Autor Thema: Art-ificial Intelligence  (Gelesen 13050 mal)

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Leela

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Art-ificial Intelligence
« am: 06.04.14, 19:01 »
Kunst betrachten oder interpretieren gilt ja gemeinhin eher als trocken und abgehoben. Mitunter sogar als nervtötend, da man schlicht Detail weder bemerkt, wenn man sie bemerkt, sie nicht zuordnen kann und wenn man beides doch schafft, sie dann immer noch oft falsch verstehen kann. Viele Dinge sind aus unserem kulturellen „modernen“ Point of View auch nur noch schwer zu assoziieren. Kunst bleibt kryptisch, unverständlich und... tot. Wenn man nicht gerade einige Stunden Zeit hat vor einem Bild zu stehen und in es „einzusteigen“.



1. Just a patsy - JFK, der Mann in Weiß und "die Nachtwache"

Ich werde das mal probieren. Und zwar auf die Frage hin wie Rembrandt an der Ermordung John F. Kennedys beteiligt war.



Insgesamt wird aber für diesen Thread und Titel ein Wort Nietzsches gelten, der einmal in diesem Zusammenhang zitiert wurde und sagte "Alle Historiker erzählen von Dingen, die nie existiert haben, außer in der Vorstellung." - so wird es auch bei den Bildern sein und bleiben. Einiges bleibt am Ende … wahrscheinlich. Endgültige Wahrheiten wird es aber keine geben (können). Das ist aber auch nicht Ziel. Ziel ist eher... mit dem Finger auf die alten und neuen Meister zu zeigen und warum sie aktueller sind als wir denken.



I. Das Bild an sich – die „Nachtwache“

Die trocknen Fakten als Steckbrief;

Heutiger Titel: Die Nachtwache
Originaler Titel: „Die Kompanie des Frans Banning Cocq“ (niederländisch: De compagnie van Frans Banning Cocq) oder auch
Alternativtitel: „Der Hauptmann gibt seinem Leutnant den Auftrag, die Bürgerwehr marschieren zu lassen.“
Fertigstellung: 1642
Künstler: Rembrandt van Rijn
Grösse: 4,02 Meter hoch und 5,10 Meter breit
Aufenthaltsort: Rijksmuseum in Amsterdam
Konsequenzen aus dem Bild: Ruin des Malers
Überlebte Attentate: 4







II. Die Betrachtung
Wer das „Spiel“ mitspielen mag, kann mal 5 Minuten seinen Blick über das Gemälde schweifen lassen. Und schauen was ihm für Details auffallen. Wie geschrieben sind wir es heute kaum noch gewohnt Bilder in Ruhe zu betrachten. Vermutlich wird man daher viele Dinge übersehen.

Anmerkung: Die Nachtwache als Titel hat das Bild daher, weil es relativ dunkel ist. Ob das bei Rembrandt schon so war oder das Bild nachgedunkelt ist/wurde, ist heute nicht mehr zweifelsfrei feststellbar. Auf jeden Fall gibt es eine großformatige und hellere Kopie, welche die ursprünglichen Details und Farben besser erkennen lässt;

Original in Gross: http://abload.de/img/nw01myunm.jpg

(hellere) Kopie in Gross: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/84/Nachtwacht-kopie-van-voor-1712.jpg


In der Kopie sieht man „weisse“ Ränder. Rembrandts Bild war einmal grösser als die Version die heute im Museum hängt. Das Bild wurde aber aus dem damaligen Vereinshaus der Schützen später ins Rathaus umgehängt. Und damit das riesige Bild dort passt hat man sowohl in Höhe und Länge vom Original die Ränder massiv weggeschnitten. Was heute „fehlt“ zeigt die Kopie aber noch.



III. Die Lehrmeinung

Wikipedia sagt über das Bild:
„Das Bild zeigt 34 Personen – davon 18 Schützen und 16 weitere Figuren. Im Vordergrund stehen der Hauptmann und sein Leutnant. Zwei hell erleuchtete Figuren in gelber Kleidung beherrschen den Bildaufbau: ein Mädchen im Mittelgrund und der Leutnant im Vordergrund.

Im Mittelpunkt des Bildes steht eine Bürgerwehr aus der Zeit des 17. Jahrhunderts. Der Hauptmann dieser Kompanie hieß Frans Banning Cocq, der neben ihm stehende Leutnant Willem van Ruytenburgh. Die dargestellten Büchsenschützen gehörten der Kloveniers-Gilde an. Etliche weitere Mitglieder der Gilde hat Rembrandt ebenfalls auf dem Gemälde verewigt. Die Namen von 18 Personen sind auf einer Tafel vermerkt, die im Hintergrund zu erkennen ist, aber erst später hinzugefügt wurde. Die restlichen Personen werden in der Fachliteratur als Allegorien gedeutet. Auch Rembrandt selbst hat sich, wie auf vielen seiner Bilder, ganz im Hintergrund dargestellt.“


Die Lehrmeinung sagt uns warum das Bild so wichtig sei
„Es zeigt die Büchsenschützen nicht in der damals oft üblichen starren Porträt-Haltung, sondern in Aktion: Der Hauptmann erteilt seinem Leutnant den Marschbefehl. Jedoch ist die Marschordnung noch nicht vollständig hergestellt, was das relative Durcheinander innerhalb der Teilgruppen auf dem Bild erklärt. Der Rembrandt-Experte Christian Tümpel schreibt: „Dieser Idee der zu erreichenden Ordnung ist das Bildganze zugeordnet, auch die Komposition. Die beiden Offiziere gehen auf die Mitte zu. Viele Spieße und Gewehre lassen in ihrer rhombischen Anordnung schon das Ordnungsprinzip der militärischen Übungen ahnen, wie die Lehrbücher und Illustrationen der Zeit sie zeigen. Die Spannung zwischen dem ‚schon jetzt‘ und ‚noch nicht‘ macht den besonderen Reiz dieser Komposition aus.“


Klingt ziemlich simpel aber ist mehr als wir heute oft haben. Das Bild ist eine Momentaufnahme einer „Kompanie“... denn immerhin, das ganze hätte auch sehr statisch und simpel ausfallen können. Wie zB heute Gruppenfotos


Rembrandt macht aus einem statischen Bild einen Bewegungs- und Übergangszutstand. Das zumindest kann man festhalten, wenn man den Stellenwert des Bildes in der Kunst einschätzen will. Rembrandt hat insofern vor 400 Jahren besser „fotografiert“ als wir heute. ;)

zu den Daten mehr;
http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Nachtwache



IV. das Unsichtbare vor der Nase
Selbst wenn man nur wenige Blicke auf das Bild wirft, fallen einige Dinge ins Auge oder zumindest halbwegs auf. Zum einen sind da zwei Zentrale Figuren, offenbar der Hauptmann und ein Offizier die viel Platz haben und majestätisch heran schreiten. Sie scheinen zu argumentieren. Im Hintergrund, dicht gedrängt eine Schar von Schützen. Viele verdeckt und in einem echten Wirrwarr gefangen. Und als heller Blickpunkt in dem eher dunklen Bild sitzt da in einem gelben Kleid eine Frau inmitten dieser Schützenschar. Eine sehr kleinwüchsige Frau offenbar noch dazu. Und alles andere ist ein riesiges Chaos.


Gross: http://abload.de/img/nw02zvu4m.jpg


Sieht man nochmal hin fallen einem einige Merkwürdigkeiten ins Auge, bei denen man nicht ganz umhin kommt Rembrandt entweder Unfähigkeit zu unterstellen – oder Absicht. Da Rembrandt aber nicht umsonst als „Meister“ gilt und das auch keines seiner Jugendwerke ist, liegt Absicht hier sehr viel näher.

Eines dieser Typischen Details liegt beim Hauptmann. Man sieht er hat einen Handschuh ausgezogen mit der linken Hand vollführt er eine Geste die den begleitenden Offizier etwas erklärt oder auf etwas hinweist... Den Handschuh den er ausgezogen hat, hält er dabei in seiner Rechten Hand. Doch tut er das wirklich?
Nein.


Sieht man genau hin erkennt man das der Hauptmann mit seiner rechten Hand einen ebenfalls rechten Handschuh hält. Er hat zwei rechte Handschuhe.

Was macht auch die Frau auf dem Bild einer Kompanie? Noch dazu als zweiter zentraler Blickpunkt? Sie hat ein Huhn umgebunden – das könnte sie als Art „Köchin“ oder in der herkömmlichen Deutung als Marketenderin ausweisen. Aber eigentlich zog solches Volk hinter der Truppe her. Bei einer Übung oder einen Aufbruch wäre sie nicht dabei gewesen. Und das Bild – als Auftragsarbeit an Rembrandt – kam von einem Schützenverein in dem keine Frau (noch dazu so kleine und offenbar junge) je Zugang gehabt hätte. Und hinter dieser Frau versteckt sich sogar eine zweite. Oft übersehen sind zwei Frauen auf dem Bild.

Wieso gibt es einen Hund (sehr undeutlich zu erkennen (besser in der Kopie) der nicht mit der Truppe „mitzieht“ sondern sie sogar ankläfft?
Worauf deutet der Mann rechts außen?

Und vor allem, wieso gibt es auf dem Bild offenbar einen versteckten Attentäter?


IV. der Attentäter
Im Bild, hinter den zentralen Figuren steht ein Attentäter – oder zumindest ein Schütze der gerade seine Muskete abfeuert. Man sieht das Licht des Schusses und hinter dem Hut des (hellen) Offiziers sogar die Pulverwolke. Dieses Detail wird oft mit den anderen Schützen in Verbindung gebracht... und wird in der Lehrmeinung so interpretiert; „Man sieht Schützen die schon üben: einige tragen ihre Muskete, andere laden nach, einer feuert einen Schuss ab.“

Wie die Theorie vom Einzeltäter bei John F. Kennedy klingt das sehr fragwürdig. Zum einen... wir befinden uns im Zeitalter der frühen Musketen. Ein Schuss entwickelt ungeheuer viel Rauch, Funken – bis hin zu einem Feuerschlag und er ist ungeheuer laut. Würde man die Szenerie auf dem damaligen Bild so nachstellen, würde die Folge davon sein, dass wohl der Offizier hinter dessen Kopf direkt der Schuss kracht sofort taub würde... das Pulver würde vermutlich die hinterstehende Gruppe blenden und einige das Augenlicht kosten.


Generell: Wieso feuert dieser Schütze in die Gegenrichtung? Wieso feuert er mitten in der Gruppe? Und warum um alles in der Welt hat Rembrandt diesen Schützen so gut hinter den Hauptfiguren versteckt? Ein feuernden Schütze wäre das Highlight auf jedem Bild. Rembrandt versteckt aber nicht nur ihn, sondern sogar seine Tat. Der Feuerschlag ist kaum zu sehen... und das Pulver des Schusses wird wie zufällig vom hellen Hut des Offiziers verdeckt.

Zudem ist der „Attentäter“ eine von nur zwei Figuren die von links nach rechts zielen. Alle andere auf dem Bild streben von rechts nach links oder zumindest ins Zentrum. Die zweite Figur die neben dem Attentäter nach rechts strebt ist der Mann mit der Lanze/Hellebarde der scheinbar auch wie zum Angriff in diese Richtung „zielt“.

Und drei weitere Figuren haben etwas merkwürdiges dazu an sich. Der Mann der im Hintergrund zwischen den beiden Offiziere zu sehen ist hat eine Hand unter dem Gewehrlauf des Attentäters. Er schaut zudem etwas... perplex und man könnte seine Hand unter dem Lauf als Geste deuten den Gewehrlauf wegzuschlagen. Und ganz rechts, der Mann in schwarz der so deutlich mit dem Finger zeigt... meint der vielleicht den Attentäter? Oder zeigt er an ihm vorbei in die Luft? Und schließlich haben wir noch das kleine Selbstbildnis von Rembrandt im Hintergrund (blau umrandet), wie ein Zeuge lugt er in die Szene, als gäbe es heimlich etwas zu beobachten.

Kann man also wirklich davon ausgehen das man hier eher ein Attentat sieht... als die Kompanie auf dem Marsch?

Mehr dazu und zum Attentat auf JFK in Teil II. :D
« Letzte Änderung: 06.04.14, 19:09 by Leela »

Max

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Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #1 am: 06.04.14, 19:26 »
Ein interessanter Thread :) Schön, dass Du Dich solch eines Themas angenommen hast.

Ja, die "Nachtwache" ist wirklich eines der berühmtesten Bilder der Welt. Ich habe mal eine Sendung gesehen, die sich glaube ich über 60 Minuten einzig und allein diesem einen Gemälde gewidmet hat. Es steckt ja auch viel drin!

Ich bin freu mich schon auf Teil 2.

Für eine weitere Erörterung hätte ich einen Vorschlag, auch eines der vielleicht wichtigsten Bilder, die es so gibt:
"Die Hoffräulein" von Diego Velázquez :)



Edit: Rechtschreibfehlerkorrektur.
« Letzte Änderung: 06.04.14, 19:29 by Max »

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Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #2 am: 06.04.14, 23:06 »
Ein tolles Thema. Bin auch schon auf den zweiten Teil gespannt. Ich muss sagen, dass... ich noch keine "Geschichte" in dem Bild erkennen kann, weil die Blicke der beteiligten Personen in so ziemlich alle möglichen Richtungen gehen, und selbst wenn sich mal welche treffen... scheinen die Gesichtsausdrücke... der Situation irgendwie unangemessen, weil sie viel zu neutral sind. Von daher bin ich mal gespannt auf die weitere Interpretation.

Zitat
Was macht auch die Frau auf dem Bild einer Kompanie?

Da sie fast von innen her leuchtet, habe ich sie als erstes mit einem Engel assoziiert. Aber die werden wohl kaum ein Huhn umgebunden haben 8[

Zitat
Ein feuernden Schütze wäre das Highlight auf jedem Bild. Rembrandt versteckt aber nicht nur ihn, sondern sogar seine Tat. Der Feuerschlag ist kaum zu sehen... und das Pulver des Schusses wird wie zufällig vom hellen Hut des Offiziers verdeckt.

Wenn er denn schon feuert, dann ist das in der Tat gut versteckt. Ich hätte den "Rauch" eher noch dem "Helmfell" zugehörig erklärt. Ich glaube also der Schütze zielt erst noch. Aber das ist natürlich wirklich ein sehr geschicktes Spiel mit den Bildelementen.

Zitat
Der Mann der im Hintergrund zwischen den beiden Offiziere zu sehen ist hat eine Hand unter dem Gewehrlauf des Attentäters. Er schaut zudem etwas... perplex und man könnte seine Hand unter dem Lauf als Geste deuten den Gewehrlauf wegzuschlagen

Also die Hand ist noch ein Stück vom Gewehrlauf entfernt, und... er guckt ja auch woanders hin, also nehme ich nicht an, dass er die Waffe aktiv und in Eile wegschlagen will. Mir kommt die Geste eher so vor, als würde man gedankenlos versuchen eine Fliege zu vertreiben, die einem im Blickfeld herumschwirrt.

Mir ist ja zuerst der hier komisch aufgefallen:



Der Restaurator - oder wer auch immer die Kopie gemacht hat - hat einen sehr guten Blick. Ich hätte im Original nie und nimmer ein Gesicht gesehen. Ich dachte das sei ein vermummter Zwerg, der gerade stolpert 8[
"Maybe it's a little early. Maybe the time is not quite yet. But those other worlds... promising untold opportunities... beckon. Silently, they orbit the sun. Waiting."

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Leela

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Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #3 am: 07.04.14, 13:20 »
Danke für die Rückmeldungen. =) Ich guck mal ob ich einiges noch näher anreißen kann.

Zitat
Ich muss sagen, dass... ich noch keine "Geschichte" in dem Bild erkennen kann, weil die Blicke der beteiligten Personen in so ziemlich alle möglichen Richtungen gehen, und selbst wenn sich mal welche treffen... scheinen die Gesichtsausdrücke... der Situation irgendwie unangemessen, weil sie viel zu neutral sind. Von daher bin ich mal gespannt auf die weitere Interpretation.

Vielen Dank für die Vorlage. Sie ist perfekt um das Bild in die heutige Zeit zu holen. Allerdings brauch es dafür noch etwas Text und einen Moment Geduld.


Zitat
Da sie fast von innen her leuchtet, habe ich sie als erstes mit einem Engel assoziiert. Aber die werden wohl kaum ein Huhn umgebunden haben 8[

Diese Assoziation wird in der Lehrmeinung teilweise gestützt. Also es ist eine gar nicht so unübliche Assoziation darauf zu verweisen die Frau habe etwas Engelhaftes an sich. Schlussendlich voll aus-deuten lässt sie sich auch nicht. Sie ist selbst unter den Experten bis heute umstritten was sie bedeutet.

Die herrschende Meinung geht davon aus sei stelle das „Maskottchen“ der Bürgerwehr dar. Darauf deute auch das Huhn hin, besonders die sorgfältig ausgearbeiteten Klauen des Huhnes, welche im niederländischen von der Wortbedeutung her identisch mit dem Wort eines Gewehrkolbens waren – und wieder auf den Wehrcharakter der „Bande“ verweisen.
Eine andere Deutung geht in die Richtung das es sich um ein Kind-Prostituierte handelt.
Eine eigene Deutung werde ich noch weiter unten vornehmen.

Zwei Dinge lassen sich letztlich aber nur mit Sicherheit sagen. Zum einen war sie Rembrandt offenbar so wichtig das er sie herausgehoben hat – durch die helle Farbe. Zum anderen muss es eine positive Figur sein – denn Rembrandt hat ihr die Gesichtszüge seiner Frau Saskia gegeben, welche auf sehr vielen Bildern Rembrandts auftaucht.



Zitat
Wenn er denn schon feuert, dann ist das in der Tat gut versteckt. Ich hätte den "Rauch" eher noch dem "Helmfell" zugehörig erklärt. Ich glaube also der Schütze zielt erst noch. Aber das ist natürlich wirklich ein sehr geschicktes Spiel mit den Bildelementen.

Hier kommen Ausnahmsweise mal die Segnungen des Internets zum Zuge. Das Bild ist außerordentlich gut Online Dokumentiert, hier mal eine der grössten „Aufnahmen“ die ich finden konnte. Der „versteckte“ Feuerstoss ist hier besser zu erkennen... glaube ich. Das ein Schütze das Gewehr abfeuert ist (eigentlich) unstrittig. Nur die Deutung ist sehr unterschiedlich.





Zitat
Also die Hand ist noch ein Stück vom Gewehrlauf entfernt, und... er guckt ja auch woanders hin, also nehme ich nicht an, dass er die Waffe aktiv und in Eile wegschlagen will. Mir kommt die Geste eher so vor, als würde man gedankenlos versuchen eine Fliege zu vertreiben, die einem im Blickfeld herumschwirrt.

Hier stimme ich Dir zu, die Interpretation ist deutlich gewagter. Ich biete aber auch hierzu mal eine Grossaufnahme an;



In meinen Augen könnte man durchaus argumentieren das der Mann auf den hinteren Gewehrlauf schaut, der hier verdeckt ist. Und seine Hand sich sogar schon direkt unter dem Gewehr befindet.

Meiner Meinung nach ist sogar auf dem Handrücken ein minimaler Schatten zu sehen, der von Gewehrlauf her rührt.
Hinzu kommt die Stelle an der die Figur samt Hand auftaucht. Im Prinzip hat man sie ja im Hintergrund zwischen den zwei „Hauptfiguren“. Das Rembrandt zwischen den geringen Platz beider Hauptfiguren im Hintergrund ein Gesicht, einen Gewehrlauf und sogar noch eine Hand packt, finde ich bemerkenswert. Das ist etwas was heute kein Künstler tun würde, um das nicht zu überladen. Ich vermute daher schon das die Hand (samt) Figur ziemlich wichtig ist.

Eine weitere Deutung wäre aber... dennoch genauso wahrscheinlich. Die Hand unter dem Lauf könnte dazu dienen das Gewehr aufzulegen um korrekt (und gezielt!) zu schiessen. Damalige Musketen wurden ja häufig aufgelegt um besser zielen zu können. Wenn dem so wäre sähen wir hier den Gehilfen des „Attentäters“, der im wahrsten Wortsinne Schützenhilfe leistet. Aber auch diese Deutung würde die Szene noch näher an die Darstellung eines Attentats rücken, weil damit deutlich würde das hier eben kein Übungs- sondern ein gezielter Schuss abgegeben wird. 


Zitat
Der Restaurator - oder wer auch immer die Kopie gemacht hat - hat einen sehr guten Blick. Ich hätte im Original nie und nimmer ein Gesicht gesehen. Ich dachte das sei ein vermummter Zwerg, der gerade stolpert 8[

Es ist wohl ein zwergenhafter Trompeter – dessen schiere Existenz etwas der „Maskottchen“ Theorie der hellen Frau zu wieder läuft, denn auch er sieht eher aus wie ein Maskottchen. Der Kopist damals hatte einen enormen Vorteil: Als er das Bild kopierte war dieses Bild wohl erst 60-80 Jahre alt. Das war also jemand der das Original wohl noch in einem sehr guten Zustand gesehen hat und so alle Details rausholen konnte. Bevor das Bild zerschnitten, mehrfach umgehängt, mit diversen Schutzschichten überzogen und ausgebessert wurde. Vor allem aber wohl bevor es durch diese Behandlungen nachdunkelte.

Insgesamt wird die Kopie aber gleich noch einiges.... verschieben. :) So ich tipper mal weiter an Teil II - wird einiges.... ^^

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Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #4 am: 07.04.14, 16:53 »
Zitat
Diese Assoziation wird in der Lehrmeinung teilweise gestützt. Also es ist eine gar nicht so unübliche Assoziation darauf zu verweisen die Frau habe etwas Engelhaftes an sich. Schlussendlich voll aus-deuten lässt sie sich auch nicht. Sie ist selbst unter den Experten bis heute umstritten was sie bedeutet.

Vielleicht ist das Leuchten auch einfach ein Stilmittel, um Frauen allgemein als etwas reines, engelshaftes und unschuldiges darzustellen? Oder zumindest als etwas... beteiligtes? Sie scheint ja auch die einzige auf dem Bild zu sein, die erschrocken ist, also eine andere Emotion darstellt, als das distanzierte, fast schon selbstverliebte, dass sich auf den anderen Gesichtern zeigt. Bei der klassischen Star Trek-Serie hat man, wann immer eine Frau in Großaufnahme im Bild war, auch einen merkwürdigen Weichzeichner verwendet + starke Belichtung verwendet, was die Frauen, ja, ich weiß nicht, engelshaft hat aussehen lassen sollen oder sowas. Keine Ahnung, was die da geraucht haben.

Zitat
Hier kommen Ausnahmsweise mal die Segnungen des Internets zum Zuge. Das Bild ist außerordentlich gut Online Dokumentiert, hier mal eine der grössten „Aufnahmen“ die ich finden konnte. Der „versteckte“ Feuerstoss ist hier besser zu erkennen... glaube ich.

Stimmt, jetzt sehe ich das Mündungsfeuer. Ich habe das für einen Teil der Krempe gehalten.

Zitat
Eine weitere Deutung wäre aber... dennoch genauso wahrscheinlich. Die Hand unter dem Lauf könnte dazu dienen das Gewehr aufzulegen um korrekt (und gezielt!) zu schiessen. Damalige Musketen wurden ja häufig aufgelegt um besser zielen zu können. Wenn dem so wäre sähen wir hier den Gehilfen des „Attentäters“, der im wahrsten Wortsinne Schützenhilfe leistet.

Das wiederum glaube ich nicht. Ich glaube auch nicht, dass die Hand an der Waffe dran ist - das würde etwas anders aussehen. Glaube ich. Außerdem wird so ein Lauf da vorne recht heiß - das ist also nicht unbedingt die beste Position für eine Hand. Und dann kommt eben noch der Blick des Mannes hinzu, der gar nicht auf die Waffe gerichtet zu sein scheint. Aber eigentlich scheint er auf gar nichts gerichtet zu sein :/. Er hat auch ein bisschen einen Fischblick, weshalb er vielleicht nicht der beste Schützenhelfer wäre :Ugly

Ich finde es übrigens interessant, dass der Schütze linkshänder zu sein scheint. Als Linkshänder nach Links zu schießen, sorgt natürlich dafür, dass er sich mal entgegen der Marschrichtung aufstellen muss. Daher verwundert es mich, dass die Leute hinter ihm der Aktion wenig beachtung schenken. Das merkt man doch, wenn ein Kerl mit seiner langen Büchse, herumwirbelt und dabei dem Hauptmann fast den Hut vom Kopf fegt.

Na ich bin mal gespannt, wie die Interpretation weitergeht.
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Leela

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Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #5 am: 07.04.14, 17:13 »
... damit zu Teil 2.

V. Verlagerung des Zentrums und das Heraustreten aus dem Bild.
Was heute kaum beachtet wird, ist, dass wir das Bild nicht mehr im Originalzustand sehen, sondern das seine Ränder massiv gekürzt wurden. Daher hat sich auch der Bildaufbau verschoben. Steht man heute vor dem Bild ist das Zentrum relativ eindeutig zu ermitteln; es sind die Hauptfiguren.



Legt man aber das Original und seine Bildabmessungen zu Grunde, welche Figur rückt da plötzlich ins Bildzentrum? Es ist vermutlich keine Überraschung mehr. Die Figur des Attentäters befindet sich plötzlich im Bildzentrum.


Noch deutlicher wird es, wenn man das Bild nur auf seine Figuren reduzieren würde. Der Attentäter würde von allen Figuren her absolut ins Zentrum geraten.


Und an dieser Stelle kann man Rembrandts Bild gedanklich einmal in Ebenen zerlegen. Immerhin, die beiden Offiziere im Bildvordergrund treten ja beinahe aus dem Bild heraus. Was würde passieren, wenn sie es tatsächlich täten? Was würde das Bild dann zeigen? Würde man dann ernstlich noch davon ausgehen hier befände sich eine Kompanie auf dem Marsch?


Wohl eher nicht. Die beiden Offiziere wirken immer mehr wie vor eine Kinoleinwand platziert, hinter ihnen spielt sich etwas unerhörtes ab, etwas wichtiges. Und auch Moderne Bilder arbeiten natürlich mit dieser Art Bildtiefe und „Ebenen“. Neuerlich erzeugt man damit sogar 3D Effekte.




VI. der Mann in Weiß
Geht man davon aus, dass das Bild in mindesten zwei Ebenen zerfällt, ist die Frage wie Rembrandt diese in Beziehung setzt. Zwei Zentrale Punkte sind der Offizier in Hell und die Frau. Entweder sind Rembrandt hier zwischendurch die Farben ausgegangen, oder aber man könnte Argumentieren – das, da beide fast Farbgleich gehören irgendwie zusammen. Sogar ihre Kleidung scheint enorm ähnlich.

Tatsächlich gibt es dafür einige Indizien. Nimmt man zb den Blick der Frau, so geht dieser direkt durch den Mann in Schwarz durch, zum Gesicht des anderen Offiziers. Und auch dessen Blick geht ins Leere... aber auch etwas in ihre Richtung. Sein Körper neigt sich ihr auch zu. Er tendiert noch mehr zum Bildhintergrund als der Schwarze. Auch die Hellebarde deutet auf einen sexuellen Kontext hin. Auch die Hellebarde gilt als Phallus Symbol – insbesondere da auch sie ein „Stichwaffe“ ist, sie durchdringt etwas. Und hat dabei eben noch recht eindeutig Formen. Ob es tatsächlich Zufall ist, dass die Spitze der Hellebarde die der Helle Offizier trägt direkt aus seinem Schritt zu ragen scheint? Wäre es schwer gewesen für Rembrandt sie etwas zu kürzen oder zu verlängern? Wohl nicht. Hier könnte tatsächlich eine enge, sogar Sexuelle Beziehung zwischen beiden Figuren angedeutet werden... Die Frau als Mätresse des Offiziers, ihr Blick sucht ihn.... seiner sucht sie, aber der Mann in Schwarz schiebt sich dazwischen.



VII. der Mann in Schwarz
Ist nicht der Held des Bildes. Im Gegenteil. Er scheint... ein Kriegstreiber, ein Störer, jemand der Unrecht deckt, Kriege und Fehden anzettelt... Rivalen aus dem Weg räumen lässt. Er drängt sich zwischen die Licht-gestalten, zwischen Beziehungen und... er versucht die Guten zu verführen.

Hier eine kleine Chronologie der Merkwürdigkeiten um den Mann in Schwarz;

* er scheint zivil aufzutreten – aber das ist nur Maskerade. Unter seinem zivilen Kragen scheint der metallische Kriegskragen durch. Im Vergleich zu seinem Begleitoffizier ist er also „versteckt“ in Rüstung. Sein Begleiter trägt seine Waffe und Rüstung offen.
* erinnert sich noch wer daran das er offenbar zwei rechte Handschuhe trägt? Ja, tut er. Die plausibelste Erklärung dafür ist, dass er einen Fehdehandschuh eine Feindes oder Rivalen aufgesammelt hat. Scheint er deswegen besorgt? Nein. Aber offenbar ist hier gerade eine Fehde im Gange.
* der Schatten seiner Hand mit der er verführerisch dem anderen Offizier etwas erklärt... fällt dieser Schatten wirklich zufällig auf den Genitalbereich seines Begleiters? Greift er auf dessen Männlichkeit zu oder auf seine Waffe? Wenn ja würde das bedeuten, er möchte sich seiner Bedienen... ihn sich dienstbar machen. Ein Griff nach seiner Kraft, als Schatten dargestellt.
* das er sich zwischen beide Licht- und womöglich Liebes-gestalten zu drängen scheint... habe ich schon erwähnt.
* das er den Attentäter ver-deckt und verbirgt auch
* das Rot und Schwarz, seine Farben, die Farben des Teufels in der damaligen Zeit sind, wurde aber noch nicht erwähnt. Mit etwas Fantasie kann man auch sein nach hinten gestelltes Bein als Teufelsfuss missdeuten. Die rote Schärpe die weit hinter ihm zu Boden fällt, ist gewiss auch nur ein Zufall und kein Hinweis auf einen... Schwanz. :D
* Und wer auf diesem Bild sieht ihm am ähnlichsten? Gibt es noch einen Mann mit so einem schwarzen Hut, Spitzbart und „zivilen“ Kragen? Ja, die gibt es... ganz rechts. Dieser Mann ist fast genauso ehrwürdig gekleidet und gestaltet (Gesicht)... auch in Schwarz, aber ohne rote Schärpe. Könnte dies ein Rivale sein? Ein Vorgänger oder Nachfolger für den Hauptmann? Man weiß nur sie sehen sich ähnlich in Kleidung und Ansehen. Aber: ausgerechnet der Doppelgänger deutet auch noch auf den Attentäter? Ausgerechnet geht der Schuss in seine Richtung? Und sieht es nicht beinahe so aus als würden die ganzenLanzen im rechten Bildteil fast eine Art Käfig um diese Person bilden... in den man hineinschiesst oder sticht?


Wahnsinnig viele Zufälle für einen „alten Meister“.


VIII. Die Hunde des Krieges
Und sogar der Hund scheint in Richtung des „Ziels“ zu kläffen. Der Ausdruck „die Hunde des Krieges“ von Shakespeare war damals natürlich noch nicht so bekannt und erst 20 Jahre alt. Dennoch wird das Bild heute nicht nur wegen seiner Dynamik als „Anschlag“ auf die Kunst gewertet... es wird in einigen Interpretationen vermutet Rembrandt stellt einen „wahren“ Mord der damaligen Zeit verschlüsselt dar und setzt sich selbst als Zeuge dazu und beschuldigt durch verschiedene Bildsymbole diverse (reale) Personen der Mit-Täter und Mitwisserschaft.

So soll der Hauptmann der realen Figur von Andries de Graeff entsprechen – dem damaligen Regenten und Bürgermeister von Amsterdam (tatsächlich sehen sich beide ähnlich http://de.wikipedia.org/wiki/Andries_de_Graeff) der ein Mitglied der Stadtwache, nämlich Piers Hasselburg, beseitigen lässt durch ein Attentat. Rembrandt, so eine Theorie habe so viele Details, Hinweise und Anklagen gegen die damalige politische Situation im dem Bild versteckt – das jeder Zeitgenosse sie habe sehen müssen. Auch die Mächtigen und Bösen – die er angeklagt habe. Woraufhin sie ihn wirtschaftlich ruinierten (was tatsächlich geschah).



Man muss dieser Verschwörungstheorie nicht glauben. Vieles daran wirkt auf den ersten Blick konstruiert, viele Details habe ich zudem weggelassen. Alles kann man abtun.

Nur... eine wichtige Frage bleibt dann unbeantwortet: Wie kann es einem Meister wie Rembrandt passieren, dass er zwei rechte Handschuhe malt?

Immerhin reden wir hier von einem Bild das 5 Meter gross ist. Das zig Studien und Vorzeichnungen gebraucht hat. Das auf Leinwand vorgezeichnet wurde... dann langsam korrigiert und gemalt wurde. Rembrandt, der Ultrarealist, hatte vielleicht auch schlechte Tage. Aber an diesem Bild hat er zig Monate gearbeitet. Vermutlich sogar mit Schülern und begleitenden Zuschauern. Und die wissen alle nicht wo der linke Daumen sitzt? Diese Argumentation ist noch grotesker als... jede Verschwörungstheorie.


Natürlich kann man sogar das abtun. Wenn interessieren schon zwei rechte Handschuhe von 1642?

Aber das Bild... ist aktueller im Bewusst sein als man glaubt. 1911 sticht ein Exsoldat mit einem Messer auf das Bild ein... 1975 wiederholt ein Lehrer das Attentat auf das Bild. Beide wollen sich am Staat rächen – indem sie ihm dieses Kunstwerk vernichten. 1990 versucht jemand das Bild mit Schwefelsäure zu zerstören. Zählt man die „Beschneidung“ dazu hat das Bild also 4 schwere Angriffe überlebt... eigentlich ein Zeichen wie wichtig es ist.

Und wenn man auch das beiseite schiebt...


IX. John F. Kennedy... und das Attentat auf den Attentäter, made by Rembrandt...
… was würde passieren, wenn das Leben die Kunst imitiert? Was passiert... wenn sich die zentrale weiße Figur und der böse Schwarze bis in unsere Zeit gehalten hätten? Wenn sie heute noch auf Bildern von Attentaten zu sehen sind? Was wenn das Leben solche Situationen imitiert?

Jahrelang haben Rembrandt Forscher nach dem Ort gesucht der als Kulisse für das Bild gedient haben könnte. Gefunden haben sie ihn nicht. Aber – die Szene spielt eben vor einer Mauer und einem Torbogen, einem Durchgang. Auch das kann das Leben imitieren.

Und so wie Rembrandt vielleicht einen echten Mord seiner Zeit festgehalten hat, hat man 1963 den ersten Mord „live“ im TV sehen können. Nein, nicht der von JFK – davon gab es nur Privataufnahmen. Sondern der Mord an seinem vermeintlichen Mörder; Lee Harvey Oswald wird von Jack Ruby vor laufenden Kameras und Fotografen erschossen.

Und Star schrieb... „weil die Blicke der beteiligten Personen in so ziemlich alle möglichen Richtungen gehen, und selbst wenn sich mal welche treffen... scheinen die Gesichtsausdrücke... der Situation irgendwie unangemessen, weil sie viel zu neutral sind.“

Vielleicht deswegen weil so was in der Realität auch heute noch so aussieht?


24.11.1963 Jack Ruby, der Mann in Schwarz, erschiesst Lee Harvey Oswald... den vermeintlichen Attentäter vom JFK, vor den Augen seines begleitenden Wachmanns (in Weiß), währen im Vordergrund die Leute wie unbeteiligt weggehen. (gross: http://img4.wikia.nocookie.net/__cb20130718170431/criminalminds/images/9/90/Ruby_shoots_Oswald.jpg)


...


Weiterführende Links zur Verschwörungstheorie und Bildinterpretation (und auch den von Max angesprochenen Film)
http://de.wikipedia.org/wiki/Nightwatching
http://www.zeit.de/2011/02/Film-Greenaway
http://exiledonline.com/peter-greenaways-battle-with-visual-illiteracy/

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Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #6 am: 08.04.14, 17:59 »
Danke, dass du dir die Arbeit gemacht hast, Leela. Ich fand die Bildanalyse jetzt doch spannender, als ich gedacht hätte, und - auch wenn ich die Interpretation nicht so ganz teile -, kann ich sie diesmal aber absolut nachvollziehen. Ich muss auch sagen, dass ich das Bild bisher nicht kannte, und wenn ich es irgendwo zufällig gesehen hätte, hätte ich wohl nur einen kurzen Blick drauf geworfen. Zum einen, weil ich mit der Epoche nicht so viel anfangen kann, und zum anderen, weil die Bildintention ja doch recht versteckt ist.

Dieser Kommentar schließt mich zwar im Grunde schon von jeglicher weiteren Diskussion aus, aber ein paar Sachen sind mir ja doch noch aufgefallen :deliver. Zwar bezweifle ich irgendwie, dass ich hier viel entdecken kann, was nicht schon anderen Leuten aufgefallen wäre, aber manchmal ist ein frischer Blick ja auch ganz nützlich.

Zitat
Man muss dieser Verschwörungstheorie nicht glauben. Vieles daran wirkt auf den ersten Blick konstruiert, viele Details habe ich zudem weggelassen. Alles kann man abtun.

Nur... eine wichtige Frage bleibt dann unbeantwortet: Wie kann es einem Meister wie Rembrandt passieren, dass er zwei rechte Handschuhe malt?

Vielleicht hält er auch aus irgendeinem Grund den Handschuh von seinem Lieutenant, dessen rechte Hand praktsicherweise nicht zu sehen ist. Ansonsten... macht auch ein Meister vielleicht mal einen Fehler. Je länger ich mir den Schützen (Attentäter) ansehe, desto verwirrter bin ich beispielsweise über seine Pose. Vor allem das sichtbare Bein macht mir Schwierigkeiten. Ich kann nicht richtig erkennen, ob es das linke oder das rechte ist. Wenn es das rechte ist, dass er nach hinten streckt, dann ist das die merkwürdigste und unbequemste Schussposition für einen Linkshänder, die ich mir vorstellen kann (zumindest wenn er die Waffe so hält, wie ich mir denke, dass er sie hält, weil... wie soll er sie sonst halten?). Wenn es das linke ist, dann ist der Fuß zu stark verdreht, was vielleicht auch ein Fehler ist  :duck

Irgendwie habe ich jetzt angst, dass mich Rembrandts Geist des Nächten heimsuchen wird :deli

Das ist zwar sicher kein Fehler, aber ich weiß nicht, was es bedeuten soll, dass die Frau so klein ist. Vor allem, wenn es Rembrandts Frau sein soll?

Was den Vergleich mit dem Oswald-Attentat angeht... na ja, ein gewisser Unterschied zwischen einem kleinen, leicht übersehbaren Revolver und einer großen Büchse gibt es ja schon :)

Für mich hat die Konfusion in dem Bild eher etwas politisches denn etwas militärisches. Als ob dort... Stadträte, oder Adelsgeschlechter - Politiker eben - gezeigt würden, die alle irgendetwas tun und sich dabei recht wichtig fühlen, ohne, dass sie überhaupt wissen, was genau sie tun. Der Mann in Schwarz beispielsweise sieht für mich wie ein Anführer aus, der den Klang seiner eigenen Stimme zu sehr mag und daher gar nicht mitbekommt, was hinter ihm los ist. Der Mann in Weiß - anscheinend nicht viel von seinem Boss haltend - scheint einigermaßen bemüht zu sein, ein interessiertes Gesicht zu machen, während er in seinem Kopf die Tetris-Melodie summt. Hinter ihnen: Aktionismus ohne Ziel - hauptsache beschäftigt aussehen. Einer schießt ins Leere, ein anderer propft seine Waffe, einer schwenkt die Fahen und versucht dabei heroisch auszusehen, zwei andere diskutieren über die Fahne "schwenkt schön, nich?" "Ja ja, nette Farben auch", die zwei rechts, die zwei rechts, sind etwas verwirrt über den Schützen "Guck mal der Depp", wo ein Messer(Schwert?) doch eine viel nettere Waffe ist.. um sie herum: Dunkelheit, imaginäre Feinde(?) und ein paar echte Gefahren (Straßenhund?). Die einzig erleuchtete scheint die Frau zu sein, aber die ist zu klein, die sieht keiner. Aber überhaupt scheint da der eine den anderen nicht zu sehen.






Ich glaube jetzt darf ich nie wieder ein Museum betreten, weil morgen die "Wanted - lassen sie diesen Hutträger nicht rein"-Zettel umhergehen. :deli
"Maybe it's a little early. Maybe the time is not quite yet. But those other worlds... promising untold opportunities... beckon. Silently, they orbit the sun. Waiting."

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Leela

  • Gast
Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #7 am: 08.04.14, 21:24 »
^^

Zitat
Ansonsten... macht auch ein Meister vielleicht mal einen Fehler.

Machen sie sicher. Ich bin nur nicht sicher ob es so grobe sind.
Wenn wir heute "Maler" im Kopf haben, dann sehen wir oft vor unserem inneren Auge einen Mann vor einer Leinwand.

Bei Rembrandt in dieser Phase haben wir es aber mit einem flämischen Meister zu tun, der auch eine "Werkstatt" betrieben hat. Man muss sich das ganze wie einen kleinen Betrieb vorstellen. Da gibt es mehrere Gehilfen und auch Lehrlinge, welche dem "Meister" auf vielfältige Art zur Hand gehen... Das heisst hier im Mal-Prozess sind viel mehr Personen eingebunden als wir das zB von einem VanGogh kennen. Zudem war Rembrandt ein "Lebemann" und zu der Zeit eine kleine Bekanntheit - das heisst er hatte in seiner Werkstatt auf häufig Gäste. Also dieses Bild ist bereits in seiner Entstehung vielen Leuten unter die Augen gekommen...

Nur um das ganze zu untermauern: noch vor gut hundert  Jahren ging man von 700 bekannten Rembrandt Bildern aus. Inzwischen haben Experten diese Zahl auf 350 heruntergestuft. Die "besten" Rembrandt Fälscher waren die Schüler von Rembrant selber. Sie haben selber so nah an Rembrandt gemalt bzw. wurden sogar von ihm beauftragt (und er hat die Bilder dann nur signiert) dass heute relativ sicher ist das Rembrandt sehr viele Schüler ausgebildet haben muss.


Als zweites muss man sich den Entstehungsprozess nochmal vor Augen führen.
- zuerst macht Rembrant eine kleine Skizze wie er sich das ganze etwa denkt
- dann arbeitet er die wichtigen Figuren aus, fertigt teils Einzelskizzen zu diesen an
- sobald dieses Ensemble steht wird es Stück für Stück als Vorzeichnung auf die Leinwand übertragen
- dann wird die Leinwand leicht grundiert
- er dann beginnt der Malprozess der letztlich zum Bild führt

Wie gesagt, bis ein so monumentales Bild fertig ist dauert es Monate. Das Rembrandt und seine Schüler, Gehilfen und Zuschauer einen Fehler über so lange Zeit und soviele produktionsphasen nicht bemerken erscheint mir sehr fragwürdig. 


Eine andere (erweiternde) Interpreation die ich eher von mir abgeguckt habe ist schlicht: Langeweile. Wenn ich wüsste das ich die nächsten 12 Monate nur an einem Bild malen werde... und dabei auch noch alles haarklein Anordnen und supersauber ausführen muss... ich würde allein um mich selbst dabei zu unterhalten kleine Gimmicks in das Bild einbauen. Einfach um mich selber nicht zu tode zu langweilen, wenn es an die "Ausführung" geht. Auch deswegen glaube ich persönlich das viele solcher monumentalen Werke voller Anspielungen stecken... Die Künstler unterhalten sich selber auf diese Weise.
Bin nicht sicher ob Du verstehst was ich meine. :)



Zitat
Je länger ich mir den Schützen (Attentäter) ansehe, desto verwirrter bin ich beispielsweise über seine Pose. Vor allem das sichtbare Bein macht mir Schwierigkeiten. Ich kann nicht richtig erkennen, ob es das linke oder das rechte ist. Wenn es das rechte ist, dass er nach hinten streckt, dann ist das die merkwürdigste und unbequemste Schussposition für einen Linkshänder, die ich mir vorstellen kann (zumindest wenn er die Waffe so hält, wie ich mir denke, dass er sie hält, weil... wie soll er sie sonst halten?). Wenn es das linke ist, dann ist der Fuß zu stark verdreht, was vielleicht auch ein Fehler ist  :duck

So merkwürdig finde ich die Position nicht;



Die Starke Streckung des Beines kommt daher das er von unten nach oben schiesst. Ob er Linkshänder ist - bin ich auch nicht sicher. Wenn er den Abzug mit der rechten Hand betätigt ist er es in meinen Augen eher nicht.


Zitat
Irgendwie habe ich jetzt angst, dass mich Rembrandts Geist des Nächten heimsuchen wird :deli

Lass ein oder zwei deiner Sketch Bücher offen liegen, das versöhnt ihn sicher... oder lenkt ihn ab. Je nachdem. ;)
Solltest Du ihn sogar dazu bringen sie zu signieren bist Du fein raus. :D


Zitat
Das ist zwar sicher kein Fehler, aber ich weiß nicht, was es bedeuten soll, dass die Frau so klein ist. Vor allem, wenn es Rembrandts Frau sein soll?

Also es soll nicht Rembrandts Frau sein... zumindest nicht auf den Bildkontext bezogen. Er hat dieser Frau die gesichtszüge seiner Frau gegeben... das hat... er öfter gemacht. Zum einen stand sie ihm wohl sehr kostemgünstig Modell, zum anderen war es ein Asudruck seiner Verehrung. Aber im Bild selbst soll es nicht seine Frau darstellen. Warum sie so kleinwüchsig ist - ist wirklich schwer zu beantworten. Gerade in der Renaissance haben die Künstler es nicht wirklich geschafft Kinder zu malen - die sahen alle aus wie Erwachsenen. Aber Rembrandt konnte das schon, so dass es hier auch unwahrscheinlich ist, dass die Frau eher ein Kind darstellen soll. Gänzlich ausschliessen kann man es nicht.


Zitat
Für mich hat die Konfusion in dem Bild eher etwas politisches denn etwas militärisches. Als ob dort... Stadträte, oder Adelsgeschlechter - Politiker eben - gezeigt würden, die alle irgendetwas tun und sich dabei recht wichtig fühlen, ohne, dass sie überhaupt wissen, was genau sie tun. Der Mann in Schwarz beispielsweise sieht für mich wie ein Anführer aus, der den Klang seiner eigenen Stimme zu sehr mag und daher gar nicht mitbekommt, was hinter ihm los ist. Der Mann in Weiß - anscheinend nicht viel von seinem Boss haltend - scheint einigermaßen bemüht zu sein, ein interessiertes Gesicht zu machen, während er in seinem Kopf die Tetris-Melodie summt. Hinter ihnen: Aktionismus ohne Ziel - hauptsache beschäftigt aussehen. Einer schießt ins Leere, ein anderer propft seine Waffe, einer schwenkt die Fahen und versucht dabei heroisch auszusehen, zwei andere diskutieren über die Fahne "schwenkt schön, nich?" "Ja ja, nette Farben auch", die zwei rechts, die zwei rechts, sind etwas verwirrt über den Schützen "Guck mal der Depp", wo ein Messer(Schwert?) doch eine viel nettere Waffe ist.. um sie herum: Dunkelheit, imaginäre Feinde(?) und ein paar echte Gefahren (Straßenhund?). Die einzig erleuchtete scheint die Frau zu sein, aber die ist zu klein, die sieht keiner. Aber überhaupt scheint da der eine den anderen nicht zu sehen.

Ich glaube da brauchst Du vor Rembrandts Heimsuchung wenig Angst haben. Ich vermute auch diese Interpreation hätte ihm gefallen - weil sie vom grund her genauso richtig ist und eben den "Kern" der Leistung dieses Gruppenbilds freilegt: eine vielschichtige Dynamik. Nichts ist starr, alles befindet sich im Fluss und wenn man länger hinsieht entdeckt man immer noch etwas neues.

Und eines ist an deiner Interpretation auch bemerkenswert: Sie ist nicht gerade schmeichelhaft. Es ist nicht das heroische Porträt einer schlagkräftigen Truppe das Du da siehst. Allein das macht Deine Interpretation schon sehr interessant, weil sie dem eigentlich Bildzwecke "Besondere Dar- und Herausstellung einer Miliztruppe" vollkommen zuwider läuft. Ich vermute auch deswegen hätte es Rembrandt gefallen. :D
« Letzte Änderung: 08.04.14, 21:27 by Leela »

Max

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Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #8 am: 08.04.14, 21:30 »
Danke für den doch sehr mit Liebe zum Detail verfassten zweiten Teil der Bildbesprechung, Leela.

Also wie auch immer man zu einer Interpretation steht, ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass die Bildkompositionen schon (zumindest hin und wieder) viel mehr hergeben, als es der erste Blick vermuten ließe.
Wie schon andernorts anklang, macht das mMn das Malen und das Anschauen gleichermaßen noch aufregender.

Viele der aufgezählten Interpretationen finde ich sehr plausibel; beispielsweise die Verbindung zwischen der hell gekleideten Frau und dem hell gekleideten Mann, ebenso wie die Sache mit dessen (geraubter) Männlichkeit. Bei der Bildkomposition glaube ich einfach nicht an einen Zufall.

Klar bleiben viele Fragen offen.
(BTW finde ich, dass nicht nur die Frau recht klein ist, sondern auch der Attentäter oder auch der Mann neben dem "Verführten").
Ich habe bei solch einem Thema immer ein wenig die Sorge, dass die zeitliche Distanz da auch unser Feind ist, wenn es darum geht fremde Bildsymbolik zu verstehen. Da sind dann die Kunsthistoriker gefordert, so weit wie möglich in die Mentalität der Zeit einzutauchen und sie uns begreifbar zu machen.

So oder so spricht das Bild aber dann doch eher für sich. Die Sache mit dem Oswald-Attentäter ist zwar eine nette Pointe - aber auch nicht mehr ;) Denn die optischen Übereinstimmungen halten sich in Grenzen und weitere Parallelen müssten noch extremer konstruiert werden.
Ich wäre auch ein wenig vorsichtig, zu viel in die Attentate auf das Bild hineinzuinterpretieren ;) Solchen Angriffen ausgesetzt zu sein, ist nicht unbedingt nur das Schicksal der "Nachtwache" gewesen. Nun ja, es ist immer gut, wenn ein Gemälde solche Attacken übersteht :)

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Antw:Art-ificial Intelligence
« Antwort #9 am: 10.04.14, 17:40 »
Eine andere (erweiternde) Interpreation die ich eher von mir abgeguckt habe ist schlicht: Langeweile. Wenn ich wüsste das ich die nächsten 12 Monate nur an einem Bild malen werde... und dabei auch noch alles haarklein Anordnen und supersauber ausführen muss... ich würde allein um mich selbst dabei zu unterhalten kleine Gimmicks in das Bild einbauen. Einfach um mich selber nicht zu tode zu langweilen, wenn es an die "Ausführung" geht. Auch deswegen glaube ich persönlich das viele solcher monumentalen Werke voller Anspielungen stecken... Die Künstler unterhalten sich selber auf diese Weise.
Bin nicht sicher ob Du verstehst was ich meine. :)

Klar verstehe ich das. Ich bin jetzt kein Rembrandt, der an aufwändigen Bildern lange arbeitet, aber... ich mache ja recht viele Charakterzeichnungen, und irgendwann hat man da auch jede Pose durch, weshalb ich den Leuten ganz gerne Waffen oder Tricorder oder sonstiges Equipment in die Hand gebe, einfach... weil mich das dann wieder ein bisschen fordert. Und dass in viele Bilder kleine Details und Gimmicks versteckt werden - Eastereggs eben - ist ja auch heute noch Gang und Gäbe :)



Zitat
So merkwürdig finde ich die Position nicht;


Der steht aber anders herum. Mit dem Rücken zu uns. Was wir von ihm sehen, ist der Rücken und eben die Schulter. Das heißt, er hat die Linke Hand am Abzug - es sei denn, sein linker Arm ist länger als der rechte. Glaube ich zumindest. Anders macht die Position des Helmes keinen Sinn? Also ich finde der steht mehr so da:



(Hat auch die gleiche Zielgenauigkeit)
Und dafür ist das nach hinten ausgestreckte Bein merkwürdig verdreht. Probier es mal aus - es geht zwar erstaunlicherweise, aber einen sicheren Stand hat man so nicht gerade. Also wenn sie oft nach Modell gezeichnet haben, dann kann ich mir nicht vorstellen, wie das ein Modell länger als zwanzig Minuten ausgehalten haben soll.

Zitat
Ich glaube da brauchst Du vor Rembrandts Heimsuchung wenig Angst haben. Ich vermute auch diese Interpreation hätte ihm gefallen - weil sie vom grund her genauso richtig ist und eben den "Kern" der Leistung dieses Gruppenbilds freilegt: eine vielschichtige Dynamik. Nichts ist starr, alles befindet sich im Fluss und wenn man länger hinsieht entdeckt man immer noch etwas neues.

Und eines ist an deiner Interpretation auch bemerkenswert: Sie ist nicht gerade schmeichelhaft. Es ist nicht das heroische Porträt einer schlagkräftigen Truppe das Du da siehst. Allein das macht Deine Interpretation schon sehr interessant, weil sie dem eigentlich Bildzwecke "Besondere Dar- und Herausstellung einer Miliztruppe" vollkommen zuwider läuft. Ich vermute auch deswegen hätte es Rembrandt gefallen. :D

Nun ja, mit einer Truppe - wenn auch nur mit einer am Militär anlehenden Truppe -, verbinde ich einfach mehr... Disziplin, Ordnung und auch Uniformität. Davon findet man aber gar nichts in dem Bild. Von daher finde ich es erstaunlich, dass man diese Auftragsarbeit überhaupt angenommen hat. Hat sich da keiner Beschwert, oder war sein Name bereits so bekannt, dass sich keiner getraut hat? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass es keinem aufgefallen ist, wie wenig Schmeichelhaft das Bild eigentlich ist?

Zitat
Viele Spieße und Gewehre lassen in ihrer rhombischen Anordnung schon das Ordnungsprinzip der militärischen Übungen ahnen, wie die Lehrbücher und Illustrationen der Zeit sie zeigen. Die Spannung zwischen dem ‚schon jetzt‘ und ‚noch nicht‘ macht den besonderen Reiz dieser Komposition aus.“

Ich kann da kein "schon jetzt" erkennen, nur Konfusion. Alleine der auffällige weiße Anzug des Lieutenants... das wäre doch der erste, der in einem Kugelhagel zu Boden gehen würde. Wie gesagt, ich sehe in dem Bild eher ein Beispiel nichtfunktionierender Gruppen. Wir alle kennen doch solche Arbeitsplätze, Projektgruppen - oder eben auch Politiker-Gemeinschaften, die ganz ähnlich (schlecht) funktionieren, wie auf dem Bild. Mit dem Chef, der nicht mit seinen Leuten steht, sondern abgesondert davor, und der sich gerne reden hört, mit dem zweitplatzierten, der nickt, sich seinen Teil denkt und in Wahrheit die Abteilung selbst führt, und alle anderen, deren Hauptbeschäftigung darin besteht, geschäftig zu wirken. Als ob sie wüssten, was sie tun. Dabei entstehen Sub-Gruppen, Qliqu.... Klickue... Grüppchen eben, die auch gerne mal auf die anderen zeigen und tratschen, und so weiter.

Das ist jedenfalls das, was ich mit dem Bild verbinde. Und so etwas wird es auch immer geben. Das heißt, wenn die Intention hinter dem Bild tatsächlich in so einer Darstellung lag, dann ist es auch in vier-fünfhundert Jahren noch aktuell. Und es ist etwas, das man auch in vier-fünhundert Jahren noch versteht, ohne die Bewandtnis der Kleidung oder anderer Details im geschichtlichen Kontext kennen zu müssen. Und... macht nicht genau das große Werke aus?
« Letzte Änderung: 10.04.14, 17:50 by Star »
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