Autor Thema: Umgang mit Cyberpunk Elementen/dem Cyberpunk Genre  (Gelesen 2336 mal)

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SSJKamui

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Da das in den beiden anderen Genre spezifischen Threads oft angesprochen wurde dachte ich, es währe vielleicht eine gute Idee einen ähnlichen Thread zum Thema Cyberpunk aufzumachen.

Das Grundlegende, eine der knappsten Definitionen von Cyberpunk, die Möglich sind ist "Science Fiction über Information und Informationstechnologie". Das kann sowohl Computertechnik als auch genetische Information meinen.

Cyberprep
Eine Utopie basierend auf Informationstechnologie. Der Begriff wurde vom Tabletop RPG GURPS Cyberpunk eingeführt. Da die Seite sich sehr intensiv mit Utopien beschäftigt hat halte ich mich hier etwas kurz und verweise auf die entsprechenden Threads.
Ein viel diskutiertes Element von Cyberprep staaten sind abgelegene Gated Communities (häufig von Großkonzernen für Mitarbeiter erbaut) mit beschränktem Zugang. (Ein wenig Vergleichbar mit Galts Glutch am Ende von Ayn Rands Buch "Atlas wirft die Welt ab", was wiederum teilweise im Biopunk Spiel Bioshock kritisiert wurde.)

Viele wissenschaftliche Arbeiten von einigen Soziologen, welche sich mit Informationstechnologie und ihren Auswirkungen beschäftigt haben kann man auch zu einer Cybertopie zählen. Beispielsweise das Buch "Das Zeitalter der denkenden Maschinen" von Ray Kurzweil, in dem behauptet wird, die Menschheit würde in Zukunft zu einer einzelnen, perfekten Cyborg Lebensform werden welche danach das Universum nach allen Daten absuchen würde. (Ein wenig vergleichbar mit V'Ger.)

Beispiele: GURPS Cyberpunk, Appleseed (Manche sehen das auch als Dystopie an, aber der Autor sagte klar, das er damit eine Utopie schreiben muss.), The Culture
Unter Umständen kann man das Ende von Star Trek 1 auch dazu zählen wegen der "Evolution" von Decker und Ilia. (Und man kann sagen, die Borg Queen hält das Kollektiv ebenfalls für so eine Art Utopia.)
In der Realität haben bei vielen Menschen der Ort Silicon Valley in Californien und teilweise auch Japan einen Ruf, der ebenfalls einer Cybertopie nahe kommt (obwohl das nicht so ganz der Realität entspricht.).

Für Star Trek Autoren ist bei solchen Themen wahrscheinlich das Offensichtlichste, wie IT Technologie das Leben in der Föderation vereinfacht, aber das ist auf der anderen Seite auch ein wenig Langweilig und Offensichtlich. Deshalb sollten Fanfiction Autoren überlegen, ob es nicht bessere Möglichkeiten gäbe. (Vielleicht zum Beispiel mal auf einem Planeten ein Staat, der von Hackern aufgebaut wurde als Utopie der freien Information. )

Megakonzerne
Große, mächtige Konzerne, die über Lobbyismus und Korruption die Politik kontrollieren und häufig sogar eine Marionettenregierung installiert haben die ihnen hörig ist. Häufig haben die Megakonzerne ebenfalls einen Hang zur Umweltzerstörung und illegalen Experimenten und versuchen sich aus jeder Verantwortung zu stehlen, falls ihre Technik zu Katastrophen führt. Sehr häufig sind Megakonzerne entweder Medienkonzerne, IT Konzerne, Rüstungsunternehmen oder Pharmakonzerne.  (Wahrscheinlich weil die auch bei vielen Leuten in der Realität unbeliebt sind.)

Obwohl viele Sci Fi Fans so denken sind nicht alle dargestellten Megakonzerne in Cyberpunk Fiktion böse. Es kann auch einige "gute" Firmen geben und böse Firmen "auf dem Weg zur Besserung". Autoren sollten auch bedenken, nicht in die Falle des "bösen Konzerns" zu tappen, da sonst eine ziemliche Schwarz Weiß Malerei produziert wird.

Ausserdem sollten Autoren bedenken, das Firmen rechtlich gesehen viele Daten ihrer Geschäftstätigkeit für Bilanzen etc. aufbewahren müssen, was auch eine "Informationsquelle" für kriminelle Hacker werden kann. (Unter Anderem in Johnny Mnemonic tauchte das Thema auf.)

Beispiele: Neuromancer, Shadowrun, Blade Runner (Tessier Ashpool), Appleseed: Ex Machina (Poseidon), Max Headroom (Network 23), Megazone 23, Resident Evil (Umbrella), Metal Gear Solid 4 (Outer Heaven), Alien (Weyland Yutani), Final Fantasy 7 (Shinra)
In der Realität haben viele Firmen (gerade aus der Pharma Branche) einen Ruf, der dem sehr nahe kommt. Ausserdem war in Deutschland mal innerhalb des sogenannten "Kölschen Klüngels" schon vor vielen Jahrhunderten mal von reichen Geschäftsleuten eine ähnlich hörige Marionettenregierung eingerichtet wurden. Dies ist ein Grund, warum in Deutschland der Ausdruck "Klüngel" häufig gleichbedeutend genutzt wird mit Korruption, obwohl dieses Verhalten nicht zwingend Korruption bedeuten muss.

Für Star Trek Fanfictions eignen sich insbesonders die Ferengi für solche Themen.

Staatliche Überwachung
Ein Thema, was in 2 Ausprägungen vor kommt. Entweder in einer totalitären Diktatur (vergleichbar mit 1984) oder in einer demokratischen Regierung, welche heimlich zur Verbrechensbekämpfung Überwachungssysteme aufbauen will. (Wie häufig in der Realität.) Bei so einem Thema können Autoren ansprechen, ob so eine Überwachung moralisch korrekt währe.

Einige Medien zeigen auch "in gutem Willen" errichtete Überwachungssysteme, die dann für Untaten von Kriminellen etc. missbraucht werden. (Appleseed: Ex Machina.)

Beispiele: Digimon Tamers (Hypnos), X 1999 (Indirekt angesprochen, dort hat die Regierung insgeheim einen Supercomputer gebaut, der in alle ans Netz angeschlossenen Kommunikationssysteme eindringen kann. Wofür wird nicht gesagt, aber man kann sich das mittlerweile gut vorstellen), Eyeborgs, Appleseed: Ex Machina

Eine Möglichkeit für Trek Autoren dieses Thema zu nutzen währe die Föderation damit ein wenig in Frage zu stellen und in schlechtes Licht zu rücken (oder als Verteidigung der Utopie ein paar aktuelle Diskussionen anzusprechen). Man kann es auch "Trek Freundlicher" bei einem fremden Planeten ansprechen in typischer TNG Manier.

Autoren könnten ebenfalls dieses Thema als taktischen Vorteil der Regierungskräfte einbringen um so interessantere Strategien zu zeigen.

2 Klassen Gesellschaft
Ein Element, das schon bei Metropolis angefangen hatte. Da zeigt man eine Dystopie, bei der das Klassengefälle von Arm und Reich sich zu einer Art systematischen Einferchen und Diskriminieren der Unterschicht in von der Oberklasse abgetrennte Bereiche der Stadt ausuferte. 

Da gibt es vor allem einen Tipp für Autoren, das Ganze nicht zu übertrieben zu zeigen, da es sonst schnell lächerlich wirken kann. (Bestes Beispiel dafür ist Yu Gi Oh 5Ds mit einigen durchaus etwas abartig klingenden Andeutungen zur Entstehung des Sperrbereichs, ich sage nur "Reaktorunfall")

Beispiele: Yu Gi Oh 5Ds, Metropolis, Final Fantasy VII, Blade Runner, Robotic Angel, Johnny Mnemonic, Futurama (Abwasserkanalmutanten), Ghost in the Shell Stand Alone Complex 2nd GIG (Die Immigrantenbezirke von Dejima gehen ein wenig in diese Richtung)
Das Video zum Lied "Über's Ende der Welt" von Tokio Hotel hat auch einige visuelle Anspielungen in diese Richtung.
Die Armendistrikte auf der Erde bei Star Trek, die durch die Bell Aufstände befreit wurden haben auch eine ähnliche Bedeutung.

Söldner
Ein beliebter Beruf für Helden in Cyberpunk, unter Anderem da Söldner häufig nicht so "offensichtlich operieren" wie ein normales Militär und der Auftraggeber bei Scheitern jede Verbindung zu den Söldnern leugnen kann. Zudem passt ein Söldner Look teilweise in gewisse Schemata von Moden von Jugendkulturen, wo manchmal Militärkleidung in einer modifizierten Form getragen wird. So kann man deshalb auch etwas mehr "Punk" in "Cyberpunk" bringen.

Was auch möglich ist sind "Verräter", die von Söldnern zur Strecke gebracht werden sollen und/oder gegen ihre Auftraggeber rebellieren. (Beispielsweise Genesis in Final Fantasy VII Crisis Core)

Manche Söldner sind auch Zeitreisende, welche eine Katastrophe in der Zukunft verhindern müssen. (Beispielsweise einige Figuren in Terminator, Trunks in Dragon Ball Z Special: The History of Trunks, Cable bei X Men.)

Beispiele: Appleseed, Final Fantasy 7, Neuromancer, Clover

Biker
Ein Element, was man immer mit Rock and Roll assoziierte sind Biker Gangs. Deshalb sind das ideale "Cyberpunk Kriminelle", entweder als Protagonisten (Akira) oder als Gegner (Rückblende von X 1999).
Weil Motorräder einen gewissen Coolness Faktor haben fahren auch manchmal Polizisten etc. auf Motorrädern, beispielsweise Judge Dredd in einigen Comics.

Beispiele: Akira, Megazone 23, Terminator, Burst City, Final Fantasy VII hat einige Anspielungen in diese Richtung.

Der Law and Order Cop
Ein Element, was häufig zur Comedy eingesetzt wird oder zur Karikatur von Law and Order Ideen von manchen Konservativen. Dabei zeigt man eine Polizei, die bei lächerlichen Kleinigkeiten richtig übertrieben durchgreift. (Beispielsweise in einem Judge Dredd Comic Sprengung eines Autos für Fahrens mit einem alten Katalysator in einer Umweltzone.)

Beispiele: Judge Dredd, Robocop, Dominion Tank Police

Megastädte
In Cyberpunk Geschichten sind Städte häufig riesig groß, wenn nicht sogar die einzigen bewohnbaren Städte des Planeten, oder die einzige existente Stadt überhaupt. Ein typisches Element von Cyberpunk Städten ist ein übertriebener Einsatz von Neonreklame.

Die dreckige Seite der Technik
Ein Element,was typischerweise häufiger eingesetzt wird bei Armenbezirken. Das geht von der betonten Zeigung technischer Elemente wie Klimaanlagen, Metallgittern oder Rohren, welche in der Realität eigentlich bewusst versteckt werden, über Schrottplätze bishin zu Säurebädern etc. als technisierte Variante der Dungeon Falle aus Fantasy Geschichten. (Letzteres extremst häufig in Cyberpunk Computerspielen und insbesonders in Sci Fi Egoshootern.)

Raumschiffe in Cyberpunk Medien und Cyberpunk Mischungen sind häufig stein alt und eher kaputt und Ramponiert. (Beispielsweise die Galactica in BSG oder der Nostromo in Alien.)

Manche Medien zeigen auch Personen, die "Schrott" und alte Elektroteile als Kleidung neu verwenden.

Bei diesem Element muss ein Autor sehr vorsichtig sein, das alles nicht zu düster und dreckig zu machen. Gerade Star Trek Autoren, die das in einem utopischen Kontext nutzen müssen da sehr aufpassen. Besser ist eine Mischung aus schönem und hässlichem.

Beispiele: Final Fantasy 7, die Bühnenaufbauten der Band Rammstein, Oddworld

Deindividualisierte Sklaven
Ein typisches Element ganz furchtbarer Cyberpunk Dystopien wo man den Sklaven fast alle individuellen Merkmale wegnimmt und häufig sogar Namen durch Nummern austauscht und die Nutzung des Wortes Ich verbietet. Ausserdem gibt es dabei meistens kollektive Einheitskleidung, die stark an Gefängniskleidung erinnert und häufig auch kahlrasierte Köpfe. (Oft marschieren diese Bürger auch in den meisten Szenen in absolutem Gleichschritt) Zum Kontrast haben die Rebellen meistens extrem aufwendige, auffällige Kleidung.

Klone werden ebenfalls häufig so dargestellt. (Beispielsweise in der TV Serie Dark Angel.)

Beispiele: Anthem/Die Hymne des Menschen (vorläufer), Apple 1984 (Werbespot), "Achtung Fertig Los" (Musikvideo), "Eisblumen" (Musikvideo), THX 1138, Die Borg

Alle Probleme sind Algorithmisch/Logisch durch Denken zu lösen
Ein Prinzip, was häufig in Hacker Filmen vor kommt. Das hat ein wenig mit der Definition von Algorithmen als systematische Verfahren zur Problemlösung zu tun. Das Prinzip besagt, das die meisten Probleme Rätsel sind, die man durchdenken muss um eine Lösung zu finden und zu überleben. Meistens liegt nämlich irgendwo ein Grundprinzip verborgen, das wenn man es kennt einem die Macht verleiht mit dem Phänomen umzugehen. Dies ist häufig auch eine Abwandlung des Storytelling Prinzips von Horrorfilmen, wo man auch häufig die Wahrheit über das Ungeheuer finden muss um sich vor ihm zu schützen. Bei Cyberpunk ist dies aber meistens stärker analytisch, systematisch geprägt.

Beispiele: Cube, Pi, zum Teil bei Star Trek die ersten Borg Episoden. (Mein Caineabwehralgorithmus aus Dimensional Prophecy of Zohar geht auch in diese Richtung.)

Maschinenwesen als "Kinder der Menschheit"
Häufig gibt es bei Cyberpunk im Bezug auf die Maschinenwesen häufig Anspielungen auf die menschliche Reproduktion um symbolisch auszusagen, das die Maschinenwesen die "Kinder der Menschheit" seien. Einfaches Beispiel dafür ist bei Star Trek 1, das V'Ger die "Verschmelzung" eines Mannes (Decker) mit einer Frau (Ilia) braucht um auf die höchste Evolutionsform zu kommen. Dieses Element geht bei einigen Medien in explizitere Richtungen, die ich hier aus bestimmten Gründen nicht genauer erklären kann. 

Philosophie von Cyberpunk Medien
Sehr häufig werden in Cyberpunk Medien die Themenbereiche Existenzphilosophie (Was bedeutet die menschliche Existenz?) und Philosophie des Geistes (Wie funktioniert der menschliche Verstand?) und Erkenntnistheorie (Wie nehme ich War? Ist das, was ich sehe die Realität oder eine Illusion? Ein Abbild einer höheren Wirklichkeit?) behandelt.  Häufig werfen von menschen künstlich geschaffene Lebewesen wie Androiden, künstliche Intelligenzen etc. Fragen der Existenzphilosophie in den Geschichten auf. (In Star Trek war es mit Data ähnlich.) Bei Cyberpunk ist die Existenzphilosophie meistens der düsteren Art, das der Mensch eigentlich zuerst nicht wirklich weiß, was er mit seinem Leben Machen soll und in gewisser Weise verloren ist gegenüber der Sinnlosigkeit der eigenen Existenz.

Bei politischen Fragen kommen in Cyberpunk häufig Privatsphärefragen und Sozialpolitische Themen auf.

 

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