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Fremde eigene Welten

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ulimann644:
Einer wird sich ganz sicher noch finden... :andorian
Bin schon gespannt auf die 2. Auflage.

Max:
Schön, danke, ich freu' mich :)

Max:
Ich habe mir ein weiteres Angebot für Euch ausgedacht.
In den nächsten Woche werde ich in diesem Thread "Fremde eigene Welten" als Fortsetzunggeschichte veröffentlichen.
In regelmäßigen Abständen gibt es hier also immer ein neues Kapitel Statt einen "großen Block" vor sich zu haben, kann man also schön einzelne kleine Abschnitte lesen.

Aber auch für diejenigen unter Euch, die den Roman schon kennen und sich bislang einfach nichts zu posten getraut haben, wird diese Reihe interessant sein. Nach jedem Kapitel folgt nämlich ein Autorenkommentar, der ähnlich wie bei DVD-Audiokommentaren Hintergründe erklärt. Keine Angst, hier halte ich mich schon zurück, sonst wird dieser Teil länger als das jeweilige Kapitel selbst ;) :D Und Spoiler auf kommende Kapitel werden eigentlich auch vermieden.

Damit zu den Kapiteln gesprungen werden kann, werde ich das Eingangsposting mit Kapitel-Links versehen.

Es gibt also einiges zu entdecken!
Viel Spaß dabei.







Fremde eigene Welten

I

»Herein!«, sagte Ter-Nedden mit fester Stimme.
Der angekündigte Besucher war pünktlich. Von seinem Schreibtisch erhob sich Ter-Nedden nur, um seinem Gegenüber die Hand zu geben. Der Mann, der eingetreten war, trug die Uniform eines Admirals, er war aber mindestens zwanzig Jahre jünger als Reto Ter-Nedden. Er sah sich im Arbeitszimmer um, verglich es unbewusst vermutlich mit dem eigenen. Dieser Raum war etwas kleiner, das Grau der Wände hatte einen Hauch Transparenz, an der einen Seite befand sich eine Sitzgruppe, in der Mitte der anderen konnte eine kleine Statue aus Silber ungestört von anderen Einrichtungsgegenständen ihre Wirkung entfalten. Dieses Zimmer, so stellte der Admiral fest, hatte zumindest einen Vorteil – es befand sich auf der Erde. Erst jetzt, als sich das Fenster der Wand hinter dem Schreibtisch schloss, war der Balzgesang der Vögel nicht mehr zu hören.
»Sie möchte etwas trinken?«, fragte Ter-Nedden und bot seinem Gast gleichzeitig einen Platz an.
Jetzt besah sich der Admiral seinen Gastgeber. Ter-Nedden war groß, verfehlte die zwei Meter aber doch deutlich. Früher mochte er wahrscheinlich eine sportliche Figur besessen haben, doch diese Zeit lag weit zurück. Das graue Haar trug er relativ kurz; den Eindruck aber, Ter-Nedden halte nicht wirklich etwas von Frisuren, brachte der Admiral mit den Stoppeln des Dreitagebartes in Verbindung, die er beobachtet zu haben glaubte.
»Danke. Nein«, beantwortete er die Frage.
Beide setzten sich.
»Wie Sie wünschen. Falls sich das ändern sollte: Etwas herzuschaffen, dauert ja nicht lange.«
Beide schwiegen ein paar Momente.
»Weshalb sind Sie zu mir gekommen?«, fragte Ter-Nedden schließlich. Er stand langsam auf und ging um den Schreibtisch herum. Leicht musterte er den Admiral; er besaß durch die vielen Jahre eine gewisse Erfahrung, nicht nur im Beobachten und darin, daraus Schlüsse zu ziehen, sondern vor allem in der Fähigkeit, seine Blicke nicht zu forschend wirken zu lassen. Ein paar Vermutungen hatte er jedenfalls bereits.
»Seit wann sind Sie wieder zurück?«, wollte der Admiral wissen.
»Seit ein paar Wochen. Lassen Sie mich nachdenken. Es sind neun. Etwas mehr als zwei Monate, ja.«
»Und wollen Sie wieder hinaus?«
»Hinaus ins All?«, Ter-Nedden lachte. »Nein«, sagte er fröhlich, setzte aber immer noch heiter hinzu: »Obwohl, wer weiß! Ich kann es mir immer noch gut vorstellen.«
»Wie waren ihre letzten Missionen?«
Ter-Nedden wurde schlagartig ernster. Ihm dämmerte, dass er einer kleinen Fehleinschätzung aufgesessen war. Dennoch begab er sich noch nicht wieder hinter seinen Schreibtisch, sondern setzte sich leicht auf die Tischplatte.
»Wie das immer so ist...«, entgegnete er vage. Es war dennoch eine zutreffende Beschreibung.
»Sie kennen Mark Jonas?«
»Das wissen Sie aus den Akten. Ja, ich kenne ihn«, bestätigte Ter-Nedden. Nun nahm er doch wieder in seinem Sessel Platz. Schmunzelnd fuhr er fort. »Wenn es um ihn geht: Sie wissen, wie das ist. Da kann ich nichts sagen.«
Der Admiral nickte verständig; und doch bereitete er sich vor, nachzuhaken. Dazu konnte es nicht kommen, weil Ter-Nedden in einem fast schon ans Schelmische grenzenden Tonfall wieder das Wort ergriff.
»Nun, da Sie schon einmal hier sind, kann ich nicht doch etwas für Sie tun? Seitdem das xandrinische Fieber vor ein paar Monaten im Typhon-Sektor grassierte, empfehle ich jedem vorsorglich eine Impfung. Das ist schnell geschehen.«
Der Admiral lächelte.
»Nein, Doktor«, sagte er. »Ich bin bereits geimpft.«
Ter-Nedden zuckte spaßhaft mit den Schultern. Die Lüge, die er klar als solche erkannt hatte, machte ihm nichts aus. Schnell wurde seine Miene wieder ernster.
»Sie wollen meine Einschätzung über Jonas? Es gibt doch den Bericht. Da steht ja alles von Bedeutung.«
»Aus medizinischer Sicht.«
»Sicher, dazu bin ich ja da.«
»Es geht nicht nur um den Vorfall selbst, sondern auch um die Zeit danach.«
»Auch dafür gibt es Berichte. Es gibt für alles Berichte.«
»Und aus psychologischer Sicht, Doktor?«
»Die psychologische Sicht ist bei mir auch immer Teil der medizinischen«, sagte Ter-Nedden ruhig. Es interessierte ihn, worauf das Gespräch hinauslaufen sollte.
»Ich wollte persönlich Ihre Meinung hören. Als Arzt sind Sie Ihrem Patienten zuliebe zu Misstrauen verpflichtet. Aber manchmal bewirken Auskünfte auch Positives.«
Lange dauerte die Unterredung nicht mehr. Ter-Nedden wusste genau, was er sagen konnte und durfte, und wann er den Admiral in seine Schranken zu weisen hatte. Als der Doktor das Fenster wieder öffnete, klang das unermüdliche Singen der Vögel wie zuvor. Beinahe hätte sich der Admiral doch noch zu einem Getränk breitschlagen lassen, mit Blick auf die Uhr und noch anstehenden Terminen opferte er es aber einem anderen Ansinnen. Schon fast bei der Tür angelangt, sagte er:
»Wenn ich Sie doch noch etwas fragen dürfte, Doktor: Seit ein paar Tagen verspüre ich ein merkwürdiges Ziehen, das linke Bein entlang...«
Ter-Nedden lächelte.

In den Weiten des Alls lag ein Planet. Man hätte ihn für die Erde halten können; blickte man unvermittelt auf ihn, so wirkte die Größe vertraut, der Abstand zum Zentralgestirn, die Färbung der Meere und der großen Kontinente und deren Verteilung. Mit zartem blauen Leuchten hob er sich von der Finsternis des Weltraums ab wie die viele Lichtjahre entfernte Erde. So vertraut schienen die Formen dieses Planeten, doch wer sie zu ernst nehmen würde, beginge einen folgenreichen Fehler. Je mehr man sich näherte, desto stärker fielen die Unterschiede auf; das satte Türkis der Ozeane und das verwaschene Oliv der prägenden Landmassen – aus dem Kosmos war der Blick darauf nur deswegen so gut möglich, weil beinahe die ganze dem Stern zugewandte Hemisphäre wolkenlos war. Und doch huschten vereinzelt und in scharfen Formen, die, obgleich Produkte der Natur, wie mit geometrischer Genauigkeit gezeichnet zu sein schienen, als Trapeze in den oberen Lagen der Atmosphäre ihre Bahnen. Es mangelte der Erde an diesem Phänomen, sie besaß nichts vergleichbares und wenn der Vergleich misslingt oder gar ausbleiben muss, wird die Differenz unterbunden. Fremdes und Eigenes können verschwimmen.

»Es wurde beschlossen«, begann der Admiral, »Sie in den Stand eines Captains zu erheben.«
Jonas stand auf; obwohl ihm der Gedanke gefiel, sagte er zunächst nichts dergleichen; er ging langsam gen Fenster, sah, ohne die Augen auf etwas zu fixieren, hinaus. Der Admiral war ebenfalls aufgestanden, trat neben ihn und in einer beinahe väterlich anmutenden Geste legte er Jonas die Hand auf die Schulter.
»Nun?«
»Ich hoffe«, entgegnete Jonas, »die Administration hat sich...«
»Das«, fiel ihm der Admiral ins Wort, »wurde mit eingerechnet. Meines Wissens gab es keine Gegensprache, Sie können sich also des vollen Rückhalts sicher sein.«
Noch immer lag des Admirals Hand auf Jonas’ Schulter; dieser empfand es beinahe als störend.
»Wir wissen, dass die letzte Zeit nicht leicht für Sie war. Das, was Ihnen passiert ist, kann eine Person leicht verändern. So was geschieht dort draußen häufig. Wenn Sie so wollen: Sie werden nicht trotz dieses Vorfalls befördert, sondern quasi deswegen.«
»Und dennoch sind seine Folgen noch nicht absehbar«, insistierte Jonas.
»Wir teilen Ihre Einschätzung bezüglich des Risikos nicht, Commander.« Der Admiral ging zurück zu seinem Schreibtisch.
»Es ehrt Sie, dass Sie diese Entscheidung nicht leicht nehmen. Es ist sicherlich ein großer Schritt. Die Verantwortung, die dieser Posten mit sich bringt, ist ungleich größer als alles, was sie bisher erlebt haben. Es wird Momente geben, in denen jeder Captain etwas über eigene Grenzen erfährt und ich kann Sie nur ermuntern, die Sache aus dieser Warte zu betrachten. Die Beförderung ist ein Angebot, Angebote kann man auch ausschlagen.«
Jonas stand noch am Fenster. Er blickte in die Weite.
»Überlegen Sie es sich«, meinte der Admiral.
Aber natürlich hatte Jonas seine Entscheidung schon getroffen.

___


Hintergrund-Informationen zu Kapitel I

Der Einstieg arbeitet mit einem Gegensatz:
Zunächst wird verschwiegen, welche Funktion Ter-Nedden hat. Der Besuch des Admirals legt eher eine Kommandofunktion nahe. Jede klassische ST-Geschichte hat ja einen Captain und so könnte man annehmen, dies sei Ter-Nedden. Aber es ist anders und weil Ter-Nedden, welchen Beruf er ausübt, glaubt er zunächst es wäre diese Funktion, wegen der er vom Admiral aufgesucht wird: Ter-Nedden ist Arzt und glaubt, der Admiral benötige einen Arzt. Die ironische Pointe lautet am Ende des kurzen Einstiegs, dass es dann doch noch so ist.
Dass Ter-Nedden die erste Figur ist, die vorgestellt wird, zeigt, wie wichtig sie ist; dass der Admiral nicht einmal einen Namen bekommt, zeigt hingegen, wie unwichtig er ist.

Die Beförderungsszene Jonas' ist obligatorisch, deutet aber schon einmal ein Geheimnis an. Die Figur wird nicht gerade enthusiastisch beschrieben. Dennoch scheint er ein Mann des Potenzials zu sein: "Jonas stand noch am Fenster. Er blickte in die Weite." [S. 6]
Noch etwas zum Namen: Mark Jonas - der Name des Captains setzt sich aus zwei Vornamen zusammen. Intuitiv baut das die Distanz ab, denn bei jeder Nennung hat man es mit einem Vornamen zu tun, als würde von einem guten Bekannten die Rede sein.

ulimann644:
Ich finde den Ansatz, Personen die in der Folge nicht so wichtig sind, namenlos zu lassen shr gut. Vielleicht, da ich gemeinhin ebenso vorgehe.

Das mit den beiden Vornamen ist ein interessante Sache - leider funktioniert die nicht bei Aliens. Andererseits hat diese Namensgebung auch den (möglichen) Nachteil, dass man weniger Distanz schaffen kann, wo man vielleicht gerne damit arbeiten will (In Einzelgeschichten wohl weniger - für Serien sollte man das aber IMO im Auge haben... Sofern man Augen hat, die groß genug sind... ;))

Der Spannungsaufbau gefällt mir - zuerst das Gespräch ÜBER Jonas - danach erst das Gespräch MIT Jonas...
Lustigerweise besteht hier eine gewisse Parallele zu ICICLE - wo Pasqualina zuerst über Dheran sinniert, und ÜBER Dheran gesprochen wird, und dann erst das Gespräch mit ihm erfolgt...

Die Story gefällt mir bis dahin - die Idee der Erklärung halte ich für gelungen und auch sinnvoll.

Max:

--- Zitat von: ulimann644 am 06.05.12, 22:21 ---Ich finde den Ansatz, Personen die in der Folge nicht so wichtig sind, namenlos zu lassen shr gut. Vielleicht, da ich gemeinhin ebenso vorgehe.

--- Ende Zitat ---
Ja, ich finde diese Herangehensweise halt wirklich sinnvoll :)


--- Zitat von: ulimann644 am 06.05.12, 22:21 ---Das mit den beiden Vornamen ist ein interessante Sache - leider funktioniert die nicht bei Aliens. Andererseits hat diese Namensgebung auch den (möglichen) Nachteil, dass man weniger Distanz schaffen kann, wo man vielleicht gerne damit arbeiten will (In Einzelgeschichten wohl weniger - für Serien sollte man das aber IMO im Auge haben... Sofern man Augen hat, die groß genug sind... ;))

--- Ende Zitat ---
Och, der Vorteil geht meiner Meinung nach nicht verloren, denn man hat immer noch Optionen, Distanz zu erreichen. Die passendste Lösung hierfür ist die, die Person nicht beim Namen, sondern bei der Funktion zu nennen; statt "Jonas ging zur Türe" einfach "Der Kommandant ging zur Türe".


--- Zitat von: ulimann644 am 06.05.12, 22:21 ---Die Story gefällt mir bis dahin - die Idee der Erklärung halte ich für gelungen und auch sinnvoll.

--- Ende Zitat ---
Danke :) :) Weiter geht es (wohl) am Wochenende mit Kapitel 2 :)

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