Filmreview - Indiana Jones: Tempel des Todes.EinleitungDer Tempel des Todes hat bis zum heutigen Tag einen schweren Stand. „Zu dunkel“, lautet zumeist das Urteil, und selbst die beiden Macher Spielberg und Lucas stimmen bereitwillig zu, stufen den Film in ihrer persönlichen Bestenliste gerne herab und schieben eventuelle Verfehlungen auf ihren damaligen Gemütszustand. So machte beispielsweise Lucas eine bittere Scheidung durch, was sich seiner Ansicht nach negativ auf die Stimmung des Filmes niedergeschlagen hat, und auch Spielberg befand sich scheinbar in einer düsteren Phase seines Lebens.
Hinzu kommen noch gelegentliche Beschwerden von jenen, die in diesem Film etwa eine unpassende Bejahung von Kolonialismus gesehen haben wollen, die sich über die falsche Darstellung der indischen Kultur empören, über Rassismus, die Gewalt, und allen voran natürlich über das schlechte Frauenbild.
Ganz schön viel Zunder also für einen Film der zwar diskussionswürdig ist, der dennoch aber zu einem der erfolgreichsten Filme nicht nur der damaligen Zeit gehörte, und der, man kann es nicht anders sagen, schlicht und ergreifend der kreativste und mutigste der Nachfolgefilme von Raiders werden sollte.
„Tempel“ ist ein Film, der sich in seiner eigenen, sinistren Energie suhlt, und dabei nicht die Notwendigkeit empfindet, Ideen wiederzukauen, oder bereits bekannte Charaktere zurückzubringen. Genaugenommen steht er sogar völlig für sich, und greift lediglich erneut die Geschichte des Abenteurers auf, der sich im Konflikt mit seinen eigenen Motiven befindet – soll er das richtige tun, oder Ruhm und Reichtum folgen?
Genau genommen wird man als Zuschauer bereits in der Anfangssequenz vorgewarnt: „Anything goes/Alles geht.“, singt Willie dort, und dieses Versprechen wird in den nächsten zwei Stunden auch vollkommen eingehalten, denn der Tempel des Todes stellt sich als eine non-stop-Action-Achterbahn heraus, mit bösem Humor und höllisch guten Ideen.
StoryNach einer schiefgelaufenen Transaktion mit Gangsterboss Lao Che, landen Abenteurer Indy, Straßenkind Shorty, und Ex-Sängerin Willie Scott in einem entlegenen Winkel Indiens, wo man ihnen erzählt, dass Shiva sie hergeführt hätte, damit sie in den blutgetränkten Palast von Pankott eindringen – dem Epizentrum einer uralten und wieder erstarkten bösen Macht, die wie ein Sturm über das Land zu fegen droht: dem Thuggie-Kult. Von der Aussicht auf die reichen Schätze des Kultes angezogen, bricht das Trio schließlich auf – und muss schon bald erfahren, dass an den Geschichten mehr dran ist, als sie je zu fürchten gewagt hätten.
ArtefaktIm Vergleich zur Bundeslade stinken die Sankara-Steine auf den ersten Blick schon gehörig ab. Sie machen schon optisch nicht viel her: drei relativ schmucklose Steine, glatt geschliffen, mit je drei eingeritzten Linien, die für die drei ebenen des Universums stehen, und mit je einem Diamanten im Innern, der zu leuchten beginnt, wenn man die Steine zusammenhält. Allzu mächtig erscheinen sie zunächst und im Vergleich zur Entfesselung göttlicher Urgewalten auch nicht zu sein. Dennoch ist da klar mehr, denn immerhin behaupten die Dorfbewohner von Mayapore, dass Shiva Indy geschickt hat, damit er sich den Mächten des Palasts entgegenstellt, und da es Indy am Schluss tatsächlich gelingt, Shiva zu einer Machtentfesselung zu bewegen, ist da wohl auch etwas dran.
Letztendlich ist die Macht der Steine neutral – es kommt drauf an, wer sie führt. Im guten Dorf bringen sie Frieden und Wohlstand, in den Händen der Thuggies Dunkelheit und Qual. Die Steine sind dadurch aber auch ein Spiegel für Indys Charakterentwicklung. Am Ende, wenn er dem Schamanen gesteht „Ja, ich kenne nun ihre Kraft“, dann ist das zweideutig und weist auch auf die Kraft hin, den Kurs seines eigenen Moralischen Kompasses anzupassen.
Die meisten Zuschauer tun sich wohl dennoch leichter mit den christlichen Artefakten, als mit den indischen, und ehrlich gesagt, sehe ich hier den eigentlichen Grund, dass „Tempel“ oft als das schwächere Glied angesehen wird – zu unrecht. Zumal man sich nicht alleine auf die Sankara-Steine konzentrierne muss. Ich glaube nämlich, dass das eigentliche Hauptartefakt der titelgebende Tempel des Todes ist, und dann sieht die Sache schon wieder ganz anders aus.
Natürlich benötigt man etwas, das gejagt werden kann – auch dafür sind die Steine gut -, aber dennoch liegt die Hauptattraktion im eigentlichen Tempel-Set, das auch ordentlich zelebriert wird. Zu recht! Denn was hier für eine Liebe ins Detail eingeflossen ist, ist unglaublich. Die Setdesigner, Ausleuchter und Kameraleute haben sich wirklich übertroffen. Noch heute entdecke ich immer mal wieder etwas neues. Und die bedrohliche Stimmung des Tempels kann es durchaus mit der der Bundeslade aufnehmen – vielleicht ist sie sogar noch grausamer und angsteinflößender. In dieser Hinsicht hat man sich also tatsächlich doch noch mal überboten. Man nenne mir ein paar Sets, die an dieses hier herankommen. Viele kann man nicht aufzählen.
Dass die Steine den Tempel symbolisieren, merkt man auch an den Ebenen – drei sind auf den Steinen eingeritzt, drei befinden sich auch im Tempel, und je weiter der Film voranschreitet, desto tiefer geht es, als ob man sich der sprichwörtlichen Hölle annähert.
Natürlich kommen dann noch eine Menge Elemente zusammen, die ein fast schon alptraumhaftes Ambiente erzeugen. Das rötliche Licht, der Vulkan, die Musik, die Schreie im Hintergrund, Voodoo-Magie, Blutgetränke. Der Film ist von der Grundstimmung her definitiv dunkler als „Raiders“, aber brutaler oder gar blutiger ist er nicht unbedingt. Selbst die berühmte Herz-Szene kommt reichlich blutlos daher. Auf simplen Gore haben es Spielberg und Lucas jedenfalls nicht angelegt. Aber ist dieses dunkle denn dann überhaupt gerechtfertigt? Absolut! Es ist keine Staffage, denn es ist genau das Dunkle, die perfide Welt Mola Rams, die Indy vom Grabräuber, vom Jäger also, zum Retter und Helden macht, der auf den Schatz verzichtet, ihn freiwillig weggibt, damit Familien vereint werden können. Vielleicht ja auch seine eigene. Willie, als Frau, Shorty als Sohn? Anything goes/Alles geht.
Indiana JonesIm Tempel des Todes vollzieht Indy endgültig die Wandlung vom Jäger und Grabräuber, vom narzistischen Individuum, zum Helden mit leichten Fehlern. In der Eröffnungssequenz, als er mit Gangsterboss Lao Che um den Nurhachi taktiert, geht es ihm nicht darum, dass das Artefakt in ein Museum gehört. Es ist ein Handel, eine Transaktion, ein Thrill. Als es schief geht, und er beides verliert, scheint er nicht allzu bekümmert zu sein – die Artefakte bedeuten ihm nichts, genauso wenig, sie die Leben von Lao Ches Gangstern. Der Charakter des ersten Teils bleibt bestehen, Indy glaubt an Ruhm und Reichtum, nicht an die Artefakte, und das interessiert ihn an den Sankara-Steinen auch am meisten. Nicht unbedingt die Kinder, nicht das, was der Stein für das Dorf Mayapore bedeutet, sondern, der Reichtum, den sie bedeuten, und auch hier kommt wieder der Jäger in ihm hervor. Er will nicht ohne die Steine gehen und gibt sich in Gefahr. Sein gutes Herz zeigt sich, als er den Schreien der Kinder folgt, und – ohne darüber nachzudenken – Aufmerksamkeit auf sich zieht, in dem er dem Thuggie-Vorsteher einen Stein auf den Schädel schmeißt.
Das Schicksal der Kinder ist ihm nicht egal, aber eine ganze Weile ist Indy dennoch teilweise aus Eigennutz in der Geschichte. Er steht zunächst in Konkurrenz mit Mola Ram, weil er die Steine will, nicht weil ihn die Mystik dahinter interessiert. Diesmal geht er mit seiner Jagd allerdings zu weit.
Denn wo im ersten Teil Marion von den Nazis noch gut behandelt wird, so haben Indys Entscheidungen diesmal ernsthafte Konsequenzen – nicht nur für ihn, sondern auch für seine beiden Begleiter. Shorty wird ausgepeitscht, während Indy hilflos danebenstehen muss, nur damit der Junge später zur Zwangsarbeit in die Minen geschickt wird. Willie erleidet Todesängste, als man sie beinahe in den Vulkan schmeißt. Und auch Indy selbst erlebt diesmal das grauen am eigenen Leib, als er in den schwarzen Schlaf von Kali fällt, etwas, das man fast schon mit der Assimilation durch die Borg gleichsetzen kann, ein Alptraum aus dem es kein Erwachen gibt.
Diesmal kann er sich nicht, wie noch im ersten Teil, in die Dunkelheit hüllen und ihr wieder entwischen, nur um im richtigen Moment noch mal auf den Pfad der Tugend zurückzuhüpfen, diesmal schafft er es nicht rechtzeitig, was, wenn Shorty nicht gewesen wäre, zu seinem Untergang geführt hätte. Er bekommt eine zweite Chance, und er nutzt sie. Am Ende setzt er sein zuvor angesammeltes Wissen ein, um Mola Ram – der ebenfalls nicht glaubt – zu besiegen und findet einmal mehr heraus, dass „Magie“ durchaus existiert, und dann verzichtet er völlig bereitwillig auf Ruhm und Reichtum. „Nur ein weiterer Stein, der in einem Museum staub fangen würde.“
In allen drei Filmen war Ford brilliant, aber besonders im zweiten Teil ist er mit einer Leinwandpräsenz dabei, die ihresgleichen sucht. Er sprüht vor Energie, hat sich die Rolle zu eigen gemacht, drückt ihr seinen Stempel auf, und trägt den Film praktisch im Alleingang. Ich finde hier hat er seine charismatischste Darstellung abgegeben, und seine Physis ist auch absolut beeindruckend. Heutzutage hat dank Steoriden ja jeder zweitklassige Twilight-Darsteller Muskelpakete, aber Ford – wow – das ist noch Handarbeit. Hier war er in exzellenter Form, ein Athlet wie er im Buche steht. Das darf man sich ruhig zum Vorbild holen.
Side-Kicks„Raiders“ hatte neben Indy eine starke, fähige, weibliche Hauptrolle zu bieten, eine, die selbst in heutigen Filmen noch oft unerreicht ist. Da man sich aber von James Bond inspiriert fühlte, und in jedem Film ein neues Jones-Girl dabei haben wollte, standen die Macher plötzlich vor der Frage, wie man Marion überbieten sollte. Nun hatten sie zwei Möglichkeiten. Sie konnte noch mal das gleiche machen, auch auf die Gefahr hin, dass das neue Jones-Girl wie eine billige Kopie wirkte. Oder sie konnten in eine ganz andere Richtung gehen. Man entschied sich für etwas anderes. Im Grunde war es eine Situation, die man nicht gewinnen konnte. Jeder Nachfolger von Marion hätte es schwer gehabt.
Es ist aber lohnenswert, sich Wilhelmina „Willie“ Scott mal genauer anzusehen. Etwas oberflächlich erscheint sie, damenhaft, verwöhnt, irgendwie hilflos. Wo Marion bei näherer Betrachtung an Reiz verliert, gewinnt Willie erstaunlicherweise aber eine Menge Bonuspunkte. Denn ausgerechnet sie ist die vernünftige des Trios. Obwohl sie sich kaum zu schade ist, im Abendkleid über den Boden zu kriechen, um einem Diamanten nachzujagen, so gibt es für Willie doch klar Grenzen – ganz im Gegenteil zu Indy. Willie kommt aus einer Zeit der Wirtschaftskrise, eine aus einfachen Verhältnissen kommende Frau also, das sehen muss, wo sie bleibt – immerhin hat sie Glanz und Glorie geschmeckt. In Hollywood konnte sie keinen Fuß fassen, aber immerhin in Shanghai. Auch wenn das bedeutet, dass man bei einem Mann wie Lao Che – oder gerne auch einem Maharadscha – mal mit den Augen klimpern und die volle Weiblichkeit einsetzen muss. Aber für Ruhm und Reichtum Leben zu riskieren? Das ist es nicht wert.
Arrogant ist sie auch nicht unbedingt – das zeigt sich am Umgang mit Shorty. Im Verlaufe des Filmes gewinnt sie auch zunehmend an Mut. Sie hilft, die Kinder zu befreien, obgleich sie auch hätte weglaufen können, sie schlägt einen der Thuggies nieder (mit der Faust – Marion hat noch eine Bratpfanne gebraucht), und sie tritt – sprichtwörtlich – gegen Mola Ram an. Klar, sie verkommt nicht zur Powerfrau, aber dennoch besitzt sie mehr Qualitäten und Facetten, als man ihr oft zugesteht. Ich finde auch nicht, dass Willie mehr kreischt als Marion (und dass sie schreit ist durchaus verständlich). Ihr Geschrei hat nur eben etwas... lustigeres, es ist als Comic-Relief gemeint, und daher für mich auch irgendwo erträglicher. Darf man das denn? Über eine Frau so lachen?
Nun, warum denn nicht? Marcus und Sallah werden im dritten Teil auch zu Comic-Refliefs, also zu witzigen Nebenfiguren degradiert. Die meisten können damit prima leben, und wenn es bei denen in Ordnung ist, warum soll es bei Willie nicht auch in Ordnung sein?
Dass die Figur – für mich - so wunderbar funktioniert, liegt aber sicher hauptsächlich an Schauspielerin Kate Capshaw. In den Making-Ofs ist sie furchtbar sympathisch, lebhaft und auch witzig. Es verwundert jedenfalls nicht, dass sich Spielberg bei den Dreharbeiten in sie verliebte, und die beiden später heirateten. Jedenfalls schafft sie es durchaus einen Teil dieser Wärme auf Willie zu übertragen, und das macht, glaube ich, den ganzen Unterschied. Mir war sie jedenfalls immer sympathisch, und da sie durchaus lustig ist, empfinde ich sie auch teilweise als angenehmer als Marion oder Elsa.
Mit Shorty könnte man schon eher ein Problem haben. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, was für ein harter Stilbruch das gewesen sein muss, wenn man Raiders gesehen hat, und dann plötzlich dieses Kind vorgesetzt bekam. Ich hatte nie ein Problem mit Shorty, ich hätte ihn sogar gerne im vierten Teil wiedergesehen. Als Kind nimmt man sogar teilweise seine Rolle ein. Für mich war damals jedenfalls keines der Grauen, die man im Film zu sehen bekam auch nur annähernd so schlimm wie die Stelle, wo Vaterfigur Indy in die Fänge des Kultes gerät und Shorty nicht wiedererkennt und sogar schlägt.
Übrigens: Gesehen? Dan Akroyd spielt auch kurz mit. Er ist der Mann, der Indy, Willie und Shorty nach ihrer Flucht aus dem Nachtklub eine Reisegelegenheit besorgt.
FiesewichteMola Ram ist kein Rene Belloq. Aber das muss er auch gar nicht sein. Er ist eine vollkommen andere Art von Gegner und auf seine eigene Weise furchtbar beeindruckend. Mola Ram ist fanatisch, angsteinflößend. Ein brutaler Mann mit erschreckenden Kräften. Toll gespielt und definitiv erinnerungswürdig. Letztendlich fällt Mola Ram dem gleichen Fehler wie die meisten Indy-Gegner zum Opfer: auch er ist entgegen seiner Behauptungen kein Gläubiger, sondern jemand, der die Sankara-Steine für seine eigenen Zwecke einsetzen, ihr sozusagen seinen Willen aufdrängen will.
Die Zombiehaften und gruseligen Thuggies funktionieren wunderbar als Antagonisten – auch hier haben wir wieder eine Gruppe, die hautpsächlich durch ihre Zahl gefährlich ist, also ganz ähnlich wie bei den (Film-)Nazis. Nur sind sie eben auch noch gruselig. Ein Gesicht bekommen sie zusätzlich noch vom großartigen Pat Roach, der im ersten Teil den Nazi-Mechaniker spielte, der im Rotor endete, und der hier wieder einmal den Hünen geben darf. Ein physisch beeindruckender Kerl, der Indy ordentlich das Leben zur Hölle macht.
Auch darüber hinaus weiß der Film genug anzubieten. Lao Che und Söhne haben nur einen kurzen aber denkwürdigen Auftritt, der nicht nur „etwas“ von James Bond inspiriert ist. Ich hätte gerne mehr von ihnen gesehen.
ActionVielleicht der simpelste Grund denn Film zu lieben, ist die Action. „Tempel“ ist nach wie vor einer der aufregendsten Filme, die je gemacht wurden. Das beginnt schon mit dieser unheimlich launigen Schlägerei im Club Obi Wan, ganz zu Anfang, wo einfach jede Kameraeinstellung passt, jeder Schlag sitz, jeder Gag – oft scheinbar während den Dreharbeiten ausgedacht - einen Lacher mit sich bringt. Chaos wird groß geschrieben, aber kontrolliertes, von Spielberg meisterhaft in Szene gesetztes Chaos.
Und – auch wenn es gegen Mitte stark Dialoglastig wird, - so ist das doch nur das Vorspiel für den Sturm, der da auf einen zukommt. Die letzte Stunde besteht fast komplett aus Action. Ein Finale reiht sich an das andere. Erst der Kampf im Tempel, dann in der Mine, dann auf dem Laufband, dann die Lorenfahrt, die Flucht vor dem Wasser, der Schwertkampf draußen, der Show-Down auf und dann auch noch AN der Brücke. Jede einzelne dieser Sequenzen dauert mehrere Minuten und eine ist spektakulärer als die andere. Alleine die Loren-Fahrt – legendär! Die Fantasie, Choreographie und die Ausführung sämtlicher Actionsequenzen suchen auch heute noch ihres gleichen, und werden einmal mehr dem Anfangsversprechen mehr als gerecht – Anything goes/alles geht.
SoundAlles richtig gemacht. Soundtechnisch bewegen wir uns auf allerhöchstem Niveau, die Sprecher sind perfekt, und John Williams liefert einen seiner besten Soundtracks ab. Der Raiders-March verfügt endlich über die gehörige Wucht, das Reise-Theme ist wunderschön, das der Thuggie-Zeremonie herrlich grauenerregend. Perfekt!
Schlusswort: Was den Film so herausragend macht, ist, dass er sich in fast jedem Aspekt von Raiders zu unterscheiden versucht, ohne dabei die Grundformel aus den Augen zu verlieren. Man kehrt nicht nach Afrika zurück, sondern verbringt Zeit im fernen Osten und Asien. Es findet auch keine Reise um den Globus statt. Man bleibt nach dem obligatorischen Anfangsabenteuer an einem einzigen, riesigen Platz. Die Begleiter sind komplett neu, ebenso wie die Gegner und die Mythologie. Die Stimmung ist abenteuerlicher, lockerer, etwas over the top und damit angenehm anders.
Einerseits könnte man zwar sagen, dass der Film mit Stereotypen um sich schmeißt – die Darstellung von Kali ist nicht unbedingt korrekt, die Dinner-Szene entspricht keinesfalls der indischen Küche, und den britischen Besatzern einen heldenhaften Moment zu geben, wo sie rettend über die Hügel kommen und die Thuggies in die Flucht schlagen, ist eher fragwürdig. Andererseits spielt der Film in den 1935er Jahren, und fühlt sich dadurch real an, da er die Sicht Hollywoods aus dieser Zeit widerspiegelt.
Für den ein oder anderen mag es zudem schwer sein, zur fernöstlichen Welt Zugang zu finden. Abgemagerte Menschen, tanzende Inder und blutige Kulte sind nicht unbedingt das, was unseren Sehgewohnheiten entspricht. Wenn man dann noch Willie und Shorty vorgesetzt bekommt, und man einen vom Voodoo-Bären erzählt bekommt, ist das nicht jedermanns Sache. Wer sich aber drauf einlässt, bekommt ein unvergleichliches Action-Abenteuer-Comedy-Fantasy-Fest. Es ist unglaublich, mit wie vielen Elementen dieser Film jongliert, ohne, dass er dabei durcheinander kommt. Stattdessen fügt sich alles perfekt zu einer großen Tüte voller Spaß und Abenteuer zusammen.
Das geniale Filmende von „Raiders“ ist nicht kopierbar, und „Tempel“ versucht es auch gar nicht erst. Auf den ersten Blick wirkt es daher im direkten Vergleich enttäuschend, und doch ist es wieder genial, schließlich gelingt es den Machern, einmal mehr den Bogen zum anfänglichen Versprechen zu schlagen. „Es ist noch ein weiter Weg nach Deli, Schätzchen“, verkündet Indy, und ja das ist es, und es besteht kein Zweifel, dass dieses Trio auf dem Weg dort hin in weitere Abenteuer gerät, die man nur zu gerne sehen würde. Genau wie bei Raiders schafft also auch Tempel im Finale den Spagat, den Zuschauer einerseits mit einem Gefühl von Abschluss zu entlassen, ihn gleichzeitig aber dennoch weiter zu binden, denn nach wie vor gilt: Anything goes/Alles geht.
Für mich ist „Tempel des Todes“ der abenteuerlichste und irgendwie auch noch der frischeste der Trilogie. Ein Film, den ich immer im Herz behalten werde, schon alleine, weil es der erste Jones-Film war, den ich gesehen habe. Top!