Richard zuckte mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Vielleicht ja, vielleicht nein. Aber es war seien Idee, mit der ESTRELLA in den Liropargürtel direkt zu fliegen. Soviel zum Thema vernünftige Risikobewertung."
Er überlegte: "ich weiß, dass sie die versuche abgebrochen hatten. MacDougal hat es mir gesagt. Sobald ich den Bericht von Lt. Tohan habe und Anderson und seien Leute auf den Damm sind, nehme ich - nein nehmen wir die drei uns zur Brust. Und glauben sie mir, das wird nicht lustig. Solche Eigenmächtigkeiten können wir nicht durchgehen lassen."
"Da stimme ich Ihnen hundertprozentig zu!", erwiderte die Caitianerin, sogar ihre Krallen fuhren bei den Worten ein Stück aus. "Wenn Anderson wieder fit ist, kann er was erleben! Ich schlage vor, ihn vorübergehend zu suspendieren und ein Verfahren wegen Befehlsverweigerung einzuleiten." Sie blickte Harris fest in die Augen. "Das bedarf natürlich Ihrer Zustimmung und der des Captains."
Er sah zu M'Rass und erhob den linken Zeigefinger: "Wenn sie die Projekte einfrieren bestellen sie ihren Leuten einen schönen Gruß von mir und sagen sie Ihnen, das jeder der außer zur Analyse mit Arbeiten an den gesperrten Projekten erwischt wird, von mir so eins auf den Deckel bekommt, dass sie es noch Weihnachten scheppern hören."
"Zuerst bekommen sie von MIR eins auf den Deckel", gab die Caitianerin zurück. Ihre Schwanz war sachte, aber permanent in Bewegung und plusterte sich ein Stück auf.
Der Commander nahm den Finger wieder unter: "Und sollte Ihnen bei der Analyse irgendetwas seltsames Auffallen, möchte ich sofort informiert werden."
"Selbstverständlich. Darauf können Sie sich verlassen!"
Nach einer sekundenlangen Pause fügte sie hinzu: "Falls Sie an einem Zwischenbericht über unser Experiment im Plasmalabor interessiert sind – es gibt einige interessante Ergebnisse. Leider noch nichts wirklich Handfestes ...“
Während Ynarea und Rick sie neugierig anblickten, meldete sich ihr Kommunikator.
„T'Plas an M'Rass ...“
„M'Rass hier. Was gibt’s?“
„Ich bedauere, Ihnen mitteilen zu müssen, dass unsere Versuchsanordnung durch die Erschütterung ruiniert wurde“, berichtete die scheinbar emotionslose Stimme der Vulkanierin.
M'Rass unterdrückte nur mit Mühe ein zorniges Fauchen. „Sagen Sie mir bitte nicht, wir können von vorn anfangen?“
„Doch so sieht es leider aus.“
„Danke für die Information, Lieutenant“, brachte M'Rass mühsam hervor.
T'Plas konnte schließlich nichts dafür.
Als plötzlich McDougal hereingestürmt kam, starrte ihn die Caitianerin einen Moment an, als gäbe sie ihm die Schuld, dass nun auch noch ihr Experiment im Eimer war. Stellvertretend für diese elenden Pfuscher aus seinem Team.
Im nächsten Augenblick beherrschte sie sich wieder.
„Sorium 50 ppm“, stieß McDougal abgehackt hervor.
Richard und Ynarea wandten sich neugierig um. Auch M'Rass konnte kaum glauben, was sie da hörte.
"Außerdem war in keiner der Proben Sorium oder Artefakten in dem Labor, als wir sie an Bord nahmen. Nicht einmal in den noch verbleibenden Ezzrproben ist welches zu finden, die noch auf Lager sind. Das hätte der Trikorder angezeigt. Möglicherweise gibt es welches im Isolierraum, der auch angeknackst ist. Das können Sie gerne nachprüfen. Kein vernüpftiger Mensch würde Sorium auf zweieinhalbtausend Grad erhitzen, wenn er wüsste dass es da ist. Lt. M'Rass wird mir sicherlich beipflichten."
"Da pflichte ich Ihnen in der Tat bei, Lieutenant!", gab die Caitianerin mit scharfer Stimme zurück.
Ihr Blick wanderte von ihm zu Richard und Ynarea. "Und ich werde nicht locker lassen, bis wir herausfinden, wer für diese Schlamperei verantwortlich ist!" Ihre Augen verengten sich ein Stück. "Falls es Schlamperei war - was ich inständig hoffe, so paradox es klingt."
Die Caitianerin erwiderte McDougals skeptischen Blick. Bisher kannte sie den Mann als guten Wissenschaftler - auch wenn er den Ruf hatte, ein Draufgänger zu sein und sich schnell zu überschätzen. In dem Punkt unterschied er sich nicht sehr von Anderson.
Letzterer war offensichtlich ein Egomane und Unruhestifter, ein selbsternanntes Genie, das die Fehler bei allen anderen suchte - nur nicht bei sich selbst. Leider war nicht der einzige von diesem Schlag unter den Teamleitern der Wissenschaftsabteilung.
M'Rass konnte McDougal noch nicht wirklich einschätzen, jedoch schien er trotz seiner Risikofreude wenigstens das Protokoll zu kennen ... oder irrte sich die Caitianerin in diesem Punkt? Sie war noch nicht allzu lange an Bord und die meiste Zeit auf Außenmission gewesen - zuerst auf der ICICLE, dann auf Sarpedia. Die wenige Zeit an Bord hatte sie genutzt, um sich einzuarbeiten, einen Überblick über alle laufenden Projekte zu bekommen und ihr Team besser kennen zu lernen. Das schlauchte sie mehr als erwartet - besonders, da sich ein Teil des Teams nicht sehr kooperativ verhielt und die neue Leiterin mit "Dienst nach Vorschrift" abspeiste.
Teamplay war wirklich etwas anderes!
M'Rass spürte eine unbändige Sehnsucht nach ihren Kratzbaum.
Kein Wunder, dass der Captain keinen von diesen Eierköpfen befördern wollte!
Sie hatte um sieben Ecken erfahren, dass Anderson ihre Aversion gegen Routinearbeit anprangerte. Die war zwar nicht ganz von der Hand zu weisen - doch darunter hatten höchstens ihre administrativen Assistenten und die unteren Chargen im Physiklabor zu "leiden". Einen Fachfremden wie Anderson konnte sie nicht einmal mit wissenschaftlichen Routineaufgaben belästigen, wenn sie es wollte. Unter McMeredith, der selbst Geologe war, hatte es wahrscheinlich anders ausgesehen.
Womöglich konnte sie das erfahren, wenn sie nach seiner Entlassung aus der Krankenstation mit Anderson sprach. Besser gesagt: Ihn nach allen Regeln der Kunst zusammenfaltete.
"Ich möchte Sie unter vier Augen sprechen, Lieutenant", sagte sie zu McDougal.