Autor Thema: Der Indiana Jones-Schrein  (Gelesen 35053 mal)

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Der Indiana Jones-Schrein
« am: 08.12.13, 18:39 »

Es ist so weit. Der Fehdehandschuh wurde geworfen, der Schrei nach einer brutalen Lobhulderei auf eine der größten Film-Reihen aller Zeiten zu groß, um ihn noch weiter ignorieren zu können.

Mich hat der Mann mit dem Hut im Alter von sieben Jahren heimgesucht, mit auf eine Welt voller Abenteuer genommen, und seither auch nicht mehr gänzlich losgelassen. Ein fünfter Film steht vielleicht vor der Tür und schon alleine deshalb ist die Zeit reif, einmal mehr den Hut aufzusetzen, und tief in die Filme, die Serie, die Spiele, vielleicht auch die Bücher einzutauchen. In diesem Thread will der geballte Wahnsinn mit Reviews, Previews, und jeder Menge Informationen rund um den Hut entfesselt werden - vorsicht, es könnte mitreißend werden. Bindet euch fest, presst die Augenlieder zusammen, schreit wenn ihr wollt - die Lade wird nun entfesselt.

Filme:
- Jäger des verlorenen Schatzes: http://www.sf3dff.de/index.php/topic,3569.msg169741.html#msg169741
- Tempel des Todes: http://www.sf3dff.de/index.php/topic,3569.msg169822.html#msg169822
- Der letzte Kreuzzug: http://www.sf3dff.de/index.php/topic,3569.msg169887.html#msg169887
- Königreich des Kristallschädels: http://www.sf3dff.de/index.php/topic,3569.msg169981.html#msg169981


« Letzte Änderung: 14.12.13, 16:27 by Star »
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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #1 am: 08.12.13, 18:40 »

Raiders of the Lost Ark FAN TRAILER


Filmreview - Indiana Jones: Jäger des verlorenen Schatzes


Einleitung
Das muss schon eine großartige Zeit gewesen sein, damals so um die achziger, als diese beiden Genies, Spielberg und Lucas, sich im freundschaftlichen Wettstreit stets zu übertrumpfen versuchten – mit „Der weiße Hai“, „Star Wars“ und „Unheimliche Begegnung der dritten Art“. Und immer dann, wenn man gerade glaubte, es ginge nicht mehr besser, vereinten sie einfach ihre Talente, und kreierten mit „Indiana Jones: Jäger des verlorenen Schatzes (Auch: Raiders)“, einen der unvergesslichsten Filme der Traumfabrik, der später sogar noch von ihnen getoppt werden sollte.

„Raiders“ ist dabei im Grunde nichts weiter als ein reiner Abenteuerfilm, ein James Bond ohne Gadgets, der aber nicht auf die Moderne setzt, sondern auf den Serials der dreißiger und vierziger Jahre basiert, nahezu jeden Aspekt dieser Klassiker aufgreift – von den Charakteren, über die Kostüme, bis hin zum kontextlichen Hintergrund, und den absichtlich etwas billigen Effekten – und sie farblich neu auflegt.

Doch bei einer simplen Verbeugung vor diesem alten Genre bleibt es nicht – das Drehbuch, die Machart, das ganze Endprodukt, ist mehr als das romantische antippen der Hutkrempe, zum Gruß des Vergangenen. Es ist viel mehr ein zynischer, wenn man will sogar kritischer Beitrag, der einen in die Zeit zurückbringt, als die Länder der dritten Welt noch fröhlich ausgeplündert wurden, wo es aber auch noch Raum für unentdecktes, für magisches, ja für Wunder, und ja, auch für Angst gab, Angst vor Dingen, jenseits des modernen menschlichen Verständnisses, wurden doch nicht nur die Reichtümer der armen geplündert, sondern auch der mythologische Anteil ihres Kulturellen Erbes ignoriert, ein Erbe, das sich an all jenen rächen wird, denen es an der nötigen Demut mangelt.

In Kurz: Uns wird die Geschichte eines Mannes erzählt, eines heruntergekommenen, zynischen Mannes, der im Vergangenen die Magie wiederfindet, die in seinem Leben fehlt, und somit auch seine Verbindung zur Spiritualität und dadurch auch zur Menschlichkeit zurückgewinnt. Sehen wir uns das mal an.


Story
Glaube und Vergangenheit holen Indiana Jones ein, als er sich bereit erklärt, der US-Regierung dabei zu helfen, dass die Bundeslade – jener mystische Schrein, der Teile der originaltafeln mit den Zehn geboten enthalten soll -, nicht in die Hände der Nazis fällt. Indy muss dazu erst seinen früheren Mentor Abner Ravenwood ausfindig machen, der das Land vor zehn Jahren verließ. Diese Mission führt ihn auch mit seinem Erzrivalen zusammen, einem Mann vom gleichen Schlag, der seine Dienste an die Nazis verkauft hat. Und da ist natürlich die Bundeslade, deren geheimnisvoller Inhalt einst die Menschheitsgeschichte veränderte – und es vielleicht wieder vermag. Seine Suche führt Indy rund um den Globus, von Connecticut über Nepal, bis nach Ägypten und zu einer U-Boot-Basis auf einer geheimen Insel. Hier wird sich auch das Schicksal entscheiden, das Schicksal der Jäger des verlorenen Schatzes.


Artefakt
Im Film gibt es gleich mehrer Artefakte – das Idol der Chachapoya beispielsweise, das im Anfang vorkommt, der Film im Film darstellt, einem Abenteuer im Abenteuer, und Marions Medaillion. Hauptartefakt ist aber zweifellos die Bundeslade, und, auch wenn ich damit schon ein bisschen was vorwegnehme, so ist und bleibt die Bundeslade doch nicht nur das beste Artefakt der Filme, nein, es ist das beste Artefakt des gesamten Indiana Jones-Franchises. Die Lade ist ein ungeheuer schönes, mythisches Objekt, ein golden-funkelndes Ding, das von Spielberg und Co so perfekt inszeniert wird, wie es perfekter gar nicht geht. Mit wenigen, ganz subtilen Stilmitteln gelingt es Spielberg, eine Gänsehautatmosphäre zu erzeugen, die am Ende des Filmes in einem unvergleichlichen Finale kulminiert.

Das beginnt schon bei der ersten Erwähnung der Lade, wenn Indy den Herren vom Geheimdienst die Hintergründe erklärt. „Großer Gott“, heißt es da, als man der Illustration ansichtig wird, in der Blitze aus der Lade schießen. Gemeinsam mit John Williams’ „Theme of the Ark“ kann der Zuschauer bereits hier erahnen, dass da einiges auf Indiana Jones zukommt. Das ganze wird noch gesteigert, von mysteriösen Ereignissen – einem unerklärlichen Windhauch beispielsweise, der immer dann und wann mal urplötzlich auftaucht, wenn es um die Lade geht, und der so subtil ist, dass es die agierenden Charaktere nicht einmal bemerken, oder sich – noch – nichts böses dabei denken. Sei es der kleine Windhauch, der die Kerze im Raven flackern lässt, als Marion das Medallion des Ra aus der Bluse zieht, oder der sehr viel stärkere, wenn auch nur kurze Windhauch, der durch das Haus des Imam in Kairo weht, in dem Moment, als Indy und Sallah erfahren, wie sie graben müssen, um die Lade zu finden.
Diesen kleinen Warnungen folgt ein ausgewachsenes, her unheimliches Gewitter über Tanis, als Indy und Co in der Nacht die Quelle der Seelen – den Standort der Bundeslade – ausheben. Sind das noch natürliche Phänomene? Spätestens wenn die Lade sich an Bord des Frachters „Bantu Wind“ befindet, zu summen anfängt, und das Hakenkreuz auf der Kiste wegbrennt, in die man sie getan hat, wird klar, dass hier etwas übernatürliches am Werke ist. Und dieses Übernatürliche wird stärker und ist ganz und gar bösartig. Schließlich, kaum, dass die Lade geöffnet wird, bricht - wie vorgewarnt wurde - die Hölle los - Die Lade verkündet ihr finales Urteil.

Es sind diese kleinen Tricks, mit denen Spielberg und Co etwas ganz besonders aus einem Artefakt machen, das überraschenderweise schon recht früh im Film entdeckt wird. Die Gefahr, die davon ausgeht, wird so langsam zwar dem Publikum klar, nicht aber den Protagonisten, und da liegt der große Schlüssel des Erfolges der Lade, den man weiß, dass die Charaktere hier mit 180 Sachen auf eine Mauer zurasen, die sie noch nicht kommen sehen, und man will unbedingt wissen, wie die Sache ausgeht.

Befriedigender könnte das Ende dann nicht sein – die Bösen bekommen mehr als sie verdienen, und die Lade wird weggesperrt, erneut vergraben, diesmal im Wust der Moderne, der Bürokratie, in einer Halle irgendwo im nirgendwo, wo sich – potentiell ähnlich gefährliche Objekte aneinander reihen, so weit das Auge sehen kann, und schließlich, wird sie vermutlich einfach vergessen, für weitere tausend Jahre. Nicht nur ein großartiges Ende für den Film, sondern eines der besten Enden der Filmgeschichte, das Raum für Spekulationen, für Mystik, für ein Gefühl der Gefahr offen lässt, gleichzeitig, für seine Charaktere aber auch einen Abschluss bietet, der zufrieden stellt. Herrlich, perfekt, ganz großes Kino!


Indiana Jones
Wenn die Leute an Indiana Jones denken, haben sie meist einen Helden im Sinn, einen Archäologen, der seine Abenteuer mit mehr Glück als Verstand bestreitet, der aber auch immer für das Gute eintritt, Nazis verhaut und Sklaven befreit. Was aber gerne vergessen wird ist, dass Indy nicht immer so wahr, und ganz sicher nicht von Anfang an.
Erst im Laufe des zweiten, oft geschmähten „Tempel des Todes“ wächst er in diese heroische Rolle hinein. In „Jäger des verlorenen Schatzes“ hingegen ist Indy noch ein in vielen Belangen fragwürdiger Antiheld, ein Playboy, der anscheinend ein Auge auf sehr viel jüngere Frauen geworfen hat, nicht davor zurückscheut, eben jene auch mal sitzen zu lassen, wie es beispielsweise mit Marion geschehen ist, und der später in der Handlung sogar bereits ist, soweit zu gehen, eben jene Marion in den Händen der Nazis und (vorerst) ihrem eigenen Schicksal zu überlassen, damit er seine Jagd auf die Bundeslade fortsetzen kann.

Und genau das ist er hauptsächlich in diesem Film: Ein Jäger. Indy ist ein getriebener Mann, der sein Ziel vielleicht nicht über alles, aber doch über eine Ganze Menge stellt, und für den Aufgeben einfach nicht in den Sinn kommt. Das macht einerseits die Faszination der Figur aus – denn wenn er sich später daran macht, nur auf einem Pferd einen schwerbewaffneten Konvoi zu überfallen, dann hat das klar etwas bewundernswertes. Andererseits ist er aber auch nichts weiter als ein Grabräuber – auch wenn er weniger des Geldes wegen und mehr wegen des persönlichen Interesses heraus zum Jäger wird – und dabei nicht viel von Fairness oder „Ehre“ hält. So hat er auch keine Probleme einen Schwertkämpfer einfach skrupellos abzuknallen, als sich ihm die Möglichkeit bot. Überhaupt bedeuten ihm Menschenleben hier nicht sonderlich viel, seien es die seiner Gegner, oder die der Araber, deren mythologisches Erbe er bestiehlt.

Beim Sehen ist mir wieder aufgefallen, wie unglaublich schön Spielbergs Cinematographie ist, und wie gekonnt er mit dem Einsatz von Schatten und Licht dazu beiträgt, eine Menge Informationen über die Charaktere zu vermitteln. Besonders Indiana Jones ist dabei ständig ein Teil der Schattenwelt, in die er heraustritt, oder sich wieder in sie zurückzieht, um die Dunkelheit überzuziehen, wie einen geliebten Mantel. Das wird schon bei seinem ersten Einblick deutlich – zunächst sieht man ihn nur von hinten oder als Silhouette, bis er das erste Mal aus den Schatten des Dschungels halb heraustritt, um Baranca den Revolver aus der Hand zu peitschen. Das Publikum weiß nicht, wen es hier vor sich hat – einen Söldner, einen Grabräuber, einen Wissenschaftler? Zweifellos ist er ein harter Mann, mit seinem Stoppelbart und den ewig suchenden Augen. Aber ist er auch ein Held?

Ja und Nein. Indy vollführt einen gefährlichen Balanceakt, hat sich weder ganz für die eine, noch für die andere Seite entschieden. Somit bewegt er sich beständig am Rande des Abgrundes, und wie Belloq an einer Stelle so passend erkennt, bedarf es vermutlich wirklich nur eines kleinen Schupsers, um ihn zu dem zu machen, was Belloq ist.
Tief in seinem Herzen ist Indiana Jones jemand, der seinen Glauben verloren hat – Marion hat er vor vielen Jahren verloren, mit seinem einstigen Mentor Abner hat er sich deswegen zerstritten, in der Schule gerät er scheinbar öfters in Schwierigkeiten, und Belloq ist ihm ständig einen Schritt voraus. In der Lade sieht er seine Chance, endlich wieder oben auf zu sein, und er will diese Chance nicht vergehen lassen, setzt alles auf eine Karte, ignoriert die Stimme der Vernunft und schafft es mit geradezu unerhörtem Glück, sich immer noch mal ins Spiel zu bringen, selbst wenn der Sieg schon lange verloren zu sein scheint.

Er behauptet nicht an „diesen Hokuspokus“ zu glauben, der die Bundeslade umgibt, und doch ist es die Ehrfurcht vor dem Hokuspokus, die er am Ende zurückerlangt, und die ihn rechtzeitig dazu antreibt, das zu tun, was entgegen seiner bisherigen Natur war: Wegzusehen, die Augen zu schließen, sich der Neugierde und der selbstglorifizierung nicht hinzugeben, Respekt zu haben, Respekt vor den Mythen, die er bis dato noch so leichtsinnig abgetan hat, und zu glauben.

Er schafft im letzten Moment den Weg zurück auf den Pfad der Tugend. Ruhm und Reichtum sind ihm nicht vergönnt, dafür bekommt er das Mädchen. Immerhin etwas.

Gerade diese dreckige Seite ist es aber eben auch, die Indy so glaubhaft macht. Er hat seine eigenen Ziele, seine eigenen Bedürfnisse. Er ist alles andere als perfekt. Er blutet, er fühlt Schmerz, Eifersucht, Wut, aber er hat auch Ängste und Phobien. Wenn es zur obligatorischen Liebesszene kommt, schläft er ein. Dadurch ist Indy zweifellos einer der greifbarsten Helden der Filmgeschichte – und keiner weiß das so gut mit seiner Darstellung zu unterstreichen, wie der großartige Harrison Ford. Man mag sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn man wirklich Tom Selleck für die Rolle hätte gewinnen können, so wie es ursprünglich geplant war.


Side-Kicks
Marion: Wo Indy der Antiheld ist, ist Marion die Anti-Damsel in Distress… zumindest scheint es so auf den ersten Blick. Diese „Damsel“ trinkt andere unter den Tisch, raucht, flucht, und schießt sich auch mal den Weg frei, wenn es sein muss. Marion hat drive, einen eigenen Willen und einen eigenen Verstand. Sie weiß sich zu helfen – für gewöhnlich – und ist dennoch in der Lage Indy zu erden, da Marion trotz ihres vorlauten Mundwerks immer noch die Stimme der Vernunft einbringt. Ihr ist die Lade im Grunde egal, Marion will einfach nur raus aus Nepal und mit Stil zurück in die Staaten.

Sie ist ein sehr beliebter Charakter unter den Fans. Nicht zu unrecht. Dennoch muss ich zugeben, dass sie mir hin und wieder auch ein wenig zu viel schreit – gerade in der Quelle der Seelen, geht sie mir eher auf die Nerven, und retten muss man sie trotz ihrer Toughheit ja dann doch ständig, denn bei näherer Betrachtung ist sie einfach nur eine gut getarnte Damsel in Distress. Willie aus „Tempel des Todes“ ist mir etwas lieber – warum und weshalb verrate ich dann beim nächsten Review. :9

Sallah, Marcus Brody und Jock sind die treuen Freunde Indys, alle drei sehr sympathisch, alle erfüllen ihren Teil in der Handlung. Aber im Grunde nicht sooo von Belang.


Fiesewichte
Auch hier hat der Film in der gesamten Trilogie die Nase vorn, denn kein Gegner ist so gelungen, wie Rene Belloq. Das wird vor allem dadurch erreicht, dass sich Belloq gar nicht so sehr von Indy unterscheide. Er ist tatsächlich nur das schattige Spiegelbild, die andere Seite der gleichen Münze und manchmal muss man schon zweimal hinsehen, um zu erkennen, wer denn eigentlich der böse ist. Indy ist vorlaut, Belloq charmant. Indy ist oftmals dreckig und heruntergekommen, Belloq in seinen weißen Anzügen immer rein. Indy steht oft in den Schatten, Belloq stets im Licht. Er hat das gleiche – beiläufige(?) - Interesse an Marion, und er ist genauso ein Jäger, der seine Chancen nutzt, wie Indy. Viel unterscheidet die beiden wirklich nicht, und das, was er sagt, ist scharfsinnig und klug. Er funktioniert als Gegner so wunderbar, eben weil er mit dem Helden so viel gemeinsam hat, nicht weil er große Reden schwingt, oder sonderlich viel „böses“ tut, und der Unterschied zwischen den beiden wird erst am Schluss sichtbar, wo Belloq seiner eigenen Gier verfällt – und einem grausamen Schicksal entgegensehen muss. Ein sehr geerdeter, und hervorragend gespielter Fiesewicht.

Alle anderen Gegner sind da schon zweidimensionaler – Toth, der sadistische Agent mit der dreckigen Lache (herrlicher Moment, als er das scheinbare Folterinstrument zu einem Jackenbügel zusammensetzt), und die Nazis – Dietrich, Gobler, der Hüne, der im Rotor endet, und der Fahrer, der unter die Reifen kommt. Dazu natürlich noch die beiden Halsabschneider Baranca und Satipo und der einäugige Araber mit dem Affen. Allesamt gut gewählt, allesamt mit schönen, weil fiesen Filmenden.


Action
Im vergleich zum furiosen zweiten Teil, wirkt „Raiders“ geradezu behäbig. Der Film konzentriert sich lieber auf Exposition und Atmosphäre, die Action ist noch etwas seltener als in den Nachfolgern, dafür aber schon schön zünftig inszeniert, wie beispielsweise die unvergessliche Truck-Chase-Szene, die einen immer und immer wieder mitreißt. Ich habe den Film sicher schon gefühlt eine Milliarde Mal gesehen, und dennoch ist es imemer wieder spektakulär mit anzuschauen, wie Indy um den Truck kämpft, vorne rausgeschmissen wird, sich zurückarbeitet, und selten ist ein Filmmoment so befriedigend, wie der, wo Indy Gas gibt, und mit dem mächtigen Truck Belloqs kleinen Wagen auf die Pelle zu rücken. Großartig untermalt von der Musik, perfekt gefilmt, super getimt. Herrlich.


Sound
Beim Sound merkt man, dass dieser erste Indiana Jones-Film die schwelle der Perfektion noch nicht so ganz erreicht hat. Das zünftige Knallen der Waffen, das wir aus den späteren Filmen kennen, ist hier stellenweise noch lächerlich leise, zu sanft, und das berühmte „Drisch“ der Faustschläge bleibt hin und wieder sogar komplett aus. Besonders in der Schläge- und Schießerei im „Raven“ ist mir das aufgefallen, wo mitunter noch zu viel... Stille herrscht. Dadurch fehlt ein bisschen der nötige Schwung, das I-Tüpfelchen, und das zieht sich durch den ganzen Film.

Auch der Raiders-March ist noch nicht ganz so wuchtig wie im Nachfolgefilm, wirkt stellenweise sogar ein wenig behäbig. Dafür hält John Williams allerdings mit dem ungeheuer atmosphärischen Ark-Theme dagegen, und auch die Truck-Chase-Scene ist annähernd (wenn auch noch nicht ganz) perfekt untermalt.


Schlusswort:
Ich könnte noch ewig über den Film schreiben – und tue es auch, wenn ihr den Fehler macht, auf diesen Post einzugehen -, sei es die großartige Anfangssequenz mit dem rollenden Kugel, die vielen magischen Stellen, wie der Stelle im Kartenraum, oder einfach dem Ende. Aber das wird zulange.

Raiders ist ein dreckiger, harter und zynischer, dabei aber hochgradig unterhaltsamer Abenteuerfilm mit einem Artefakt, das in der Filmgeschichte bisher unerreicht ist, und einer Atmosphäre die auch heute noch begeistert (und von der sich so mancher Film mal was abschneiden könnte). Spielberg zelebriert jede einzelne Kameraeinstellung und macht den Film dadurch zur vielschichtigen Kunst. Hier und da fehlt noch ein bisschen der Feinschliff – aus heutiger Sicht wirkt der Film zuweilen gar etwas behäbig und ist nicht ganz so gut gealtert wie beispielsweise sein Nachfolger -, das macht ihn aber nicht weniger zu einem absoluten Klassiker der Filmgeschichte, einem der am besten zusammengesetzten Blockbuster aller Zeiten und ein Paradebeispiel dafür, wie man mit viel Liebe zum Detail, und des unermüdlichen Einsatzes aller beteiligten – vom Kameramann, über den Ausstatter, bis zum Setbauer -, den Zuschauer auch noch nach fast dreißig Jahren mit sich reißen kann.

Für mich wird Raiders immer in Sachen Artefakt und Atmosphäre die Nase vorn haben. Ein unvergleichlicher, storytechnisch dichter Thriller, der zwar den modernen Sehgewohnheiten nicht mehr ganz entspricht, und hier und da etwas altbacken wirkt – da muss man schon ehrlich sein -, der für mich aber nur wenig seines Charmes eingebüßt hat.

Morgen dann, der Tempel des Todes. Ein unvergleichlicher Action-Abenteuer-Horror-Spaß, der Mut zur Andersartigkeit besitzt und aus dem Grabräuber endgültig den Helden macht.
« Letzte Änderung: 08.12.13, 20:22 by Star »
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Leela

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #2 am: 08.12.13, 18:57 »
Ist der Schrein denn schon begehbar oder brauch man einen ... Multipass?

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  • Captain
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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #3 am: 08.12.13, 18:58 »
Drei Prüfungen musst du bestehen, dann darfst du hinein. Du kannst aber auch den Hintereingang nehmen und auf "Antworten" klicken. ;) :D
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Mr Ronsfield

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #4 am: 08.12.13, 19:15 »
Der Film ist für mich auf jeden Fall einer "DER" Klassiker der Filmgeschichte. Alleine die zig Szenen auf die in anderen Filmen bezug genommen wird ist beeindruckend.
Bazinga / STO:  Angus Ronsfield@MrRonsfield

"I'll be a Browncoat forever"


Leela

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #5 am: 08.12.13, 19:16 »
Jetzt.. mach ich mir doch etwas Sorgen beim Drücken des besagten Buttons!  ???

In gewisser Weise ist es schön das Du mit dem ersten Anfängst - das ist nämlich in meinen Augen auch der beste Teil der gesamtem Reihe. Zumindest mag ich ihn am meisten. ;)

Das war nicht immer so. Ursprünglich hat mir auch einmal der III am besten gefallen - wenn man sich aber etwas Zeit nimmt und etwas *hust* reifer wird, glaub ich, kann sich das umdrehen.

Der erste Film ist für mich ziemlich nah dran an einem Klassiker wie „Casablanca“. Er ist, um das Modewort zu gebrauchen, der Epischste der Filme. Auch der elegischste - der durchkomponierteste. Er zeigt Sachen die damals neu waren und... er lässt sich auch Zeit. Er baut deutlich mehr Atmosphäre auf als der dritte Teil. Der dritte Teil ist eine Achterbahn aus Spass, Dialogwitz und Actionszenen, getragen von Connery und Ford - zudem ist es ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie Salah und Brody. Und der Film hat das beste Bond-Girl. Aber zum einen wäre das alles ohne den ersten Film sehr wenig wert - zum anderen geht die rasante Achterbahnfahrt zu Lasten der Atmosphäre.
Der erster Film nimmt sich sicher etwas ernster, der dritte hingegen bricht sich zum Glück mit herrlicher Selbstironie auf - aber letztlich bringt gerade der Dritte Teil die Figuren deutlich näher an einen Comic-Figur-Status.

Der dritte Teil zehrt deutlich davon was die ersten beiden Filme aufgebaut haben. Die ursprüngliche Konzeption geht aber (nur) im ersten Teil noch voll aufgeht... Indiana Jones wirkt hier deutlich... sagen wir moralisch ambivalenter als in den anderen Teilen. Er wirkt auch gefährlicher und rücksichtsloser. Die späteren Filme haben das stark relativiert. Im prinzip hat bereits das erste Auftreten von Shorty in Teil 2 die Figur komplett entschärft. Auch die 30er Jahre Atmosphäre kommt im ersten Teil noch am besten zum tragen, etwas was im zweiten dann wegen des exotischen Schauplatzes eher untergeht und im dritten durch die Hetzjagd nicht mehr ganz so imposant daher kommt.

Alles in allem ist die Nr.1 inzwischen aus genau den Gründen auch meine Nr. 1 der Triologie. Für das echte Indy Feeling gibt sie mehr her als III - zumindest für mich. Klar kann man die Action und den Humor toppen, aber wenn ich primär solche Aspekte sehen wollte brauche ich keinen Indy sehen. Die Nr.1 hat daher meiner Meinung nach das überzeugendste Komplettpaket.



Zitat
Und ein kleiner Exkurs zur Alien-Lösung in Teil 4;

Artefakte in 1-3 waren alle „göttlich“ und funktionierten auch so. Am heiligen Gral war kein Mikroship und in der Bundeslade waren keine Plasmarückstände. Ein wesentlicher Bestandteil der Indiana Jones Filme ist also die Prämisse das da „Mehr“ ist als nur das Menschliche. Das Übernatürlich, das Göttliche - das sogar immer für „Gerechtigkeit“ wirkt. In Teil 1 vernichtet die Bundeslade nur die Bösen, in Teil 2 ähnlich die Steine des Shiva und im dritten, der Gral bringt Tod zu denen die... nicht glauben (und falsch wählen). Auch Glaube ist in allen drei Filmen ein starkes Element. In den ersten beiden Filmen wird Indiana Jones sogar nur dadurch gerettet. Würde er zB nicht an die Bundeslade glauben - würde er sich nicht abwenden.

All diesen früheren Artefakten wohnt die Idee einer übernatürlichen Ordnung und Gerechtigkeit inne. Fast schon ein wenig ein Gegenpol zu dem einst so zynischen Indiana Jones selbst.

Und noch etwas ist wichtig; Die Mächte/Ordnung greift nie von selbst in die Geschichte und Geschicke der Menschen ein - sondern erst und nur dann wenn sie gesucht, gefunden und/oder sogar heraufbeschworen wurde.

Aus jedem der drei ersten Indiana Jones Filme kann man daher mit dem latenten (guten) Gefühl und Glauben an die Möglichkeit(!) einer Göttlichen und Gerechten Ordnung herausgehen und die Filme vermitteln eine Art „Halt die Augen offen, vielleicht ist da doch mehr als Du Dir vorstellen kannst.“

Der vierte Film verlässt dieses Muster. Er verneint es nicht - aber dieser Funke ist nicht mehr da.
Das Artefakt ist nun rein technisch erklärt - es sind übermächtige Transdimensionale Wesen. Und sie sind offenbar alles andere als nett. Es spielt auch keine Rolle mehr ob man an sie glaubt oder nicht sie sind ein (Film-)Fakt. Wenn Commander Riker den heiligen gral scannt wird er dessen Wirkungsweise nicht ergründen können... Wenn er das Schiff der Ausserirdischen scannt, kann er alles plausibel durcherklären. Der mystische Funke, das "Mehr" ist verschwunden.

Und schlimmer noch, die Wesen stehen weder für eine Art Gerechtigkeit, noch Ordnung. Bestenfalls für etwas Fremdes, uns Unverständliches zu dem man keinen Zugang finden kann. Damit hat der 4. Indy ein Loch an zentraler Stelle... es geht nicht mehr um Glauben und etwas von Bedeutung (höhere Ordnung), sondern... nur noch um ein Ding. Es hätte auch ein Spaceshuttle sein können, was Indy findet. Auch das vermittelt keine Botschaft, keine Seele.
Und ich glaube das ist auch der Grund warum der 4. Teil weitgehend als leerer und seelenloser angesehen wird als die anderen drei. 

Aber es gibt noch einen weiteren Grund warum die Ausserirdischen kein Glücksgriff sind.
Indiana Jones ist immer noch ein Archäologe. Und Götter- bzw. Gottglaube passt als kulturelles und historisches Phänomen da gut dazu, sozusagen in den Filmkontext. Jeder der sich mit Archäologie beschäftigt und alte Kulturen erklären oder deuten will, wird sich früher oder später damit auseinandersetzen müssen - und auch bei den Kulturen darauf stossen. Gottglaube und Mythologie ist vielleicht sogar DER zentrale Bestandteil alter Kulturen.

Teil 1-3 haben etwas davon ins „heute“ gezogen. Die Mystik oder gar Götter der alten Zeit, die tausend Jahre lang da waren und ein Kernbestandteil der kulturellen Identität der Menschen sind - sind ins „aufgeklärte“ 20 Jhd. eingebrochen. Und das auf eine positive Weise - man denke nur daran wie sich die Bundeslade widersetzt in einer Kiste mit Hakenkreuz transportiert zu werden und... das wegbrennt. Das ist eine eindeutig moralische Aussage... Sowas kann man aber leider nicht in die transdimensionalen Wesen zu interpretieren.

Die Transdimensionalen Wesen haben weder eine kulturelle Verankerung noch eine Ausrichtung auf Archäologie/Geschichte - sie sind ein Stück Technik, ein Stück Zukunft das in die (jetzige) Welt einbricht... Mit Archäologie oder alten Kulturen haben sie nichts mehr zu tun. Sie sind keine Archäologie mehr und damit auch irgendwie raus.. aus Indys Zuständigkeit.

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  • Captain
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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #6 am: 08.12.13, 19:32 »
Das war nicht immer so. Ursprünglich hat mir auch einmal der III am besten gefallen - wenn man sich aber etwas Zeit nimmt und etwas *hust* reifer wird, glaub ich, kann sich das umdrehen.

Ja, das hat sich bei mir im Laufe der Jahre auch ein bisschen gewandelt. Ich bin durcheinander in den Genuss der Filme gekommen - ich habe zuerst den zweiten gesehen (oder sagen wir lieber, die zweite Hälfte des zweiten), dann den dritten und dann erst den ersten. Das heißt, mir wurde die Figur direkt als "Held" nahegebracht. Mit dem, ja, beinahe schon skrupellosen Indy aus Teil 1 konnte ich daher lange Zeit nicht gaaaanz so viel anfangen, auch wenn ich den Film dennoch genial fand, und der zweite war mir lange Zeit einen Tick zu... anders. Daher mochte ich den dritten am liebsten, einfach wegen der emotionalen und wunderschönen Vater-Sohn-Geschichte. Inzwischen... hat sich das ein bisschen gedreht. Ich finde natürlich alle drei gleich gut, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen, denn jeder der Filme hat seine ganz eigenen Stärken und Schwächen, aber der zweite hat sich in meiner Wahrnehmung ganz schön gemausert. Der ist am wenigsten gealtert und auch irgendwo der... abenteuerlichste. Ich gehe da morgen noch etwas näher drauf ein, und die Alien-Thematik behalte ich mir mal für das Review des vierten Teiles vor. :)
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Leela

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #7 am: 08.12.13, 19:38 »
Was ich vergessen habe und was mir in Teil 2, der für mich eher eine spezielle Geschichte ist, und Teil 3 ganz stark fehlte... waren längere Einzelszenen, die es in Raiders noch gibt und dich ich unglaublich schön finde... ZB die ganze Sache in Ägypten bis zur Entdeckung der Bundeslade... da gibt es diesen alten Muselmann in Kairo, den Salah vermittelt... da gibt es die Szenen wo Indy das Kopfstück des Ra benutzt und durch das Nazi-Asugrabungscamp schleicht... und dann die Szene wo sie noch bei Sonnenuntergang graben und man ihre Silouehtten sieht, bevor sich der Sturm zusammenzieht.
Auch zu Beginn des Filmes - wo sich der Film am Amazonas eigentlich sehr viel Zeit lässt diese Höhle zu entdecken...

Diese Szenen fehlen mir (heute) in den späteren Teilen sehr. Der erste Teil profitiert in meinen Augen immens von diesen ruhigen und kraftvollen Einstellungen und Szenen.

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #8 am: 08.12.13, 20:09 »
Diese Szenen fehlen mir (heute) in den späteren Teilen sehr. Der erste Teil profitiert in meinen Augen immens von diesen ruhigen und kraftvollen Einstellungen und Szenen.

Zumal diese Ruhe es auch erlaubt, Indy öfters bei "richtiger" archäologischer Arbeit darzustellen. Vor allem in Tanis. Beispielsweise bei den Vermessungsarbeiten, im Kartenraum, wo er noch richtig schön mit dem Notizbuch unterwegs ist, oder eben bei der Beaufsichtigung von Sallahs Arbeitern (toll auch das Buddlerlied, das angestimmt wird). Die späteren Filme haben dafür nicht mehr so viel Zeit, dort ist Indy ganz klar mehr Abenteurer als Wissenschaftler. Erst der vierte hat diesen Aspekt wieder ein bisschen zurückgebracht, wenn auch... etwas anders.
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Max

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #9 am: 08.12.13, 22:19 »
Ich muss sagen, es ist ein wenig her, dass ich die Filme gesehen habe, und aus Gründen, die ich nicht benennen kann, bin ich da nicht so "textsicher" - will sagen: ich könnte bis auf Teil III keinen einigermaßen detailiert nacherzählen.

Meine Eindrücke müssen also etwas oberflächlich und auch gegeneinander abwägend bleiben, bis ich die Filme mal wieder gesehen habe.
(Ich habe nur III und IV auf DVD  :duck)

Da es jetzt zunächst einmal um den ersten Film gehen soll:
Allein schon die Idee bedeutet alles: Ein Archäologe - endlich mal ein Film, der nicht in der Gegenwart spielt - Mystik und Action... Das sind für mich schon mal mehr als ordentliche Zutaten für einen Unterhaltungsfilm!
Hängen geblieben ist mir natürlich auch das Ende und ich sehe das wie Star: Besser geht es im Grunde nicht (auch wegen der eingängigen Musik!)

Artefakte in 1-3 waren alle „göttlich“ und funktionierten auch so. Am heiligen Gral war kein Mikroship und in der Bundeslade waren keine Plasmarückstände. Ein wesentlicher Bestandteil der Indiana Jones Filme ist also die Prämisse das da „Mehr“ ist als nur das Menschliche. Das Übernatürlich, das Göttliche - das sogar immer für „Gerechtigkeit“ wirkt. In Teil 1 vernichtet die Bundeslade nur die Bösen, in Teil 2 ähnlich die Steine des Shiva und im dritten, der Gral bringt Tod zu denen die... nicht glauben (und falsch wählen). Auch Glaube ist in allen drei Filmen ein starkes Element. In den ersten beiden Filmen wird Indiana Jones sogar nur dadurch gerettet. Würde er zB nicht an die Bundeslade glauben - würde er sich nicht abwenden.

All diesen früheren Artefakten wohnt die Idee einer übernatürlichen Ordnung und Gerechtigkeit inne. Fast schon ein wenig ein Gegenpol zu dem einst so zynischen Indiana Jones selbst.
Hmm...
Ja, aber...
Die Sache mit der Gerechtigkeit und vor allem mit dem Glauben... (Teil 2 mal außen vor, weil ich den Kern nicht wirklich kenne - im Dorf bin ich fast immer ausgestiegen) ...im Grunde "glauben" doch alle an die Macht der jeweiligen Artefakte, seien es nun Nazis oder andere Archäologen (oder Kommunisten).
Es gab im ersten Teil sicherlich ein paar Dialoge dazu, an die ich mich nicht erinnern kann, aber im Grunde ist es doch recht befremdlich, dass die Nazis an die Kraft des 'Volkes Israel' glauben.
Aber spielt die moralische Größe der Gerechtigkeit wirklich eine so große Rolle? Indy weiß um die Macht der Bundeslade, aber würden ihre "Geister" wirklich zwischen gut und böse unterscheiden, müsste er sich nicht abwenden und die Augen schließen, sondern könnte einfach darauf vertrauen und glauben, dass sie die Mächte des Bösen auf Erden töten und ihn übrig lassen werden. Merkwürdiger Weise lautet für mich die Botschaft im ersten Teil eher, dass die Mächte der Lade alle töten würden, die sie entfesseln. (Oder hätten sie Menschen jüdischen Glaubens in Ruhe gelassen, was nicht feststellbar war, weil einfach niemand dieser Glaubensrichtung zugegen war?)
Teil 2 muss ich wie gesagt außen vor lassen...
Aber in Teil 3 spielt die Gerechtigkeit auch keine wirklich große Rolle. Wenn man so will, hatte Indy einfach Glück. Glaube spielte auch nur indirekt eine Rolle, sieht man von seinem "Sprung in den Glauben" mal etwas ab. Ich hatte immer den Eindruck, Indy ginge da sehr, sehr rational an die Sache heran. Er hat das Wissen eines Wissenschaftlers und löst die Aufgaben deswegen richtig und nicht, weil er wirklich glaubt. Das gilt bis zum Schluss, als er den richtigen Kelch wählt. Zum einen wurde ihm vorgemacht, welche Sorte vielleicht falsch ist, und zum anderen stützt er sich auf sein (Fach)Wissen bzw. den gesunden Menschenverstand: Was hätte ein Zimmermann benutzt? Man hätte andere Darstellungsmittel gewählt, hätte Indy aufgrund seines Glaubens eine göttliche Eingebung gehabt. Er ist der Held des Filmes, aber von höherer Gerechtigkeit war für mich nichts zu spüren.

Und noch etwas ist wichtig; Die Mächte/Ordnung greift nie von selbst in die Geschichte und Geschicke der Menschen ein - sondern erst und nur dann wenn sie gesucht, gefunden und/oder sogar heraufbeschworen wurde.

Aus jedem der drei ersten Indiana Jones Filme kann man daher mit dem latenten (guten) Gefühl und Glauben an die Möglichkeit(!) einer Göttlichen und Gerechten Ordnung herausgehen und die Filme vermitteln eine Art „Halt die Augen offen, vielleicht ist da doch mehr als Du Dir vorstellen kannst.“
Das gilt für mich in weiten Teilen auch für den vierten Film.
Die Aliens greifen auch erst ein, nachdem man sie gesucht und den Schädel platziert hat. Davor ist ihnen alles, was Indy und die Kommunisten machen ziemlich egal. Ansonsten lag ihr Eingreifen in einer fernen Vergangenheiten - wie bei der Lade oder dem Gral.
Das Göttliche haben die Aliens nicht zu bieten, aber doch immerhin Wissen - und das kann auch mächtig sein und zum Guten benutzt werden.

Der vierte Film verlässt dieses Muster. Er verneint es nicht - aber dieser Funke ist nicht mehr da.
Das Artefakt ist nun rein technisch erklärt - es sind übermächtige Transdimensionale Wesen. Und sie sind offenbar alles andere als nett. Es spielt auch keine Rolle mehr ob man an sie glaubt oder nicht sie sind ein (Film-)Fakt. Wenn Commander Riker den heiligen gral scannt wird er dessen Wirkungsweise nicht ergründen können... Wenn er das Schiff der Ausserirdischen scannt, kann er alles plausibel durcherklären. Der mystische Funke, das "Mehr" ist verschwunden.

Und schlimmer noch, die Wesen stehen weder für eine Art Gerechtigkeit, noch Ordnung. Bestenfalls für etwas Fremdes, uns Unverständliches zu dem man keinen Zugang finden kann. Damit hat der 4. Indy ein Loch an zentraler Stelle... es geht nicht mehr um Glauben und etwas von Bedeutung (höhere Ordnung), sondern... nur noch um ein Ding. Es hätte auch ein Spaceshuttle sein können, was Indy findet. Auch das vermittelt keine Botschaft, keine Seele.
Und ich glaube das ist auch der Grund warum der 4. Teil weitgehend als leerer und seelenloser angesehen wird als die anderen drei.
Dass die Außerirdischen nicht freundlich sind... joah, das kann man so deuten. Aber ganz ehrlich: Hatten die Geister der Bundeslade einen freundlicheren Gesichtsausdruck? Nein.
So wie ich den vierten Teil in Erinnerung habe, sind nicht alle Rätsel der Aliens geklärt. Gut, man hat Ansatzpunkte, aber viel mehr als das? In jedem Fall gab es doch nichts, das von sich aus reproduzierbar wäre und deswegen bleibt die Funktion dann doch die gleiche.
Ansonsten wiederholt sich doch das Muster aus Film 1: Da ist eine Macht, die nicht reproduzierbar und für den Menschen auch nicht zu beherrschen ist. Außer, dass man ein Artefakt (die Bundeslade / den Kristallschädel) gefunden hat, bleibt den Akteuren, wenn sie - wie Indy - "richtig" handeln, nichts anderes übrig, als ihr bisschen Neuwissen zusammen zu klauben und zu verschwinden. Das Prinzip von mindestens einem Vorgänger ist auch dabei: Der Böse begeht den Fehler, zu glauben, die Situation richtig einschätzen zu können, und kommt dabei um.

Im Grunde scheint nicht der Glaube oder die Gerechtigkeit der entscheidende Faktor zu sein, sondern das Wissen und ganz speziell - wie im Teil 3 ja quasi wortwörtlich gesagt wird - das Wissen, wann man aufhören soll.

Aber es gibt noch einen weiteren Grund warum die Ausserirdischen kein Glücksgriff sind.
Indiana Jones ist immer noch ein Archäologe. Und Götter- bzw. Gottglaube passt als kulturelles und historisches Phänomen da gut dazu, sozusagen in den Filmkontext. Jeder der sich mit Archäologie beschäftigt und alte Kulturen erklären oder deuten will, wird sich früher oder später damit auseinandersetzen müssen - und auch bei den Kulturen darauf stossen. Gottglaube und Mythologie ist vielleicht sogar DER zentrale Bestandteil alter Kulturen.

Teil 1-3 haben etwas davon ins „heute“ gezogen. Die Mystik oder gar Götter der alten Zeit, die tausend Jahre lang da waren und ein Kernbestandteil der kulturellen Identität der Menschen sind - sind ins „aufgeklärte“ 20 Jhd. eingebrochen. Und das auf eine positive Weise - man denke nur daran wie sich die Bundeslade widersetzt in einer Kiste mit Hakenkreuz transportiert zu werden und... das wegbrennt. Das ist eine eindeutig moralische Aussage... Sowas kann man aber leider nicht in die transdimensionalen Wesen zu interpretieren.

Die Transdimensionalen Wesen haben weder eine kulturelle Verankerung noch eine Ausrichtung auf Archäologie/Geschichte - sie sind ein Stück Technik, ein Stück Zukunft das in die (jetzige) Welt einbricht... Mit Archäologie oder alten Kulturen haben sie nichts mehr zu tun. Sie sind keine Archäologie mehr und damit auch irgendwie raus.. aus Indys Zuständigkeit.
Wie wäre es, wenn man die Außerirdischen so interpretiert: Der Mensch ist noch nicht bereit, das fremde Wissen aufzunehmen. In ihrem Zustand wäre es wohl noch zu gefährlich. Die moralische Idee der Außerirdischen könnte dann sein, die Person, die das Wissen "einfordert" zu überfordern. Die Bundelade widersetzt sich den Nazi, das Wesen, das nicht von dieser Welt stammt, teilt sein gottgleiches Wissen nicht mit Kommunisten, die es nicht zum Wohle aller einsetzen möchten. Ob die bösen Vertreter der Ideologien jetzt schmelzen oder ihnen der Kopf platzt, ist eigentlich egal.

Die Idee mit den Außerirdischen geht von der "Stargate"-Prämisse aus. Ein wenig ungewöhnlich, aber nicht völlig aus der Luft gegriffen. Ich mochte an Indy immer auch die Seite des renomierten Professors, deswegen passen diese etwas merkwürdigen Theorien nicht ideal zu ihm. Aber die Riten alter Kulturen mit Außerirdischen in Verbindung zu bringen, ist ja durch die Nazca-Linien nicht gerade salon-fähig, aber doch populär geworden. Die Idee lag also nahe. ...und passt deswegen auch in die Archäologie-Schiene, weil es doch um das Entdecken alter Spuren geht.

Natürlich ändert das nichts daran, dass Außerirdische etwas anderes als Götter oder mythologische Artefakte sind. Aber sie passen mMn dennoch ziemlich gut, weil sie die mutige Entscheidung (die natürlich auch durch das Alter Fords nötig geworden sein könnte) ordentlich unterstützen, die Handlung in die Zeit des Kalten Kriegs zu versetzen, in der solche Area 51-Aspekte zeitlich nicht schlecht zu verorten sind.
« Letzte Änderung: 08.12.13, 22:54 by Max »

Leela

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #10 am: 09.12.13, 01:56 »
Zitat
Die Sache mit der Gerechtigkeit und vor allem mit dem Glauben... [...] ...im Grunde "glauben" doch alle an die Macht der jeweiligen Artefakte, seien es nun Nazis oder andere Archäologen (oder Kommunisten).

Es ist schöne Formulierung, die Du bringst. Die Nazis glauben an die Macht der Artefakte (also Gegenstände) - nicht an die Macht die dahinter steht (das Göttliche). Das ist wie wenn Du an die Dampflock glaubst, aber nicht zwangsläufig an die Dampfkraft. Ich glaube bis zu einem gewissen Punkt im Film trifft das auch auf Indy zu. Als Indy sich aber abwendet weiß er noch gar nichts von den Geistern. Er wendet sich ab - weil er glaubt, ahnt. Und ich glaube weil er (ich müsste es nachschlagen) eine Bibelstelle verinnerlicht hat das es gefährlich ist die Bundeslade (respektive Allmacht Gottes) von Angesicht zu Angesicht zu betrachten. Oder sagen wir so; er entscheidet sich spätestens in dem Moment zu glauben das da gleich mehr passiert...  anstatt zuzusehen und zu wissen.

Die Nazis behandeln die Lade wie ein Ding - sie machen sich sogar spöttisch lustig als Belloq ein „Jüdisches Ritual“ abhält, um der Lade irgendwelche Tricks zu entlocken.



Zitat
Aber spielt die moralische Größe der Gerechtigkeit wirklich eine so große Rolle? Indy weiß um die Macht der Bundeslade, aber würden ihre "Geister" wirklich zwischen gut und böse unterscheiden, müsste er sich nicht abwenden und die Augen schließen, sondern könnte einfach darauf vertrauen und glauben, dass sie die Mächte des Bösen auf Erden töten und ihn übrig lassen werden.

Was beim öffnen der Lade passiert, ist ungewiss. Das Indy sich abwendet habe ich stets als eine Mischung aus mehreren Dingen verstanden; Vorsicht, Vorahnung, eine gewisse Demut - vor allem aber Respekt vor einer (drohenden) Göttlichen Gegenwart und damit deren An-Erkenntnis. Sowie die Erkenntnis/das Gefühl das diese Macht vielleicht gleich die Ordnung wieder herstellt. Er ist der Lade und ihren Geheimnissen letztlich mit Respekt gegenüber getreten und hat darauf verzichtet seinen großen Rüssel in die Kiste zu stecken, um zu „wissen“. 
Er verzichtet ja sogar offenbar darauf nochmal reinzusehen als sie... allein sind, ohne Nazis. Das ist zumindest für die Figur und den Film kein relevanter Punkt mehr.

Das ist, glaube ich, eher der Punkt - der Anstand (etwas sehr moralisches) hat ihn gerettet.

In Teil 3... gibt es eine ganz ähnliche „Verzichts“ Szene, wo er auf den Gral verzichtet. Sie ist schwächer, weil ihn sein Dad da kräftig... schubsen muss. Aber insgesamt trifft er hier eine ähnliche Entscheidung. Und die „göttliche Ordnung“ stellt sich auch hier wieder her (Einsturz des Tempels). Ich bezieht mich als nur Teilweise auf Indy mit der göttlichen Gerechtigkeit - sie steckt in den gesamten Szenarien drin.

Die Wahl des Kelches passt da auch gut rein - und funktioniert genau oben wie bei der Lade; Donovan glaubt an das Artefakt als solches. Ein Artefakt das ewiges Leben verheißt und deswegen ja prächtig und glänzend daher kommen muss. Würde er mehr/eher an die Geschichte um Jesu dahinter glauben, würde ihm der Fehler nicht unterlaufen sein.


Zitat
Das Göttliche haben die Aliens nicht zu bieten, aber doch immerhin Wissen - und das kann auch mächtig sein und zum Guten benutzt werden.

Auch das ist eine schöne Formulierung. Die ersten drei Artefakte haben nur... Glauben zu bieten. Die Aliens bieten Wissen an. Ich glaube schon das das ein großer Unterschied ist.


Zitat
… und deswegen bleibt die Funktion dann doch die gleiche.

Du argumentierst sehr Drehbuch-funktionell. Für Dich bestehen die Filme offenbar mehr darin das ein Mysterium aufgebaut und dann auch noch bearbeitet wird. In dem Sinne würde es Dir zB nichts ausmachen wenn Indy auf den Monolithen aus 2001 stösst. Ich seh das (auf einer unteren Ebene) etwas differenzierter... für mich drehen sich die Filme um bestimmte mythologische Artefakte und alte Kulturen.

Vielleicht hast Du einen anderen Punkt auch besser zum Ausdruck gebracht wenn Du schreibst, „Da ist eine Macht, die nicht reproduzierbar und für den Menschen auch nicht zu beherrschen ist.“ Das meinte ich als ich schrieb; Die Mächte/Ordnung greift nie von selbst in die Geschichte und Geschicke der Menschen ein - sondern erst und nur dann wenn sie gesucht, gefunden und/oder sogar heraufbeschworen wurde.

Die Bundeslade, Shiva Steine und auch der Gral befanden und „begeben“ sich in die Hand von Menschen. Und diese bestimmen dann die weiteren Ereignisse. Die „Artefakte“ reagieren nur. Bei den Aliens ist das schon etwas anders... zum einen werden die als „Erforscher“ dargestellt und zum anderen, als man dem Chef Alien seinen Kopf zurück gibt verliert man jeglichen Einfluss auf die Ereignisse und die Typen verschwinden ins Nirgendwo... das ist nie zuvor passiert. Die Lade setzt sich in einem Lagerhaus zur Ruhe, eine Art neuer Wüstensand in dem sie wieder wartet. Der Gral... bleibt ungeklärt, aber er verschwindet auch nicht. Und die Shiva Steine werden sogar genutzt um Leben in ein Dorf zurückzubringen. Vielleicht ist das eine zu feine Unterscheidung... aber ich glaube sie ist nicht unwichtig.


Zitat
Im Grunde scheint nicht der Glaube oder die Gerechtigkeit der entscheidende Faktor zu sein, sondern das Wissen und ganz speziell - wie im Teil 3 ja quasi wortwörtlich gesagt wird - das Wissen, wann man aufhören soll.

OK, aber dann erklär  mal warum im dritten Teil der Tempel einstürzt... wenn man den Gral am großen Siegel vorbeiführt. Wie.... geht das? Mit welchem Wissen und welche Kraft wird das bewerkstelligt? Das „Wissen“ was Indy aus den ersten Teilen mitnimmt ist marginal... er beweist die Existenz der Lade indem er sie findet. Die grosse Show verpasst er. Über den Gralsmythos lernt er auch nichts neues, außer das er das Wissen seines Vaters bestätigt. Und im zweiten Teil ist es noch... dünner.  Am Ende weiß er eigentlich immer nur, das er was gefunden hat wo „Mehr“ dran hing - ohne das er es erklären kann. Um das Raumschiff und die Aliens zu erklären fehlt ihm nur technisches fortschrittliches Wissen. Um den Gral zu erklären... weitaus mehr, oder?


Zitat
Wie wäre es, wenn man die Außerirdischen so interpretiert: Der Mensch ist noch nicht bereit, das fremde Wissen aufzunehmen. In ihrem Zustand wäre es wohl noch zu gefährlich. Die moralische Idee der Außerirdischen könnte dann sein, die Person, die das Wissen "einfordert" zu überfordern.

Das halte ich für eine sehr - wagemutige Interpretation. Die Aliens hätten auch so alle vor die Tür setzen und verschwinden können. Es bestand nicht die geringste Notwendigkeit Spalkov(?) zu vernichten. Für mich sieht es übrigens sogar so aus als hätte das Alien eine gewisse Genugtuung bis Spass dabei.


Zitat
Aber die Riten alter Kulturen mit Außerirdischen in Verbindung zu bringen, ist ja durch die Nazca-Linien nicht gerade salon-fähig, aber doch populär geworden. Die Idee lag also nahe. ...und passt deswegen auch in die Archäologie-Schiene, weil es doch um das Entdecken alter Spuren geht.

Aber damit... entwertest Du die Kulturen und ihre Mythologie. Ich meine, wenn Indy auf dem Olymp nun ein Raumschiff findet und herausbekommt das Zeus eigentlich ein Alien vom Orion war... damit ist die komplette Griechische Mythologie dahin. Und die Kultur die sich solche Hilfskonstrukte aufgebaut hat auch. Die komplette zivilisatorische und kulturelle Leistung geht... den Bach runter. Kein Indy Film zuvor hat das getan. Die Artefakte und vor allem die dahinterstehenden Religionen und Völker wurden ernst genommen - und stehen gelassen.

Stargate ist ein Parade-Gegen-beispiel. Von einer 5000 Jahre alten Hochzivilisation, deren Bauwerke noch heute stehen und die ein Reich hatten was fast 3000 Jahre, und damit länger als jedes andere, existierte und seiner ausgefallenen vielfältigen Mythologie blieb was übrig? Außerirdische mit Rüstungen, die sich diese Leute als Sklaven hielten. Ich bin nicht sicher wie man eine alte Kultur filmisch noch mehr einstampfen kann....


Zitat
Aber sie passen mMn dennoch ziemlich gut, weil sie die mutige Entscheidung (die natürlich auch durch das Alter Fords nötig geworden sein könnte) ordentlich unterstützen, die Handlung in die Zeit des Kalten Kriegs zu versetzen, in der solche Area 51-Aspekte zeitlich nicht schlecht zu verorten sind.

Hier warte ich mal mit der Antwort bis zu Stars 4er Review. ;)

Max

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #11 am: 09.12.13, 12:17 »
Es ist schöne Formulierung, die Du bringst. Die Nazis glauben an die Macht der Artefakte (also Gegenstände) - nicht an die Macht die dahinter steht (das Göttliche). Das ist wie wenn Du an die Dampflock glaubst, aber nicht zwangsläufig an die Dampfkraft. Ich glaube bis zu einem gewissen Punkt im Film trifft das auch auf Indy zu. Als Indy sich aber abwendet weiß er noch gar nichts von den Geistern. Er wendet sich ab - weil er glaubt, ahnt. Und ich glaube weil er (ich müsste es nachschlagen) eine Bibelstelle verinnerlicht hat das es gefährlich ist die Bundeslade (respektive Allmacht Gottes) von Angesicht zu Angesicht zu betrachten. Oder sagen wir so; er entscheidet sich spätestens in dem Moment zu glauben das da gleich mehr passiert...  anstatt zuzusehen und zu wissen.

Die Nazis behandeln die Lade wie ein Ding - sie machen sich sogar spöttisch lustig als Belloq ein „Jüdisches Ritual“ abhält, um der Lade irgendwelche Tricks zu entlocken.
Ich glaube, wir sind uns hier schon ein wenig einig ;) Ich denke nämlich auch, dass Indy nämlich wirklich nicht den Tiefen glauben besitzt.
Du hast geschrieben: Er entscheidet sich [...] zu glauben. Das ist auch eine interessante Formulierung! Echter Glaube, so schätze ich die Lage ein, entsteht anders. Natürlich kann man sich auch entscheiden, zu glauben. Aber das ist dann ein Ansatz, bei dem der Verstand abwägt, es sei besser, einem Glauben gemäß zu reagieren.

Insgesamt ist es für mich (trotzdem auch) merkwürdig, dass die Nazis an die Macht der Artefakte glauben, wenn sie die Macht, die dahinter steht, nicht ernst nehmen. Was glauben sie denn, woher das Artefakt seine Kraft bezieht? (Obacht: eine Art Technik?).

Was beim öffnen der Lade passiert, ist ungewiss. Das Indy sich abwendet habe ich stets als eine Mischung aus mehreren Dingen verstanden; Vorsicht, Vorahnung, eine gewisse Demut - vor allem aber Respekt vor einer (drohenden) Göttlichen Gegenwart und damit deren An-Erkenntnis. Sowie die Erkenntnis/das Gefühl das diese Macht vielleicht gleich die Ordnung wieder herstellt. Er ist der Lade und ihren Geheimnissen letztlich mit Respekt gegenüber getreten und hat darauf verzichtet seinen großen Rüssel in die Kiste zu stecken, um zu „wissen“. 
Er verzichtet ja sogar offenbar darauf nochmal reinzusehen als sie... allein sind, ohne Nazis. Das ist zumindest für die Figur und den Film kein relevanter Punkt mehr.

Das ist, glaube ich, eher der Punkt - der Anstand (etwas sehr moralisches) hat ihn gerettet.

In Teil 3... gibt es eine ganz ähnliche „Verzichts“ Szene, wo er auf den Gral verzichtet. Sie ist schwächer, weil ihn sein Dad da kräftig... schubsen muss. Aber insgesamt trifft er hier eine ähnliche Entscheidung. Und die „göttliche Ordnung“ stellt sich auch hier wieder her (Einsturz des Tempels). Ich bezieht mich als nur Teilweise auf Indy mit der göttlichen Gerechtigkeit - sie steckt in den gesamten Szenarien drin.

Die Wahl des Kelches passt da auch gut rein - und funktioniert genau oben wie bei der Lade; Donovan glaubt an das Artefakt als solches. Ein Artefakt das ewiges Leben verheißt und deswegen ja prächtig und glänzend daher kommen muss. Würde er mehr/eher an die Geschichte um Jesu dahinter glauben, würde ihm der Fehler nicht unterlaufen sein.
Ein sehr schöner Aspekt: Indy hat Respekt vor dem Göttlichen, erkennt es an. Diese Deutung gefällt mir.
Das Problem, das ich hier dann aber weiter sehe, ist, dass ich den Eindruck im ersten Film bekommen muss, man dürfe sich den göttlichen Kräften gar nicht nähern; so als bedeute es den Tod, ihre Gegenwart zu fühlen. Für mich ist es dann fraglich, dass mit der göttlichen Gerechtigkeit in Verbindung zu bringen - es sei denn, man sehe die Kraft der Bundelasde wirklich in Verbindung mit dem Gott des Volkes Israel, der auch wirklich nur dieses Volk beschützen würde. Natprlich kann man auch sagen, dass es im Göttlichen auch immer eine Grenze, ein Tabu gibt. Dass Gott es also auch den Gläubigen verbietet, eine Grenze überschreiten. Hmm.

Merkwürdig ist das schon mit Indy: An sich liebe ich den Standardsatz "Das gehört in ein Museum"! :D
Man kann sich aber dennoch irgendwie die Frage stellen, was diese ganzen Artefakte für ihn bedeuten und hier sind wir wieder bei seiner ambivalenten Stellung, auch zwischen Wissenschaft und Glauben.
Zum einen ist er Wissenschaftler: Dazu gehört nun einmal, etwas zu entzaubern. Was übrig bleibt, ist oft genug "nur" Wissen. Und was ist Indys Sehnsucht, Altes dem Museum zuzuführen? Der altruistische Wunsch, alle könnten daran teilhaben?
Die Teilhabe ist entweder mit dem Wissen (das das Objekt entzaubert hat) verknüpft - oder aber mit dem Glauben. Aber was bringt dieser Glaube, wenn er immer nur den Verzicht bedeutet? Ich verstehe den Punkt mit dem göttlichen Tabu, mit dem Respekt (der aber auch dann so richtig zum Tragen kommt, wenn man Außenstehender, also eben nicht Gläubiger ist, das darf man nicht vergessen!). Aber gehört zum Glauben - vor allem auch zum archaischen Glauben! - nicht das direkte Erfahren?
Der Verzicht erscheint nur dann sinnvoll, wenn man sich vor Augen hält, dass die Zeit, in der die Artefakte wirklich für die Anhänger erfahrbar sein durften, so ziemlich ein für allemal vorbei sind. Was sind die Artefakt dann aber? Aus der Zeit gefallen. Ja, das ist aber nicht unbedingt unpassend, weil es anzeigen kann, dass die Entdecker nicht mehr mit der Kraft umgehen können. Dennoch bezweifel ich, dass man es dann mit Kategorien wie Gerechtigkeit oder Glauben behandeln kann, weil diese beiden Faktoren dann eben auch nicht mit dem Kontext des Artefakts zusammenpassen.

Was den Gral anbelangt: Ich sehe hier weiterhin weniger Glauben als Wissen! Fast könnte man sagen, dass Donovans Problem gerade der Glaube ist: Er glaubt an Jesus als den Sohn des Schöpfers, er glaubt an Jesus als eine Art Herrscher, König des Himmelreichs und deswegen muss der Kelch für ihn prächtig sein. Indy geht da weitaus pragmatischer, realistischer, abgeklärter an die Sache; mit Wissen, nicht mit Glauben. Natürlich geht auch er von der Wundertätigkeit des Grals aus (gezwungener Maßen). Also wenn, dann ist Indys Vorteil also, sich vom Glauben nicht blenden zu lassen und wieder zu seiner Fachkenntnis zurückzufinden.
Ob hier der Verzicht ein Teil eines Glaubens ist, der dann Indy irgendwie als Christen definiert, ist für mich zweifelhaft. Ich sehe auch hier wieder das Unverständnis aber die nicht mit Gefühlen des Glaubens verbundene Anerkenntnis des Göttlichen bei Indy am Werk: Er ist vom Gral nicht aus Glaubensgründen fasziniert. Jedenfalls wäre es mir entgangen, dass er ihn retten will, um damit Gott nahe zu sein.

Auch das ist eine schöne Formulierung. Die ersten drei Artefakte haben nur... Glauben zu bieten. Die Aliens bieten Wissen an. Ich glaube schon das das ein großer Unterschied ist.
Ja, das stimmt schon. Es besteht schon ein Unterschied.
Verbindend könnte sein, dass die Beteiligten (hmm, nun, die Bösen) sowohl Glauben als auch Wissen für sich ganz praktisch nutzen möchten.
Aber wie gesagt: Ich gebe Dir Recht, im Einzelnen ist der Unterschied groß.
Für mich, da bin ich ehrlich, fand ich es nicht soooo schlimm, dass es hier eine Akzentverschiebung gab. Nach drei Filmen ist es vielleicht in Ordnung, mit dem Muster zu brechen (obwohl das Prinzip eben ähnlich ist), wobei ich schon auch sagen muss, dass ich mit einem anderen 'Artefakt' gut hätte leben können und verstehe, warum Puristen die Alien-Idee nicht mochten.

Du argumentierst sehr Drehbuch-funktionell. Für Dich bestehen die Filme offenbar mehr darin das ein Mysterium aufgebaut und dann auch noch bearbeitet wird. In dem Sinne würde es Dir zB nichts ausmachen wenn Indy auf den Monolithen aus 2001 stösst. Ich seh das (auf einer unteren Ebene) etwas differenzierter... für mich drehen sich die Filme um bestimmte mythologische Artefakte und alte Kulturen.
Das finde ich sehr schön (für Dich), weil ich da herauslese, dass es die Filme bei Dir erreicht haben, über die eigentliche Unterhaltungsfunktion hinaus die Faszination für die archaischen Kulturen und ihre Mythen und insgesamt den Glauben enorm zu befeuern; jedenfalls so weit, dass Du den Hintergrund der angesprochenen Legende relativ ernst nimmt. Das hat bei mir halt nur bedingt so gut geklappt und deswegen kann es natürlich schon sein, dass ich Indy (mehr als vielleicht SciFi oder speziell so etwas wie TNG) eher unter der Maßgabe der Unterhaltungsfilme sehe - und da glaube ich schon, dass die "Indiana Jones"-Drehbücher schon so "komponiert" sind, dass sie ganz pragmatisch und funktional beim Zuschauer eine gewisse Reaktion auslösen sollen. (Mystik, ja, Grusel ist dabei, mMn auch ein leichter Ekel, aber natürlich auch Humor und Action).
Für Auseinandersetzungen mit alten Kultur würde ich eher zu gewissen Büchern oder dctp-Formaten greifen, obwohl das auch nicht wirklich emotional wird ;)

Vielleicht hast Du einen anderen Punkt auch besser zum Ausdruck gebracht wenn Du schreibst, „Da ist eine Macht, die nicht reproduzierbar und für den Menschen auch nicht zu beherrschen ist.“ Das meinte ich als ich schrieb; Die Mächte/Ordnung greift nie von selbst in die Geschichte und Geschicke der Menschen ein - sondern erst und nur dann wenn sie gesucht, gefunden und/oder sogar heraufbeschworen wurde.

Die Bundeslade, Shiva Steine und auch der Gral befanden und „begeben“ sich in die Hand von Menschen. Und diese bestimmen dann die weiteren Ereignisse. Die „Artefakte“ reagieren nur. Bei den Aliens ist das schon etwas anders... zum einen werden die als „Erforscher“ dargestellt und zum anderen, als man dem Chef Alien seinen Kopf zurück gibt verliert man jeglichen Einfluss auf die Ereignisse und die Typen verschwinden ins Nirgendwo... das ist nie zuvor passiert. Die Lade setzt sich in einem Lagerhaus zur Ruhe, eine Art neuer Wüstensand in dem sie wieder wartet. Der Gral... bleibt ungeklärt, aber er verschwindet auch nicht. Und die Shiva Steine werden sogar genutzt um Leben in ein Dorf zurückzubringen. Vielleicht ist das eine zu feine Unterscheidung... aber ich glaube sie ist nicht unwichtig.
Interessant.
Aber na ja,... Die Aliens werden auch erst aktiv, nachdem der Schädel zurückgesetzt wurde. das ist doch analog zu den anderen Artefakten: Die Lade macht selbst im Grunde nichts, ehe man sie öffnet, der Gral entfaltet seine Wirkung auch erst, nachdem man ihn genommen, mit Wasser gefüllt und daraus getrunken hat (oder ihn übers Siegel trägt). Davor "schliefen" die Kräfte der Artefakte genauso wie die der Außerirdischen seit der Zeit, wo beide in den Kulturen ganz praktisch eine Rolle hatten.
Dass die Außerirdischen verschwinden, ist fast konsequent: Es gibt niemanden mehr auf der Erde, der sie in einem Kult anbetet. Ihre Zeit ist vorbei - wenn es um die Frage des Glaubens (und nur bedingt um das Wissen) geht.
(Im Übrigen gilt der Gral für mich schon so ein wenig als verloren).

OK, aber dann erklär  mal warum im dritten Teil der Tempel einstürzt... wenn man den Gral am großen Siegel vorbeiführt. Wie.... geht das? Mit welchem Wissen und welche Kraft wird das bewerkstelligt? Das „Wissen“ was Indy aus den ersten Teilen mitnimmt ist marginal... er beweist die Existenz der Lade indem er sie findet. Die grosse Show verpasst er. Über den Gralsmythos lernt er auch nichts neues, außer das er das Wissen seines Vaters bestätigt. Und im zweiten Teil ist es noch... dünner.  Am Ende weiß er eigentlich immer nur, das er was gefunden hat wo „Mehr“ dran hing - ohne das er es erklären kann. Um das Raumschiff und die Aliens zu erklären fehlt ihm nur technisches fortschrittliches Wissen. Um den Gral zu erklären... weitaus mehr, oder?
Es ist ein Phänomen der Filme, dass Indy am Ende praktisch nie etwas in Händen hält und nur die Existenz bewiesen hat, ohne dass das jeweilige Objekt darüber hinaus noch groß wirken könnte. Man darf das eigentlich auch durchaus als frustrierend empfinden. Und aus Glaubenssicht kann man zwar nicht sagen "Gott ist tot", aber doch zumindest: Gott ist für uns nicht mehr "greifbar". Das ist doch wirklich eine frustrierende Botschaft, weil wir aus den Entdeckungen lernen müssen, dass das Göttliche als Kraft existiert, uns aber nicht mehr wirklich zugänglich ist, weil es uns entweder tötet oder nur so eingeschränkt funktioniert, dass wir daraus doch auch nicht viel ziehen können. Wie gesagt, Teil 2 kenne ich nicht, aber Teil 3... Gut, dass Indys Vater gestorben ist, ist dann ein Fehler von Film 4 und nicht von Teil 3 - insofern muss ich meine Aussage vielleicht ein wenig einschränken. Dennoch ist es meiner Wahrnehmung nach ein Prinzip der Reihe, dass das Göttliche zwar vorgeführt wird, aber es sich auch zeigt, dass es nicht mehr in die Welt von Indy passen kann.

Übrigens fehlt mir hier auch wieder so ein wenig die echte Faszination für die Materie, die mich, joah, "glauben ließe": Dass der Gral nicht übers Siegel geführt werden darf, ist für mich ein Punkt, der nur den Schluss des Plots erklären soll.

Das halte ich für eine sehr - wagemutige Interpretation. Die Aliens hätten auch so alle vor die Tür setzen und verschwinden können. Es bestand nicht die geringste Notwendigkeit Spalkov(?) zu vernichten. Für mich sieht es übrigens sogar so aus als hätte das Alien eine gewisse Genugtuung bis Spass dabei.
Ganz ehrlich: Da finde ich es eigentlich deutlich alberner, dass der falsche Kelch den Tod bringt. Auch die Geister der Lade hätten die Bösen ignorieren können.
Die Außerirdischen werden leicht in die Richtung der gerechten, weisen Wesen gerückt, indem sie - das ist auch recht göttlich (würde die positive Seite nicht oft ausgeblendet) - strafen.
Ob das Alien dabei nun Spaß hatte oder nicht, ja, klar, das kann man schon so sehen. Den großen Unterschied zu den Geistern der Bundeslade sehe ich im Verhalten selbst aber nicht. Die jeweiligen Bösen sind nicht die korrekten Adressaten, das jeweils Mächtige entspricht eher dem Prinzip des Strafenden und nicht des Gütigen. Wenn die Lade die Ungläubigen zerstrahlt, wenn ein falscher Gral den Trinkenden qualvoll in Sekunden altern lässt, warum sollten dann nicht auch die Wesen, die nicht von unserer Welt sind, das Hirn des Wissbegierigen, der nicht dafür bereit war, nicht auch skrupellos überfüttern? Passt doch ins Schema.

(Außerdem: Vielleicht hat das Wesen auch nur Spaß am Kontakt ;) :D)

Aber damit... entwertest Du die Kulturen und ihre Mythologie. Ich meine, wenn Indy auf dem Olymp nun ein Raumschiff findet und herausbekommt das Zeus eigentlich ein Alien vom Orion war... damit ist die komplette Griechische Mythologie dahin. Und die Kultur die sich solche Hilfskonstrukte aufgebaut hat auch. Die komplette zivilisatorische und kulturelle Leistung geht... den Bach runter. Kein Indy Film zuvor hat das getan. Die Artefakte und vor allem die dahinterstehenden Religionen und Völker wurden ernst genommen - und stehen gelassen.
Das ist keine pauschal zu beantwortende Frage.
Die "Indiana Jones"-Filme beziehen an sich (gut, von mir außen lassen wir Teil 4 außen vor) ganz klar Stellung, indem sie das Göttliche als Wirkprinzip bejahen.
Teil 4 wählt einen Weg, der sich von den ersten drei Filmen unterscheidet, die Frage ist bloß, ob das bedeutet, dass wirklich alle Mythen abgewertet werden. Die Bundeslade bleibt doch dessen ungeachtet Bundeslade. So wenig greifbar wie die Außerirdischen sind und auch wie sie sich verhalten, sind ihre Handlungen dann aber wieder so gottähnlich, dass es im Filmkontext schon funktioniert.
Eine weitere Frage kann sein, ob eine Kultur nur dann etwas wert ist, wenn sie eine Mythologie aufgebaut hat, die auf etwas, das per se nicht verständlich ist, gründet.
Wenn ein Mythos auf Unmündigkeit basiert, ist das auch so eine Sache...
...Ist es keine kulturelle Leistung mehr, nur weil sich Jahrhunderte später ein Wunder etwas entzaubert? Wichtig ist doch vielleicht eher der Horizont, aus dem heraus der Kult entstand.
...Die Filme propagieren ja fast den Standpunkt, man solle nicht nur Verzicht über, sondern stellen sich auch dem Bild entgegen, der Mensch könne die Welt kontrollieren. Das ist ein interessanter Ansatz.

Zu diesem Aspekt würde ich vielleicht gerne noch was schreiben. Aber mir fehlt leider die Zeit ;) :( Nun gut, soviel also für den Moment.
« Letzte Änderung: 09.12.13, 12:19 by Max »

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #12 am: 09.12.13, 13:19 »
Insgesamt ist es für mich (trotzdem auch) merkwürdig, dass die Nazis an die Macht der Artefakte glauben.

Aber woher nimmst du den Eindruck, dass sie das tun? Der US-Geheimdienstler sagt am Anfang von Raiders, dass Hilter besessen sei vom Okkulten. Ob er nun wirklich an die göttliche Macht glaubt, die hinter Objekten wie der Bundeslade steht, oder ob er lediglich dem symbolischen Bedeutung schenkt ("Eine Armee, die die Lade vor sich herträgt, ist unbesiegbar"), um damit die Araber zu unterwerfen, bleibt offen. Die im Film dargestellten Nazis glauben aber nicht wirklich an die Mission. Major Dietrich, der Truppenführer zeigt sich jedenfalls ziemlich gelangweilt. Er ist Soldat, er erfüllt seine Pflicht, aber die Tanis-Ausgrabung versetzt ihn nun wirklich nicht in Begeisterung, und dem jüdischen Ritual am Schluss, das ihm zuwieder ist, stimmt er im Grunde auch nur deshalb zu, weil Belloq als Grabungsleiter im Grunde viele... Freiheiten hat. Immerhin liefert er Ergebnisse. Gobler, Dietrichs Stellvertreter ist sicher auch nicht gläubig, und Toth, der mann in Schwarz gewiss auch nicht. Es ist Belloq, der an die Lade glaubt - aber er will sie für sich. Die Nazis sind für ihn nur Mittel zum Zweck.

Dasselbe geschieht im dritten Teil. Da ist es nur Donavan, der an die Kräfte des Grals glaubt. Er wird alt, er merkt, dass er zwar reichtum anhäufen, ihn aber nicht mitnehmen kann. Er will glauben. In Elsa hat er eine Beraterin, die nur so tut, als würde sie an die Kräfte glaubt, in Wahrheit denkt sie, sie würde mit dem Gral einfach nur einen tollen Fang machen. Und Sturmbandführer Vogel ist auch nur ein brutaler Kerl, der für den Gral selbst nichts übrig hat, sondern nur dafür, seine Mission zu erfüllen - sprich, Hilter den Gral zu bringen.

So ganz aus dem Hut gegriffen, ist Hitlers angebliches Interesse ja nicht. Himmler, und einigen anderen sagt man ja durchaus ein Interesse am Okkulten nach, und Hitler selbst hat sich immerin für Auserwählt gehalten - oder das behauptet.

Zitat
Ein sehr schöner Aspekt: Indy hat Respekt vor dem Göttlichen, erkennt es an. Diese Deutung gefällt mir.

Ich würde auch sagen, dass es mehr um Demut als um Gerechtigkeit geht (habe ich aber auch so im Review geschrieben :P). Die zivilisierte Welt hat keinen Demut vor den Schätzen, die sie anderen stehlen - und es ist Diebstahl. Der "Das gehört in ein Museum"-Jones kommt erst im dritten Teil zu tage, in den ersten beiden Filmen ist er mehr Grabräuber als sonst was, es geht ihm um den Thrill, um Ruhm und Reichtum. Und warum auch nicht? Bis dato hat er ja keinen Grund Angst oder gar Respekt vor diesen Dingen zu haben - Vorsichtig ist er, um den weltlichen FAllen zu entgehen, die aufgestellt wurden. Aber die Objekte selbst?

Und dann gerät er an die Lade. Das ist zunächst auch nur ein toller Fang für ihn, der oberste Sieg. Aber an der Lade ist halt mal mehr dran - das kann er ja nicht ahnen, und die Hinweise (Die Legenden, der Wind, das Gewitter, die angebrannte Kiste), entgehen ihm lange Zeit. Bei all seiner Weisheit, sind es die Araber, die wissen, dass die Lade in Ruhe gelassen werden sollte, nicht Indy. Sallah, sagt, dass sie nicht von dieser Welt sei, und nicht entdeckt werden sollte. Dass er Indy dennoch hilft, ist ein Beweis für seine Treuherzigkeit. Selbst der Imam warnt davor, die Lade zu öffnen. Diese Kulturen, auf die sowohl die Nazis, als auch teilweise Indy selbst etwas arrogant herabsehen, wissen wovon sie sprechen. Die neue, westliche Welt weiß es nicht.
Der Lade, dem göttlichen, wird nicht mit Respekt, sondern mit Arroganz begegnet, mit dem glauben, man könne sie für sich Kunststücke vollführen lassen, und diese Frevelei wird mit brutaler Gewalt beantwortet. Nun ist gottes Zorn aber anscheinend nicht maßlos - Indy und Marion verschließen die Augen, sie zeigen Demut und werden verschont. Das göttliche ist hier ganz und gar nicht sanft. Aber "Sanftheit" ist auch nicht unbedingt der Eindruck, den man durch die Bibel vermittelt bekommt, glaube ich, von daher passt das schon. Übermäßig Rachsüchtig scheint diese Macht ja dann trotzdem nicht zu sein. Andernfalls hätten Indy und Marion die Sache nicht überlebt.

Zitat
Der altruistische Wunsch, alle könnten daran teilhaben?

Den altruismus gewinnt er erst im dritten Film. Habe ich aber auch angesprochen :P

Zitat
Was sind die Artefakt dann aber? Aus der Zeit gefallen. Ja, das ist aber nicht unbedingt unpassend, weil es anzeigen kann, dass die Entdecker nicht mehr mit der Kraft umgehen können.

Was einen dann zu der interessanten Ansicht bringt, dass vielleicht nicht diese Artefakte aus der Zeit gefallen sind, sondern die neuen, und sicher auch vergänglichen Kulturen. Belloq sagt es so schön: "Sie und ich, wir beide gehen einfach so durch die Geschichte. Aber DAS [zeigt auf die Lade], das IST Geschichte."

Das macht auch das spannende Ende von Raiders aus. Die Lade wird nicht vernichtet, sie wird erneut vergraben, ihre "Entdeckung", um weitere Tausend Jahre verzögert. Aber sie ist noch da. Ihre Geschichte geht weiter, und was wir gesehen haben, war lediglich eine weitere kleine Episode.

Zitat
Was den Gral anbelangt: Ich sehe hier weiterhin weniger Glauben als Wissen! Fast könnte man sagen, dass Donovans Problem gerade der Glaube ist: Er glaubt an Jesus als den Sohn des Schöpfers, er glaubt an Jesus als eine Art Herrscher, König des Himmelreichs und deswegen muss der Kelch für ihn prächtig sein.

Donavan glaubt nur an sich selbst. Er will nicht altern - wer will das schon? Er möchte den Jungbrunnen für sich gewinnen, und dafür ist er bereit eine Menge zu behaupten.
Zitat
Ob hier der Verzicht ein Teil eines Glaubens ist, der dann Indy irgendwie als Christen definiert, ist für mich zweifelhaft. Ich sehe auch hier wieder das Unverständnis aber die nicht mit Gefühlen des Glaubens verbundene Anerkenntnis des Göttlichen bei Indy am Werk: Er ist vom Gral nicht aus Glaubensgründen fasziniert. Jedenfalls wäre es mir entgangen, dass er ihn retten will, um damit Gott nahe zu sein.

Also als Christen habe ich Indy auch nie gesehen. Ich denke, dass er später in seinem Leben begriffen hat, dass es Dinge gibt, die er mit der Alltagswissenschaft nicht erklären kann - aber gerade deshalb ist er ja auch Wissenschaftler.


Für mich, da bin ich ehrlich, fand ich es nicht soooo schlimm, dass es hier eine Akzentverschiebung gab. Nach drei Filmen ist es vielleicht in Ordnung, mit dem Muster zu brechen (obwohl das Prinzip eben ähnlich ist), wobei ich schon auch sagen muss, dass ich mit einem anderen 'Artefakt' gut hätte leben können und verstehe, warum Puristen die Alien-Idee nicht mochten.

Ich kann für keine Puristen sprechen. Ich hoffe ich bin keiner. Mit den Aliens habe ich auch keine Probleme. Eine Akzentverschiebung ist nur natürlich, und eigentlich war ich auch froh, dass man durchaus etwas gewagt hat. Das Problem liegt eher in der horrend schlechten Ausführung und Umsetzung, aber darauf gehe ich dann in meinem Review genauer ein, dann... wird es vielleicht etwas verständlicher.

Zitat
Das ist doch wirklich eine frustrierende Botschaft, weil wir aus den Entdeckungen lernen müssen, dass das Göttliche als Kraft existiert, uns aber nicht mehr wirklich zugänglich ist, weil es uns entweder tötet oder nur so eingeschränkt funktioniert, dass wir daraus doch auch nicht viel ziehen können.

Dass dieses Göttliche nicht mehr wirklich zugänglich ist, liegt aber doch eher am Menschen, der in seiner Anmaßung glaubt, damit umspringen und für sich Vorteile herausholen zu können, wie es ihm beliebt. Indy hat das göttliche immerhin angewandt bekommen - er konnte die Macht der Sankara-Steine entfesseln, und er konnte seinem Vater mit dem Gral das Leben zurückbringen. Die Sankara-Steine bringen überdies anscheinend eine Menge Leben in das Dorf Mayapore, sie sind also nicht gewaltsam. Und auch der Gral hat es immerhin dem Gralsritter erlaubt, furchtbar alt zu werden. Ihre Macht ist dem Menschen durchaus noch zugänglich, aber eben nur jenen, die Demut vor der Gewalt haben, die sie dort in den Händen halten.

Das ist so ein bisschen wie in Jurassic Park, wo Hammond und Co die Saurier patentieren lassen, wie Ian Malcolm es so schön ausdrückt. Sie gehen ohne Respekt an die Sache heran, und das rächt sich.

Dass Indys Vater gestorben ist, hat nichts mit dem Gral zu tun - er verlängert das Leben, aber dafür muss man sich anscheinend in seiner Nähe befinden (das Siegel nicht überschreiten), oder regelmäßig davon trinken. Aber die Heilung der Schusswunde war dennoch von Dauer. Es ist nicht so, dass Indy jetzt unsterblich wäre. Das... verstehen die meisten Zuschauer falsch ;)
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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #13 am: 09.12.13, 13:48 »
Das die Nazis an die Macht der Artefakte glaubten, ist sogar eine historische Tatsache. Besonders Heinrich Himmler war sehr okkult eingestellt. Die Nazis in Indiana Jones basieren auch auf der sogenannten "Aktion Ahnenerbe", die wirklich überall auf der Welt antike Artefakte sammelte.

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Antw:Der Indiana Jones-Schrein
« Antwort #14 am: 09.12.13, 13:54 »
So ist es. Es gab auch eine eigene Hexen-Einheit, die Expeditionen nach Tibet, Finnland und auch andere Länder startete, und tatsächlich suchte man den heiligen Gral und die Bundeslade.
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