Autor Thema: U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman  (Gelesen 66733 mal)

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Lairis77

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #135 am: 02.07.12, 17:53 »
Weiter geht's :).

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U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA – Bereitschaftsraum des Captains:

Persönliches Logbuch, Commander Lejla Katic, Sternzeit 59609.4.
Seit unserem Unfall – oder was immer das war – sind genau vierundzwanzig Stunden ver-gangen. Ein Tag Erdstandardzeit. Mir kommt es vor wie Wochen, Monate.
Als ich heute Morgen aufgestanden bin – nachdem es mir ab 3:00 Uhr nachts endlich ge-lungen ist, ein bisschen zu schlafen, habe ich mich gefragt, wie mein Quartier noch genauso aussehen kann, wie gestern, nachdem so viel Schreckliches passiert ist. Unter der Dusche habe ich noch gehofft, dass alles nur ein Alptraum war.
Ist es leider nicht.
Gestern – das war in einem anderen Leben. Einem besseren Leben, als der Captain, McMeredith, Ericson, Cully und die anderen noch unter uns weilten, als das Schiff nicht von der Taskforce abgeschleppt werden musste und ich nicht plötzlich Kommandantin war.
Möglicherweise für immer – jedenfalls so lange, bis ich kündige, verrückt werde oder die Lyraner mich in Stücke reißen. Admiral Belar hat mir vor zwei Stunden ein Memo geschickt und mich zu einem persönlichen Gespräch gebeten, sobald unser Schiff an seiner Station angedockt hat. Der Admiral will prüfen, ob er mich für geeignet hält, das Kommando über die ESTRELLA zu führen. Er sagt, die endgültige Entscheidung kann sich noch hinziehen, aber es sei nicht einfach, geeignete Kandidaten zu finden.
Also dasselbe Spiel wie beim letzten Mal, nach dem Tod meines Vorgängers. Claire wird wieder Gift und Galle spucken …

Lejla hielt inne und korrigierte sich:  „Computer, den letzten Satz bitte löschen.“
Dann nahm sie einen Schluck aus ihrem Wasserglas und fuhr mit ihrem Eintrag fort:

Wir haben insgesamt fünfundfünfzig Crewmitglieder verloren und ich hoffe inständig, dass es nicht noch mehr werden! Dr. Madison hat von ein paar kritischen Fällen auf der Krankenstation berichtet, aber zurzeit ist sie guter Dinge, dass alle überleben.
Anders, als Claire Harris. Sie ist das letzte Opfer, von dem ich erfahren habe.
Womöglich fällt es mir deshalb so schwer, ihren Tod als Realität zu sehen. Im Moment kann ich mich damit noch schwerer abfinden, als mit dem Tod des Captains. Vielleicht liegt es ja daran, dass ich trotz aller Querelen immer gehofft hatte, wir würden uns wieder vertragen, wenn wir nur die Chance dazu bekommen … Aber diese Chance wird es nie mehr geben, und ein Teil von mir weigert sich, das zu akzeptieren.   
Dabei sollte es für mich längst Realität sein, den Rick läuft seit dem herum, wie ein Häufchen Elend. Seit gestern scheint er fünf Kilo abgenommen und keine Minute geschlafen zu haben. Ich mache mir ernsthaft Sorgen um ihn!
Dabei steht noch die Frage im Raum, wer mein Erster Offizier werden soll, falls ich tatsäch-lich befördert werde. Gestern Abend wäre das für mich gar keine Frage gewesen: Rick ist einer der besten Offiziere auf den Schiff, hat Kampferfahrung, kann hervorragend Leute mo-tivieren und schnelle Entscheidungen treffen. Außerdem ist er mein Freund und ich vertraue ihm bedingungslos. Aber zurzeit steht er wirklich neben sich und ich bin nicht sicher, ob ich ihm mit der Ernennung zum XO einen Gefallen tue. Genauso wenig, wie mir Belar mit der Beförderung zum Captain einen Gefallen tut, fürchte ich.
Dann werden wir wohl beide Stammgast beim Counsellor.
Inzwischen hat sich eine sogar Bewerberin für den Posten bei mir gemeldet, eine gewisse Navina Levinoi. Macht einen sympathischen Eindruck und scheint gut qualifiziert zu sein. Das einzige, ws mich stört, sind die telepathischen Superkräfte, die in ihrer medizinischen Akte vermerkt sind. In der Nähe von Telepathen fühle ich mich nicht besonders wohl und ich bin sicher nicht die einzige, der es so geht. Also, mal sehen, wer sich noch auf die Ausschreibung meldet …
Im Grunde brauche ich viel nötiger einen neuen Wissenschaftsoffizier und einen Chefinge-nieur. Mir ist klar, dass die überlebenden Crewmitglieder ihr Bestes geben – doch im Moment reicht unsere Kraft gerade so, um das Schiff zusammenzuhalten. Ohne die ESCORT und die ICICLE wären wir längst am Ende.
Auch wenn die ESTRELLA auf UNITY ONE repariert wird, bleibt immer noch das Rätsel of-fen, wer oder was uns diesen Horror eingebrockt hat. Dafür wäre ein guter Wissenschaftsof-fizier goldgepresstes Latinum wert!
In einer halben Stunde erreichen wir UNITY ONE, ich habe daher für 15:00 eine Bespre-chung mit allen Führungsoffizieren einberufen. Jedenfalls mit allen, die noch übrig sind.
     
Commander Katic beendete ihren Logbucheintrag und bewegte sich steifbeinig Richtung Konferenzraum. Dr. Madison hatte sie kurz vor Dienstbeginn untersucht und keine Knochen-brüche oder ernsthafte Verletzungen an ihr festgestellt – trotzdem fühlte sie sich immer noch wie durchgeprügelt.
Gedankenverloren blickte sie aus dem Fenster, wo bereits die ersten Asteroiden des Ten-dara-Gürtels vorbeizogen. Lejla schauderte. Der Anblick von Asteroiden würde fortan jedesmal schlimme Erinnerungen wecken. 
Die Fensterscheibe spiegelte ihr blasses Gesicht, ihr Haar war zu einem schlichten Pferde-schwanz hochgebunden. Lejla hatte heute weder die Zeit noch die Nerven für eine kompli-zierte Hochsteckfrisur.
Erst als der Türmelder summte, bemerkte sie, dass Tränen ihre Wangen herab liefen.


U.S.S. ESCORT – Brücke :

Die Station UNITY ONE lag im Inneren eines kugelförmigen Asteroidenfeldes, welches das Tendara-System umschloss. Das machte UNITY ONE zu der am besten gesicherten Einrich-tung der Föderation. Selbst die Romulaner und Klingonen, die am Konzept und Bau der Sta-tion mitgearbeitet hatten, konnten nichts Vergleichbares aufweisen. Auf etlichen Gesteins-brocken waren Verteidigungsanlagen installiert, jede der Waffenplattformen besaß eine ei-gene, unabhängige Energiequelle. Einige der größeren Asteroiden unterhielten Jagdge-schwaderstützpunkte, wieder andere verfügten über RCS-Thruster, um die Asteroiden zu lenken, so dass ein Korridor für durchfliegende Schiffe geschaffen wurde. Sobald das Schiff das Asteroidenfeld durchquert hatte, rückten die Brocken wieder an ihren ursprünglichen Platz und machten das Feld nahezu unpassierbar.
Wenn man diesen ersten Verteidigungsperimeter hinter sich hatte, flog man in den Sicher-heitsbereich, wo man von einer Jägereskorte und der Fast Reaction Force in Empfang ge-nommen wurde. Erst danach gelangte man in den dritten Verteidigungsperimeter und das war der beeindruckende Raumkomplex UNITY ONE selbst.
Ed Harris gab den Code ein, der direkt an die zuständige Leitstelle der Station gesandt wurde. Einige Sekunden später fuhren die Waffen in der Umgebung herunter, ein Korridor öffnete sich, durch den die ESCORT, die ICICLE und die ESTRELLA mit halber Geschwin-digkeit flogen, um am anderen Ende von der Jagdeskorte in Empfang genommen zu werden.
Renee betätigte ihren Kommunikator. „O'Connor an Belar. Wir haben UNITY ONE erreicht“ meldete sie.
„Verstanden“, kam die Antwort aus dem Bereitschaftsraum des Admirals. „Docken Sie das Schiff an unseren üblichen Andockplatz. Sagen Sie Lieutenant Ten'ai, dass er die Schäden ausbessern soll, und geben Sie der Crew dann Urlaub. In drei Stunden will ich die Füh-rungscrew, inkl. CAG und MACO-Leader im Konferenzraum sehen. Übermitteln Sie außerdem der ICICLE, dass ich ihren Captain umgehend in meinem Raum auf der Station sprechen will. Ich beame direkt dorthin.“ Bei den letzten zwei Sätzen gewann Belars Stimme zunehmend an Schärfe.
Das wird kein Spaziergang für Dheran, dachte Renee.


U.S.S. ICICLE – Brücke:

Commander Mancharella saß im Sessel des Captains und blickte von Zeit zu Zeit nach-denklich zur Tür von Captain Dherans Bereitschaftsraum. Der Andorianer hielt sich für seine Verhältnisse ungewöhnlich lange dort auf … inzwischen war es eine volle Stunde. Norma-lerweise verbrachte Dheran seine Zeit viel lieber auf der Brücke, manchmal sogar außerhalb seiner Schicht.
Pasqualina machte sich langsam Sorgen, also erhob sie sich, übergab dem leitenden Wis-senschaftsoffizier, Commander Jörn Harling, die Brücke und drückte den Türmelder des Be-reitschaftsraums.
„Herein“, rief der Captain unwirsch.
Wie ein gefangener Tiger marschierte er in seinem Raum auf und ab und warf seiner XO einen finsteren Blick zu. „Gibt es was Wichtiges?“
Die Spanierin kam einige Schritte näher. „Nein, Tar´Kyren. Ich mache mir nur Gedanken, weil du es sonst keine fünf Minuten in deinem Bereitschaftsraum aushältst.“
Die Antennen des Andorianers bogen sich leicht nach innen. „Meinst du, ich sollte deswegen den Counselor aufsuchen?“
Commander Mancharella, die mittlerweile besser mit den Launen Dherans zurecht kam, als noch am Anfang ihrer Dienstzeit auf der ICICLE, hob lediglich ihre Augenbrauen und ver-schränkte die Arme vor der Brust.
Die Haltung des Andorianers entspannte sich etwas. Forschend musterte er Pasqualina und meinte dann: „Du kennst mich bereits ziemlich gut. Daher müsstest du wissen, dass ich die verdammten Regeln gerne mal zur Schwarzen Kreatur der Unterwelt schicke, wenn mir mein Verstand etwas anderes sagt!“
„Dir ist also klar, dass du gegen die Dienstvorschriften gehandelt hast, als du mitten im Ge-fecht die Brücke der ICICLE verlassen hast, um auf der ESTRELLA zu beamen“, bestätigte Mancharella nüchtern.
„Es gibt Momente, da greifen die Vorschriften nicht, Pasqualina“; gab Dheran heftig zurück. „Die ESTRELLA hatte gerade erst ihren Captain verloren, und es war meine verdammte Pflicht, mich davon zu überzeugen, dass Commander Katic die Lage im Griff hat! Auf diesen Gedanken hätte der Getupf...“ Er räusperte sich. „Admiral Belar eigentlich auch kommen müssen!"
Gegen ihren Willen verzogen sich die Lippen der Spanierin zu einem amüsierten Schmunzel. Dieser lustige Spitzname für Belar hatte sich mittlerweile in der gesamten Taskforce ein-gebürgert. Allerdings hätte es den Trill weitaus schlimmer treffen können. „Du stellst doch nicht etwa die Kommandobefähigung des Getupf… des Admirals in Frage?“
„Nein, natürlich nicht“, zischte der Andorianer ungehalten. „Ich sage lediglich, dass auch ein Admiral nicht perfekt ist. Selbst wenn er mir die Antennen abreißt – ich würde es das nächste Mal nicht anders machen. Das Schiff war bei dir in guten Händen, während des ersten Kampfeinsatzes der ICICLE hast du das bewiesen. Andererseits bestand die Möglichkeit, dass Commander Katic unter Schock steht. Wer an Bord der ESTRELLA hätte schon Zeit gehabt, das zu diagnostizieren? Niemand – und deshalb war es meine verdammte Pflicht, dort hin zu beamen, um notfalls das Kommando zu übernehmen. Solltest du irgendwann einmal Captain sein, Pasqualina, wirst du das verstehen. Wenn du die Verantwortung für die Personen trägst, die dir anvertraut wurden, ist es deine erste Pflicht, für die Sicherheit dieser Lebewesen zu sorgen – vor allen Vorschriften!“
Die Spanierin schwieg einen Moment, bevor sie meinte: „Der Admiral ist kein Unmensch, aber er wird dir andererseits diese Eigenmächtigkeit auch nicht durchgehen lassen.“
„Natürlich wird er das nicht“, antwortete Dheran säuerlich. „Und richtig müsste es lauten: Untrill.“ Für einen Moment hielt er den Blick des Commanders fest, bevor er sich ein schiefes Grinsen abrang und sagte: „Danke, für deine Anteilnahme, Pasqualina.“ Seine Gestalt straffte sich. „Komm, die Brücke ruft.“
Während UNITY ONE auf dem Hauptsichtschirm größer wurde, meldete Lieutenant Farok: „Captain, die ESCORT ruft uns.“
„Auf den Schirm“, erwiderte Captain Dheran grimmig. Er ahnte, warum dieser Anruf kam, und sene Ahnung wurde bestätigt, als das Gesicht von Fleetcaptain O´Connor erschien.
„Captain, Dheran. Der Fleetadmiral erwartet Sie direkt nach dem Andockmanöver in seinem Büro.“
„Verstanden.“ Der Andorianer erhob sich geschmeidig und trat einen Schritt auf den Bild-schirm zu. Einen Moment lang nahm er das Abbild seiner Jugendliebe in sich auf, bevor er betont förmlich hinzufügte: „Haben Sie sonst noch etwas für mich?“
Ein Teil von Dheran wünschte sich, sie würde dies positiv bestätigen und ihn in ihr Büro bit-ten – ein anderer Teil, der logische, wusste, dass dies nicht passieren würde.
„Nein, Captain. O´Connor, Ende.“ Der Bildschirm zeigte wieder die Station und das All.
„Sie haben die Brücke, Commander“, sagte Dheran zu Pasqualina und marschierte unver-züglich zum Turbolift. Er wollte dieses Gespräch so schnell wie möglich hinter sich wissen.


U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA – Konferenzraum:

Cer´Zydar Taren erschien als erster zum Briefing und bemerkte, dass sich Commander Katic über die Augen wischte. Obwohl Andorianer nicht weinen konnten, kannte er dieses menschliche Zeichen von Trauer. Er konnte es gut verstehen, dennoch er ging nicht darauf ein, da er seinen Vorgesetzten Offizier nicht beschämen wollte.
Stattdessen begrüßte er die stellvertretende Kommandantin kurz, setzte sich und fragte: „Gibt es Neues vom Oberkommando?“
„Dazu kommen ich gleich“, erwiderte Lejla mit einem knappen Lächeln.
Kurz nach Taren betrat Dr. Madision den Konferenzraum, nickte ihre beiden Kollegen freundlich zu und suchte sich einen Platz. Die Strapazen der letzten Tage waren ihr noch anzusehen, trotz ausgedehnter Ruhepause. Mit einem verständnisvollen Lächeln nickte Katic ihr zu. Die Ärztin hatte viel mitgemacht, genau wie der Rest der Crew.
Am meisten schockierte Lejla jedoch der Anblick von Commander Harris. Als er sich – mit hängenden Schultern und müden Augen – auf seinen Stuhl sinken ließ, bedachte er die an-deren nur mit einem flüchtigen, formellen Gruß. Dann starrte mit leerem Blick aus dem Fens-ter. Als Amelie fragte, wie es ihm ging, antwortete er nicht einmal.
Er legte sein PADD auf den Tisch, nahm seinen schmerzenden Kopf in beide Hände und hoffte, dass diese leidige Besprechung schnell vorbei sein würde. Er wollte nach Hause, zu Esther und Sarah. Die Zwillinge waren alles, was für ihn noch zählte. Das einzige, was ihm von seiner Frau geblieben war.
Als er das Quartier verlassen wollte, hatte sich Sarah an sein Bein geklammert und geweint. „Bitte geht nicht, Daddy, ich habe Angst, du kommst nie mehr zurück“, flehte sie.
Lejla musterte Rick unauffällig von der Seite. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst und sie beschloss, mit ihm zu reden. Nach dem Briefing. Unter vier Augen.
„Schön, dass Sie alle hier sind“, eröffnete sie die Besprechung. „Es ist schade, dass die Technische Abteilung nicht vertreten sein kann, aber Lieutenant Kreutzer liegt leider immer noch auf der Krankenstation und Lieutenant Oestrow hat mich wissen lassen, dass er keinen Mann entbehren kann, wenn die Impulstriebwerke wieder soweit funktionieren sollen, dass wir in einer halben Stunde selbständig das Raumdock von UNITY ONE anfliegen können. Einer der Impulsreaktoren ist immer noch unbrauchbar, ebenso der Warpantrieb. Ansonsten halten sich die Schäden, zum Glück, in Grenzen. Auf UNITY ONE werden unsere Techniker zu-sammen mit der Dockmannschaft das Schiff inspizieren und reparieren. Das dauert nach Einschätzung des Ingenieurkorps etwa zwei Monate.“ Nach einer sekundenlangen Pause fuhr sie fort: „Die Position des Captains ist immer noch offen. Solange das Oberkommando keine definitive Entscheidung getroffen hat, führe ich das Kommando. Provisorisch. Der Captain und alle andere 54 toten Besatzungsmitglieder werden in den nächsten Tagen eine angemessene Verabschiedung bekommen.“ Bei diesen Worten suchte sie den Blick von Harris, aber dieser hielt seine Augen auf die Tischplatte gerichtet. Lejla atmete tief durch. „Die Frage, die uns in nächster Zeit wohl am meisten beschäftigt, lautet: Was zur Hölle ist eigentlich passiert?“ Die anderen nickten zur  Bestätigung. „Aber das können wir nur gemeinsam herausfinden. Und wir müssen uns vielleicht mit dem Gedanken anfreunden, dass die Lösung des Rätsels viel Zeit braucht. Fragen?“
Zuerst schüttelten alle den Kopf, denn hob Amelie die Hand. „Was passiert in den zwei Monaten, wenn das Schiff generalüberholt wird? Bekommt die Crew dann Urlaub?“
„Zwei Monate Urlaub sind das mindeste“, erwiderte Katic und Amelie lächelte zufrieden. „Natürlich erst, wenn alle dringenden Aufgaben erledigt sind!“
„Das versteht sich von selbst“, erwiderte Dr. Madison.
Die Pflicht ging natürlich vor, aber eine Auszeit konnten sie alle dringend gebrauchen.
„Wie sieht es mit dem Sicherheitsbericht aus?“, hakte Lejla nach.
Taren blickte kurz zu Harris, der verständlicherweise nicht so wie sonst bei der Sache war, und ergriff die Initiative: „Ich habe mir von den Abteilungs-Chefs eine Bestandsaufnahme der Schäden durchgeben lassen und durch eigene Daten, die ich gesammelt habe, ergänzt.“ Damit schob er Katic ein Padd zu. „Nach meiner Ansicht haben wir unglaubliches Glück ge-habt - wenn das Plasmafeuer im unteren Bereich des Schiffes ausgebrochen wäre, dann würden wir nicht hier sitzen. Dennoch werden wir, nach meiner Schätzung einige Wochen mit der Reparatur des Schiffes beschäftigt sein, Commander.“ Die Miene des Andorianers verfinsterte sich, als er hinzufügte: „Ich halte es immer noch für möglich, dass das Unglück keinen natürlichen Ursprung hat, Sir. Sie sollten, wenn Sie Gelegenheit dazu haben, dem Fleetadmiral diese Bedenken vortragen.“
Katic seufzte. „Das ist ein guter Vorschlag, Lieutenant, aber Belar wird nach Indizien fragen. Dazu bräuchten wir die Sensordaten aus der Zeit unmittelbar vor dem Unfall – die sind nur leider alle vernichtet. Die Computer in der wissenschaftlichen Abteilung sind irreparabel futsch, alle leitenden Wissenschaftsoffiziere sind tot ...“
Rick hatte Probleme der Besprechung zu folgen. Immer wieder sah er Claire vor seinen Augen sterben und seine kleine Töchter weinen. Doch er riss sich zusammen und bemerkte: „Ich stimme Lieutenant Taren zu. Da so kurz nach unseren 'Unfall' ein Angriff der Lyraner erfolgte, bin ich mir sicher, dass es da einen Zusammenhang gibt. Ich werde zusammen mit Lieutenant Tohan eine Untersuchung durchführen.“ Mit einem Blick auf Amelie fügte er hinzu: „Bevor wir nicht alle Crewmitglieder befragt haben, würde ich keinen Landurlaub genehmigen.“
Taren nickte beipflichtend und seine Antennen spreizten sich zur Seite. „Bei diesen Befra-gungen wäre ich gerne dabei, Sir. Vielleicht hat jemand, möglicherweise auch nur unbewusst, etwas bemerkt, oder gesehen, was im ersten Moment nicht wichtig zu sein scheint, aber im Zusammenhang mit allen anderen Aussagen eine taktische Analyse zulässt.“
„Sie sind herzlich eingeladen, sich uns anzuschließen“, stimmte Harris zu. „Und wie meine Regel Nummer neun so schön sagt: Kein Detail ist unwichtig.“
Sein Gesicht war eine Maske und verriet daher nichts über seine Gedanken: "Nur werden Sie nicht dabei sein, wenn wir den Saboteur finden. Dieser Mistkerl gehört mir allein!"
Dr. Madison blickte verwundert zwischen den beiden Männern hin und her. „Sie glauben tatsächlich an die Möglichkeit einer Sabotage?“
„Das habe ich gerade gesagt, Doktor“, erwiderte der Sicherheitschef gereizt. „Auch wenn ich nicht explizit das Wort Sabotage in den Mund genommen habe. Der Angriff der Lyraner so kurz nach unserem Systemausfall war mehr als ein Zufall. Oder wie ich es in meiner Regel acht auszudrücken Pflege: Zufälle sind die Pläne anderer, von denen sie uns nichts erzählen.“
Bei den letzten Worten des Sicherheitschefs sprang Taren impulsiv auf und beugte sich mit vorgestreckten Antennen zu seinem Gegenüber, die Hände auf der Tischplatte gestützt: „Sie sprechen doch nicht etwa von Verrat, Sir?“
„Wir sollten die Möglichkeit nicht ausschließen“, erwiderte der Sicherheitschef ernst. „So ungeheuerlich es auch scheint, gibt es dafür einige Anhaltspunkte. Erstens: Wir wurden nie darüber informiert, dass im Asteroidengürtel Lyraner gesichtet wurden. Hätten wir das ge-wusst, hätte der Captain die Mission abgebrochen. Zweitens: Mitten in dem Feld erwischt uns eine technische Fehlfunktion, deren Ursache wir nicht kennen, die uns aber nahezu sämtliche Hauptsysteme gekostet hat und fast zehn Prozent der Mannschaft. Drittens: Nur wenige Stunden später werden wir von einer lyranischen Streitmacht angegriffen, gegen die wir selbst bei voller Leistungsfähigkeit keine Chance gehabt hätten. Also entweder ist das die unglücklichste Verkettung von Zufällen seit dem Untergang der Titanic – oder da hat jemand was gedreht."
„Dafür haben wir keinerlei Beweise“, konterte Taren verärgert. „Ich halte es für eine Belei-digung der gesamten Crew, dass hier ein solcher Verdacht geäußert wird, solange es keine klaren Anhaltspunkte dafür gibt! Und da heißt es immer, Andorianer wären paranoid ... Sir!“
„Meine Herren!“, fuhr Lejla in strengem Tonfall dazwischen. „Verdächtigungen bringen uns nichts. Wenn wir jedoch die Möglichkeit einer Sabotage generell ausschließen, bereuen wir das womöglich. Lassen Sie uns zunächst die Daten auswerten und dann erst Rätselraten.“
Sie erhob sich und richtete die Augen auf ihren Sicherheitschef. „Rick, du stellst das Ermitt-lungsteam zusammen und legst mir morgen einen Plan für die Befragung der Crewmitglieder vor. Taren, Sie unterstützen Commander Harris und beginnen schon mal mit der Auswertung der taktischen Daten, die uns von der ESCORT und der ICICLE geschickt wurden. Dr. Madi-son, Sie und ihr Team werden eine Autopsie der Toten durchführen.“ Lejla schluckte. „Sofern von ihnen noch was übrig ist. Wenn Sie irgendwelchen Auffälligkeiten entdecken, melden Sie sich umgehend bei Commander Harris.“
„Aye“, erwiderte die Chefärztin.
„Was ist mit der technischen und der wissenschaftlichen Abteilung?“ hakte Taren nach.
„Die technische Abteilung bekommt keine neuen Aufgaben auf den Tisch, bevor die nötigs-ten Reparaturen abgeschlossen sind. Die Wissenschaftler sind bereits mit der Sensoranalyse beschäftigt.“ Aber dabei wird nicht viel herauskommen, fürchtete Lejla.
„Sonst noch etwas?“, fragte Rick.
Katic schüttelte den Kopf. „Sobald wir UNITY ONE erreichen, erhalten Sie neue Instruktionen für die Andockprozedur. Dann verlassen wir alle das Schiff, begeben uns in die Gäste-quartiere, die uns das Stationspersonal zuteilt, und warten auf neue Befehle. Das war’s erst mal. Wegtreten.“
Taren wartete, bis die beiden Frauen außer Sichtweite waren, dann legte er Commander Harris eine Hand auf die Schulter, blickte ihm ernst in die Augen und erklärte: „Ich hatte noch keine Gelegenheit, Ihnen zu sagen, wie sehr ich den Tod Ihrer Frau bedauere, Sir. Wenn ich Sie irgendwie unterstützen kann, dann tue ich das.“
„Danke“, murmelte Rick.
„Aber als Ihr Co-Ermittler bitte ich Sie: Bleiben Sie objektiv, auch wenn es schwerfällt. Las-sen Sie sich nicht von Rachegedanken leiten!“
Rick funkelte den Andorianer wütend an und riss sich los. „Sie haben jetzt zwei Möglichkei-ten, LIEUTENANT“, fauchte er. „Entweder Sie machen Ihren Job als mein Co-Ermittler und  helfen mir ganz objektiv herauszufinden, was passiert ist. Oder Sie halten sich da raus – und zwar gänzlich. Kommen Sie mir bloß nicht in die Quere! Und sparen Sie sich diese Counselor-Klugscheiß-Nummer! Sonst war es das letzte Mal, dass ich Sie für irgendeine Aufgabe in meinem Bereich einteile, klar?!“
Er wartet Tarens Antwort gar nicht ab, sondern stürmte davon. „Harris an Tohan, melden Sie sich in fünfzehn Minuten in meinem Büro“, bellte er noch in seinen Kommunikator.
Der Andorianer starrte ihm perplex hinterher. Seine Antennen krümmten sich. Natürlich war Rick durch den Tod seiner Frau, die Anspannung und den Schlafmangel mit den Nerven fertig. Womöglich litt er sogar unter Depressionen. Doch wenn sein Dienst darunter leiden sollte, würde er wohl oder übel ein Wort mit Commander Katic reden müssen.


UNITY ONE – Büro des Fleetadmirals:

Sobald Admiral Belar in seinem Büro materialisierte, nahm er hinter seinem Schreibtisch Platz, setzte eine grimmige Miene auf und wartete auf Captain Dheran. Gleich würde er die-sem blauen Draufgänger ein für alle Mal klarmachen, wer hier der Hecht im Teich war! Belar wäre sicher nicht so wütend, wenn Dheran das erste Mal über seinen Kopf hinweg gehandelt hätte – doch mit diesem Andorianer gab es immer wieder Stress. Gwen meinte, er und der Fleetadmiral wären sich einfach zu ähnlich, da musste es zwangsläufig ab und zu krachen.
Belar runzelte die Stirn. Eigentlich schätzte er Dheran sehr und hatte auch Verständnis für den Drang männlicher Andorianer, sich zu beweisen und ihr Revier abzustecken … solange sie ihm nicht auf der Nase herumtanzten!
Das versuchten einfach zu Viele in letzter Zeit: Sheridan, die Liga, seine angehende Exfrau … nicht zu vergessen, die Front Dominiontreuer Cardassianer, die ihn bei einem Anschlag mit einem synthetischen Virus infiziert hatte, so dass er dem Totengräber nur knapp von den Schippe gesprungen war. In dem Moment, als er dachte, es geht zu Ende, erschien ihm ausgerechnet Q. Noch so ein Quälgeist, der ihm auf der Nase herum tanzte … Wie waren doch gleich seine Worte? „Sie haben eine Bestimmung, Mon Admiral …“
‚Ich brauche dringend Urlaub‘, dachte Belar genervt.
Aber daran war erst einmal nicht zu denken.
Er drehte seinen Stuhl in Richtung des großen Panoramafensters und beobachtete, wie die ESCORT zusammen mit der ICICLE die Tore der Station passierte. Mit etwas Abstand folgte die ESTRELLA, die wieder selbstständig in der Lage war, Impuls zu fliegen.     
Als der Türmelder summte, antwortete Belar mit einem überdeutlichen „Herein!“, drehte sich jedoch nicht gleich vom Fenster weg. Mit dem Rücken zu Dheran, genoss er es, den An-dorianern ein kleines bisschen schmoren zu lassen.
Dheran war psychologisch gut genug geschult, um zu erkennen, was dieses kleine Manöver bedeutete. Er machte sich auf einen harten Kampf gefasst, gab sich jedoch äußerlich gelassen.
„Captain Dheran meldet sich wie befohlen, Sir.“
Der Admiral ließ sich noch einen Moment Zeit, bevor er sich betont langsam umdrehte, seine Arme hatte er auf dem Rücken verschränkt und seine Fäuste waren geballt. Als er dem Andorianer in die Augen sah, war sein Blick ausdruckslos und kalt – auf unterschwellige Art bedrohlich. „Nehmen sie Platz, Captain“, forderte er sein Gegenüber auf und deutete auf einen der beiden Stühle vor dem gläsernen Schreibtisch. Er wollte Dheran auf keinen Fall vermitteln, dass er sich hier wohlfühlen oder gar entspannen konnte.
Captain Dheran hielt dem Blick des Admirals reglos stand. Er ließ sich nicht beeindrucken, denn er durchschaute die Absicht des Admirals, ihn mit seinem Verhalten nervös zu machen. Sollte er es versuchen.  Dheran hatte während seiner mittlerweile zwanzigjährigen Dienstzeit schon ganz andere Situationen gemeistert.
Für einen Moment war er sogar versucht, die Aufforderung des Admirals zu ignorieren und stehen zu bleiben, doch dann sich auf die vordere Kante des linken Stuhls. So wirkte er per-manent wachsam und angriffsbereit, seine nach vorn gestülpten Antennen verstärkten den Eindruck noch.   
Belar beschloss, das Spiel mitzuspielen – nur dass er die Beine übereinander schlug und sich betont lässig zurücklehnte. „Sie wissen warum Sie hier sind?“
„Ich kann es mir denken, Sir“, erwiderte der Andorianer kühl.
„Schön, da wir uns wenigstens in dem Punkt einig sind, will ich zuerst folgendes klarstellen: Wir befanden uns in einer Gefechtssituation – und laut den Statuten der Sternenflotte ist in diesem Fall der Platz eines Captains auf der Brücke. Und zwar auf der Brücke seines eigenen Schiffes!“ Plötzlich verschwand jede Lässigkeit aus Belars Stimme und Haltung. Der Fleet-admiral steigerte sich allmählich in den schärfsten Kasernenton, als er fortfuhr: „Sie mögen ja Ihre Gründe gehabt haben und bezweifle auch nicht, dass Mancharella in der Lage war, Sie als Kommandant der ICICLE zu vertreten. Aber, Sie hatten verdammt noch mal, nichts an Bord der ESTRELLA zu suchen! Ihr Auftritt dort war weder durch die Vorschriften gedeckt, noch hat er irgendjemandem etwas genützt. Im Gegenteil: Sie wollten vielleicht Katic unter die Arme greifen – aber selbst die nettesten Absichten gehen nach hinten los, wenn man den großen Zampano spielt, als würde dort ein Grünschnabel frisch von der Akademie im Kommandostuhl sitzen! Katic hätte es nicht zum Ersten Offizier gebracht, wenn nicht erwiesen wäre, dass sie im Notfall das Kommando über ein Schiff führen kann. Etwas mehr Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Kollegen würde Ihnen gut zu Gesicht stehen, Captain! Respekt vor den Regeln wäre auch nicht verkehrt. Die Zeiten der Kirks in der Flotte sind vorbei.“ Belar verschränkte die Arme vor der Brust, ließ seine Worte nachhallen und studierte die verkniffene Miene des Andorianers. „Und nun, Captain, bin ich gespannt, was Sie zu sagen haben.“
Dheran hielt sich nur mit Mühe zurück. Er wäre fast vom Stuhl aufgesprungen und entgeg-nete gefährlich leise: „Bei allem Respekt, Sir, ich habe nicht den Fähigkeiten des Commanders misstraut, sondern ihrem gesundheitlichen Zustand! Wie Sie wissen, Sir, hatte Lejla Katic zu diesem Zeitpunkt ein sehr traumatisches Ereignis hinter sich, sie hätte an einem Schock oder anderen Störungen leiden können, die ihre Urteilsfähigkeit beeinträchtigen …“
Obwohl er zugeben musste, dass Dheran nicht ganz Unrecht hatte, verzog Belar die Mundwinkel zu einem ironischen Lächeln. „So? Dann waren Sie also der Meinung, dass die ESTRELLA neben Commander Katic nur von Praktikanten und Zivilisten bevölkert wird? Re-den wir etwa von einem Schulschiff der Akademie? Nein? Dann müsste Ihnen eigentlich klar sein, dass er dort – wie überall in die Sternenflotte – eine Kommandokette gibt. Hätte Katic versagt, wäre Lieutenant Commander Richard Harris an ihre Stelle getreten. Der Akte nach ebenfalls ein fähiger Offizier mit Kampferfahrung aus dem Dominionkrieg. Sehr unwahr-scheinlich, dass er die Nerven verloren hätte.“
„Das nicht, aber wie Sie sicher wissen, befand sich Mister Harris zu diesem Zeitpunkt in ei-nem Shuttle, um den Notruf abzusetzen“, entgegnete Dheran sachlich, obwohl es in seinem Inneren brodelte. „Das bedeutet, wenn Katic nicht in der Lage gewesen wäre, das Kommando zu führen, wäre diese Bürde womöglich an einem unerfahrenen Lieutenant JG oder Ensign hängen geblieben. Mein bester Freund war nach dem Sonneninferno auf der USS ALAMO in der Situation, dass er als Grünschnabel das Kommando übernehmen musste, weil alle Füh-rungsoffiziere tot waren …“
„Soviel ich weiß, hat Ihr Freund diese Aufgabe gemeistert“, konterte Belar.
„Ja, aber es war auch ein gutes Quäntchen Glück dabei“, schoss Dheran zurück. „Bei allem gebotenen Respekt, Admiral: Dort draußen muss man in der Lage sein, schnelle Entscheidun-gen zu treffen! Ich hielt es für geradezu fahrlässig, dass sich niemand vor Ort von Katic‘s Zustand überzeugt hat – und wenn mich das auf eine Stufe mit Captain James Tiberius Kirk stellt, dann sehe ich es als großes Kompliment! Dieser Mann wusste, wie man in kritischen Situationen handeln muss, und wann es gilt, die Vorschriften zur Unterwelt zu jagen!“
Tar´Kyren Dheran musterte in das unnachgiebige Gesicht des Admirals, während sein Ad-renalinspiegel langsam wieder sank, und fügte hinzu: „Wenn Sie mir für mein Verhalten die Antennen abreißen wollen - bitte sehr. Ich gebe auch gern zu, dass meine Anwesenheit auf der Brücke der ESTRELLA unnötig war. Aber das heißt noch lange nicht, dass es falsch war, an Bord zu beamen. Katic war der Bürde gewachsen, darüber freue ich mich – allerdings hätte die Lage auch anders aussehen können. In Krisensituationen sollte man nicht mit dem Wahrscheinlichen rechnen, sondern mit dem Möglichen.“
Belar ließ sich die Argumente des Captains durch den Kopf gehen. Er musste widerwillig zugeben, dass der Andorianer in vielen Punkten Recht hatte – doch am meisten ärgerte ihn sein eigener Lapsus bezüglich der Anwesenheit von Harris im Shuttle. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, als er erwiderte: „Captain, verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe nichts dagegen, wenn ein Kommandant Eigeninitiative zeigt. Im Gegenteil, das finde ich gut und ich sehe sogar ein, dass es notwendig war, an Bord der ESTRELLA nach dem Rechten zu sehen. Aber das hätten Sie mit mir absprechen müssen, verdammt noch mal! Ich hätte überhaupt nichts dagegen gesagt, wenn Sie auf die ICICLE zurückgebeamt wären, sobald Sie feststellten, dass die Crew der ESTRELLA alles im Griff hat. Aber Sie hätten ganz gewissen nicht das GO bekommen, dort im Weg herum zu stehen und die Autorität von Commander Katic zu untergraben!“
Dheran funkelte den Admiral aus seinen blauvioletten Augen zornig an. „Zu Ihrer Information: Ich BIN sofort zurück gebeamt, als mir klar wurde, dass die Crew der ESTRELLA alles im Griff hat. Um zu so einem Urteil zu kommen, braucht es nun einmal länger als zwei Minuten! Außerdem war es niemals meine Absicht, die Autorität der XO zu untergraben, Sir!“
„Ich hätte es an Katics Stelle so empfunden“, erklärte der Admiral freimütig. „Um es noch einmal zu betonen: Ich brauche Captains, die Eigeninitiative zeigen – aber ich brauche auch Captains die sich an Vorschriften halten können und wissen, wann sie zurückstehen müssen! Ehrlich gesagt, hatte ich nach dieser Aktion kurzzeitig mit dem Gedanken gespielt, Sie auf die ESTRELLA abzuschieben, dort fehlt bekanntlich ein Captain.“ Mit einem Anflug von Scha-denfreude beobachtete der Fleetadmiral, wie sich die Antennen des Andorianers abrupt nach innen krümmten. Doch er verkniff sich ein Schmunzeln. „Allerdings brauche ich Sie in der Taskforce. Sehen Sie es als Schuss vor den Bug.“
„Verstanden, Sir“, brachte der Andorianer heraus und seine Antennen reckten sich nach vorn. „Wenn Sie mir eine Frage erlauben: Was ist ein Zampano?“
Nun schmunzelte Belar tatsächlich. „Das ist ein Spruch von der Erde. Woher er kommt, weiß ich nicht. Mit dem Großen Zampano ist ein Kerl gemeint, der sich gern in Szene setzt und meint, alle Fäden in der Hand haben zu müssen.“
Wieder krümmten sich die Antennen des Captains. Unter der – zu seinem Nachteil - glä-sernen Tischplatte ballten sich seine Hände zu Fäusten. 
Belar kam zu dem Schluss, dass alles gesagt worden war. „Wegtreten“, verabschiedete er den Andorianer.
Somit war Dheran frei, irgendwo hin zu verschwinden, wo er seinen Frust abbauen konnte.
 

UNITY ONE – Gästequartiere:

Mit peitschendem Schwanz und geballten Fäusten marschierte Lieutenant M’Rass in ihrem Gästequartier auf und ab. Sie hatte alles versucht, um sich zu entspannen, aber nichts half. 
Vor einer dreiviertel Stunde hatte die DEFENDER auf UNITY ONE angedockt – und noch vor dem Abschluss der Andockprozedur erhielten alle Besatzungsmitglieder die Code-Karten für ihre Quartiere. Man konnte über diese Station sagen, was man wollte – aber der Quar-tiermeister arbeitete äußerst effizient. Organisationstalent war etwas, dass M‘Rass zutiefst be-wunderte – vor allem, da sie selbst nicht allzu viel davon besaß.
Ihre Freunde bummelten jetzt über das Promenadendeck oder belagerten das „Pioneer’s Inn“, aber die Caitianerin hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als in ihrem Quartier zu ver-schwinden, sich sämtlich Kleider vom Leib zu reißen und unter der Schalldusche zu kugeln. Normalerweise wirkte das beruhigend auf sie. Genau wie klingonische Kampfsportübungen.
Diesmal nicht. Sie musste nachdenken. Und das war gar nicht beruhigend, denn je länger sie nachdachte, desto mehr ärgerte sie sich: über Captain Lairis, über die Sternenflotte, ihre eigene Naivität … verdammt, sie konnte es nicht einmal genau benennen!
Vielleicht hatte die Schiffscounselor der DEFENDER Recht und die gescheiterte Beziehung zu Marc war nur eine Ausrede, ein willkommener Vorwand,  um das Schiff zu verlassen. Sie liebte ihre Arbeit auf der DEFENDER, ihre Kollegen, ihr Labor, den schwarzen Schlafsessel … aber ihre Schwanzspitze kribbelte und sagte ihr, dass es längst Zeit für eine Veränderung war. Ihr Leben stagnierte seit Jahren und eine solche Existenz war wie ein altes Kratzbrett: vertraut, geliebt, angenehm – aber irgendwann abgenutzt und unattraktiv.  Sie war schließlich zur Sternenflotte gegangen, um das Unbekannte zu erforschen. „To boldy where no Man has gone before …“ Nichtsdestotrotz wurde ihr das Herz schwer bei dem Gedanken, die DEFENDER verlassen zu müssen.
Musste sie aber gar nicht, denn Captain Lairis hatte ihren Versetzungsantrag abgelehnt.
Aufgewühlt von diesem Gedanken, ließ sich M’Rass in einen Sessel fallen, ihre Krallen bohr-ten sich tief in die Armlehnen. 
Sie war froh, dass sie jetzt kein klärendes Gespräch mit Marc führen musste, denn der In-genieur hatte mit den Reparaturarbeiten auf der DEFENDER alle Hände voll zu tun. M’Rass war weder feige noch konfliktscheu, aber sie hasste es, sich zu entschuldigen. Marc erwartete es wohl von ihr, doch sie fragte sich, was das bringen sollte. Damit machte sie weder ihren Fehler ungeschehen, noch linderte sie damit seinen oder ihren Schmerz. Besser, sie ver-schwand aus seinen Augen.
Ihre Krallen fuhren in zornigem Rhythmus ein und aus. Sie schloss die Augen, dass glatte synthetische Leder schmeichelte ihren Fingern … und ihren Ohren, als es zerriss … ja, das tat richtig gut! Die Krallen in etwas schlagen, fetzen, reißen … Reißen!
M’Rass schreckte hoch und erstarrte für einen Moment, als sie sah, was sie angerichtet hatte: Aus den Lehnen des cremefarbenen Designersessels quoll die Schaumstoffpolsterung, der Stoff hing in Fetzen, der Teppich war mit Wattekrümeln übersät.
Na toll, jetzt musste sie sich wirklich entschuldigen – und zwar beim Quartiermeister von UNITY ONE. Nach einem Stoßseufzer wählte sie den Code für den Zimmerservice. Vielleicht wurde sie ja nicht gleich wegen Zerstörung von Föderationseigentum verklagt und die Lo-gistiktruppe  war ebenso effizient darin, ihr einen Kratzbaum zu besorgen.
Die Sache war ihr zutiefst peinlich und um sich abzulenken, loggte sie sich ins Datennetz ein. Vielleicht fand sie ja einen interessanten neuen Artikel über Subraumharmonik oder Temporalmechanik … ein Spiel, mit dem sie sich die Zeit vertreiben konnte, wäre ihr genauso recht gewesen. Stattdessen sprangen ihr die Starfleet-News ins Gesicht: U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA. Der Notruf, den Commander Prescott per Memo an die Besatzung weitergeleitet hatte, kam ihr wieder in den Sinn. Sie überflog den Text der Meldung: Noch immer kein Hinweis auf die Ursache der Katastrophe … Captain ums Leben gekommen … der Erste Offizier, Commander Lejla Katic … Schiff mittlerweile im Reparaturdock von Spacekomplex UNITY ONE … die genaue Verlustliste … Der Wissenschaftsoffizier war tot, ebenso einige wichtige Mitglieder seines Teams.
M’Rass‘ Nacken kribbelte. Selbstverständlich war der Tod von Menschen kein Grund zur Freude, doch was die Caitianerin verspürte, war eher ein Sog: Die Unruhe vor einer wichtigen Mission, das Gefühl, nicht länger warten zu können, die unerträgliche Spannung, bis man endlich loslegen konnte …
Eben das hatte ihr auf der DEFENDER in letzter Zeit gefehlt: Gebraucht zu werden. Seit die letzte Testphase für den Interphasen-Schild abgeschlossen war, betrieb M’Rass ihre Forschungen eher zum eigenen Vergnügen als zum Wohl der Sternenflotte. Am Anfang hatte ihr das gefallen, doch mit der Zeit …
Wie ferngesteuert streifte M’Rass ihre achtlos zu Boden geworfene Uniform über, griff nach dem Kommunikator und kontaktierte Captain Lairis. Dass sie wenige Minuten zuvor den Quartiermeister gerufen hatte, kam ihr erst wieder in den Sinn, als der Türmelder summte.
„Herein“, rief M’Rass und eine hübsche rothaarige Frau betrat den Raum.
„Ich bin Lieutenant Alicia DeWitt, verantwortlicher Logistikoffizier und Quartiermeisterin von UNITY ONE. Was kann ich für Sie tun, Lieutennant?“
„Ich bin Lieutenant M’Rass von der USS DEFENDER und … Kzzzzz …“  Sie deutet verschämt auf den ruinierten Sessel hinter sich.
Alicia DeWitt schmunzelte. „Verzeihung. Wir wussten, dass an Bord der Defender eine Cai-tianerin ist. Leider hatten wir keine Zeit für die Beschaffung artgerechter Möbel.“
M’Rass ließ erleichtert den Schwanz sinken. „Ich bin sehr dankbar, dass Sie mir die Zerstö-rung des Sessels nicht allzu übel nehmen!“
Die Quartiermeisterin winkte ab. „Er fließt in das große materielle Kontinuum zurück, um in neuer Form wiederzukehren. Vielleicht als Kratzbaum.“
„Das Große Materielle Kontinuum?“, hakte M’Rass nach.
„Es sorgt für das Gleichgewicht im Universum.“ Alicia lächelte. „Ich halte es zwar nicht so mit Glaubenssätzen der Ferengi – aber da ist was dran.“
„Vielen Dank, Lieutenant, ich weiß das wirklich sehr zu schätzen“, erklärte die Caitianerin aufrichtig.
Diese Frau versteht wirklich ihr Handwerk, dachte sie im Stillen.
In diesem Augenblick trat Captain Lairis durch die Tür.
DeWitt salutierte und die Bajoranerin blickte sie fragend an.
„Ihr Lieutenant braucht einen Kratzbaum“, erklärte die Quartiermeisterin und lächelte leicht. „Haben Sie zufällig einen an Bord, Captain?“
„Sicher. Bei uns nennt sich das Schiffcounselor“, scherzte Lairis.
Alicia konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.
„Mein Kratzbaum ist leider beim letzten Angriff der Gorn verbrannt“, seufzte M’Rass. „Ja, ich brauche etwas, um meine Krallen daran zu wetzen – und zwar wortwörtlich.“
„Ich dachte, Sie hätten sich mittlerweile eingekriegt“, kommentierte Lairis, nachdem De Witt sich verabschiedet hatte.
„Ich stehe vor schwierigen Entscheidungen“, erwiderte die Caitianerin ruhig. „Ja, Sie haben meinen Versetzungsantrag abgelehnt, Captain, und ich war bereit, Ihre Entscheidung zu ak-zeptieren …“
„Ich würde sagen, Ihnen bleibt nichts anderes übrig“, unterbrach Lairis sie trocken.
„Angesichts der Situation auf der ESTRELLA bitte ich Sie ernsthaft, diese Entscheidung zu überdenken und meinen Versetzungsantrag Admiral Belar vorzulegen“, entgegnete die Cai-tianerin mit fester Stimme.

Zur gleichen Zeit schlenderte Navina Levinoi den Korridor entlang, auf dem Weg zu ihrem eigenen Quartier. Eine seltsame Gefühlwallung ließ sie plötzlich zusammenzucken. Die Emotionen waren fremd, irritierend – und stark genug, ihre Abschirmung zu durchbrechen: Eine eigenartige Mischung aus Rastlosigkeit, Zorn, Frust und Ekstase.
Navina war sich nicht sicher, ob das andere Wesen ihre Hilfe brauchte – doch die Neugier trieb sie an und so stand sie nach einer Minute vor der Tür von Gästequartier 15. Hier befand sich eindeutig die Quelle der Gefühlswallung, die langsam wieder verebbte.
Plötzlich öffnete sich die Tür und Navina stand einer rothaarigen jungen Frau im Rang eines Lieutenant Junior Grade gegenüber.   
„Hach, hier geht es ja zu wie im Taubenschlag“, meinte die Rothaarige lachend und musterte ihr Gegenüber flüchtig. „Kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?“
„Nein, danke“, brachte Navina heraus.
Diese Frau war nicht die Quelle der heftigen Emotionen. Der weibliche bajoranische Captain, der mit skeptischer Miene neben sie trat, ebenfalls nicht.
Navina nahm augenblicklich Haltung an. Es gab in der Sternenflotte nur eine Bajoranerin dieser Rangstufe: Lairis Ilana, Kommandantin der USS DEFENDER.
„Entschuldigung, Captain!“
Die Bajoranerin hob die Augenbrauen. „Haben Sie sich im Quartier geirrt, Lieutenant?“
Navina hätte die Frage am liebsten bejaht, um dann schnell zu verschwinden und in der einsamen Dunkelheit des Korridors knallrot zu werden. Doch leider war sie von ihrer Betazoid-Mutter zu gnadenloser Ehrlichkeit erzogen worden. In einer Gesellschaft von Telepathen gab es keine Lügen, keine Ausflüchte und keine Geheimnisse.
Also holte sie tief Luft und antwortete: „Nun ja, ich habe zufällig starke Gefühle empfangen … negative Gefühle, um genau zu sein. Ich dachte, ich schaue mal nach, vielleicht muss ich etwas tun … Ich bin Halb-Betazoidin, wissen Sie … und Counselor … Navina Levinoi von der USS ODYSSEE. Normalerweise schirme ich mich gegen die Gedanken und Gefühle anderer Wesen ab – aber wenn ich so intensive Emotionen empfangen, verspüre ich den Reflex, die Ursachen zu ergründen und zu helfen.“
Die Bajoranerin lächelte amüsiert. „Das ist wirklich ehrenwert, Sie Nachwuchs-Troi – aber ich denke, die Sache kriegen wir allein geregelt“, sagte sie und drehte sich zu einem großen schwarzen Katzenwesen um, das eben hinter ihr auftauchte und Navina einen finsteren Blick zuwarf. „Oder, M’Rass?“ 
M'Rass sträubte ihre Schnurrhaare. Wie kam diese Frau auf die Idee, ihr aus heiterem Himmel Hilfe anzubieten? Und was machte sie überhaupt hier? Alicia DeWitt hatte völlig recht, in ihrem Quartier ging es gerade zu wie im Taubenschlag. Nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hätte – Tauben waren ziemlich lecker.
„Ganz Ihrer Meinung, Captain“, antwortete sie auf die rhetorische Frage ihrer Vorgesetzten.
„Na, also. Wenn jemand Hilfe braucht, Lieutenant, dann ist es dieser bedauernswerte Ses-sel“, beruhigte Lairis die junge Betazoidin.
„Wie Sie meinen, Captain. Trotz allem haben solche Aktionen immer tiefer liegende Ursache. Ich kenne die Hintergründe nicht – aber offensichtlich befinden Sie sich beide in einem Dilemma und müssen noch das eine oder andere klärende Gespräch führen“, entgegnete Le-vinoi, deren Selbstbewusstsein langsam zurückkehrte.
Als sie den Gedanken der Caitianerin auffing, fügte sie mit einem Schmunzeln hinzu: „Stimmt, gegrillte Taubenbrust ist wirklich lecker.“ Dann wandte sie sich zum Gehen.
Plötzlich fuhren stechenden Schmerzen durch ihren Schädel und Navina griff sich stöhnend an die Schläfe. Wenn sie ohne Zustimmung die Gedanken anderer durchforstete, waren Kopf-schmerzen die übliche Folge.
„Alles in Ordnung?“, fragte M'Rass, als sie bemerkte, wie Navina das Gesicht verzog.
„Ja, ja, geht schon wieder“, murmelte diese.
„Ihr Engagement in allen Ehren – aber wenn Sie jemanden suchen, der wirklich Hilfe braucht, dann kümmern Sie sich um die Crew der ESTRELLA. Ich gebe zu, mein Leben ist im Moment nicht ganz einfach, aber das mache ich mit mir selbst ab.“
„Mit sich selbst und Ihrem Kratzbaum“, fügte Lairis mit einem Anflug von Sarkasmus hinzu. „Lieutenant ...“ Sie brauchte eine Sekunde, bis ihr der Name wieder einfiel. „Levinoi, mein Wissenschaftsoffizier und ich führen gerade ein wichtiges dienstliches Gespräch – mit eben dem Ziel, unser Dilemma aufzulösen. Falls Ihre besonderen Fähigkeiten nicht auch Hellsehen einschließen, würde ich an Ihrer Stelle darauf vertrauen, dass wir die Angelegenheit wie zwei vernünftige, erwachsene Frauen regeln. Lieutenant M'Rass hat vollkommen Recht: hier gibt es Personen, die ihre Hilfe wesentlich dringender benötigen, als wir.“
„Das ist genau meine Absicht, Captain. Mein Versetzungsantrag auf die ESTRELLA leigt dem Fleetadmiral vor.“
„Na dann, viel Erfolg“, verabschiedete Lairis die Betazoidin und war froh, als sie ging.
Dann tauschte sie einen abschätzigen Blick mit M’Rass. „Sind Sie immer noch sicher, dass Sie auf die ESTRELLA versetzt werden wollen?“, fragte die Bajoranerin süffisant. „Jedesmal, wenn Sie Ihr Kratzbrett bearbeiten, werden sie sich besorgte Fragen nach Ihrem Seelenzu-stand anhören müssen.“
„Wir Caitianer schütten Endorphine aus, wenn wir unsere Krallen an etwas wetzen. Natürlich reagieren wir damit auch Ärger und Aggressionen ab. Konventionelle Möbel können dabei schnell in Mitleidenschaft gezogen werden, aber das darf man nicht mit echter Zerstörungswut verwechseln“, erklärte M'Rass. Ihre Ohren stellten sich senkrecht auf, als sie fortfuhr: „Diese Navina Levinoi scheint meine Spezies nicht sonderlich gut zu kennen. Das wird sicher spaßig, wenn sie mich therapieren will. Falls ihr Versetzungsantrag genehmigt wird.“
„Und Ihrer“, wandte Lairis ein.
„Dann ziehen Sie also in Betracht, mit dem Admiral zu sprechen?“, fragte M'Rass hoff-nungsvoll.
„Ja, ich rede mit ihm.“ Lairis seufzte. „Ich verliere Sie wirklich sehr ungern, M'Rass, aber ich habe auch eine Verpflichtung der Sternenflotte gegenüber. Allein wegen Ihren Beziehungs-kisten hätte ich die Versetzung nicht genehmigt – aber der Unfall der ESTRELLA rückt die Sache in ein anderes Licht. Ich sehe ein, dass dort ein Wissenschaftsoffizier mit Ihren Fähig-keiten wesentlich dringender benötigt wird, als auf meinem Schiff.“
„Danke, Captain!“ M'Rass' grün-goldene Augen leuchteten freudig auf.
„Freuen Sie sich nicht zu früh“, gab Lairis zu bedenken. „Zuerst muss Ihre Entlassung aus der Taskforce in die Wege geleitet werden, dann Ihre Wiedereingliederung in die normale Sternenflotte, schließlich muss das SFC die Akten sämtlicher Bewerber für diesen Posten prüfen, das letzte Wort hat der amtierende Captain der ESTRELLA. Der bürokratische Rat-tenschwanz, der daran hängt, kann sich über Wochen hinziehen – und Sie müssen sich auf das Worst Case Szenario einstellen, dass Ihre Versetzung vielleicht nicht durchgeht.“
„Arrgh ... das hatte ich befürchtet.“ M'Rass wusste genau, weshalb sie mit Bürokratie auf Kriegsfuß stand.
„Für den unwahrscheinlichen Fall, dass es tatsächlich nicht klappen sollte, gibt es immer einen Platz auf der Defender für Sie.“ Der Captain lächelte. „Ich verstehe sowieso nicht, weshalb man freiwillig auf eine EXCELSIOR wechseln möchte, wenn man auf einem Pracht-stück wie der DEFENDER Dienst tun und mit einer Interphasen-Tarnvorrichtung spielen kann.“
„Das klingt, als wären Sie kein großer Fan der Excelsior-Klasse“, hakte M'Rass nach.
„Ich hab mal eine kommandiert.“
„Und?“
„Ich habe Sie zu Bruch geflogen.“
„WAS?“
„Es war für einen guten Zweck“, räumte Lairis schmunzelnd ein.

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TBC
"Ich habe diese Geschichte nur gepflanzt, aber sie wächst, wie sie will, und alle verlangen, dass ich voraussehe, welche Blüten sie treiben wird." (Cornelia Funke: Tintentod)


Alexander_Maclean

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #136 am: 02.07.12, 18:41 »
Ich bin immer wieder fasziniert mit wieviel sensibilität du die RPG texte erweitertst und anpasst.

btw: bei wieviel seiten sind wir denn jetzt insgesamt.
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Lairis77

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #137 am: 02.07.12, 19:22 »
Danke. Die 100--Seiten-Marke ist geknackt ;).
"Ich habe diese Geschichte nur gepflanzt, aber sie wächst, wie sie will, und alle verlangen, dass ich voraussehe, welche Blüten sie treiben wird." (Cornelia Funke: Tintentod)


ulimann644

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #138 am: 02.07.12, 20:11 »
Eine sehr gelungene Zusammenfassung.

Fleetadmiral J.J. Belar

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #139 am: 03.07.12, 09:27 »
Brilliant. Wie immer. Ich kann mich noch sehr gut an das Gespräch zwischen Dheran und Belar erinnern und du hast es geschafft es super umzusetzen und anzupassen. Gute Arbeit. Ich freue mich schon auf den Roman.
:: MEIN PORTFOLIO:: http://www.sf3dff.de/index.php/topic,1859.0.html
- Si vis pacem para bellum -

RPG Charakter: - Lieutenant Ynarea Tohan / Stellvertr. Sicherheitschef -

 

Lairis77

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #140 am: 10.07.12, 22:34 »
Endspurt!  :bounce

Jetzt fehlen nur noch die Szenen zwischen Amelie und Navina, Lejla und Rick und Belar - Lairis. Schätzungsweise werden es 124 Seiten, ich bin jetzt bei 111.

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U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA – Büro des Sicherheitschefs:

Lieutenant Ynarea Tohan fragte sich ernsthaft, ob ihr Vorgesetzter ein Hühnchen mit ihr zu rupfen hatte. Der Tonfall, mit dem er sie in sein Büro bestellt hatte, klang nämlich alles andere als freundlich.
Doch dann befragte sie die jahrzehntelange Erfahrung ihres Symbionten und kam zu dem Schluss, dass Harris nur einen schlechten Tag hatte. Kein Wunder, nach seinem Verlust.
Mit einer inneren Gelassenheit, die im krassen Gegensatz zur aufgewühlten Stimmung des Sicherheitschefs stand, trat Ynarea vor den Schreibtisch ihres Vorgesetzten und lächelte.
„Lieutenanat Tohan meldet sich wie befohlen, Sir.“
Richard lächelte müde zurück. „Entschuldige den Kasernenton von vorhin, Yni. Ich hatte nicht die allerbeste Laune.“
„Kann ich gut verstehen“, gab Yni zurück. „Wie geht es dir überhaupt, nachdem Claire …“
„Geht so“, murmelte Rick. „Irgendwie muss das Leben ja weitergehen.“
Irgendwie.
Ynarea nickte mitfühlend und Richard forderte sie auf, sich zu setzen.
Dann räusperte er sich und ging zum dienstlichen Teil über: „Commander Katic hat mich beauftragt, herauszufinden, was die primäre Fehlfunktion im Asteroidenfeld verursacht hat. Ich möchte, dass du das Personal im Maschinenraum zum Verlauf der Katastrophe befragst. Ausgenommen Lieutenant Oestrow und Kreutzer, mit denen ich reden werde. Lieutenant Taren hat seine Unterstützung angeboten.“ Ein Anflug von schlechten Gewissen suchte Harris heim, als er daran dachte, wie er mit dem Andorianer umgesprungen war. Bei Gelegenheit würde r sich entschuldigen müssen … „Du kannst mit ihm zusammen die überlebenden Wissenschaftler aus dem Plasmalabor befragen. Sobald ich mit Oestrow und Kreutzer fertig bin, versuche ich, von den Ingenieuren auf UNITY ONE eine zweite Meinung einzuholen.“
Ynarea nickte und bemühte sich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Sie kannte ihren Vorgesetzten gut genug, um zu ahnen, dass er an Sabotage dachte. Ansonten wäre eine „zweite Meinung“ der Techniker von UNITY ONE nicht relevant.
Allerdings behielt sie ihre Annahme für sich – zumal sie Richard in seiner schlechten Verfassung nicht zu nahe treten wollte. Ein Teil von ihr hoffte, dass ihr Vorgesetzter wegen Claires Tod Gespenster sah und irgendwann selbst erkannte, dass er sich in eine fixe Idee verbiss. Sie machte sich große Sorgen um ihn – doch wenn er Recht behalten sollte, musste sie sich um das Wohl der gesamten Föderation sorgen. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Mitglied der ESTRELLA-Crew für die Liga arbeitete!
Da war ihr die fixe Idee eines traumatisierten Mannes lieber.
Auch wenn sie diesen Mann als Freund sah.
„War es das?“, hakte sie nach, als Rick eine Weile stumm blieb.
„Das war’s. An die Arbeit“, antwortete Harris und schob ihr ein Padd mit Instruktionen zu.
Als sie sein Büro verließ, blickte er ihr erleichtert nach. Er war froh und dankbar, dass er sich in jeder Lebenslage auf seine Stellvertreterin verlassen konnte.


Korridore:

Lejla Katic blickte ein letztes Mal prüfend in den Spiegel. Ihre Uniform saß tadellos, ebenso ihre Frisur. Doch wie ein Kommandooffizier sah sie nicht aus, stellte sie unzufrieden fest.
Auf ihrer Heimatkolonie herrschte eine geringere Schwerkraft, die Bewohner hatten sich in den letzten zweihundert Jahren angepasst und wirkten – nach Erdstandards – oft zu dünn. Auch Lejla war mittelgroß und sehr schlank. Obwohl sie viel Sport trieb, um sich Muskeln anzutrainieren, und Schuhe mit Absätzen trug, um größer zu wirken, änderte das leider nicht viel an ihrer grazilen Statur. Zwar beneideten sie etliche Frauen um ihren Körper, aber ihr Erscheinungsbild war – neben ihrem Alter – der Hauptgrund, weshalb man sie als Führungsoffizier nicht ernst nahm. Jedenfalls auf den ersten Blick.
Hinzu kam ihr ebenmäßiges, zartes Gesicht, das sie noch jünger als zweiunddreißig aussehen ließ. Lejla runzelte die Stirn. Man nahm ihr ja noch nicht einmal die drei Rankpins ab, die sie bereits trug … und nun kam vielleicht ein weiterer hinzu.
Sie straffte ihre Gestalt und trat hinaus auf den Korridor. Ihr Aussehen und ihr Alter sollten keine Rolle spielen. Wenn sie nicht auf eine imposante Erscheinung und ein autoritäres Auftreten setzen konnte, musste sie eben andere Wege finden, ihre Vorgesetzten zu beeindrucken – und bisher hatte sie das immer geschafft.
Lejla Katic kam stets weiter, wenn sie wollte. Manchmal auch, wenn sie nicht wollte.
So wie heute?
Um ehrlich zu sein, war sie sich immer noch nicht sicher.
Doch wie sollte sie Admiral Belar überzeugen, wenn sie sich noch nicht einmal selbst überzeugen konnte? Der Admiral besaß eine hervorragende Menschenkenntnis und würde ihre Unsicherheit sofort durchschauen. Sollte er sie trotzdem für geeignet halten, würde sie sich ihrem Schicksal stellen und dieses Kommando annehmen.
Mit dieser Entscheidung gewann sie neue Selbstsicherheit. Es sollte noch mindestens eine Viertelstunde dauern, bis die Andockprozedur eingeleitet wurde, aber die Station war bereits in Transporterreichweite. Also beschloß Lejla, kurzerhand hinüberzubeamen.
Sie kontaktierte den Transporterchief und ließ sich die entsprechende Erlaubnis von UNITY ONE besorgen. Obwohl sie selbst nicht genau sagen konnte, was sie sich davon versprach, wollte sie die Station einige Minuten auf sich wirken lassen, bevor sie den Fleetadmiral traf.   
Als sie gerade den Turbolift zum Transporterraum rufen wollte, kam ihr Doktor Madison entgegen. „Commander“, grüßte die Ärztin freundlich.
„Hallo Doktor“, grüßte Lejla zurück. „Ich nehme an, Sie sind auf dem Weg zur Krankenstation?“ Oder ins Casino, fügte sie stellvertretende Kommandantin in Gedanken hinzu.
Dort hielt sich Amelie für ihren Geschmack viel zu oft auf, sogar während ihrer Schicht. Die Ärztin meinte, es gäbe ja nicht immer etwas zu tun, dafür sei sie vierundzwanzig Stunden am Tag erreichbar und ihr Team könnte sie sofort rufen, wenn sie gebraucht würde.
Doch nach Katics Meinung gehörte der leitende medizinische Offizier während seiner Dienstzeit auf die Krankenstation. Punkt. Falls sie tatsächlich Captain werden sollte, würde sie diesbezüglich ein Machtwort sprechen müssen.
„Ja, ich wollte gerade zur Krankenstation“, erwiderte Amelie. „Aber ich war eben kurz in meinem Quartier, eine Kleinigkeit essen und mich frisch machen.“ Dann bemerkte sie Lejlas Strinrunzeln. „Stimmt was nicht, Commander?“
„Ich frage mich, wie es den Verwundeten geht“, gab Katic zurück.
„Die meisten können in ein paar Tagen entlassen werden“, antwortete Amelie. „Nur Lieutenant Kreutzer macht mir Sorgen …“
„Sie haben noch keine Behandlungsmethode gefunden?“, schlussfolgerte Katic.
Dr. Madison schüttelte den Kopf. „Lieutenant Sullivan, Mosq und ich haben sogar schon überlegt, sie auf Eis zu legen …“
„Auf Eis legen?“
„Kryostasis“, erklärte Amelie. „Aber damit zögern wir ihren langsamen Verfall nur hinaus. Eine echte Lösung haben wir leider nicht. Nun eine Idee von Lieutenant Sullivan …“
„Lass Sie hören“, forderte Lejla.
Amelie leckte sich kurz über die Lippen. „Ein starker Telepath könnte Lieutenant Kreutzer vielleicht aus ihrem komatösen Zustand befreien.“
Katic fuhr interessiert herum. „Dann sollten Sie wissen, dass sich eine Telepathin bei mir als Schiffscounselor beworben hat. Sie ist halb Betazoidin, halb Vulkanierin, durch dieses Erbe werden ihre Kräfte potenziert und gehen weit über die Fähigkeiten eines durchschnittlichen Betazoiden hinaus.“
Amelies Augen leuchteten auf. „Wie ist der Name dieser Telepathin?“
„Levinoi. Lieutenant Navina Levinoi.“
„Wissen Sie, wo sie sich aufhält?“
„UNITY ONE. Sie brauchen nur die Quartiermeisterin dort anzurufen und kriegen die richtige Com-Frequenz.“
„Hervorragend! Danke, Commander!“, erwiderte die Ärztin sichtlich erleichtert.
„Nehmen Sie Kontakt mit Levinoi auf und bitten Sie sie, so schnell wie möglich an Bord zu kommen“, befahl Katic. „Wenn Sie eine alternative telepathische Heilmethode probieren wollen, haben Sie meine Erlaubnis. Das hat oberste Priorität, die Autopsie kann warten. Ich habe einen Termin bei Admiral Belar und melde mich in ein oder zwei Stunden zurück.“
„Alles klar.“ Amelie nickte. „Dann wünsche ich viel Erfolg.“
„Danke“, antwortete Lejla, obwohl sie nicht annahm, dass die Ärztin den Grund ihres Gesprächs mit dem Fleetadmiral kannte.
Während Dr. Madison auf die Krankenstation eilte, betrat Lejla den Turbolift und aktivierte ihren Kommunikator. „Katic an Taren: Sie haben die Brücke, Lieutenant. Ich bin für die nächsten ein oder zwei Stunden in einem Briefing mit Admiral Belar. Übrigens: danke für den Bericht, er ist sehr detailliert. Der Admiral wird zufrieden sein. Katic Ende.“   
Der Lift setzte sich in Bewegung und Lejla lächelte in sich hinein. Sie mochte zwar nicht wie ein kommandierender Offizier aussehen – aber sie wusste sich wie einer zu verhalten, wenn es darauf ankam.
 

Quartier der Familie Harris

Als Richard sein Quartier betrat, um mit den Kindern Abendbrot zu essen, sah er eines der Mädchen schon am Tisch sitzen. Die Kleine hatte ein großes Padd vor sich zu liegen, einen digitalen Stift in der Hand, und kritzelte mehr oder weniger lustlos auf der weißen Fläche herum. Eliza Crown, die wieder auf die  Zwillinge aufpasste, hatte es sich auf der Couch unter dem Panoramafenster. Als Rick sie begrüßte, stand sie auf und lächelte flüchtig. „Esther ist im Kinderzimmer“, erklärte sie und legte das Padd, das sie gelesen hatte, auf den Couchtisch. Mit einem Blick zu Sarah rief sie: „Schätzchen, schau mal wer wieder da ist. Willst du dein Bild nicht Daddy zeigen?“
Doch Sarah beugte sich demonstrativ über ihr Padd und versuchte mehr oder weniger erfolgreich, das Bild zu verstecken.
Richard seufzte leise. Er spielte kurz an den rotblonden Zöpfchen seiner Tochter und küsste sie sanft auf den Hinterkopf: „Dann zeigst du es mir, wenn es fertig ist.“
Eliza, die ihre schulterlangen blonden Haare ebenfalls zu Zöpfen geflochten hatte, zuckte nur mit den Schultern.
„Ich sehe dann mal nach Esther“, sagte Rick.
Als er das Kinderzimmer betrat, entdeckte er seine zweite Tochter auf dem Bett sitzend,  in sich gekehrt, mit ihren Flotterplüschtier im Arm.
„Ich bin wieder da, Süße“, begrüßte er das Mädchen und legte einen Arm um sie.
Die Kleine schmiegte sich an ihren Vater, blieb aber still und verschlossen.
„Komm, wir gehen essen“, versuchte Richard sie aufzumuntern.
„Ist gut“, murmelte Esther leise.
Sie rutschte vom Bett und trottete lustlos zur Tür, ihr Vater sah ihr seufzend nach. Normalerweise waren seine Töchter regelrechte Quasselstrippen. Mehr als einmal hatte er sie in der Vergangenheit ermahnen müssen, doch mal etwas leiser zu sein. Doch genauso wie er, mussten auch sie mit dem Verlust von Claire fertig werden.
Er folgte dem kleinen Mädchen in den Wohnbereich zum Replikator.
„Möchten Sie mit uns essen?“, fragt er Eliza.
Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Nein danke, Commander. Ich habe mich mit Dana und Kilui verabredet. Wir wollen das cardassianische Restaurant auf dem Promenadendeck von Unity One ausprobieren und schauen, ob die Cardassianer außer Taspar-Ei und Yamoksauce irgendwas Essbares zustande bringen.“
Richard schnitt eine Grimasse. „Das müssen Sie leider verschieben. Bis die Untersuchungen abgeschlossen sind, ist es nur Führungsoffizieren aus dienstlichen Gründen gestattet, das Schiff zu verlassen. Vorher kommt die ESTRELLA auch nicht in die Werft.“
Eliza unterdrückte ein Stöhnen. Nach einen solchen Ereignis, wie es die Crew der Estrella gerade hinter sich hatte, war eine Untersuchung Vorschrift. Damit eine Ausgangssperre zu verbinden, kam seltener vor, war aber nicht völlig ungewöhnlich.
„Gut, dann esse ich mit meinen Freunden im Casino“, erklärte sie, während sie sich erhob und in Richtung Tür Ausgangsschott marschierte. Bevor sie ging, drehte sie sich noch einmal um. „Soll ich hinterher wiederkommen?“
Rick schüttelte den Kopf. „Nein, nicht nötig. Ich bringe die Kinder zu Teresa Mahony. Aber danke für das Angebot.“
„Keine Ursache.“ Eliza verabschiedete sich von der Familie Harris und machte sich auf den Weg zum Casino.
Richards Blick wanderte zwischen dem Replikator und seinen Töchtern hin und her. „Und was wollt ihr heute essen?“
„Fisch“, rief Sarah.
„Ich möchte diese rotbrauen Würstchen“, erklärte ihre Schwester.
„Aber mit Gemüse“, bestimmte der Vater, was ihm ein Grummeln der Kinder einbrachte.
„Computer, eine Kinderportion gebackenen Fisch mit Babymöhren und Kartoffelbrei, eine Kinderportion nevonische Würstchen mit Mais und Kartoffelspalten ohne Salz. Dazu noch eine Portion Spinatkuchen mit extra Käse, zwei Gläser Rovabeerensaft, ein Glas bolianisches Mineralwasser medium, die Getränke auf 8° temperiert“, bestellte Richard und brachte das Tablett an den Tisch.
Die Mahlzeit verlief so still wie noch nie bei der Familie Harris. Erst als sie mit Essen fertig war, brach Esther als Schweigen.
„Müssen wir wirklich zu Ms. Mahoney, Daddy? Können wir nicht hierbleiben?“, maulte sie.
„Ich muss arbeiten. Schätzchen“, erklärte ihr Vater betrübt. „Und ihr zwei seid noch zu klein, um alleine hierzubleiben.“
 

Brücke:

Während Commander Katic beim Fleetadmiral vorsprach, saß Cer´Zydar Taren auf der Brücke der ESTRELLA DEL ALBA, im Sessel des Captains, und blickte mit finsterer Miene auf den Bildschirm, der einen Ausschnitt der umgebenden Asteroidenschale des Tendara-Systems zeigte. Momentan waren, außer ihm selbst, nur ein weiblicher menschlicher Fähnrich an der TAC und ein efrosianischer Petty-Officer an der Technischen Station anwesend.
Langsam kann ich keine Asteroiden mehr sehen, dachte der Andorianer.
Dabei ließ er noch einmal die letzten Ereignisse vor seinem geistigen Auge ablaufen.
Da war zum Einen das geistesabwesende Benehmen von Ynarea. Er sah sie als eine gute Freundin, aber in der letzten Zeit verhielt sie sich irgendwie merkwürdig. Okay, manche Frauen benahmen sich immer merkwürdig, aber normalerweise zählte die Trill nicht zu dieser Art von Frauen. Eben deswegen verstanden sie sich auch so gut.
Zum anderen ging Taren der noch seltsamere Auftritt von Harris nicht aus dem Sinn, ebensowenig sein ungeheuerlicher Verdacht. Es passte dem Andorianer nicht, aber ganz langsam dämmerte ihm die Erkenntnis, dass der Sicherheitschef möglicherweise Recht hatte. So sehr Taren sich auch den Kopf zermarterte, er konnte sich nicht erinnern, dass er vor dem Unfall – wenn es denn ein solcher war – irgendeine Abnormität außerhalb des Schiffes festgestellt hatte.
Dann wanderten seine Gedanken zu der MACO-Leiterin der ICICLE, die leider von Bord gegangen war, ohne sich von ihm zu verabschieden. Sein Herzschlag beschleunigte sich spürbar, als er an diese hübsche Andorianerin mit den faszinierenden dunklen Augen dachte. Vielleicht bekam er später noch eine Gelegenheit, die Frau auf UNITY ONE zu treffen, wenn die Besatzung von Bord durfte. Dieser Gedanke heiterte ihn etwas auf.
Die junge Offizierin an der TAC blickte zu Taren und räusperte sich kurz. „Sir? Wenn ich fragen darf, was glauben Sie? War es wirklich ein Unfall oder ein Sabotageakt? Man erzählt sich zurzeit viele Dinge an Bord.“
Tarens Kopf ruckte herum. Seine Antennen bogen sich nach innen, als er grimmig erwiderte: „An Ihrer Stelle, Ensign, würde ich nicht auf Gerüchte hören, sondern nur auf reelle Fakten – und die sind mager genug. Eigentlich wissen wir rein gar nichts. Und ich würde Ihnen dringend raten, keinen Unfug weiterzutragen, bis gesicherte Erkenntnisse vorliegen!“
Die junge Frau zuckte leicht zusammen und nickte. „Aye Sir.“
Kin´Taar Ro Tragorin, der efrosianische Petty-Officer, hatte das Gespräch mit einem halben Ohr verfolgt und erlaubte sich ein Grinsen, als Taren seinem Unmut Luft machte.

 
UNITY ONE – Korridore:

Tar´Kyren Dheran marschierte durch die weitläufigen Gänge der Station in Richtung der zentral gelegenen Turbolifte. Natürlich hätte er auch schneller dorthin gelangen können, aber der Spaziergang half ihm, alles zu verarbeiten.
Nach seinem Disput mit Admiral Belar war er kurz vor dem Siedepunkt gewesen und hatte beschlossen, mit seiner Schiffcounselor zu reden, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Die Counselor der ICICLE, eine Betazoidin namens Imania Maray, hatte sich in ihrer typisch geduldigen Art alles angehört, was der Captain zu sagen hatte, und dann die Lage treffsicher analysiert.
Ihre erste Frage lautete: „Captain, wenn Sie sich nur vergewissen wollten, dass alles in Ordnung ist – warum haben Sie nicht Commander Mancharella auf die ICICLE geschickt? Sie hätte dort notfalls das Kommando übernehmen können – und Sie hätten keine Regelverletzung begangen.“ Verdammt, die Frau hatte Recht!
Ebenso, wie der Admiral teilweise Recht hatte. In der Tat waren Dheran zu keinem Zeitpunkt Zweifel gekommen, dass er selbst am besten geeignet sein würde, bei Bedarf das Kommando über die ESTRELLA zu übernehmen. Belars Worte echoten in seinen Gedanken nach: „Haben Sie mehr Vertrauen in die Fähigkeiten ihren Kollegen ...“
Mittlerweile war Dheran nicht mehr wütend. Jetzt, mit etwas Abstand, musste er sich eingestehen, dass der unerschütterlich Glaube an die eigenen Fähigkeiten womöglich sein Hauptantrieb war. Widerwillig fragte er sich, ob er bereits so sehr von sich selbst überzeugt war, dass er Fehler für etwas hielt, dass nur Anderen passierte.
Im ersten Moment war er versucht, diese Frage zu verneinen, doch etwas ganz tief in seinem Inneren meldete Zweifel an. Es gefiel dem Andorianer nicht, aber er wurde das Gefühl nicht mehr los, dass ihn all die Erfolge, die Auszeichnungen, die gewonnen Gefechte während seiner Dienstzeit, zu selbstsicher werden ließen.
Unbewusst fuhr er sich mit der linken Hand über die Narbe auf seiner Wange. Eine schmerzliche Erinnerung an einen seiner ersten Einsätze im Dominionkrieg, eine geheime Operation – nur er und eine blutjunge bajoranische Offizierin, die er auf den ersten Blick genauso wenig für voll genommen hatte, wie … Lejla Katic?
‚Verdammt, Nareen, gerade ich sollte es besser wissen‘, dachte er und schluckte hart bei dem Gedanken, dass er ohne den Mut dieser Bajoranerin an ihrer Stelle gestorben wäre. Sie hatte sich für ihn geopfert, er gedachte ihrer jedes Jahr an ihrem Todestag.
Meine Arroganz wird mir nicht noch einmal im Weg stehen, das verspreche ich dir ...


UNITY ONE – Büro des Fleetadmirals:

Auch Belar war unzufrieden mit dem Verlauf der Aussprache zwischen ihm und Dheran. Er hatte zwar – trotz seines Irrtums mit Harris – die Oberhand behalten, was bei diesem rechthaberischen Andorianer nicht gerade ein Kinderspiel war. Doch er hegte die leise Vermutung, dass das ganze Gespräch wesentlich ruhiger und angenehmer hätte verlaufen können, wenn Belar nicht seine Wut über Admiral Sheridan auf Dheran abgeladen hätte.
Vielleicht sollte er sich bei dem Andorianer entschuldigen? Irgendwann, im Pioneer’s Inn, bein einem guten Glas Romulanischem Ale …
Aber erst einmal musste er sich um Commander Katic kümmern, die bereits hinter seiner Tür stand und darauf wartete, hinein gebeten zu werden.
Obwohl sie gerade eine Katastrophe hinter sich hatte, stand die junge Frau in makelloser Uniform und stolzer Haltung vor seinem Schreibtisch, was dem Admiral imponierte.
„Bitte, Commander, Nehmen Sie Platz“, forderte er sie freundlich auf.
„Danke, Sir“, erwiderte Katic und reichte ihm den Bericht, den Taren verfasst hatte.
Der Admiral überflog das Padd, strich über sienen Bart und nickte anerkennend.
„Die Untersuchungen zur Ursache dieses … Zwischenfalls laufen gerade erst an, noch können wir nichts dazu sagen“, erklärte Lejla. „Aber mein Taktischer Offizier hat alles Wesentliche über den Zustand des Schiffes zusammengetragen.“
Belar faltete die Hände auf der Tischplatte und beugte sich ein Stück vor. „Sehr gut, vielen Dank, Commander. Ich gehe davon aus, dass Sie mich über den Fortgang der Untersuchungen auf dem Laufenden halten.“
Katic nickte. „Selbstverständlich, Sir.“
„Fein … Aber nun zu einem anderen Thema: Ich habe erfahren, dass sie nach der Havarie das Kommando über Ihr Schiff sehr gut geführt haben. Deshalb habe ich ein … Angebot für Sie. Meinetwegen auch ein Ansinnen des Sternenflottenkommandos.“
Lejla versteifte sich. Dennoch wirkte ihre Haltung gleich ein bisschen stolzer.
Belar hatte das Gefühl, dass die stellvertretende Kommandantin der U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA ganz genau wusste, was sie nun erwartete. Der Admiral wollte endlich zur Sache kommen und begann mit einer einfachen Frage:  „Commander Katic, fühlen Sie sich wohl im Kommando? Können Sie sich vorstellen, Captain eines Schiffes zu sein – und zwar nicht nur vertretungsweise, sondern dauerhaft?“
Katic überlegte einen Moment. War das jetzt eine Fangfrage?
Schließlich antwortete sie: „Sir, wenn Sie in Betracht ziehen, dass ich das Kommando der ESTRELLA übernehmen soll, muss ich sagen: Ich bestehe nicht darauf. Aber wenn Sie mich befördern, werde ich mit dem selben Ehrgeiz und der selben Leidenschaft an diese Aufgabe gehen, wie an alle anderen davor.“
Belar betrachtete die Offizierin skeptisch und versuchte hinter ihre mustergültige Fassade zu blicken, die von ihrer tadellosen Personalakte noch unterstrichen wurde. Der Admiral war sich sicher, dass diese Frau eine sehr gute Kommandantin abgeben würde, aber durch ihre Selbstzweifel etwas gehemmt war.
„Diese frisierte Antwort reicht mir nicht, Commander. So etwas kann man in jedem Handbuch nachlesen“, erwiderte er unzufrieden. „Ich habe vom SFC den Auftrag bekommen, einen Captain für die ESTRELLA auszuwählen. Dazu bekam ich zwei Möglichkeiten präsentiert: Entweder ernenne ich Sie zum Skipper – oder ich versetze einen leitenden Offizier der Taskforce auf Ihr Schiff. Was ich jetzt von Ihnen brauche, ist ein klares, überzeigendes Statement! Ja, die Verantwortung ist immens und ich bedauere, dass ich ihnen keine Bedenkzeit einräumen kann. Aber das Sternenflottenkommando besteht auf einer schnellen Klärung der Kommandantenfrage.“ Katic setzte zu einer Erwiderung an, doch der Admiral fuhr bereits fort: „Falls Sie meinen, dass Sie zu jung oder zu unerfahren für diesen Posten wären, kann ich das gut nachvollziehen. Ich war auch noch recht jung, als ich das Kommando über die U.S.S. TIGERSHARK angetragen bekam. Ein Kommando, das mir am Anfang wie eine nicht zu bewältigende Aufgabe vorkam. Dennoch war dies bis zu ihrem tragischen Ende bei Wolf 359 eine der lehrreichsten und besten Zeiten meines Lebens. Diese Erfahrung hat mich zu dem Mann gemacht, der ich heute bin, und ich bereue nichts.“
Belar hatte erwartet, dass Katic bei seinen Worten neuen Mut fasste, doch die junge Frau legte Ihren Kopf leicht schief und blickte den Admiral skeptisch an. „Was wollen Sie jetzt von mir hören, Sir? Ja, ich übernehme gerne das Kommando meines toten Captains? Ich habe da schon die ganze Zeit darauf gewartet?“ Lejla atmete tief durch. Ihre Finger, die die Stuhllehnen umklammerten, verkrampften sich. „Von meinem engen Freundeskreis, zu dem auch der Captain gehörte, ist nur noch ein Mann übrig, und dieser Mann ist ein emotionales Wrack nach dem Tod seiner Frau! Das Schiff ist ein einziger Schrotthaufen! Ich …“ Sie schloss kurz die Augen. „Ich sehe immer noch die Trümmer und Leichen vor mir! Nicht nur in meinen Alpträumen, sondern in jeder wachen Minute, die ich auf der ESTRELLA verbringe! Aber …“ Nach einer sekundenlangen Pause, die Katic brauchte, um sich zu fangen, fuhr sie fort: „Niemand kennt das Schiff und die Crew so gut, wie ich. Seit fast drei Jahren bin ich Erster Offizier – und kein schlechter, möchte ich behaupten. Wenn Sie mir einen neuen Captain vor die Nase setzten möchten – bitte sehr. Dann bin ich auch weiterhin ein guter XO. Aber das Oberkommando sollte auch bedenken, was das Beste für die Crew wäre. Diese Männer und Frauen haben schon genug durchgemacht und genug … Veränderungen hinter sich.“
Lejla verstummte abrupt, als ihr klar wurde, dass sie kurz davor war, sich in Rage zu reden. ‚Herzlichen Glückwunsch, das hast du echt super hingekriegt‘, dachte sie sarkastisch. Verdammt, sie hätte den Admiral wenigstens bitten sollen, offen sprechen zu dürfen! Nun hatte sie sich wohl jede Chance auf diesen Posten vermasselt – einen Posten, den sie eigentlich nicht haben wollte. Oder doch? 
Belar war gelinde gesagt überrascht über den emotionalen Ausbruch dieser Frau, die sich bisher sehr tapfer gehalten hatte. Tapferer, als er es nach einer solchen Situation je gewesen war. Er begriff, dass nun bei der jungen Offizierin alle Dämme brachen. Das musste einfach so kommen und es war gut so, denn indem sie ihre Gefühle jemandem anvertraute, leitete sie den Heilungsprozess ein.
Belar wusste aus eigener Erfahrung, was gerade in Katic vorging, und bedauerte sehr, dass er sie, auf Befehl des SFC, so unter Druck setzen musste. Dieser elende Sheridan!
 „Ich verstehe Sie, Commander“, erklärte er sanft. „Auch ich habe schon zu viele Freunde sterben sehen und blieb alleine zurück, um mit diesem Schmerz klarzukommen. Ich habe bereits zwei Schiffe verloren, meine Hand und meine erste Verlobte, die schwanger war, als sie starb“, Belar konnte nicht verhindern, dass seine Stimme etwas zitterte, als er an Joanne, Teynaran Shran, die Toten auf der Tigershark und viele andere dachte. Vor allem Joanne und sein ungeborenes Kind verursachten in ihm Höllenqualen. Eine offene Wunde, die nie ganz verheilt war. ‚Ich bin ein Fall für den Counselor‘, dachte er zynisch.
Lejla blickte betroffen auf. „Das tut mir Leid, Sir.“
Ihre großen braunen Augen spiegelten die Schatten der Vergangenheit wieder.
Belar erhob sich langsam aus seinem Sessel. Neben der Erinnerung an die alten Wunden hatten Katics Worte noch etwas anderes in ihm berührt. „Das Sternenflottenkommando sollte bedenken, was das Beste für die Crew ist“, hatte sie gesagt.
Eben das machte aus Belars Sicht einen guten Kommandanten aus: Jemand, der als Erstes an seine Mannschaft dachte und zuletzt an sich. Dieser Satz war es, der den Admiral in seinem Entschluss bestärkte. Commander Katic mochte ihre Versagensängste haben und musste gewiss noch viel lernen, doch das wichtigste Prinzip hatte sie längst verinnerlicht.
Sie war bereit, einen Posten anzunehmen, dem sie sich kaum gewachsen fühlte.
Für ihre Crew.
„Glauben Sie, Commander, nichts läge mir ferner, als Ihnen und der Crew einen neuen Captain vor die Nase zu setzen. Ich glaube in der Tat, dass SIE die einzige sind, die das Erbe Ihres Captains anzutreten vermag und ihn auf diese Weise ehren können. Sie gehören auf den Platz in der Mitte. Von Ihrem Dienstalten wollen wir nicht mehr reden, denn Sie haben gezeigt, dass Sie in diese Rolle hinein wachsen können. Während der Katastrophe auf der ESTRELLA – und heute. Falls Sie immer noch Zweifel haben sollten, merken Sie sich eines: Ich bin da, wenn Sie jemanden zum Reden brauchen, jemanden, der seine Erfahrungen mit Ihnen austauscht und vielleicht sogar den einen oder anderen guten Tipp übrig hat.“ Der Admiral lächelte leicht. „Wozu gibt es Subraumfunk?“
Lejla starrte den Trill perplex an. Hörte sie gerade richtig? Bot dieser Mann, der legendäre Fleetadmiral Joran Jakur Belar, Gründer und Oberkommandant der Taskforces, gerade an, ihr Mentor zu sein? Die junge Frau schien buchstäblich ein Stück zu wachsen, als ihr die ganze Tragweite dieses Angebots klar wurde.
Sie wollte ihr Bestes geben, um dem würdig zu sein.
„Ja, ich bin von ganzem Herzen bereit, das Kommando der ESTRELLA DEL ALBA zu übeernehmen“, erklärte sie mit fester Stimme. „Und, Admiral …“ Nun musste sie sich zusammenreißen, damit ihre Augen nicht feucht wurden. „Danke für alles!“
„Gern geschehen“, sagte der Trill.
Ja, er war bereit, für Lejla Katic ein Mentor, Lehrer und Freund zu sein – so wie es Captain Ahmed bin Hassad für ihn gewesen war. Captain Hassad hatte ihm alles beigebracht, worauf es in einer Führungspositin ankam: Joran Belar kam als impulsiver junger Lieutenant auf die  U.S.S. SALAHADIN und ging als reifer, eloquenter Captain auf die U.S.S. TIGERSHARK.
„Ausgezeichnet. Dann befördere ich sie hiermit mit sofortiger Wirkung zum Captain der U.S.S. ESTRELLA DEL ALBA – mit allen damit verbundenen Pflichten und Privilegien“, erklärte er feierlich. „Herzlichen Glückwunsch. Sie sind nun der Vorstand einer Familie, die sich ganz auf Sie verlässt. Behandeln Sie Ihre Crew wie ihre Familie und Sie können sich auch voll und ganz auf sie verlassen!“ Mit diesen Worten legte Belar ein kleines, schwarzes Kästchen vor Lejla auf den Tisch.
Die junge Frau musste es nicht öffnen, um zu wissen, dass darin der vierte Rankpin lag.
Augenblicklich nahm sie Haltung an.
Belar räusperte sich. „Und nun zu Ihren Befehlen: Zunächst einmal wird die ESTRELLA in den kommenden Wochen auf UNITY ONE vollkommen überholt und aufgerüstet. Ihr Auftrag erfordert eine komplette Modernisierung ihrer Offensiv- und Defensivsysteme, sowie die Beseitigung aller Schäden. Ebenso erhält die ESTRELLA eine Aplativbeschichtung. Sie haben sich wahrscheinlich schon auf einen Forschungsauftrag gefreut, aber diesen Wunsch kann ich Ihnen leider nur bedingt erfüllen. Ihre Mission für die nächsten fünf Jahre ist es, den gesamten bajoranisch-cardassianischen Raum zu erforschen und zu kartographieren. Wir haben auf diesen Sternenkarten noch viel zu viele weiße Flecken. Das wird neben dem Kontakt zu den regionalen Völkern Ihr Primärauftrag sein. Als Stützpunkte werden Sie zum Auffüllen Ihrer Ressourcen wahlweise SB 375, DS9 oder uns anlaufen, wobei UNITY ONE ihre Heimatbasis sein wird. Die ESTRELLA bleibt ein Schiff der Sternenflotte und wird nicht in die Taskforce eingegliedert. Allerdings fungieren ich oder meine Stellvertreterin als ihre direkten Vorgesetzten und Verbindungsleute zum Wissenschaftsrat der Föderation. Ihre Befehle, sollten sich Änderungen oder Zusätze ergeben, erhalten sie also von mir oder Fleetcaptain O'Connor. Ihre Mission hat aber auch einen taktischen Aspekt mit der Kartographierung dieses Bereiches, konzentrieren Sie sich also auch in strategisch-taktischer Hinsicht auf mögliche Verteidigungsschwachpunkte, mögliche Orte für Hinterhalte, geeignete Routen für Versorgungskonvois, taktische Überwachungsstationen auf Planeten und so weiter. Es ist gut möglich, dass dieser Raum hier bald wieder ein Kriegsschauplatz von erster Güte werden wird – und jede Information, die uns hilft, die Schwarzen Löcher zu füllen, könnte ein entscheidender Vorteil in einem Gefecht sein. Ihre sekundäre Aufgabe ist natürlich die Erforschung von Nebeln, Planeten, Asteroidenfeldern – und unbekannten Völkern. Im Prinzip alles, was sich ein Captain wünscht.“
Bei diesem Satz musste Belar schmunzeln und Lejla ebenfalls. Was wünsche sie sich? Einen Mann, ein Haus und zwei Kinder? Das konnte warten. Mindestens fünf Jahre.
Der Trill wurde augenblicklich wieder ernst.  „Aber Sie werden da draußen allein sein. Das cardassianische Gebiet ist alles andere als sicher. Die Front Dominiontreuer Cardassianer treibt hier immer noch ihr Unwesen und die Liga haben Sie ja in Form der Lyraner bereits kennen gelernt. Zögern Sie also nicht, um Hilfe zu rufen, wenn sie keine Chance sehen einen Kampf zu gewinnen! Ziehen Sie sich notfalls zurück und spielen sie auf keinen Fall die Helden! Es wird genug Situationen geben, in denen Ihnen niemand zu Hilfe kommen kann!“
Als sich in Lejlas Augen leichtes Unbehagen zeigte, legte er impulsiv eine Hand auf ihre Schulter. „Ja, ich weiß, das klingt nach Wahnsinn. Selbst ich kann nicht alle Befehle anfechten, die von ganz oben kommen. Ich kann Ihnen nur meine volle Unterstützung anbieten, soweit es mir möglich ist. Zwei Escort-Schiffe der Defiant-Klasse und ein ständiges MACO-Kontingent zu Ihrem Schutz sind sicherlich drin, wenn ich alle Verbindungen spielen lasse … Ihre Entscheidung, Captain.“   
Lejla atmete tief durch. „Ich denke darüber nach, Sir.“
Die meisten Vorschläge des Admirals klangen gar nicht schlecht und waren sicher geeignet, ihr Leben in den nächsten fünf Jahren etwas sicherer zu machen. Aber Aplativpanzerung? Die Excelsior-Klasse war für solche technischen Spielereien nicht ausgelegt. Bei der Aufrüstung der USS LAKOTA hatte man das Potenzial dieses Schiffstyps eigentlich voll ausgereizt. Was Belar mit der ESTRELLA vorhatte, passte eher zu einer Defender oder Akira – aber nicht zu der Alten Dame. Andererseits wusste der Admiral sicher, was er tat.
„Begleitschiffe und MACO’s mitzunehmen, ist in dieser Gegend sicher vernünftig.“
„Auf jeden Fall! Die Aufrüstung des Schiffes steht sowieso nicht zur Diskussion.“ Belar lächelte schief. „Achja, bevor ich es vergesse: Ihre Mission beginnt in dem Asteroidenfeld, aus dem wir Sie herausgezogen haben. Sie sollen herausfinden, was zu dem Unfall geführt hat – falls wir keine Beweise für einen Sabotageakt in der nächsten Zeit ermitteln können.“
Katic nickte. „Das hatten wir ohnehin vor, Sir.“
Ziemlich viel Input auf einmal ... ging es ihr durch den Kopf.
„Gut, denken Sie darüber nach. Sie haben sowieso noch Zeit, bis die ESTRELLA das Raumdock verlassen darf“, lenkte Belar ein.
Lejlas Augen verengten sich. „Eine Bitte hätte ich noch.“
„Ja?“
„Mein Erster Offizer. Ich habe eine bestimmte Person im Auge, jemanden aus der Crew …“
„Natürlich haben Sie freie Hand bei der Wahl Ihrer Führungsoffiziere“, versicherte Belar. „Ich werde Ihnen da nicht reinreden. Falls Sie sonst noch Fragen haben, schießen Sie los.“
Der nächste Termin wartete bereits in Form von Captain Lairis Ilana auf ihn.
Lejla überlegte kurz. „Nein, danke, keine weiteren Fragen.“
Das musste sie alles erst einmal verdauen …
„Gut, wenn das so ist, können Sie wegtreten. Und nochmal herzlichen Glückwunsch zur Beförderung. Auch wenn es unter diesen tragischen Umständen passiert ist.“
Lejla bedankte sich noch einmal und nahm vorsichtig die kleine Schatulle mit dem Rangabzeichen in die Hand. Dabei legte sich eine zarte Röte über ihre Wangen.

TBC
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Alexander_Maclean

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #141 am: 11.07.12, 05:35 »
Nicht zu meckern.

Klasse geworden.
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ulimann644

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #142 am: 11.07.12, 11:12 »
Gut in Form gebracht.
Zwei kleine Fehler sind mir aufgefallen (vermutlich weil ich sie selbst im Originaltext eingebaut hatte... :andorian)

- Es war nicht einer der ERSTEN sondern einer der LETZTEN Einsätze im Dominion-Krieg, in dem Dheran die Narbe davontrug.
- Dann müsste es heißen: "Er hätte Commander Mancharella zur ESTRELLA DEL ALBA schicken können, um dort das Kommando zu übernehmen" (nicht zur ICICLE, da war sie ja)

Zudem habe ich eine Frage:
Hast DU den Namen: Kin´Taar Ro Tragorin für den Efrosianer hinzugefügt, oder geht der auf MEIN Konto...?? (Verdammtes Alzheimer... ;))

Fleetadmiral J.J. Belar

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #143 am: 11.07.12, 20:15 »
Wiedermal ein toller Absatz. Allerdings habe ich auch die ein oder andere Anmerkung.

1. Belar ist nicht Oberkommandierender der Taskforces, sondern nur Verbandsleiter der 5. TF. Ein gewisser Fleetadmiral McDonald, wenn ich mich jetzt nicht irre, ist der Chef der gesamten TFs auf der Erde im Sternenflottenkommando.

2. Korrigiere mich wenn ich mich irre (du kannst ja nix dafür) aber ist ein XO nicht für Personalfragen zuständig. Wenn es Katic also stört, dass Dr. Madison zu oft nicht auf der Krankenstation weilt, hätte sie dann nicht als Personalchef des Schiffes früher handeln müssen, als zu warten, bis sie Captain ist?

Und dann habe ich noch eine Frage. Hat die ESTRELLA nun das angebotene MACO Kontingent dabei und zwei Defiant Begleitschiffe?

Gruß
J.J.
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Oddys

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #144 am: 11.07.12, 20:35 »
Also Defiants haben wir nicht das MACO-Team glaub ich auch nicht. da bin ich mir aber nicht sicher.

Fleetadmiral J.J. Belar

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« Antwort #145 am: 11.07.12, 20:37 »
Wäre aber schon seltsam, wenn Katic bei dem Gespräch mit Belar erwähnt, dass sie dies begrüssen würde, es dann aber doch nicht macht. Dazu bräuchte es vielleicht noch eine Erklärung.
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« Antwort #146 am: 11.07.12, 21:05 »
Gut in Form gebracht.
Zwei kleine Fehler sind mir aufgefallen (vermutlich weil ich sie selbst im Originaltext eingebaut hatte... :andorian)

- Es war nicht einer der ERSTEN sondern einer der LETZTEN Einsätze im Dominion-Krieg, in dem Dheran die Narbe davontrug.
- Dann müsste es heißen: "Er hätte Commander Mancharella zur ESTRELLA DEL ALBA schicken können, um dort das Kommando zu übernehmen" (nicht zur ICICLE, da war sie ja)

OK, danke, das kann ich schnell ändern.

Zudem habe ich eine Frage:
Hast DU den Namen: Kin´Taar Ro Tragorin für den Efrosianer hinzugefügt, oder geht der auf MEIN Konto...?? (Verdammtes Alzheimer... ;))

Nee, den hast du erfunden, so ein komischer Name wäre mir gar nicht eingefallen  :happy5

Wiedermal ein toller Absatz. Allerdings habe ich auch die ein oder andere Anmerkung.

1. Belar ist nicht Oberkommandierender der Taskforces, sondern nur Verbandsleiter der 5. TF. Ein gewisser Fleetadmiral McDonald, wenn ich mich jetzt nicht irre, ist der Chef der gesamten TFs auf der Erde im Sternenflottenkommando.

Ach so. Wird geändert.

2. Korrigiere mich wenn ich mich irre (du kannst ja nix dafür)

Ich  fürchte, doch ;). Der ganze Absatz "Korridore kam so nicht im RPG, sondern wurde von mir komplett hinzugedichtet.

aber ist ein XO nicht für Personalfragen zuständig. Wenn es Katic also stört, dass Dr. Madison zu oft nicht auf der Krankenstation weilt, hätte sie dann nicht als Personalchef des Schiffes früher handeln müssen, als zu warten, bis sie Captain ist?

Ähm, jaaa ;).
Das war, wie gesagt, ein spontaner Einfall von mir, weil ich so das dumpfe Gefühl habe, Amelie hängt mehr im Casino rum als auf ihrem Arbeitsplatz.  :happy5
Vielleicht hat sich Katic früher nicht so viel Gedanken darüber gemacht, aber als angehender Captain hat sie einen anderen Blick. Andererseits sind die paar Sätze eh nur schmückendes Beiwerk, ich könnte sie also auch weglassen. Kann ja sein, dass ich der guten Frau Doktor Unrecht tue ;)

Und dann habe ich noch eine Frage. Hat die ESTRELLA nun das angebotene MACO Kontingent dabei und zwei Defiant Begleitschiffe?

Soviel ich weiß, nicht. Das ist wohl so eine Sache, die mal angedacht wurde und dann im Sande verlaufen ist.
Entweder ich streiche das im Roman - oder wir lassen uns eine Ep. 03 noch eine plausible Erklärung einfallen, warum Lejla auf die MACO's etc. verzichtet (bzw. warum Belar das nicht durchsetzen kann.)
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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #147 am: 11.07.12, 21:10 »
Entweder ich streiche das im Roman - oder wir lassen uns eine Ep. 03 noch eine plausible Erklärung einfallen, warum Lejla auf die MACO's etc. verzichtet (bzw. warum Belar das nicht durchsetzen kann.)

-> Es lebe das Sicherheitsteam der Estrella!  ;)

Amelie ist frisch an Bord, also passt der Abschnitt im Korridor ganz gut. Bisher hatten Lejla und Amelie auch nicht viel Zeit gehabt zu reden.

David

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #148 am: 11.07.12, 21:18 »
Ja, ich finde die Szene ist auch sehr gelungen.

btw. vielleicht können wir zwischen Amelie und Leijla ja in der aktuellen Episode noch ein paar Szenen einbauen.

Wenn du Lust hast, kein Problem.

ulimann644

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Antw:U.S.S. Estrella del Alba, Episode 1 - Der Roman
« Antwort #149 am: 11.07.12, 22:37 »
Wäre aber schon seltsam, wenn Katic bei dem Gespräch mit Belar erwähnt, dass sie dies begrüssen würde, es dann aber doch nicht macht. Dazu bräuchte es vielleicht noch eine Erklärung.

Man könnte es so lösen, dass beides noch nicht verfügbar war (Schiffe und MACO-Kontingent)
Dann könnten beide Schiffe später bei der EDA auftauchen und auch die MACO´s mitbringen.

 

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