Autor Thema: Tim Powers: The Anubis Gates  (Gelesen 4234 mal)

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ToVa

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Tim Powers: The Anubis Gates
« am: 06.12.11, 12:24 »


Aufgrund eines Freundes habe ich nach langer langer Zeit mal wieder ein, noch vorhandenes aber ungelesenes Fantasy Buch in die Hand genommen. Bei dem Buch handelt es sich um "The Anubis Gates" von Tim Powers, oder auf Deutsch "Die Tore zu Anubis Reich" und das Buch ist mittlerweile 28 Jahre alt und gilt zumindest als Semi-Klassiker der Fantasy Literatur. Ob man es schon als "Kultbuch" bezeichnen darf, wie es mitunter beworben wird, vermag ich nicht abzuschätzen. Zumindest Tim Powers ist aber eine "Grösse" der Fantasy Literatur, und das nicht erst seit sein Buch "Stanger Tides" für "Fluch der Karibik IV" adaptiert wurde.

Die Handlung ist gar nicht so schnell umrissen wie der Titel vermuten lässt.
Sie beginnt im Jahre 1802... Ein uralter Ägyptischer Magier/Priester beschließt das er Ägypten wieder als Grossmacht von einstigem Rang aufstellen will. Dazu will er mittels Magie die Tore zum Reich der alten ägyptischen Götter öffnen, wo diese seit tausenden von Jahren ruhen. Da sich aber mittlerweile Frankreich und Großbritannien um die Hegemonie im vordern Orient streiten, will er diese Mächte gleich mit ausschalten - in der er eben die Götter auf sie loslässt.

Der ganze Versuch scheitert aber. Magie funktioniert in dem Buch generell sehr eigenwillig, es passiert zwar immer etwas, aber nie hundertprozentig das was man wollte. Alles was er zunächst erreicht ist, dass er Löcher - oder auch Tore - in den "Fluss der Zeit" stanzt. Es gibt also plötzlich Brücken in Vergangenheit und Zukunft.

Im Jahre 1983 (der Gegenwart des Buches) bemerkt ein exzentrischer Millionär der sich seit längerem mit diesen Dingen beschäftigt diese "Tore". Er stellt eine Gruppe zusammen zu der auch der Literaturexperte Doyle gehört... diese Gruppe soll/will gegen Zahlung einer Beachtlichen Geldsumme ins Jahr 1810 zurückreisen, dort einen bekannten Dichter treffen und sofort durch eines der Tore nach 1983 zurückkehren. Eine Art "Picknick durch die Zeit" also.

Bei dem Ausflug geht einiges gründlich schief. Doyle wird entführt und verpasst den Rücksprung nach 1983. Es stellt sich heraus das er von der Macht entführt wurde die acht Jahre zuvor (1802) versuchte die Götter zu erwecken und nun diese erschaffenen "Tore" im Auge behält ob sich da etwas tut. Doyle kann zwar entkommen... ist damit aber erst einmal Mittellos im Jahre 1810 gestrandet.

Die Sache wird dadurch kompliziert das sich Abgesandte des alten ägyptischen Magiers inzwischen im London des Jahres 1810 einer ganzen Reihe von Helfeshelfer bedienen... zB eine Bettlergilde. Ein Machthungriger Napoleon steht zudem auf dem Kontinent bereit um England zu besetzen. Und als ob das noch nicht genug wäre, geht in London eine rächende Femme Fatale um und ein "Dämon" der sich in immer neuen Körpern einnistet und seine alten Wirte dann tötet. Mehre Mordversuche später muss Doyle auch noch erkennen das der Millionär aus der Zukunft ein falsches Spiel getrieben und ihn als Marionette missbraucht hat... aber im Jahre 1810 ganz eigene Pläne verfolgt, denen er im Wege steht.

Und zu allem Überfluss bemerkt Doyle langsam dass sich das Jahr 1810 nicht mehr so entwickelt wie es sollte. Ein berühmter Autor auf den er spezialisiert war ist offenbar nicht mehr existent... Lord Byron, obwohl eigentlich in Griechenland, befindet sich plötzlich in London... und auch die ein oder andere Kleinigkeit scheint nicht mehr zu stimmen.

-*-


Das Buch an sich ist hervorragend geschrieben. Ich habe recht hohe Ansprüche muss ich sagen, weswegen ich bei den meisten Fantasy Bücher nach Seite 30 ins Wachkoma falle. Das ist hier nicht der Fall. Sowohl was schreiberisches Können als auch Detailreichtum angeht ist das Buch wirklich hervorragend. Es liest sich auch entsprechend gut. Thematisch und atmosphärisch ist es sehr dicht.

Was ich sehr mag ist, dass man auf grosse Kriege, tumbe axtschwingende Orks und Auserwählte verzichtet. Es geht also nicht darum die silberne Haarspange von Prinzessin Amidala zu klauen um damit am Schicksalsberg ein Eigenheim zu erwerben. Gerade die "Historie" zu beginn des 1900 Jahrhunderts in London ist sehr authentisch gehalten (soweit ich das beurteilen kann).

Ein "Novum" des Buches, es geht immerhin ins 30. Jahr, ist allerdings heute fast Alltag: Das treffen historischer Persönlichkeiten - bzw. das man diese sogar zu Handlungsträgern macht (hier eben zB Lord Byron)... dieses Mittel, damals fast noch neu, ist ja heute sehr gebräuchlich.

Einziges Manko am Buch: Das Titelbild. Das hätte jeder hier besser hinbekommen. Ist offenbar generell ein Trend (ist ja auch bei Star Trek Büchern so) das die Cover Billigst und en passant produziert werden und dann nach PS für Anfänger ausehen. :(

« Letzte Änderung: 06.12.11, 12:29 by ToVa »

ulimann644

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Antw:Tim Powers: The Anubis Gates
« Antwort #1 am: 06.12.11, 13:18 »
Das Ganze klingt interessant - aber irgendwie auf Verdacht auch eher nach SciFi - denn nach Fantasy. Zumindest würde ich eine Geschichte um eine Zeitreise eher im SF-Genre ansiedeln. Ohne das Buch exakt zu kennen, lässt sich das natürlich schwerlich feststellen.

Was das Titelbild betrifft - es gibt sicherlich bessere, aber ich habe auch schon schlechtere gesehen. Dieses hier erscheint mir - zumindest was den kurzen Abriss der Geschichte betrifft - sogar irgendwie angemessen. Natürlich ist das letztlich immer auch Geschmacksache.

Interessant klingt die Story dieser Geschichte allemal.
BTW: Wie viele Seiten Umfang hat dieser Roman?

Thunderchild

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Antw:Tim Powers: The Anubis Gates
« Antwort #2 am: 06.12.11, 14:25 »
Ich hab mir das Buch auch vor einiger Zeit zugelegt, und wurde nicht enttäucht.
Hier mal meine Kritik dazu

Plot:
Professor Brendan Doyle erhält ein Angebot, das er um nichts in der Welt ausschlagen kann: Er soll den reichen Industriellen J. Cochrane Darrow auf einer Reise in die Vergangenheit begleiten. Darrow ist im Rahmen quantenphysikalischer Forschungen auf eine „Spalte“ gestoßen, die unterschiedliche Epochen miteinander verbindet. Vordergründig geht es ihm um den Besuch eines Vortrages von Samuel Taylor Coleridge, eines der berühmtesten Dichter Englands. Doyle ist dabei eine Biographie über Coleridge zu schreiben, und soll für das kulturelle Rahmenprogramm für die reichen Mitreisenden sorgen.

In Wirklichkeit hat der schwer kranke Darrow jedoch weitreichendere Ambitionen: Mit nicht weniger als der Unsterblichkeit will er sich zufrieden geben. Denn im frühen 19. Jahrhundert soll ein Mann leben, der mit anderen Menschen den Körper tauschen kann – ein Magier, der im Zeichen des ägyptischen Gottes Anubis einen Weg gefunden hat die Zeit zu überwinden.
Für Doyle wird das geplante phantastische Abenteuer schnell zu einem Spiel auf Leben und Tod. Nicht nur, dass man ihn zurückließ, nein er erkennt, dass das London des Jahres 1810 von Magie beherrscht wird, und dunkle Mächte sich verschworen haben, das Rätsel der Unsterblichkeit zu lösen.

Um zu überleben nimmt Doyle, mehr unfreiwillig als gewollt, die Identität des Poeten und Dichters William Ashbless an.


Kritik:
Schon wenn man sich das erste Kapitel des 600 Seiten Werkes durchliest, erkennt man, dass man es hier nicht mit einem Laienautor zu tun hat, der einfach nach Lust und Laune ein Fantasy-Mysterie Buch zusammengezimmert hat. Die erstaunliche Detailvernarrtheit über das London der damaligen Zeit und die Literatischen Gedichtwerke von Coleridge oder Lord Byron die mit eingesponnen wurden lassen ein großes Hintergrundwissen von Autor Tim Powers vermuten.
Mitunter konnte es auch recht nerven, wenn man Zigeunerausdrücke und Lateinische Fachnamen um die Ohren geknallt, und anschließend keine Erklärung dazu angeboten bekommt, aber sonst liest sich das Buch recht flüssig, und die Spannung nimmt mit fortschreitender Seitenzahl stetig zu, so dass es schon vorkommen kann, dass man mehrere hundert Seiten hintereinander verschlingt.


Anmerkung:
Erwähnenswert wäre vielleicht noch die Hintergrundgeschichte des Charakter Ashbless, dessen Identität Doyle im Laufe seines Abenteuers übernimmt. William Ashbless ist nämlich das Pseudonym der Autoren Tim Powers und seines Studien-Kameraden James Blaylock, die unter Ashbless Namen unzählige Gedichte, Prosa und Kurzgeschichten verfasst hatten. Als die Beiden nach ihrer Studienzeit getrennte (Autoren-)Wege gingen, verewigten sie in ihren Büchern ihr Pseudonym, ohne vom anderen zu wissen. Erst der Verlag erkannte, dass es sich um den gleichen Charakter handelte und William Ashbless sich seinen Weg durch die Jahrhunderte bahnte.

 

Fazit:
The Anubis Gates ist wohl keineswegs mit gewöhnlicher Sci-Fi/Mysterie zu vergleichen, die sonst hier bewertet wird. Wer etwas Anspruchsvolleres haben möchte, dem kann ich das Buch empfehlen. Wer allerdings schon bei Charles Dickens Schreibweise Probleme hatte, (Powers Art die viktorianische Zeit zu beschreiben unterscheidet sich nicht besonders von ihm, sondern setzt dem noch eins drauf) der sollte doch besser hiervon Abstand halten.
Das Buch wurde nicht umsonst mit dem Philip K. Dick Memorial Award ausgezeichnet.


Was das Titelbild angeht, hab ich wohl eine frühere Auflage erwischt. Mein Titelbild sieht folgendermaßen aus.
http://euderion.deviantart.com/

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Antw:Tim Powers: The Anubis Gates
« Antwort #3 am: 06.12.11, 14:43 »
Es ist genau andersrum du hast die neuere Auflage. So sieht das Buch heute aus.

ToVa

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Antw:Tim Powers: The Anubis Gates
« Antwort #4 am: 06.12.11, 15:39 »
Zitat
Das Ganze klingt interessant - aber irgendwie auf Verdacht auch eher nach SciFi - denn nach Fantasy. Zumindest würde ich eine Geschichte um eine Zeitreise eher im SF-Genre ansiedeln. Ohne das Buch exakt zu kennen, lässt sich das natürlich schwerlich feststellen.


Naja, ich glaube jeder Sci-Fi Leser würde bereits an der Stelle mit den Augen rollen wo man die Zeitreise, bzw. die Zeitlöcher mit "Magie" erklärt... Ausser der Zeitversetzung hat der Roman wirklich keinerlei Sci-Fi Elemente. Und wenn dann altägyptische Magier, körperwechselnde Dämonen usw. auftreten ist es wohl ganz vorbei.



Zitat
Was das Titelbild betrifft - es gibt sicherlich bessere, aber ich habe auch schon schlechtere gesehen. Dieses hier erscheint mir - zumindest was den kurzen Abriss der Geschichte betrifft - sogar irgendwie angemessen. Natürlich ist das letztlich immer auch Geschmacksache.


Auf die Distanz geht es... aber bei genauerer Betrachtung besteht das Titelbild aus sage und schreibe 4 Elementen;
- dem Obelisk, spitze Golden angemalt und dann mehrfach geklonnt
- einem Himmel als Backround
- einer Düne
- einem Lichteffekt

Gerade zB das es dreimal derselbe Obelisk ist, nur gespiegelt und dann auch die Dünen aufgepfropft sieht man doch sehr deutlich. Insgesamt liegt dem Bild ein geschätzter Arbeitsumfang von 1-1,5 Stunden zu Grunde.



Zitat
BTW: Wie viele Seiten Umfang hat dieser Roman?

575. =)

ulimann644

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Antw:Tim Powers: The Anubis Gates
« Antwort #5 am: 06.12.11, 17:38 »
@ToVa

Danke für die Erklärung - so klingt es dann doch eher nach Fantasy.
575 Seiten klingt schon mal gut - nicht zu kurz also.

Bei "His dark Materials" von Philip Pullman ist es ähnlich - wer da etwas von Parallelwelten liest, der denkt auch zunächst an SF. Ist aber weitestgehend auch eher Fantasy. Und im Gegensatz zum Kinofilm (Der goldene Kompass) sind die drei Bücher wirklich fesselnd.

ToVa

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Antw:Tim Powers: The Anubis Gates
« Antwort #6 am: 07.12.11, 09:14 »
Zitat
575 Seiten klingt schon mal gut - nicht zu kurz also.

*g... ja, das ist auch ein Kriterium nach dem ich diese Art von  Buch mit auswähle. Eine wirklich gute "Welt" zu erschaffen ist imho in einem Buch unter 3-400 Seiten sehr schwierig, weswegen ich da oft erstmal skeptisch bin und auch eher zu den dickeren Büchern greife. Aber die fast 600 Seiten von den Anubis Gates sind ganz angemessen... für jemand der nicht auf vorvictorianische Details steht sind sie vielleicht sogar 100-150 Seiten zu lang.


Zitat
Bei "His dark Materials" von Philip Pullman ist es ähnlich - wer da etwas von Parallelwelten liest, der denkt auch zunächst an SF. Ist aber weitestgehend auch eher Fantasy. Und im Gegensatz zum Kinofilm (Der goldene Kompass) sind die drei Bücher wirklich fesselnd.



Ja, habe ich auch schon gelesen. Wobei es hier wohl noch einige Einflüsse von Steampunkt und eben auch Magie gibt, wenn ich richtig gehe. Generell sollen die Bücher ja hervorragend sein... wobei ich mich noch mit der Grundprämisse/Auflösung/Spoiler, also dieser "Gott-Engel" Theorie schwer tue... Aber sollte mir hier mal eine gute und komplette Ausgabe in die Hände fallen, werde ich sie sicher mitnehmen.




PS. Auch das andere (neue?) Titelbild zu den Anubis Gates ist ziemlich schlampig gemacht. Offenbar war das Titelbild zu klein... man sieht deutlich am rechten Rand, wie sich mittig und von oben links in Richtung unten rechts gewisse "Wölkchen" bzw. Rundungen immer wieder wiederholen... hier hat jemand mit dem Photoshop Stempelwerkzeug versucht das Bild breiter zu machen. *fröstel* Im Prinzip ist das gesamte rechte drittel des Bildes, also fast der komplette Himmel "gestempelt."


PPS &  edit; jop, das ist das original;

« Letzte Änderung: 07.12.11, 09:22 by ToVa »

 

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