Autor Thema: Wofür es sich zu Leben lohnt - Aus der Sicht von Cyrsha  (Gelesen 4182 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Visitor5

  • Lieutenant
  • *
  • Beiträge: 3.166
Hier eine kleine Kurzgeschichte für das Sommerloch.
Ich weiß, es werden wenige Details genannt, doch es ist ja mein Ziel zu wilden Spekulationen anzuregen! Solltet ihr neugierig geworden sein dürft ihr gerne per PM anfragen, ich rücke dann mit Infos zu den Hintergründen raus.

Viel Spaß beim Lesen!

Zitat
Wofür es sich zu Leben lohnt - Cyrsha

Die Zeit drängte. Cyrsha warf einen flüchtigen Blick auf ihr Chronometer. Sie kämpfte gegen ihren hämmernden Herzschlag und zwang sich zur Ruhe. Sie ließ den Blick schweifen. Unverhofft trat ein weiß gekleideter Mann in ihren Sichtbereich, begleitet von einem leichtbekleideten Mädchen. Cyrshas Interesse war geweckt. Ein neues Gesicht. Sie musste unbedingt mehr über das Mädchen erfahren, eventuell teilte sie ja ihre Begeisterung für ihre Sache und ließ sich rekrutieren. Mit einer willigen Gehilfin würde sie ihre Operationen weiter ausbauen können und müsste sich nicht mehr auf Aktionen in abgelegenen Sektionen beschränken. Wenn jemand ihren Rücken decken würde, könnte sie näher am Geschehen ihr Werk verrichten.
Cyrsha träumte davon, plötzlich mitten auf dem öffentlichen Platz zu stehen, ihre Aktionen durchzuführen und wie ein Schatten zu verschwinden. Doch dieser kühne Plan musste warten, momentan lief eine andere, riskante Operation.
Sie durfte sich nicht ablenken lassen!

Diese Operation war perfekt abgestimmt; Sie durfte sich keinen Fehltritt erlauben, keine Sekunde zu früh oder zu spät sein. Ein weiterer, scheinbar zufälliger Blick zum Chronometer, dann legte Cyrsha ihre Hand auf das Geländer und stieg die Treppenstufen zum Forum hinab. Dies war der riskantere, doch sicherere Weg der beiden Möglichkeiten, die ihr offen standen.

Seit einiger Zeit, zwei oder drei Wochen etwa, variierte das Bewegungsmuster der Wache, aber sie konnte es sich nicht erlauben, den Truppenkörper aus den Augen zu verlieren. Würden sie nach links abbiegen, so wie sie es die meiste Zeit über taten, war alles in Ordnung, andernfalls...

Cyrsha sah sich kurz um und lief dann geradewegs zum Replimat hinüber, als sie ein gefürchtetes Gesicht erblickte. Sie schluckte, zwang sich dazu, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und ihren Weg fortzusetzen, auch wenn sie dicht an ihr vorbeilaufen musste. Sollte der Spitzel, in Gestalt der Orionerin Naresh, ihre Absicht erkennen, war die ganze Operation gescheitert! Würde sie sie aufhalten? Cyrsha schluckte einmal mehr, lief auf sie zu. Sie wusste, dass die Augen der Frau auf ihr ruhen und jede ihrer Bewegungen beobachteten, wie eine Raubkatze. Die geringste falsche Bewegung und sie wäre geliefert, Cyrsha hatte doch ihr Werkzeug dabei, ein Blick in ihr Tasche würde genügen und sie wäre geliefert! Cyrshas Herz hämmerte noch lauter. Doch sie hatte Glück, sie wurde nicht aufgehalten. Sie lief dicht an Naresh vorbei, ging dann zum Replikator und bestellte sich einen Teller mit vier Keksen. Sie hatte Glück – der Platz von dem aus sie das Geschehen beobachten konnte, war noch frei. Langsam aß sie ihre Kekse; Nicht ohne einen weiteren, flüchtigen Blick auf ihr Chronometer zu werfen.

Sie war etwas hinter ihrem Zeitplan, sieben Sekunden. Sie aß etwas schneller.
Dann kam die Patrouille. Instinktiv griff Cyrsha an den Gurt ihrer Umhängetasche. Sie hatte alles dabei, was sie benötigte. Die würden sich wundern! In genau zwei Minuten und dreiunddreißig Sekunden würde sie unverhofft in der Mitte der Soldaten auftauchen und... Cyrsha sprang auf, stellte ihren Teller zurück in den Replikator und lief schnell in die entgegengesetzte Richtung, die die zwölf Soldaten eingeschlagen hatten...

Max

  • Mod
  • Rear Admiral
  • *
  • Beiträge: 18.429
  • Adagio non molto
    • http://home.arcor.de/epgmm_trip/ST-BSB-09.html
Ein erstaunlicher kurzer Text und für mich wirklich der Beleg, dass es nicht immer Wälzer braucht, um etwas aufzubauen.

Ich finde, es ist nicht nötig, viel zu beschreiben, um Interesse zu wecken: Wenn ich einfach höre, dass es da einen weiß gekleideten Mann und ein leichtbekleidetes Mädchen gibt, reicht das für mich völlig aus, um mir da etwas vorzustellen und ich mag es einfach, wenn die eigene Phantasie nicht eingegrenzt wird.
Der Text zieht ansonsten auch viel Kraft daraus, dass man sich natürlich fragt, wie die einzelnen Zusammenhänge sind. Auch das ist aber mal wirklich ein spannender Ansatz: Jeder Leser wird sich wohl eine eigene Hintergrundgeschichte dazu zurechtlegen - tja, und nicht nur Hintergrundgeschichte... Was Cyrsha da am Ende vorhat, ist ja auch noch so eine Sache!
Meiner Meinung nach wäre es nicht unbedingt nötig gewesen, häufig auf die brisante Lage hinzuweisen; vielleicht öfter durch Körpersignale o.ä. zeigen, dass es gefährlich ist und eng wird. Aber das ändert nichts daran, dass mir das Prinzip gefällt.
Schön auch ist der schnelle Wechsel der Gemütszustände: Cyrsha führt eine Operation durch, hat aber trotzdem noch den Blick für den Mann und Mädchen, oder, noch besser, weil hier eine noch größere Diskrepanz zu spüren ist: Sie darf nicht erkannt werden, läuft an Naresh vorbei - und holt sich dann Kekse! Das hat was - und lässt auch eine Interpretation übrig, die Operation sei gar nichts Bierernstes.
So, jetzt höre ich aber mal wieder mit meinem Feedback auf, sonst wird das länger als die Geschichte ;)

Visitor5

  • Lieutenant
  • *
  • Beiträge: 3.166
Oha, du bist schon durch? Mh, na gut, war ja wirklich nicht viel zu lesen!  ;D

[...]Meiner Meinung nach wäre es nicht unbedingt nötig gewesen, häufig auf die brisante Lage hinzuweisen; vielleicht öfter durch Körpersignale o.ä. zeigen, dass es gefährlich ist und eng wird.
Das hatte ich in der ersten Version auch, aber das ließ diese "Operation" viel zu professionell wirken. Davon wollte ich abkommen.

Zitat
Schön auch ist der schnelle Wechsel der Gemütszustände: Cyrsha führt eine Operation durch, hat aber trotzdem noch den Blick für den Mann und Mädchen, oder, noch besser, weil hier eine noch größere Diskrepanz zu spüren ist: Sie darf nicht erkannt werden, läuft an Naresh vorbei - und holt sich dann Kekse! Das hat was - und lässt auch eine Interpretation übrig, die Operation sei gar nichts Bierernstes.

Da hast du dir ja kein Detail entgehen lassen...  :thumb
Derzeit arbeite ich an den 100 Antworten aus Cyrshas Sicht, ich denke, damit wird dann einiges klarer werden. Mit der Veröffentlichung werde ich allerdings noch etwas warten, das wäre ja zu einfach.

Danke für's Lesen!

Max

  • Mod
  • Rear Admiral
  • *
  • Beiträge: 18.429
  • Adagio non molto
    • http://home.arcor.de/epgmm_trip/ST-BSB-09.html
[...]Meiner Meinung nach wäre es nicht unbedingt nötig gewesen, häufig auf die brisante Lage hinzuweisen; vielleicht öfter durch Körpersignale o.ä. zeigen, dass es gefährlich ist und eng wird.
Das hatte ich in der ersten Version auch, aber das ließ diese "Operation" viel zu professionell wirken. Davon wollte ich abkommen.
Joah, ich meinte auch nicht unbedingt, dass es professioneller wirken sollte, sondern eher, dass es vielleicht noch möglich gewesen wäre, die Dramaturgie der Lage nicht nur dadurch auszudrücken, dass sozusagen vom Erzähler (der ja sehr nah an Cyrsha dran ist) gesagt wird, dass es keine Fehlertoleranz gibt, sondern noch andere Mittel zu nutzen. Als Beispiel hatte ich ja körperliche Reaktionen ins Feld geführt.

Da hast du dir ja kein Detail entgehen lassen...  :thumb
Derzeit arbeite ich an den 100 Antworten aus Cyrshas Sicht, ich denke, damit wird dann einiges klarer werden. Mit der Veröffentlichung werde ich allerdings noch etwas warten, das wäre ja zu einfach.
Das ist auch das schöne an kurzen Geschichten: Man stürzt sich auch mit Freude auf die Einzelheiten, weil sie ganz anders zur Geltung kommen.
Nähere Informationen durch das "100-Fragen-Interview" zu erhalten... ein interessanter Weg!

Danke für's Lesen!
Gern geschehen :) :)

 

TinyPortal © 2005-2019