer wieder getrennt hatten. Allison war nach ihrem Abschluss als Wissenschaftsoffizier auf Deep-Space-Mission gegangen, während Navina an der Vulkanischen Botschaft erste Erfahrungen in Politik und Diplomatie sammelte. Auf der PROMETHEUS trafen sie sich nach zwei Jahren wieder und beschlossen, der Taskforce beizutreten. Das war ein eher ungewöhnlicher Wunsch für eine Wissenschaftlerin und eine Psychologin, also wurden sie einem der wenigen Taskforce-Schiffe zugeteilt, die ein nennenswertes Forschungslabor besaßen.
Die ODYSSEE operierte meist hinter feindlichen Linien, dafür benötigte sie unter anderem eine Abteilung für Stellarkartografie und Astrophysik. Immerhin ließen sich stellare Phänomene wie Schwarze Löcher, Wurmlöcher oder Supernovae auch taktisch ausnutzen – und sei es nur, um heil daran vorbei zu fliegen. 
Im Vergleich zu den meisten Schiffen der regulären Sternenflotte war das wissenschaftliche Team der ODYSSEE klein, daher brachte es Allison in relativ kurzer Zeit zum stellvertretenden Wissenschaftsoffizier.
Als sie die Nachricht vom Tod ihres Bruders erhielt, saßen sie bei Tee und Keksen nach Dienstschluss in Navinas Quartier, plauderten entspannt und lachten – bis der Erste Offizier der ODYSSEE persönlich vor der Tür stand und seine düstere Miene nichts Gutes verhieß.
Allison war wie betäubt gewesen, hatte mit leerem Blick in ihre Teetasse gestarrt, den Keks noch in der Hand – minutenlang. Erst mit der Zeit kamen die Tränen. Navina nahm ihre Freundin schweigend in den Arm, spendete ihr auf telepathischem Wege Trost – bis sich Allison langsam erhob. Immer noch traurig, aber gefasst, erklärte sie: „Navina, wenn du auf die ESTRELLA versetzt wirst, musst du herausfinden, was da passiert ist!“
„Das verspreche ich“, antwortete Levinoi.   
Mit einem Anflug von schlechtem Gewissen ließ sie ihre Freundin gehen. Im Moment wünschte sie sich nichts mehr, als für Alison da zu sein – doch ihr Versetzungsantrag war schon von Captain Odess genehmigt. Die Zustimmung Belars war reine Formsache. Sollte der neue Captain der ESTRELLA sie als Schiffscounselor akzeptieren, würde Navina Levinoi in den nächsten Tagen die ODYSSEE und die Taskforce verlassen. Sie wusste, eine Beförderung für sie nur drin, wenn sie auf ein Schiff mit einer größeren Besatzung wechselte. Das Sternenflottenkommando hatte auf ihre Anfrage erklärt, sie sei vorgemerkt und würde umgehend informiert, sobald der Posten eines leitenden Schiffscounselors frei wurde. Obwohl natürlich die Gefahr bestand, dass der Captain des entsprechenden Schiffes sie ablehnte, war Navina guter Dinge. Ihre Vorgesetzten fanden sie jedenfalls reif genug für den nächsten Schritt in ihrer Laufbahn. 
Nun war ein Posten frei – auf der ESTRELLA DEL ALBA. Ausgerechnet das Schiff, wo Allisons Zwillingsbruder umgekommen war!
Navina seufzte. Machte sie jetzt einen Rückzieher, würde ihre Karriere vermutlich einen irreparablen Knick erleiden. Für einen Moment kam ihr der Geistesblitz, Allison einfach mitzunehmen. Der Posten des Wissenschaftsoffiziers der ESTRELLA war noch nicht wieder besetzt, es gab zwar auch andere Bewerber, doch Allison hätte sicher gute Chancen und das Zusammensein mit ihrer besten Freundin würde ihr schneller über die Trauer hinweghelfen.
Doch so schnell, wie ihr die Idee gekommen war, verwarf Navina sie wieder. Alles an Bord würde Allison an ihren Bruder erinnern und ständig alte Wunden aufreißen. Nein, Allison war sicher nicht erpicht darauf, Ronalds Posten zu erben, das würde sie pietätlos finden.
Vor dem Fenster erschien der Rumpf eines wesentlich größeren Schiffes und versperrte den Blick auf die Station. USS DEFENDER, las Navina. Der Crew und vor allem der Captain dieses Schiffs genossen ein hohes Ansehen in der Task Force – andererseits kämpften sie an vorderster Front und bekamen immer wieder etwas auf die Mütze. Dem Zustand der Außenhülle nach zu urteilen, hatten sie diesmal eine Menge Treffer einstecken müssen und konnten von Glück reden, dass es keine Toten gab.
Daher  war Navina manchmal froh, auf einem kleinen Aufklärungsschiff wie der ODYSSEE zu dienen. Der Captain war ein ruhiger Mensch und sorgte dafür, dass seine Aufträge effizient, aber ohne großes Brimborium erledigt wurden.
Doch Navina war nicht zur Taskforce gegangen, um ihre Ruhe zu haben. Im Gegenteil: Sie wollte so vielen Lebewesen wie möglich helfen. Auf den Kampfschiffen kamen Verluste und psychische Traumata viel häufiger vor als in der regulären Sternenflotte, die hauptsächlich Weltraumforschung betrieb.   
Der Grund, weshalb sie ihre Stationierung auf der ODYSSEE dennoch widerspruchslos akzeptiert hatte, war zum einen Allison, die unbedingt in einem Wissenschaftslabor auf einem Schiff der Prometheus-Klasse arbeiten wollte. Zum anderen Navinas Vater, der Chefingenieur der ODYSSEE. Ein besonders herzliches Verhältnis war zwischen ihr und dem kühlen Vulkanier nie entstanden, doch Navina genoss das Zusammensein mit ihrem Vater. Obwohl sie sich vom gemeinsamen Dienst mehr versprochen hatte.
Daher würde ihr der Abschied relativ leicht fallen.
Anders als der Abschied von Allison.
Navina atmete tief durch und zwang sich zur Logik. Sicher brauchte Allision ihre Hilfe.
Doch ein paar hundert Crewmen auf der ESTRELLA brauchten sie nötiger.
   

U.S.S. ESCORT – Krankenstation:

Richard T. Harris hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Er wusste nicht, wie lange er schon an Claires Bett saß, in einem nervenaufreibenden Zustand zwischen Bangen und Hoffen, während draußen, in der ewigen Nacht des Alls, die Sterne vorbei flogen. Er bekam nicht einmal mit, wie die Schicht auf der Krankenstation wechselte.
Einzige Doktor McNamara blieb und zog sich in ihr Büro zurück, um den liegen gebliebenen Papierkram zu erledigen.
Richard hielt die Ungewissheit nicht lange aus, aber Durchdrehen war auch keine Option, also stumpfte er ab. Die flachen EEG- und EKG-Kurven auf dem Monitor hatten beinahe etwas Einschläferndes, doch Rick konnte den Blick nicht von ihnen lösen – in der Hoffnung, sie schlugen endlich mal aus, um in von diesem dumpfen Elend zu erlösen.
Immer wieder streichelte er Claires Gesicht und drückte ihre Hand, auch wenn er sich nicht sicher war, ob sie es überhaupt spürte. Sie lag unverändert reglos in ihrem Biobett.
Manchmal fiel Rick in den Sekundenschlaf. Er vernahm ein leises Stöhnen und glaubte, er hätte es nur geträumt.
Bis Claires Finger langsam seine Hand umschlossen.
Mit einem Mal war er hellwach.
„Claire?“, rief er mit halb erstickter Stimme.
Hoffentlich spielten ihm seine übermüdeten und überreizten Sinne keinen Streich!
„Rick?“, antwortete sie schwach.
„Oh mein Gott, Claire!“ Er nahm ihren Kopf in beide Hände und küsste sie übermütig auf die Stirn. „Du bist wach …“
„Denke ich“, gab sie heiser zurück.
Ihr Mann lächelte glücklich. „Wie fühlst du dich?“
„Als wäre ich ohne Raumschiff durch ein Wurmloch gegangen“, ächzte Claire.
Rick lachte kurz und streichelte ihre Wangen: „Das wird schon wieder.“
„Wo sind wir?“, fragte seine Frau. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Die ESTRELLA … eine Explosion … nichts hat mehr funktioniert … Oh nein, unsere Kinder!“
Sie versuchte sich aufzurichten, sank aber mit einem schmerzvollen Keuchen zurück auf die Matratze.
„Schhh, mach dir keine Sorgen.“ Er legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Die Kleinen sind bei Teresa im Bunker, in Sicherheit. Ich habe mit Eliza gesprochen, ihnen geht es gut. Wir sind an Bord der ESCORT. Ich konnte vom Shuttle einen Notruf absetzen, die ESCORT und die ICICLE schleppen uns ab. Zwei Techniker haben dich in der Jeffris-Röhre gefunden.“ Rick schluckte. „Es war schon fast zu spät.“
Claire umklammerte seine Hand. „Esther und Sarah … du musst dich um sie kümmern!“
„Natürlich.“ Eine ungute Vorahnung erfasste Rick. Er verdrängte das Gefühl und meinte optimistisch: „Wir kümmern uns um sie, Schatz! Du hast doch nicht etwa vor, ewig im Bett zu bleiben und mir den ganzen Ärger mit den kleinen Biestern zu überlassen?“
Mit der Andeutung eines Lächelns schlief Claire wieder ein.
Es folgte eine weitere Stunde des Warten und Bangens – eine Stunde, in der Rick nichts weiter tun konnte, als Claires Hand zu halten und untätig herumzusitzen.
Zwischendurch kontrollierte Dr. McNamara die Werte ihrer Patientin, doch Rick achtete kaum auf sie. Hätte er den Blick von seiner Frau lösen können, wäre ihm das bekümmerte Gesicht der Ärztin aufgefallen und das hätte ihn womöglich vorbereitet.
„Hallo Schlafmütze“, begrüßte er seine Frau erleichtert, als sie die Augen wieder aufschlug.
Doch etwas stimmte nicht. Claires Lider flatterten, ihr Herzschlag ging unregelmäßig.
„Mir … ist …kalt“, brachte sie zwischen zusammengepressten Zähnen hervor und zitterte am ganzen Körper.
Rick hielt ihre Hände so fest, als wollte er sie nie mehr loslassen. Sie waren wirklich eiskalt.
„Ich liebe dich“, hauchte Claire.
Mit halb erstickte Stimme antwortete Richard: „Ich liebe dich auch. Ich werde dich immer lieben … egal was passiert“
Als er ihre Stirn küsste, reagierte sie nicht mehr.
Die Monitore piepten unheilverkündend.
Richard schreckte auf. „Doktor!“
Doch Gwen stand schon neben dem Bett, hatte zwei Assistenten und die gesamte Notfallausrüstung bei sich.
„Dreihundert Milligramm Tricordrazin!“, befahl sie abgehakt.
Das Hypospray zischte und Rick wartete mit angehaltenem Atem.
Fünf Sekunden später waren auf den Monitoren nur noch flache Linien zu sehen.
„Verdammt, was machen Sie da?“, presste Rick heraus.
Das Ärzteteam achtete nicht auf ihn.
„Kortikalstimulator – schnell!“, rief Gwen. 
Die elektromagnetischen Wellen jagten Wirkungslos durch Claires Nevenbahnen.
In den nächsten Minuten war Rick dazu verdammt, zuzusehen, wie Dr. McNamara und ihr Team mit allen Mitteln um das Leben seiner Frau kämpften. Doch es war zu spät.
„Neeeiiiin!“, rief der Sicherheitschef der ESTRELLA entsetzt, als er Gwen mit trauriger Miene das Laken über Claires Gesicht deckten. Zwei Krankenpfleger konnten ihn gerade noch davon abhalten, sich auf die Ärztin zu stürzen.
„Es tut mir Leid, Commander“, seufzte Gwen.
„Sie … Sie haben doch noch nicht alles versucht, oder?“, fuhr er hitzig fort. „Es wurden schon Leute wiederbelebt, die längst tot waren! Es gibt alternative Methoden, es gibt …“ Seine Stimme versagte für einen Moment. „Bitte … das kann es doch nicht gewesen sein!“
„Doch, Richard“, gab die Ärztin bedauernd zurück. „Ich hatte Sie vorgewarnt, dass die Chancen sehr schlecht stehen.“ Aber Familienangehörigen wollten so etwas nie wahrhaben, wusste sie aus eigener bitterer Erfahrung.
Rick atmete heftig ein und aus. „Aber … Sie ist doch aufgewacht“, klammerte er sich an den letzten Strohhalm. „Sie meinten, vielleicht wacht sie nie wieder auf  … Es MUSS ihr doch besser gehen! Kommen Sie, Sie müssen ihre Lebenszeichen noch mal prüfen, spitzen Sie ihr noch was von diesem Tricorda-Zeug … nur bitte geben Sie sie nicht einfach auf!“ 
Gwen schüttelte traurig den Kopf. „Leider muss ich als Ärztin auch akzeptieren, wenn ein Kampf verloren ist. Glauben Sie mir, wenn da der Funken einer Chance gewesen wäre …“
„Aber warum ist sie dann aufgewacht?“, bohrte Rick mit brüchiger Stimme nach.
„Weil sie sich von Ihnen verabschieden wollte“, entgegnete die Ärztin weich.
In diesem Moment verschwamm die Krankenstation vor Richards Augen. Tränen sammelten sich in seinen Augenwinkel, er wischte sie blitzschnell weg. 
„Wenn ich noch irgendwas für sie tun kann, Commander …“
„Nein danke, Doktor. Ich möchte jetzt einfach nur allein sein.“
Mit diesen Worten verließ Rick die Krankenstation. Der Korridor empfing ihn schummerig und trist, verlor sich in einem gestaltlosen Grau. Rick fühlte sich leer. Sein Leben ohne Claire war wie dieser Korridor: farblos, leblos, ein Tunnel im Zwielicht, ohne sichtbares Ende.
Würde er jemals herausfinden?

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TBC
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« Antwort #131 am: 29.06.12, 11:14 »
Sehr sehr schön. Das wird aufjedenfall ein super Werk wenn es fertig ist.

Alexander_Maclean

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« Antwort #132 am: 29.06.12, 16:44 »
Also ich verbeuge mich vor unserer Queen des Threatralisches.

 :jaw :lieb :lieb

Ich hatte die Szene zwar schons ehr emotional angelegt - aus meiner sicht als mann- aber du hast j noch eines drauf gesetzt.

Sehr gute Arbeit.

auch der Bonustext mit Navina passt da wunderbar.

Nur eines

McMeredith heißt Rupert mit vornahmen
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« Antwort #133 am: 29.06.12, 20:05 »
Danke, wird korrigiert. Ich wusste nur, es war irgendwas mit R ;).
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« Antwort #134 am: 30.06.12, 09:49 »
Echt toll geschrieben. Die Sterbeszene ist der Hammer. Ich kann echt mit Rick mitfühlen, auch wenn ich sowas noch nicht erlebt habe.
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