Aufgepasst, DC, *so* gehen Superhelden-Konflikte!
Nachdem mich letzten Monat der im Vorfeld stark gehypte Showdown zwischen den DC-Ikonen Batman und Superman weitestgehend enttäuscht hatte, liefert Marvel nun mit der Umsetzung des Eventcomics "Civil War" deren eigenen Helden-gegen-Helden-Film. Und macht eine Menge richtig, das DC in meinen Augen absolut versemmelt hat. Doch der Reihe nach.
Als ein Einsatz der Avengers in in einem Desaster und mit dem Tod einiger unbeteiligter Zivilisten endet, hat die UN von deren eigenmächtigen Operationen endgültig die Schnauze voll. Das "Sokovia-Abkommen" soll die Heldentruppe einem UN-Gremium unterstellen, das entscheidet, wann und wo die Avengers eingreifen dürfen. Während einige, darunter Tony "Iron Man" Stark das Vorhaben voll und ganz unterstützen, sehen andere, allen voran Steve "Captain America" Rogers, die Gefahr, dass sie daran gehindert werden könnten, in zukünftigen Krisen zu helfen oder zum Spielball politischer Agendas zu werden. Und als Rogers' Kindheitsfreund James "Bucky" Barnes, der mittlerweile untergetauchte ehemalige "Winter Soldier", scheinbar einen Anschlag auf die UN verübt, rutscht der Konflikt zwischen den beiden Parteien auf eine persönliche Ebene ab – Cap will seinen alten Freund vor der vorschnellen Verurteilung bewahren und dessen Unschuld beweisen und Iron Man setzt alles daran, Barnes zur Strecke zu bringen. Der Konflikt zwischen den beiden spaltet die Avengers und das Ergebnis ist das, was der Titel verspricht: Ein "Bürgerkrieg" zwischen den Helden.
Trotz der Präsenz der anderen Helden ist Civil War immer noch deutlich ein Captain America-Film. Im Mittelpunkt stehen er, seine Moralvorstellungen, Vorbehalte und seine Freundschaft zu seinem alten Kumpel Bucky und alles andere spielt sich um sie herum ab. Dennoch hat auch die Gegenseite eine klare Motivation und gute Gründe für ihr Handeln, der Konflikt wirkt zu keinem Zeitpunkt erzwungen, sondern ergibt sich organisch aus den verschiedenen Standpunkten und Einwürfen, welche die einzelnen Charaktere zum Konzept der Regierungskontrolle beitragen und passen wiederum zu dem, wie sie in den vorherigen Filmen dargestellt wurden. Und während in Batman V. Superman die Kernfrage über die Tragweite von Supermans Aktionen im Zuge des Films ziemlich unter die Räder geriet, zieht sich hier der Strang über die Opfer der Kollateralschäden der Superheldenkämpfe aus den vergangenen Filmen und Vergeltung dafür auch wirklich bis zum Ende durch.
Und es zahlt sich auch aus, dass Marvel diese Heldenschlacht erst nach diversen Solo- und Teamfilmen abgezogen hat, anstatt direkt damit einzusteigen. Der Film schöpft explizit daraus, dass das MCU bereits knappe acht Jahre alt ist und in den vorherigen Filmen bereits einiges passiert ist.
Die Trailer haben, anders als ich befürchtet hatte, auch definitiv nicht zu viel gezeigt bzw. verraten und ich versuche deswegen, das hier ähnlich zu halten. Die besten Szenen des Films haben wir wirklich noch nicht zu sehen bekommen, wie die Story verläuft konnte man sich im Vorfeld bestenfalls grob zusammenreimen und es gibt definitiv noch die eine oder andere Überraschung.
Zum bereits im zweiten Avengers-Film Age Of Ultron ausgedehnten Cast stoßen nun offiziell Scott "Ant-Man" Lang sowie die beiden Neuzugänge Black Panther und Spider-Man hinzu. Und wiederum zieht DCs Epos hier den Kürzeren in Sachen Einführung der neuen Helden. Während dort Wonder Woman und vor allem Flash, Aquaman und Cyborg nur Randnotizen waren, kommt dem afrikanischen Kriegerprinzen Panther hier eine zentrale Rolle im Plot zu und Peter Parkers Einstand im MCU etabliert auch ohne erneute, vollständige Rekapitulation seiner Herkunft alles, was man über den Charakter wissen muss. Gerade letzterer gefiel mir hier außerordentlich gut, der Charakter des Teenagers (und ja, er ist dieses Mal wirklich auch optisch einer) aus den Comics wurde super getroffen, von seiner technisch-wissenschaftlichen Begabung über sein Fanboytum in Bezug auf die Helden und gerade Tony Stark, bis hin zu seinem Comic-Markenzeichen, selbst inmitten von Kämpfen seine Klappe nicht halten zu können.
Dementsprechend (und typisch für Marvel) kommt auch der Humor im Film nicht zu kurz, auch wenn die Thematik ernst genommen wird, finden sich immer wieder gut dosierte Szenen, die zumindest in der Vorstellung die ich gestern besucht habe das Kinopublikum schmunzeln, kichern oder lauthals lachen ließen. Aufgesetzt oder albern wirkte davon nichts, die humorigen Einlagen ergeben sich durchgehend aus den Situationen des Films und der Film kommt dadurch deutlich weniger steif 'rüber, als der direkte DC-Konkurrent - mit Ausnahme seines Schurken, dem von Daniel Brühl sehr überzeugend gespielten Helmut Zemo, der im Vergleich zum "Joker-Lex Luthor" deutlich geerdeter ist.
Effekttechnisch zieht der Film alle Register, obwohl es keine Zerstörungsorgien wie bei DC gibt. Die Aufmerksamkeit liegt viel stärker auf den Kämpfen der Helden untereinander, nicht auf dem Zerlegen der Umgebung (auch, wenn durchaus einiges zu Bruch geht). Dazu kommt, dass die Kämpfe wunderbar choreographiert und sehr gut zu verfolgen sind. Der Höhepunkt ist natürlich die schon im Trailer angedeutete Schlacht auf dem Leipziger Flughafen.
Und ja, ein guter Teil des Filmes spielt in Deutschland, konkret Berlin und eben Leipzig, an einer Stelle konnte ich sogar (man verzeihe mir den Mikro-"Spoiler") eine Nachrichtensendung als Bericht von Pro-7-Newstime erkennen, was ich als sehr netten, authentischen Touch empfand.
Ein kleiner Wermutstropfen ist für mich allerhöchstens der Umgang mit (Baron) Helmut Zemo. Wobei das auch eher vergleichbar mit dem Umgang mit dem Mandarin aus Iron Man 3 ist – der Charakter war sehr gut verkörpert, hatte eine schlüssige Motivation und einen einleuchtenden Plan, aber halt nicht das, was ich ausgehend von den Comics erwartet hätte. Wobei ich aber auch zugeben muss, dass das MCU auf einen zusätzlichen Klischee-Altnazi als Schurken eigentlich ganz gut verzichten kann, nachdem Hydra eh schon explizit aus der Ecke rausgeholt wurde.
Dazu kommt als klitzekleiner Negativpunkt der für mich ziemlich aufgesetzt wirkende, demonstrativ afrikanische Akzent von Black Panther T'Challa und seinem Vater König T'Chaka (man stelle sich das in etwa so wie Lutan aus TNGs "Der Ehrencodex" vor). Aber gut, das kann auch an der deutschen Synchro liegen, im Original habe ich den Film noch nicht gesehen.
Insgesamt lautet mein Fazit: Ein Blockbuster, aber einer, der so gut wie alles richtig macht, von den Actionszenen, über die Charaktermomente und den Humor bis hin zum Plot. Die Titel "Bisher bester Marvel-Film" und "Potenzieller Film des Jahres" hat sich Civil War in meinen Augen definitiv verdient und löst in ersterem meine bisherigen Favoriten, den zweiten Captain America-Teil und die Guardians Of The Galaxy ab.