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Sandfarben - 05/2384

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Max:
Da gedachte ein zweiter des Satyrs
Sandfarben (05/2384)

Inhalt: Eine Hilfsaktion für ein neues Föderationsmitgliedsvolk mündet in ein moralisches Dilemma - und in ein Paradoxon. Commander Heyse, der das Kommando führt, muss sich entscheiden, ob er einer fixen Idee nachjagt und damit eine Krise nur verschärft, oder Leben rettet, indem er seinem Gewissen folgt.


Leseprobe:
Heyse wunderte sich, wie klein ihm der Bildschirm an der Frontseite der Kampfbrücke vorkam, wenn man das Pendant von der Hauptbrücke gewohnt war. Diese Überlegung verflog augenblicklich, als er dort auf dem Monitor jenen Schleier aus Materie sah, den die Dedaner ›Wolkenwelt‹ nannten.
Vor ungefähr einhunderttausend Jahren hatte sich an der Stelle im dedanischen Sternensystem, auf die die Antriebssektion der Satyr nun zusteuerte, einmal ein Gasriese mit einem gewaltigen Planeten als felsigen Begleiter befunden. Eine kosmische Katastrophe, die den Astronomen noch immer Rätsel aufgab, hatte diese beiden Welten
beinahe vollständig zerstört. Zurückgeblieben war eine gezogene Materiewolke, sowie die Trümmer des mächtigen Trabanten, die wie dunkle Inseln inmitten des blassblauen, meistens aber weißlichen Nebels lagen. Energieentladungen zwischen den einzelnen Objekten und Stoffen machten diese Region für Raumschiffe nicht
ungefährlich, hatten aber auch noch andere Eigenschaften, die sie für die Didaner interessant werden ließ.
Leichtes Zittern erfasste den Rumpf, als die Satyr in die äußerste Begrenzungsschicht der ›Wolkenwelt‹ eintauchte. Nach nur sekundenlangem Flug wuchsen die Turbulenzen nicht mehr an, weil sich das Schiff relativ zu einem mondähnlichen Trümmerstück ausgerichtet hatte. Kilometer über diesem Planetoiden hing oder schwebte etwas in der Atmosphäre. Heyse erkannte sanftes blaues Leuchten und immer wieder dazwischenfahrende, goldene Blitze. Alles hing wie in einem Netz zusammen und nachdem der Commander eine Ausschnittsvergrößerung anforderte,
und das kugelig erscheinende Objekt mit seinen tentakelartigen Ausläufern genauer gesehen hatte, wusste er, dass sie am Ziel ihrer Reise angelangt waren.
»Extraktion beginnen«, wies er den OPS-Offizier an.


Umfang: 13 Seiten

Bei "Sandfarben" steht wieder einmal Commander Heyse im Fokus. Die Geschichte reißt moralische Fragen an. Ich wollte aber auch mal ein Paradoxon ansprechen (das für Science Fiction wohl ausnahmsweise kein temporales ist ;) :D)
Wieder im Anhang: eine zweite Version für eBook-Reader.


Star:
Es hat etwas länger gedauert - momentan komme ich nicht so recht zum Lesen -, aber ich habe mir heute "Sandfarben" vorgenommen. Es ist wieder ein guter Eintrag in die Satyr-Reihe geworden, mit einem komplexen Thema, das innerhalb des Kurzgeschichtenformats auch gut aufgearbeitet wurde, und sogar mit einem sehr schönen Schluss aufwarten kann. Die Idee mit den Sandhaufen ist toll und wurde hier auch schön verwendet - vor allem die philosophische Betrachtungsweise von Liz Guttapercha hat mir gefallen und mich auch ein wenig an meine Mentorin denken lassen, die mir in Bezug auf Verhaltensvorschung mal so etwas sagte wie "Wenn man einen Tiger auseinander nimmt, um zu sehen, wie er funktioniert, dann hat man als erstes was? Genau, einen nicht funktionierenden Tiger."

Als wirkliches Paradoxon habe ich das Thema dabei aber gar nicht empfunden, wissen wir doch auch heute noch immer nicht, was "Leben" überhaupt ausmacht, also ab wann ein gewisser Funke dabei ist, der zu mehr als die Summe der Teile führt. Interessant, dass Wissenschaftlich und Philosophisch an das Thema herangegengen wurde, und nicht nur Theologisch.

Max:

--- Zitat von: Star am 19.02.13, 16:13 ---Es hat etwas länger gedauert - momentan komme ich nicht so recht zum Lesen -, aber ich habe mir heute "Sandfarben" vorgenommen.

--- Ende Zitat ---
Ich kann mich gar nicht genug bei Dir dafür bedanken, dass Du immer meine Satyr-Stories liest :)


--- Zitat von: Star am 19.02.13, 16:13 ---Es ist wieder ein guter Eintrag in die Satyr-Reihe geworden, mit einem komplexen Thema, das innerhalb des Kurzgeschichtenformats auch gut aufgearbeitet wurde, und sogar mit einem sehr schönen Schluss aufwarten kann.

--- Ende Zitat ---
Danke :) Mir ist letztendlich auch aufgefallen, dass sich dieser versöhnliche Schluss für die Geschichte eigentlich ganz gut macht.


--- Zitat von: Star am 19.02.13, 16:13 ---Die Idee mit den Sandhaufen ist toll und wurde hier auch schön verwendet - vor allem die philosophische Betrachtungsweise von Liz Guttapercha hat mir gefallen und mich auch ein wenig an meine Mentorin denken lassen, die mir in Bezug auf Verhaltensvorschung mal so etwas sagte wie "Wenn man einen Tiger auseinander nimmt, um zu sehen, wie er funktioniert, dann hat man als erstes was? Genau, einen nicht funktionierenden Tiger."

--- Ende Zitat ---
Weise Worte! Es ist aber auch schon erstaunlich, wie schnell man versucht ist, sozusagen nach einem "Mechanismus" zu fragen, wenn man verstehen will, wie etwas funktioniert, das eben keine Maschine ist.


--- Zitat von: Star am 19.02.13, 16:13 ---Als wirkliches Paradoxon habe ich das Thema dabei aber gar nicht empfunden, wissen wir doch auch heute noch immer nicht, was "Leben" überhaupt ausmacht, also ab wann ein gewisser Funke dabei ist, der zu mehr als die Summe der Teile führt. Interessant, dass Wissenschaftlich und Philosophisch an das Thema herangegengen wurde, und nicht nur Theologisch.

--- Ende Zitat ---
Für die Satyr-Reihe hatte ich mir ja vorgenommen, viel Wissenschaft, viele Forschungsthemen "aufzubereiten" und als ich über das Paradoxon des Sandhaufens gestolpert bin, wusste ich, dass ich das unbedingt als Geschichte umsetzen muss. Du hast recht: Dadurch, dass ich 'Leben' mit ins Spiel gebracht habe, ist das Gedankenspiel auf eine völlig andere Ebene gebracht. (Anderseits: am Ende ist ja auch offen, um was es sich beim Nektron handelt  ???)

Dahkur:
Hier hast Du Dir ein Thema ausgesucht, an dem sich die Gemüter sicherlich heiß diskutieren können: Ab wann definiert man Leben als empfindungsfähig? Ab wann kann man es mit seinem Gewissen nicht mehr vereinbaren, das eine Leben zu vernichten, um das andere dadurch zu ernähren? Automatisch zieht Deine Gegenüberstellung von dem einzigartigen, leuchtenden Blasengebilde zu den nicht näher beschriebenen Viehherden die Aufmerksamkeit und Gedanken des Lesers natürlich auf das Blasengebilde.

Ich fand es interessant zu lesen, wie die Offiziere sich versuchen selbst davon zu überzeugen, dass die Extraktion am ehesten mit einer Art Pflanzenernte zu vergleichen ist. Wobei der Einwand, dass empfindungsfähiges Leben sich wehren würde, hier nicht ganz passend ist. Auch Pflanzen haben eine Menge an Verteidigungsmechanismen entwickelt, um sich gegen Feinde zu schützen (äußere Abwehrmechanismen wie Dornen, Einlagerung von Bitterstoffen gegen Fressfeinde, Ausschüttung von wachstumshemmenden Substanzen über den Wurzelbereich, um sich Konkurrenz vom Leib zu halten).

Heyse (es freut mich, dass er noch dabei ist) erscheint als  recht melancholischer Typ in dieser Geschichte. Sind es noch die Vorkommnisse von „Beige“, die bei ihm diese zurückhaltende Art ausgelöst haben? Er wirkt nicht unsicher, jedoch recht … demütig. Daher passt es auch ganz wunderbar, dass er sich Gedanken macht, die einem Captain Ligeti würdig gewesen wären. Sein ungutes Gefühl, seine vorübergehende Weigerung fortzufahren, seine schließliche Kapitulation, um dann doch noch einen Joker aus der Tasche zu ziehen … das alles hat ihn mir sehr menschlich und sympathisch gemacht.

Die Lösung, die er findet, ist poetisch: Neues „Leben“ ohne die darin liegende Gefahr einer erneuten Zerstörung. Es wird interessant sein zu beobachten, wohin sich das Nektron entwickelt, wenn es in Ruhe gelassen wird.

Dass die Lösung des Problems von der Kunstinstallation vorgeben wird, ist wieder einer dieser Schachzüge, die Deine Satyr-Geschichten so einzigartig machen. Dieses Mal ist es nicht nur die Farbe, sondern die Konsistenz, welche Liz Guttapercha mit dieser Farbe assoziiert. Das passt wieder so dermaßen gut, ich bin begeistert!

Liz Guttapercha ist mir übrigens auch sehr sympathisch, ich hoffe, von dieser Dame wird in den nächsten Geschichten noch zu hören sein. Über den neuen Captain kann ich naturgemäß noch nichts sagen – aber bei so einer Frau denke ich mir, dass er ebenfalls ein besonnener Mann sein dürfte.

Max:

--- Zitat von: Dahkur am 22.02.15, 07:27 ---Hier hast Du Dir ein Thema ausgesucht, an dem sich die Gemüter sicherlich heiß diskutieren können: Ab wann definiert man Leben als empfindungsfähig? Ab wann kann man es mit seinem Gewissen nicht mehr vereinbaren, das eine Leben zu vernichten, um das andere dadurch zu ernähren? Automatisch zieht Deine Gegenüberstellung von dem einzigartigen, leuchtenden Blasengebilde zu den nicht näher beschriebenen Viehherden die Aufmerksamkeit und Gedanken des Lesers natürlich auf das Blasengebilde.

Ich fand es interessant zu lesen, wie die Offiziere sich versuchen selbst davon zu überzeugen, dass die Extraktion am ehesten mit einer Art Pflanzenernte zu vergleichen ist. Wobei der Einwand, dass empfindungsfähiges Leben sich wehren würde, hier nicht ganz passend ist. Auch Pflanzen haben eine Menge an Verteidigungsmechanismen entwickelt, um sich gegen Feinde zu schützen (äußere Abwehrmechanismen wie Dornen, Einlagerung von Bitterstoffen gegen Fressfeinde, Ausschüttung von wachstumshemmenden Substanzen über den Wurzelbereich, um sich Konkurrenz vom Leib zu halten).

--- Ende Zitat ---
Wiederum Danke für Dein Feedback :)
Das Thema der Geschichte fand ich irgendwie interessant, aber ich habe auch schnell gemerkt, dass sie heikel werden könnte; vielleicht ist "Sandfarben" noch eine von den Geschichten, die in einer Romanlänge in gewissen Aspekten gewonnen hätte: Man hätte die fremde Zivilisation auch in ihrer Heimat darstellen können, sich einfach mehr Zeit lassen können, um die "Konstruktion" (denn das Porblem ist ja ziemlich konstruiert) weniger plakativ zu präsentieren. Dennoch mag ich die Idee auch für eine Kurzgeschichte.
Dein Einwand mit den Pflanzen ist vollkommen richtig. Ich glaube auch, dass die Crew irgendwie verunsichert war und deswegen nicht jede Analogie, nicht jede Vorstellung wirklich treffend war - vielleicht auch resultierend aus meinem Bestreben, da irgendwie Maßstäbe zu finden, die nicht gut funktioniert haben. Eigentlich ist das aber so oder so ja auch das Interessante an der Sci-Fi: Man sucht nach Vergleichen, ist aber vielleicht einfach einem Phänomen begegnet, dass sich den gewohnten Kriterien entzieht.


--- Zitat von: Dahkur am 22.02.15, 07:27 ---Heyse (es freut mich, dass er noch dabei ist) erscheint als  recht melancholischer Typ in dieser Geschichte. Sind es noch die Vorkommnisse von „Beige“, die bei ihm diese zurückhaltende Art ausgelöst haben? Er wirkt nicht unsicher, jedoch recht … demütig. Daher passt es auch ganz wunderbar, dass er sich Gedanken macht, die einem Captain Ligeti würdig gewesen wären. Sein ungutes Gefühl, seine vorübergehende Weigerung fortzufahren, seine schließliche Kapitulation, um dann doch noch einen Joker aus der Tasche zu ziehen … das alles hat ihn mir sehr menschlich und sympathisch gemacht.

--- Ende Zitat ---
Genau das war die Intention, nämlich dass Heyse nach "Beige" den unschuldigen Blick verloren hat. Nicht dass seine Offizierslaufbahn davor nur leichte Aufgaben für ihn bereitgehalten haben dürfte, aber ich glaube, er ist nach "Beige" einfach grüblerischer. Schade für ihn ;)
Andererseits ist das vielleicht auch noch etwas, das - es sei denn man ist James Kirk oder Seph Hunter ;) - gefehlt hat, um ihn auf das Captain-Amt vorzubereiten. In "Sandfarben" habe ich ihn allerdings auch als nicht sooooo willensstark in Erinnerung, aber ich mag auch Figuren, die nicht als Held rüberkommen, die wie aus einem Stein gehauen sind.


--- Zitat von: Dahkur am 22.02.15, 07:27 ---Dass die Lösung des Problems von der Kunstinstallation vorgeben wird, ist wieder einer dieser Schachzüge, die Deine Satyr-Geschichten so einzigartig machen. Dieses Mal ist es nicht nur die Farbe, sondern die Konsistenz, welche Liz Guttapercha mit dieser Farbe assoziiert. Das passt wieder so dermaßen gut, ich bin begeistert!

--- Ende Zitat ---
Das freut mich sehr :)


--- Zitat von: Dahkur am 22.02.15, 07:27 ---Liz Guttapercha ist mir übrigens auch sehr sympathisch, ich hoffe, von dieser Dame wird in den nächsten Geschichten noch zu hören sein. Über den neuen Captain kann ich naturgemäß noch nichts sagen – aber bei so einer Frau denke ich mir, dass er ebenfalls ein besonnener Mann sein dürfte.

--- Ende Zitat ---
Bei Liz finde ich irgendwie toll, dass sie... ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll ;) ;) Für mich soll sie in ihrer Art einfach ungemein "selbstverständlich" rüberkommen. Ich will nicht verraten, was so alles passieren wird. Rein von der Sternenflottenlogik her gedacht ist sie eine Figur, die ja keinerlei Recht hat, irgendwie in die Missionen einzugreifen - und trotzdem ist sie für mich ziemlich zentral; sie muss sich nicht aufdrängen und wird trotzdem immer wieder für die Geschichten und für die Stories von Bedeutung sein.

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