Autor Thema: Libellen und fliegende Teppiche (Star Trek / NCIS / Aladdin)  (Gelesen 38345 mal)

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CaptainCalvinCat

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Kapitel 11.2

Das Taxi fuhr sie zu dem großen Gebäude, das ihnen Tonys Dad am Wärmsten empfohlen hatte. Er war hier letztes Jahr abgestiegen, um mit Prinz Omar von Saudi Arabien irgend ein wichtiges Geschäft zu regeln. Der Sohn Anthony DiNozzo Seniors konnte sich den überraschten Laut nicht verkneifen, als das cremefarbene Fahrzeug auf die Parkschleife des Hotels zufuhr und der Fahrer sie mit einem freundlichen Lächeln und einem ebenso freundlichen Trinkgeld aus seinem Service entlies.
Wenn er den Begriff „Wolkenkratzer“ nicht einem sinnvollen Kontext zuordnen hätte können, wäre die Frage vermutlich berechtigt gewesen, unter welchem Stein Tony bis jetzt gehockt hatte, aber dieses Gebäude war kein Wolkenkratzer, sondern eher ein „in-die-Wolken-hineinrager“. Er hatte recherchiert – das größte Hotel in Dubai maß 828 Meter in die Höhe. Dieses Hotel jedoch war mindestens nochmal eine Etage höher. Wie man es geschafft hatte, dieses Ding hinzusetzen, ohne Onkel Wiki Pedia über die neuen Umwertungen zu informieren, überraschte ihn wirklich.

Er und Ziva teilten sich ein Zimmer, teilten sich eine Anreise, also war es nur recht und billig, dass sie gemeinsam das Foyer betraten. Und auch hier kam der Senior Special Agent, der gedacht hatte, alles an Protz und Prunk schon gesehen zu haben, aus dem Staunen nicht heraus. Was weniger an Protz und Prunk lag, sondern mehr an der restlichen Inneneinrichtung. Er hatte ja schon viele unfähige Phantomzeichner gesehen und bei seinem letzten, durch Chaplain Faith Coleman aufgezwungenen, Besuch im Kindergarten schon viele Ausgeburten einer albtraumhaften Fantasie – und manchmal alles zusammen – aber, was er hier sah, schlug nicht nur dem Fass dem Boden aus, sondern dem Fass die Krone mitten durch das bekannte Gesäß. Wer auch immer das „Blue Eyes“ – Hotel entworfen und konzeptioniert hatte, erwieß sich als Freund diverser Statuen, die mitunter sehr abstrakt anmuten konnten. So fiel Tony eine Statue einer Frau auf, deren Gesichtszüge extrem süß und deren Proportionen extrem sexy waren. Wer auch immer diese Figur entworfen hatte, musste einen guten Tag gehabt haben. Aber da war auch die Statue eines gewaltigen, weißen Drachen, die in der Mitte des saalartigen Eingangsbereiches thronte. Aber irgendwie kam ihm dieses Gebilde bekannt vor. Noch vor knapp sieben Jahren, als McGee sein erstes Jahr im NCIS-Hauptquartier hatte – war dieses Kartenspiel ein großer Renner gewesen,  das ähnliche Figuren zeigte. Er kam nur gerade nicht auf den Namen. Und als er einen Blick auf den Rezeptionisten warf, der sie anstarrte, verschwand und hinter einer Tür verschwand, an der „Geschäftsführerin“ stand, war es ihm egal. Weswegen machte ein Rezeptionist so einen Aufstand? Er hatte definitiv zu ihnen herübergesehen, zu ihm und Ziva.

Der Rezeptionist hatte sowieso schon einen schlechten Tag gehabt. Seine Chefin hing ihm in den Ohren, was er ihrer Meinung nach alles falsch machte, der Kopf nervte und der Hals kratzte. Es gab Tage, da sollte man lieber im Bett bleiben. Auch die drei Japaner, die vor ein paar Minuten eingecheckt hatten und die er aus den internationalen Presseorganen kannte, hatten ihn nicht sonderlich interessiert, waren mehr ein Hindernis und eine „Annoyance“, als alles andere.

„Heute wird das Schicksal anklopfen.“, hatte seine Chefin ihm gesagt und er konnte nicht umhin, festzustellen, dass sie heute mal wieder das war, was der durchschnittliche Amerikaner vermutlich einen „Nutjob“  - oder einen „Fruitcake“ – nennen würde. Dies schien sie gemerkt zu haben, denn die Frau, von der er objektiv feststellte, dass sie eine wunderschöne, ägyptische Frau war, schaute ihn aus ihren nussbraunen Augen an und begann, zu erklären, wonach er heute Ausschau halten sollte. Besonders die Beschreibung der Frau, die heute ankommen sollte, war interessant. Und als er sie dann sah, in Khaki-Hose und hautengem, der Großwetterlage entsprechend geschnittenem Top, tat er das, was er tun sollte. Er ging zu seiner Chefin.

Diese hängte genau in dem Moment, als er klopfte und den Raum betrat, das Telefon ein, lehnte sich in ihrem Sessel zurück und bedachte ihn mit einem neugierig-amüsierten Blick.
„Und, hat sich das Schicksal erfüllt?“, fragte sie mit sanfter, volltönender Stimme. Als er nickte, erhob sie sich. Anmutig wie eine Prinzessin ging sie an ihm vorbei, lächelte ihm zu und flüsterte ein „Ich übernehme die Beiden.“. Dann schloss sie die Tür und lies ihn allein.

Ziva David blickte die Frau, die sich gerade an die Rezeption begeben hatte, abschätzig an. Kurz „scannte“ sie ihren Körper mit ihren Augen, überlegte, ob sie eine Bedrohung darstellte und trat dann, zusammen mit Tony zu ihr an den Rezeptionstresen.
Die Augen der Israeli huschten einmal kurz zum Namensschild, das die Frau trug und bannten den Namen in ihr Gedächtnis.
Tonys „Schönen guten Tag, mein Name ist David Day, dies ist meine Frau Amelia und ein Freund von uns hat Sie empfohlen“ wurde mit einem sanften Lächeln und einem „Mein Name ist Isis, ich bin die Geschäftsführerin des Blue Eyes “ erwidert.
Soso, die Geschäftsführerin.
Aber wieso sollte ausgerechnet die Geschäftsführerin eine solch herkömmliche Aufgabe, wie das Einchecken von Neukunden übernehmen?
Erneut rief sie sich den Namen der Frau ins Gedächtnis. Isis. Isis Ishtaaru.
Kurz schenkte sie der Geschäftsführerinrezeptionistin ein freundliches Lächeln und sah ihr zu, wie sie ihre schönen, braunen Augen auf den Computer richtete und ihre wohlmanikürten Finger über die Computertastatur tanzten.
Der abgehackte Rhythmus verriet ihr, dass die Rezeptionistin gerade eine Serie von Kürzeln in den Rechner gab und fragte sich, was dies wohl alles zu bedeuten hatte.
„Möchten Sie die Honeymoon-Suite 4?“, fragte Isis und blickte abwechselnd von Ziva zu Tony, „Unser Pärchen Nummer 4 ist gerade abgesprungen und wir haben nur noch eine begrenzte Auswahl an Executive Suites und Junior Executive Suites.“
„Dann nehmen wir die Honeymoon Suite Nummer 4“, erläuterte Tony und schaute zu Ziva herüber, die sich an ihn wandte und sich augenscheinlich erlaubte, sich in seinem Blick zu verlieren. Doch beide nahmen aus den Augenwinkeln die Frau namens Isis war, welche die notwendigen Eintragungen im Computer vornahm.
„Wenn ich fragen darf“, unterbrach die Ägypterin dann nun doch und Tony hob den Blick, um ihr in die Augen zu sehen: „Ja?“
„Könnten Sie mir verraten, wer Sie uns empfohlen hat?“
Tony nickte ein „Natürlich“, griff dann in die Jacke seines zweireihigen Anzuges, um eine kleine Visitenkarte zu Tage zu fördern. Er überreichte sie Isis mit einem Lächeln, sagte „Es war einer ihrer besten Kunden. Anthony D.DiNozzo Senior“ 
Isis blickte in den Computer, schaute dann zu Tony und lächelte: „Anthony DiNozzo Senior? Ungefähr Eins Achtzig groß, graue Haare, sehr sympathisches Gesicht?“
Der Halbitaliener erwiderte ihren Blick und nickte dann einfach. Man musste ja nicht direkt darauf rumreiten, dass er sein Vater war. Schon gar nicht, wenn man sich für jemand anderen ausgab.
„Hier, ihre Schlüsselkarte.“, sagte Isis in diesem Moment, überreichte ihm ein kleines Plastikkärtchen, das ungefähr 10 * 5 Zentimeter groß sein mochte. Vielleicht auch 9,5 mal 6,5 Zentimeter – aber wer fragt nach Details?
Tony jedenfalls nicht. Er griff nach der Karte, nahm sie an und wollte sich gerade verabschieden, als Isis ihn anblickte: „Ach übrigens – es könnte dennoch eine recht laute Angelegenheit werden. Sehen Sie, wir haben vier Hochzeitssuiten und drei von ihnen sind an eine Gruppe von Japanern vergeben, die eine Tripple-Hochzeit gefeiert und nun Tripple-Flitterwochen verbringen wollten.“
„Das kann ja noch nett werden.“, murmelte der Halbitaliener und griff nach seinem Koffer, um ihn zum Lift zu tragen.

Als sich die Tür des Aufzugs hinter ihm und Ziva schloss, blickte die Israeli ihn verblüfft an. Er merkte, dass allein dieser Blick dazu geeignet war, ihm einen Zuckerschock zu verpassen, versuchte, sich mit anderen Sachen zu beschäftigen, aber irgendwann konnte er nicht mehr. Sie anblickend, fragte Tony nur ein Wort: „Was?“

Sie hatte ihn.
Wenn es eine Sache gab, die ihr wirklich Spaß machte, dann war es ihren Tony durcheinander zu bringen. Auch, wenn sie sich zwischenzeitlich in den Haaren hatten, bedeutete dies nicht, dass sie einander nicht zugetan waren.
Ihr fiel da spontan die Situation ein, als sie entgegen besseren Wissens auf ihre körperlichen Bedürfnisse gehört hatten, denn auf Gibbs… wobei – sie würde es nicht missen wollen.
Es war eigentlich nicht Zivas Naturell zu schreien, doch sie merkte erst, dass er es getan hatte, als er es getan hatte.
Die Angst um den vor ihr ausgestreckten DiNozzo raubte ihr den Atem. Verblüffender weise floss zwar kein Blut aus dem durchtrainierten Körper des Halb-Italieners, aber die Gestalt lag hingestreckt dort und gab kein Lebenszeichen von sich.
„Verdammt.“, fluchte sie, ging neben ihm in die Knie und tastete nach seinem Puls. Er war vorhanden, aber er raste, wie ein ICE auf freier Strecke.
„Verdammt, DiNozzo, tu mir das nicht an.“, knurrte sie und…

In diesem Moment krachte die Tür aus den Angeln und mit schussbereit gemachten Waffen standen zwei Personen im Raum. Ein Mann und eine Frau – beide kamen ihr bekannt vor.
„Wer…“, setzte sie an und fand sich im nächsten Moment von ihm angesprungen und auf den Boden gepresst wieder.
„Agatha, Ziel sichern…“
Weiter kam der Mann nicht, in diesem Moment hatte Ziva einen Kampfschrei ausgestoßen und ihr Knie in die Lendenregion des Mannes gestoßen.
Dieser reagierte so, wie sie es von einem Mann vermutet hatte.
Er gab ein „GNNNNGH“ von sich, lies sich von ihr fallen und hielt sich die schmerzende Region.
„Ungh.“, machte er, „Das tat… weh.“

Cal rollte sich auf den Rücken, die Hände in in Schutzhaltung auf die nun vor schmerz pochenden Körperteile gelegt und staunte nicht schlecht, als plötzlich die dunklen Augen Ziva Davids – die er eigentlich nur hatte Schützen wollen – mit Amüsement, Schalk und einer Spur Mißbilligung funkelten, während sie die Waffe, die man durchaus auch als Baretta hätte identifizieren können, griff und sie auf ihn richtete.
„Eine Frau einfach so zu Boden zu reißen? Ganz schlechter Stil, Mister.“, sagte sie mit einem Hauch von Spott in der Stimme.

Jetzt, wo sie jemanden hatte, an dem sie ihre Agressionen ausleben konnte, war die Sorge um DiNozzo zwar noch vorhanden, aber das Gefühl der Ohnmacht, das sie empfunden hatte, war verschwunden.
Und dann, als sie Cal und Agatha anschaute, grinste sie ironisch.
„Sie sind … dieser Verrückte, oder?“
Cal schluckte.
„Sag mal.“, räusperte er sich dann und wandte sich, obwohl er auf den Lauf der Waffe blickte, an Agatha, „Hast Du ihnen nicht die neue Binford 4600 Amnesiegranate verpasst?“
Die angesprochene Frau lachte: „Schatz, offenbar ist Zivas Geist sehr – widerstandsfähig.“
„Man kann auch Stur sagen.“
„Okay,“, sagte Ziva, hob die Waffe und richtete sie auf Cals Stirn, „Captain, was zum Scharfrichter passiert hier?“

Hörbar schluckend schaute der Captain der USS DRAGONFLY zu Ziva herüber und die hübsche Israelin hatte das Gefühl, dass dieser Blick leicht gehetzt wirkte, als wüsste er nicht, was er ihr sagen könne, oder dürfe, aber der Gedanke „Wenn Sie mir nicht den Kopf wegblasen soll, lass ich mir besser eine glaubwürdige Erklärung einfallen“ war definitiv in diesem Blick zu erkennen. Dem gegenüber stand der Blick, den die hübsche Rothaarige dem Mann zuwarf, wenngleich dieser ihn nicht wirklich sehen konnte, da er ja Augenkontakt mit der Frau aus Israel hielt.
„Miss David.“, begann Cal und versuchte ein Lächeln, das aber mehr in Richtung „Karikatur“ ging, „Ich… ich weiß, dass Sie sich um Mister DiNozzo sorgen, aber – glauben Sie mir, es wird sich alles aufklären.“
Damit presste Ziva dem jungen Mann die Mündung des Phasers gegen die Stirn. „Ich warte.“, knurrte sie, mit zu Schlitzen verengten Augen.
„Er… er ist nur betäubt.“, sagte der Mann, der sich ihr als Cal vorgestellt hatte, hastig , „Er wird in einer Stunde wieder aufwachen.“
„Wollen Sie mich verarschen?“, zischte die Frau, packte ihn am Kragen und zog ihn mit sich auf den Boden: „Tasten Sie nach seinem Puls.“
Verwundert blickten die braunen Augen des jungen Mannes in ihre, was sie dazu nötigte, ihrer Forderung mit mehr Druck und einer größeren Lautstärke nahe zu kommen: „ TASTEN SIE NACH SEINEM PULS!!!“
„Agatha?“, fragte der Mann, dem sie die Waffe gegen die Stirn hielt, mit einer Stimme, die nichts Befehlsgewohntes mehr an sich hatte und die Frau, die im Türsturz stand und mit etwas in der Gegend herumfuhrwerkte, das sie von der Größe an eine Zigarettenschachtel erinnerte, zuckte mit den Schultern. Ohne aufzublicken sagte sie: „Vermutlich ist sie gerade gedanklich in ihrem Mossad- Ablauf. Was erwartest Du, wenn man vor ihren Augen ihren Freund abknallt?“
Mit zitternden Händen tastete der junge Mann nach dem Puls Tonys und schaute sie dann an: „F… für einen Phasertreffer ist dieser Puls vollkommen normal. M… meiner würde auch so rasen.“
„Beweisen sie’s.“
Cal schaute die Frau an: „Bitte?“
„BEWEISEN SIE’S!“, donnerte die Frau und Cal zuckte zusammen. Wenn sie deutlich hinsah, könnte Ziva schwören, dass in seinen Augen sogar kleine Tränen schillerten. Ob sie nun aus Angst, Zorn, oder Trotz dort auftauchten, wusste sie nicht.
„Okay, okay.“, machte der Mann, stand auf und ging zum Bett, drehte sich zu Agatha um und nickte: „Mach mal.“
„Bist du verrückt?“, war die Frage der hübschen Rothaarigen und der Captain zwinkerte ihr zu: „Ja  - und?“
„Okay, auf deine Verantwortung. Du bist der Chef.“
Damit hob sie den Phaser und zielte auf seine Brust.
„Schatz?“, sagte er und lächelte schief: „Ich liebe dich.“
„Ich dich auch.“
Damit drückte sie ab.

Kaum, dass Cal von der Wucht des Treffers auf das Bett gefallen war, war Ziva auf den Beinen und tastete nach dessen Puls.
Agatha schüttelte den Kopf und lächelte: „Der Mann ist echt bekloppt.“
Dann fixierte sie Ziva: „Und, was sagen Ihre medizinischen Kenntnisse, Agent David?“
„Sein Puls rast.“
„Sagt er doch.“, meinte Agatha, steckte die Waffe weg und ging auf den am Boden liegenden Tony zu. Dann kniete sie sich neben ihn, tastete nach seinem Puls und nickte. „Japp – Phaserbetäubung, Stärke Drei. In knapp 40 Minuten wird er wieder wach werden – dann hat er zwar einen mordsmäßigen Kater, aber – es wird sich alles auflösen.“
Dann ging sie zu Ziva, tastete nach dem Puls des bewusstlosen Captains und lächelte befriedigt: „Sein Puls rast genau so – ich würde sagen, in spätestens einer Stunde kann ich mit ihm hier abhauen.“
Ziva schaute sie an: „Mo… moment mal, Sie können nicht einfach so abhauen. Wieso schießt jemand auf Tony und warum betäubt er ihn für eine Stunde?“
Agatha zuckte mit den Schultern: „Da fragen Sie mich was.“


Das leise „Ding“, vom Aufzug verursacht, brachte Ziva dazu, sich wieder in die Gegenwart zu begeben und nun machte sie sich daran, „ihrem Mann“ in die Hochzeitssuite Nummer 4 zu folgen. Dennoch konnte sie sich einen kurzen Ausflug in die eigene Gedankenwelt nicht ersparen. Was ging hier wohl vor sich? Sie konnte es nicht genau verorten, nicht „ihren Finger drauflegen“, sie stellte nur fest, dass irgendetwas hier nicht stimmte. Besonders in Kombination mit Tonys Feststellung, dass er glaubte, dass sie beobachtet wurden und dieser merkwürdigen Szene im Foyer, an der Rezeption, kam sie um das Gefühl, dass die komplette Welt um ein gutes halbes Grad gekippt war, nicht herum.
Es war immer noch ihre Welt, die Welt in der das Gras grün war und Blut rot, die Welt in der die Vögel zwitscherten und die Krokodile „roar“ten, die Welt in der sie eigentlich zu Hause waren. Und doch war es irgendwie – sie konnte es nicht anders sagen – „verschoben“. Seit ihrer Begegnung mit Sternenflottenoffizieren und Stargate-Reisenden, seit sich herausgestellt hatte, dass ein Schiff der Föderation irgendwo im Persischen Golf, vor der Küste von Dubai, im Wasser versunken lag.

Die Kollision merkte sie erst, als sie schon auf ihrem Allerwertesten saß. Ihr gegenüber rappelte sich ein junger Japaner auf, dessen Haare wirr in drei von vier Himmelsrichtungen abstanden, kratzte sich verlegen am Kopf und sagte etwas auf Japanisch, das vermutlich eine Entschuldigung sein sollte.
„Kein Problem.“, lächelte Ziva, rappelte sich hoch und reichte ihre Hand dem Jungen, der sie griff und sich wieder in die Stehende wuchtete.
„Sie sprechen englisch.“, stellte er fest, „Entschuldigen. Mein Englisch nicht so gut.“
Und die Israeli konnte dies Nachempfinden. Ihr ging es zwischendurch nicht anders. Diese Anglizismen und Colloquismen, die Tony und McGee gerne verwendeten – zwar hatte sie einige davon schon gelernt und sie hatte einen langen Weg an Entwicklung hinter sich - von der Frau, die sich fragte, warum man Fische in einem Fass erschießen würde oder ein Stachelschwein (zu Englisch: Porcupine) zu einem Porcupig oder Porcuswine machte, zu einer Frau die jetzt schon sehr geübt in der raffinierteren Anwendung der englischen Sprache war.

Sie schenkte dem jungen Mann ein aufmunterndes Lächeln, sagte erneut „Kein Problem“, als plötzlich eine knapp 23-jährige, junge Japanerin aus der Hochzeitssuite Nummer 2 kam und den jungen Mann anschaute. Dieser schien plötzlich sehr zu erröten und in Zivas Kopf machte es klick, als sie die Eiswürfel sah, die auf dem Boden vor sich hinschmolzen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass der junge Mann einen Kühlbehälter transportiert hatte.
„Sie müssen meinen Mann entschuldigen.“, sagte die junge Frau in einem nahezu perfekten, dialektfreien Hochenglisch, „Wir … wir haben heute geheiratet und wollen…“
Sie brach ab, errötete ebenfalls und griff nach der Hand des jungen Mannes.
Irgendwie kam die Frau ihr sogar bekannt vor.
Sie schüttelte den Kopf: „Egal.“
Damit machte sie sich auf den Weg in Suite Nummer 4.

Er hatte gar nicht mitbekommen, überhaupt eingeschlafen zu sein.
Als Tony wieder zu sich kam, lag er im weichen, komfortablen Bett der Hochzeitssuite und bemerkte erst, dass es schon abend war, als er einen Blick aus dem Fenster warf.
Auf die Beine kommend, trat er an das Fenster und schaute auf das Nachtleben, das knappe dreihundert Meter unter ihm pulste. Er hob den Blick, sah eine dunkle Fläche in ein paar Metern Entfernung – das dürfte wohl das Meer sein – und lächelte, als er in der Reflektion des Fensters die Silhouette Zivas sah. Sie trat auf ihn zu, lächelte: „Du bist wach“, und wandte sich dann zum Tisch um.
„Ich habe uns etwas zu Essen bestellt. Gibbs, McGee und Jackson werden auch gleich kommen.“
Damit warf sie ihm einen Blick zu, betrachtete ihn von oben bis unten und zwinkerte dann: „Ich würde an deiner Stelle etwas anderes anziehen. Du willst doch nicht, dass Gibbs vermutet, dass dich ein kleiner Anfall von Jetlag schon umhaut, oder?“
„Du Glückliche.“ , schoss es Tony durch den Kopf, „Du hast ja schon im Flugzeug dein Schlafpensum gehabt.
Aber – sie hatte recht. Das wollte er wirklich nicht.
Also nestelte er an seinem Sakko, zog es aus und stieg dann aus der Hose. Anschließend ging er an Ziva vorbei zur Dusche.
Schließlich war das nichts, was sie nicht schon gesehen hätte.

Gibbs seufzte.
Isis hatte him eine der Executive Suiten zugesprochen und er hatte die Freuden dieser Unterbringung genossen. Eine schöne kalte Dusche, ein Nickerchen im bequemen Bett und ein wirklich sensationeller Ausblick ließen Gibbs beinahe vergessen, dass er einen Auftrag hatte. Beinahe. Ein Blick auf das Meer, in dem gerade die Sonne versank – was den Ozean blutrot wirken lies – erinnerte ihn daran, dass irgendwo dort die DRAGONFLY war.
Gleich morgen würden sie einen Erkundungsgang durch die Stadt erledigen.
Dann stockte er und warf einen Blick auf die Straßenschlucht unter ihm. Nein, es wäre viel zu abwegig, dass eine Person, die dort unten, knappe 280 Meter unter ihm einen so guten Blick auf ihn hätte, dass sie ihn tatsächlich erkennen konnte. Nicht einmal mit einem Scharfschützengewehr wäre das zu schaffen – und wenn, dann garantiert nicht inmitten einer vielbefahrenen Straße. Und doch – er kam nicht umhin, zu denken: „Ich glaube, wir werden beobachtet.“

TBC
Kapitel 11.3

Die ganze Situation erinnerte Tony, bei genauerem Hinsehen, eher an eine Pokerrunde mit alten Freunden, denn an wirkliche Arbeit. Wobei auch Pokerrunden harte Arbeit sein konnten. Die ganze Veranstaltung zu planen konnte ein ziemlicher „Pain in the ass“ sein. Aber wie wunderbar war dann die Belohnung. Mit seinen alten Freunden vom Revier da zu sitzen, zu versuchen, herauszufinden, ob vielleicht gerade Parker, der sonst nie bluffte, sich gerade an genau dieser Kunst versuchte, die Spannung, die einen ergriff, wenn man nicht wusste, ob das Gegenüber ein besseres Blatt hatte als man selbst und die Erleichertung, die ein gekonnter Bluff mit einem lakonischen „I’ll fold“ von Parker oder Mayers kommentiert wurde. Chips standen dann in der Mitte, die Biere neben ihnen und es war das, was Tim Allens Figur „Tim Taylor“ als „Männerabend“ bezeichnen würde. Hier wurden die niederen Instinkte bedient, hier ging es nicht nur um Karten, sondern auch darum, seine Position als „Alpha-Männchen“ deutlicher auszuspielen. Und den Neid zu spüren, wenn man selbst ein besseres Blatt hatte, als der Andere, wenn man tatsächlich nicht geblufft und tatsächlich gewonnen hatte, das war etwas, was ihm, obwohl diese Leute seine Freunde waren, tatsächlich Spaß.

Diese Situation hier erinnerte Tony an genau das – jedoch mit wesentlich weniger Spaß.
Zugegeben, die Begleitung war anregend. Ziva hatte sich, offenbar nachdem sie erfahren hatte, wo sie absteigen würden, eines ihrer besten Kleider mitgenommen und es umschmeichelte ihre atemberaubende Figur, wie ein Lufthauch. Auf ihn wirkte sie in diesem Kleid aufreizend, erotisch, bildnerisch, wie die Venus von Milo, seine eigene Göttin der Lust und der Leidenschaft, Misses…
„DiNozzo“, riss ihn die Stimme Leroy Jethro Gibbs aus den Gedanken. Langsam, fast schon wiederstrebend, fand er sich in die Gegenwart zurück und blickte auf den Tisch. Hier lagen - sorgsam sortiert – mehrere Dossiers, allesamt mit dem Logo des Stargate-Command versehen. Sie hatten die Akten gelesen, sich auf den neuesten Stand gebracht und der Halbitaliener konnte sich nicht helfen – egal wie klar, real und deutlich die Sache mit Captain Cat und Konsorten auch war, er erwartete immer, hereingelegt zu werden. Er erinnerte sich daran, damals als 19-jähriger, junger Mann dazu gezwungen worden zu sein, auf den fünfjährigen Sohn eines Geschäftspartners seines Vaters aufzupassen. Der Mann war Deutscher und hatte seinem Kind eine deutsche Hörspielkassette geschenkt, die der Fünfjährige mit nahezu religiöser Hingabe hörte. Und während Tony sich anfangs schwer tat, die Sprache genauer zu verstehen, so hatte er nach dem dritten Durchlauf den Großteil verstanden und konnte auch heute noch den Introtext der Kassette auswendig hersagen.
„Knight Rider“, würde er, wenn gefragt, intonieren, „Die Abenteuer des Michael Knight. Er kämpft für die Unschuldigen, die Hilflosen, die Machtlosen. An seiner Seite: KITT. Ein Auto, ein Computer, ein Wesen?“ Allein schon dieses ominöse Fragezeichen hinter „ein Wesen“ hatte dafür gesorgt, dass der fünfjährige Rotzlöffel immer die Decke ein klein wenig höher zog, als unbedingt notwendig.
Und in dieser deutschsprachigen Hörspielkassette zur Folge „Der Schwarze Teufel taucht wieder auf“ fand sich eine Textzeile, die Tony seinerzeit irritierte.
So fragte der Protagonist „John“: „Ist das ein Gag? Ist hier irgendwo ein… ein Kassettenrekorder eingebaut? Kommt gleich Kurt Felix an und fragt mich, ob ich Spaß verstehe?“
Ihm ging es da eher genau so, wie dem „Schwarzen Teufel“ K.A.R.R., dem bösen Doppelgänger von K.I.T.T, als er fragte „Wer ist Kurt Felix?“
Erst Jahre später, als er Zugriff auf Wikipedia hatte, hatte sich seine Neugierde durchgesetzt und er hatte erfahren, dass Kurt Felix ein schweizer Moderator war und eine deutsche Fassung von „Candid Camera“ moderiert hatte – in Deutschland: „Verstehen Sie Spaß?“ Es hatte noch eine andere Variante von „Candid Camera“ gegeben, die tatsächlich „Vorsicht – Kamera!“ hieß und die von einem Mann namens Chris Howland moderiert wurde.

Aber so wie John in der Folge „Der Schwarze Teufel taucht wieder auf“ fühlte sich Tony immer, wenn er über „Sternenflotte“ und „Erste Temporale Direktive“ las.
Er lehnte sich zurück, bedachte seine Kameraden und Doktor Jackson mit einem langen, durchdringenden Blick und legte dann den Kopf schief, ehe er aufstand und auf das Fenster zuging.
„Wenn die DRAGONFLY sich tatsächlich irgendwo dort im Ozean befindet, müssen wir eine Möglichkeit finden, sie zu bergen.“
„Schlau gedacht, DiNozzo.“, meldete sich Gibbs zu Wort, erhob sich und trat ebenfalls an das Fenster – aus Tonys Perspektive sah es so aus, als würde sich Gibbs aus dem Dunkel schälen, einfach – in Ermangelung eines besseren Wortes -  „materialisieren“.
Sein Chef bezog neben ihm Position, bettete seine Stirn gegen das kalte Glas des Fensters und blickte hinaus, in das Dunkel der Nacht über Dubai. Wie sollte man das Föderationsraumschiff bergen – dazu musste man es logischerweise zunächst finden und ob ihnen das gelänge, war eigentlich immer noch…

„Jebel Ali.“
Die Stimme Ziva Davids erklang im Raum und Tony wandte sich zu ihr um. „Bitte?“
Ziva erhob sich, trat nun ebenfalls auf das Fenster zu und deutete in die Ferne: „Dort – eine knappe Autostunde von uns entfernt – liegt Jebel Ali. Hierbei handelt es sich um eine Freihandelszone und um einen großen Hafen.“
Gibbs hob den Blick und man konnte ihm ansehen, dass er sich ärgerte, erst jetzt auf die Idee zu kommen: „Natürlich. Jebel Ali – immerhin liegt dort einer unserer Kreuzer vor Anker.“
„Schön und gut“, meldete sich nun Daniel, dessen blaue Augen im Glas des Spiegels erschienen und dessen Pose eine leichte Ungeduld verriet, „Aber was bringt uns das?“
„Wir können doch den Captain des dort vor Anker liegenden Schiffes bitten uns eine kleine Demonstration des Hubschraubers, den sie an Bord haben, zu geben.“, sagte McGee mit einer ungeheuren Leichtigkeit in den Raum hinein, was Daniel dazu brachte, sich zu ihm umzudrehen und dann zu Ziva, Tony und Gibbs zu blicken.
Ein leicht melancholisches Lächeln stahl sich auf seine Lippen.
Irgendwie erinnerte ihn die gesamte Kombination an sein Team – an SG 1.

Und dann erinnerte er sich daran, das er die Frau, die ihnen heute als Empfangsdame gedient hatte, schon einmal gesehen hatte. Kurz versuchte er sich daran zu erinnern, wann dies gewesen sein mochte – und vor allem wo?


 „Daniel Jackson? Ich habe von Ihnen gehört… sie haben doch die These aufgestellt, das die großen Pyramiden als Landebasen für außerirdische Raumschiffe gedient haben, richtig?"
„Landebasen für außerirdische Raumschiffe? Ich bitte dich, Mausebein, wer glaubt denn an so was."


Wo hatte er diesen Satz schon einmal gehört? Und vor allem – wer hatte ihn ausgesprochen? Kurz schloss er die Augen, neigte den Kopf nach hinten und horchte in sich hinein, während die Unterhaltungen zwischen Ziva und Tony, Tony und McGee oder McGee und Gibbs zu einem Hintergrundgemurmel wurden, zu einem störenden Geräusch, das er mit einem einfachen Seufzen ausblendete. Wo hatte er diese Worte schon einmal gehört? Wer hatte sie ausgesprochen?
Kurz sah er – wie von Stoboskopscheinwerfern erleuchtet – die hübsche Empfangsdame, Isis Ishtaaru, entfernte gedanklich die Dienstuniform des Hotels und legte über den rassigen Körper der Frau ein weißes Beduinenoutfit. Es passte und er wusste, dass er sie schon einmal woanders gesehen hatte. Aber wo?
Erneut atmete er tief durch und öffnete dann die Augen.
Ein Lächeln umspielte seine Lippen.
Er wusste wieder, wo er Isis schon einmal gesehen hatte und hauchte nur ein Wort: „Ägypten.“

Ziva drehte sich um, als sie das Wort hörte, trat zu Daniel und schaute ihn an: „Sind Sie in Ordnung, Doktor Jackson?“
Eigentlich wollte sie es nicht, aber sie konnte nicht verhindern, dass Besorgnis in ihrer Stimme hörbar wurde. Der Anthropologe schien ihren Widerwillen gar nicht zu bemerken, schaute sie an, lächelte freundlich und sagte: „Mir geht es gut, Agent David. Machen Sie sich um mich keine Sorgen.“
Er ging zur Tür: „Ich muss nur kurz mit jemandem etwas besprechen.“
Damit drehte er sich noch einmal um: „Ach – wann treffen wir uns morgen?“
„Wie kommen Sie darauf, dass Sie mit dabei sind?“, fragte Gibbs und Daniel zuckte mit den Schultern: „Ich dachte nur, dass wir uns nicht allzu sehr aufteilen sollten, wenn wir sowieso draußen unter Beobachtung stehen.“
Nun schaute Gibbs ihn an, bohrte förmlich seinen Blick in Daniels Augen: „Woher wollen Sie wissen, dass wir unter Beobachtung stehen?“
„Ach kommen Sie.“, setzte Daniel an, stockte, als lausche er verwirrt seinen eigenen Worten und zuckte dann die Schultern. Leise sagte er ein „Ich hab zuviel Zeit mit Jack O’Neill verbracht“, ehe er die Hände in die Hosentaschen stieß und zu Gibbs herüberkam: „Ist das nicht offensichtlich? Sie Alle haben es doch bemerkt, seit wir den Flughafen verlassen haben, oder?“
McGee wandte sich ihm zu, nickte dann und deutete nach unten, irgendwohin, knappe dreihundert Meter unter ihnen: „Da ist er.“
„Ich glaube eher, es ist eine Sie.“, korrigierte Ziva und zuckte mit den Schultern: „Fragt mich nicht wieso – vielleicht ist es weibliche Intuition – aber, ich bin mir fast sicher, dass unser ‚Observer’ eine Frau ist.“
Tony blickte in die Runde.
„Könnte es nicht unsere rattenscharfe Empfangsdame Schrägstrich Hotelchefin sein?“
„Nein“, schüttelte Gibbs den Kopf, nur unterbrochen von einem amüsierten „Rattenscharf, soso“ seitens Ziva.  Auch Daniels Kopfschütteln war mehr als deutlich: „Nein, Special Agent DiNozzo – Isis hat mit der Sache nichts zu tun.“
„Und woher wissen Sie das?“
Der Anthropologe zuckte mit den Schultern: „Ich hab sie vor acht Jahren in Ägypten kennengelernt. Damals war sie Mitglied eines antiken Kultes – merkwürdig, definitiv, aber nicht feindselig. Und überwachend“ damit deutete er nach draußen, „schon mal gar nicht.“
„Antiker Kult?“, hob nun McGee den Blick und schaute zu ihm herüber; „Welche Art von antikem Kult?“
„Schon mal etwas von sogenannten Milleniums…“, setzte Daniel an, unterbrach sich dann aber, als er den Blick von Gibbs wahrnahm. Wenn der Senior Special Agent auch nur halb so reagierte, wie Jack, dann war er kein Freund langer Vorreden. Also blickte der Anthropologe wieder zu McGee und lächelte: „Erzähle ich Ihnen später, Special Agent McGee. Jetzt würde ich gerne erst einmal mit Isis reden.“
Er konnte Gibbs und seinen Konsorten ansehen, dass sie über diese Entwicklung nicht sonderlich glücklich waren und zuckte mit den Schultern: „Wenn Sie möchten, kann mich ja jemand von Ihrem Team begleiten, Gibbs.“
Und gerade, als er noch etwas sagen wollte, traf ihn erneut ein Flashback.


Die Verachtung des Mannes, die er für die Theorie Daniels hatte, war mehr als nur offenkundig und als die Frau, die der Mann „Mausebein“ genannt hatte, etwas sagte, steckte sich der Typ eine Zigarette an.
„Mausebein“ blickte zu ihm – Daniel: „Ja, ich habe gehört, diese Theorie hat Sie Ihre Reputation gekostet, richtig?"
„Das stimmt… und wer sind Sie, wenn Sie schon so viel über mich wissen?"
Ein freundliches Lächeln legte sich auf die Lippen der jungen Frau:  „Ich bin Ran Mori, und das ist mein Vater…"
Daniel war starr: „Sagen Sie nicht… ihr Vater ist der berühmte Meisterdetektiv Kogoro Mori."
Kogoros Gesicht machte eine Metamorphose durch. Hatte man vorher noch einen Gesichtsausdruck gesehen, der an einen Biss in eine Zitrone erinnerte, sah man jetzt ein freundliches Lächeln.
„Sieh an, Daniel. Machst Du dir Freunde?"
Kogoro drehte sich um. Von einer Sekunde zur anderen schien es in seinen Augen zu funkeln, wie bei einem Frischverliebten.
Direkt vor ihm stand eine attraktive, blonde Frau in Top und Shorts.
Die junge Frau reichte dem Privatdetektiv die Hand und sagte mit einem strahlenden Lächeln: „Guten Tag, mein Name ist Samantha Carter."
Kogoro kicherte, was Ran zum Intervenieren nötigte. Sie stieß ihrem Vater den Ellbogen in die Rippen.
„Das ist Ran Mori, das ist ihr Vater Kogoro, seines Zeichens Privatedetektiv…"
„Ja, is’ ja nu` ganz Nett, das wir uns alle vorgestellt haben.“, meldete sich der Mann an der Rezeption, rollte mit den Augen und drehte sich zu Daniel und Sam um. Doktor Jackson konnte nicht verhindern, dass ihm die Kinnlade herunterklappte. War das nicht…?
„Mund zu, Herz wird kalt.“, grinste die Frau an der Rezeption im zu, „Ja, wir sind es.“
Sam und Daniel blickten sich überrascht an. Die ersten Worte, die Daniel zu der Situation fand, beschrieben sie immer noch am Besten: „Du bist alt geworden, Cal.“
Meisterdetektiv Mori blickte den Starfleetcaptain verblüfft an: „Was, den kennen Sie auch?“
Der Mann, der tatsächlich aussah, redete und sich bewegte, wie Captain Calvin Cat, allerdings ein paar Jahre älter, zuckte mit den Schultern, zwinkerte Mori zu und sagte: „Ich sagte doch – ich bin weit rumgekommen.“
„Als Agent der Traceless-Task-Force?“, fragte der Privatdetektiv und blickte den Captain ein bischen mißtrauisch an, so, als ob er ihm nicht glauben würde, „Oder sind Sie jetzt doch Journalist bei der DEJ-Press? Oder arbeiten Sie doch beim DKA, dem deutschlandweiten Kriminalamt?“
Die Überraschung, die in Sams grau-blauen Augen geschrieben Stand, wurde noch größer. Traceless-Task-Force? DEJ-Press, die deutsch-englisch-japanische Presseagentur, die für so weltbewegende Journale wie die Frau im Bruchglas oder die Ticketblume verantwortlich zeichnete? Oder das deutschlandweite Kriminalamt? Von dieser Organisation hatten weder Daniel noch Sam jeh gehört.


Daniel konnte sich nicht helfen – die komplette Situation mit Cal, Agatha und unterschiedlichen Treffen zu unterschiedlichen Zeiten im persönlichen „Timestream“ – das alles erinnerte ihn sehr an den Doktor und River. Andererseits blieb das Leben so immer spannend. Und was für eine fantastische Geschichte sich nach der Situation in Ägypten ereignet hatte? Damals hatte Traceless Anschläge auf Conan Edo…
Daniel stockte.
Moment mal, waren nicht in der Hochzeitsstuite ebenfalls 6 Japaner abgestiegen?
Er wandte sich an Ziva: „Ich weiß, die Frage mag ein wenig merkwürdig sein, aber – habt Ihr rein zufällig einige der Mitbewohner dieser Etage kennengelernt?“
Ziva nickte: „Ja – einen Jungen, der ungefähr 16 sein mochte und eine knapp 23-Jährige Schönheit von Frau.“
Kurz überlegte der Anthropologe, zog dann sein Handy hervor und begann, nach Bildern zu suchen. Er blickte über den Rand seines Mobiltelefones hinweg zu Ziva und lächelte: „Es hat Vorteile im SGC zu arbeiten. Wir haben die ganzen coolen Sachen schon Monate, bevor sie im Handel sind – oder auch sogar Jahre.“
Damit drehte er das Handy zu Ziva um, damit sie einen Blick auf das Display werfen konnte.
Dort fand sich ein „Group Shot“ – also eine Gruppenaufnahme – von ihm, Sam, einer wunderschönen rothaarigen Frau, die Agatha sein könnte, wenn sie 10 Jahre älter wäre, ein Mann, der unter den gleichen Vorzeichen als Cal durchgegangen wäre, ein großer, beinahe schon schlacksiger 40-jähriger Mann in pflaumenblauem Sakko, eine junge 16 Jährige Frau, mit einem 6-Jährigen Kind auf dem Schoß, das irgendwie gar nicht glücklich war, fotografiert zu werden – und die 23-Jährige Frau als Teenagerin.
„Ja – das ist sie.“, sagte Ziva knapp.
Daniel lächelte: „Wisst Ihr, mit wem ihr auf einer Etage wohnt?“
„Nein“, zuckte die Israeli mit den Schultern, „Müssen wir die kennen?“
„Nicht wenn das Kultspiel von vor 8 Jahren an euch vorbeigegangen ist  -Duel Monsters.“
Damit deutete er auf das Display: „Diese Frau heißt mit bürgerlichem Namen Anzu Mazaki. Dann ging sie aber in die USA, um dort Schauspielunterricht und Tanzausbildung zu genießen. Sie wurde auch ziemlich berühmt, aber ‚Ääänssuu’ schien niemand aussprechen zu können. Also benannte sie sich um und heißt jetzt „Thea Gardner“ – und offenbar hat sie hier heute geheiratet.“
„Ja, einen Mann mit einer sehr eigenwilligen Frisur.“, nickte Ziva und Daniel legte den Kopf schief: „Haare in drei Richtungen abstehend und in drei unterschiedlichen Farben?`“
„Ja?“
„Was ist denn los?“, fragte nun Gibbs und trat an die Beiden heran, „Wollen Sie nun zur Rezeption, Doktor Jackson, oder nicht?“
„Schon, aber erst einmal würde ich gerne in der Hochzeitssuite von Thea Gardner vorbeischauen und ihr gratulieren – schließlich hat sie ihn geheiratet.“
„Wen?“, fragte nun Tony und kam ebenfalls näher.
„Den König der Spiele.“, lächelte Daniel,  „Yugi Muto“
To be continued

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Kapitel 11.4
“Yugi Muto?”, echote McGee, hatte sich nun verblüfft umgedreht und war zum Rest der geselligen Runde geschlendert, „ Der Yugi Muto?“
Daniel konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Es hätte ihn überrascht, wenn er, Timothy McGee, über die ganzen Geschehnisse nicht im Bilde gewesen wäre. Und tatsächlich, auf Gibbs leicht genervtes „Wer ist Yugi Muto“ wandte sich McGee an ihn und zuckte mit den Schultern: „Der König der Spiele, Boss. Ins Besondere des sogenannten „Duel Monster“-Spieles.“
Damit blickte er zu Ziva: „Erinnerst Du dich daran, wie wir den Waffenhändler Arnold Richard Matthew Sven Dealer verhaftet haben?“
Ziva richtete ihre nussbraunen Augen auf den Agenten: „Wenn Du damit den Typen meinst, A.R.M.S.dealer meinst, der dann aussagte, dass seine Initialen die perfekte Begründung dafür wären, ein Waffenhändler zu sein, dann ja.“
„Genau den meine ich“, nickte McGee, „Aber er hatte ja nicht nur ein nettes Arsenal an Waffen in seinem Versteck, sondern auch gleich mehrere gefälschte Tradingcards. Erinnerst Du dich?“
Die Israeli legte den Kopf schief: „Dunkel – mehr als Dunkel. Aber ich glaube es Dir, wenn Du es sagst. Aber eines würde mich brennend interessieren.“
Damit wandte sie sich an Tony: „… nämlich, warum Du dich ausgerechnet David Day genannt hast.“
Ein leises Pruste McGees, das sich einem nich minder leisen „Das erinnert mich jetzt sehr an River in der Doktor Who-Folge „The big bang“ anschloss, wurde durch einen wütend-vernichtenden Seitenblick Zivas und Tonys erstickt, ehe der Halbitaliener sich räusperte.
„Das heit einerseits mit den Initialen zu tun. D.D: kann man sich halt sehr einfach merken.“
Daniel blickte ihn an: „Und kann es sein, dass dies ein Pseudonym ist, bei dessen Entstehung man ein wenig um die Ecke denken muss?“
Stolz nickte Tony, ehe er sich an Ziva wandte, seinen Rücken durchdrückte, wodurch er ein wenig größer wirkte und zu ihr herablächeln konnte.
„Aber es macht nichts, dass Du es nicht verstehst – ich bin gerne bereit, Dir zu helfen.“
Ziva zuckte mit den Schultern: „Lass mich raten. Um die Ecke denken, also – einerseits einen Teil ins Gegenteil verkehren. Zu David fällt mir kein Gegenteil ein – aber zu „Day“. Das Gegenstück zu Day ist Night. Wenn Du jetzt Gabriel Day genommen hättest, wäre ich eventuell auf den Erzengel Gabriel gekommen. Ein weiterer Erzengel ist natürlich Michael… also wäre es vielleicht Michael Night – oder Michael Knight. Und da Michael Knight von David Hasselhoff gespielt wird, wäre auch klar, wie Du auf David gekommen bist.“
Erneut zuckte sie mit den Schultern: „Es könnte natürlich auch sein, dass Du das David auf die englische Aussprache meines Nachnamens zurückgeführt hast und mir somit eine Referenz erweisen wolltest. Aber ich bleibe bei dem aus Day werdenden Night, respektive Knight.“
Das fassungslose Schweigen von Tony wurde von einem klatschenden Geräusch abgelöst, das entstand, als Gibbs der israelischen Frau mit voller Wucht und vollem Respekt auf die Schulter klopfte. Anerkennend nickte er ihr zu, sie blickte zu Daniel, zwinkerte kurz und wandte sich dann an McGee: „Also – was war das jetzt mit den Duel-Master-Karten?“

Als Anzua wieder zu sich kam, hatte man sie an eine Wand gelehnt. Sie streckte ihre langen Beine und rappelte sich auf.
„Yugi, was war das?", fragte sie den Jungen, hoffte auf eine Antwort… doch da durchzuckte es sie wie ein Blitz.
Yugi hatte sich in die Schussbahn geworfen. Wahrscheinlich war er sogar tot.
Ihre Beine gaben wieder nach, sie sank auf die Knie, ihre braunen Augen füllten sich mit Tränen.
Sie schluchzte. Ihr Yugi war tot… und nun begann sie, die Einsamkeit zu fühlen. Normalerweise wäre er jetzt erschienen, hätte ihr die Hand auf die Schulter gelegt, aufmunternd gelächelt, und mit volldröhnender Stimme gesagt: „Keine Sorge, Thea, wir werden ihn retten."
Er allerdings war jetzt nicht mehr in der Lage, sie aufzumuntern. Er war schließlich zusammen mit Yugi gestorben.
Die Trauer über den Tod ihrer beiden Freunde packte Anzu und zwang sie zu einem hemmungslosen Schluchzen.
Von Trauer geschüttelt kauerte sie am Boden, in der kleinen ägyptischen Gasse.
Und im Höhepunkt ihrer Trauer, als sie die Welt zerstört glaubte, legte ihr jemand die Hand auf die Schulter.
„Yugi, du bist nicht…?", setzte sie freudig an, sprang auf und drehte sich um… doch da war nur dieser kleine Junge aus dem Flugzeug.
„Was ist passiert?“


Anzu Mazaki öffnete die Augen und fand sich in der Realität wieder. Die Sonne Dubais schien in ihr Hotelzimmer, sie spürte den nackten Körper ihres Geliebten, ihres Ehemannes neben sich und kuschelte sich noch einmal gegen seine Brust, ehe sie seufzte und dem Bett entstieg. Dem schlafenden Yugi Muto einen Blick zuwerfend, begann sie damit, ihre Blöße mit Unterwäsche zu bedecken. Sie schüttelte den Kopf.

Yugi Muto, der Spitzenduellant vergangener Tage und nun selbst erfolgreicher Spieletester der Kaiba Corporation, die ihren Geschäftshauptsitz in Domino hatte, war nun endlich ihr Mann. Sie hatte seit sie sich im Kindergarten das erste Mal gesehen hatte, eine starke Affinität für Yugi, eine Leidenschaft die zunächst rein platonischer Natur war. Doch seit der Sache mit dem Ausbrecher 777, der sie in der Burger World Filliale in Domino, in der sie seinerzeit noch gejobbt hatte, um sich ihr Tanzstudium in New York zu finanzieren, schwelgte sie in stiller Liebe für ‘den Jungen mit der Stimme’, wie sie ihn nannte.

Ausbrecher Nummer 777 hatte sich, nachdem er das Domino-Gefängnis verlassen hatte, auf die Art, wie man es von seiner Bezeichnung her erwartete, durch den Domino-Wald geschlagen und war schließlich bei Burger World gelandet. Er nahm Anzu Mazaki als Geisel, verpasste ihr eine Augenbinde, und, als sie Yugi warnen wollte, ihr und dem Ausbrecher nicht zu nahe zu kommen, schlug er sie nieder. In diesem Moment setzte sich bei Yugi eine Transformation in Gang, was weder von Anzu, noch von Yugis bestem Freund Jonouichi bemerkt wurde. Yugi hatte die Welt verlassen, und an seine Stelle war ein altes Geschöpf getreten, das seid einigen tausenden von Jahren auf der Welt wandelt - der Geist eines Weltenlenkers, eines Pharaos des alten Ägypten.
Dieser Geist wurde von Anzu, durch ihre Augenbinde bedingt, als ‘der Junge mit der Stimme’ betitelt. Er hatte sie damals mit einem ‘Spiel’ gerettet, eigentlich eine fast wahnsinnige Mutprobe, die daraus bestand, das der bewaffnete Ausbrecher 777 und ‘der Junge mit der Stimme’ einander gegenübersaßen und nur einen Finger bewegen durften.


Der bewaffnete Ausbrecher wählte seinen Zeigefinger, er wähnte sich durch seine Bewaffnung in Sicherheit. Der Effekt verstärkte sich, als ‘der Junge mit der Stimme’ den Daumen als seinen Finger wählte, den er bewegen wollte. Nummer 777 hielt den Jungen für völlig irre, hatte er doch eine Waffe. Die Tatsache, das er mit der linken Hand sein Glas mit Alkohol, 90%igem Wodka, füllte wurde ihm zum Verhängnis. ‘Der Junge mit der Stimme’ ließ ein Feuerzeug aufschnappen und Nummer 777 glaubte sich sicher und ließ sich erstmal in aller Seelenruhe von Yugi/’Dem Jungen mit der Stimme’ seine Zigarette anzünden. Und nun wurde der Haken sichtbar, denn in einer schnellen Bewegung platzierte Nummer 777’s Widersacher das Feuerzeug auf dem Handrücken der Hand, die der Ausbrecher benutzte um das Glas mit Wodka zu befüllen. Die glühende Zigarette im Mund, der Revolver in der Hand und das Feuerzeug auf dem Handrücken - das alles reichte für ein klassisches Schachmatt. Und als dann die Zigarette des bis zuletzt siegessicheren Ausbrechers den Alkohol entzündete und den Kriminellen in eine Flammenseule verwandelte, deren Spuren auch heute noch von Anzu, in ihrer Position als Leiterin der Filliale in Ehren gehalten wurden, hatte ‘Der Junge Mit der Stimme’ Anzus Hand erfasst und sie mit sich gezogen.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich in den ‘Jungen mit der Stimme’ verliebt und es wurde ihr immer präsenter, das dieser Junge dann auftrat, wenn sie in Schwierigkeiten steckte. Beim sogenannten Death-T-Tournier, einer wahnsinnigen Ralleye durch das Innere des Kaiba-Towers, inszeniert und organisiert von Seto Kaiba, dem Multimediamagnaten, gestand Yugi seinen Freunden Jonouichi und Anzu, das er seit er das Milleniumspuzzle gelöst hatte, immer wieder das Bewusstsein verlor - und das diese ‘Bewusstseinsverluste’ immer dann auftraten, wenn sich ‘der Junge mit der Stimme’ zeigte. Nun wusste Anzu, das Yugi sie sowohl bei dem Vorfall mit Ausbrecher Nummer 777, als auch bei dem Vorfall mit dem „Wahrsager“ Kokurano, bei dem sie chloroformiert und halbbewusstlos in der Ecke lag, gerettet hatte. Nun eigentlich nicht Yugi, sondern Yami, wie man ihn alsbald nannte, da er während seiner ersten Erscheinungen eine sehr finstre Seite zeigte, was verständlich ist, wenn man einige tausend Jahre in einem Artefakt verschlossen ist und erst nach Ablauf dieser Frist seine Macht wiedererhält.


Was war in den letzten Jahren nicht alles passiert? Da waren die ganzen Duelle, in denen sie gekämpft und meistens als Sieger hervorgegangen waren – allen voran natürlich Yugi selbst. Er war der König der Spiele, hatte bislang noch jedes Spiel – egal ob auf dem Computer oder Analog – nach kurzer Eingewöhnungsphase so beherrscht, dass er zu einer fast unbesiegbaren Kraft wurde und hatte seinen Titel als Duel-Monster-Champion nicht nur einmal gegen Leute wie Seto Kaiba verteidigt. Das alles war zwar mithilfe eines antiken, ägyptischen Pharaonengeist, der in der Zeit der Pyramiden auf den Namen „Atem“ hörte, bewerkstelligt worden, aber im Laufe der Jahre hatte sich Yugi selbst zu einem großartigen Spieler entwickelt, der die Hilfe des Pharaos nicht benötigte. Genau 8 Jahre war es nun her, seit Yugi im Duell gegen Atem obsiegt und es dem Pharao ermöglicht hatte, ewigen Frieden zu finden.

Sie, Anzu, hatte zwar eine schwache Stelle in ihrem Herzen für Yugi reserviert, wirklich interessant fand sie allerdings den Pharao, weil dieser so düster und geheimnisvoll war. Es dauerte dann erst ein paar Jahre, ehe sie sich an den Gedanken gewöhnt hatte, dass der Pharao nun endgültig nicht mehr wiederkam. Diese Zeit hatte sie in Amerika verbracht. In New York hatte sie ihre Ausbildung zur professionellen Tänzerin abgeschlossen und ihre ersten Auftritte absolviert. Den Namen Anzu konnte sie allerdings schlecht vermarkten, also musste sie sich einen Namen zulegen, der mehr „amerikanisch“ wirkte – vielleicht kam sie über die Kunst der freien Assoziation zu einem entsprechenden Künstlernamen?

In dem Restaurant, in dem sie gerne nach den Proben ein paar kühle Getränke zu sich nahm, benetzte sie ihre Lippen gerade mit einem eiskalten Eistee, als sie stutzte. Das Getränk war lecker, aber besonders fiel ihr die Geschmacksrichtung auf. „Geschmacksrichtung Pfirsich“, grinste sie. Das passte ja. Ihr Name – Anzu – bedeutete Pfirsich. Also schrieb sie den Namen des Getränkes auf „Ice Tea Peach“ und ging am nächsten Tag zu ihrer Agentur.

Die freundliche Dame erklärte ihr, das Peach ein geschützter Markenname für eine Prinzessin aus einem Videospiel sei – peinlich, gerade das hätte sie wissen müssen – und der Name „Ice Tea“ an einen Rapper vergeben war. Ice Tea Peach erschien ihr zu lang. Aber Tea Peach gefiel ihr irgendwie, wenngleich auch hier die Frau am Schalter meinte, dass dies kein guter Name wäre. Nichts desto Trotz setzte sie sich am nächsten Tag in die Bar, in der sie die Eistee-Begegnung gehabt hatte und wechselte ein paar Worte mit dem mal wieder anwesenden Dauergast, der über einem Schreibblock gebeugt saß und über Namenskombinationen grübelte. Das tat er zum vierten Mal in dieser Woche.

Die beiden kamen ins Gespräch und es zeigte sich, dass er die selben Namensfindungsprobleme hatte, wie sie. Irgendwie schien er einen Narren an den Namen „Storm“ gefressen zu haben, aber alle Vornamen, die er ihr aufzeigte, wurden mit einem Kopfschütteln der hübschen Asiatin quittiert. Dann blickte sie ihn an und sagte knapp: „Nehmen Sie doch Derek.“
Erst sehr viel später sollte sie wissen, was aus ihrer Namenslaune Derek in Kombination mit dem Nachnamen „Storm“ geworden war. Dafür hatte der junge Mann auch einen Tipp für sie.
„Thea gefällt mir“, hatte er gesagt, „Aber Peach – ich weiß nicht. Das ist zu einfach, zu gradlinig. Doch, wo wachsen Pfirsiche für gewöhnlich? Auf einer Plantage oder im Garten. Und wie nennt man einen Mann der im Garten arbeitet? Gärtner. Versuch es mit Thea Gardner.“
Anzu hatte den Kopf schiefgelegt und festgestellt, das „Thea Gardner“ tatsächlich nach etwas klang.

Anzu zog sich gerade den Rock über die Beine und schloss den Knopf, als es an der Tür klopfte.
„Wer kann das sein?“, murmelte sie und wusste, dass sie nur dann eine Antwort erhalten würde, wenn sie nachschaute. Also machte sie sich auf den Weg, zu tun, als wie es ihr vom Schicksal geheißen wurde. Sie öffnete die Tür und blickte in zwei blaue Augen, die zu einem europäisch- oder amerikanisch anmutenden Gesicht mit Kurzhaarfrisur gehörten. Ein paar Sekunden musste sie überlegen, woher sie die Person kannte, dann grinste sie: „Doktor Jackson? Was tun Sie denn hier? Vor allem – so weit ab von Ägypten oder Dallas?“

Der Mietwagen rollte in einem angemessen-schnellen Tempo über die Straßen Dubais, auf der Straße, die die Passagiere zum Freihandelshafen führen sollte. Im Inneren konnte sich McGee gar nicht an den vorbeiziehenden Hochhäusern, Wolkenkratzern und Mega-Gebäuden sattsehen. Rein aus architektonischer Sicht waren die hier entstandenen Gebäude eine Meisterleistung und wenn er ehrlich war, würde er gerne einmal wirklichen Urlaub in einem dieser Hotels machen – am Liebsten hoch oben, mit einem wunderschönen Rundumblick auf Dubai. Gestört wurde die ganze Atmosphäre dadurch, dass auf dem Beifahrersitz Anthony DiNozzo Junior das Radio des Leihwagens nach einem Sender durchsuchte, der ihm gefiel. So wurden selbst wunderschönstes, arabisches Liedgut zu einer nicht enden wollenden Kakophonie. Auch Radiomeldungen, die eventuell interessant sein könnten, wurden übersprungen.

Das ging solange, bis Gibbs seinem Stellvertreter einen seiner berühmt-berüchtigten, mörderisch-genervten Seitenblicke schenkte, woraufhin die Hand des Halbitalieners vom Sendestationsuchlaufknopf zurückschreckte, als sei der Knopf plötzlich mehrere Millionen Grad heiß geworden.
McGee konnte sich nicht verkneifen, wenigstens zu denken dass das Tony vermutlich sogar recht geschähe und es wunderte ihn eigentlich gar nicht mal so sehr, dass sowohl Tony, als auch Gibbs in den Rückspiegel blickten. Wieso konnte sich der Romancier den Gedanken nicht verkneifen, dass seine beiden Vorgesetzten zum Gedankenlesen in der Lage waren, wenngleich sie es eigentlich nicht sein sollten? Er blickte zur neben ihm sitzenden Ziva, die sich ganz bequem auf ihren Platz der Rückbank hatte sinken lassen, die Beine übereinandergeschlagen und ebenfalls aus dem Fenster schauend.
Ob auch sie seine Gedanken lesen konnte?
„Ziva“, dachte er, „Du bist, wenn Du so da sitzt, wunderschön.“
Das war noch nicht mal irgendein Trick, es stimmte. Ziva David war einfach eine wunderschöne Frau, aber – anscheinend – war sie mit Tony zusammen und er bezweifelte, dass er irgendwelche Chancen bei ihr haben könnte. Und da sie sich nicht zu ihm umdrehte und ihn fragte, was das gerade war, konnte zumindest sie keine Gedanken lesen. Tony anscheinend auch nicht, denn ansonsten hätte es wieder böse Seitenblicke gehagelt.
Also konnte er sich in aller Ruhe an der herrlichen Aussicht erfreuen, die einmal in der schlanken Gestalt Zivas vor sich bestand und dann an der, nun in der Ferne auftauchenden, sogenannten „Dubai Pearl“, eines noch in Bau befindlichen Gebäudes, das ein „Hochhauskomplex“ werden sollte. Folgte man dieser, sich nun bildenden, Abzweigung und fuhr auf die Perle und den Kreisverkehr zu, blieb man im Kreisverkehr und fuhr nach der zweiten Möglichkeit weiter geradeaus, kam man auf die erste der sogenannten „Palm Islands“, die vermutlich sogar Lex Luthor erfreut hätten. Hier wurde dem Ozean Land abgerungen und als Palmeninsel aufgeschüttet und für unterschiedliche Zwecke verwendet, beispielsweise als Villen für Superreiche. Vermutlich würde sogar Tonys Dad eine Villa dort haben – wenn auch nur eine kleine.
Und nun, da sie diese Palmeninsel und die „Pearl“ passiert hatten,  wuste er, dass es nur noch eine halbe Stunde dauern würde, bis sie am Freihafen angekommen waren.



Yugi öffnete die Tür zu Schildkrötenspiele, dem Laden seines Großvaters, einem sehr versierten Mann, wenn es um Spiele aller Art ging - leider hatte er nicht nur einen versierten, sondern auch leicht verrückten Aspekt.
„Opa? Ich bin zu Hause! Ich wollte nur sagen… Opa? Opa wo bist du?“

Yugi schritt die Treppe zur Wohnung von Sugokoro Muto hinauf - die Wohnung war seltsam ruhig. War etwas passiert?
Yugis Herz raste - normalerweise saß Opa Muto noch vor dem Fernseher und schaute entweder Detective Conan oder Magnum oder was auch immer zu so später Stunde noch über den Fernsehsender SIN flimmerte.
„Opa? Bist Du hier?“

Dann passierte es. Mit der Agilität einer Gazelle schoss eine wohlbekannte Gestalt aus dem Wohnzimmer auf Yugi zu.
Großvater Muto.
„Yugi, Humho, was tust du hier?“
„Opa, hast Du mich erschreckt. Warum hast du nicht bescheid gesagt, das du noch…“
Yugi warf einen Blick auf den schlaffen Körper. Der Körper beschrieb einen Bogen, sodass der Kopf mit starren Augen auf dem Teller lag.
Er kannte ihn… Professor Athur Hopkins.
Yugi deutete auf den Zusammengesunkenen: „Geht es Professor Hopkins nicht gut?“
Sugokuro Muto zuckte zusammen.
„Arthur ist nur etwas müde geworden und hat sich hingelegt.“
„Mit dem Kopf im Meißener Porzellan?“
Sugokuro Mutos Reaktion war zweifelsohne ungewöhnlich. In seinen Augen funkelte es zunächst zornig, dann, anschließend, machte sich eine Wärme in diesen Augen breit, die Yugi schon lange nicht mehr bei seinem Großvater gesehen hatte.
„Weißt du, pro Liter Heidelbeerwein nehme ich ein Quentchen Arsen, ein bischen Zyankali und eine Idee Laudanum.“
Yugi war fassungslos.
Er hatte eigentlich mit allem gerechnet. Damit das Ryo Bakura eingebrochen war und Professor Hopkins mit seinem Milleniumsring in eine Spielfigur verwandelt hatte - und gleichzeitig seinen Großvater mit eben diesem Ring nun fernsteuerte. Genau, das musste es sein.
Schnellen Schrittes trat er in die Küche, suchte nach dem auffälligen Haarbüschel, doch… da war nichts.
„Habe ich das Richtig verstanden, Großvater?“, fragte Yugi baff, „Du hast Professor Hopkins umgebracht?“
„Naja - nicht wirklich umgebracht. Er hatte noch genug Zeit, zu bemerken, wie köstlich das Mahl war, bevor der Herr ihn zu sich holte. Du musst wissen, Athur war sowieso todkrank und da dachte ich, das ich ihn erlöse.“
Das war zuviel für den gestandenen Duellanten Yugi Muto - der sonst mit allem fertig wurde. Er bekam aus den Augenwinkeln nur noch mit, wie auch Anzu den Raum betrat, einen Schrei tat und bleich wie eine Wand wurde - dann wurde es dunkel um ihn.

Als er wach wurde, drang ein Gedanke durch sein Gehirn.
„Bitte lass das alles nur einen bösen Alptraum gewesen sein.“
Die Tatsache, das er neben seiner Frau lag, bekräftigte ihn in diesem Glauben. Er konnte nicht umher, ihre Figur zu bewundern, wie sie sich unter der Decke abzeichnete. Diese Decke - er kannte sie. Nein, das war unmöglich, sie waren gestern, nachdem sie in den Laden gegangen waren und Großvater Muto von der Hochzeit erzählt hatten, noch in Richtung Niagarafälle davongerauscht, waren in dem Hotelzimmer gelandet und hatten eine rauschende…
Klick.
Stopp. Zurück die ganzen Gedanken. Das stimmte nicht. Sie waren nicht zu den Niagarafällen gefahren. Wie auch, die waren ja schließlich in Amerika und er befand sich noch in Japan, der Einrichtung des Zimmers nach zu urteilen.
Nun erwachte auch Anzu aus ihrem Schlummer.
„Was’n los?“, fragte sie verschlafen und sah Yugi an, dessen Gesicht steinhart und ernst geworden war.
„Wie kommen wir hierher?“
Anzu überlegte: „Nun, das letzte, das ich weiß, war, das dein Großvater und ich dich in dein Zimmer gebracht haben und er mir noch einen Schlummertrunk brachte.“
Sie streckte sich: „Und der wirkte wohl sofort. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Aber jetzt fühle ich mich wieder wie neu geboren.“
‘Neu geboren - um neu geboren zu werden, musste man erst tot sein.’, schossen Yugi Geistesblitze durch den Kopf. Dann traf ihn die Erkenntnis.
‘Tot - verdammt. Das war kein Alptraum.’
Schnell stand er auf und schoss in Richtung Tür.


Die Augen des Mannes öffneten sich schlagartig und er fuhr hoch. Seidenbettwäsche kitzelte seinen Körper und er erinnerte sich daran, was sie hier in Dubai gemacht hatten. Wieso hatte ihm sein Unterbewusstsein einen derart schrägen Streich gespielt und ihn träumen lassen, dass er seinen Opa dabei erwischt hätte, seinen ältesten und besten Freund zu töten?
Das musste an dem Film liegen, den sie auf dem Flug nach Dubai gesehen hatten – „Arsenic and old lace“. Zwar war der Film eine unglaublich unterhaltsame Geschichte gewesen, aber irgendwie schien er einen sehr merkwürdigen Einfluss auf seine Träume gehabt zu haben. Allein schon die Idee, dass er mit Anzu zu den Niagara-Fällen wollte… Zugegeben, die Idee hätte ihren Reiz, wenngleich einen hoffnungslos-romantisch-verklärten Reiz und er wollte die Idee mit der Dreifachhochzeit und den Dreifachflitterwochen auch nicht missen. Andererseits – vielleicht hätten es gerade diese paar Tage sein können, in denen sich Anzu und er intensiv mit sich selbst beschäftigten?

Zugegeben, zusammen mit Katsuya und Hondo, sowie Shizuka und Mai, in den Urlaub zu fahren – das war etwas, das er gerne tat. Doch Katsuya und Mai, sowie Hondo und Shizuka, hätten doch das Privileg gehabt, eine eigentständige Hochzeit zu planen, oder? Aber nein – es war mal wieder eine Idee gewesen, die aus einer Bierlaune entstanden und von der später keiner erst gewusst haben und später auch nur einen Millimeter abweichen wollte.
Allein schon die Dreifachhochzeit war faszinierend und es war sogar einigermaßen amüsant gewesen, zu wissen, wie sehr der Pastor vermutlich ins Rotieren gekommen war, um eine Möglichkeit zu finden, eine Ansprache zu halten, die allen drei Paaren gleichermaßen gerecht wurde. Aber – das musste man ihm lassen – er hatte es geschafft.
„Hey, Du bist wach“, hörte Yugi die Stimme von Anzu und sah, wie sie ins Schlafzimmer ihrer Flitterwochensuite blickte. Sie schenkte ihm ein sanftes Lächeln: „Ich würde Dir raten: Zieh dich an. Wir haben einen Besucher.“

Daniel hatte sich auf dem weißen Leder der Couch der Honeymoonsuite Nummer 4 niedergelassen, trank einen Tee aus einer Tasse und blickte über die Stadt, die sich unter ihm abzeichnete. Gibbs und das Team vom NCIS war nun auf dem Weg zum Port Al Jebel und eigentlich hatte er mitkommen wollen, den Gedanken aber verworfen, als er erfahren hatte, wer hier auch abgestiegen war. Immerhin hatten sie ebenfalls ihr Abenteuer erlebt und Daniel hätte es als unschicklich empfunden, ihnen nicht hallo zu sagen.
Und als der junge Duellant aus dem Schlafzimmer kam – jeder Zoll erfolgreicher Spieletester – da konnte Daniel nicht anders, als daran zu denken, wie er ihn damals erlebt hatte. Oder zumindest den Pharao.


„Nimm die Waffe runter, Dummkopf.“, donnerte Yamis verzerrte Stimme durch den Thronsaal.
Cals 9 Milimeter war immer noch auf den Kopf des Pharaos gerichtet.
„YUGI!!!“, Anzu verließ den Helikopter und trat auf ihren Freund zu.
Entsetzt zog die junge Duellantin Luft ein: „Yugi, was ist mit dir?“
„Der Pharao hat Besitz von ihm ergriffen.“, sagte Cal mit Seitenblick zu Agatha, die immernoch leicht benebelt wirkte.
Daniel trat einen Schritt vor.
„Yugi, tu nichts überstürztes.“
Den Schlag hatte der Anthropologe nicht kommen sehen, spürte dafür aber um so deutlicher die Schmerzen im Kiefer, als er neben Agatha am Boden liegend aufwachte.
„Jetzt bin ich nicht mehr amüsiert.“, murmelte Daniel bitter, dachte daran, wie Ra dies ebenfalls schon einmal gesagt hatte und rappelte sich hoch. Aus den Augenwinkeln sah er eine Bewegung. Anzu trat an ihm vorbei, trat auf Yugi zu, mit Entschlossenheit, die in ihren Augen flammte.
„Yugi.“, sagte sie mit einer Festigkeit in der Stimme, die Daniel so nur von Sam Carter kannte,  „Ich weiß, das du da drin bist. Hör mir zu, wir sind doch Freunde. Erinnerst du dich an das Band der Freundschaft? Den Smiley?“
Cal verdrehte die Augen, als er die Waffe weiter auf den Pharao richtete: „Dieses Freundschaftsgesabbel hilft dir nicht!“
Yamis Augen glühten in typischem Goa’Uld-Gelb auf.
„Freunde“, murmelte er verächtlich, „ein Gott braucht keine Freunde.“ Damit hob er seine linke Hand, nicht in der Absicht, Anzu eine Ohrfeige oder einen Kinnhaken zu verpassen, sondern um die Hand über ihre Augen zu halten. Das wäre an sich noch kein Problem. Gemein wurde es nur dadurch, dass in Yamis – oder wie er später wissen würde: Pharao Atems – Hand ein sogenanntes Kara'kesh, seinen Platz hatte. Hierbei handelte es sich um eine Gerätschaft, die aussah, als sei sie ein Handschuh aus gesponnenem Gold, in dessen Mitte (zwischen Herz- und Kopflinie) ein roter Energiekristall eingesetzt war, der wie ein großes, wütendes, rotes Auge wirkte. Dieser Kristall leuchtete kränklich-weiß-gelblich auf, Energie „floss“ aus ihm heraus und brandete in die Augen der jungen Duellantin, deren Körper sich versteifte. Die Augen weiteten sich, Anzus Blick wurde leer und sie starrte an der Welt vorbei. Trance.

Doch der Kontakt wurde unterbrochen, als plötzlich Ran aus dem Helikopter geschossen kam, jede Unze Kraft ein Zeugnis jahrelanger Karateerfahrung. Sie wirbelte um die eigene Achse und rammte dem Pharao den Fuß gegen die Brust, was diesen nach hinten taumeln lies.
Als habe man einer Marionette Fäden abgeschnitten sackte die junge Duellantin zu Boden, wurde jedoch von einer herannahenden Ran aufgefangen und daran gehindert, mit dem Kopf auf den Steinboden aufzuschlagen.


Cals Waffe ruckte erneut hoch: „Keine Bewegung ‘allmächtiger Pharao’.“
Yami bedachte ihn mit einem Blick, der besagte ‘Wer bist du, du kleiner elender Wurm, das du dich mir in den Weg zu stellen wagst.’
„Ich schicke Dich ins Reich der Schatten, Pharao!“
Der Zeigefinger des Starfleetcaptains krümmte sich um den Abzug und drückte ihn durch.
Die Kugel schoss auf Yami zu, jedoch prallte sie am millisekunden vorher auftauchenden, gelblichen Kraftfeld ab.
„Ohh, Reich der Schatten ja? Warum sagst Du nicht ‘Ich kill Dich!’, wie du es Dir denkst?“
„4kids!“, sagte Cal lapidar.

„Cal!“, hörte Daniel die Stimme Sams, deren Inhaberin gerade ebenfalls aus dem Hubschrauber kraxelte. Was war das hier? Das Einfligen der Girlfriends? Das konnte doch eigentlich nicht sein – Sam war ja nicht seine Freundin. Wobei, wo er sie so betrachtete und bedachte, wie wohl er sich in ihrer Nähe fühlte…
„Langsame Objekte!“, rief die Astrophysikerin dem Captain zu, der die Waffe hob und erneut einen Schuss auf Atem abgab. Dann blinzelte er verblüfft: „Hä?“
Daniel rollte mit den Augen: „Hast Du die Missionsberichte je gelesen, Cal? Langsame Objekte durchschlagen das Kraftfeld!“

Cal nickte: „Langsame Objekte ja? Woher jetzt ein langsames Objekt nehmen?“
„Wie wäre es hiermit?“, fragte Sam, nahm ein Messer und warf es in Richtung Yugi.

Das Messer traf den Pharao in der Brust. Ein tiefes Grollen verließ die Kehle des Geistes des Führers eines ganzen Volkes, der den Körper des Kartenspielers mit der Sturmfrisur besetzt hielt. Eigentlich verließ das tiefe Grollen die Kehle des Kartenspielers, jedoch der momentane Inhaber war ja bekannterweise der Pharao. Atem taumelte zu Boden - das golden-schimmernde Schutzschild brach zusammen. Binnen Sekunden waren Ran und Kogoro bei ihm.
„Vorsicht!“, riet Cal und trat neben die beiden benommenen Frauen - die Duellantin und die Agentin, „Wir wissen nicht, ob er nicht vielleicht noch einen Trick in der Hinterhand hat.“


Daniel hob seinen Blick und lächelte.
„Gut siehst Du aus, Yugi.“, stellte er fest, trat näher und reichte ihm die Hand.
Der Duellant legte den Kopf schief, ergriff die angebotene Hand und schüttelte diese: „Danke. Aber… wenn ich mir diese Bemerkung gestatten darf – auf Sie trifft das nicht zu.“
„Yugi!“, machte Anzu ermanend doch Daniel schüttelte mit dem Kopf: „Ist schon in Ordnung. Eigentlich… wollte ich nicht darüber reden, aber ich glaube, Sam hätte gewollt, dass Ihr es auch wisst.“
Der Kopf der japanischen Schauspielerschönheit ruckte hoch: „ Hätte ?“
„Ja“, nickte Daniel, „Hätte. Sie ist vor ein paar Tagen bei einem Zwischenfall gestorben.“
Die Duellantin gab einen erstickten Laut von sich und sackte auf den Sessel, auf dem sie vorhin schon gesessen hatte.
„Sam ist…“, keuchte auch Yugi und kurz sah es aus, als wäre ihm übel, ehe er sich fing, Anzu eine Hand auf die Schulter legte und sie beruhigend dort lies. Er blickte zu Daniel: „Mein Beileid.“
„Danke.“, erwiderte der Anthropologe knapp.
Dann legte Yugi den Kopf – erneut – schief: „Ich glaube aber nicht, dass dies der einzige Grund deines Hierseins ist, Daniel Jackson.“
„Nein, ist es nicht.“, nickte der Wissenschaftler, stand auf und blickte auf das Meer, das in der Ferne blau zu sehen war.
Er wandte sich dann wieder zu den beiden Duellanten um: „Was würdet Ihr sagen, wenn ich euch sagte, dass vor der Küste von Dubai ein Schatz vergraben liegt?“
„Ich würde sagen – wenn er wieder einen Milleniumsgegenstand hat, darf Anzu ihn dieses Mal anlegen.“, grinste Yugi, was ihm ein Stubser in die Seite einbrachte.
Daniel blickte ihn über den Rand seiner Brille an: „Wir wissen nicht, ob ein Milenniumsgegenstand dort versteckt ist – aber wir wissen, dass er aus der Zukunft kommt. Ihr erinnert euch an Cal? Sein Schiff ist dort.“
Anzus Kopf ruckte hoch: „Nicht er schon wieder – bitte.“
Yugi schaute sie an, legte sich eine Hand auf die Brust und schloss kurz die Augen, ehe er den Anthropologen anlächelte: „Wie können wir helfen?“

To be continued

 
Kapitel 11.5 – gepostet am 26.10.2012 für den 24.10.2012

Der Mietwagen entsprach nicht unbedingt Leroy Jethro Gibbs Vorliebe für Autos, aber was wollte er machen? Es war ja nicht so, dass er die große Auswahl gehabt hätte. Zwar gab es genügend Mietwagen, aber er hatte ein relativ beschränktes Budget -  nicht allein deshalb, weil sie mehr oder weniger „Undercover“ waren. Wie sollte man auch bei einer solchen Mission, die sie gerade hinter sich zu bringen anstrebten, Direktor Vance gegenüber etwaige Kosten rechtfertigen? Wobei – bei Vance sah Gibbs weniger das Problem. Das sah er bei den Erbsenzählern, die in der Regierung Gelder für den NCIS bewilligten. Und er wollte nicht Schuld sein, wenn in einem knappen Jahr, bei den drei Präsidentschaftsdebatten Mitt Romney den US-Präsidenten Barack Obama zu fragen in der Lage wäre, warum man den Etat so überzogen hatte.

Das Absteigen im Blue Eyes – Hotel fiel unter die Kategorie „Muss“, da es recht zentral lag und auch noch den unglaublich-taktischen Vorteil bot, eines der höchsten Häuser in Dubai zu sein. „Da kann man schon morgens erkennen, wer Abends zum essen kam“, hatte Tonys Dad Gibbs den Rat gegeben, nachdem sich beide Gentlemen kurz über das Thema „Dubai“ unterhalten hatten. Und ein Blick aus dem Fenster hatte Gibbs darin bestärkt, das richtige getan zu haben. Also musste man bei anderen Ausgaben sparen, weswegen sich der Mietwagen recht einfach ausnahm. Zwar hatte er witterungsbedingte Zugeständnisse – etwa eine Klimaanlage, die die gefühlten 40 Grad, die draußen vorherrschten, auf angenehme 20 Grad herunterkühlten – aber Gibbs hatte beim Kauf auf jeglichen unnötigen Schnickschnack verzichtet. Klima-Anlage und Navigationsgerät, um irgendwo hinfahren zu können – mehr nicht.

„Sie haben Ihr Ziel erreicht.“, riss die Stimme des Navigationssystemes den Agenten aus seinem Zustand, den man eventuell als „Fahr-Trance“ bezeichnen könnte und der dergestalt aussah, dass die Fahrreflexe zwar komplett eingesetzt hatten, man aber so konzentriert fuhr, dass der Großteil aller, nicht für das Fahren konzipierten Reflexe, „ausgeschaltet“ waren.
So konnte Gibbs nun das erste Mal den Freihafen sehen und war beeindruckt.
Den Hafen einfach nur als „groß“ zu bezeichnen, wäre eine kollossale Untertreibung und der Special Agent fühlte sich plötzlich an die Geschehnisse im Washingtoner Hafen, als Ziva und Tony verschwunden waren, erinnert. Wie hatte er sich damals um seinen Stellvertreter gesorgt und es nicht gezeigt. Nachdem sie einige Minuten lang suchend über das Hafengelände gefahren waren, hatten sie auch den Navy-Teil erreicht und Gibbs schaltete den Wagen ab, als er sah, dass ein Marine auf ihn zukam. Sofort hatte sich wieder die Professionalität seines Geistes bemächtigt. Gibbs ließ das Fenster herunter und blickte den Sergeant an.
„Was führt Sie hierher?“, fragte der Mann und der grauhaarige Special Agent förderte seine Dienstmarke zu Tage. „Gibbs, NCIS“, sagte er und wunderte sich nicht, als der Marine sagte „AH – natürlich. Unser Chef erwartet sie.“

Daniel Jackson schlenderte durch die Malls und sonstigen Shoppingmöglichkeiten, die Dubai bot und war mehr als nur überrascht. Was gab es hier eigentlich nicht? Sogar ein Aquarium, das mit Meerwasser befüllt war und in dem Haie ihre Bahnen zogen, hatte der Anthropologe gefunden. Dabei wollte er doch einfach nur einen Blick in die örtliche Buchhandlung werfen, aber es hätte ihm klar sein sollen, dass den interessierten Vertreter der Gattung „Litera vermis“ – zu Deutsch: der gemeine Bücherwurm – hier ein wahres Mekka an Literatur erwarten würde. Interessant war die internationale Bücherecke, die so ziemlich jeder „Bookstore“ sein eigen nannte, allemal. Und dann sah Daniel ihn und kam aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Der Pappaufsteller war einen Meter siebenundachtzig groß, die Person, die darauf abgebildet war, hatte kurze braune Haare, klare, blaue Augen und trug ein nahezu arrogantes Lächeln auf den Lippen. Jackson erinnerte sich daran, ihn seinerzeit gesehen zu haben, als er – kurz vor der Krise, welche die DRAGONFLY- und Voyager -Crew mit ihnen zusammentreffen hatte lassen – im Stargate Command gewesen war, um sich Inspiration für sein neuestes Werk zu holen. Er verwandte damals zwar den Namen „Jack Potter“, aber Daniel hatte ihn gleich erkannt. Nun stand ihm ein Pappaufsteller von „Jack Potter“, respektive Richard Alexander Castle, gegenüber und warb für sein neuestes Werk „Heat Rising“.

Der Anthropologe hob das gebundene Werk hoch, betrachtete das Cover – ein Sonnenaufgang (oder war es ein Untergang), die Skyline einer Stadt, welche durch eine sogenannte „Hundemarke“ der Polizei als „New York City“ klarifiziert wurde, sowie die Silhouette eine Frau, die eine Pistole, vermutlich entweder eine Glock 19 oder eine Sig Sauer, in der Hand hielt. Beide Pistolenvarianten fanden bei der New Yorker Polizei Einsatz. Er selbst hatte in seiner aktiven Dienstzeit beim SG-Kommando, Zug 1, bevorzugterweise auf die Verwendung von Schusswaffen verzichtet, wenn es jedoch gar nicht anders ging, hatte er jedoch die FN-P90 oder die Beretta 92 (Respektive: M9) verwendet – noch lieber allerdings den Goa’uld Zat’n’kitel, respektive die Zat, welche den Vorteil hatte, dass der erste Schuss, der mit dieser Energiewaffe abgegeben wurde, sein Opfer nur betäubte. Allerdings war er oft genug in eine Entladung geraten, um zu wissen, wie sich dies anfühlte. Wie schon gesagt – er bevorzugte die Nicht-Agressive Unterhaltungstechnik, sprich: Die ohne Waffen.

„Wünschen Sie, sich das Buch signieren zu lassen?“, erklang die Stimme eines Verkäufers und Daniel riss sich in die Gegenwart zurück. Er blickte den Mann verblüfft an und schüttelte dann den Kopf: „Nein, danke, ich…“
Der Anthropologe stockte, murmelte ein „Ich habe schon ein Exemplar“ und ließ es vorsichtig auf den Buchstapel sinken, ehe er sich ganz langsam umdrehte.
Gerade eben hatte er ein merkwürdiges Gefühl gehabt – so, als ob man ihn beobachten würde.
Doch als er sich komplett umgedreht hatte, war da niemand. Bildete er sich das Ganze einfach nur ein? Auch das war möglich – schließlich hatte er in den letzten 12 Jahren genug an merkwürdigem Zeugs erlebt, dass es ihn verwunderte, dass er nicht eher Anzeichen einer gewissen Störung zeigte. Und doch – irgendwie hatte er das Gefühl, als würde man ihn beobachten. Er seufzte. Verdammt – offenbar hatten es Anzu und Yugi doch nicht geschafft, die Person, die ihn und die NCIS-Leute beobachtete, abzuschütteln. Das musste er unbedingt weiterleiten – doch dazu musste er sich zunächst einmal in Sicherheit begeben. Schnellen Schrittes verlies der Anthropologe die Buchhandlung und sah sich um. Welcher Weg war der Sicherste? Wie kam er hier am Besten raus, ohne großartiges Aufsehen zu erregen? Er war kein James Bond, der vermutlich durch das Aquarium mit den Haien geschwommen wäre und am anderen Ende von einer wunderschönen Agentenpartnerin abgeholt würde. Nein – er war Daniel Jackson und konnte sich noch nicht einmal leisten, im Zweifelsfall fortgebeamt zu werden.

Tim McGee wusste wieder, weswegen er kein großer Freund von Hubschrauberreisen war. Die dicken Kopfhörer, die eine Kommunikation verständlich machen sollten, drückten auf die Ohren, sorgten dafür, dass sie heiß wurden und brachten – besonders mit der Beimischung des dumpfen Rotorgeräusches, das man dennoch hörte, Kopfschmerzen. Der Agent seufzte. Warum hatte er sich gleich breitschlagen lassen, mitzukommen? Er hätte die Zeit besser nutzen können, beispielsweise in dem Buch schmökern, das sich in Laura McConnaughs Nachlass befunden hatte.Da konnten sich einige interessante Prophezeihungen finden, die er noch entschlüsseln musste.  Was mochten diese bedeuten?
Was konnte „Wenn die Götter wiederkehren, wird die Reisenden mit ihren Gefährten vereint sein.“ heißen?
Und wie sah es mit den anderen Prophezeihungen der weißen Berghexe aus?

Zitat

2) Wenn die Reisenden der Versuchung nachgeben, werden sie in Flammen vergehen.
3) Der, dessen Weg nicht greifbar ist,  greift vier Jahre nach der Zwillinge Tod und sechs Jahre vor der Flut nach der Macht auf Nippon.
4) Der Diebstahl des letzten Bildes wird durch die rechtmäßigen Erben enthüllt werden.

Einige Theorien hatte er schon entwickelt, wenngleich er die Hinweise nicht alle verstand. Wer waren diese Reisenden und was bedeutete, dass sie in Flammen aufgehen würden? Eine Idee bezüglich der „Zwillinge Tod“ hatte er allerdings schonb. Die Assoziation von „Zwillingen“ zu „Zwillingstürmen“ – also dem World Trade Center -  hatte er damals schon gezogen und damit war ihm klar, dass die Berghexe sich hier auf ein sehr spezifisches Datum bezog: 11. September 2001. Allerdings war er sich keines Machtumschwungs auf Nippon – also im Japanischen Raum – bewusst, der sechs Jahre nach dem 11. September stattgefunden hatte. Dies war so mit einer der einzigen, wirklich logischen, Schlüsse, die er aus dem Text ziehen konnte. Und gerade jetzt, als er darüber nachdenken wollte, konnte er nicht, weil diese Hubschrauberrotoren ihn beim Denken störten. Dies hätte er sogar noch im Hauptquartier des Navyteils von Jebel Ali gemacht, aber er musste mitkommen, dabei zusehen wie man eine Boje an Ort und Stelle versenkte, um die Stelle zu markieren. Warum er mitmusste, fragte er sich dabei allerdings auch. Es war nicht so, dass diese Aufgabe für drei NCIS-Agenten so schwer war, dass ein vierter Agent erforderlich war. Eigentlich konnten diese Aufgabe zwei Agenten erledigen und selbst dann waren beide zu überqualifiziert.

Aber gut, Er wollte sich nicht beschweren, half artig mit und hielt sich fest, als das Fluggefährt eine Drehung machte, um zurück zum Hafen zu fliegen. Und die ganze Strecke über kam er sich relativ nutzlos vor. Eigentlich wäre es seine Aufgabe, sich in irgendwelche Systeme zu hacken, irgendwelche Viren zu finden oder eine Firewall zu knacken. Darin war er gut, das konnte er und er hatte nicht umsonst einen MIT-Abschluss. Aber hier, genau an dieser Stelle, kam er sich relativ nutzlos vor. Die Hitze, die Bläue des Meeres, das Hubschrauberrotorrattern, all das attackierte seinen Kopf, wie mit Fausthieben und er hoffte, dass die Kopfschmerzen bald vorbei waren. Aber als der Hubschrauber erneut drehte und das Sonnenlicht auf den Ozean fiel – und direkt in seine Augen reflektiert wurde –schloss er sie instinktiv und gab einen Schmerzenslaut von sich. Nein, die Schmerzen wurden nicht besser.
„Agent McGee, sind Sie okay?“, hörte er die sanfte Stimme der Pilotin, einer Brünetten mit der angenehmen Sprachstimme und dem Aussehen einer Jeri Ryan – wenn Jeri Ryan brünett wäre.
„Ungh“, stöhnte der Agent, presste sich die Hände auf die Augen und wartete, bis er sich besser fühlte, ehe er ein mattes „Jaja, geht schon – sicher das Klima“ von sich gab. Er spürte die beruhigende Hand Gibbs auf seiner Schulter und wandte sich kurz zu ihm. Der Senior Special Agent schenkte ihm eines seiner seltenen, aufmunternden Lächeln und sagte: „Wir sind auf dem Rückweg, Elfenkönig. Dann kannst Du zeigen, was Du drauf hast.“
Das leicht-spöttische „Hey, nur keinen Druck hier, ja?“ konnte sich McGee nicht verkneifen, aber er merkte, wie er wieder gebraucht wurde. Irgendwie beruhigte ihn das.

Daniel Jackson war auf dem Weg zurück zum Hotel. Dabei nahm er den langen Umweg, den er sich vorher ausgeguckt hatte, um festzustellen, ob er sich nicht geirrt hatte. Dieser „lange Umweg“ führte ihn an einigen, netten, kleinen Geschäften vorbei, wie sie an eigentlich jeder Strandpromenade zu finden waren. Den Shop, der Handykarten verkaufte, sah er schon aus der Ferne und strebte auf ihn zu – in Wirklichkeit hatte er jedoch ein anderes Ziel Hinter dem Handyshop war ein kleiner, unscheinbarer Laden situiert, der Kleidung verkaufte. Es war ihm irgendwie klar, dass es sich bei den hier feilgebotenen Produkten weniger um High-End-Qualitätsware halten würde, aber eigentlich ging es ihm auch weniger um die bunten Hawaiihemden, die dort offeriert wurden. Stattdessen nahm er einen der Sonnenbrillenständer ins Auge, setzte sich eines der wohl prominenteren Exemplare auf und betrachtete augenscheinlich sich selbst im Spiegel.
Eines vorneweg: Eine kreischend pinke Brille war weit weniger Daniels Gusto. So eine hatte er nicht einmal aufgesetzt, als sie ins Jahr 1969 gereist waren und dort „undercover“ aufgetreten waren. Und schließlich bedeutete „auf der Flucht vor dem Establishment“ zu sein, nicht, dass man auf einen gewissen Geschmack verzichten musste. Hier war die pinke Plastiksonnenbrille auch deswegen nur das probate Mittel der Wahl, da es die erste Brille war, die er genommen hatte.
Die weitaus wichtigere Feststellung war jedoch die, dass er tatsächlich verfolgt wurde.
Sein Verfolger war weiblich, erinnerte ihn ein bischen an Gabrielle Anwar, Joanna Lumley oder gar Diana Rigg, und schien erst in diesem Moment zu bemerken, dass er sie bemerkt hatte. Allerdings war dies weder Fiona von Burn Notice, noch war dies Emma Peel oder Purdey aus der britischen Reihe „Mit Schirm, Charme und Melone“. Dies machte sie mehr als deutlich, als sie nicht das vermutlich richtige tat und einfach an ihm vorbeiging, sondern stehen blieb, in den Spiegel glotzte und sich dann umdrehte, um wegzurennen.
Daniel steckte die Sonnenbrille wieder an den Ständer und blickte der davoneilenden Frau hinterher. Sie schien nicht wirklich furchteinflößend zu sein – warum hatte er dann das Gefühl, dass sie gefährlich war?
Eine innere Stimme raunte ihm eine Warnung zu – besonders die, sie nicht zu unterschätzen, aber, als er sah, wie sie davoneilend verschwand, schüttelte der Anthropologe den Kopf und machte sich wieder auf den Weg zum Hotel. Es war nicht weit – allerhöchstens zwei Blocks entfernt.

Als der Hubschrauber gelandet war, hatten sich die Kopfschmerzen McGees schon wieder erledigt. Er öffnete die Augen, blinzelte und merkte, wie sein Kopf begann, sich leicht zu fühlen. Besonders aber spürte er, dass der Rest seines Körpers wie unter Elektrizität stand und wie Tatendrang von ihm Besitz ergriff. Besonders, als er einen Blick zu Gibbs warf, der ihm zunickte. Schnell entstieg er dem Fluggefährt und machte sich, begleitet von der Pilotin, die sich gerade den Helm abnahm und dann mit der Hand durch ihre raspelkurzen, braunen Haare fuhr und den Kopf schüttelte.
„Sie geleiten mich zum Computerraum?“, fragte McGee und blickte Jeri Ryan – in Brünett – an. Diese nickte und beschleunigte ihre Schritte militärisch-zackig. McGee schüttelte den Kopf in purem Unglauben, ehe er ihr folgte.

Die braunen Augen Isis Ishtaarus ruhten auf Daniel, als er zur Rezeption ging, sie freundlich anlächelte und dann die Chipkarte zog. „Ich wollte mich nur wieder anmelden. Daniel Jackson, Zimmer 163.12.“
Die Ägypterin lächelte: „Eine Anmeldung ist unnötig, Doktor Jackson. Wir sehen, dass Sie wieder da sind, wenn Sie die Chipkarte ins Schloss einführen.“
„Ich weiß – ich… ich weiß auch nicht was mit mir los ist. Kennen Sie das Gefühl, fremdbestimmt zu sein. Als wären Sie nur eine Figur in einer Geschichte, deren Autor momentan den Überblick verloren hat?“
„Das Gefühl ist mir bekannt.“, stellte Isis fest, „Aber machen Sie sich keine Sorgen, ich bin sicher der Autor hat einen Plan.“
„Mhm. Wollen wir es hoffen, Miss Ishtaaru, wollen wir es hoffen. Es würde mir persönlich schon reichen, wenn ich erführe, dass der Autor geschlampt hatte und meine Mit-Hauptpersonen einen Blödsinn wie ‚das höchste Hotel in Dubai ist 333 Meter hoch’ hätte sagen lassen. Dabei ist das höchste Hotel 828 Meter hoch.“
„Auch das stimmt nicht mehr.“, lächelte Isis und hob belehrend einen Finger: „Wir sind das höchste Hotel – das Blue Eyes, aufgestellt durch Multimediamagnat Seto Kaiba persönlich. Deswegen auch die ganzen Statuen von diversen Duel Monstern.“
Daniel hob den Kopf: „Lassen Sie mich raten – Kaiba hat noch mal einen drauf gelegt?“
„Ja.“
Das Nicken der Ägypterin sprach Bände. Er – Daniel – wollte gar nicht en detail wissen, wieviel Stockwerke dieses Hotel nun hatte, er wusste allerdings, dass er relativ hoch über Dubai thronte.
„Übrigens“, riss ihn die Stimme der Hotelchefin aus seinen Gedanken, „Momentan halten wir ein Pilotprojekt ab – die „Eure Lieblingsfilme auch hier“- Wochen. Ich habe mir die Freiheit genommen, einige Filme auf den Hotelserver zu laden, den Sie ganz bequem von ihrem Fernseher aus anwählen können. Heute darf ich mich freuen, Ihnen Aladdin zu präsentieren – in der Walt-Disney-Fassung. Auf Wunsch sind die Songtexte – etwa ‚In deiner Welt’ – zuschaltbar und für Sprachbegabte bietet sich auch die Möglichkeit, Aladdin in einer anderen Sprache zu erleben.“
Daniel legte den Kopf schief: „Danke – aber ich wollte nachher noch ausgehen und…“
Er stockte, sein Kopf ruckte hoch und er suchte aus seinen Augenwinkeln nach einer reflektierenden Oberfläche. Er hatte wieder das Gefühl, von Fiona Tara Emma King-Peel beobachtet zu werden. Hatte sie ihn hier gefunden?
Und als er sich umdrehte, sah er sie vor sich sitzen, die Beine übereinandergeschlagen und ihn anlächelnd: „Na, landschaftlich schönere Strecke genommen?“
Er hörte hinter sich Isis scharf Luft einsaugen und hart schlucken.
Hatte die Ägypterin Angst vor der Frau? Wenn ja, warum? Wer war sie?
Daniel straffte seine Gestalt. Es wurde Zeit, genau das herauszufinden.

To be continued



CaptainCalvinCat

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Kapitel 12 – Momente der Erkenntnis –

Kapitel 12.1. 


Den Blick erhoben, beobachtete Leroy Jethro Gibbs, wie sein Computerfachmann sich, zusammen mit einer attraktiven Brünetten, auf den Weg zum Computerraum machte.
„Zeig mir deine Magie.“, dachte der Chef des NCIS-Major-Response-Teams mit nur mangelhaft verborgenem Vaterstolz. Nicht, dass er der Vater des Mannes gewesen wäre, aber er fühlte sich zwischendurch so. Eigentlich hatte er diese väterlichen Gefühle für sein komplettes Team, inklusive Abby. Bei Ducky war die Sache anders gelagert – hier fühlte er sich wie ein jüngerer Bruder. Und nach all dem, was sie vor gerade einmal ein paar Tagen alles erlebt hatten, konnte sich Gibbs den Wunsch, dass McGee auf sich achten möge, nicht verkneifen. Damit meinte er weniger gesundheitliche Schäden, die ihn hier ereilen konnten, sondern eher den Fakt, dass McGee gerade eben eine Person verloren hatte, zu der er tatsächlich eine Beziehung hätte aufbauen können. Er erinnerte sich daran, wie er seinen Computerexperten von dem Verhör mit Cal hatte abziehen müssen.


McGee schaute seinen Boss entsetzt an, der gerade etwas gesagt hatte, was er am Liebsten nochmal zu hören einfordern wollen würde. Hinter ihm floss der breite Anacostia-River in einem ruhigen Tempo dahin – wenn auch nicht wirklich. Wenn man überlegte, dass sie in einem Holodeck waren… es machte einen die Realität anzweifeln.
So wie jetzt, in diesem Moment.
„Bitte, könntest Du das nochmal wiederholen, Boss?“
Der Senioragent schaute seinen Computerexperten aus diesen eisblauen, weisen Augen an und nickte: „Ich möchte, dass Du jetzt nach Hause gehst.“
„Aber – Ihr könnt mich beim Verhör gebrauchen. Ich… ich kann das. Ich habe geübt, ich habe mit Abby und Ziva geübt, ich…  ich kann das.“
Gibbs legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Ich bezweifele nicht, dass Du in der Lage wärest, ein Verhör durchzuführen, ich bezweifele, dass Du in der Lage wärest, dieses Verhör durchzuführen.“, erläuterte sein Chef und McGee hatte das Gefühl, zu fallen.
„Wenn es um Kate geht… ich bin darüber hinweg.“
Gibbs schüttelte den Kopf.
„Es geht nicht um Kate – das weißt du.“
„Und um wen dann?“
Es mochte sein, dass die Frage ein wenig trotzig geklungen hatte und die Ermittlerlegende Leroy Jethro Gibbs durchbohrte ihn beinahe mit seinen Blicken.
„McConnaugh hat Dir etwas bedeutet.“
Kurz holte der Computerexperte Luft, schaute Gibbs an und blickte kurz zu Boden. Er nickte.
„J… Ja. Aber – ich bin in der Lage, das auszublenden.“
Ein leichtes, fast mitleidiges Lächeln war in Gibbs Gesicht zu erkennen, als er seinen jüngsten Agenten anblickte.
„Ich weiß, das glaubst Du. Ich dachte auch, dass ich in der Lage wäre, den NIS seine Arbeit tun zu lassen, als…“
Er brach ab. Zwar sprach Gibbs in der Regel nie über Shannon und seine Tochter, aber es gab diese Momente und wem konnte man sich dann besser anvertrauen, als einer verwandten Seele? Tim ahnte, dass sein Chef genau wusste, dass Laura McConnaugh – obwohl es ihnen nur sehr kurz vergönnt war, sich zu kennen – für ihn, McGee, zumindest eine gute Kandidatin auf den Posten der ‚einen’, der besonderen Frau, gewesen war.
Der junge Agent holte tief Luft und schaute seinen Boss an.
„Wir wissen nicht, ob Ari für den Tod Lauras verantwortlich ist. Ich weiß das. Es könnte auch jemand Anderes sein und ich will verdammt sein, wenn ich mich …“
„Ich kenne das alles.“, sagte die Ermittlerlegende und schüttelte den Kopf: „Glaub mir… jetzt bist Du sicher, dass du nicht ausflippen wirst. Aber wenn du das Schwein siehst, wenn du siehst, wie er unbekümmert im Auto sitzt und… wie er sich im Verhörraum auf dem Stuhl aalt. Du wirst ihm das Gesicht einschlagen wollen. Glaub mir, ich habe es erlebt.“
McGees Blick traf den von Gibbs.
Und er sah, dass in den Augen seines Chefs kalte Wut funkelte. Es war nicht so, dass dort tatsächlich Zorn lodern würde, es war eher sowas wie extreme, glitzernde Kälte.
Da wusste er, dass er keine Chance hatte, sich gegen seinen Chef durchzusetzen. Nicht in dieser Angelegenheit und nicht hier. Aber einen kleinen Trost hatte er – Ari würde bezahlen. Da war er sich sicher. Gibbs würde ihn so hart durch die Mangel drehen und keiner würde hereinkommen, und ihn davon abhalten, es zu tun. Vermutlich würde man noch Eintrittskarten verkaufen müssen.  Er sah es schon vor sich, wie Ari immer wieder in die Ecke gedrängt wurde – sowohl metaphorisch, als auch real, und er gönnte es dem Schweinehund.
Vermutlich war es auch besser, dass er nicht anwesend sein würde.


Wieso sich McGee gerade, als er in den Computerraum eintrat, an die Szene im Holodeck der DRAGONFLY erinnerte, wusste er auch nicht, nahm dies aber als guten Aufhänger, seine Energie zu bündeln. Er musste jetzt nur die Boje genau anpingen, schon konnten sich Tony und Ziva mit einem Boot zu diesen Koordinaten begeben. Eigentlich war dies simpel. Eigentlich. Denn Ströhmungen konnten die Situation zum Nachteil seiner Freunde verändern – also musste er darauf aufpassen, dass die Boje an Ort und Stelle blieb und – weiterhin – eine Möglichkeit bereitstellen, Tony und Ziva – so sie das Föderationsschiff unter Wasser finden würden – mit einem Lageplan zu versorgen. Also wandte er sich zu seiner Begleiterin.
„Könnten Sie mir einen Gefallen tun, Miss…“
„Hanson.“, sagte sie und lächelte, „Jessica Hanson.“
Auch McGee konnte sich ein leises Lächeln nicht verkneifen. Jessica Hanson? Na, wenn das mal kein Zufall war. Sie sah schon aus wie Seven of Nine, deren menschlicher Name „Annika Hanson“ war und dann ähnelte sie der Borg sogar so sehr, dass von den fünf Silben, aus denen sowohl der Name „Annika Hanson“, sowie „Jessica Hanson“ bestand, drei (nämlich“ka Hanson“) zutrafen. Drei von fünf Treffern.
„Jessica Hanson?“, fragte der Computerexperte dennoch, einfach um sicher zu gehen. Sie lächelte, sagte leise „Ja – meine Freunde nennen mich Jessi.“, und schaute ihn dann diensteifrig an.
McGee hob seinen Blick: „Nun, Jessi – ich muss hier meine Freunde im Auge behalten, aber ich brauche jemanden, der mir bei den Bauplänen hilft.“
„Baupläne?“, fragte Three of Five und Tim schaute sie an. Ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen: „Erkläre ich Ihnen gleich. Sie müssten im Internet nur nach den Bauplänen der U.S.S Voyager schauen.“
„Bitte?“
Jessi riss die Augen überrascht auf und legte neugierig den Kopf schief: „Meinen Sie nicht, dass Sie Privatvergnügen und Job voneinander trennen sollten?“
Ob McGees Augen tatsächlich diesen Ausdruck von Willensstärke, Befehl und dem Satz „Mach es, oder es klatscht – aber keinen Beifall“, den Gibbs gerne verwendete, wirklich transportieren konnte, wusste der jüngere Agent nicht, aber, als er ein „Jessi, bitte!“ sagte, nickte sie, nahm neben ihm platz und begann, mit grazilen Fingern auf die Tastatur einzuhämmern.

Daniel schaute sein Gegenüber an.
Diese hob in diesem Moment den Blick, schaute zum Kellner, der an ihr vorbeiging und sagte, in fließendstem Arabisch: „Mein Begleiter nimmt einen Kaffee. Ich hätte gerne eine eiskalte, weiße Schokolade mit Schlagsahnehäubchen.“
Mit einem servilen Nicken verneigte sich der Kellner, entschwand im Restaurant, um die Bestellung in die Tat umzusetzen.
Kurz blickte der Anthropologe hinter ihm her, ehe er sich an seine Begleiterin wandte.
„Wer sind Sie?“, fragte er.
Natürlich – was hätte er auch sonst fragen sollen? Die einfachsten Fragen, die „straight“ – also geradeheraus – gestellt wurden, waren immer noch diejenigen, die am ehesten Beantwortet wurden.
Normalerweise.
Denn die Frau, die vor ihm saß und sich nun zurücklehnte, den Kopf nach hinten neigte und versuchte die Sonne auf der Aussichtsterasse des Blue Eyes -Hotel zu genießen, brach plötzlich in schallendes Gelächter aus. Ihr Kopf wandte sich wieder zu Daniel, sie setzte die Sonnenbrille ab und zwinkerte ihm zu.
„Cleveres Kerlchen, Doktor Jackson. Sie kommen gleich zum Punkt. Meine Hochachtung dafür.“
Daniel zuckte mit den Schultern: „Ich glaube, ich wäre ein schlechter Wissenschaftler, wenn ich mich mit ‚herumfabulieren’ beschäftigen würde.“
Sein Gegenüber nickte, stand auf und ging dann, mit schwingenden Hüften, zum Balkon, auf dessen Geländer sie sich lehnte.
Seit einer knappen halben Stunde versuchte er, aus ihr Informationen herauszukriegen. Warum sie ihnen folgte – beispielsweise. Aber sämtliche Fragen, die der Anthropologe stellte, wurden entweder durch ein Lachen, eine Gegenfrage oder sonstige Verzögerungstaktik in den Bereich der „Nichtbeantwortung“ gedrängt. Und nun musste er ihr lassen, dass sie zumindest eine gewisse Cleverness hatte. War diese Nummer vor dem Handyladen nur gespielt gewesen? Hatte sie versucht, herauszufinden, wie lange sie ihn unerkannt beschatten konnte?
„Sir?“, riss ihn die Stimme des Kellners aus den Gedanken, der ihn nun in feinstem Hochenglisch ansprach, „Ihr Kaffee.“
Damit stellte er das Heißgetränk auf den Tisch, ließ die eiskalte Schokolade folgen und entfernte sich.
„Miss?“
Daniel hob den Kopf und blickte sich um. Von der Frau war nichts mehr zu sehen.
„Na, immerhin hat sie die weiße Schokolade da gelassen.“, murmelte der Anthropologe und überlegte, ob er sich nach dem heißen, eher herzhaften Kaffee doch noch die kalte, weiße, sehr süße Schokolade gönnen sollte. Was sollte es? So wie die Sache lag, hätte er das Getränk sowieso bezahlt.

Jessica Hanson – Three of Five – hatte gerade die Verbindung zum Internet hergestellt und in der Suchmaske den Befehl „Blueprint Voyager“ eingegeben und dann gelacht.  „Ungefähr 1.020.000 Ergebnisse“, las sie vor, „Ich hoffe, Sie haben ein bißchen Zeit mitgebracht, Special Agent McGee.“
Timothy wandte sich zu ihr um, stellte in diesem Moment fest, dass die Kombination raspelkurze, braune Haare und verzaubernd-strahlend blaue Augen extrem faszinierend war und riss sich mit einem Kopfschütteln in die Gegenwart zurück. Dann deutete er auf die extra-aufrufbare „Bilder-Suchfunktion“ und nickte befriedigt, als er die ersten drei Bilder sah. Sie alle zeigten eine Intrepid-Klasse. Er ließ sein Handy aufschnappen und sandte Gibbs eine SMS, die nur zwei Wörter enthielt: „Wir können.“

To be continued

Kapitel 12.2

Keine Zwölf Minuten später röhrte ein motorbetriebenes Gummiboot aus dem Hafen los.
An Bord: Ziva David und Tony DiNozzo. Beide waren gerade dabei, letzte Vorkehrungen zu treffen, in dem sie die Reißverschlüsse ihrer Taucheranzüge zuzogen. Während DiNozzo den Zipper hochzog, fragte er sich, weswegen die modernen Anzüge so hauteng sein mussten. Nicht dass er etwas dagegenhätte – im Gegenteil, wenn er Ziva vor sich sah, stellte er fest, dass ihr dieser Anzug besonders gut stand, aber im Generellen fragte er sich, ob der Fakt, dass sich der Anzug wie eine zweite Haut an einen schmiegte, ästhetisch motiviert oder mit einem tatsächlichen, praktischen Hintergrund versehen war. Er hatte keine Ahnung und fragte sich, warum es ausgerechnet sie beide waren, die mal wieder auf eine der „gefährlicheren“ Missionen gehen mussten. War dies eine kleine Rache von Gibbs, dafür, dass sie beide sich nicht an eine seiner obersten Regeln hielten? Oder lag es doch daran, dass Ziva, wie sie einmal erzählt hatte, einige gute Leistungen im Tieftauchen erzielt hatte, im Umgang mit dem Messer gewandt und bewandert war und wenn man einmal „Tomb Raider – die Wiege des Lebens“ gesehen hatte, wusste, was man mit einem solchen Messer als heiße Brünette alles anstellen konnte?  Tony hatte keine Ahnung und nachdem sie den Hafen verlassen hatten, war es ihm eigentlich vollkommen egal. Er war mit seiner Freundin alleine auf einem Boot. Ein Mann, eine Frau, ein Boot, zwei Taucheranzüge unter denen beide nichts trugen – das war der Stoff für Fanfics mit mindestens einer erotisch motivierten Szene – oder für Filme, die rein gar nichts mit Erotik zu tun hatten, sondern ihre Teilnehmer in ihrer Verwundbarkeit zeigten. Und in welche Richtung diese Story, in der sie waren, auch immer gehen mochte, er würde seine Liebe bis zum letzten Tropfen Blut verteidigen.

Seine Hände glitten über das Steuerrad des Bootes und er fragte sich, was sie am Ende ihrer kleinen Bootsreise finden würden. Tatsächlich eine versunkene DRAGONFLY ? Noch vor ein paar Wochen hätte er die bloße Existenz von Aliens in das Reich der Fabeln verwiesen, aber inzwischen wusste er es besser. Das mochte an seiner eigenen Erfahrung mit den sogenannten „Asgard“ liegen oder auch an dem Fakt, dass er in Washington – von allen möglichen Städten in Washington D.C. – keine 5 Kilometer vom NCIS-Hauptquartier, in einen Kampf mit sogenannten Xindi geraten war. Auch die Tatsache, dass sein oberster Chef, Direktor Leon Vance, bei der Sternenflotte war, half bei dieser geistigen Aufgeräumtheit, die er nun erreicht hatte.
„Zehn Grad Backbord!“, hörte er die Stimme Zivas und griff nach dem Steuerrad, um dem Boot die notwendige Kurskorrektur zukommen zu lassen, ehe er die hübsche Israeli anschaute.
„Was sagt McNavi?“, schrie er gegen den Motorenlärm an und stellte in diesem Moment fest, dass es eigentlich intelligenter gewesen wäre, entweder Ziva ans Steuer zu lassen, oder selbst das „Earpiece“ zu tragen. Unter „Earpiece“ verstand man den kombinierten Ohrhörer mit Minimikrophon, das mit einem Funkgerät verbunden werden konnte.
Ziva blickte ihn an: „Er sagt, dass ich dir in deinen kleinen Pelzarsch treten soll, wenn Du ihn noch einmal mit solchen Spitznamen belegst.“
„Tat er nicht.“, schüttelte Tony den Kopf. Das dachte sich Ziva doch aus. Bisher hatte McGee nie Anzeichen gezeigt, dass ihn seine nett-gemeinten Frotzeleien in irgendeiner Art und Weise störten.  Die Agentin zuckte mit den Schultern, sagte ein „Denk was du magst“ und wandte sich dann dem Meer zu, wobei sie auf den Bug des Bootes zuging, jedoch so, dass sie über ihre Schulter zu ihm blicken und ihm zulächeln konnte.

„Danke, Ziva.“; lächelte in dem Moment Timothy McGee und wandte sich vom Bildschirm ab. Er streckte sich und schaute dann zu Jeri Ryans Zwillingsschwester in Brünett, die ihm einen verblüfften Blick schenkte.
McGee legte den Kopf schief. Was hatte die Frau? Lag es daran, dass er Ziva gerade gesagt hatte, dass sie Tony in den Hintern treten solle, wenn er weiterhin so frech zu ihm wäre? Irgendwann platzte einem mal der Kragen und Ziva benahm sich zwischendurch wie spekulative feste Freundin seines spekulativen großen Bruders, der Tony DiNozzo war. Also – warum sollte man diese Konstellation nicht nutzen? Andererseits…
Er lächelte Three zu: „Keine Sorge, Miss Hanson. Ich kann meine Kämpfe schon alleine ausfechten.“
Jessica Hanson schenkte ihm nun ebenfalls ein leichtes Lächeln: „Das hoffe ich doch, Special Agent McGee.“

Ein Lächeln legte sich auf Zivas Lippen. Ihr Kollege, Technikfreund und Computergeek Timothy McGee hatte gerade komplett vergessen, den Kontakt abzubrechen, so konnte sie hören – und vor allem, dies aber mehr durch Vorstellungskraft, denn durch tatsächliche übersinnliche Fähigkeiten – förmlich sehen, wie Tim die hübsche Frau, die mit ihm ihm Computerraum saß, verdattert anschaute. Vermutlich fragte er sich gerade, was Jessica damit meinte und wie er diesen Satz zu interpretieren habe. Doch auch Tonys Blick war ein wenig verdattert – besonders, als er sie anstarrte.
„Was lächelst Du so?“, fragte er und Ziva schaltete schnell das Funkgerät, das an einem Gürtel, an ihrer Hüfte ruhte, aus. Ob dies Tim gestört haben mochte?
Das wäre sehr schade, denn, besonders nach der Sache mit McConnaugh konnte er ein wenig Aufmunterung sehr gut gebrauchen. Sie schenkte Tony einen wütenden Blick.
Gut, der Blick war nicht wirklich „wütend“, sondern eher eine Mischung aus Wut und Amüsement, als sie sagte: „Wenn McGee nachher immer noch so eine gute Laune wie vorhin hatte, kannst Du aber was erleben.“
Und sie konnte Tony ansehen, dass er nicht den Hauch einer Idee hatte, worüber sie sprach, als er langsam nickte und ein „Ah, Okay“, von sich gab.


Daniel Jackson hatte sich währenddessen von seinem Sitzplatz aus umgesehen. Die Frau war weg. Einfach so – verschwunden. Wenn das mal nicht unheimlich war? War dies ein Einstieg in den Fakt, dass dieses Kapitel am 29. Oktober herauskommen wird und damit eine großartige Möglichkeit liefern würde, das Mittwochskapitel des 31. Oktobers zu einem Halloween-Kapitel zu machen, komplett mit Zombies und Mumien? Irgendwie bezweifelte Daniel dies. Stattdessen gönnte er sich einen Schluck Kaffee, stellte fest, das man hier wusste, wie man dieses Zeug machte  und murmelte: „Besser als im Stargate Center.“
Das Stargate Command hatte jedoch einen Vorteil, den nicht einmal vier-Sterne-Restaurants hatten.
Blauen Wackelpudding. Normalerweise kannte er ihn in den Farben „Grün“ (Waldmeister), Rot (Kirsch), Gelb (Zitrone) oder Schwarz (Cola). Aber im SGC hatten sie sogar einen Wackelpudding (oder wie man im englisch-sprachigen Raum sagte: „Jell-o“), der blau war und nach Waldbeeren schmeckte. Das interessiert zwar keinen, müsste aus Daniels Warte allerdings mal losgeworden werden. Aber interessanter ist doch nun wirklich, wie es weitergeht.
Daniel trank also erneut einen Schluck Kaffee, stellte wieder fest, dass er nicht schlecht schmeckte und nutzte die Zeit, einen Blick auf die Terasse zu werfen. Sie war ziemlich leer. Also nahm er seinen Kaffee in die eine Hand, die kalte Schokolade, die die Frau bestellt hatte, in die andere Hand, erhob sich und machte sich auf den Weg zu einem Sitzplatz nahe der Balkonbrüstung. So konnte er einen Blick auf die Stadt unter sich werfen und dennoch einen schönen Kaffee genießen.
Und mehr passierte in den folgenden Minuten auch nicht. Daniel trank Kaffee, Daniel blickte über die Stadt, trank noch etwas Kaffee und blickte über die Brüstung, auf die Stadt unter sich. Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er sich daran erinnerte, das er vor knapp 8 Jahren beinahe eine wichtige Prüfung versaubeutelt hätte.



Potztausend.
Gerade eben waren sie noch an der frischen Luft Cimmerias gewesen – gut, so frisch war sie momentan auch nicht, wenn man bedachte, dass sie von Goa’uld übernommen war – jetzt waren sie, durch ein Teleportationsgerät, an einen Ort gebracht worden, der auf jeden Fall mehr der Definition einer Halle entsprach.
Thors Halle der Macht?
Handelte es sich dabei tatsächlich um eine Möglichkeit, die Goa’Uld zurückzuschlagen? Gaerwin hatte sie zu einem Obelisken geführt und ihn als „Tors Halle der Macht“ deklariert. Auf Daniels überraschten Gesichtsausdruck hin, hatte sie gefragt, was sie sich denn erwartet hätten. Die Antwort des Anthropologen war so einfach wie klar: „Naja, eine Halle?“

Nun waren sie zumindest in einem Raum. Das war schon mal ein kleiner Fortschritt.
So hatte Daniel auch die Situation geschildert und sich dann am allgemeinen Sport der Stunde, dem „Synchronumschauen/Einzeln“ betätigt.
Samantha Carter, jeder Zoll militärische Wissenschaftlerin, holte tief Luft, ehe sie sich mit einem „Ich habe ein wirklich schlechtes Gefühl dabei“ zur Situation äußerte. Daniel blickte sie kurz an – das blonde Haar, das ihren Kopf zierte, trug sie momentan im modischen Militärschnitt, was ihr ein amazonenhaftes Aussehen verlieh. Aber nicht nur sie wirkte wie eine Sagengestalt aus dem antiken Mittelalter. Gairwyn, die sie damals schon zur Heilerin Kendra geführt hatte, war ebenfalls eine vortreffliche Kriegerin – dies hatte sie schon mehrere Male bewiesen. Und dennoch kam Daniel nicht umher, sich in der „Exposition“, also der Situationsbeschreibung, zu üben und sie noch zu vertiefen.
„Ich verstehe es nicht“, sagte er, „Hier gibt es keine Innschriften, keine ausserirdischen Gerätschaften und keinen Weg nach draußen.“
„Warte!“, sagte Sam und hob ihre Taschenlampe an, um sie auf einen kleinen Obelisken auszurichten, der dem ähnelte, der sie hierher teleportiert hatte. Offenbar war der Obelisk lichtempfindlich, denn kaum, dass Sam ihn beleuchete hatte, begann ein Mann in Wikingerkleidung zu materialisieren.

Seine Vorstellung bedurfte keiner weiteren Erklärung.
„Ich bin Thor“”, sagte er “Ihr seid mutig, vor mir zu erscheinen.”
Daniels Augenbrauen schossen nach oben. Thor? Der wirkliche? Der echte? Vermutlich nicht – eher eine Art von holographischer Botschaft. Aber das möge man mal einer Schildmaid erklären, für die plötzlicher Donner ein Zeichen des Götterwillen war. Andererseits – so fragte sich Daniel – wie würde es wohl sein, wenn man ihn – den Anthropologen – plötzlich mit Mächten konfrontierte, die für seinen Verstand nur in die Richtung „Wunder“ gehen konnten.
Die neue Entwicklung brachte Daniel und Carter dazu, sich verblüfft anzusehen. Wenn sie damals schon gewusst hätten, was noch alles so an Aufgaben auf sie zu kam, wenn sie damals schon gewusst hätten, dass er in knapp 4 Jahren für eine kurze Zeit tatsächlich sterben würde, hätten sie sich vermutlich schon ein bischen gelassener gefühlt. Hier wussten sie von den ganzen Hintergründen noch nichts und fragten sich tatsächlich, ob sie verrückt seien, oder Gairwyn,  die in diesem Moment mit einem „Oh mächtiger Thor, wir brauchen deine Hilfe“ vortrat. Der Wickinger blieb von dieser Äußerung einer seiner Anhängerinnen denkbar unbeeindruckt und dies verstärkte in Daniel den Gedanken, dass es sich hierbei um eine Art Aufzeichnung handelte.  Das plötzliche Verschwinden bestätigte ihn in seiner Vermutung, doch Sams tröstendedes und abgeklärtes „Es ist nur eine holografische Aufzeichnung, projeziert durch das Loch in der Decke“ auf Gairwyns „Warum hat Thor mich verlassen?“ ließ einen leichten Zweifel in Daniel aufkommen.
Was, wenn es doch wahr war?

Sie sollten sich also als „Würdig“ erweisen. Nur stellte sich die Frage, wie dies zu bewerkstelligen sei. Die Antwort zeigte sich, nachdem plötzlich ein Erdbeben durch die Struktur, in der sie sich befanden, ging. Als sich der Staub gelegt hatte, war der Großteil des Bodens in die Tiefe gefallen – lediglich der Teil, auf dem sie standen, ein schmaler Steg und der Obelisk waren noch nicht der Schwerkraft gefolgt.

Und als Daniel einen kurzen Blick über den Abgrund warf, musste er hart schlucken. Er blickte zu Sam: „Ist dies ein schlechter Zeitpunkt, meine Höhenangst zu erwähnen?“
Die hübsche Astrophysikerin zuckte mit den Schultern, schürzte die Lippen und streckte den Hals – etwas, das Daniel bei ihr immer mal wieder beobachtet hatte. Sie tat es, wenn sie nervös war. Mit einem „Ich musste im Grundtraining über weitaus Schlimmeres laufen“, das genau so aufmunternd, wie mysteriös war, wandte sie sich um, breitete ihre Arme aus und ging langsam, vorsichtig und ein Musterbeispiel an perfekter Balance über diesen kleinen Steg, der wirklich kaum breiter als Sams Armeestiefel war. Links und rechts ein tiefer Abgrund, aber Sam schien ihren Blick auf den Obelisken fokussiert zu haben und alles andere auszublenden. Ziemlich Clever. Als nächstes war Gairwyn dran, die – als sie auf der Hälfte der Strecke war – von einem plötzlichen Erdbeben niedergeworfen wurde. Die junge Cimmerianerin klammerte sich an den Steg, um nicht herunterzufallen und das „Ich hol dich!“ von Sam wurde durch ein lautes „Nein, Sie sind schon dort, das muss ich machen“ seitens Daniel abgebrochen. Er schluckte und machte sich auf den Weg. Vorsichtig. So wie Carter es getan hatte. Nicht nach unten sehen, nicht nach links, nicht nach rechts blicken, einfach nur einen Schritt vor den Anderen machen, zu Gairwyn kommen und sie retten. Mehr nicht. Keine Extratouren.
Mit einem “Okay, Du wirst mir deine Hand geben“, näherte er sich, und sprach in einem beruhigenden Tonfall, den er sich eigentlich momentan emotional gar nicht leisten konnte. Aber er wusste, dass er nicht nur Gairwyn beruhigen wollte, sondern auch Sam – von der er wusste, dass sie eigentlich keine Beruhigung brauchte – und vor allem, sich selbst.
Also sprach er langsam, in einem beruhigenden Singsang, davon, dass er ihr helfen würde und dass sie dann diese Sache gemeinsam beenden würden. Er ging in die Knie, griff nach ihrer Hand, als plötzlich der Steg bröckelte und Gairwyn ihren Halt verlor. Daniel griff nach ihr, wurde mitgezogen und sah schon vor seinem inneren Auge, wie er in die Tiefe segeln würde.
Er fiel – knappe Zehn Zentimeter – und nicht tief, sondern weit. Verblüfft auf dem Rücken liegend, starrte er zu Sam herüber, die erschrocken nach vorne gesprungen war und jetzt genau so ungläubig dreinblickte, wie er es vermutlich tat.


Jetzt, im sonnigen Dubai, konnte er Thor eigentlich nur dafür danken, dass er ihm geholfen hatte, seine Höhenangst anzugehen. Es hatte einige Trainingssitzungen benötigt und mehrere Ausflüge, die er zusammen mit Sam, Janet und Janets Pflegetochter Cassandra zum Kletterwald in Colorado Springs unternahm. Über die Zeit hinweg hatten sich diese Ausflüge zu einem festen Bestandteil in Sams und Daniels Leben entwickelt und auch wenn Janet Fraiser mal keine Lust hatte oder Cassie der Sinn nach anderen Vergnügungen stand, waren sie beide, Sam und Daniel, immer mal wieder über den Wipfeln von Colorado unterwegs. So war er seine Höhenangst losgeworden und hatte etwas anderes, nämlich die Liebe zu Sam Carter gefunden. Und vermutlich würde Sam auch Dubai interessieren. Er musste unbedingt…
Der Gedankengang des Archäologen stoppte von einem Moment auf den nächsten. Er musste unbedingt was ? Wem konnte er von Dubai erzählen? Einige seiner Freunde waren vor kurzem gestorben, andere mit ihrem Raumschiff verschütt gegangen und wieder andere waren hier, um sie zu suchen. Mit wem konnte er sich unterhalten?
„Warum sitzen Sie hier?“
Die Stimme einer Frau riss ihn aus seinen Gedanken  und er musste sich sofort korrigieren. Es war nicht „eine“ Frau, es war „die“ Frau. Die, die gerade eben noch verschwunden war.
Daniel hob seinen Blick und konnte sich ein ironisches Lächeln – er war wirklich zu lange mit O’Neill unterwegs gewesen – nicht verkneifen: „Oh, ich dachte mir, dass Sie vielleicht lieber hier sitzen würden.“
Gut, das war jetzt nicht unbedingt Ironie, noch nicht einmal Sarkasmus, aber es wirkte. Die Frau setzte sich ihm gegenüber, setzte ihre Sonnenbrille ab und lächelte sanft: „Darf sich Frau nicht mal kurz frisch machen?“
Zwei Dinge schossen Daniel in diesem Moment durch den Kopf.
Einmal, dass man normalerweise in diesem Fall bescheid sagt, dass man sich frisch macht.
Zweitens: Er musste unbedingt Gibbs bescheid geben.
Seine linke Hand glitt unter den Tisch, er griff in seine Hosentasche und förderte sein Handy zu tage. Blind versuchte er den Text „Mysteriöse Frau ist hier, erbitte Hilfe“ zu tippen, doch die zierliche Hand schoss unter den Tisch und griff nach seinem Mobiltelefon.
Sie blickte aufs Display und schaute ihn dann an: „Was heißt ‚Nwrteqhlre eqpg’?“
Daniels Kopf ruckte hoch. Stirnrunzelnd stand er auf, trat hinter sie und warf einen Blick auf das Display.
Nun stand auch sie auf, lächelte ihm zu und fragte, mit einer leichten Spur Unschuld in der Stimme: „Kann das sein, dass blind-sms-tippen nicht unbedingt ihre Stärke ist, Doktor Jackson?“
Damit warf sie ihm sein Handy zu, wandte sich zur Brüstung und blickte hinunter: „Aber eines muss man Ihnen lassen. Sie haben ein Gespür für Ausblicke.“
Nicht wissend, was er sagen sollte, beließ es der Anthropologe bei einem Schweigen, begann, die Nachricht „Mysteriöse Frau ist hier, erbitte Hilfe“ erneut zu tippen, dieses Mal jedoch mit auf das Handy gerichteten Blick. Die Frau drehte sich um und lächelte ihn an.
„Sagen Sie Gibbs auch, er soll ein bischen vorsichtig sein. Ich glaube nicht, dass Tony und Ziva es mögen würden, versehentlich das Zerstörungsprogramm der DRAGONFLY zu aktivieren.“
Erneut ruckte Daniels Kopf zu der Frau herum und er verengte seine Augen zu Schlitzen: „Woher wissen Sie das jetzt wieder?“
Sie lachte, hielt sich die eine Hand auf ihren Brustkorb und die andere vor den Mund, was ihr eine merkwürdige Haltung verlieh, ehe sie sagte: „Oppa hat schon gesagt, dat sie ein merkwürdigen Vogel sein würden.“
‚Dieser Dialekt!’, schoss es dem Wissenschaftler durch den Kopf und er legte selbigen schief – den Kopf, nicht den Dialekt: „Woher kennen Sie mich?“
„Haben Sie es immer noch nicht raus?“
„Was soll ich raus haben?“
„Ich bitte sie.“, lächelte die Frau, „Sie keinen meinen Ur-ur-ur-ur-ur-ur-watweißichnoch-oppa.“
„Jetzt sagen Sie nicht“, setzte Daniel an, doch die Frau nickte lachend und verbeugte sich: „Darf ich mich vorstellen? Ich bin Felicity Cat. Zu Ihren Diensten.“

TBC





Kapitel 12.3
Sie saß ihm gegenüber und Daniel hatte das Gefühl, dass sie sich fragte, warum er sie so verblüfft anstarrte. Dabei musste man nicht einmal ein Physiknobelpreisempfänger sein, um dies herauszubekommen. Als seine Kinnlade endlich wieder normal arbeiten wollte, räusperte er sich zuerst und blickte sie dann an.

 „Felicity Cat“, sagte er und in seiner Stimme klang die Fassungslosigkeit mit, die er gerade empfand. Er schüttelte den Kopf: „Tut mir leid, das fällt mir irgendwie schwer, genau dies zu glauben?“
Sie zuckte mit den Schultern, lehnte sich zurück, schlug die Beine übereinander und blickte ihn mit ihren grau-grün-braunen Augen an. „Grau-grün-braune Augen?“, schoss es Daniel durch den Kopf, „Das ist mal eine sehr interessante Farbkombination.“ Nun lehnte auch er sich zurück, hob sein Handy und blickte „Felicity“ an: „Sie haben doch nichts dagegen, oder?“
Die Frau beugte sich vor, lächelte und zuckte dann mit den Schultern: „Warum sollte ich etwas dagegen haben, Doktor Jackson? Solange Sie mein Foto nicht in irgendwelchen sozialen Netzwerken posten, habe ich kein Problem damit.“
„Warum sollte ich das tun?“, fragte Daniel und Felicitys durchaus attraktives Gesicht hellte sich mit einem freundlichen Lächeln auf: „Dann fotografieren Sie mich so Oft sie wollen, Doktor Jackson. Sie können es auch ihren Freunden im NCIS schicken, damit sie mich durch die AFIS-Gesichtserkennung laufen lassen können.“
Als sie das Knipsen hörte, lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück, wandte ihr Gesicht der Sonne zu und sagte: „Nicht, dass es was bringen würde.“
Daniel, dessen Finger schon den „Senden“-Knopf gedrückt hatte, nickte. Natürlich, warum sollte die in der Datenbank erfasst sein. Schließlich war sie eine Nachfahrin von Cal, was bedeuten musste, dass sie aus noch weiterer Zukunft stammen musste, als es der Sternenflottencaptain tat.
Nach seiner Tasse Kaffee greifend, blickte er sie an. Jetzt, wo sie sagte, dass sie mit Cal und vermutlich Agatha verwandt war, fiel ihm die Ähnlichkeit tatsächlich auf. Die Augenfarbe des Captains mit der Agathas vermischt, plus einer Spur Grau – wo immer das herkam – sorgten für ein faszinierendes Farbspektakel und als sie lächelte, kam sowohl das freche Grinsen, das Cal zwischendurch draufhatte, als auch das schöne, sehr zurückhaltende Lächeln Agathas, das er bei ihrem ersten Treffen an ihr bewundert hatte, deutlich durch. Und während er daran dachte, erinnerte er sich daran, was Sam erzählt hatte – ihr wirkliches, ihr allererstes Treffen hatte er eher am Rande mitbekommen, da er am Anfang unter einer Art Amnesie gelitten hatte. Woher er diese hatte, wusste er auch heute, knapp 7 Jahre später, immer noch nicht. Damals war es mit einer Warnung losgegangen. .


Die Frau erhob die Stimme: „Ich bin Captain Kathryn Janeway, vom Föderationsraumschiff Voyager.“ Der Jugendliche mischte sich jetzt ebenfalls ein. „Und ich bin Captain Calvin Cat von der USS DRAGONFLY. Wir sind aus dem vierundzwanzigsten Jahrhundert und haben eine Warnung an Sie alle.“

Einige Minuten – und einen Aufenthalt auf der Krankenstation -  später hatte man sich im Besprechungszimmer eingefunden und harrte der Dinge, die da kommen würden. Allen voran blickte Jack O’Neill ein wenig mißmutig und amüsiert drein, was Sam ihm nun wirklich nicht verübeln konnte. Mißmutig, weil er gerade versucht hatte, sie zum x-ten Male zum Angeln zu überreden, als der Ruf „Unbekannte Aktivierung von Außen“ die komplette Basis in Alarmbereitschaft versetzt hatte. Das Amüsement war auch nachzuvollziehen. Die „Unbekannte Aktivierung von Außen“ wurde von der Sternenflotte durchgeführt. Das war etwas, worüber man sich erst einmal klar werden musste – hier mit ihnen im Besprechungsraum saßen Personen die äußerliche und personelle Charakteristika von Figuren der Serie „Star Trek: Raumschiff Voyager“ hatten. So saß dem Colonel Captain Kathryn Elizabeth Janeway gegenüber. Entweder war sie es tatsächlich, oder aber eine ausserirdische Lebensform hatte ihre Gestalt angenommen. Die Möglichkeit, dass Schauspielerin Kate Mulgrew für einen derart elaborierten Scherz zur Verfügung stand, hielt Sam für unwahrscheinlich. Zumal General Hammond ihr nie wirklich als großer Spaßvogel vorgekommen war. Der eine oder andere Scherz oder ein Bonmot entfleuchte zwar auch ihm, aber so etwas würde der General nicht machen. Und wie hätte man Jensen Ackles, Kirsten Dunst und Allison Mack – die zum damaligen Zeitpunkt noch relativ unbekannt war -  dazu kriegen können, sich ebenfalls in Starfleetuniformen zu werfen? Wobei die Mister Ackles die Rolle des Scherzkekses schon sehr gut in „Dark Angel“ verkörpern konnte. Momentan widmete der Mann seine Aufmerksamkeit jedoch eher dem Schoß Misses Dunsts. Was machten die Beiden, die ihr und Teal’C gegenübersaßen, da?
Ackles – Calvin Cat, wie sich Sam im Geiste korrigierte – schien ihren fragenden Blick zu bemerken, lächelte ein Lächeln, das sie hin und wieder gesehen hatte, wenn er – respektive Jensen Ackles – es Jessica Alba in Dark Angel zuwarf und zuckte mit den Schultern: „Wir versuchen nur, gerade herauszufinden, in welchem Zeitabschnitt wir genau sind. Sie wissen schon – erste Temporale Direktive und so.“
„Cal!“, stieß Kirsten Dunst den Mann in die Seite, „Musst Du alles ausplaudern?“
Nun schenkte der „Captain“ Dunst ein Lächeln: „Hey, das is lebende, atmende Geschichte. Ich meine, das ist Samantha ‚Fucking’ Carter! Agatha, begreifst Du die Implikationen?“
„Ich begreife in erster Linie“, hörte Sam das Captain Janeway sich in die Unterhaltung einschaltete, „dass Sie ziemlich vorlaut sind, Captain Cat.“
Das sah man nun wirklich nicht alle Tage. Kate Mulgrew saß ihnen gegenüber und machte, zusammen mit Kirsten Dunst, Jensen Ackles verbal nicht nur einen, sondern gleich mehrere Köpfe kürzer.
Der Kommandant schien den Kopf tatsächlich ein stückweit einzuziehen und schuldbewusst die Tischplatte auswendig zu lernen.

Nun wurde es interessant, denn die Tür öffnete sich und General GEORGE HAMMOND schob bewegte seinen massiven Körper nicht ohne eine gewisse Leichtfüßigkeit zu dem Stuhl, den er vor langer Zeit als seinen deklariert hatte. Er setzte sich und blickte in die Runde, als auch Janet Fraiser dazukam und sich hinter dem General positionierte. Offenbar hatten die beiden gerade noch miteinander gesprochen.
„Doktor Fraiser hat mir einen vollständigen Bericht gegeben. Nach ihrer Ansicht sind Sie“ – damit warf er einen Blick zu den ‚Sternenflottenoffizieren’ – „das, was sie vorgeben zu sein. Menschen.“
Janet hob den Blick, schaute zu der Frau herüber, die die Verkörperung von „Seven of Nine – tertiäres Mitglied von Unimatrix 01“ perfekt beherrschte und mit einem eher unterkühlten Blick in die Runde sah.
„Bei Ihnen“, sagte die Ärztin und nickte in Richtung der blonden Borg, „haben wir sogar Borg-Nanosonden gefunden.“
Janeway schaute verblüfft zu Janet und Hammond herüber: „Sie scheinen sehr gut informiert zu sein.“
„Das zu erklären“, schnitt Sam ein, bevor die Sache zu weit gehen konnte, „würde Zeit brauchen.“
Cal hob den Blick, schaute sie an und lächelte: „Genau – und die haben wir nicht.“
Damit stand er auf, gegen den überraschten Protest von Janeway, ehe er die Hände hinter dem Rücken verschränkte und im Raum auf und ab ging und ein lakonisches  „Die Goa’Uld werden die Erde angreifen.“ in den Raum feuerte.
Jacks Kopf ruckte hoch, die grauen Augen, so konnte Sam sehen, taxierten den „Captain“, als er sich mit einem „Das wissen wir schon und haben es schon verhindert“ an der Konversation beteiligte.
„Jahaaaa!“; machte Cal, wirbelte um die eigene Achse, um schließlich so zu stehen, dass er nur auf Jack deuten musste: „ aber dieses mal haben sie Verstärkung im Schlepptau.“
Die Klarifizierung, welches diese Verstärkung sein mochte, kam durch Seven of Nine: „Die Borg werden die Erde zusammen mit den Goa’Uld angreifen.“
„Das hat Washington gerade noch gefehlt. Ich höre schon wieder Kinsey meckern.“, seufzte Jack, was irgendwie keine großartigen Heiterkeitsausbrüche bei SG-1, General Hammond oder den Gästen hervorrief. Einzig Cal schmunzelte, doch ersetzte die amüsierte Miene durch eine Ernste, als sich Agatha zu Wort meldete: „Ich glaube, Ihnen ist die Gefahr einer Borg-Invasion nicht deutlich genug, oder?“
 „Also, das ging ja nun wirklich zu weit. Dieser Dreikäsehoch will mir einen von Gefahr durch Invasion erzählen!“, schoss es unter Hochdruck aus dem Colonel heraus, der sich, kaum, dass er sich geäußert hatte, für diese Meldung verfluchte, „Ich weiß nicht, ob im 24. Jahrhundert, sofern ihr wirklich von dort kommt, der Name SG 1 ein Begriff ist, aber wir haben mit einem Minimum an Risiko eine Attacke der Goa’Uld abgewehrt.“
„Natürlich kennen wir die Geschichten von SG 1. Sie befanden sich wirklich allein auf diesem Schiff? Nur Apophis und einige Wachen? Da haben Sie aber leichtes Spiel gehabt.“, sagte Calvin.
„Bitte was?“, fragte Carter verwirrt.
„Die große Samantha Carter. Der bedeutende Daniel Jackson. Der Shol’va, der kein Shol’va bleiben sollte. Wir mussten alles über die SG1-Missionen lernen.“, erklärte Agatha und lächelte, „Aber ich fürchte, mein Captain hier ist immer, wenn es wirklich wichtig wurde, eingeschlafen. „
O’Neill sah sie verständnislos an.
„Sie sind mitten in unseren spannendsten Geschichten eingeschlafen????“, fragte er, verschmitzt grinsend.
„Stimmt genau.“, erklärte Calvin, ebenfalls mit einem leichten Anflug von Spott.

Dann kam Daniel Jackson aufgeregt in den Besprechungsraum gestürzt.
O’Neill drehte sich zu ihm um.
„Was gibt es, Danni-Boy?“, wollte er wissen.
„Das solltest Du Dir ansehen, Jack. Die Goa’uld sind auf dem Weg hierher. Teams die auf 10 verschiedenen Welten im Einsatz waren, haben von einer seltsamen Basis berichtet, von der Goa’Uld und irgendwelche Maschinenmenschen auf dem Weg zur Erde sind.“, keuchte er und sah sich im Raum um. Er beugte sich zu Fraiser.
„Äh, Doktor? Haben all diese Stars eine Sonderfreigabe für die SGC-Tour?“, fragte er sie.
„Sie waren doch dabei, als unsere Besucher durch das Sternentor kamen.“ Fraiser war verblüfft. Die Frau, die Sam später als Doktor Gina Intrupper kennenlernen sollte,  praktizierte einen medizinischen Tricorder aus ihrem blauen Arztkittel, den Sam schon einmal bei Beverly Crusher gesehen hatte, und richtete das Scanning Device auf Jackson. „Hmm, spontane Amnesie.“, diagnostizierte er.
Daniel sah die hübsche Blonde verwirrt an. „Seltsam, ich fühle mich gut.“ , sagte er, nur um sich Sekunden später eigenhändig eines besseren zu belehren. Denn er sackte in sich zusammen, als ob man die Fäden einer Marionette durchgetrennt hätte.
Die beiden Ärzte, also Fraiser und Intrupper kümmerten sich um den benommenen Anthropologen.
Sam sprang schockiert auf und war in drei Sätzen bei ihrem Freund und Kollegen. „Daniel, alles klar?“, fragte sie ihn. Kurz blickte sie über ihre Schulter und sah zu O’Neill, dessen Gesichtsausdruck äußerte Bestürzung verriet.
Neben ihr hieb die hübsche Blonde – Gina Intrupper – auf den Kommunikator und schrie in das kleine Schmuckstück: „Hier Intrupper – Nottransport auf Krankenstation DRAGONFLY. Code 2-A-10.“
Und augenblicklich war Daniel Jackson, zusammen mit Gina Intrupper, in einem Farbspektakel aus bunter – vornehmlich blauer – Energie verschwunden.



An mehr hatte sich Daniel seinerzeit nicht erinnert und was ihm Sam danach erzählt hatte, war schon mehr als nur abenteuerlich. Aber er schien zuzutreffen, denn der Captain, der das Gesicht von Jensen Ackles hatte, wurde alsbald ein fester Bestandteil des SGC, ging mit SG-1 auf Missionen und erlaubte sich das zu haben, was bald ein lebensrettender Bestandteil der Missionen war – eine Menge Spaß. Bis er eines Tages von Agatha Silverbird wieder in sein Raum-Zeit-Gefüge abberufen wurde.
Als die Frau vor ihm etwas gesagt hatte, musste sich Daniel erst einmal wieder in die Gegenwart zurückfinden und warf Miss Cat einen Blick zu.
„Eine gewisse Ähnlichkeit ist wirklich da.“, stellte der Archäologe fest und Felicity lächelte: „Wirklich? Das freut mich. Man sagt mir immer, dass ich sehr nach meinem Ur-Oppa komme.“
Daniel zuckte mit den Schultern: „Wenn ich ehrlich bin, ist auch eine Menge ihrer Ur-Ur-Ur-Ur… wieviel Ur?“
„17:30 Uhr.“, grinste Felicity und erhob sich: „Hören Sie, ich würde wirklich gerne näher mit ihnen plaudern – es gibt da nur ein kleines Problem.“
Irgendwie klang das nicht gut. Der Kopf des Anthropologen ruckte hoch und er fokussierte die Cat-Nachkommin mit scharfem Blick: „Problem?“
Die Frau nickte: „Sehen Sie – es gibt Sachen, die ich hier, in aller Öffentlichkeit nicht ausplaudern darf.“
Kurz versicherte sich Daniel des Faktes, das niemand anderes hier war und blickte die Frau dann an, ehe er einen Tonfall bemühte, der beinahe schon Jack O’Neill zu Ehre gereicht hätte: „Wir sind alleine hier!“
„Oh“, machte Felicity und ein wissendes Lächeln umspielte ihre vollen Lippen, „Die Wände haben Ohren. Ich würde mich nicht so sehr darauf verlassen, dass niemand anderes lauscht. Und – nach all dem, was ich so gehört habe, möchte ich gerne mit Ihnen an einem sicheren Ort sein.“
Die letzten Worte Felicitys wurden von einem nähernden Geräusch beinahe übertönt. Daniel schloss die Augen, legte den Kopf schief und lauschte. Sirenen.
„Ist das unsere Mitfahrgelegenheit?“, fragte der Anthropologe, erhob sich und warf einen Blick über das Geländer. Tatsächlich. Da hielt ein Krankenwagen, zwei stämmige Pfleger stiegen aus, machten eine Trage rollfertig und eilten ins Hotel.
Und da dämmerte es Daniel. Er wandte sich zu Felicity, die gerade ein kleines Fläschchen in ihr Dekolletée praktizierte.
Er seufzte: „Ernsthaft? Wollen Sie mich betäuben, damit ich nicht sehe, wohin wir fahren?“
„So ähnlich. Ich könnte Ihre Sicht auch einfach nur mit einer Binde oder einem Sack behindern, aber Sie würden sich vermutlich auf ihre anderen Sinne verlassen und daher eine genaue Straßenkarte im Kopf haben, ohne jemals etwas zu sehen.“
„Ich bin nicht Sherlock Holmes.“, sagte Daniel und schaute sie an.
Felicity zuckte mit den Schultern: „Ich bin hier gleich raus. Entweder Sie kommen mit – dann zu meinen Bedingungen – oder aber sie bleiben hier und erfahren nie, was sie erfahren könnten.“
In seinem Inneren hörte er förmlich Sam schreien, dass dies eine Falle wäre. Wobei – wusste er es?
In einem Anfall von autorengeschuldeter Idiotie setzte sich der Anthropologe und nahm einen Schluck Kaffee.
Schnell zog er sein Handy, tippte noch ein „Frau nimmt mich mit – wenn ich mich in 4 Stunden nicht melde: sucht mich“ und erhob sich, als er die „Pfleger“ auf die Terasse kommen sah. .

Er trat auf sie zu und lies sich auf die Trage nieder. Er wusste, dass – wenn Gibbs von seiner Entführung erfuhr, dieser Himmel und Hölle in Bewegung setzen würde, ihn zu finden. Oder vielleicht war das auch nur der immer schwächer werdende Widerstand gegen das Betäubungsmittel, das sie ihm verabreicht hatte?  Er wusste es nicht, er wusste nur, dass er bald nichts mehr wusste.

  TBC

CaptainCalvinCat

  • Crewman 1st Class
  • *
  • Beiträge: 302
Kapitel 12.4

Gibbs warf einen fassungslosen Blick auf das Display seines Handys. Was dachte sich der Anthropologe? Da würde er nun da sitzen und gepflegte Konversation mit einer Frau machen, die nach den Angaben des Archäologen „Mysteriös“ war? Gut, jedem wie er mochte, aber der Fakt, dass Jackson das Bild an ihn und auch an Abby Sciuto geschickt hatte, ließ ihn doch sehr bezweifeln, dass hier einfaches „Flirten“ in der Absicht des Anthropologen stand.
Als dann, wenige Minuten später die Meldung „Frau nimmt mich mit – wenn ich mich in 4 Stunden nicht melde: sucht mich“ auf seinem Handy auftauchte, konnte sich Leroy Jethro Gibbs nur noch an den Kopf fassen. Ob der Anthropologe seinen früheren Vorgesetzten, Jack O’Neill auch durch solch hirnlos-impulsive Handlungen in den Wahnsinn getrieben hatte? 

In diesem Moment klingelte sein Handy. Gibbs warf einen Blick auf das Display, las den Namen des Anrufers – Abby Sciuto – und nahm das Gespräch mit militärisch knappen „Ja? Rede mit mir!“ entgegen.

Private first class Jessica Hanson hatte einen sehr interessanten Tag. Eigentlich hätte sie sich so etwas nicht träumen lassen – aber andererseits, wann erfuhr man schon einmal, dass der NCIS offenbar in den Gewässern vor Dubai nach einer bruchgelandeten Intrepid -Klasse suchen würde.
„Warum suchen wir nicht dann noch die bruchgelandete Defiant ?“, schoss es ihr durch den Kopf, aber sie würde sich hüten, etwas zu sagen. Vor ein paar Tagen war Halloween gewesen, vielleicht war dies eine verspätete Racheaktion, die sich Martin – ihr Mitbewohner – ausgedacht hatte, nachdem sie die Schaumgummiratten im Kühlschrank gesehen hatte. Zugegeben, das laute Kreischen war durchaus die Mühe wert gewesen, aber dass Martin dann doch soweit gehen würde und ihr das Hauptteam des Naval Criminal Investigative Service auf den Hals hetzte, um nach etwas zu suchen, das eigentlich gar nicht da war, weil es der Fiktion von Drehbuchautoren entsprungen – oder in diesem Fall eher: entflogen – war… das schoss den Vogel ab. Aber, sie würde mitspielen. Warum auch nicht? Was machten sie denn Schlimmes? Sie – Jessica – hatte das NCIS-Team zu einer bestimmten Stelle geflogen, sie hatten eine Boje abgeworfen und nun dirigierte Tim McGee seine Kollegen Tony und Ziva zu eben jener Stelle. Alles halb so schlimm.  Und das sie die Baupläne der Voyager hatte aufrufen sollen, war so übel auch nicht. Sie würde mitspielen.
„Korrigiert euren Kurs um weitere 5 Grad Backbord.“, teilte McGee gerade seinen Kollegen mit und wandte sich dann ihr zu, um sie neugierig anzuschauen.
Vermutlich wartete er darauf, dass sie ihn fragte, was das ganze Spielchen solle? Nicht mit ihr. Sie würde einfach mitspielen. Also holte sie tief Luft, verschränkte die Arme vor der Brust, ehe sie mit einer Hand auf den Monitor deutete, der den Voyager -Bauplan zeigte.
„Ich würde ja lieber versuchen, über die hintere Shuttlebucht in das Schiff zu kommen. Der Zugang dürfte sicherer sein, als sich, beispielsweise über die Hauptbrücke einen Zugang verschaffen zu wollen.“, sagte sie und schaute den Special Agent an, der ihren Blick fassungslos erwiderte. Man hatte ihr inzwischen schon einige Male gesagt, dass sie eine gewisse Ähnlichkeit zu Jeri Ryan hätte, die bei „Star Trek – Raumschiff Voyager“ die Borgdrohne Seven of Nine spielte und deren Name „Annika Hansen“ lautete. Auch der Name barg eine gewisse Ähnlichkeit, aber was hieß das schon? Ein befreundetes Ehepaar hieß Stephans, sie hieß Samantha, er hieß Darrin und dennoch war sie keine Hexe. Wobei – jedes Jahr zu Halloween hatte sie richtig Spaß und konnte ihr „Verliebt in eine Hexe“-Alter Ego voll ausspielen. Nichts desto Trotz – es mochte wirklich augenfällige Ähnlichkeiten zwischen ihr, Jessica Hansen und Annika Hansen geben, dennoch war sie keine Borg. Zumal eine Voyager sowieso nicht existierte.
Und doch kam sie nicht umher, Special Agent Timothy McGee gegenüber ihre Haltung zu verändern, sich mehr „borg“-ig zu positionieren. Der Rücken wurde durchgestreckt, die Hände hinter selbigem verschränkt und sie versuchte, ihre Augen kalt und analytisch über den Bildschirm huschen zu lassen. Dann holte sie Luft und brachte – was sie selbst mit stolz erfüllte – genügend „borg-Ton“ in ihre Stimme um „Alles andere wäre Ineffizient, Special Agent McGee“ zu sagen.
Ja, manchmal überraschte sie sich selbst.

Tim schaute die Frau verblüfft an. Vor einigen Sekunden war Jessica Hansen noch eine junge Navy-Offizierin gewesen, die sich vermutlich fragte, was das alles war, jetzt gerade schien sie eine Metamorphose in Seven of Nine zu vollziehen. Ehe er realisierte, was geschehen war, stand er auf den Beinen, hatte seine Arme um die zarten Schultern der Frau gelegt und starrte sie an: „Seven? Sind… sind Sie das?“
Die analytische Kälte wich einer Mischung aus Verwirrung, Amüsement und Angst, als sich Jessica losmachte und ihn anblickte: „Nein, natürlich nicht.“
Und dann, noch ein paar Schritte nach hinten tretend, fragte sie „Was ist eigentlich Ihr Problem?“
Dann fielen von draußen Schüsse.

Das laute Röhren des motorbetriebenen Gummibootes verstummte abrupt, als sie die Boje erreicht hatten. Ziva ging in die Hocke, griff nach ihren Zivilklamotten und förderte einen Tricorder zu Tage. Den fassungslosen Blick Tonys registrierte sie, wandte sich an ihn und lächelte: „Abby hatte ihn mir gegeben – damit wir die DRAGONFLY auch wirklich finden.“
Der verblüffte Gesichtsausdruck Tonys wich einem leichten Lächeln, als er nach seiner Sauerstoffflasche griff.
„Wollen wir?“
Ziva griff ebenfalls ihre Sauerstoffflasche: „Wir wollen.“
Und damit glitt sie ins Wasser.

Das Erste, was Tony DiNozzo bemerkte, als er Ziva David folgte, war, dass ihre Bewegungen unter Wasser noch viel eleganter wirkten. Sie erinnerte ihn an eine Meerjungfrau, die hier endlich wieder in ihrem angestammten Territorium war und … in seinem Kopf konnte er die Musik von Ariel beinahe hören, inklusive eines leidenschaftlich, aber falsch gesungenem „Unter dem Meer.“
Wobei der Hinweis gar nicht so verkehrt war. Sie waren unter dem Meer und machten sich auf den Weg in die Tiefe, um einen Schatz zu bergen, den es eventuell noch nicht einmal mehr gab. Wie groß waren die Chancen, dass ein Föderationsraumschiff den Druck in mehreren tausend Metern unter dem Meeresspiegel ohne Weiteres überstehen würde? Er wusste es nicht, aber er hoffte. Er hoffte, dass sie entweder nicht umsonst auf dem Weg in die Tiefe waren – oder aber, dass sie rechtzeitig wieder an die Obefläche kamen, ehe ihnen die Luft ausging. Er sah sich förmlich schon, wie er eine erschlaffende Ziva griff und mit ihr gen Wasseroberfläche strebte, um ihr wieder frischen Sauerstoff einzugeben. Zivas schöne Augen würden sich öffnen, sie würde ihn verliebt-benommen anlächeln und sie würden…

Plötzlich versteifte sich Tony. Nicht nur gewisse Körperpartien, die gerade mit Blut geflutet wurden, weil der Kopf sich Sachen vorstellte, die er mit Ziva auf dem Boot tun konnte, sondern der komplette Körper. Diese Reaktion hatte noch nicht einmal im Entferntesten mit der Erotik zu tun, die in seinem Kopf für den Bruchteil einer Millisekunde aufflammte und dann – wie mit einem Messer – gekappt wurde, sondern mit dem Fakt, dass diese Gedanken von anderen Gedanken verscheucht worden waren, wie eine Gruppe von kleinen Fischen vor Haien. Und das war das Bild, das er gerade vor Augen hatte. Was, wenn es hier Haie gab? Er war kein Experte darin, diese possierlichen Tierchen zu bekämpfen und wenn er eine Wahl hätte, würde er dies am Liebsten jemand Anderem überlassen – aber im Zweifelsfall konnte Ziva auf ihn zählen. Und dennoch war er kein Freund der Vorstellung, sich mit Jaws Cousins anzulegen.
Andere Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Es war nicht einmal dieses „Stell dir vor, du kannst Ziva nicht retten“-Syndrom, es war viel mehr dieses „Ich hab das Gefühl, ich bin hier Hals über Kopf drin und hab mehr abgebissen, als ich kauen kann“-Syndrom. Wieso hatten sie sich der Suche nach Cal angeschlossen? So gut war der Captain mit ihm, Tony, nun auch nicht befreundet. Aber andererseits – auch wenn er kein Soldat war, hatte er dieses Motto „Never leave a man behind“ ebenfalls voll internalisiert.

Dazu müsste man diesen „man“, den man niemals „behind“ „leaven“ würde, allerdings erst einmal finden. Und hier wurde es kompliziert. Zwar hatte er gelesen, dass Dubai auf einem sogenannten „Schelf“ lag, der Meeresboden also nicht allzu tief war, dennoch wurde es ihm mulmiger und mulmiger, je weiter sie in die immer dunkler werdende Tiefe tauchten. Kurz blieb er an Ort und Stelle, erlaubte sich, sich einmal um die eigene Achse zu drehen und sich zu vergewissern, dass sie immer noch die Boje über sich hatten, ehe er sich wieder zu Ziva herumdrehte. Kurz blieb sein Herz stehen, als er sich umblickte, und die hübsche Israeli nicht mehr sehen konnte, dann blinzelte er und erkannte, langsam in der Dunkelheit verschwidend, ihre Silhouette. Tony schwamm schneller, um sie nicht zu verlieren. Und während er das tat, fiel ihm diese Magnum-Folge ein.
„Home of the Sea“ war ihr Titel und in ihr war Magnum am 4. Juli, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag, aufs Meer gepaddelt, um ihn alleine für sich begehen zu können. Im Zuge dessen wurde er von einem rüpelhaften, achtlosen Motorbootfahrer angerempelt, verlor den Halt und fiel ins Wasser. Um zu überleben, musste er Wasser treten und hielt tatsächlich einen kompletten Tag aus, wobei er am Schluss von Higgins gerettet wurde. Tony wollte es nicht beschwören, aber es kam ihm so vor, als wäre diese Episode – die erste der vierten Staffel – die Letzte gewesen, in der man Magnums Gedanken – als Off-Sprecher – hören konnte. Ihm war es so, als sei genau dieser Teil von Magnum im Wasser des Molokai-Kanals – einer Seeströmung – gestorben. Vielleicht irrte er sich auch, aber der Gedanke, so musste er zugeben, hatte was.

Was auch etwas hätte, wäre, wenn man sich nicht so leicht ablenken ließe. Erneut blinzelte Tony und paddelte schneller mit seinen Schwimmflossen, um die athletische Ex-Mossad-Agentin zumindest ansatzweise einholen zu können.

Die Umgebung wurde immer dunkler und immer dunkler, auch die Kälte nahm zu, die sich durch den Neoprenanzug biss und Tony sich wünschen ließ, dass sie bald am Ziel wären – oder umkehren könnten. Und dann sah er in der Ferne etwas. Es mochte ungefähr noch gute 10 Meter entfernt sein, aber es schimmerte in der Dunkelheit wie ein Schatz, der nur darauf wartete, von Piraten geborgen zu werden. Wenn sie wirklich Glück hatten, schwammen sie tatsächlich auf die DRAGONFLY   zu und kollidierten nicht mit einem auftauchenden Unterseeboot. Ziva schien ähnliche Gedanken zu haben, hielt kurz inne, schien zu schweben und legte den Kopf schief. Er tauchte neben ihr auf, blickte sie an und sah, dass sie sich das Selbe fragte, wie er. Doch diese Unsicherheit währte nur ein paar Sekunden – dann bedeutete sie ihm, weiter zu schwimmen. Und die Melodie des „Mannes aus Atlantis“ im Kopf folgte er ihr, um nachzusehen, was auch immer dort in der Tiefe war.


Abigail Sciuto hatte Spaß. Aus den Lautsprechern ihrer Boombox röhrte die Musik, der sie gerne lauschte, es störte sie niemand und sie konnte in Ruhe arbeiten. Spuren an der „Stone-Crime-Scene“ wollten immer noch verunstaltet werden und wen konnte man mit solchen Aufgaben besser beschäftigen, als sie. Sie wusste ja auch, wonach man zu suchen hatte. Und gerade, als sie Bilddaten richtig schön durcheinandergebracht hatte, so dass niemand sie finden konnte, wenn er nicht sie war, meldete ihr Handy eine einkommende MMS.
Sie warf einen Blick auf den Absender.
„Doktor Jackson?“, fragte sie leise in den Raum und merkte erst in diesem Moment, wie laut diese Frage doch in einer solchen Situation sein konnte, obwohl sie vom Lärm der Musik hätte übertüncht werden müssen . Lässig lies die Forensikerin das Handy aufschnappen und warf einen Blick auf das Bild, das sie begrüßte.
Verblüfft runzelte Abby die Stirn. Zugegeben, die Frau war hübsch, weswegen Daniel ihr dieses Bild schickte, war ihr für den Bruchteil einer Millisekunde nicht klar. Dann dämmerte es ihr. Natürlich – der gute Doktor wollte einen Abgleich mit der Gesichtserkennungsdatenbank.
Das wollte er, das sollte er bekommen.

Nun muss man über die Gesichtserkennung eines sagen – manchmal geht so etwas sehr, sehr schnell. Vor einigen Tagen hatten sie beispielsweise versucht, einen Mann auf einem Foto mit der Gesichtserkennung abzugleichen – und es hatte sofort funktioniert, mit einer Fehlertoleranz von 5 Prozent. Und dann gab es langwierige Suchläufe – beispielsweise den, den das Programm gebraucht hatte, um Ari Haswari zu identifizieren. Abby stellte sich auf eine sehr lange Wartezeit ein, war gerade dabei, ein anderes Programm zu öffnen, als…
Zitat
Match Found. 100 % Accuracy.
Die hübsche Forensikerin blinzelte, warf einen Blick auf den Bildschirm und schüttelte den Kopf. Schnell nahm sie ihr Handy und wählte die Nummer von Leroy Jethro Gibbs an.
Dieser ging mit einem militärisch knappen „Ja? Rede mit mir“ ans Telefon und Abby erklärte ihm die Zusammenhänge und stellte ihm eine wichtige Frage, die Frage, die sie selbst seit ein paar Sekunden beschäftigte.
Warum interessierte sich Daniel Jackson für Felicity Jones, eine Grundschullehrerin aus Minnessota?

Gibbs ließ sein Handy zuklappen und fluchte in Gedanken. Eine Grundschullehrerin aus Minnessota? Das konnte nicht ganz stimmen, denn keine Grundschullehrerin konnte sie so geschickt ausspionieren, ihnen einen so starken Schauer über den Rücken jagen, ohne irgendwie in Geheimdiensttechniken trainiert zu sein – es sei denn natürlich, man hatte sich komplett geirrt und die Person, die sie observierte, war gar nicht diese Frau.

Den schwarzen Jeep, der gerade vor ihm hielt, sah er in dem Moment, in dem er hielt und sich die Türen öffneten. Einige Männer in schwarzen Kampfanzügen – mit schwarzen, offenbar Schusssicheren, Westen- stiegen aus und einer der Männer richtete die Waffe sofort auf Gibbs. Das war sein Fehler, denn wenn es eine Regel gab, dann die, dass man ihn nicht bedrohte. Gibbs griff nach der Waffe, schaffte es, sie dem Typen zu entwenden, zielte und bemerkte, wie merkwürdig sich die Pistole in seiner Hand anfühlte. Dann wurde das Feuer eröffnet und Gibbs warf sich in Deckung.

TBC

Kapitel 12.5

Kugeln sirrten querschlägerartig über seine Deckung hinweg – der Wagen, in dem sie gekommen waren. Kurz betrachtete der Special Agent die Waffe in seiner Hand, stellte fest, dass sie eine merkwürdige Modifikation aufwies – eine Art rötlich-schimmerndes DING , das an der Baretta engebracht worden war. Gibbs hatte keine Ahnung, worum es sich dabei handelte und wenn er ehrlich war, wollte er es auch gar nicht wissen. Ihn interessierte nur eine Sache. Konnte er damit schießen? Kurz versuchte er, die Magazinauswurftaste zu betätigen, doch anscheinend war das Magazin an der Waffe befestigt worden. Vielleicht ein Resultat des rötlich-schimmernden Kristalls, der am Magazingriff befestigt war? Der nächste Querschläger ließ an der Motorhaube Funken sprühen.
Verdammt. Sie näherten sich und schossen sich auf seine Position ein.
Kurz ging der ehemalige Marine – „Jethro, so etwas wie einen Ex-Marine gibt es nicht!”, rief er sich zur Ordnung -  seine Optionen durch und stellte fest, dass diese verdammt überschaubar waren.

So konnte er seine Position hier und jetzt gegen eine unüberblickbar große Armee von Feinden – oder sagen wir besser erstmal: Gegnern -  verteidigen. Viel Feind, viel Ehr’? Nicht so sehr – schließlich war die Chance, dabei zu Fallen – oder besser: angeschossen und ausser Gefecht gesetzt – zu werden, relativ groß.

Er konnte natürlich auch versuchen, all sein Glück zu riskieren, sich mit voller Wucht nach vorne zu werfen, in das Hafenwasser zu gelangen und dann in Sicherheit zu schwimmen. Dabei stellte sich dann allerdings die Frage, was aus seinem Team wurde. Er würde niemals seine Leute aufgeben und sie niemals in Feindeshand fallen lassen.

Also blieb ihm nur die Option des Bleibens und Kämpfens, so sehr ihm sein militärischer Instinkt auch sagte, dass dies vermutlich eine Falle war. Aber Gibbs würde seine Leute nie opfern, damit er fliehen konnte und an einem anderen Tag weiterkämpfen.

Immer mehr Blei prasselte auf den Wagen ein, immer mehr Kugeln mussten das Gefährt durchsieben und Gibbs konnte sich des kurzen Gedankens, dass er die Kaution, die er für das Auto gezahlt hatte, nun komplett abschreiben konnte, nicht verwehren.  Die Gegner näherten sich. Gibbs grinste, atmete tief durch und warf sich aus der Deckung.

Die heisernen Schüsse hallten über das komplette Hafengelände. Im Computerraum hoben McGee und Hansen die Köpfe und starrten verblüfft zur Tür, mit deren Öffnung jemand in diesem Moment beschäftigt schien. Pure Instinkshandlungen ergriffen Besitz von Special Agent und PFC. Beide griffen nach ihrer Hüfte, an der sich normalerweise das Halfter befand. Hanson zog ihre Baretta, überprüfte sie auf Ladung, nickte und lies das Magazin wieder einrasten, McGee seufzte in diesem Moment und stellte leise fest: „Verdammt, als Privatperson ist das Mitführen von Waffen ja nich gestattet. Ganz vergessen.“
Hanson lächelte ihm sanft zu: „Wenn Sie sich in meine Obhut begeben, Mister McGee, kann ich für ihre Sicherheit garantieren.“

Timothy McGee merkte, wie sein Herz schneller schlug. Nein, er würde sich nicht nochmal in eine Person verlieben, die ihm so sympathisch vorkam, besonders nicht, nachdem er erst kürzlich Laura hatte sterben sehen. Aber Jessica Hanson war so… er konnte sich nicht helfen, seine Fantasie ging mit ihm durch und er sah, wie sie vor seinen Augen die Waffe wegsteckte und sich um die eigene Achse zu drehen begann, ehe ihre Kleidung sich verwandelte und einem roten Büstier und einer kurzen, blauen  Hose mit weißen Sternen Platz machte, die einerseits für diese Wetterverhältnisse weitaus besser geeignet waren und andererseits einen hohen Ikonizitätsfaktor hatten. Besonders einprägsam war das W, das sich auf der Brust des Büstiers befand, sowie die blau-weiße Farbe der Hose und das goldene Lasso, das sich locker an ihrer Hüfte befand.
Und Wonder Woman machte sich daran, auf die Tür zuzurennen, sie zu öffnen und den Angreifer, einen 25-jährigen Russen mit ihrem „Lasso der Wahrheit“ zu fesseln und zu fragen „Was wollt ihr hier?“

Doch stattdessen fragte sie: „Kommen Sie, Special Agent?“
Tim fand in die Realität zurück. Sie war nicht Wonder Woman, sie war Private First Class Jessica Hanson und sie war verdammt gut . Sie packte ihn am Kragen, zog ihn hinter sich her, presste sich neben der Tür in den Schatten, um denjenigen, der sich gerade daran machte, die Tür zu öffnen, einen bleiernen Empfang zu bereiten. Zumindest blickte sie kämpferisch drein.

Die Tür öffnete sich und Jessica Hanson ging kurz ihre Optionen durch. Eine Person ausschalten – das war kein Problem. Allerdings wusste sie nicht, wieviele von den Strolchen hier noch rumlungerten und das stellte dann sehr wohl ein Problem dar. Wobei das Wort „Problem“ hierbei durchaus als Euphemismus zu werten wäre.  Die temperaturneutrale Waffe ihn ihrer Hand verlieh ihr ein beruhigendes Gefühl. So konnte sie – das war ihr bewusst – die ersten sechs Gegner ausschalten, die das Unglück hatten, diesen Raum genauer untersuchen zu wollen. Sie hatte geübt, hatte Schusstraining absolviert und man hatte ihr gesagt, dass sie verdammt gut war. Aber würde sie auch mit mehreren fertig werden? Da war sie sich eigentlich sogar ziemlich sicher. Ihr Kampftraining hatte Früchte getragen, sie wusste, dass sie sich mit mehreren dieser Strolche gleichzeitig anlegen konnte, das Problem war, dass sie keine genauen Daten und Fakten hatte, nicht wusste, wieviele „Banditen“ genau unterwegs waren, wonach sie suchten und wie sie positioniert waren. Ein weiteres Problem stellte der Mann neben ihr dar. Konnte McGee sich im Zweifelsfall verteidigen? Sie hatte gehört, dass er damals in eine ziemliche Katastrophe geraten war, als er …
 
Dann hatte die Person den Raum betreten, hob das Maschinengewehr mit der montierten Taschenlampe an, ließ suchend ihren Blick schweifen. Jessica wusste nicht, wonach die Person suchte und es war ihr auch egal. Sie lehnte sich aus ihrem Versteck, hob sie Waffe, richtete sie auf die Hand des Gegners aus und war bereit, zu schießen, als sich die Person umdrehte und den Raum verließ. Jessica warf einen Blick zu Tim, der erleichtert auszuatmen schien.
„Was ist los?“, wisperte sie.
Der Agent zuckte mit den Schultern: „Ich bin in nicht-offizieller Funktion hier. Könnte ziemliche Probleme geben, wenn ich hier…“
Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment quäkte, mit beinahe ohrenbetäubender Lautstärke das Funkgerät im Raum los.
Zivas Stimme erscholl: „McGee, bist Du da? Melde dich!“
Jessica merkte, wie ihr Herz schneller pumpte, wie sie ihren Kopf langsam und leise gegen die Wand lehnte, die Augen nach oben verdrehte und einen Seufzer ausstieß. Verdammt. An das Funkgerät hatte sie gar nicht gedacht.
„Ich geb dir Deckung.“, sagte sie, nickte dem Special Agenten zu, als er loseilte, zu dem Funkgerät und es leiser stellen wollte. Er hatte das Gerät fast erreicht, als der Typ im Raum stand und das Feuer eröffnete.

Dieses Geräusch war ohrenbetäubend, gellte durch den Raum, ließ McGee mitten in der Bewegung erstarren, um sich die Hände auf die Ohren zu pressen und einen kurzen Schmerzenslaut von sich zu geben – nur um dann festzustellen, dass er mehr oder weniger taub war. Ein lautes Klingeln überdeckte alles, wurde dann von einem Rauschen abgelöst. Egal – er hatte keine Zeit für weitere Unannehmlichkeiten, hieb auf den Rufknopf des Mikrophones, stieß ein „RÜCKZUG, ZIVA!“ hervor und zuckte zusammen, als er hinter sich weitere Schüsse hörte.

Er wirbelte herum.
Im Türrahmen – gefallen – lag ein Soldat. In seiner Hand ruhte eine Maschinenpistole. Blut trat aus seiner Wange aus. Hatte Jessica ihm in den Kopf geschossen? Kurz betrachtete er die Person und stellte fest, dass er auch noch aus einer Wunde am Arm blutete und sein Kiefer leicht verrenkt wirkte.
Vermutlich hatte ihm Jessica zuerst in den Arm geschossen und dann gegen das Kinn getreten und die Wunde an der Wange ging von einer Bekanntschaft mit einer scharfen Metallkante aus, gegen die er dann gefallen sein mochte.
Tim wandte sich zu ihr, reckte seinen Daumen nach oben und lächelte, als sie ihn anblickte und ihm zunickte. Perfekt. Sie war also nicht…

In diesem Moment war ein weiterer Soldat da, betrachtete die Bescherung und brauchte keine Millisekunde, um zu reagieren. Er richtete das Maschinengewehr auf Jessica aus und feuerte. Die Frau erstarrte, tastete nach ihrer Brust und fiel in sich zusammen.
Aus McGees Mund drang ein gequälter Schrei, dann ließ er seinen Blick schweifen und griff nach dem erstbesten Gegenstand, den er finden konnte. Es war eine – nicht angeschlossene – Maus, aber das war ihm egal. Er nahm sie und schleuderte sie mit aller Wut, die er aufbringenkonnte, dem Mann ins Gesicht. Dieser taumelte, hielt sich die Nase, doch da war Tim schon bei Jessica, ging neben ihr in die Knie und tastete nach ihrem Puls. Er raste.
„Laura, bitte.“, stammelte er, „Bitte, bitte, komm zu dir. Lau… Jessica! Halt DURCH!“
Es war ihm egal, dass er direkt vor einer Maschinengewehrmündung kniete – es war ihm egal, dass dies vermutlich sein Ende bedeutete, er wusste nur, dass er verdammt sein wollte. Er hatte es schon wieder geschafft, eine Person, für die er tatsächliches Interesse empfand, an dem Tag zu verlieren, an dem er sie kennengelernt hatte.
Wer war er? Black-Widow-McGee?
Wäre sein Leben eine Serie – würden Fans auf diversen Seiten, in diversen Fanboards, ihm diesen Namen geben?
Dann spürte er, wie der Puls Jessicas aussetzte.
Jetzt war ihm alles egal. Er blieb in der Knienden, blickte zu dem Soldaten empor und sagte nur: „Tun Sies doch endlich!“

Gibbs hatte den Computerraum erreicht, sah, wie er von Maschinengewehrfeuer erhellt wurde und beschleunigte seine Schritte. Er griff das Gewehr eines gefallenen Soldaten und hieb es dessen Kollegen, der in der Tür stand und das Feuer auf jemanden eröffnete, über den Kopf. Das Gewehr verstreute unzählige Kleinteile und als der Typ zu Boden sank, folgte Gibbs ihm mit den Augen, ehe er ein „Das war es dann mit der Garantie“ murmelte. Wo kam das her? Vielleicht war er ja – so wie die Charaktere aus Star Trek, die hier regelmäßig auftauchten und die sie nun suchten – ebenfalls ein Produkt der Fiktion und jemand hat gerade vollkommenen Schindluder mit seinem Charakter betrieben?
Doch diese Gedanken verblassten, wie mit einer scharfen Klinge durchgeschnitten, als er die beiden Personen sah, die am Boden lagen. McGee und Hanson, beide entspannt, Augen geschlossen, nebeneinanderliegend – aber nicht so, als seien sie friedlich nebeneinander eingeschlafen.
Der Special Agent seufzte, ging neben der Leiche seines besten Mannes in die Knie und schüttelte den Kopf. Warum? Warum er? Warum jetzt? McGee hätte noch soviel vor sich haben können, noch soviel, was zu erforschen gewesen wäre.
Er musste sich eingestehen, sich selbst schon oft in Träumen gesehen zu haben, wie er Abby als Ersatz-Brautvater den roten Teppich hinunter zum Altar geführt hatte, wo Ziva mit McGee auf sie wartete. Tony hätte in der ersten Reihe gesessen und Schwierigkeiten gehabt, zu wissen, welche Emotion er momentan verkörpern sollte – Melancholie, weil seine Hochzeit mit Ziva nun schon ein paar Jahre her war oder doch eher Schadenfreude, weil jetzt auch McGee unter der Haube war – oder doch eher ein „Nä, was ist das schön?“.
Nun würde es niemand mehr wissen.

Tief durchatmend ging Gibbs zum Funkgerät, schaltete es an und hörte, wie Zivas Stimme erklang: „Alpha Pappa Bravo, McGee, kannst Du mich hören?“
Der Special Agent betätigte den Rufknopf: „Hier Gibbs.“
Er wusste, dass die nächsten Worte schwierig waren.

Das Boot war immer noch da, als Ziva und Tony auftauchten. Ziva war einerseits froh, andererseits war sie sich nun sicher, eine endlos lange Litanei von Filmzitaten zu hören, die sich mit dem Thema „Menschen auf Hoher See“ befassten. Sie kannte Tony einfach und war sich sicher, dass dies kommen würde. Um dies sofort im Keim zu ersticken, trat sie zum Funkgerät und aktivierte es.
„McGee, bist Du da? Melde dich!“, sagte sie und wartete. Naja, nach dem, was sie vor ihrem Tauchgang gehört hatte, fragte sie sich, ob sie vielleicht nicht gerade etwas unterbrochen hatte, was dem Special Agent eventuell sogar sehr gut bekommen wäre – also die Sache als solches, nicht das Unterbrochen werden – und sie warf einen Blick zu Tony herüber, der mit dem Rücken zu ihr stand und zum entfernten Hafen blickte. Zugegeben, sie waren sechs Kilometer entfernt, aber ein bischen was konnte man schon erkennen.
„Gib mal das Fernglas.“, sagte Tony in dem Moment, als aus dem Funkgerät eine panisch klingende Stimme erscholl – die McGees.
„RÜCKZUG, ZIVA!“, schrie der Informatiker – dann war die Leitung unterbrochen. Nur ganz kurz war eine Maschinengewehrgarbe zu hören – dann war es Stille.
Tony erstarrte, wandte sich um und ließ sich sinken, sie erschrocken anblickend. „Hast… hast Du das auch gehört?“
Ziva konnte gar nicht antworten, denn sie hatte das Gefühl, dass Übelkeit ihr die Kehle zuschnürte und das Tränenkanäle ihre Arbeit aufnahmen. Dann riss sie sich zusammen, schaute zu Tony und nickte: „Ja – ich habe es auch gehört – und wir sollten uns an das halten, was McGee sagte!“

Tony DiNozzo stellte gerade einmal mehr fest, dass es vermutlich in seiner Branche weitaus besser war, keine Beziehungen zu Kollegen zu unterhalten. Keine Freundschaft, keine Sympathie, kein gar nichts. Diese Leute arbeiteten mit ihm, er teilte Acht Stunden eines Wochentages mit ihm, aber die restlichen 16 Stunden eines Wochentags, plus zwei mal 24 Stunden an einem Wochenende, gehörten ihm. Und wenn man von einer gesundheitlich-ratsamen Schlafenszeit von 8 Stunden je Tag ausging, blieben Tony 8 Stunden, in denen er sich auf die Suche nach Freunden begeben konnte, mit denen er nicht arbeitete. Der Fakt, dass McGee vermutlich angeschossen – oder vielleicht sogar tot – war, bestärkte ihn in seinem Glauben. Er warf einen Blick zu Ziva, atmete tief durch und fragte sich, wie er ihr dies beibringen sollte. Aber momentan gab es einfach Wichtigeres. Der Rückzug, den McGee angeordnet hatte – oder vielleicht besser: geraten. Der Anglo-Italiener atmete tief durch. Wohin sollte man sich zurückziehen?
Die Antwort kam, als er einen Blick in Richtung Hafen warf. Von dort waren zwei schwarze Punkte auf dem Weg zu ihnen und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn diese zwei schwarzen Punkte nicht Abfangjäger oder ähnliches wären. Er wandte sich an Ziva, die schon bereit stand, den drahtigen Körper zum Sprung bereit. Tony warf einen Blick auf das Funkgerät, doch Ziva schüttelte den Kopf: „Das bekommt einen Langen, wenn wir mit ihm ins Wasser tauchen und das Wasser durch das Gehäuse tropft.“
„Du meinst einen Kurzen, Ziva“, verbesserte er sie und sie zwinkerte ihm zu: „Gernonimo, Tony.“
Damit sprang sie. Keine Sekunde zu früh, denn die Flugobjekte waren da – es waren Hubschrauber – und eröffneten das Feuer.
Tony sprang und sah kurz, dass dort, wo er vor einer Millisekunde noch gestanden hatte, ein Loch im Schlauchboot war. Dann schlug er im Wasser auf und begann, zu tauchen.

Kugeln drangen ins Wasser ein, zischten links und rechts an ihr vorbei und sie kam sich vor, als wäre sie tatsächlich in einem schlechten Film gefangen, in der Szene, in der Held und Heldin drohenden Maschinengewehrsalven durch abtauchen in einen Fluss oder einen See – oder in diesem Fall in den persischen Ozean – entgingen. Das Problem war – es war kein schlechter Film, es war – wenn überhaupt – eine schlechte Fanfiction und sie würde sich nicht so einfach davon abhalten lassen, nach der DRAGONFLY zu suchen. Nach all dem, was sie erlebt und über Funk mitgehört hatten, war dies das Einzige, was sie noch tun konnten. Schließlich hatten sie das Schiff tatsächlich gefunden, wie es, einem gigantischen Schatz gleich, im Meer lag. Die Salven hatten nach einigen Minuten aufgehört – also nahmen die Schützen wohl an, dass sie tot waren.
Sehr gut. Sie schwamm weiter, strebte der Tiefe entgegen, in der sie die DRAGONFLY gefunden hatten, wandte sich noch einmal zu Tony, um per Handzeichen die Strategie zu besprechen, als sie sah, dass er nicht da war. Sie drehte sich um – Tony driftete der Wasseroberfläche entgegen, schien leblos und getroffen.
Es war ihr nicht bewusst, dass ihre Beine schmerzten, als sie sie zum schnelleren Schwimmen in Bewegung setzte.

Ihr Kopf durchbrach die Wasseroberfläche, sie erreichte den leblosen Körper ihres Partners und tastete nach einem eventuell-vorhandenen Puls. Erleichtert stellte sie fest, dass er vorhanden war – zwar raste, aber vorhanden war.
„Komm schon, Tony.“, machte sie und atmete erleichtert aus, als seine Augenlider flatterten und er versuchte, wieder zu Bewusstsein zu kommen.Sie zerrte sich an Bord des Gummibootes, das einige Treffer eingesteckt hatte, aber dennoch erstaunlich schwimmtüchtig blieb, hievte den leblosen – und nun schwereren – Körper Tonys an Bord und nahm das Funkgerät. Jetzt ging es nicht mehr darum, Funkstille zu wahren oder einen Rückzug zu machen, hier ging es darum, ihren Partner in ein Krankenhaus zu schaffen.
„Alpha Pappa Bravo“, stieß sie hervor und dann, mit dem Hauch Hoffnungsschimmer in der Stimme: „McGee, kannst Du mich hören?“
Kurz drang nur statisches Rauschen aus dem Funkgerät und die attraktive Israeli merkte, wie ihr Herz immer schneller schlug. Hoffentlich war McGee noch rechtzeitig rausgekommen, hoffentlich war die Maschinengewehrgarbe, so er den Agenten denn getroffen hatte, nur ein Streifschuss gewesen. Auch um Gibbs und Tony machte sie sich sorgen. Von Gibbs hatte sie nichts gehört und Tony hatte gerade offenbar eine unheimliche Begegnung der dritten, vierten und fünften Art mit einer Kugel aus einem Maschinengewehr hinter sich.
Das Knacken im Funkgerät, Zeichen, dass jemand auf der anderen Seite den Rufknopf betätigt hatte, ließ Zivas Herz einen Sprung machen. McGee? Lebte er noch?
„Hier Gibbs.“, erklang die Stimme ihres Chefs aus der Leitung. Okay, nicht McGee, aber immerhin war Gibbs da. Das war ein gutes Zeichen.
„Gibbs!“, hauchte sie und hieb auf den Rufknopf des Funkgerätes. „Agent am Boden. Ich wiederhole, Agent am Boden. Tony ist verletzt, er wurde offenbar angeschossen.“
Stille am anderen Ende.
Einzig das Rauschen der Wellen drang an ihr Ohr, vermischte sich mit dem Rauschen des Funks.Wieso, wusste sie nicht, aber ihre Tränenkanäle nahmen wieder Arbeit auf und pumpten heiße Flüssigkeit aus den Augen.
„GIBBS!“; schrie sie ins Funkgerät, in der Hoffnung ihn zu erreichen.
 „Kannst Du mich hören? Melde dich, verdammt!“, fügte sie an den Schrei an und ließ eine Reihe hebräischer Flüche folgen.
Nicht auch noch er.
„Agent am Boden.“, hörte sie dann die Stimme von Leroy Jethro Gibbs – und sie bemerkte erst jetzt ein Zittern in selbiger, „Ich wiederhole: Agent am Boden. Tim…“
Sie hörte, wie er Luft holte und wusste schon, bevor er es sagte, was er sagen wollte: „Tim ist tot.“
Und dann – sehr viel sanfter und dennoch befehlender: „Rückzug, Ziva. Zieht euch zurück. Die Sache ist gelaufen. Ich verlasse mich auf dich. Komm nicht – ich wiederhole: komm NICHT zurück, um mich zu finden. Ich melde mich bei dir, wenn ich hier raus…“
Weiter kam er nicht, denn in diesem Moment ertönte ein „Wer sind sie?!“ aus dem Funkgerät – definitiv nicht von Gibbs gesprochen – gefolgt von Maschinengewehrsalven.

Wie mit einem Gummihammer getroffen, sackte Ziva David in sich zusammen. Sie ließ sich fallen, kam neben der Lenksäule des Gummimotorbootes zum Liegen, holte tief Luft und erlaubte sich – für ein paar Sekunden – Trauer und Wut zu spüren.
Dann – als sie das Dröhnen von Rotorblättern hörte, die sich näherten, richtete sich auf, griff sich DiNozzo, legte seine Arme über ihre Schultern und flüsterte ein leises: „Halt dich fest“ – ehe sie ins Wasser sprang.
Sie spürte, wie Tony genau das tat, wie er ihrer Bitte nachkam und schwamm auf die DRAGONFLY zu. Das war nun ihre Mission. Sie würde das Schiff betreten und sämtliche Instrumentarien nutzen um Gibbs und die Leiche von McGee zu finden. Ein Föderationsschiff hatte etliche Gerätschaften, die man heute noch als reine Spinnerei abtun würde – da würde sich doch sicherlich etwas finden.

Sie tauchte und tauchte, tauchte immer tiefer in die allumfassende Schwärze des Ozeans, bis sie an der silbern-schimmernden Hülle des Föderationsschiffes angekommen war.
‚Toll’, dachte sich die Agentin, ‚Wie komm ich da jetzt rein?’
Es half ja nichts – einen Blick auf ihre Sauerstoffanzeige werfend, stellte sie fest, dass sie noch für maximal 10 Minuten Luft hatte, also schwamm sie an der Hülle entlang. Es würde soch sicherlich eine Luftschleuse – oder sowas – geben. Davon war sie überzeugt und lächelte zufrieden, als sie nach einigen Minuten endlich eine solche gefunden hatte. Aus einer Eingabe heraus hob sie den mitgebrachten Tricorder, stellte überrascht fest, dass er funktionierte, und richtete ihn auf die Luftschleuse, die sich mit einem Geräusch, das wie ein „Blöööp“, klang, öffnete.

Die Kammer, die sich hinter der Luftschleuse auftat, beschwimmend – betretend klingt in diesem Zusammenhang nicht unbedingt logisch – schloss die Agentin das Schott wieder. Was nun? Erneut richtete sie den Tricorder aus, betätigte einen Knopf und augenblicklich wurde das Wasser aus der Schleuse gepumpt. Wieder festen Boden unter den Füßen habend, betrachtete Ziva den Tricorder und hoffte, dass die Luft atembar war. Aber sie hatte keine andere Wahl, nahm die Maske ab und atmete tief durch.

TBC


Kapitel 12.6

Als Daniel Jackson die Augen öffnete, stellte er fest, dass er entweder „blindfolded“ war, also eine Augenbinde trug und daher nichts sehen konnte oder sich in einem dunklen Raum befand. Wobei – das heftige Rumpeln und die gelegentlichen Schläge, die er gegen Rücken und Hinterkopf spürte, ließen ihn sehr an dieser Theorie zweifeln. Und als er versuchte, sich aufzurichten, wurde er von etwas festgehalten und so war ihm klar, wo er sich befand. Man hatte ihn, nachdem er bewusstlos geworden war, auf der Trage fixiert. Dies machte auch irgendwie Sinn, schließlich könnte er ansonsten vermutlich einfach fliehen. Und eine „Entführung“ – auch, wenn es im engeren Sinne keine wirkliche Entführung war – machte wenig Sinn, wenn der Mehr-oder-Weniger-Entführte nach geglückter Verschleppung einfach aufstand und sich dann mit einem markigen Sprüchlein á la „Machs gut, woll?“ oder auch „Machs gut, aber nicht zu oft!“ von seinem Häscher verabschiedete. Nein, nein, wenn man ihn tatsächlich von A) nach B) bringen wollte und dabei solche Unannehmlichkeiten für ihn und auch für sich selbst in Kauf nahm, dann hatte man definitiv vor, ihn etwas länger als Gast willkommen zu heißen.

Daniel konnte sich des Gedankens „Die tun heute auch wirklich alles, um Kunden abzuwerben“ nicht erwehren und wagte leise Zweifel an der tatsächlichen Identität seiner Häscherin. Felicity Cat? Eine Nachkommin von Cal und Agatha? Nun ja – es gab Zeichen, die darauf hindeuteten, etwa die Haare, die Sam Cal, dessen natürliche Haarfarbe ein dunkleres Blond – oder helleres Braun -  damals in einer Nacht- und Nebelaktion, als kleine Rache, in ein honigblond umgefärbt hatte und die der Captain während seiner ganzen Zeit im SGC danach in dieser Farbe ließ. Die Augen Felicitys waren eine faszinierende Mischung aus dem Braun des Captains und dem hypnotisierenden Grün, das Agatha ihr eigen nannte. Die Gesichtsform – beinahe katzenartig, wie auch sonst – könnte tatsächlich entstehen, wenn man die Gesichter von Cal und Agatha mischte, aber das wäre vermutlich nur bei Nachfahren erster Generation so. Aber – der Anthropologe würde ja bald herausfinden, was die Stunde geschlagen hatte. Er merkte, wie die Schläge der Huckelpiste, auf der der Wagen, in dem er lag, unterwegs war, aufhörten und der Krankenwagen –  wobei Daniel das Auto eher auf einen umgebauten Lieferwagen schätzte -  auf ein besseres Pflaster wechselte.
Dann hielt der Wagen an und Doktor Jackson beschloss, das zu tun, was ihm Jack damals, vor knapp 7 Jahren geraten hatte, als sie dieses Trainingscamp der Ausserirdischen gefunden hatten, die sich darauf vorbereiteten, als SG-Einheit die irdischen Teams zu infiltrieren.
„Ruhig Blut, Dannyboy.“, hörte er die raue, aber dennoch amüsierte Stimme Jacks beinahe neben sich, „Einfach nur tot stellen.“
Teal’Cs noch ruhigeres „In der Tat“ schoss ihm danach quasi automatisch durch den Kopf. Es war schon eine verdammt interessante Zeit gewesen, die er mit SG1 hatte verbringen dürfen. Nun hatte er ein paar Wochen Urlaub und fragte sich, was dann auf ihn wartete. Ein neues Team? Landry hatte ihm gesagt, dass er dem Opfer SG-1 zu ehren erst einmal darauf verzichten wollte, einem neuen Team dieses Signum zu verleihen. In welches SG-Team er nun kommen würde, wenn überhaupt, hatte ihn vor ein paar Tagen einfach nicht interessiert, aber nun, - um mal ein paar Worte von Schiller zu leihen und umzutexten – „festgezurret auf der Tragen“ hatte er beinahe das Gefühl, als beschäftige ihn nichts anderes. Er war blind und hatte keine Ahnung, wo er war. Was sonst sollte ihn da interessieren? Er konnte nichts anderes tun, als seinen Gedanken nachhängen.
„Du bist ein Dummkopf“, hörte er die sanfte Stimme Sams, die die Worte nicht in harschem, sondern in liebevollem Tonfall aussprach. Vor seinem inneren Auge sah er Sam, gekleidet in ein weißes Hemd und weiße Hosen – beides aus Baumwolle – die sie, wenn seine Frau real wäre, hier definitiv schwitzen lassen würde. Aber ihr Kleidungsstil erinnerte ihn an sich selbst – damals, als er ein Jahr lang ein Aufgestiegener war. Und irgendwie machte das sogar Sinn. Was war, wenn ein Antiker die Mitglieder jener schicksalhaften SG-Mission hatte aufsteigen lassen? Und wenn es jemand verdient hatte, dann waren es seine Freunde – wobei er sich nicht vorstellen konnte, dass Jack O’Neill in aller Ruhe diesen Zyklus, der zum Aufsteigen gehörte, durchziehen konnte. Er würde mindestens einmal in einem genervt-amüsierten Tonfall gefragt haben „Dauert’s noch lang?“ Und er konnte sich wirklich vorstellen, wie die Unterhaltung mit einem potentiellen Antiker und Jack verlaufen würde.
Der Antiker – eine Art „Vorstufe“ des Menschen, wie sie heute existieren, aber dennoch weiter entwickelt – würde, in seiner unendlichen Weisheit etwas sagen, das vermutlich nach einem Kalenderspruch klänge, sowas wie „Wenn du sofort erkennst, dass das Kerzenlicht Feuer ist, wurde das Mahl vor langer Zeit bereitet.“ Und er wusste, was die Antwort wäre, die Jack ihm gäbe: „Obwohl eine Kerze in meinem Haus brennt, ist niemand zu Hause.“ Daniel musste es wissen, er hatte diese Szenerie mit Jack schon einmal erlebt.

Dies war aber momentan unerheblich und es interessierte ihn nicht, ob Sam, die sich gerade sanft lächelnd über ihn beugte, tatsächlich eine Antikerin war oder nur ein „Figment of his imagination“ – also eine Ausgeburt der eigenen Fantasie. Er konnte mit ihr sprechen und sei es nur, dass sie nicht real war.
„Ich“, schluckte er, „Ich … es tut mir leid. Ich hätte da sein sollen, ich hätte…“
Sam legte einen Finger auf seine Lippen, lächelte ihm sanft und gütig zu und küsste ihn dann. Daniel schloss die Augen, war bereit sich dieser Vorstellung hinzugeben, als er merkte, dass sie sich zurückzog und ihn aus blauen Augen ernst anblickte.
„Deine Zeit ist noch nicht gekommen, Daniel.“, sagte sie und er konnte sehen, dass in ihren Augen nun auch Tränen zu schillern begannen, „Ich kann nicht zurück, aber ich konnte dich nicht einfach so zurücklassen, ohne wenigstens noch einmal ‚Auf Wiedersehen’ zu sagen.“
Das „Dafür hast Du dir aber auch sehr viel Zeit gelassen“ konnte sich Daniel nicht verkneifen – Sams Reaktion war eines ihrer berühmten 1000 Watt-Lächeln, das dieses Mal allerdings von Tränen verwässert wurde, obwohl sie bei dem nun folgenden „Ich weiß, Daniel“, tatsächlich amüsiert klang.

Dann brachen sich Tränen Bahn, in Sams Gesicht und auch in seinem. Sie schloss die Augen, wischte sich über ihr schönes Gesicht, schüttelte den Kopf und murmelte dann ein „Oh Gott, ich kann nicht glauben, dass ich wirklich hier bin.“
Das Geräusch, das von draußen kam, lenkte Daniel kurz ab, er warf einen schnellen Blick Richtung angedachter Seitentür des Wagens, in dem er lag, und als er wieder zu Sams Position blickte, war der blonde Engel Samantha Carter, verschwunden. Stattdessen bemerkte er, dass seine rechte Hand nicht mehr festgebunden war. Hatte er sich das tatsächlich nicht eingebildet? Irgendwie würde es ihn verwundern, wenn sich am Ende des Tages herausgestellt hätte, dass genau das geschehen war und er sich ihre Unterhaltung tatsächlich nur eingebildet hatte. Dafür war er zu sehr mit der Materie vertraut und wusste, dass diese Unterhaltungen zwischen ihr, Sam, und ihm, Daniel, vermutlich auf wenig Gegenliebe im Antiker-Kontinuum stießen.

Probehalber bewegte er seine Hand und wollte sich dann daran machen, seine andere Hand zu befreien, um sich besser bewegen zu können, als er die Geräusche, die er von draußen hörte, tatsächlich zuordnen konnte. Da fielen Schüsse.
Verdammt – wo hatte man ihn hingebracht?
„Die Flanke sichern!“; hörte er einen dumpfen Befehl, der von draußen, vor dem Wagen zu kommen schien, als jemand die Tür öffnete und in den Wagen blickte. Es war Felicity. Und da Daniel gerade dabei gewesen war, sich zu befreien, konnte er sich natürlich nicht totstellen, also beschränkte er sich auf ein freundliches Lächeln, legte den Kopf schief, blinzelte kurz und fragte: „Na, gibt’s Probleme?“
Felicity schloss die Tür, blickte Daniel an und sagte: „Wenn Sie sowieso nicht bewusstlos sind, können Sie mir eigentlich auch ein bischen Platz machen.“
Und als Daniel sich erhob, nahm die attraktive Frau neben ihm auf dem Bett platz, schaute ihn von oben bis unten an und nickte.
„So.“
Mehr nicht. Felicity sagte „So“ und wartete offenbar darauf, dass der Anthropologe antwortete. Dem Wunsche konnte entsprochen werden.
„So?“, echote der Anthropologe daher, blickte sie an und hob die Augenbrauen, „So, was nun?“
„Wir warten.“, erklärte die Frau, legte beide Hände auf ihre Beine und schaute erst ihn an, ehe sie der Umgebung gewahr wurde.
Sie zuckte mit den Schultern: „Ja, es ist nicht gerade das Ritz und auch keine Limosine.“
„Das ist noch untertrieben.“
Von draußen dröhnten immer mehr Gewehrschüsse, Befehle wurden gebellt, Todesschreie erklangen.
Daniel blickte zu ihr: „Wollen Sie nicht raus und den Wagen wegbringen?“
„Nein“; schüttelte sie den Kopf, „Der Wagen ist da, wo er hinsoll. Wir müssen nur noch ein bischen aufräumen.“
Was mochte das bedeuten? Irgendwie hatte Daniel das Gefühl, die Situation noch nicht ganz ausgestanden war. Er schluckte hart, als er von draußen erneut Maschinengewehrsalven hörte, wie Männer und Frauen getroffen aufschrien oder vor Schmerzen stöhnten.
Doch Felicity neben ihm blieb ruhig, etwas, das aus tiefstem Herzen beunruhigte. Warum? Das wusste er auch nicht, er hatte nur ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Und dann öffnete sich die Tür, durch die schon Felicity hereingekommen war und eine Frau schaute ihn an, überrascht aufatmend.
„Doktor Jackson!“, keuchte sie und schluckte, ehe sie sich an Felicity wandte: „Ma’am – wir sind soweit fertig.“
„Danke, Satterfield.“, erwiderte die Angesprochene, erhob sich, einer Prinzessin gleich und setzte sich in Bewegung, den Wagen zu verlassen. Dann wandte sie sich an Satterfield: „Bringen Sie Doktor Jackson doch bitte mit.“
„Ja, Ma’am.“
Damit begab sich die Soldatin in den Wagen, machte Daniels andere Fessel los und reichte ihm die Hand. Der Anthropologe schaute sie wie betäubt an. Er kannte Satterfield. Die hübsche Asiatin war damals Teil eines der ersten Teams gewesen, das sie durch die Fußangel-Simulation gejagt hatten, SG-1 und er.

Bei der Fußangel-Simulation handelte es sich um ein einfaches „Planspiel“, bei dem die Probanden das Stargate-Center einnehmen sollten, nachdem es angeblich von Goa’Uld übernommen worden war. In dieser speziellen Simulation, in der Satterfield dabei war, hatte er die Rolle des Evil Alien Overlords übernommen und wurde nicht nur von ihr betäubt, sondern auch vor einer etwaigen Explosion geschützt.
Und da fiel ihm etwas auf, was er in der Situation komplett verdrängt hatte. Das Maschinengewehrstakkato, das er gehört hatte, klang vertraut. Nicht terristrisch-vertraut, sondern wie auf einer seiner unzähligen Sternentorreisen gehört.
Satterfield hatte ihm gerade die Hand gereicht, dass er aussteigen konnte, als er einen lauten Knall hörte und sah, wie die Asiatin in sich zusammensackte. Schnell sprang er vor, fing sie auf, bevor sie mit dem Kopf gegen den Boden des Wagens schlagen konnte und setzte all seine Kraft ein, um die Frau in den Wagen zu zerren. Erneut gellten Schüsse auf, allerdings nicht von einem Maschinengewehr, sondern von einer Baretta.

Purer, lebensrettender Instinkt ergriff Besitz von Daniel, er griff nach der Waffe, die Satterfield bei sich hatte, bemühte sich gar nicht, auf das Magazin zu schauen, murmelte ein „Erst Sam und jetzt Satterfield“, warf sich aus dem Wagen, zielte auf das graue Schemen, das sich näherte und feuerte.

Die Kugeln drangen in die Brust des Mannes, der auf den Wagen zukam, erstaunt blickte er an sich herunter, sank in die Knie und dann gegen den Wagen. Sein Körper erschlaffte komplett und Daniel, der über die rauchende Mündung der Waffe blickte, merkte, wie ihm übel wurde.


„Wer sind Sie?!“
Leroy Jethro Gibbs wirbelte herum, als er die fremde Stimme hörte. Er sah einen der mysteriösen Männer in Schwarz im Türrahmen stehen, sah, wie er sein Maschinengewehr schussbereit machte und ließ sich fallen, als die Kugeln losflogen und Millimeter über ihm in den Lautsprecher des Funkgerätes einschlugen. Das schien der Apparat eher weniger zu mögen, machte seinem Unmut durch ein lautes, hochfrequentes Kreischen lautstark Luft. Der Mann vor ihm presste sich, mit einem lauten Schmerzensschrei, die Hände auf die Ohren, wobei er seine Maschinenpistole um seinen Hals baumeln ließ. Gibbs – der schon weitaus schlimmere Geräusche gehört hatte -  schüttelte kurz den Kopf, ignorierte das Klingeln in seinen Ohren, riss die Waffe hoch und feuerte. Der Mann ging getroffen zu Boden.
„Ich muss hier raus“, schoss es Gibbs durch den Kopf und im Nu machte er sich – wie von der Tarantel gestochen – auf den Weg, das Gebäude zu verlassen. Er sprintete, eilte zum nächsten möglichen Versteck und fand es hinter einem Ölfass. In der Hoffnung, dass es leer war, ließ er sich hinter selbigem nieder, streckte die Beine aus und griff nach seinem Handy.
Schnell wählte er die letzte, angerufene, Nummer an – Abby – und hoffte, dass sie schnell den Ruf entgennahm

Es tutete, tutete und tutete. Dann knackte es in der Leitung und die Stimme, die aus dem Telefon kam, ließ ihn die Stirn runzeln.
„Was haben Sie gemacht, Gibbs?“, raunte Leon Vance ins Telefon, „Ich habe Sie doch gebeten, die Sache diplomatisch zu lösen.“
Gibbs wusste nicht, woher der Gedanke kam, der sein Rückgrat hochkroch, aber er kam lauthals. Will der mich verarschen? , dachte er sich und schüttelte den Kopf. Das würde er nicht sagen.
Stattdessen beschränkte er sich auf ein knappes: „Code 3 vierzehn. Team unter Beschuss, zwei Agenten am Boden. Timothy McGee und Anthony D. DiNozzo Junior. Zustand des Letztgenannten unbekannt. Zustand des Erstgenannten: vermutlich tot. Ich empfehle eine Posthume Belobigung für ausserordentlichen Mut.“
„Diese Belobigung können Sie aussprechen, wenn Sie hier sind, Special Agent Gibbs“, erwiderte Vance, „Wir werden Sie abholen und nach DC bringen.“
Verdammt – das war zu einfach.
Vor allen Dingen würde ihn interessieren, wieso er plötzlich mitten in einem Kriegsgebiet steckte.
„Sagen Sie Abby, dass es eine Ehre war, mit ihr zu arbeiten. Ich werde hier nicht mehr rauskommen.“
Damit klappte er das Telefon zu, öffnete das Batteriefach, nahm die SIM-Karte aus dem Gerät, steckte sie ein, verfuhr ebenso mit der Speicherkarte, warf den Akku in die Eine und das Gerät selbst in die andere Richtung, ehe er den Kopf schüttelte.
„Ich kündige.“, sagte er – mehr zu sich selbst und wartete.

Während er so dasaß und nachdachte, fragte er sich, worauf er eigentlich wartete und die Antwort zeigte sich, als nach ein paar Minuten das Geräusch von Maschinengewehrsalven verstummte und dem Klang einer sich öffnenden Rollschiebetür platz machte, die irgendwo – nicht weit – hinter ihm, geöffnet wurde. Vorsichtig lugte er über das Fass hinweg und sah, wie eine Frau in einen Krankenwagen einstieg, der geparkt hatte.
Kurz atmete der Special Agent durch, als er hinter sich das Klacken einer sich entsichernden Maschinenpistole hörte.
„Wer sind Sie?“, erklang eine Stimme und Gibbs drehte sich langsam um. Der Mann, der ihn da bedrohte, mochte gerade einmal 20 sein und heute sein steinernes „Mach mich nicht an“-Gesicht zu tragen.
Gibbs schenkte ihm ein freundliches Lächeln, sagte „Hey“, ehe er die Waffe hob und abdrückte. Der Mann wurde getroffen und der Schuss hallte betäubend-laut über die weite Ebene.
Erneut kamen Soldaten aus ihren Verstecken, nahmen die Position von Gibbs unter Feuer und schossen sich ein. So langsam, aber sicher, stellte sich die Frage, wer diese Leute waren und warum sie so versessen darauf waren, sie alle zu töten.
Der Special Agent hob seine Pistole, zielte und feuerte. Sein Ziel, eine knapp 23 jährige, durchtrainierte, Blonde, seufzte schmerzerfüllt auf, sank dann in die Knie und fiel nach hinten. Gibbs riss die Waffe herum, feuerte auf einen weiteren Soldaten, der getroffen zu Boden ging und stellte in diesem Moment fest, dass das Magazin nicht leerer zu werden schien.
Erneut betrachtete er den rot-glühenden Kristall am Magazin, duckte sich unter einem Schlag eines muskulösen Soldaten hinweg und hieb ihm den Griff der Waffe gegen den Kopf, ehe er ihm einen Kinnhaken verpasste. Dann machte es in Gibbs Kopf „klick“ und all seine Wut brach sich bahn.

Er hatte das Gefühl, der letzte, noch stehende, Mann zu sein. Um ihn herum lagen Soldaten. „Nicht schlecht für einen alten Mann“, dachte er und warf sich in Deckung, als er eine Bewegung wahrnahm. Mit einer Nonchalance und der Nichtbeachtung der Toten um sie herum, trat eine attraktive Asiatin auf den Krankenwagen-Lieferwagen zu, den die andere Frau gerade eben betreten hatte. Es folgte ein fliegender Wechsel, denn die Frau, die gerade den Wagen betreten hatte, verließ ihn wieder und ging zu einem der Gebäude der Hafenanlage.
Gibbs blinzelte. Konnte es sich bei dieser Frau tatsächlich um die Frau, die Daniel Jackson gesucht hatte, handeln? Um „Felicity Jones“? Wenn ja – dann war sie mehr als nur eine gewöhnliche Grundschullehrerin.

„Felicity“ wandte sich um, rief der Asiatin zu, dass sie Doktor Jackson befreien sollte und verschwand dann in der Anlage.
Gibbs rechnete sich kurz seine Chancen aus, zur Asiatin zu kommen, sie daran zu hindern, mit Daniel in die Anlage zu gehen und kam zum Schluss, dass die Erfolgschancen nicht sehr groß waren. Er hob die Waffe, zielte haarscharf an ihr vorbei, sodass sie den Luftzug der Kugel spüren musste und drückte ab. Das würde ihm sicherlich Aufmerksamkeit verschaffen.
Dass die Kugel ihr Opfer dennoch traf, merkte er erst, als sie in sich zusammensackte.
„Verdammt“, fluchte Gibbs, „Ein Treffer in die Schulter.“
Plötzlich katapultierte sich ein Schemen aus dem Krankenwagen, war auf den Beinen und schoss, ohne zu zielen. Gibbs spürte, wie die Kugel in seine Brust eindrangen und krachte gegen den Wagen. Überraschung musste sich auf seinem Gesicht zeigen, als er nach unten sah und feststellte, dass er nicht blutete.
Die Frage „Wie ist das möglich?“, beschäftigte ihn, bis ihn eine erlösende Dunkelheit umfing.

Daniel Jackson keuchte, als er sah, wie Gibbs in sich zusammensackte. Schnell kontrollierte er die Waffe, mit der er geschossen hatte und atmete erleichtert auf. Der rote Kristall verriet ihm eine Menge. Es war ein…
Es war ein lauter Schuss, der in seinen Rücken eindrang und ihn nach vorne katapultierte. Er taumelte, sank gegen Satterfields Körper und konnte sich noch umdrehen. Er sah die verblüffte Felicity auf sich zueilen, die neben ihm in die Knie ging und ein „Entschuldigung, ich dachte, sie wären der Feind“ murmelte. Er lächelte ihr zu und nickte in Richtung ihrer Waffe.
Sie hob die Pistole an und sagte nur das eine Wort, ehe Dunkelheit ihn schluckte.
„Intar.“

TBC

CaptainCalvinCat

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Kapitel 13 Back in time

Kapitel 13.1


Ihre sanften Lippen berührten die seinigen.
Okay, das war definitiv einmal eine andere Art und Weise der Assimilation, das konnte der Captain nicht abstreiten Als sie ihn losließ, sank er zu Boden, hörte, wie die Nanosonden durch seinen Körper eilten, spürte, wie die ersten Implantate entstanden, warete darauf, dass einer dieser sinnlosen Laserpointer aus seiner Schläfe brechen würde und…

Stockte als nichts dergleichen passierte.

Er blinzelte, richtete sich auf und schaute zu Agatha-Borg, die…
„Ich glaube, ich spinne.“, murmelte der Captain, als er sah, dass Agatha genau so wenig Borg war, wie Aladdin, Jasmin, Razul oder die Wächter, die ihn alle ein wenig mißtrauisch anblickten.
Den Kopf schieflegend trat der Captain auf Agatha zu, blinzelte und fragte: „Was ist hier los?“
Lächelnd trat die XO auf ihn zu, nahm ihn in die Arme und küsste ihn nochmal, ehe sie ein „Das will ich dir gerne erzählen“ wisperte.

Und erneut stellen wir bei der Lektüre der nun folgenden Zeilen fest, dass diese Szenerie visuell vermutlich verdammt vielversprechend und interessant gewirkt hätte – aber niedergeschrieben verliert sie doch an Imposanz. Denn die Szenerie lässt sich mit einem einzigen Satz beschreiben: Nun spulen wir zurück – dorthin, wo das Borgschiff aufgetaucht war.

Agatha Silverbird, momentaner Codename „Prinzessin Song“, trat auf den Balkon, hörte wie Genie und Aladdin sich über die Quelle des merkwürdig-viereckigen Schattens unterhielten.
„Ja“, meldete sich nun der Flaschengeist Genie zu Wort, „Aber was wirft einen so präzisen Schatten. Ich meine – schau mal – ganz Agrabah ist in Dunkelheit gehüllt.“
„In einem sehr quadratischen Schatten.“, stellte nun Cal neben ihm fest, ehe er nachdenklich einen Blick gen Sonne warf und sein Gesicht vor der Helligkeit abschirmte.
Agatha merkte, wie ihr kalt wurde. Ein quadratischer Schatten? Dazu musste sie noch nicht einmal großartig grübeln – es konnte nur ein Borgschiff sein. Verdammt, wie kamen sie hierher?
Die kleine optische Darbietung von Genie und Eden interessierte die XO in diesem Moment nicht, zwar registrierte sie sie und fand sie ganz nett und sympathisch, doch keiner von den Temporaleinheimischen wusste, dass soch dort eine große Bedrohung näherte.

Sie wusste es – und sie brauchte nur eine Jahreszahl und einen einzigen Ort, um die Gefährlichkeit dieser Wesen zu beweisen.
Das Jahr wäre 2367 – der Ort: Wolf 359, eine der wohl schrecklichsten Schlachten, die zwischen Föderation und neuem Feind geschlagen wurde. Sie selbst – ein 2354er Baujahr – hatte im Alter von 13 Jahren ihren Cousin verloren, der auf der Saratoga seinen Job gemacht hatte. Dazu kam noch die eigene Assimilation bei Ret’Tang und die Unfähigkeit, die Assimilation Cals zu verhindern, wobei er daran ja nun wirklich mehr selbst Schuld hatte, als jeder andere.

„Was wirft einen quadratischen Schatten?“, riss Jasmins samtene Stimme die XO aus ihren Gedanken, bevor Cal mit seinem Satz „Oh nein, kein Quadrat“ die Theorie des Genie zerstörte. Dann deutete er gen Sonne, aus der ein gigantisches Objekt auf Agrabah Kurs nahm – und schrumpfte.
„Ein Würfel – ich glaubs nicht.“, schluckte neben ihr Cal und Agatha wandte sich ihm zu, schaute dann nochmal zu dem Objekt, das immer noch näherkam, immer noch schrumpfte und schließlich nur noch eine geschätzte Größe von 2 mal 2 Zentimetern hatte. Die Oberflächenstruktur des Objektes veränderte sich. Es wurde silbern, reflektierte das Licht, allerdings nicht als gebündelten Strahl, sondern als Myriaden von Lichtpunkten, die hypnotisierende Reflexe warfen. Agatha fand sich selbst fasziniert von diesem Ding, das sie einfach nicht begreifen konnte. Es war, als handelte es sich hierbei um eine Diskokugel, die allerdings quadratisch und platt war, aber dennoch Reflexe in unterschiedliche Richtungen warf. Sie spürte, wie ein Lichtstrahl auf ihren Bauch fiel – fühlte, wie dieser Lichtstrahl ein unglaublich gutes Gefühl verbreitete, so als wärmte er sie und als er nach oben wanderte, tat es auch das Gefühl der Wärme. Es krabbelte über ihren Körper, den Hals, Lippen, Nase und blieb schließlich an der Stirn stehen.
Sie fühlte sich müde, unendlich müde. Bleischwere Lider glitten nach unten und sie hatte das Gefühl, als würde sie gleich fallen – aber sie blieb aufrecht stehen.

Wie das wohl von aussen aussehen mochte? Vermutlich, als sei sie betrunken und würde von einer unsichtbaren Macht daran gehindert, umzukippen, als wäre sie erschlafft, nahezu knochenlos und würde doch schweben. Dann riss sie die Augen auf. Irgendwas stimmte nicht – sie merkte, wie etwas über ihren Körper gebieten wollte, wie etwas sie benutzen wollte um … irgendetwas zu tun.
Nein, sie würde sich nicht so einfach übernehmen lassen.
Jede Unze Willensstärke, die sie auftreiben konnte, wandte sie gegen diesen Eindringling in ihrem Körper auf, biss die Zähne aufeinander.
„Mich“, brachte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „kriegst Du nicht!“
Und dann war ihr „Gast“ weg. Wurde – wie von einer Art Traktorstrahl – aus ihr herausgezogen. Ihr Körper gab nach, fiel zu Boden und sie brauchte mehrere Sekunden, ehe sie wieder vollständigen Besitz über ihre Gliedmaßen hatte. Sie richtete sich auf, sah, dass Theti, Papyrus, Aladdin, Jasmin und Razul sich ebenfalls aufrichteten und konnte sich der Vermutung nicht erwehren, dass ihnen genau das selbe passiert war, wie ihr.
Sie wandte sich an den Captain: „Nun Doktor…“
Doch weiter kam sie nicht.
Ihr Freund richtete sich nicht auf. Stattdessen wurde er in ein Licht getaucht, hob beide Hände schützend vor sein Gesicht, schrie… und plötzlich war alles vorbei.
Er sank zu Boden, keuchte und blickte zu Agatha.
„Was…“, brachte er hervor, ehe er sein Gesicht schmerzvoll verzog und sein Körper in Zuckungen verfiel. Die Hände des Captains öffneten und schlossen sich krampfartig.
Agatha merkte, wie die Angst ihr Herz umklammerte und wie sie mit sich ringen musste, etwas zu sagen. Dann aber war ihre Stimme wieder da.
„Kämpf dagegen an!“, schrie sie, wobei ihr Tonfall weniger flehend, sonder mehr befehlend war. Wo kam man denn auch hin, wenn sich hier jeder einfach so einer Übernahme durch Ausserirdische ergab?
Sie richtete ihre Augen auf Cal und merkte, wie ihre Wut und ihre Authorität aus ihr hervorbrachen: „Prinz DOKTOR! Du wirst Dich gefälligst zusammenreißen und dich diesem Einfluss nicht ergeben, hast Du verstanden?!“

„NEIN!“, kam es aus der Captainskehle, aber irgendwie wirkte Cal weniger trotzig, sondern mehr ängstlich. Er sprang auf die Beine und begab sich in eine Verteidigungshaltung, die er und sie und Jill oft geübt hatten. Der Captain riss die Augen auf – und Agatha erschrak. Das war nicht der Gesichtsausdruck, den Cal hatte. Stattdessen hatten Gesicht und Körperhaltung eine merkwürdige – sogar angsteinflößende – Dissonanz. Sprach die Körperhaltung Bände – nämlich, dass, sollte jemand auf die Idee kommen, ihn körperlich angreifen zu wollen, er mit diesem Jemand den Boden aufwischen würde – traf dies auch auf den Gesichtsausdruck zu. Es war, als wollte er sagen „Ich bin gerade in der Mittagspause“ -  und Agatha hatte das Gefühl, dass dies sogar zutraf. Was auch immer sie hatte zu übernehmen versucht, hatte beim Captain Erfolg gehabt.

Razul trat einen Schritt auf den Offizier zu.
„VORSICHT!“, schrie Agatha, „Er steht unter irgend einem Zauber und ist gerade sehr gefährlich.“
Auch Razuls Gesichtsausdruck war eindeutig: Eindeutiger Unglaube.
„Er und gefährlich? Das halbe Hemd hat gegen mich keine Chance.“, sprachs und trat auf den Captain zu. Seine Hand griff nach dem Schwert, das er bei sich trug und er lächelte: „Komm schon, Prinz Doktor. Gib mir nur einen Grund.“
Die Antwort des Captains bestand aus einem gezielten Tritt dorthin, wo es bei einem Mann am Schmerzhaftesten ist, dann rollte er sich über seine Schulter ab und kam vor Agatha zum Stehen.
„Cal, bitte!“, sagte sie und legte eine Hand auf seine Schulter, „Bitte, komm zurück.“
„NEIN!“, schrie der Captain, aber erneut so, als wäre es kein Ausserirdischer, der in ihm wäre, sondern eher so, als habe sie in seinen Ohren etwas vollkommen Anderes gesagt.

Etwas vollkommen anderes? Borgschiffe?
Agatha überlegte kurz, ließ beide Gedanken parallel nebeneinander laufen und blickte den Captain entsetzt an.
Oh gott. Dachte er etwa gerade…
„Cal… Doktor!“, verbesserte Agatha sich schnell, schaute ihren Geliebten an und atmete tief durch: „Ich bin immernoch ich. Wir sind nicht verflucht. Komm zurück!“
„Widerstand ist zwecklos?“; lächelte der Captain mit abgehaktem Atem, als hyperventiliere er. Hektisch blickte er sich um: „Das wollen wir doch mal sehen!“
Damit stieß er sie von sich.
Agatha taumelte ein paar Schritte und stellte erstaunt fest, wieviel Kraft dem Körper des Captains doch innewohnte – vermutlich lag es daran, dass er gerade dachte, dass jeder, ausser ihm, ein Borg sei und er nun fliehen müsste.

“Prinz Doktor.”
Die Stimme Jasmins war sanft und freundlich, aber Agatha hatte das Gefühl, dass sie im Zweifelsfalle die Beine, die in der Pluderhose steckten, einsetzen würde um entweder davon zu laufen oder aber…
„Prinzessin“, brachte Cal keuchend hervor, „ich schlage eigentlich keine Frauen – wenn Sie mich loslassen würden, wäre ich Ihnen sehr verbunden.“
„JASMIN!“, schrie Agatha, „GEH…“
Weiter kam sie nicht, da Cal der hübschen Oriantalin in diesem Moment den Ellbogen in die ungeschützte Magengrube rammte.
Jasmin tat einen Schmerzensschrei aus, taumelte zu Boden, hielt sich den Magen und Agatha hoffte, dass sie ihre Bauchdecke angespannt hatte, ansonsten würde es zu unschönen Komplikationen kommen. Und dann erstarrte sie. Der Captain trat auf Jasmin zu – verdammt, was hatte er vor? Ihre Hand war schneller an ihrem Phaser, als sie es sich gewahr wurde, hatte die Waffe gezogen und auf den Captain gerichtet. Eine falsche Bewegung und sie würde ihn in das Reich der Träume schicken, in dem Cals Geist vermutlich gerade schon war. Doch Cal ging vor der Prinzessin in die Knie, blickte sie an und sagte einen Satz, der sie verblüffte.
 „Prinzessin, sind Sie da?“
Agatha hob beide Augenbrauen. Das klang nicht nach der fremden Entität, die gerade mit Cal Spielchen spielte, das war ihr Captain.
„Prinz Dok…tor.“, keuchte Jasmin. Die XO der DRAGONFLY schluckte hart und sie erinnerte sich an einen Bericht, den sie von Kirk gelesen hatte. Damals – oder besser gesagt: in ferner Zukunft – hatte etwas Gary Mitchell und Dr. Elizabeth Dehner so verändert, dass sie zu einer Art „Supermenschen“ würden. Kirks Antwort auf dieses Problem bestand darin, das zu tun, was Kirk am Besten tat, wenn er nicht gerade mit Frauen flirtete – er schlug auf den Supermenschen Mitchell ein und setzte dann auf den Einsatz von Phasergewehrähnlichem schweren Gerät. Dies sorgte dafür, dass Mitchell kurz aus seinem „Zustand“ gerissen wurde… aber eben nur kurz.
Sollte es hier so ähnlich sein? Sollte Cal tatsächlich einen kurzen Moment der Klarheit haben?


Die Schmerzen im Bauch waren kurzzeitig wirklich unerträglich gewesen und Jasmin hatte kurz das Gefühl gehabt, das Bewusstsein zu verlieren. Aber sie kämpfte gegen die Nebelschwaden, die nach ihrem Wachzustand tasteten an. Als der Prinz dann vor ihr in die Knie ging und eher wieder wie der Prinz, den sie kennengelernt hatte, wirkte, als wie ein wütender Berserker, hatte sie momentan dennoch nur die Option, seinen Namen zu wiederholen und zu versuchen, ihm beizustehen. Sie fokussierte ihren Blick auf die braunen Augen ihres Gegenübers, versuchte ihm zu vermitteln „Ja, ich bin hier – ich kann dir helfen!“ – als sie Prinzessin Songs Stimme hörte.
 „Sagen dass er derjenige ist, der übernommen wird – nicht wir!“, schrie die Hoheit.
Ein Lächeln erschien auf den Lippen des Prinzen, ein ehrlich gemeintes, beinahe beruhigtes Lächeln: „Sie sind noch irgendwo da drinnen?“,
Erneut versuchte Jasmin, jede Unze an Willensstärke in sich zu mobilisieren und sie in diesen „Ich helf dir“-Blick zu leiten, als sie merkte, dass seine Augen sich veränderten. Nicht dramatisch, aber leicht nuanciert. Das Braun wurde kurzzeitig ein bischen heller.
Verdammt. Vielleicht musste sie…
 „Prinz Doktor,“, schrie sie, „es ist nötig, dass Sie mir jetzt ganz genau zuhören. Sie sind…“
Dann war der Prinz weg. Der Gesichtsausdruck änderte sich, Sorge und Mitgefühl verschwanden, die Augen wurden heller, beinahe Silbern.
Verdammt.
Direkt vor ihren Augen verwandelte sich der Mann in eine Art Monster – und sie war nur wenige Zentimeter von ihm entfernt. Sie war in guter Distanz, um sein erstes Opfer abzugebn.
„NICHT!“, schrie sie, was den Prinzen zu einem lauten „WHOA“-Ausruf brachte. Er schien sich aus ihrer Gefahrenzone begeben zu wollen und tauchte neben Papyrus auf, der nach seinem Schwert griff.

Agatha hob beschwörend beide Hände.
„Papyrus!“, rief sie ihm zu, „Was auch immer Du tust, reize ihn nicht.“
Der Ägypter warf ihr einen Blick zu: „Keine Sorge, Prinzessin. Ich werde ihn nicht angreifen – aber ich werde ihn auch nicht entkommen lassen.“
Cal betrachtete Papyrus kurz und zuckte mit den Schultern: „Tut mir leid, Papyrus von Borg – aber ich will nicht assimiliert werden.“
Die XO schluckte, als sie sah, wie der Captain den Ägypter mit einem präzisen Schlag – wie in der Kampfausbildung gelernt – dessen Ziel dieser spezifische Punkt am Kinn war, von den Beinen holte.
Verdammt – das war ein Albtraum. Von den Auswirkungen auf Zeitlinie und eventuelle politische Bande ganz abgesehen – ein fremdes Wesen hatte den Captain übernommen und ließ ihn gerade Amoklaufen, im Gedanken, alle um ihn herum, wären Borg.. Erneut zog sie ihren Phaser, stellte ihn auf Betäubung und richtete ihn auf Cal aus.
Doch offenbar schien der Captain eine ähnliche Strategie zu verfolgen, hob seine Waffe, richtete sie auf Jasmin und Aladdin.
 „Entschuldigung.“, keuchte er, „Ich wäre gerne euer Freund.“
Agathas lautes „NEIN!“ erreichte ihn nicht mehr – Cals Finger hatte den Abzug durchgedrückt und das arabische Prinzenpaar war mit einem Seufzen in Ohnmacht gefallen.
„DOKTOR!“, rief sie, als sie merkte, dass sie so ziemlich allein war, ehe der Captain herumwirbelte und noch einen betäubenden Schuss auf Theti abgab. Die XO seufzte, schüttelte den Kopf und richtete die Waffe wieder auf den Captain.
„CAL!“
Nun, da alle, die nicht mehr wissen durften, wer die beiden waren, ohnmächtig darniederlagen, brauchte sie auch nicht mehr darauf zu achten, wie sie den Captain ansprach. Und mit Genie und Eden konnte sie im Zweifelsfall fertig werden.

„CAPTAIN CALVIN CAT, SIE KOMMEN JETZT ZU SICH! DAS IST EIN BEFEHL! “, schrie die XO. Und es schien zu wirken. Der Captain blieb stehen und schaute sie an.
„Ja“, schoss es Agatha durch den Kopf, „so ist es gut. Nur noch ein bischen. Lass den Phaser fallen, lass mich dich triggern und dann überlegen wir uns, wie wir dich aus diesem Zustand bekommen.“
Doch ein Blick in seine Augen, aus denen sie irgendwas Fremdes anstarrte, versicherte ihr, dass es nicht so einfach werden würde. Besonders nicht, als der Captain plötzlich auf den Boden richtete und feuerte.
Die Waffe ließ eine Staubwolke vor ihr erscheinen – eine Wolke aus heißem Gestein. Agatha riss ihre Arme hoch, spürte wie die Hitze sie umhüllte und dann wieder freigab. Sie atmete tief durch. Verdammt – sie musste etwas tun.
 „Vergib mir, Gathy-Chan.“, hauchte der Captain, „ich bin bald wieder da. Kämpf solange gegen die Programmierung – ich weiß, du kannst es.“
Damit wirbelte er herum und eilte los, die Treppe zum Palastgarten herunter.
Agatha blickte ihm hinterher.
„Du verdammter Idiot“, murmelte sie, „nicht ich bin die Programmierte.“
Damit wandte sie sich um, eilte zu Jasmin, um sie zu wecken. Genie tauchte neben ihr auf: „Ich glaube, wir sollten dringend reden.“
„Stimmt“, nickte die XO, „aber nicht jetzt. Vielleicht könntest Du Cal verfolgen?“
„Wird gemacht“, salutierte der Flaschengeist, metamorphierte in einen Polizeihelikopter – woher hatte er diese Tricks eigentlich? – und flog los.
Kurz blickte die XO ihm hinterher und wandte sich dann wieder der bewusstlosen Frau vor ihr zu. Sanft tastete sie nach ihrem Puls und stellte fest, dass er schon wieder relativ kräftig war – also hatte Cal nur eine leichte Einstellung verwendet. Das war beruhigend.
Mit einem leisen „Anhhh“ öffnete Jasmin ihre hübschen Augen und blickte Agatha verblüfft an.
Sich aufrichtend, ließ sie die XO jedoch nicht aus den Augen.
„Prinzessin Song, wir müssen uns dringend über ihren Mann unterhalten.“
Agatha grinste und stand ebenfalls auf. „Sagen Sie mir was Neues. Aber wir unterhalten uns darüber.“
Und dann, mit den Worten „Meine Hand drauf“, reichte sie der Prinzessin eben selbige.

Zum vierzigsten Mal: To be continued. ^^

 
Kapitel 13.2

Er wusste nicht, welche Magie der Prinz gegen ihn eingesetzt hatte, er wusste nur, dass sie ihm nicht gut bekam. Als Aladdin die Augen öffnete, musste er sie instinktiv gegen den Himmel abschirmen, der gerade viel zu hell und viel zu blau seine Augen malträtierte. Die Unmutsbekundungen, die Razul neben ihm von sich gab, konnte er auch durchaus verstehen, schließlich hatte Prinz Doktor ihm mit voller Wucht dorthin getreten, wo es nicht nur Razul am Meisten wehtat. Und obwohl die Augenlider mit zwei besonders schweren Bienenstöcken behangen zu sein schienen und obwohl in seinem Kopf vermutlich die mietberechtigten Parteien dieser Bienenstöcke hausten, summten und brummten, hatte er das Gefühl, dass er aufstehen musste. Also rappelte er sich in die Sitzende, sah wie Jasmin und Prinzessin Song sich die Hand reichten und fragte sich, welchen staatstechnisch hochgradig-wichtigen Pakt die beiden da gerade abgeschlossen hatten – aber effektiv war es ihm eigentlich egal. Den Staatsmann musste er früher oder später sowieso geben, momentan befand er sich mehr oder weniger in der Ausbildung, da musste er die gehobenen Feinheiten der diplomatischen Geflechte noch nicht ganz herausarbeiten.
Er richtete sich nun komplett auf und stellte fest, dass die Kopfschmerzen sich verflüchtigt hatten. Kurz streckte er sich und nickte dann Jasmin und Agatha zu: „Ich werde dann mal unseren Prinzen einfangen.“
Sprachs, wandte sich um und wollte losrennen, als er die Hände Prinzessin Songs spürte, die seinen Oberarm ergriffen.
„Halt!“, sagte sie und er drehte sich verblüfft um.
Prinzessin Song räusperte sich, dann blickte sie erst ihn und dann Jasmin an: „Wenn ihr einen guten Tipp wollt – jagt ihn nicht. Momentan ist er zu allem fähig und ihr habt gesehen, welche magischen Spielchen er drauf hat. Und wer auch immer ihn da gerade in seinen Bann geschlagen hat, versteht es offenbar sein Kampftraining abzurufen und auf 11 zu stellen. Das heißt – momentan ist mit dem Mann kein Verhandeln, kein Reden, nicht einmal ein ‚Keine Bewegung, stehen bleiben’. Seine Antwort wird ein Schuss Magie sein und seine Gegner werden schlafen.“
Jasmin schaute die Prinzessin mit einem sorgevollen Blick an: „Und wie fangen wir ihn dann?“

In der Tat, das war eine gute Frage. Agatha hatte keine Ahnung, wie man das nun am Besten anstellen konnte. Ihren Cal konnte sie manipulieren, wenn sie wollte, aber dieses Wesen, das sich des Captains bemächtigt hatte und nun für Chaos sorgte, das war etwas, mit dem sie erst einmal klar kommen musste. Zwar hatte sie, seit sie davon gesprochen hatte, dass Cal im Bann einer anderen Person stand, eine ungefähre Ahnung, wie sie diesen Zustand beenden könne, aber alles Andere – das konnte sie eigentlich nicht beeinflussen, nur hoffen. Sie konnte nur hoffen, dass noch genug Cal im Captain war, um wenigstens ein bischen vorhersehbar zu agieren. Sie trat an die Brüstung des Balkons, was ihr einen Blick auf den großen Garten unter ihr ermöglichte und sah, wie ein Wachmann, mit einer Armbrust bewaffnet, auf eine Person zielte und dann von einer Phaserentladung getroffen wurde. Zumindest hatten sie Cals Position schon einmal, das war doch was.
Und wie es für gut auf einander eingespielte Wachleute so üblich ist, hatten sie in genau dem Moment ihre Armbrust gezogen, als der erste Wachmann bewusstlos zu Boden ging, nahmen Ziel und feuerten. Pfeile flogen auf einen Punkt, einige hundert Meter unter ihr zu und Agatha schüttelte den Kopf. Das war so typisch Cal – sich immer gleich mit jedem anlegen.
Das plötzlich vor ihr stattfindende Auftauchen Genies, in der Gestalt eines Hubschraubers aus der Eurocopter-Serie, überraschte sie jetzt weniger, auch nicht, als der Hubschrauberflaschengeist mit einem leichten Lispeln in der Stimme „Hier ist AK-1, haben Verdächtigen gesichtet, Rubelli, mach die Impulskanone scharf!“ von sich gab. Und die neben Heli-Genie auftauchende Eden, welche die Gestalt eines Apache-Hubschraubers angenommen hatte und die auf Genies Sermon mit einem „Hier ist Blue Thunder“ antwortete, war auch nichts wirklich Verblüffendes. Wohl aber, dass Cal – einige Meter unter ihr – ein lautes „WOOHOOO!“ ausstieß und dann eine Querfeldeinrunde hinlegte, die einen Parcours-Künstler neidisch gemacht hätte.
Und er rannte genau auf Hakim zu, den schmachthannes-igen Untergebenen von Razul, der sein Schwert erhob und ein „Hey, sie können hier nicht raus“ von sich gab. Gut, er wollte „Hey, sie können hier nicht raus“ sagen, kam aber nur bis zum „Hey, Sie können…“ ehe ein Phaserstrahl aus der Waffe des Captains ihn abrupt und effektiv – und aus verständlichen Gründen – am Weitersprechen hinderte.
Agatha seufzte, hob ihre Waffe, stellte sie auf volle Stärke und gab einen Schuss neben Cal ab. Wie kalkuliert spritzte der Boden neben ihm auf, was den Captain zum Stoppen und in ihre Richtung wirbeln, nötigte.
Schnell stellte die XO ihre Waffe wieder auf Betäubung, ehe sie wieder auf den Captain anlegte.
„Cal, komm zurück!“, rief sie, „Wir tun dir doch nichts.“
„Ich schon.“, murmelte Razul neben ihr, was ihm ein „Razul, STILL“ und einen bösen Blick von Jasmin eintrug. Dann wandte sich die Prinzessin an Agatha: „Meinst Du wirklich, er kann dich hören?“
Hören schon.“, sagte die XO, „Wie es mit verstehen aussieht, das ist eine vollkommen andere Sachlage.“
Sie ließ ihren Tricorder aufklappen, richtete ihn auf Cals Phaser und betätigte eine Taste, welche es ihr ermöglichte, sich in die Waffe zu hacken und sie zu deaktivieren.
„Cal!“, rief sie, „Ergib dich!“
„Sie versprechen mir eine schmerzlose Assimilation?“, rief der Captain.
Agatha schluckte. ‚Also doch’, schoss es ihr durch den Kopf, ‚genau, wie ich es mir gedacht habe. Er denkt, dass wir Borg sind.’
Langsam nickte die XO und dies schien Cal dazu zu bringen, zu überlegen, ehe er etwas murmelte, die Waffe hob und sie auf Agatha richtete.
Kurz zuckte die rothaarige erste Offizierin zusammen, atmete dann erleichtert aus, als nichts geschah und schüttelte den Kopf, als Cal den Phaser fallen ließ und sich, mit hinter den Händen verschränktem Kopf, hinkniete.
„Sorry, Cal“, murmelte Agatha, zielte und schoss.

Das Kollabieren des Prinzen Doktor ließ Jasmin schnell zu River blicken.
„Warum haben Sie das getan? Er hatte sich doch ergeben?“, verlangte sie zu wissen. Die Prinzessin steckte ihre „Waffe“ wieder weg, blickte Jasmin aus ihren unendlich grünen Augen, in denen eine kleine Träne funkelte, an und zuckte mit den Schultern: „Es gibt Situationen, in denen sind solche Handlungen notwendig.“
Sie lächelte ihr zu, legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte: „Es tut mir leid, falls wir eure Allianz mit Theben torpediert haben sollten.“
Damit trat sie an ihr vorbei und machte sich langsamen, gemessenen Schrittes auf den Weg zum Prinzen.
Jasmin blickte ihr kurz hinterher und wandte sich dann an Aladdin.
„Verstehst Du das?“, fragte der frühere Straßenjunge.
„Ja“, nickte sie, „Ich glaube, es liegt daran, dass sie sich nicht sicher sein kann, dass er seine Magie nicht doch noch gegen sie verwendet - so wie Razul sich bei unserem Erwachen vor ein paar Stunden nicht sicher sein konnte, dass wir ihn nicht doch angreifen.“
Damit blickte sie der Prinzessin erneut hinterher und schüttelte den Kopf: „Es ist diese verdammte Morgana, die uns zwingt, so etwas zu tun. Ich weiß einfach, dass uns die Beiden nie ohne einen bestimmten Grund angreifen würden – also Doktor und River.“
„Und wenn“, meldete sich nun Razul zu Wort, „beide nur glauben einen guten Grund zu haben?“
„Willst Du mein Wort anzweifeln, Razul?“, fragte die Prinzessin und der Wächter hob abwehrend beide Hände: „Nein, das würde ich mir nie herausnehmen.“
Jasmin trat auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Warum nicht? Es gibt Momente, in denen irrt man sich.“
„Dies zu bemerken, ist nicht meine Aufgabe, Prinzessin.“
„Du bist ein guter Hauptmann der Wachen.“, lächelte Jasmin, „Du machst eine gute Aufgabe. Aber, wenn Du meinst, dass Dir etwas merkwürdig vorkommt, sage es uns.“
Damit zwinkerte sie ihm zu, wandte sich ab und ging zu Theti und Papyrus. Letzterer rappelte sich gerade wieder auf.
„Zwei mal niedergeschlagen innerhalb nur eines Tages“, murmelte er und schüttelte den Kopf, ehe er das Kinn bewegte.
Jasmin ging neben ihm in die Knie: „Ich hoffe, es geht dir gut?“
„Jaja“, nickte der Schwertträger, richtete sich auf und blickte zu Theti, die mit den Schultern zuckte: „Und zwei mal innerhalb eines Tages schlägt jemand zu, der wie Seth ist und unsere Freunde gegeneinander aufhetzt.“
„Das heißt“, fragte Jasmin, „ihr macht weder Prinz Doktor, noch uns, für dieses Chaos verantwortlich?“
Theti schüttelte den Kopf: „Nein, wie kommst Du jetzt darauf? Wir haben ja vorher auch niemals anstalten gemacht, die Schuld bei euch zu suchen. Ihr könnt nichts dafür, ihr seid, genau wie wir anderen auch, Opfer der Umstände.“
„Dann sollten wir dass Prinzessin Song auch sagen.“, lächelte Jasmin und richtete sich auf, „Sie ist auf dem Weg zum Doktor.“

Agatha hatte in den letzten Wochen nie wirklich Gelegenheit gehabt, etwas festzustellen. Normalerweise war ihr Freund immer ein Feuerwerk der guten Laune – wenn auch Meister der miesesten Wortwitze – und hatte immer ein Lächeln auf den Lippen. Doch jetzt, wo er betäubt da lag, neben sich einen Phaser und das Gesicht, durch seine Bewusstlosigkeit, glatt, ohne Lächeln, sondern mit steinern-ernster Miene, fiel ihr auf, dass ihm diese ernsten Momente auch sehr gut zu Gesicht standen. Zwar mochte sie ihren „Happy-Cal“, aber dieser Anblick gefiel ihr ebenso. Langsam ging sie neben ihm in die Knie, ihre nackten Beine wurden kurz vom kühlen Gras gepiekst, dann spührte sie die Kühle der Vegetation und schüttelte den Kopf.
„Oh Cal“, murmelte sie, „Wir haben uns viel zu tief hineingeritten.“
Sanft beugte sie sich vor, streichelte sanft über seine Wange und küsste sie, ehe sie sich wieder aufrichtete: „Ich hätte es uns gar nicht erlauben sollen, es uns hier gemütlich zu machen, aber – es war einfach eine zu große Versuchung. Aber – sobald Du zu Dir kommst, reisen wir ab.“
„Wo wollt ihr hin?“, fragte plötzlich die Stimme von Jasmin. Agatha fuhr hoch und blickte die Prinzessin an: „Es – es tut mir leid. Wir hätten früher abreisen sollen. Wir haben zu viele diplomatische Zwischenfälle verursacht, wir…“
Und plötzlich fand sich die 25 Jährige XO von der rund sieben Jahre jüngeren Prinzessin umarmt.
Wo kam das denn her? Sie wusste es nicht, sie wusste nur, dass die nächsten Worte ihr Herz schneller schlagen ließen.
„Ihr habt nichts verursacht – Theti und Papyrus sind auf euch gar nicht wütend. Wie kommst Du überhaupt auf die Idee?“
„Nunja“, murmelte Agatha, als sie sich wieder aus der Umarmung befreite, „Ich dachte… schließlich hat mein Mann Papyrus niedergeschlagen, und…“
„Du hast in den letzten Tagen aber auch nicht mitbekommen, dass sich nicht alles um dich dreht, oder?“, grinste Jasmin, „Ihr könnt nichts dafür. Der Angriff Morganas erfolgte nach der Attacke Mechanikles – wobei ich bezweifele, dass beide etwas miteinander…“
Sie stockte und wirbelte herum: „Razul? Schau im Kerker nach, ob Mechanikles noch da ist.“
„JAWOLL!“; salutierte der Mann dienstbeflissen und eilte los, im Lauf nach seinen Untergebenen rufend.
Jasmin wandte sich wieder an Agatha: „So, das wäre geklärt. Razul ist schließlich einer der Fähigsten. Und du…“
Damit deutete sie auf den Captain, der gerade mit einem lauten „Unnngh“-Laut wieder zu sich kam, sich umblickte und dann laut seufzte.
„Versprichst Du mir, dass es schnell geht? Ich möchte nicht meine letzten Sekunden als Cal damit verbringen, noch mehr als Bangebuchse rumzulaufen, als ich es normalerweise tue.“
Agatha nickte: „Wenn sich das so abspielt, wie ich denke, dann…ja.“
 „Dann mach.“, seufzte er und schloss die Augen.
Binnen Sekunden hatte die XO die Distanz zwischen sich und Cal übewunden, umarmte ihn und presste ihre Lippen auf die Seinen.
„Ich liebe dich“, hauchte sie und trat dann einen Schritt von ihrem Captain zurück, als er in die Knie sackte und kurz aufleuchtete. Aus seinem Körper zischte ein Energiestrahl in den Himmel davon, Cal blinzelte, richtete sich auf und murmelte „Ich glaube, ich spinne.“
Razul war wieder aufgetaucht und schien ein „Mechanikles ist noch da, aber können wir dem da trauen?“ zu Jasmin zu murmeln und bei „Dem da“ auf Cal zu deuten.

Einige Minuten später, nachdem Agatha dem Captain erklärt hatte, was in Wirklichkeit passiert war, blickte der Offizier seine Freundin verblüfft an.
Dann wandte er sich an Jasmin und Aladdin: „Ich hab euch… umgehauen?“
„Mich auch!“, meldete sich Papyrus, der mit einem grimmigen Blick, aber einem alles verratenden Lächeln, auf den Captain zutrat, ehe er ihm auf die Schulter klopfte: „Der Haken war übrigens nicht von schlechten Eltern.“
Cal schluckte: „Erm… danke, glaube ich.“
Damit blickte er verblüfft in die Runde: „Und würde einer von euch mir mal erklären, was das war?“
„Was das war?“, mischte sich eine Stimme ein, die sowohl alt, als auch neu klang, sowohl verspielt, als auch bedrohlich und dann durch ein lautes Fauchen ihre Identität deutlich machte.
Die Gruppe fuhr herum, als hinter ihr zwei gigantische, grüne Katzenaugen aufleuchteten und sich dann zur kurvenreichen Katzenfrau Morgana formten: „Das war ein kleines Spiel, dass ich mir erlaubt habe, mit euch zu spielen.“
„Morgana“, stieß Aladdin wütend hervor und trat auf sie zu, „Es reicht! Wir haben dich besiegt. Verlass Agrabah auf der Stelle.“
Die Katzendame lachte.
„Ihr – mich besiegt?`“, grinste sie, „Oh Aladdin, soviel in den Muskeln und so wenig im Hirn. Ihr habt mich nicht besiegt. Ihr besiegt mich nie. Ich erlaube euch, zu gewinnen, weil es mir mehr Spaß macht, ihr anmaßenden Sterblichen.“
Sie blickte zu Cal: „Und Du – Du hast noch nicht einmal angefangen, zu leiden. Deine Zeit wird kommen, Prinz Doktor. Und du wirst brennen. Glaube mir, ich habe es gesehen. Du wirst brennen.“
Damit war sie verschwunden.
Cal schluckte: „Mag… mag mir das einer erklären?“

Der Abend war schneller da, als es irgendeiner erwartet hätte. Zwar unterhielt man sich noch einige Minuten, aber nachdem Theti mehr als einmal herzhaft gegähnt hatte und Jasmin eingefallen war, hatte man sich darauf verstiegen, die Besprechung am nächsten Morgen abzuhalten.
Agatha Silverbird lag im Bett und betrachtete ihren Freund, der gerade zur Tür hereinkam und zwei Ensembles in der Hand hielt, die eine Art „längere Version dessen, was sie gerade trugen“ darstellten. Er lächelte: „Jasmin hat mir diese gerade noch gegeben, als ich mich von ihr und Al verabschiedet habe. Warum bist du eigentlich nicht mitgekommen?“
Die XO seufzte, nahm ihre Kleidung an und zog die Pluderhose über ihre langen Beine.
„Würde es dir etwas ausmachen, dich umzudrehen?“, fragte sie, als sie auch ihr Top gegen die längere Variante austauschte.
Cal wandte sich abrupt um und begann, sich umzuziehen, als er ein leises Pfeifen hinter sich hörte. Er drehte sich wieder um und stellte fest, dass Agatha schon fertig war und ihn betrachtete.
Ein leises Lächeln kroch über seine Lippen: „Erstens: Ich darf dich nicht beim umziehen betrachten und zweitens – schickes Outfit.“
„Ja und danke.“, grinste sie und zuckte mit den Schultern: „Und jetzt mach weiter – oder willst Du in den Straßenklamotten schlafen?“
Mit einem „Nein, natürlich nicht“, entledigte sich der Captain seiner „Weste“ und zog sich sein Schlafhemd an, ehe er zu seiner XO ins Bett kroch und sich an sie kuschelte.
„Sag mal?“, fragte er, seine Hand auf Ihrer, „Woher wusstest Du eigentlich, dass der Kuss funktionieren würde?“
Sie kicherte, küsste seinen Nacken und fuhr sanft über seinen Rücken: „A true loves kiss.“
Der Captain wandte sich ihr zu und grinste dann: „Du meinst – wenn wir schon bei Disney sind, probieren wir wirklich alles aus, was damit zu tun hat?“
„So ungefähr.“, erwiderte sie, mit einem strahlenden Lächeln und küsste ihn: „Und das Andere, weswegen ich gerade so abweisend zu Jasmin war… es ist nicht weiter wichtig. Ich glaube, wir können noch ein paar Tage hierbleiben, ehe wir uns auf die Suche nach der DRAGONFLY machen.“
„Meinst Du?“
Sie fing seinen Mund mit ihrem ein und nickte: „Ganz sicher, mein Liebling.“
„Das ist schön – ich fing gerade an, mich hier wohl zu fühlen.“
„Aber nicht zu wohl, verstanden?“, grinste sie und legte eine Hand auf seine Hüfte, „Wir müssen hier weg.“
Er küsste sie: „Irgendwann?“
Sie nickte: „In ein paar Tagen – wenn wir Informationen haben.“
„Das klingt schön.“, lächelte er und küsste sie erneut.

Der nächste Morgen schien durchs Fenster und die braunen Augen Cals betrachteten die Frisur des Captains im Spiegel.
„Man, ich bin zerzaust wie ein Suppenhuhn“, stellte er fest, erhob sich und trat ans Fenster. Nur weil man auf dem Kopf aussah, als habe man den berühmten Yoga-Witz des Colonia-Duetts („Eimer Wasser, Füße rein, Finger in die Steckdose – Durchblutung, Verstehste?“) wörtlich genommen, hieß das nicht, dass man sich eines wunderschönen Ausblicks verweigern musste. Agrabah lag friedlich vor ihm – naja, weniger „friedlich“-friedlich, mehr „relativ konfliktbefreit“. Und nach seinem Albtraum von Gestern konnte die Stadt froh sein, dass sie noch stand. Wenn die Borg hier eingefallen wären, der Schaden wäre noch größer geworden, als damals bei Wolf 359. Kein ins Kollektiv eingegliederter Picard, der ihnen im letzten Moment sagen konnte, welches das richtige Passwort ist, keine Phaser, keine Photonentorpedos, die ihnen wenigstens ein bischen Zeit kaufen konnten – hier waren Pfeile, Bögen, Armbrüste und Schwerter Trumpf und die waren gegen Borg ziemlich ineffizient.
Und seit dieser Nacht wusste Cal wieder eines – er war froh, dass sie nicht assimiliert worden waren.
Langsam ließ er seinen Blick schweifen und stellte fest, dass Agathas ‚Tagesoutfit’ erneut eine tragende Rolle übernahm – denn es war verschwunden. Also beschloss auch er, sich umzukleiden und trat, keine 10 Minuten später, frisch gewandet und geduscht, das Licht der Öffentlichkeit. Er zog seine Weste richtig und wollte sich gerade auf den Weg machen, seine XO zu suchen, als er die melodiösen Stimmen Jasmins und Thetis wahrnahm.
„Prinz Doktor – wir wollten Sie gerade abholen. Ihre Frau ist schon beim Frühstück im Thronsaal.“

Frühstück?
Calvin Nathan Cat und Frühstück? Der Mann, der morgens gerne mal eines der Produkte verspeiste, die in der Werbung des 21. Jahrhunderts mit den Worten „Schmeckt leicht und belastet nicht“ angepriesen wurden – was Cal zu einem „Aha, also zu Deutsch: ist für den Hohlen Zahn“ hinriss – und in Wirklichkeit aus mehr Fett und Zucker bestanden, als eine Sachertorte, sollte normal „frühstücken“ gehen? Ablehnen konnte er aber auch nicht bringen, das würde Jasmin und den Sultan enttäuschen und Cal wollte weder das eine, noch das Andere. Zumal ihm Agatha vermutlich alle möglichen Höllen heißmachen würde, inklusive der, die von Shepard Book aus „Firefly“ für Raubkopierer und Leute, die während der Theateraufführung reden, reserviert war.
Er seufzte und beschloss dann, den beiden Frauen zu folgen. Vielleicht war es ja doch ganz appetitlich, was des Sultans Köche so zusammengewürfelt hatten.

to be continued

Kapitel 13.3 

Wie würde Bernd Stelter vermutlich sagen?
„Das war kein Wohnwagen (…) Das war eine geräumige Wohnstadt.“, schrieb er in seinem Buch „Nie wieder Ferienhaus“ – hier würde er vermutlich etwas Ähnliches von sich geben. Sowas wie. „Das war kein einfaches Frühstück. Das war ein Frühstücksbuffet für ein komplettes Hotel – und damit meine ich ein komplettes Hotel von der Größe eines Maritim oder gar eines Hilton, seit mindestens 12 Generationen im Familienbesitz und mit mindestens genau sovielen Zweigstellen in unterschiedlichen Ortschaften.“
Oder – wie Alfred Tetzlaff sagen würde: „Damit kannste ganz Nordrhein-Westfalen versorgen.“
Und die beiden Herren hätten recht. Cal war mehr als nur fassungslos, als er sah, was da alles aufgetischt war. Gut, es war jetzt nicht sein Lieblingsfrühstück, was er an Bord der DRAGONFLY gerne zu sich nahm, aber dafür schien es verdammt lecker zu sein. Also näherte er sich vorsichtig, betrachtete die aufgetischten Speisen und beschloss, sich an die Zusammenstellung eines Müslis zu wagen, wobei er nicht wusste, ob das überhaupt schon erfunden war. Aber egal – er nahm sich eine Schüssel, füllte ein paar Flocken hinein, dann Nüsse, Obst und goss etwas, was die Anglophilen unter den Lesern vermulich als  „liberal dose“ – also eine großzügige Dosis – Milch über sein geschmackliches Experiment. Na – da war er ja mal gespannt.

Sich umblickend begab er sich auf die Suche nach Agatha, stellte dabei fest, dass Theti und Jasmin sich schon neben ihre jeweiligen Partner gesetzt hatten und runzelte die Stirn. Wo war seine XO?
„Ach, da bist du ja.“, hörte er hinter sich die Stimme dieser Frau, die er liebte wie niemand anderen sonst auf dieser Welt. Er wandte sich um und stellte fest, dass Agatha ein anderes Outfit ausgewählt hatte. In der Hauptsache war es rot. Zwar änderte sich nicht viel an Schnitt und Stoff der Kleidung – sprich, es war noch immer eine Kombination aus Pluderhose und besserer Entschuldigung für einen BH  - aber ihr Outfit hatte einen anderen Farbstich. Und dann auch noch in Cals Lieblingsfarbe.
Vermutlich hatte er wieder so ein typisch-männliches, weil dämliches, Grinsen im Gesicht, dass Agatha langsam auf ihn zutrat, ihn anblickte und hauchte: „Gefalle ich dir?“
„Was denkst du?“, flüsterte der Captain in ihr Ohr und sie schlang beide Arme um: „Das willst Du lieber nicht wissen.“
Sie machte sich los, nachdem sie ihm einen Kuss auf den Mund gegeben hatte, nahm mit einem „Hey, danke“ das Müsli an sich und ging – mit schwingender Hüfte – zum Platz neben Jasmin. Aladdin, der ihr entgegen kam, nickte ihr kurz zu und wandte sich dann an Cal.
„Prinz Doktor, wollen sie was essen oder hier stehen bleiben?“
„Hm?“, versuchte der Captain sich aus seiner Starre zu lösen, ehe er sich wieder Aladdin zuwandte: „Oh – möchtest Du hier ans Buffet?“
„Ja, ich hab mir noch nichts genommen.“
Damit machte sich der Mann, den Cal so eigentlich nur aus dem Fernsehen kannte, daran, so etwas Normales zu machen, wie „sich an die Zubereitung eines Frühstücks zu begeben“. Der Captain blickte den Mann vor sich einfach nur verblüfft an.
Du bist ein Dummkopf, Cal , schoss es ihm durch den Kopf , Was hast Du denn gedacht, wie ein typisches Frühstück mit Aladdin läuft? Denkst du wirklich, er geht morgens los, begeht zwei, drei Heldentaten und das reicht, um ihn zu ernähren?
Das musste der Captain seiner inneren Stimme wirklich zugestehen – offen und ehrlich war sie schon.
„Und Sie?“, fragte nun der Held und blickte ihn an, deutete auf das aufgebaute Buffet. Cal zuckte mit den Schultern: „Ich glaube, ich nehm mir ein Müsli, das müsste reichen.“
Damit wandte er seine Aufmerksamkeit wieder voll Aladdin zu: „Sagen Sie mal…“
„Ja?“, ließ der Angesprochene seinen Teller sinken und schaute ihn fragend an: „Wie kann ich Ihnen helfen, Prinz Doktor?“
„Mich würde interessieren, was Sie noch so über Morgana wissen.“
Aladdin lächelte: „Darüber sprechen wir gleich.“
Damit warf er einen Blick auf die leere Schüssel, nach der Cal griff und sah zu, wie er sich ein Müsli zusammenstellte.
Dann klopfte er ihm auf die Schulter: „Kommen Sie – gehen wir zum Frühstück.“

Das Eine musste man den Chefköchen lassen – sie holten wirklich das frischeste Obst. Als Agatha ihren Löffel in das von Cal zubereitete Müsli versenkte und probierte, stellte sie fest, dass es wirklich lecker schmeckte und sie fragte sich, ob man den Bordcomputer der DRAGONFLY nicht eventuell so programmieren könnte, dass er genau so ein Müsli ausgab.  Wobei es vermutlich an Bord ihres Schiffes auch nicht besser schmecken konnte als hier – schließlich waren die Zutaten verdammt frisch. Frischer wären sie eigentlich nur noch, wenn man sie direkt auf dem Acker äße.
„Und, habt ihr gut geschlafen?“, fragte Jasmin in die Runde und Cal, der sich gerade setzte und zu Essen begann, zeigte Anzeichen, sein Müsli quer durch den Saal spucken zu wollen. Und so, wie sie ihn kannte, lag es nicht daran, dass ihm seine Kreation nicht schmecken würde, sondern daran, dass er mit sich kämpfte, jetzt nichts Dummes zu sagen. Sie legte ihrem Freund die Hand auf die Schulter – in diesem Moment sagte Theti, dass sie sehr gut geschlafen hätten – dann wandte sich die XO an die Prinzessin und lächelte: „Es war traumhaft.“
Das neben sich langsam errötende Nicken des Captains übersah sie dabei geflissentlich. Dann wandte sie sich an Jasmin: „Und was steht heute auf dem Programm?“
„Ich dachte mir“, lächelte die Prinzessin, „dass wir uns einen Trainingstag gönnen.“
„Trainingstag?“, echote es von Theti und Cal simultan, die sich anblickten und kurz lächelten.
Auch Agatha legte ihre Stirn in Falten. ‚Trainingstag’? Was meinte die hübsche Prinzessin damit?
Doch irgendwie klang das sogar ziemlich spannend. Sie lächelte Jasmin zu: „Da bin ich dabei.“
„Gut“, strahlte es aus dem agrabahnischen Gesicht, ehe sich die Prinzessin Theti zuwandte, die kurz überlegte und dann nickte. Anschließend wandte Jasmin ihre Aufmerksamkeit Aladdin zu, der gar nicht großartig überlegen brauchte und mit einem „Ich bin dabei“ sein Einverständnis gab. Auch Papyrus nickte.
Neben Agatha knusperte es im Müsli und schwieg ansonsten. Irgendwie war das klar – Sport war noch nie Cals große Leidenschaft gewesen.
Doch als alle Anderen anfingen, ihn fragend anzublicken, verpasste die XO ihrem Captain einen Stoß in die Seite. Dieser hob kurz den Kopf, schluckte das Müsli runter und schaute verblüfft in die Runde.
Agatha wandte sich ebenfalls zu ihm und flüsterte: „Du weißt schon, dass sie wissen wollen, ob du mitmachst, oder?“
„Ich weiß nicht“, murmelte Cal und schaute sie fragend an: „Wollen wir?“
„Wir können auch sofort abhauen.“
„Okay, wir wollen.“, schluckte Cal schnell und blickte seine XO mit zusammengekniffenen Augen an, ehe er sich daran machte, sein Müsli weiter zu verputzen.

Ernsthaft.
Training? Hier, jetzt in der Hitze? Gut, sie alle trugen ja mehr oder weniger sonnennahe Klamotten, aber dennoch – er konnte sich wirklich Angenehmeres vorstellen, als verschwitzt in der Sonne zu liegen, weil man vorher mindestens 3000 Situps machen musste, um sich aufzuwärmen. Wobei – vielleicht kannte man hier das Prinzip des Aufwärmens ja gar nicht?
Cal legte nachdenklich den Kopf schief, während er sich an seinem Müsli zu schaffen machte.
Das Knacken, das die knusprigen Flocken hervorriefen, ließ ihn zwischenzeitlich taub für seine Umgebung werden und er blickte dann fragend zu Agatha, als Jasmin, Aladdin und Theti aufstanden.
Als auch Papyrus und Agatha selbst sich erhob, folgte der Captain lieber schnell nach und seufzte, als Jasmin sich zur Tür umdrehte und loslief. Vermutlich kannte man das Prinzip des Aufwärmsprints auch hier.

Eine Stunde später war der Captain schon der Meinung, nicht mehr weiter zu können. Schweiß lief in Sturzbächen seinen Körper herunter, aber auch die XO neben ihm wirkte reichlich verschwitzt, was ihn nicht überraschte. Seit einer guten halben Stunde waren sie – angemessen auf- und vorgewärmt – daran, in der königlichen (oder besser Sultanischen) Folterkammer, will sagen, im Trainingsareal, entsprechende körperliche Verausgabungen zu tätigen. Neben ihm kam gerade Agatha zu einem Situp wieder hoch, der schöne, gebräunte Oberkörper schweißnass, die Haare, die normalerweise rot leuchteten, ihr als chaotische Masse auf dem Kopf sitzend und alles in allem sehr fertig aussehend – aber mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen.
Cal sackte neben ihr hin, atmete tief durch und schüttelte den Kopf, als sie ihn anblickte. „Schon fertig mit der Welt?“
„Du auch.“
Agatha grinste: „Ich?“
Sprachs und atmete tief durch: „Ich bin noch fit genug um gleich noch ne Runde zu Joggen. Bist du dabei?“
Und zum allerersten Mal war Cal froh, dass seine XO keine Betazoidin war oder sonst wie Gedanken lesen konnte. Denn der Gedanke „Over my rotting corpse“ schoss dem Briten durch den Kopf.
So beließ er es bei einem gekeuchten „Das sehe ich nicht so“ und ergab sich dem Gedanken, wie fertig er doch selbst war.
„Prinzessin Jasmin?“
Auch Jasmin war verschwitzt, aber glücklich und beugte sich in Cals Gesichtsfeld.
„Ja?“, strahlte sie.
Wie konnte jemand so glücklich sein? Vielleicht lag es tatsächlich daran, dass Sport Endorphine freisetzt, also Glückshormone? Vielleicht sollte er es doch mehr versuchen?
Doch als er daran dachte, auch nur noch einen weiteren Sit-Up machen zu müssen, begannen seine Bauchmuskeln spontan zu streiken. Er seufzte, blickte die Prinzessin an und schüttelte den Kopf: „Ich bin fertig mit der Welt. Ich kann nicht mehr.“
„Das kann ich verstehen.“, lächelte Jasmin, „Bleib einfach noch ein bisschen liegen und wenn du meinst, dass Du gleich nochmal mitmachen kannst, rappel dich auf.“
‚Da ist wahrscheinlicher, dass irgendwer die DRAGONFLY findet.’, dachte sich Cal, sagte es aber nicht.

„Ich werde morgen so einen Muskelkater haben.“, grinste Agatha, als sie, in ein Handtuch gewandet aus der Dusche herauskam und Cal zunickte: „Du kannst übrigens.“
„Danke.“, sprachs, nahm sein Handtuch und betrat die Dusche.
Agatha hatte gerade ihr Oberteil angezogen und sich vorgebeugt, um nach der Hose zu greifen, als sie schon erste, leichte Stiche im Magen merkte. Ja, ihre Bauchmuskeln würden ihr morgen etwas erzählen. Und während sie sich weiter anzog, schob sie diese Gedanken weg. Eigentlich war dieses Training toll gewesen.

Es klopfte und Jasmin lugte durch die Tür, die das Zimmer vom Korridor trennte.
„Kann ich hereinkommen?“, fragte sie und Agatha nickte: „Klar, warum nicht. Prinz Doktor ist zwar gerade unter der Dusche, aber – ich kenn ihn inzwischen, das wird etwas dauern.“
„Gut.“
Damit betrat Jasmin ihr Zimmer und setzte sich aufs Bett: „Können wir reden?“
„Warum nicht? Worüber?“
Die Prinzessin seufzte, verschränkte die Hände vor dem Bauch und blickte Agatha an.
„Ich weiß nicht so recht, wie ich fragen soll.“
Das ‚Oh Oh’, das Agatha dachte, klang viel zu sehr nach Cal, um es nicht zu sein. Doch der Captain duschte noch.
„Nun“, lächelte die XO, „Am Besten in einer klaren und verständlichen Frage.“
Die Prinzessin nickte: „Guter Einwand. Das Problem ist, die Sache klingt viel zu…“
Sie will es wissen, sie will es wissen, sie will es wissen , sie will es wissen , sie will es wissen , sie will es wissen, schoss es der XO durch den Kopf und sie seufzte innerlich. Ja – diese Fragen mussten ja irgendwann mal gestellt werden: Wer seid ihr? Wo kommt ihr her? Was macht Ihr tatsächlich?
Irgendwie hatte Agatha schon früher damit gerechnet, dass Jasmin hinter ihre Maskerade kommen würde. Prinz Doktor und Prinzessin River Song – was hatte sie geritten?
Vielleicht war es wirklich nur die überlegung, dass man von keinem besseren Ort die Ermittlungen, wo das Schiff heruntergegangen war, leiten konnte, als von der Spitze aus? Mochte es daran liegen, dass sie selbst ein kleines Faible dafür hatte, sich dieser Fantasie hinzugeben? Mochte es daran liegen, dass der Captain ihr mehr als nur einmal ein Ohr abgekaut hatte, was Disney und besonders die Disney Renaissance anbelangte?
Sie erinnerte sich daran, dass Cal sogar einmal in einer diplomatischen Verhandlung versehentlich etwas eingebaut hatte: „Ja, aber seht ihr denn nicht ihr Potential? From the first day, they arrive on the planet – and blinking, step into the sun. There’s more to see, than can ever be seen, more to do that can… - Oh, Entschuldigung. Das ist aus dem König der Löwen”.
Ein paar Wochen später hatten sie dann eine Doktor Who-Folge nachgespielt – es war “Die Weihnachtsinvasion” gewesen und dort hatte sich eine ähnliche Szene abgespielt.
Cal war manchmal sehr merkwürdig.  Und lag es vielleicht daran, dass sie diese Nummer gebracht hatte?
Agatha seufzte, ließ den Kopf sinken und blickte dann die Prinzessin an: „Stellen Sie Ihre Frage, Prinzessin.“
Jasmin seufzte.
„Mich würde eigentlich nur interessieren… Fiktivistien…“
Das innere „Oh mein Gott“ wurde immer lauter. Was wollte sie sagen? Wollte sie festhalten, dass sie von diesem Land noch nie gehört hatte?
„ist es ein schönes Land?“
Agatha schluckte.
Hatte die Prinzessin gerade ernsthaft gefragt…
„Bitte?“, blinzelte die XO verwirrt und Jasmin zuckte mit den Schultern: „Ich habe mich nur gefragt, ob es dort schön ist. Ich meine, vielleicht könnten wir ja auch mit eurem Staat Handelsbeziehungen eingehen.“
„Sicher“, nickte Agatha und schluckte erneut. Momentan kam sie sich vor, als habe sie einen Rollentausch mit Cal vollzogen, ehe sie sich fing.
Dann lächelte sie: „Natürlich können wir Handelsbeziehungen eingehen. Ich meine: Agrabah ist ein faszinierendes Land, die Leute sind nett… warum nicht?“

Wasser auf seinem Kopf.
Calvin Nathan Cat hatte eigentlich nicht gedacht, dass er heute dieses einfache Glück nochmal erfahren dürfte, sondern war eher davon ausgegangen, dass ihn die „antreibende Peitsche der Zuchtmeisterin“ Jasmin – respektive das „Kommen Sie, Prinz Doktor, eine Runde schaffen wir noch“ – sekündlich näher an den Herzinfarkt bringen würde. Und während er immer mehr zu japsen begann, hörte er das amüsierte Kichern Agathas neben sich, die ein „Na, platt?“ grinste. Nun aber war die ganze Sache vorbei – wenigstens für zwei Tage. Und Cal hoffte, dass diese zwei Tage, diese 48 Stunden länger sein würden, als normal. Er schlang sich sein Handtuch um die Hüften und betrat sein Quartier, das er mit Agatha teilte – nur um einen Schocklaut auszustoßen und wieder ins Bad zu huschen.
Dann spähte er vorsichtig durch die Tür.
„Hallo, Prinzessin.“, lächelte er, „Geht’s’n so?“
Kaum gesprochen, schon biss er sich dafür auf die Lippe.
‚Sehr geschickt, Cal’, schoss es dem Captain durch die Denkstube, ehe er seine Aufmerksamkeit der Prinzessin widmete.
Sie schenkte ihm ein Lächeln: „Es freut mich, dass Du wieder Scherze machen kannst, Prinz Doktor. Ich hatte schon befürchtet, dass wir einen Arzt für dich rufen müssten.“
„Och, das bisschen Sport. Auf der Akademie hab ich Siebenkämpfe bestritten!“
Und erneut war er versucht, sich selbst einen Gibbs zu geben.
„Akademie?“, fragte Jasmin neugierig.
Cal schluckte: „Erm… ja, auf der Prinzen-Akademie. Eine sehr… sehr… seeeeeeeeeeeeeeeeehr royale Sache.“
Innerlich schüttelte er den Kopf. „Verrat ihr doch gleich, dass du Starfleetoffizier bist. Ich bin sicher, sie versteht das.“, hörte er wieder die kleine Stimme in seinem Kopf und er wusste, dass diese kleine Stimme dieses Mal recht hatte. Vielleicht…
Die Stimme des Genie riss ihn aus seinen Gedanken.
„ICH HAB WAS!“, bölkte das magische Wesen und kam durch das Fenster geschwebt, wobei er eine Metallplatte in der Hand hatte.
„Hier“, sagte er, „Das habe ich aus dem mechanischen Skorpion geborgen.“
Damit übergab er das Metallstück der Prinzessin, die es kurz betrachtete.
Nach dem, was Cal sehen konnte, handelte es sich dabei um eine Platte – ungefähr 30 mal 30 Zentimeter groß – mit mehreren Eingravierungen.
Die Prinzessin legte den Kopf schief, fuhr sanft mit den Fingern über die Platte und schaute dann zu Agatha und ihm: „Wir treffen uns in 10 Minuten im Thronsaal.“
Damit wandte sie sich um und ging.
Cal atmete aus, verließ das Badezimmer und trat zum Bett, wo er seine Kleidung ausgezogen hatte.
„Hmm“, machte er, ließ das Handtuch fallen und machte sich an das Geschäft des Anziehens, „Was könnte wohl auf der Platte gestanden haben?“
Agatha blickte ihn an: „Keine Ahnung – wir haben 10 Minuten, um uns umzuziehen und zum Thronsaal zu gehen. Also, ich bin fertig, wie isses bei dir?“
Cal zog sich gerade die Weste über seinen nackten Oberkörper: „Also, auch wenn Aladdin so rumläuft, ich fühl mich da immer noch ziemlich nackt mit.“
„Mir geht es mit diesem Oberteil auch nicht anders – aber offenbar ist das hier so, also müssen wir uns daran halten. Ich glaube, Prinzessin Jasmin wäre sehr enttäuscht, wenn wir ihre Höflichkeiten ablehnten.“
Die Antwort des Captains bestand aus einem Schulterzucken: „Zumal mir die Kleidung an dir ausserordentlich gut gefällt.“
„Schleimer.“, grinste Agatha, „Dafür haben wir jetzt keine Zeit, wir müssen zur Besprechung.“
Er trat auf sie zu und nahm sie in die Arme: „Fünf Minuten müssten wir haben.“

Jasmin blickte auf, als sich die Tür öffnete und Prinz Doktor und Prinzessin Song den Raum betraten. Ein verschmitztes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen: „Schön, dass ihr es wenigstens geschafft habt, euch nicht eine komplette Stunde zu verspäten.“
Prinz Doktor errötete und grinste dann verschmitzt: „Ich… ich musste noch was mit meiner Frau besprechen.“
„Natürlich.“, nickte Jasmin und wandte sich an ihren Geliebten: „Solche Begründungen fürs zu Spät kommen müssten wir  uns auch mal einfallen lassen.“

Agatha runzelte die Stirn. Sie konnte nun wirklich nichts dafür, dass Cal tatsächlich eine halbe Stunde brauchte, um mit ihr über die Feinheiten der ersten Temporalen Direktive zu diskutieren und wie sie hier anzuwenden waren, aber sie kam nicht umher, zu vermuten, dass Jasmin eine komplett andere Begründung für ihr späteres Auftauchen annahm.
‚Drecksau’, grinste sie in Gedanken, ‚Das sollte man auch nicht glauben, dass gerade Prinzessin Jasmin solche Gedankengänge hatte.’
Dann räusperte sie sich, trat näher an die Gruppe heran und legte den Kopf schief: „Was haben wir denn schönes?“
„Nun“, hob Jasmin den Kopf und fixierte sie mit diesen schönen, nussbraunen Augen, die Agatha immer mal wieder an Ziva erinnerten, „Der Genie hat mir diese Platte oder Plakette gebracht. Sie ist eingraviert mit merkwürdigen Symbolen und wir konnten sie bis jetzt nicht entziffern.“
„Darf ich mal einen Blick drauf werfen?“
Es war immerhin besser, nachzufragen, als genau das nicht zu tun.
„Natürlich“, lächelte die Prinzessin, „Bitte sehr.“
Damit deutete sie auf die Platte. Agatha las und schluckte.
‚Du meine Güte’, schoss es ihr durch den Kopf, dann winkte sie dem Captain zu.
„Prinz Doktor?“, fragte sie und Cal blickte sie überrascht an, verschränkte dann die Hände hinter dem Rücken und kam auf die Versammlung zu.
Die feingliedrigen Finger der XO deuteten auf die Platte: „Was sagst Du dazu?“
„Unglaublich“, murmelte Cal, „Steht da wirklich …“
Agatha nickte. Auf der Plakette stand „U.S.S. DRAGONFLY .“

TBC

CaptainCalvinCat

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Kapitel 13.4. 

„Ihr seht aus, als ob Ihr die Schriftzeichen kennen würdet.“
Die Stimme Jasmin erinnerte Cal gerade an die liebenswerte, alte Omi, die er in den Sicherheitsaufzeichnungen der Erlebnisse von Kirk und Spock im San Francisco der achtziger Jahre gesehen hatte. Damals waren sie auf der Suche nach Buckelwalen gewesen und hatten sich ins Meerwasseraquarium in Sausalito begeben, um die beiden Exemplare George und Gracy zu treffen. Um mit einem der beiden Wale in Kontakt zu treten, war Kontakttelepath Spock in das Wasser des Aquariums getaucht und hatte mit Buckelwaldame Gracy eine Geistesverschmelzung durchgeführt. Kirk – damals Admiral – hatte gehofft, dass niemandem der Mann im Aquarium auffiele, als plötzlich, schräg vor ihm, eine ältliche Frauensperson auf die Feststellung, dass die Menschen in diesem Zeitalter noch nicht wussten, welchem Sinn die Walgesänge dienten, mutmaßte: „Vielleicht singt er diesem Mann etwas vor?“

Kirks Kopf war damals so schnell zur Frau herumgeruckt, wie es nun Cals Kopf tat und Jasmin anstarrte.
Okay, nun mussten sie wohl wirklich Farbe bekennen.
Wobei sich da nun die Frage stellte, wie man dies am Gescheitesten tat. Einfach sagen „Hallo, wir sind Sternenflottenoffiziere und kommen aus dem 24. Jahrhundert, sprich wir sind knappe 29 Jahrhunderte jünger als ihr alle zusammen“ würde entweder einen Lachflash bei Jasmin, Aladdin und Konsorten auslösen und dafür sorgen, dass man sie als komplett wahnsinnig erachtete – oder aber Jasmin würde sich verraten fühlen und wie das ausging, wollte der Captain gar nicht wissen. Also schaute er hilfesuchend zu Agatha, die Jasmin zunickte: „Stimmt , wir können diese Schrift lesen.“
„Bitte was?!“ , schoss es Cal durch den Kopf, als er sich verblüfft zu seiner XO herumwandte. Was war das denn jetzt für eine Nummer? Hatte sie vor, sich und ihn an den nächstbesten Pranger zu bringen? Oder wollte sie auf diese Art und Weise sichergehen, dass sie aus dem Königreich geworfen wurden und sich auf die Suche nach ihrem Schiff begeben konnten? Zugegeben, man war inzwischen seit guten 13 Kapiteln -  oder (mit Unterkapiteln) 43 Kapitelteilen, 228 Seiten und (bis zum Wort „und“ gezählten) 114.900 Wörtern, 728.951 Zeichen (mit Leerzeichen), sowie 615.327 Zeichen (ohne Leerzeichen) – an der Geschichte dran, da sollte man sich langsam, aber sicher einmal dran machen, die DRAGONFLY auch tatsächlich finden zu wollen, aber so, wie es Agatha vermutlich gerade versuchte, war dies ganz, ganz, gaaaanz schlechter Stil.
„Tatsächlich?“, riss die Stimme Thetis den Captain aus seinen Gedanken und er sah, wie Agatha bestätigend nickte: „Ja – das ist das sogenannte „fiktivistische Alphabet“ und diese Plakette gehört zu einem unserer Handelsschiffe – der USS Libelle .“
„Die Libelle?“, echote Jasmin erstaunt, „Das ist ein sehr interessanter Name. Darf ich erfahren, was…“
„Wie die Plakette in den Skorpion kommt?“, schnitt ihr Agatha das Wort ab und ließ ein Schulternzucken folgen: „Wenn ich das mal wüsste.“
Cal schaute sie an: „Da weiß ich mehr.“
„Wirklich, mein Prinz?“, fragte die XO und der Captain konnte ihr ansehen, dass sie gerade ein wenig überrascht war. Jetzt galt es nur, die Fassade aufrecht zu erhalten, sich eine glaubwürdige Story auszudenken und bei ihr zu bleiben. Wenn alles gut ging, würde niemand der hier Anwesenden – Captain und XO ausgeschlossen – erfahren, dass Cal sich da gerade eine Lügengeschichte de Luxe einfallen ließ.

Also wandte sich der Captain an Agatha: „River, erinnerst Du dich daran, dass Du mal für eine Woche so krank warst, dass Du die Staatsgeschäfte nicht mehr leiten konntest? Während dieser Angelegenheit in Ret’Tang?“
„Die Angelegenheit in Ret’tang“ – wie meine Leserinnen und Leser inzwischen wissen -  hat nicht viel mit einer „Krankheit“ zu tun, die Agatha daran gehindert hätte „Staatsgeschäfte“ zu leiten, mehr mit dem Fakt, dass sie in jenem kleinen, beschaulichen, romulanischen Ort assimiliert worden war. Da Cal jedoch irgendwelche Namen brauchte, um die ganze nun folgende Geschichte mit irgendwelchen Pseudo-Fakten zu unterfüttern, nahm er diese Situation und verwandelte sie in eine „Krankheit.“
„Du meinst“, schaute ihn seine XO an, „das eine mal, wo ich so krank war, dass ich dich angesteckt habe, weil Du nicht auf den Rat der Ärzte hören wolltest?“
Cal nickte: „Genau. Vorher kam mir ein Bote entgegen und berichtete davon, dass eines unserer Handelsschiffe, die Khen’sha, von einer Mission nicht zurückgekehrt war. Ich habe die Libelle ausgesandt und sie kam ebenfalls nicht zurück.“
Tief Luft holend schaute Agatha ihren Freund an, verschränkte die Arme vor ihrer Brust, verengte die Augen zu Schlitzen und schüttelte den Kopf: „Warum hast Du mir das nicht vorher gesagt?“
‚Wow!“’, schoss es dem Kommandanten der DRAGONFLY durch den Kopf, Mann ist sie gut!’
Doch das konnte er ihr momentan aus verständlichen Gründen schlecht sagen. Stattdessen kanalisierte er all seine Schauspielkunst – von der irgendjemand mal gesagt hatte, er wäre nicht so gut wie Captain Picard, sondern eher so „gut“ wie Captain Kirk – warf sich vor ihr auf die Knie – „AU, das tat weh!“, dachte er sich – und presste beide Hände in anbetender Form aufeinander.
„Bitte“, keuchte er, „bitte vergeben Sie mir, meine Prinzessin. Ich dachte nur ich… ich könnte es Ihnen nie sagen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die Libelle ihr Lieblingsschiff war.“
Erneut überraschte es ihn, wie schnell sich Agatha an eine Rolle anpassen konnte. Sie ging neben ihm in die Knie, bettete seinen Kopf an ihre Schulter, streichelte ihn beruhigend und sagte so leise, dass es tatsächlich nur für seine Ohren bestimmt schien, aber so laut, dass es eigentlich jeder hören konnte, der daran interessiert war: „Und Du meinst, mein dummer Ehemann, dass ich das nicht inzwischen herausgefunden hätte?“
Der Captain schaute sie „verblüfft“ an: „Ich dachte… ich wusste nicht…“
„Es ist in Ordnung, Doktor. Und wir haben die Libelle ja gefunden.“
„Teile von ihr“, korrigierte Aladdin und deutete auf die Plakette.
Cal blickte zu seiner XO - konnte sehen, dass auch sie denselben Gedanken hatte: „Meine Güte – wo der Mann recht hat, hat er Recht.“
„Vielleicht“, so ließ sich nun Jasmin vernehmen, „weiß ja Mechanikles, wo euer Schiff ist?“

„Mechanikles?“
Cal hob fragend eine Augenbraue und Agatha kam nicht umher, festzustellen, dass er sie gerade ein wenig an Spock erinnerte. An einen emotionalen, im Vergleich zum Original ziemlich dummen und sehr unlogischen Spock, ohne spitze Ohren und mit einem komplett anderen Gesicht, aber – wenigstens kriegte er die Spock-Augenbrauen hin. Sie schüttelte innerlich den Kopf. Nein, er war wirklich nicht gerade ein gutes Spock-Lookalike und würde auf einem Ähnlichkeitswettbewerb vermutlich nicht einmal in die Kategorie „Ehrenhafte Erwähnungen“ geraten.
Und sie musste feststellen, dass die Prinzessin da tatsächlich einen guten Verdächtigen gefunden hatte. Gerade, als sie es erklären wollte, erhob Jasmin wieder ihre samtweiche Stimme und betrachtete den Captain aus ihren großen Augen.


„Wenn euer Schiff Libelle heißt und wenn die Plakette der Libelle im Metall des Skorpions zu finden war, liegt die Vermutung ziemlich nahe, dass Mechanikles zumindest eine Ahnung haben könnte, wo das Metall herkam.“, zuckte Jasmin mit den Schultern.
Der „Straßenjunge“ Aladdin konnte nicht verhindern, dass sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen stahl. Das war seine Frau. Schön, jung, klug, kämpferisch – was wollte man mehr?
„Ich werde ihn verhören.“
Die Stimme Razuls zeugte wieder einmal von mehr als nur geschäftsmäßigem Tonfall – manchmal hatte Aladdin das Gefühl, als würde der Hauptmann der Wachen seinen Job viel zu sehr genießen.
Also räusperte er – Aladdin – sich und blickte Razul an: “Wir beide werden Mechanikles verhören, wenn es Dir nichts ausmacht.“
Ja, das war schon eine Mischung aus Überraschung, Resignation, einem „Mach doch, was Du willst“ und einem „Pfusch nicht in meine Kompetenzen rein, Straßenköter!“, das in den Augen von Razul aufleuchtete. Der agrabahnische „Prinz“ genoß es.
Und dann räusperte sich der Sultan.
Natürlich – er war die letzte Instanz, er war die entscheidende Kraft, an ihm hing es.

Razul knurrte.
Gut, er hatte nicht damit gerechnet, Mechanikles allein verhören zu dürfen, aber dass nicht nur Aladdin, sondern auch Prinz Doktor und Prinzessin Song ihm bei dem Verhör Gesellschaft leisten durften, war etwas, was ihm weniger behagte. Was wussten diese beiden Hochwohlgeborenen denn über so etwas wie Verhörprotokolle?
Als er die Tür öffnete, ruckte Mechanikles Kopf hoch und er lächelte.
„Soso, Aladdin, Razul und mein Lieblingsrollbraten kommen mich besuchen.”
Zugegeben, es war nicht sonderlich respektvoll, aber Razul konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass Prinz Doktor, in diesem Netz, tatsächlich wie ein Rollbraten ausgesehen hatte. Dennoch, das sagte man nicht. Und er – Razul – würde Mechanikles schon entsprechendes Benehmen einbläuen, wenn man ihn ließe. Hier ging es nicht darum, dass er Prinz Doktor sowieso nicht leiden konnte, hier ging es darum, dass man sich mit jemandem gegenüber, der einen gewissen Stand hatte, einfach nicht so benahm.
Die Ohrfeige, die Razul dem Griechen darauf hin verpasste, ließ den Kopf des Mannes gegen den nächsten Stein knallen.

Neben sich machte Agatha ein „Autsch, das tut ja schon vom Zusehen weh“ und Cal schluckte hart.  Er wusste nicht, ob dieses Erlebnis nun schon drei oder doch eher so anderthalb Tage her war, aber vor seinem inneren Auge blubberte eine Erinnerung hoch.


Doch in dem Moment, in dem er sah, dass Agatha ihn unverständlich anblickte, stellte er fünf Sachen fest – erstens, ein Treffer mit der Faust gegen das Kinn ist eine schmerzhafte Angelegenheit, zweitens ein Treffer mit der Faust gegen das Kinn, durchgeführt von einem extrem wütenden Riesen reicht aus, um einen 75 Kilo-Captain seitwärts gegen eine 65 Kilo-XO zu schleudern, die durch die Wucht gegen eine Wand geschleudert wird, drittens sah Agatha, trotz der Kopfverletzung ziemlich friedlich aus, viertens hatte sie ihn nicht verstanden und fünftens, der grobe Klotz ihn dafür um so mehr.
Schnell wirbelte er herum, hatte seinen Phaser gezogen, ihn aktiviert und fühlte sich bemüßigt, einen weiteren Disneyhelden zu zitieren – oder besser gesagt – ihn an seine Situation anzupassen: „Frei nach Darkwing Duck – siehe Licht, Bösewicht!“
Damit feuerte er, was Kleiderschrank und seine Mannen auf der Stelle erstarren und dann kollabieren ließ.
Erleichtert atmete der Captain aus und eilte dann zu seiner bewusstlosen XO. Er tastete nach ihrem Puls, atmete erleichtert aus, beugte sich vor und tat das, was ein Prinz mit einer Prinzessin tut – er gab ihr einen langen Kuss.


Er wirbelte zu Agatha herum, nahm sie in den Arm und zuckte zurück, als er ihren entsetzten Gesichtsausdruck wahrnahm.
„Was ist?“, fragte er, „Hab ich ne Wespe im Haar?“
„Das nicht, aber was war das gerade?“
Cal schluckte. Er hatte vor seinem inneren Auge gesehen, wie er versehentlich Agatha ausgeknocked hatte und hatte gespürt, wie die Wut in ihm emportgekocht war. Niemand verletzte Agatha und kam damit ungestraft davon.
Niemand – auch kein Typ, der aussah, als wäre er ein Profiwrestler.
„Entschuldigung, Prinzessin Song.“, murmelte er gegen ihre Lippen, „Aber – ich hatte mich gerade daran erinnert, wie dieser Brutalinski hinter mir dich …“
Er schluckte, spürte, wie sie ihn anlächelte und den Kopf schüttelte: „Es ist doch alles in Ordnung gekommen. Und jetzt Augen nach vorne, mein Liebling.“
Der Captain nickte und wandte sich in dem Moment um, in dem Razul die Plakette der DRAGONFLY vor Mechanikles auf den Boden fallen ließ.
„Wo kommt das her?“

Irgendwie erinnerte Cal die gesamte Situation gerade an einen Film. Verdammt, er hatte Tony doch gerade erst einmal ein paar Tage gekannt und schon zuviel Zeit mit ihm verbracht. Der Film, an den den Captain die Situation erinnerte, hieß „The Dark Knight“ und er kam sich gerade so vor, als wäre er Police Comissioner Gordon, der gerade Batman ein Verhör durchführen ließ. Das würde den guten Razul zu Batman und Mechanikles zum Joker werden lassen – eine Charakterisierung, die den Captain nicht sonderlich überraschte.
Mechanikles warf einen abschätzigen Blick auf die DRAGONFLY- Plakette, ehe er mit den Schultern zuckte: „Kenne ich nicht.“
„Es ist aus deinem Skorpion“, erklärte Razul und bohrte seinen Blick in den des Griechen, was dieser durch ein amüsiertes Lächeln quittierte: „Ich bitte dich, Muskelprotz – glaubst Du ernsthaft, ich würde Dir etwas sagen? Ich, Mechanikles, das Genie?“
„Zumindest der Mann mit den wenigsten Minderwertigkeitskomplexen.“, stellte der Captain fest und trat neben Razul.
Mechanikles musterte ihn: „Ja, Rollbraten?“
Cal räusperte sich.
Nein, er würde diesen Köder nicht schlucken, er würde sich nicht provozieren lassen. Also trat er einen Schritt zurück und nickte zum Hauptmann der Wachen herüber: „Bitte, fahr fort.“
Ein grimmiges Nicken seitens Razul, dann wandte sich der muskelbepackte Wächter wieder an den Griechen. „Wie kommt dieses Ding in deinen Skorpion?“
„Ich habe es aus dem Altmetallmüll?“, lächelte Mechanikles dünnlippig. Der Captain gab einen abfälligen Laut von sich: „Klar – besonders weil das Recycling schon erfunden und die Preise für Kupfer so hoch sind, nicht wahr?“
Dann trat er auf den Griechen zu, stieß beide Hände auf den Tisch und funkelte Mechanikles an: „Diese Plakette kommt von einem unserer Schiffe. Ich will wissen, wie, wann und wieso Du in den Besitz dieses Dings gekommen bist.“
Die Antwort Mechanikles bestand aus einem lauten Lachen.
Verblüfft blickte der Captain zu seiner XO und dann zu Razul: :“Weiß einer von euch, warum er lacht?“
TBC
Kapitel 13.5 

Irgendwie war Theti nicht sonderlich wohl zu Mute. Zwar unterhielt sich Prinzessin Jasmin mit ihr und zeigte ihr einige Nettigkeiten des Palastes – beispielsweise das Spielzeugzimmer des Sultans – aber sie konnte sich nicht ganz konzentrieren. Diese komplette Sache kam ihr merkwürdig vor. Agrabah war zwei mal angegriffen worden, den einen Angreifer hatte man verhaftet, die Angreiferin in die Flucht geschlagen. Fall abgeschlossen, Abenteuer vorbei. Oder? Sie konnte sich nicht helfen – es war viel zu einfach. Und „einfach“ ließ ihre Alarmglocken immer klingeln. So wie damals, als man Ratofer - der treuen rechten Hand des Pharaos - nachgesagt hatte, dass es sich bei ihm um einen Verräter handelte. So wie damals, als sie in das Labyrinth des Seth eingedrungen waren, um den goldenen Sarkophag zu finden, in dem Horus eingesperrt worden war. So wie damals, als Papyrus und sie gemeinsam festgelegt hatten, dass sie nicht mehr sein wollten, als gute Freunde – und wie toll das funktioniert hatte, konnte man nun sehen. Seit knapp zwei Jahren waren die Beiden ein Paar – und glücklich obendrein. Natürlich hatte es ein paar Probleme gegeben und Mehren-Re hatte ihr mehr als einmal gedroht, sie zu enterben, aber letzendlich hatte sich das als einfache Besorgnis eines Vaters herausgestellt.
Nun hatte sich also alles wieder zum Guten gewandt. Oder?
Theti war sich nicht sicher, wobei sie sich momentan relativ sicher fühlte.  So sicher, wie im heimischen Palast in Theben.

Theben. Wie gern würde sie dorthin zurückkehren und sagen, dass sie es geschafft hatte, einen Handelsvertrag mit Agrabah zu schließen. Schließlich waren die Güter, die aus dieser Stadt – einer der Prachtvollsten der sieben Wüsten, wenn nicht gar die Prachtvollste – von auserlesener Qualität. Selbst der Transport durch die unwirtliche Umgebung der Wüsten machte den Gütern nichts aus. Vielleicht sollte man ein neues Verb erfinden, um diese Fähigkeit herauszustreichen? Sowas wie „unverwüstlich“, oder so?
Ausserdem hatte Argabah eine der fortschrittlichsten Bibliotheken – weit umfassender, als die des untergegangenen Alexandriens.

Aber sie brauchte den Nil – ihren Strom – die bunten Hütten am alten Markt und die „echte“ Art der Beiden Länder.  Und sie brauchte ihre Freunde. Gut, Papyrus hatte sie immer dabei und er vertrieb ihr die Langeweile, die sie manchmal überkam, so gut es ging. Aber sie vermisste auch Ratofer, den Berater des Pharaos, mit seiner weisen, unendlich gütigen Art, die freche Räuberprinzessin Tiya, mit der sie schon den einen oder anderen – mehr oder weniger spaßig gemeinten – Disput ausgefochten hatte, Imotep, der als Schreiber und Krieger, als Architekt tätig gewesen war und der nun – so wie sie erfahren hatte – ernsthaft darüber nachdachte, ins Hohepriesteramt zu wechseln. Sie konnte es eigentlich nicht fassen. Imotep, einer der lebenslustigsten Männer, den sie kannte, wollte ins Hohepriesteramt wechseln. Ob dies eventuell mit der jungen Frau zu tun hatte, der er auf dem Markt begegnet war und die ihre Absicht, sich als Leibwächterin des Pharaos zu bewerben, deutlich gemacht hatte? Wie hieß sie gleich? Anck-su-namun oder so ähnlich.Interessanterweise hatte sich auch Setos, einer ihrer jüngeren Cousins, am Amt des Pharaos interessiert gezeigt, aber bis er die Staatsgeschäfte leiten konnte, vergingen noch ein paar Jahre.

 „Entschuldigung, was hast Du gerade gesagt?“, wandte sie sich dann an Jasmin, die sie verblüfft anschaute und dann amüsiert lächelte: „Du bist mit deinen Gedanken wohl gerade in Theben?“
War sie tatsächlich so leicht zu durchschauen?
Ein leicht verlegenes Lächeln huschte über ihr schönes Gesicht, als sie sich Jasmin nun komplett zuwandte: „Ich bitte um Entschuldigung, ich bin … ein wenig nervös.“
Die Prinzessin von Agrabah nickte, stand auf und ging zum Balkon ihres Zimmers. Theti folgte ihr, um sich neben ihr auf die marmor-weiße Oberfläche der Balkonbrüstung zu lehnen.
„Ich kann es dir nicht verdenken“, lächelte Jasmin und warf einen Blick auf die Landschaft unter sich, den Park, den man künstlich angelegt hatte, um wenigstens ein bischen Grün in der Wüste zu haben., „Die Sache mit Morgana und mit Mechanikles kann einen ziemlich durcheinanderbringen, nicht wahr?“
„Oh ja“, nickte Theti und wandte sich dann um, sich rückwärts an die Brüstung lehnend: „Aber in Theben ist es auch nicht anders. Papyrus und ich kämpfen regelmäßig gegen eine Gottheit namens Seth, die unser Land vernichten will.“

„Seth?“, fragte Aladdin und brachte sein Schwert in Verteidigungsposition. Es kollidierte mit der Waffe des Ägypters, schlug Funken. Der Mann aus Agrabah stemmte seine Waffe gegen die von Papyrus, stieß sich dann weg, vollführte eine Pirouette und lächelte den Besucher an.
Dieser nickte anerkennend, hob das Schwert an und begab sich in eine Verteidigungsposition. „Dein Angriff, edler Aladdin.“, lächelte er, ehe er mit den Schultern zuckte und dann nickte: „Und ja – Seth. Er will uns vernichten. Warum – das weiß ich auch nicht.“
„Vielleicht können wir helfen?“
Aladdin hob sein Schwert an und stürmte zu einem Angriff los – wobei er ins Leere stieß, als sich Papyrus plötzlich zur Seite warf und den Blick auf eine Säule freigab, mit der der Junge aus Agrabah kollidierte und an ihr herunterrutschte.
„Autsch“ murmelnd richtete er sich auf und fand sich, auf das golden-schimmernde Schwert Papyrus’ blickend, wieder.
„Ergibst Du dich, Diener Seths?“, fragte dieser und Aladdin hob beide Hände: „Ja und ich schwöre auf Ewig Seth ab.“
Damit grinste er, stand auf und legte den Kopf schief: „Wenn ich das richtig sehe, führten wir beide, ehe wir unsere Prinzessinnen trafen, mehr oder weniger das selbe Leben, oder?“
„Mehr oder weniger“, lächelte der Ägypter schräg, „Ich war ein einfacher Fischer, ich habe nie gestohlen.“
„Wenn die Mäuse fehl’n, muss man eben stehl’n“, zuckte Aladdin mit den Schultern, „Ausserdem habe ich diesem Lebensstil schon vor Jahren abgeschworen.“
Papyrus nickte: „Was auf deine Freunde nicht ganz zutrifft, kann das sein? Ich hab deinen Affen gestern dabei erwischt, wie er sich an der Kette Thetis zu schaffen machen wollte.“
Der ehemalige Straßenjunge verschränkte die Arme vor der Brust: „Hey, Abu würde soetwas nie…“
„Tun?“, grinste Papyrus, „Du klingst wie Tiya, die Räuberprinzessin. Sie ist eine gute Freundin von mir und wohnt in einem zerstörten Sphinxkopf mit toller Aussicht auf die Stadt.“
Aladdin seufzte: „Erinnert mich an meine ehemalige ‚Unterkunft’. Ich hatte auch einen tollen Ausblick auf die Stadt, aber…“
„Geschenkt.“
Der Mann aus Theben steckte sein Schwert wieder in die dafür vorgesehene Scheide, die er auf den Rücken gebunden hatte, ehe er sein agrabahnisches Pendant ansah: „Ich wollte dich nur necken. Ich bin sicher, du hast ein entbehrungsreiches Leben geführt und – das verbindet uns.“

Jasmin schaute die thebische Prinzessin an und schmunzelte: „Wie hast Du deinen Mann eigentlich kennengelernt?“
Schulterzuckend blickte Theti sie an: „Nun – so genau weiß ich das gar nicht mehr. Ich erinnere mich daran, dass Aker mir eine Medizin gab, die mich betäubte. Und als ich wieder zu mir kam, hatte Papyrus mich gerettet. Wie war es bei Dir?“
„Ich war auf dem Markt und habe einen Apfel geklaut.“
„Bitte?“
Theti verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihre Amtskollegin spöttisch-amüsiert an: „Prinzessin Jasmin von Agrabah muss stehlen?“
„Wenn die Mäuse fehl’n, muss man eben stehl’n.“, zuckte die Frau mit den Schultern und blickte Theti dann an: „Ausserdem wusste ich nicht, dass ich stahl. Ein kleines Kind wollte einen Apfel haben und ich habe – in einem Anfall von Naivität – diesen Apfel genommen und ihm dem Jungen gegeben. Dass der Apfelverkäufer damit nicht ganz einverstanden war, dürfte klar sein. Und da ist dann Aladdin eingesprungen, hat mich als seine schwachsinnige Schwester ausgegeben und – naja - ich hab mitgespielt. Es war schon ein sehr interessanter Tag.“
„Das glaube ich dir.“, grinste Theti und schüttelte den Kopf: „Du machst ja Sachen.“
„Hey, ich bin damals aus dem Palast abgehauen, weil ich es nicht ertragen konnte, dass alle Entscheidungen für mich getroffen wurden. Ich dachte, ausserhalb des Palastes ist die Welt anders. Wie anders konnte ich damals ja nicht ahnen.“
Sie lächelte eine Spur melancholisch. Es waren tatsächlich etliche Sachen passiert, die ihr zeigten, wie das Leben in dieser Welt, abseits des Palastes, war und dennoch – sie war viel zu freigeistig, um sich in diesen strikten Regeln des Palastlebens zu ergeben.
Kurz schossen ihr die Ereignisse der letzten Tage durch den Kopf und sie konnte nun, ein wenig abseits des Protokolles, nicht anders, als festzuhalten, dass diese Situationen mal wieder komplett nach ihrem Geschmack waren. Sie liebte es, wenn es ein wenig chaotischer war, wenngleich ihr die „Gefahr für Leib und Leben“ nicht ganz behagte. Aber hin und wieder ein kleines Abenteuer erleben, eine kleine Eskapade, das hielt den Geist wach. Und nicht umsonst beinhaltete das Wort „Eskapade“ das Wort „Escape“ – also Flucht. Sie grinste. Des Genies Wörterbuch sei dank.

„Das Leben in der ‚Realität’ ist wirklich ein wenig anders, nicht wahr?“, riss sie Thetis sanfte Stimme aus den Gedanken und sie konnte nicht anders, als Nicken. Stimmt. Ausserhalb der Palastmauern war das Leben damals ein Kampf gewesen – ein Kampf ums Überleben. Und so sehr sich die Situation auch gebessert hatte, so sehr war sie auch beim Alten geblieben. Wenn sie – Jasmin – wüsste, dass in knapp 7000 Jahren jemand singen würde „The more things change, the more they stay the same“, sie würde diesen Satz einfach nur unterschreiben.

„Ich glaube, das gilt auch für eure Bösewichte“, erklang die Stimme Prinzessin Songs von der Tür. Sie taumelte auf den Balkon, hielt sich mit einer Hand ein Auge und stützte mit der anderen Hand einen ziemlich ramponiert aussehenden Prinz Doktor.
Kurzzeitig huschte so etwas wie Panik durch Jasmins Körper, sie konnte sich ein entsetztes Aufkeuchen nicht verkneifen, ehe sie die Arme vor der Brust verschränkte und den Kopf schüttelte: „Mit wem habt ihr euch diesmal angelegt?“

Jasmin hatte schon etliche Male Aladdin verarztet. Der Mann ertrug es mit stoischer Gelassenheit und machte aus seinen Verletzungen keine große Sache. Prinz Doktor allerdings war von einem vollkommen anderen Schlag. Als sie einen kühlen Lappen auf sein blaues Auge legte, reagierte er mit einem Geräusch, das nach einer Mischung aus Zischen und Stöhnen klang. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich dann zu Agatha, die neben Cal auf dem Bett der Prinzessin lag und den kühlenden Lappen mit einem dankbaren Seufzen entgegennahm.
Dann wandte sich Jasmin den blauen Flecken an Prinzessin Songs Bauch zu.
„Wie ist das passiert?“
„Dein Razul ist durchgeknallt.“, sagte der Prinz, rappelte sich in die Sitzende und wurde sofort von Theti wieder ins Bett gedrückt, was sie mit einem „Liegenbleiben“ kommentierte.
Der Prinz blickte zu Theti, gab ein protestierendes „AU!“ von sich und murmelte „Deine Krankenmanieren sind auch nicht ganz astrein“, ehe sich Prinzessin Song ihm zuwandte und ihm etwas ins Ohr flüsterte.
Prinz Doktor schaute sie an, dann erschlaffte er.
So etwas hatte die Prinzessin noch nicht gesehen, rieb sich verwundert über die Augen und schaute Song dann an: „Was war das?“
„Sagen wir einfach, ich habe ihn gerade ein wenig verzaubert.“
Sprachs und beugte sich vor, um die blauen Flecken zu begutachten.
„Sieht schmerzvoll aus.“, murmelte sie, tastete danach und sog dann kurz die Luft ein, ehe sie sich mit einem „Japp und tut weh“ zurück ins Bett sinken ließ.
Jasmin konnte sich nicht helfen, in ihr kam sowas wie „Schwesterlichkeit“ empor. Sanft griff sie nach Prinzessin Songs Hand und lächelte sie an: „Wir kriegen dich wieder hin.“
Damit legte sie die Hand der Prinzessin in die des bewusstlosen Prinzen neben ihr und nickte mit dem Kopf Richtung Theti, die nickte.

Wenn Razul wirklich ‚durchgeknallt’ war – um einen Ausdruck des Prinzen Doktors zu gebrauchen – dann war die Situation mehr als nur verzweifelt. Der Hauptmann der Wachen kannte jede Ecke des Palastes, wusste, wie das Muster aussah, nach dem die Wachen Partrouille liefen – kein Wunder, es waren ja seine eigenen Männer – und er wusste, wie man schnell und effizient an den Sultan gelangen konnte. Jasmins Füße hämmerten über den Boden, als sie sich beeilte, den Thronsaal zu erreichen.
Sie musste schneller als Razul sein, schluckte hart, als sie in Sichtweite der Tür kam und die Wachen sah, die dort Position bezogen und beschleunigte ihre Schritte. Die Wachen mussten sie durchlassen, sie war die Tochter des Sultans und sie würde verdammt sein, wenn sie nicht durchkam.
„Lasst mich durch“, keuchte sie, näherkommend und lächelte, als die Wachen genau das taten. Sie kam in den Thronsaal, schlidderte auf den Sultan zu und blieb stehen.
Der kleinwüchsige Mann blickte auf, runzelte die Stirn und schaute sie fragend an: „Was ist los, Jasmin?“
„Razul“, keuchte sie, „Er… er ist…“
Weiter kam sie nicht, da sie in diesem Moment die mächtige Pranke des Hauptmanns der Wachen auf ihrer Schulter spürte: „Was ist mit mir?“
Jasmin fürchtete, sich eine Milisekunde des Entsetzens nicht verkneifen zu können, ehe sie sich an den Muskelprotz und elendigen Verräter wandte: „… immer ein bischen zu spät dran.“
Sie schluckte und hoffte, dass der Mann ihr diese Einleitung glauben würde. Kurz bemerkte sie, wie er sie forschend anblickte, eine Handlung, die sie ihm gleichtat. Sie konnte in seinen Augen keine Spur von irgendeiner Besessenheit erkennen – also fragte sie sich, warum Prinz Doktor und Prinzessin Song gesagt hatten, dass er – Razul – durchgedreht war.
Doch ihr Vater wusste von all diesen Ereignissen nichts, lächelte ihr und Razul zu und wandte sich dann wieder zu seinem Spielzeug um.
„Prinzessin Jasmin, kann ich Sie kurz sprechen?“

Der Kopf Jasmins ruckte zu Razul herum. Moment, was war das? Sie hatte schon oft genug in solchen Situationen gesteckt, um zu wissen, dass er sie jetzt vermutlich fangen und umdrehen wollte, sodass sie auf seiner Seite stand.
Aber wie kam sie aus der Nummer wieder heraus?
Schnell blickte sie sich um, doch sie fand keine Möglichkeit sich der Sache zu entziehen. Also nickte sie: „Natürlich, worum geht es denn?“
„Vielleicht sollten wir dies draußen besprechen?“
Jasmin schluckte, folgte dem Hauptmann und hoffte, dass sie eine Möglichkeit fand. Warum hatte sie Theti bei Doktor und River gelassen? Und kaum, dass Razul die Tür hinter sich schloss, wusste sie, dass es keine Möglichkeit gab, ihm zu entkommen. Keine, ausser einer.
Sie wirbelte herum, trat Razul dorthin, wo es am Meisten schmerzte – „Danke, Prinz Doktor“, grinste sie – und eilte los. Sie kam keine zwei Meter weit, wurde niedergeworfen von Hakim und Karif und in die Stehende gebracht. Razul kam auf sie zu, keuchte schmerzerfüllt und sie sah sich schon, wie er ihr eine Ohrfeige verpassen würde, die sie vermutlich in die dunklen Schleier der Ohnmacht riss.

Oder?
to be continued

Kapitel 14 Kapitalflucht

Kapitel 14.1


Aladdin hatte die Schreie gehört und machte sich auf den Weg. Jasmin – seine Jasmin – in Schwierigkeiten? Er würde nicht zulassen, dass ihr hier etwas geschähe. Also eilte er mit gezücktem Schwert auf die Quelle der Schreie zu und sah, wie Hakim und Karif die Prinzessin festhielten, die sich in ihren harten Griffen wandt und Razul auf sie zukam.
Er musste gar nicht großartig überlegen, wollte sich schon auf den Riesen werfen, als er hörte, was selbiger sagte: „Prinzessin, was stimmt mit ihnen nicht?“

„Prinzessin, was stimmt mit Ihnen nicht?“
Verblüfft hob Jasmin ihren Blick, den sie in Erwartung der, ihr alle Sinne nehmenden Ohrfeige, gesenkt hatte und schaute den Mann, der diese Worte gesprochen hatte, verblüfft an. Razul klang weniger wie ein Schurke, der seine Rolle spielte und Besorgnis vortäuschte – wie es damals Jaffar getan hatte – sondern tatsächlich so, als würde er sich um sie sorgen.

Konnte es sein, dass ihre Gäste, Prinz Doktor und Prinzessin Song gelogen hatten? Warum nicht? Die Möglichkeit bestand. Zwar würde sie es den Beiden niemals zutrauen, aber sie durfte nicht ausser Acht lassen, dass beinahe Jeder irgendwann in seinem Leben log. Die Frage, die sich dann stellte, war allerdings: „Warum?“
Warum sollte das Prinzenpaar sie anlügen? Welche Ziele hätten sie? Vielleicht … vielleicht hatten sie vor, zusammen mit Mechanikles und Morgana Agrabah zu übernehmen? Irgendwie konnte sie sich genau das nicht vorstellen. Schließlich war Prinz Doktor selbst unter den Zauber von Morgana geraten. Und einen Angriff durch Mechanikles hatten sie mitgeholfen, zu verhindern. War es daher nicht unlogisch, ihnen in dieser Hinsicht zu mißtrauen?

Und wenn Razul nur den Ahnungslosen spielte? Diese Möglichkeit musste sie auch in Betracht ziehen. Obwohl sie ihm genau das nicht zutrauen würde, flüsterte ihr eine kleine, innere Stimme Zweifel zu und sie musste der Stimme recht geben.  Schließlich hatte sie Razul ja mehrfach ausser Augen lassen müssen – und so wäre es möglich, dass für ihn das galt, was sie gerade noch dem Prinzen Doktor angedichtet hatte, unter den Zauber von Morgana gefallen zu sein.
„Razul?“, hörte sie die überraschte Stimme Aladdins, der auf sie zutrat und ihr einen besorgten Blick schenkte. Sie schüttelte sanft den Kopf, Zeichen dafür, dass ihr nichts passiert war und wandte sich dann wieder dem Hauptmann der Wachen zu, ehe sie ihren beiden Häschern einen Blick schenkte und ein „Lasst mich los“ zischte – oder  zischen wollte, denn in diesem Moment erstrahlten die beiden Wachen in einem roten Schein und fielen – steif wie zwei Bretter – nach vorne. Und in einem Anflug einer Ahnung, was da gerade geschah, warf sich Jasmin zu Boden. Keine Sekunde zu früh, denn sie spürte, wie etwas über ihren Körper raste, hörte ein lautes Zischen und dann einen überraschten Aufschrei von Razul. Dieser fiel dort, wo er stand, in sich zusammen.

Die Prinzessin warf einen Blick über ihren Rücken, musste kurz den Kopf schütteln, damit ihr schweres, dunkles Haar nicht im Weg war, und sah dann die Ursache des Kollapses. In geduckter Haltung, mit dem merkwürdigen Gegenstand in der Hand, mit dem er schon auf den Skorpion geschossen hatte, stand dort Prinz Doktor und gab nun seine Haltung auf. Er richtete sich zur vollen Größe auf, lockerte einmal seine Schultern und steckte den Gegenstand weg, ehe er auf Jasmin und Aladdin zutrat, beide mit einem „Na, alles klar?“ anlächelnd.
„Danke, uns geht es gut.“, lächelte die hübsche Prinzessin und richtete sich auf, als Doktor und Aladdin auf sie zutraten und ihr die Hand reichten. Dies mit einem weiteren „Danke“ und einem Lächeln quittierend, umarmete sie dann Aladdin und warf dann einen Blick auf die Männer, die am Boden lagen.
Prinz Doktor schaute kurz zu ihr, schenkte ihr ein amüsiertes Lächeln und schüttelte den Kopf: „Keine Sorge, sie sind alle drei nur betäubt. Als ob ich eure drei Top-Guys komplett umlegen würde.“
Damit ging er neben Hakim in die Knie, tastete nach seinem Puls und nickte. „Japp, einfach nur ausgeknocked.“
„Und was sollte dieser Auftritt?“
Diese Frage brodelte in Jasmin, schon seit der Prinz die drei Herren schlafen geschickt hatte. Sie stemmte die Hände in die Hüften, betrachtete den Prinzen von oben bis unten und schüttelte mißbilligend den Kopf: „Du hättest ja auch einen Ton sagen können.“
„Mhm“, nickte der Angesprochene, „Klar – damit Omar Sharif hier“ – er nickte zu Haikim- „sein Pittermesser zieht und es Dir an den Hals hält und dann einen Spruch á la „Wenn Du näherkommst, ist sie tot“ absondert?“
Erneut schüttelte der Prinz den Kopf: „Nee, nee – soweit kommt das noch.“
Sprachs und hob plötzlich die Hände.
„Und nun wirf die Waffe weg.“, hörte Jasmin die Stimme der Prinzessin Song hinter Prinz Doktor und trat einen Schritt zur Seite, um besser sehen zu können, was da vor sich ging. Tatsächlich. Auch die Frau, die sich ihr gegenüber als Agatha Silverbird vorgestellt hatte, besaß einen solchen magischen Gegenstand und presste ihn nun dem Prinzen Doktor in den Rücken. Sie konnte sehen, wie der Mann bleich wurde.

„Sch… Sch… Schatz?“
Cal konnte spüren, wie seine Stimme mehrere Oktaven nach oben kletterte, ein Fakt, für den er sie verdammte. Weiterhin verdammte er sich selbst dafür, sich nicht daran erinnern zu können, was geschehen war, nachdem sie die Arrestzelle, in der Mechanikles saß, betreten hatten – oder besser: nachdem er dem Griechen auf den Kopf zugesagt hatte, dass er wissen wollte, woher dieser die Plakette der DRAGONFLY hatte. Danach war er wohl ohnmächtig geworden und kam erst wieder zu sich, als er zusammen mit Agatha im Bett lag – und zwar nicht in seinem.


Die Augen aufgeschlagen konnte er nicht ganz glauben, wo er war. Das Bett, in dem er lag, war definitiv nicht das, in dem er die letzten beiden Tage aufgewacht und die gesamte Situation immer mal wieder als ‚Verrückten Traum, aber ich spiel dennoch mit’ abgetan hatte. Gerade er, der schon mit SG-1, Zylonen und Borg gekämpft hatte, erachtete eine Reise um knappe 7400 Jahre in die Vergangenheit für unrealistisch. Tse. Wie würde E-Rod sagen? „Wrap your head around that.“

Aber jedes Mal, wenn er wieder in Agrabah zu sich kam, warf er einen Blick auf seine zauberhafte Begleitung, sah, wie selbstverständlich sie mit der Umgebung umging und interagierte und stellte jedes mal fest „Ach, leck mich doch, ich spiel halt mit.“
So auch jetzt. Er spürte die Schwere der XO neben sich und hoffte, dass sie niemals erfahren würde, dass er in diesem Moment ihr zierliches Gewicht von 65 Kilo als „schwer“ bezeichnet hätte. Und ein Blick auf ihre mehr als offenherzige Kleidung bestätigte ihn darin – nein, schwer war sie nun wirklich nicht.

Sein Blick wanderte über ihren Oberkörper – die schönen Brüste und den flachen Bauch, hinunter über die langen Beine und er gönnte sich diesen einen Moment der wirklich primitiven Gedanken, ehe er den Kopf schüttelte. Nein, dies war immer noch keine NC-17 Fanfiction und selbst wenn, er würde eine schlafende Agatha garantiert nicht dadurch wecken, dass er sich auf sie legte. Einmal hatte er dies getan und hatte festgestellt, dass die Reflexe der XO verdammt schnell waren – genau so wie ihr Knie an einer für ihn sehr schmerzhaften Stelle.

So blickte er sich um, suchte nach etwas, mit dem er seine Freundin wecken konnte, ohne unromantisch zu sein und ihr einfach ein „MORGEN“ ins Ohr zu brüllen. Und ausserdem – wenn es eine rothaarige Frau mit Modelmaßen bei ihm aushielt, wollte er ihr dafür auch mehr als nur einen Grund geben.

Von draußen flatterte ein Papagei herein und blickte ihn an.
„Du bist nicht Aladdin“, stellte der Vogel überflüssigerweise fest, „Also schwirr ab, ehe ich die Palastwachen rufe.“
Das war ja wohl die Krönung. Drohte dieser komische Vogel ihm gerade?
Cal erhob sich, stellte fest, dass die Kleidung, die er trug, ein wenig verrutscht war, knüpfte seine Weste zu und trat auf den Vogel zu.
„Hallo“, lächelte er und legte den Kopf schief: „Hast Du ’N Namen?“
Nachdenklich schien das Tier ihn zu betrachten und der Captain konnte innerlich über die These mancher Menschen, dass Tiere keine Seele hätten, nur den Kopf schütteln. Wenn dieser Vogel keine Seele hatte, was dann?
„Mein Name ist Iago.“, sagte der Papagei und flatterte aufs Bett, „Und ich muss schon sagen, Du hast einen guten Geschmack was Frauen betrifft. Aber… mal ehrlich – hier in Prinzessin Jasmins Zimmer?“
Okay – Iago war anscheinend sehr frech. Kurz überlegte der Captain, wie er mit diesem Tier klarkommen sollte und entschloss sich, sehr zu seiner eigenen Überraschung, dazu, eine diplomatische Lösung zu wählen.
„Die Prinzessin hat uns hier reingelassen“, sagte er, was dem Vogel ein lautes „Klaaaaar“ entlockte. Cal merkte, wie ein leichtes, amüsiertes Zucken seine Mundwinkel erfasste und strich sich leicht über einen nicht-vorhandenen Bart, um dieses Zucken zu kaschieren.
Dann trat er auf den Vogel zu, setzte sich aufs Bett und lächelte: „Du kannst mir übrigens einen Gefallen tun, Iago.“
„Einen Gefallen?“, echote der Papagei mißtrauisch und verengte seine Augen zu Schlitzen, „Welchen Gefallen?“
„Oder besser: Ein Opfer.“, grinste Cal und gab sein Bestes, so diabolisch wie möglich dreinzublicken – zwischendurch gab es einfach nichts Besseres, um sich eine gute Laune zu verschaffen, als sich mit…
Damit griff er nach dem Vogel – und zog.

Die Feder machte ihren Weg über die durchtrainierten Bauchmuskeln der XO, als Cal seinen Blick zum Papagei schweifen ließ, der sich immer noch über die Behandlung monierte.
„Mir einfach so die Schwanzfedern herauszureißen. Ich werde mich bei Jasmin über dich beschweren. Jawohl!“
„Eine“, korrigierte der Captain, „EINE Schwanzfeder – und Du hast ein gutes Werk getan.“
Tatsächlich. Die Bauchmuskeln Agathas zuckten und sie schlug die Augen auf – was den Papagei zu einem Schrei und zum Wegflattern animierte.
Cal blickte dem Vogel hinterher und schüttelte den Kopf: „Ein Komischer Kauz.“
„Eigentlich ist das ein Papagei“, grinste seine Freundin und fing seinen Kopf mit beiden Händen ein, um ihm einen Kuss zu geben: „Danke übrigens für das Aufwecken.“
Er löste sich, ließ sanft eine Hand über ihren Arm gleiten und schaute sie an: „Immer gerne, immer gerne. Dafür bin ich doch da.“
Sprachs und nahm sie in die Arme, um mit ihr zusammen ins Bett zu sinken.
„Uhhh, Cal“, grinste die XO, „Was hast Du vor?“
„Der Papagei hat mich gerade auf eine Idee gebracht“, murmelte der Captain und küsste sie auf den Mund. Seine Hand glitt über ihren Rücken, zu den langen, dichten, roten Haaren und glitten zu den Haarwurzeln.
„Sag mal, was ist eigentlich mit uns passiert?“
Die Frage, die da plötzlich in Cals Kopf aufpoppte, war eigentlich berechtigt und er wandte seine Aufmerksamkeit kurz nicht dem halbnackten, auf sich liegenden Körper zu, sondern der berechtigten Frage.
„Nun“, setzte er an, sich selbst zu antworten, „Wir sind… wir… wir sind…“
Agatha küsste sie ihn, ließ ihre Hände über seinen Oberkörper gleiten.
„Wenn Du mich weiter küsst, kann ich mich nicht konzentrieren.“, murmelte der Captain gegen ihre Lippen. Sie lächelte – wild, verführerisch, schön – und hauchte: „Vergiss die Frage doch einfach.“
„Man könnte meinen, du wärest nicht du.“, stellte der Captain fest. Kurz pausierten Beide.
Und Cal merkte, wie sein Herz immer schneller schlug – und das nicht wegen der erotisierenden Nähe seiner XO, sondern ob des Faktes, dass sie ihn nur ausdruckslos anstarrte. Langsam versuchte er, unter ihr herauszurutschen und zuckte erschrocken zusammen, als sich dieser atemberaubende Körper verformte – in einen, mit nich minder atemberaubenden Proportionen gesegneten, weiblichen Körper, der allerdings einen Katzenkopf aufwies.
„M… Morgana?“, schluckte Cal und sie lachte: „Ja, Captain. Übrigens – nett, wie Du mit Mechanikles umgegangen bist und wie Du dich mit Razul angelegt hast.
Der Captain schrie entsetzt auf, nahm all seine Kraft zusammen, um die Katzengöttin von sich zu stoßen und eilte los. Wo war Agatha?


Er hatte sich auf die Suche nach seiner XO begeben und gemerkt, dass Jasmin offenbar gerade von Razul, Hakim und wie auch immer der andere Wächter hieß, abgeführt werden sollte. Da sollte es doch mit dem Gehörnten zugehen, wenn Cal da nicht helfen konnte. Was lag also näher, als die drei Auf-Kravall-Gebürsteten mit einem gezielten Phaserstoß auszuschalten?
Doch als er nun den Phaser in seinem Rücken spürte und die sanfte Stimme seiner XO hörte, schossen ihm einige zweifelnde Gedanken durch den Kopf.
„Sch… Sch… Schatz?“, stammelte er und war versucht, kurz einen Blick über seine Schulter zu werfen, doch der Druck des Phasers in seinem Rücken überzeugte ihn davon, dass dies eine mehr als nur dumme Idee war und das laute „Halt den Mund“, das Agatha beinahe schrie ließ ihn dann tatsächlich für ein paar Sekunden daran zweifeln, ob sie ihm nicht sofort einen Schuss verpassen würde. Und ein Phaser – selbst, wenn er auf „leichte Betäubung“ eingestellt ist – kann aus nächster Nähe extrem unschöne Konsequenzen für den Angeschossenen bringen.
Er schluckte, schaute hilfesuchend zu Jasmin und Aladdin, die jedoch ebenso erschrocken und geschockt dreinblickten, wie er es vermutlich tat.

“Cal, ich werde dich jetzt ganz deutlich fragen.“ , hörte er die Stimme seiner XO und schluckte. Deutsch? Jetzt sprach sie Ruhrdeutsch mit ihm?
”Warum hast Du mich gerade betäubt”?
Die Verwirrung, die nicht nur Aladdin und Jasmin befallen hatte, als Agatha in die Sprache ausbrach, die für sie eine Art unverständliches Kauderwelsch sein musste, erfasste auch ihn. Nicht so sehr wegen des Kauderwelsch-Faktes, sondern wegen dem, was Agatha gesagt hatte.
Er stockte und wandte sich zu ihr: „Ich hab dich betäubt?
Sie nickte. “Ja.“
Und dann begann sie, zu erzählen.


TBC

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Kapitel 14.2


„Weiß einer von euch, warum er lacht?“

Irgendwie war die Frage Cals zu diesem Zeitpunkt zwar berechtigt, aber Agatha hatte keinen großartigen Gedanken daran verschwendet. Immerhin war er ein Filmbösewicht und vermutlich war es von ihnen vertraglich verlangt, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit in ein schallendes Gelächter auszubrechen. Besonders, wenn es Mechanikles war, der ja in den Episoden – die offenbar auf realen Begebenheiten fußten – immer mal wieder in selbiges ausbrach.
Sie seufzte und blickte ihren Kommandanten an.
„Ich glaube“, versuchte sie ihre Gedanken, die sie gerade gefasst hatte, entsprechend zu verbalisieren, „der is eigentlich immer so.“
„Huhuhu, ohhh, da irrst Du dich aber.“, lachte es von griechischer Seite her und die XO blickte ihn verblüfft an, als er sie angrinste: „Ich hab überall meine Leute.“
Damit wandte er sich an Aladdin, der die ganze Zeit über still in der Ecke gestanden hatte.
„Nicht wahr?“
Und plötzlich klingelten Agatha Silverbirds Alarmglocken. Sie wusste nicht wieso, sie hatte nur das Gefühl, eine ähnliche Szene schon einmal erlebt zu haben. Aber woher? Irgendwie kam ihr der richtige Bezug nicht ganz in den Sinn, aber sie war sich sicher – sie hatte so eine ähnliche Szene schon einmal entweder erlebt, gehört oder gesehen.
Und als sich dann Aladdin mit einem Grinsen an Razul wandte, schrieen ihr sämtliche Schutzheilige Erster Offiziere, die man auftreiben konnte, in die Ohren, dass die Sache sehr unschön enden konnte.
Dessen war sie sich spätestens zu dem Zeitpunkt sicher, an dem Razul in die Knie ging, nachdem Aladdin ihm einen Schlag in den Magen verpasst hatte.
Nun wusste sie auch wieder, woher sie diese Szene kannte – sie hatte sie in „Ein Quantum Trost“ gesehen und riss ihren Phaser aus dem Halfter. Cal war währenddessen auf den Beinen, warf sich auf Aladdin, doch der Mann aus Agrabah machte mit dem Captain aus England einen kurzen und beinahe schmerzlosen Prozess, in dem er ihm erst einen Kinnhaken verpasste, dann beide Hände gegen seinen Hals rammte und die zusammensinkende Gestalt dann mit einem Fußtritt nach hinten taumeln ließ.
Als das Schussfeld endlich frei war, schrie die XO den Namen des Mannes.
„ALADDIN!“
Diese Stimme war zwar die ihre, aber sie war durch Panik so verfremdet, dass sie sie nicht wieder erkannte.
Verblüfft wandte sich der Abenteurer und Nun-mehr-oder-weniger-Prinz ihr zu und bedachte sie mit einem ironischen Lächeln, ehe er auf die Waffe in ihrer Hand schielte: „Vorsicht, damit könntest Du jemandem ein Auge ausschießen.“
„Komm mir zu Nahe und ich schieß dir ein Auge aus.“, zischte die XO, stellte ihren Phaser auf Betäubung und nahm Ziel.
Sie musste nur genau treffen – und hier gestaltete sich ein Problem. In der Beziehung Cal-Agatha war letztere die Überlegende, die Ruhige, die Moderierende, die sich zwar auch ihrer Haut gut erwehren konnte – aber wenn es ums Schießen ging, war Cal der Bessere von Beiden. Zwar schoss sie jetzt nicht Kilometer weit daneben, wenn es darauf ankam, aber ihre Trefferquote war nicht annähernd so beeindruckend wie die des Captains. Jenes Offizieres, der da gerade halbbewusstlos am Boden lag und gerade erst wieder zu sich kam.

Doch als sich Aladdin auf sie zubewegte, sah sie rot. Ihr Finger krümmte sich um den Abzug, die Waffe entlud sich in die Brust des Abenteurers – und raste hindurch. Die Reaktion Aladdins bestand in einem kurzen, überraschten Blick auf seine Brust, ehe er lächelte, seine Hand nach ihr ausstreckte und – sie wusste nicht mehr so genau, was dann passiert war, nur, dass sie sich am Boden wiederfand.

Cal, der neben ihr kniete, schüttelte den Kopf, so als müsse er gegen irgendetwas ankämpfen, dann lächelte er, packte sie und verpasste ihr einen Schlag auf den Kopf. Dunkelheit wogte heran.


Verblüfft blickten sich Cal und Aladdin an.
„Das war ich nicht.“, schüttelte der junge, agrabahnische Abenteurer den Kopf und der Captain zuckte mit den Schultern: „Ich kann mich an diese Begebenheit mal so gar nicht erinnern.“
Damit wandte er sich um, schluckte, als Agatha ihren Phaser anhob und die Mündung auf sein Gesicht deutete und hob gehorsam die Hände.
„Schatz, ich – ich wüsste nicht, dass ich dir eine verpasst habe. Im Gegenteil, als wir beide in Prinzessin Jasmins Bett zu uns kamen…“
Er stockte, legte den Kopf, seinen eigenen Worten lauschend, schief und schüttelte dann die Denkstube: „Nee, das klingt irgendwie… komisch. Also, Ich meine, als ich wach wurde, in Prinzessin Jasmins Bett liegend…“
Erneut unterbrach sich der Kommandant, blickte über seine Schulter die Thronerbin an und kratzte sich am Kopf.
Ja, wie sagte er es am Besten? Das war ja sowieso immer wieder eine der besten Fragen, die man stellen konnte: „Wie sag ichs meinem Kinde?“
Vielleicht konnte Jasmin ihm ja helfen?
Doch sein hilfesuchender Blick schien nicht wirklich zu fruchten, denn die Prinzessin blickte ihn genau so ratlos an, ehe sie sich an Agatha wandte: „Ihr Beide, Du und Prinz Doktor, seit in mein Zimmer gekommen und der Prinz war sofort kollabiert. Ich habe euch dann mein Bett zum Ausruhen angeboten und habe anschließend erfahren, dass Razul euch so zugerichtet habe. Also bin ich zum Thronsaal gekommen, um Vater vor dem Hauptmann zu warnen.“
Damit wandte sie sich an Cal: „Aber er schien nicht so bösartig, wie Du gesagt hast, bis ich fliehen wollte.“
„Wat, wie, wer?“
Der Captain blickte die Prinzessin verblüfft an und deutete auf sich: „Ich? Ich weiß noch nicht mal, was passiert ist, nachdem ich in den Kerker gegangen bin.“
Damit stockte er und blickte verblüfft in die Runde: „Moment mal.“
Dann trat er auf Agatha zu.
„Du sagtest“, schaute er ihr tief in die Augen, „dass Aladdin uns angegriffen hatte?“
„Ja.“, nickte die XO, was durch ein „Moment mal, alles Lüge“, seitens des Abenteurers abgebrochen wurde, „Ich war mit Papyrus im Nebensaal und habe eine Fechtstunde gehabt.“
Cal drehte sich zu ihm um und kam auf ihn zu: „Und ich bin sicher, Papyrus kann das bezeugen?“
„Natürlich. Wir haben uns über allerlei Mögliches unterhalten. Über die Sache mit Seth, beispielsweise, der dauernd versucht, Theben zu übernehmen.“
In Cals Hinterkopf klingelte ein Alarmglöckchen. Seth? Aber war dieser nicht…
Er stockte und schüttelte den Kopf. Dafür war jetzt einfach keine Zeit.
„Am Geschicktesten wäre natürlich“, sagte er dann und nickte in Richtung des bewusstlosen Riesen Razul, „wir würden warten , bis dieser wieder zu sich kommt.“
„Das halte ich jetzt für keine allzu clevere Idee.“, merkte Agatha an und Cal hob die Augenbrauen: „Warum nicht?“
„Vielleicht weil er sauer sein könnte, dass Du auf ihn geschossen hast?“; schlug Jasmin vor und grinste: „Das heißt, du hast ihn schon zwei Mal von den Beinen geholt.“
„Echt?“
Der Captain legte kurz, grübelnd, den Kopf schief, ehe er ihn erneut schüttelte und sich an Agatha wandte: „Okay, entweder lügst Du oder aber er lügt.“
Damit deutete er über den Rücken auf Aladdin, ehe er beide Hände hob und von XO zu Abenteurer blickte: „Ich weiß ich weiß – ihr würdet sowas nie machen. Das Problem ist, entweder lügt einer von euch oder hier gehen Sachen vor, die ich nicht ganz verstehe.“
Das leise „Als ob die Sache besser wäre, wenn Du es verstehen würdest“ von Agatha überhörte der Captain dann wohlweißlich, ehe er sich auf den Boden setzte.
Sachte massierte er seine Schläfen und murmelte ein: „Ich krieg Hirnverstopfung.“


To be continued

Kapitel 14.3

„Er kann einem schon Leid tun“, stellte Jasmin fest, als sie den Mann, den sie als Prinz Doktor von Fiktivistien kennen gelernt hatte, auf dem Boden sitzen und sich die Schläfen massieren sah. Aber die Sache war auch nicht einfach. Log hier einer oder logen hier alle? Konnte sie sich überhaupt vorstellen, dass ihr Aladdin sie belügen würde? Nicht, dass er es nicht schon einmal getan hätte. Allein ihr Aufeinandertreffen – ihr zweites Aufeinandertreffen, wie sie sich im Geiste korrigierte -  basierte auf einer Lüge. Damals hatte sich Aladdin als „Prinz Ali A Babwa“ ausgegeben, um ein würdiger Kandidat zu sein, um ihre Hand anzuhalten. Diese Charade hatte er nicht nur ihrem Vater, sondern auch ihr Gegenüber bis beinahe zum bitteren Ende, vorgespielt, solange bis Jaffar sie beendet hatte. Noch heute hatte sie das Lied im Ohr.
„Prinz Ali hatte noch nie die besten Manieren – erkennt Ihr denn nicht die Parodie?“
Und für einen Bruchteil einer Sekunde war sie tatsächlich geneigt, ihm diese Tat ernsthaft übel zu nehmen, aber bevor es dazu kommen konnte, wurde er von einem, nun mit allmächtigen Kräften ausgestatteten Großwesir Jaffar „ins Exil“ geschickt. Es ist eigentlich überflüssig zu erwähnen, wie die Sache ausgegangen war.

Und dennoch – Aladdin hatte es manchmal nicht so wirklich mit der Wahrheit. Sei es, weil er im schlimmsten Fall lediglich sich selbst, im Besten Fall alle anderen Involvierten, schützen will und er es manchmal wider besseres Wissen tut – oder aber dass er es selbst nicht besser weiß.  Aber Aladdin zu unterstellen, dass er erst Razul angriff und eigentlich nur einen gezielten Schlag brauchte, um den Riesen zu Boden zu schicken, Prinz Doktor niederzuschlagen und dann auch noch Prinzessin Song zu attackieren – das erschien ihr irgendwie unglaubwürdig.

Zugegeben, manchmal log Aladdin, aber er würde niemals Razul ohne Grund angreifen.
Und doch konnte sie sich ein „Würde er doch nicht – oder?“ in Gedanken nicht verkneifen und nicht verhindern, dass sie einen mißtrauischen Seitenblick auf den Mann warf, der neben ihr stand und Prinzessin Song aus weit-aufgerissenen braunen Augen, die ins Schwarze changierten, fassungslos anblickte. Fragte er sich gerade, was er Prinzessin Song getan hatte, das er ein solches Mißtrauen von ihr verdiente – oder wie sie es wagen konnte, ihn vor Jasmin bloß zu stellen – oder fragte er sich, wie er seine schändliche Tat so darstellen konnte, dass er sich aus sämtlichen Schwierigkeiten herauslavierte ?

Jasmin wusste es nicht, sie wusste nur, dass sie ihrem Prinzen eigentlich und vollkommen traute. Und in ihrem Kopf, in ihren Gedanken, formte sich eine Art Idee. Vielleicht war es der Weltgrößte Strohhalm, den sie je gesehen hatte, aber – es war ihr egal. Sie klammerte sich an selbigen und sprach ihren Zweifel aus.

„Und wenn es nur jemand war, der wie Aladdin aussah?“
Der Knoten, der sich da um Cals Kopf legte, platzte. Er sprang, wie von einer Sprungfeder abgeschossen, von der sitzenden in die stehende Position, wirbelte um seine eigene Achse, sodass die Weste wild herumtanzte und schaute dann die Prinzessin an: „Wie war das gerade?“
Fragte es und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Erstens musste er vermutlich gerade so aussehen wie Matt Smith als Doctor Who, was besonders amüsant sein durfte, wenn man bedachte, dass man ihm selbst nachsagte, eher wie ein Schauspieler namens Jensen Ackles auszusehen. Zum Zweiten grinste er über seine eigene, himmelsschreiende Dämlichkeit. Zum Dritten war er froh, dass überhaupt jemand den Gedanken hatte und viertens amüsierte es ihn nicht gerade wenig, dass seine XO mit genau dieser Überlegung nicht einmal ansatzweise aus dem Gebüsch gekommen war.
Jasmin blickte ihn an und in ihren hübschen Augen konnte der Captain eine Art Verwunderung, gepaart mit Mißtrauen, funkeln sehen.
„Und wenn es nur jemand war, der wie Aladdin aussah?“, wiederholte sie die Frage, verengte die Augen zu Schlitzen, verschränkte die Arme vor der Brust und schenkte ihm einen Blick, der nicht nur Verwunderungsmißtrauen beinhaltete, sondern dies durch ein langsam in sie hineinkriechendes Amüsement toppte.
Cal lachte.
Dann wandte er sich um: „Aga… ich meine, River – wie konnten wir so dämlich sein?“
‚River’ schaute ihn an und schüttelte den Kopf: „Ernsthaft? Dein geliebter Erzfeind?“
„Erzfeind?“, echote Aladdin und schaute dann ebenfalls zu Cal: „Du hast auch sowas?“
„Jeder hat sowas, oder?“, zuckte der Captain mit den Schultern und wandte sich dann wieder an seine XO: „Ja, oder hältst Du das für kompletten Mimputz – äh – Mumpitz?“
„Das nicht.“
Auch Agatha Silverbirds Gesicht war ein einziger Ausdruck des Zweifels, als sie nach ihr „Das nicht“ ein „Aber dafür haben wir keine Beweise“ nachschob, ehe sie den Kopf nachdenklich schieflegte: „Obwohl…“

Jasmin konnte sehen, dass Prinz Doktor das „Obwohl“ seitens seiner Frau nicht ganz geheuer schien. Er blinzelte sie verwundert an. „Obwohl?“, echote er und die hübsche Frau aus Fiktivistien
Und dann sah sie den Prinzen auf einmal sehr unbehaglich schlucken und den Kopf schütteln.
„Nein, A… River, das kann nicht dein Ernst sein.“
Die Prinzessin aus Fiktivistien lächelte ein teuflisches, aber kleines Lächeln, trat auf den Prinzen zu und nahm ihn in den Arm: „Schatz, Dir wird nichts passieren, das weißt Du doch.“
Jasmin wusste nicht so ganz, was Agatha River Song Silverbird vorhatte, sah aber, dass Prinz Doktor kurz überlegte und seiner Frau dann ein Lächeln schenkte: „Okay, wir machen es mal wieder.“
Damit wandte er sich an sie – an Jasmin – und schenkte auch ihr ein Lächeln: „Wenn Ihr uns entschuldigen wollt? Wir müssen ein bischen was rekonstruieren.“
„Moment mal!“
Das war die Stimme von Aladdin, der nun an ihr vorbei auf Prinz Doktor und Prinzessin Song zutrat: „Wenn Ihr meint, dass ich mich einfach so beschuldigen lasse, dann denkt noch einmal nach.“
Und dann, mit einem Griff nach Jasmins Hand, als wolle er sich vergewissern, dass sie immer noch hinter ihm stand: „Bei der Rekonstruktion wollen wir dabei sein.“
Die Agrabahnische Prinzessin konnte sehen, wie das Prinzenpaar aus Fiktivistien einander anblickte und zumindest Prinzt Doktor zweifelnd den Kopf hin und her wiegte, ehe er sich seiner Frau zuwandte.
Diese murmelte etwas gegen seine Ohren – und Jasmin vermutete, dass es sich dabei um die Worte „Deine Entscheidung“ handelte. Der Prinz mit dem merkwürdigen Namen „Doktor“ warf ihr – Jasmin – dann einen Blick zu, ehe er mit den Schultern zuckte und nickte.

„Gut – dann… vielleicht wollen ja auch noch Papyrus und Theti zuschauen.“
Manchmal gibt es Sätze, für die man sich im Nachhinein irgendwo hin beißen könnte. Dieser war so ein Satz. Cal schüttelte innerlich den Kopf, als er den Satz ausgesprochen hatte und den leichten Stubser in seinen Rücken spürte. Natürlich – wie… wie konnte er so blöd sein?
Hier werden sich einige Leserinnen und Leser vermutlich verwirrt die Köpfe kratzen und ein „Ist das jetzt eine Fangfrage?“ murmeln, aber – Cal fragte sich in diesem Moment wirklich, wieso seine intellektuelle Kapazität nicht ausgereicht hatte, um alle möglichen und unmöglichen Faktoren in Betracht ziehen zu können. Oder zu deutsch: Er fragte sich, wie er so blöd sein konnte.
Die Frage wurde dadurch noch getoppt, dass Aladdin nickte: „Das ist eine gute Idee.“
Der Captain blickte über die Schulter zu seiner XO: „Ich glaube, wir brauchen ein größeres Zimmer.“

Sie bekamen ein größeres Zimmer, fanden sich nämlich alle in Jasmins Gemach ein. Zum ersten Mal diese Räumlichkeiten mit wachem Verstand betretend, ließ der Captain seinen Blick wandern und kam zum Schluss, dass die Prinzessin nun wirklich nicht schlecht wohnte. Hier konnte man ja beinahe untervermieten. Allein schon der Balkon wäre ein Festessen für jeden Markler und das luxuriöse Bett ließ auch keine Wünsche offen. Hier konnte man es vermutlich genießen, Abend für Abend in Morpheas Arme zu sinken.
„Und was habt Ihr nun vor?“, fragte Jasmin und riss den Captain damit aus seinen Mietwohnungsfantasien.
Betreten blickte er zu Boden, überlegte, wie er es am Besten erklären würde, doch Agatha kam ihm zuvor.
„Ich werde meinen Mann jetzt hypnotisieren und in Gedanken die ganze Episode im Kerker noch einmal erleben lassen.“
Der Captain riss seinen Kopf hoch und er war sich sicher, dass eine Spur Fassungslosigkeit in seinen Augen zu sehen sein würde.
„Manchmal wünschte ich, du wärest weniger schonungslos.“, schluckte er, zuckte dann mit den Schultern und ging aufs Bett zu, um sich auf die Kante zu setzen. Dann blickte er zu seiner XO: „Los komm schon – knock mich aus. Wir wissen beide, es führt kein Weg dran vorbei.“
Lächelnd trat Agatha auf ihn zu, nahm hinter ihm Platz und massierte seinen Nacken.
„Heute machen wir es mal ganz zärtlich.“, sagte sie und zog den Captain gegen sich.
Er spürte, wie sich seine Augen beinahe schon reflexartig schlossen und lächelte, als er die angenehme Wärme spürte, die ihr Körper ausstrahlte. Ja, hier konnte man sich wirklich fallen lassen. Langsam zogen ihre zarten Finger auf seinen Schläfen Kreise, ehe sie sich vorbeugte, seinen Nacken küsste und das Wort „Erdbeerparfait“ hauchte. Und – als wäre er ein Roboter – schaltete sich sein Verstand ab.

Jasmin beobachtete mit einer gewissen Faszination, wie der Mann, den sie als Prinz Doktor kannte, plötzlich gegen seine Frau sackte und einfach liegen blieb. Dabei wirkte er weniger wie ein Liebhaber,  eher wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Die Frau fuhr fort, mit ihren Fingern die Schläfen des Prinzen zu massieren, während sie ihm weitere Sätze ins Ohr flüsterte.


Dunkelheit umfing ihn. Die Stimme, die er hörte, drang klar wie Glockenhall an seine Ohren und bat ihn, sich noch mehr zu konzentrieren, „tiefer zu gehen“ – was auch immer das bedeuten mochte. Aber es interessierte ihn momentan nicht, er fühlte sich gut. Die Augen geschlossen, der Körper geflutet mit innerer Wärme, die sanfte Stimme Agathas in seinen Ohren – es interessierte ihn nicht, was seine XO sagte, bis sie ihm ein Wort ins Ohr hauchte.
„Jetzt“.

Calvin Nathan Cat öffnete die Augen.
Er wusste nicht, wann und wieso er geschlafen hatte, er wusste nur, dass er es getan haben musste. Oder zumindest „gedöst“, wie man so schön sagte. Mit einem Kopfschütteln versuchte er, die Schläfrigkeit, die sich seiner Sinne bemächtigte, zu vertreiben, spürte, wie sein Körper dennoch nachgab, sein Kopf auf die Brust sank und sein Hirn auf Stand-by geschaltet wurde…
Solange bis neben ihm jemand schrie.

Die Augen aufgerissen, warf der Sternenflottencaptain einen Blick auf die Situation vor sich. Aladdin hatte einen Kampfschrei ausgestoßen und sich auf Razul geworfen.
Verdammt, was tat der Junge da?
Er – der Captain – konnte es nicht wirklich sehen, aber er sah die Auswirkungen. Razul – der um mindestens einen Kopf größere Razul – brach plötzlich zusammen.
Und plötzlich durchzuckte Energie den Körper Cals. Er musste Aladdin stoppen, er musste ihn davon abhalten, etwas monumental-dummes zu tun, er…
Er selbst tat etwas monumental-Dummes, warf sich auf den Jungen aus Agrabah, der ihn schnell und kompromisslos mit erst einem Kinnhaken, dann zwei Handkantenschlägen gegen den Nacken und einem Fußtritt in die Magengrube fertig machte. Benommen ging der Captain zu Boden, hörte zwar das laute „Aladdin!“ das Agatha rief und sah, wie sie auf den Jungen feuerte, doch er fühlte sich zu schwach, um zu reagieren.

Das änderte sich, als Aladdin seine Hand nach Agatha ausstreckte und die gesamte Energie, die der Phaserstrahl auf ihn übertragen hatte und ihn eigentlich hätte betäuben sollen, auf die XO zurückfeuerte. Getroffen stöhnte sie auf, taumelte zu Boden und blieb liegen.

Das war der Moment, in dem Kampfgeist in Cal erwachte. „Scheiß was auf die Schmerzen“, dachte er sich, rappelte sich hoch und eilte zu seiner XO. Als seine Hand nach dem Puls suchte, merkte er, wie sein eigener Herzschlag vermutlich gerade in sehr ungesunde Frequenzbereiche wechselte.
Verdammt. Was sollte er tun, wenn er sie hier verlieren würde? Er wusste es nicht, er wusste nur eines – was auch immer Aladdin (oder wer immer das war) seiner Freundin angetan hatte, er würde ihn dafür bluten lassen.

Cals Hand griff nach dem Phaser der XO, ergriff die Waffe und überprüfte die Ladung.
Dann richtete er die Gerätschaft auf den jungen Mann aus, der wie Aladdin aussah, es aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht war. Und erst jetzt fiel ihm das enervierend laute Lachen auf, das Mechanikles von sich gab.
„Du nervst.“, murmelte er, zielte auf den Griechen und drückte ab. Betäubt sank der Mann in seiner Sitzposition in sich zusammen, ehe Cal wie Waffe wieder zu „Aladdin“ herumschwenken ließ.
„So, jetzt reden wir doch mal offen.“, sagte er, hob den Phaser und betrachtete sein Gegenüber: „Wer sind wir denn?“
„Captain Cat, dass Sie das bis jetzt nicht herausgefunden haben…“
Damit wurde der Körper des jungen Prinzen von Agrabah einer atemberaubenden Verwandlung unterworfen. Die Brust wurde deutlich ausgeprägter und weiblicher, die Hüften schrumpften, das Becken wurde jedoch wieder breiter, sodass eine Art „Sanduhrfigur“ entstand. Die Gesichtszüge des Prinzen wurden durch die einer wunderschönen Frau ersetzt – die aber leider ziemlich behaart wirkte und alles in allem sehr einer Katze ähnelte.
Nach ein paar Sekunden war dieser Aladdin verschwunden und hatte Mirage/Morgana Platz gemacht.

Cals Phaser ruckte hoch:“Okay, Pussy, keine blöde Bewegung oder ich puste Dir ein Loch in deinen schönen Oberkörper.“
Morgana lachte.
„Sag mal, hast Du nicht mitbekommen, das deine Freundin auch versucht hat, auf mich zu schießen? Das Resultat war ja nun nicht wirklich überzeugend.“
Damit legte sie den Kopf schief: „Aber gut, da nun so ziemlich alle – ausser uns – bewusstlos sind, können wir wirklich offen sprechen, meinst Du nicht auch, Cal?“
„Mich würde einfach nur mal interessieren, woher Du das weißt?“
Ein Zwinkern lief über die Augen Morganas und sie lächelte: „Vielleicht verrate ich es Dir – irgendwann.“
„Und vielleicht lasse ich Dich – irgendwann – laufen.“
Damit legte er wieder an: „Aber nicht heute.“
„Süß.“, quietschte die Katzenfrau voller Amüsement, „Wenn Du meinst, Du bist schneller als ich, dann – versuch dein Glück. Und nicht vergessen, ich hab deiner Freundin wehgetan – das willst Du mir doch sicherlich irgendwie heimzahlen, oder?“
„Darauf kannst Du Gift nehmen“, zischte Cal und fügte noch ein „Fahr zur Hölle“ an, ehe er abdrückte.

Der Captain grinste, als er sah, dass Morgana von einem grellbunten Farbspektakel eingehüllt wurde. Zwar bezweifelte er, dass sein Phaser genau das tun konnte, aber momentan war er froh, dass der Schuss überhaupt was gebracht hatte, es hätte ja auch sein können, dass…
Weiter kam des Captains Gedankengang nicht, denn „evil incarnate“ – Morgana – begann plötzlich eine Hand auf den Strahl zu legen, der aus der Waffe kam, und schien ihm – dem Captain – entgegen zu wachsen.
Zu diesem Zeitpunkt merkte er, dass die Waffe doch eigentlich nur einen kurzen Strahl hätte abgeben sollen, aber der Strahl noch immer aus der Waffe kam – und spürte, wie er zwar versuchte, den Schuss zu beenden, aber seine Hände sich nicht rührten.
„Was zum Henker…“, schoss es ihm durch den Kopf, als Morganas Hand plötzlich auf der seinen lag und das Gesicht der Katzenfrau Millimeter vor ihm auftauchte.
Dann berührte sie ihn, er fühlte eine Art Stromschlag, der durch seine Nervenbahnen eilte und hörte in seinem Kopf ein „Soviel Platz – hier gefällt es mir“. Und ehe alles dunkel wurde, wusste er, was geschehen war.


Der laute Schrei erschreckte ihn am Meisten. Er kam aus der Liegenden in die Sitzende und schrie noch immer, lauthals, panisch, als habe man ihm eine Biene in die Haare gesetzt. Cal spürte die Berührungen Agathas, hörte, wie sie etwas sagte und merkte, wie seine Panik von ihm abfiel. Erneut sank er in ihren Schoß, schaute sie an und lächelte. Vermutlich hatte Agatha ihm noch einen Trigger verpasst, der Emotionen ins Gegenteil verkehrte – denn die Panik, die er gerade hatte, war verschwunden und machte einem Wohlgefühl platz. Er streckte sich, rollte sich auf den Bauch und schaute seine Freundin an. Kurz stahl er ihr einen Kuss und flüsterte dann: „Ich weiß, was geschehen ist.“
„Und was?“
Sanft streichelte er ihr über das Gesicht, was die folgenden Worte ziemlich „out of Place“ wirken ließ: „Ich war von Morgana besessen.“

To be continued

Kapitel 14.4
“Ich war von Morgana besessen”.
Wenn Aladdin für jedes Mal, wenn er diesen Satz gehört hatte, ein Goldstück bekommen würde, hätte er … gut, er hätte ein Goldstück, denn Morganas Modus Operandi war normalerweise nicht auf so etwas ausgelegt. Allerdings sollte man sowas ja auch nicht komplett ausschließen. So erinnerte sich der ehemalige Dieb und jetzige Abenteurer daran, dass die Magierin ihn, Jasmin, Iago und Abu einmal in einer Art „Illusion“ gefangen hatte und jeden, der diese Illusion durchschaut hatte, nach und nach gefangen nahm. Ihm selbst war es erst aufgefallen, als Jasmin, die sich bisher zu sämtlichen Geschehnissen in dieser „Illusion“ mit einer gewissen – und wie sich nachher herausstellte: gerechtfertigten – Portion Skepsis gegenüber gestanden hatte. Und wie ihm seine Prinzessin nachher verraten hatte, besaß Morgana die Fähigkeit, sich in andere Personen zu verwandeln, ein Fakt, der ihm selbst auch hätte klar sein sollen, nachdem sich eine Würdenträgerin, die drei Tage in Agrabah gastiert hatte, vor seinen Augen in Morgana verwandelt hatte. Warum sollte es also nicht möglich sein, dass sie in andere Personen fahren konnte und sie nach ihrem Gutdünken handeln lassen?  Wenn dies allerdings so war – musste man dann nicht besonders vorsichtig sein, was man tat, wem man traute?
Der Gedanke hallte in seinem Kopf wieder, als die tür aufflog und Razul, zusammen mit Hakim und Karif im Raum standen, die Schwerter gezückt und auf Prinz Doktor gerichtet.
„Prinz Doktor von Fiktivistien.“, knurrte der große Hauptmann der Wachen, „Sie stehen unter Arrest.“

Jasmin wirbelte herum.
Die Hände in die Hüften gestemmt, betrachtete sie die drei Eindringlinge und schüttelte den Kopf. „Razul!“, zischte sie, „Ist das etwa eine Art, so in das Gemach der Prinzessin von Agrabah einzudringen?“
„Entschuldigung“, kam es von Razul, „Aber ich kann hier keine Sonderbehandlungen zulassen. Momentan ist dieses Quartier genau so zur Festnahme geeignet, wie jedes Andere.“
Und dann mit einem zerknirschten Blick in Richtung Jasmin: „Tut mir Leid, Prinzessin.“
Damit wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Prinz Doktor zu, der sich ganz gelassen aufrichtete.
„Hey, Yo, Määän, was’n der Deal?“, sagte er und bermerkte in dem Moment, in dem er dies gesagt hatte, offenbar selber, dass diese Worte ein wenig merkwürdig klangen. Neben ihm richtete sich Prinzessin Song auf, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sie fing seinen zusammensackenden Körper, stabilisierte ihn und ließ ihn los, als der Prinz den Kopf schüttelte und sich aufrichtete.
Dann, den Kopf schiefgelegt, schaute er den Hauptmann an: „Entschuldigung, falls dich meine Magie umgehauen hat. Ich dachte, Du wolltest Prinzessin Jasmin angreifen und da hab ich gehandelt, ohne vorher nachzudenken.“
Er ging auf Razul zu und hielt ihm die Hand hin: „Friede?“
Sein Gegenüber betrachtete die dargebotene Hand kurz, überlegte, nickte und ergriff sie.
„Friede.“
Erleichtert drehte sich Prinz Doktor um, als Razul ihn am Kragen griff und ein „Aber ich muss dich trotzdem festnehmen.“
„Und wieso?“
Die Frage brannte Jasmin nun wirklich unter den Nägeln. Wenn sich Doktor entschuldigt hatte – oder Cal – oder wie auch immer er nun wirklich heißen mochte – weswegen hatte Razul dann vor, ihn festzunehmen?
Sie trat näher, legte dem Riesen eine Hand auf den Oberarm und blickte ihn abwartend an.
Dieser erwiderte ihren Blick und sie sah in ihm Wut, Zorn, Bereitschaft alles zu tun, um sie und die Königsfamilie, um Agrabah und die sieben Wüsten zu beschützen, Hingabe an seinen Beruf… und Unnachgiebigkeit. Sie wusste, dass er diese Verhaftung durchziehen würde, egal, ob sie es ihm erlaubte oder nicht, egal ob sich Prinz Doktor Cal entschuldigte oder nicht. Nur – weswegen Razul diese Verhaftung machen wollte, das verstand sie nicht.
Erst, als er es sagte und sie in seinen Augen Ehrlichkeit sehen konnte, da verstand sie es.
„Ihr Prinz Doktor hat Mechanikles befreit.“

„Wie oft soll ich es eigentlich noch sagen? Morgana hatte von mir Besitz ergriffen. Vielleicht hat sie so den Griechen befreit, was weiß denn ich?“
Vielleicht mochte es sein, dass Cal ein wenig genervt klang – das dürfte aber in allererster Linie daran liegen, dass er tatsächlich genervt war . Seit einer gefühlten Ewigkeit, vermutlich allerdings erst seit knapp zwei Stunden, saß er im Kerker, mit Seilen festgemacht an denselben Kettenhaltern, die auch Mechanikles hatten halten sollen und auf den selben Steinen sitzend. Razul hatte ihn zuerst eingesperrt und allein gelassen – dann war er nach einigen Minuten wiedergekommen und hatte seine Interrogation begonnen.  Und Cal kam nicht umher, eine gewisse Ähnlichkeit zu Gibbs, Tonys oder Zivas Verhörstil zu sehen.

Ach – wie einfach doch das Verhör durch Ziva war, damals als sie sich kennengelernt hatten.

Dämlich, dämlich, dämlich.
Er hatte sich einfach so, ohne jegliche Gegenwehr festnehmen lassen. Selbst Agatha hatte dies nicht glauben können und ihn darauf angesprochen, aber was sollte er tun? Die hübsche Brünette vor ihm hatte eine Waffe auf ihn gerichtet. Und nicht nur irgendeinen Phaser oder so – das war er ja inzwischen gewöhnt – sondern eine verdammte PISTOLE. Also hatte er sich widerstandslos festnehmen lassen. Zwar fragte er sich, wie sich das mit der ersten temporalen Direktive deckte, aber – was war die Alternative? Zwar sagte man über sie, dass es die heiligste Pflicht eines jeden Sternenflottencaptain wäre, sie zu schützen, aber wenn er die Optionen gegeneinander laufen ließ, sich eine Kugel in den Kopf jagen zu lassen oder irgendwelchen Deppen etwas zu verraten, womit sie im Zweifelsfall sowieso nix anfangen konnten, dann war die Lösung klar.  Und ausserdem wurden sie durch die Verfassung geschützt. Das war doch hier das Jahr 2014, oder?

Als man ihn im Verhörraum platziert hatte und die hübsche Brünette hereinkam, dachte sich Cal, dass der Tag durchaus seine Sonnenseiten haben konnte. Sie war schnell, effizient – er würde hier nicht allzu lange sitzen. Im Gegenteil.
Als sich die Frau, die er später als Ziva kennenlernen würde, vorbeugte und dann fragte, ob er den Miranda-Akt kenne, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen: „Ja – das Miranda-Protokoll. Und ja – ich kenne Red Heat.“ Wo kam man denn auch da hin? Am Ende brach sie ihm irgendwas – oder so.
Ziva seufzte, schaute ihr Gegenüber ein wenig ungehalten an, ehe sie sich räusperte.
„Ich habe Durst und hol mir was zu trinken.“, informierte sie ihn, „Kann ich Ihnen etwas mitbringen?“
Huchikowski? Was war das denn jetzt? Der NCIS goes Dienstleistung? Ja, wenn es weiter nichts war? Allerdings – vielleicht kam sie ja auf die grandiose Idee, ihm ein Wahrheitsserum unterzujubeln. Andererseits, wenn er so darüber nachdachte, kratzte seine Kehle schon ein wenig und der Gedanke, sie mit einem kühlen Getränk zu feuchten, war doch sehr verlockend.
„Okay“, sagte er nach einer kurzen Sekunde des Schweigens, „Wenn Sie zu diesem Kaffeeanbieter im Erdgeschoss gehen, hätte ich gerne eine…“
Er überlegte, legte die Hand an das Kinn, ehe er wieder zu Ziva blickte: „Einen Iced White Café Mocha – aber ohne Kaffee – und eine große Schlagsahnehaube oben drauf. Größe? Die Elefantennummer – groß, größer, am größten. Muss passen. Und wenn es keine Umstände machte, bitte ohne Wahrheitsserum drin, ja?“
„Wo denken Sie hin.“, lächelte Ziva und ging dann.

Sie kam nach ein paar Minuten wieder, einen weißen und einen durchsichtigen Becher in der Hand haltend. „War gar nicht so einfach zu bekommen – aber für Sie mache ich das gerne.“, erklärte sie, mit einem der freundlichsten Lächeln, das man sich vorstellen konnte.
Ja, nee, is klar. Als ob die Frau ihm irgendetwas Gutes tun wollte. Das war einer der Ältesten der möglichen Verhörtricks – get to a common ground. Schaff eine Vertrauensbasis.
„Wird nicht funktionieren.“, erklärte er, trank einen Schluck seiner eiskalten weißen Schokolade mit Sahne und schaute dann zu ihr: „Ich würde Ihnen wirklich gerne helfen, aber … wissen Sie, erstens brauch ich das gar nicht, weil ich mich keiner Straftat schuldig gemacht habe und zweitens…“
Er stockte, trank erneut einen Schluck und lächelte sie entschuldigend an: „Miss… Sie sind wirklich freundlich. Ich mag sie – ehrlich. Aber… Sehen Sie, ich unterstehe einer Verpflichtung, einem Eid, der mich dazu zwingt… ich darf es nicht sagen.“
Zivas hübsches Gesicht verfinsterte sich.
Irgendwie hätte sich Cal, wenn er damals schon gewusst hätte, wer sie war, denken können, dass sie vermutlich gerade zu dem Zeitpunkt mit dem Gedanken gespielt hatte, ihn in irgendeiner Art und Weise nach Mossad-Stil zum Reden zu bringen.  War ja alles möglich und was wusste der Captain schon, das einer hübschen Ex-Mossad-Agentin durch den Kopf ging? Soweit, sie zu kennen, war er allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht, auch wenn er sich fragte, wer da Informationen über ihn erfahren wollte.

 „Also … Entschuldigung, Miss… ähm… Miss?“, räusperte er sich und betrachtete sie dann. Ein Grinsen erschien auf seinen Lippen: „Eine Unsitte ist das hier. Sie erwarten von mir, dass ich mich vorstelle, aber ich weiß nicht, wer die Person hinter diesen hübschen, nussbraunen Augen ist, die da dieses Detail über mich wissen möchte.“

Sie schüttelte verwirrt-amüsiert den Kopf: „Moment mal, jetzt fragen Sie mich aus?“
Cal trank einen Schluck weiße Schokolade und zuckte lächelnd mit den Schultern.
„Ziva David.“, stellte sie sich vor – und keine Sekunde später hatte sich die köstliche weiße Schokolade in einen Sprühnebel verwandelt, als Cal wie wieder ausspieh. Er war sich sicher, dass in seinen Augen purer Unglaube zu sehen war, als er aufsprang:

„Das… das ist ja…“, stammelte er und hielt ihr dann die Hand hin: „Ich bin Calvin Cat – einer ihrer größten Fans. Ich meine, wie Sie die Bombe entschärft haben… einfach nur … genial.“
„Cahaaaal“ rief er sich innerlich zur Ordnung, „komm mal wieder runter. Das ist nur Ziva David, die Frau die…  die Frau die ihr Leben für Vaterland und Amerika gibt, die Frau, die sich später in Anthony DiNozzo Junior verlieben wird, die Frau, die es schafft, massive Arschtritte zu verteilen und dabei Sexy wie die Hölle auszusehen – wobei ich nicht weiß, wo der Spruch wieder herkommt – die Hölle sieht ja nicht sexy aus. Und jetzt reiß dich zusammen, Cal.
 „Von… welcher Bombe reden Sie eigentlich?“, schaute sie ihn fragend an.
„Na, die Bombenentschärfung am Memorial Day… 2014… Sie wissen schon.“
„Ich weiß nicht wovon Sie reden, aber … wir haben definitiv erst den 27. September 2011.“
„W… was? Wir h… haben 2011?“
Hat einer mein Herz gesehen? Ich glaube, es ist mir in die Hose gerutscht!“
Er schluckte: „Heiliges Temporales Paradoxon, Batman.“
„Temporales Paradoxon?“, echote Ziva und Cal schaute sie lächelnd an: „Nichts… hat nichts zu sagen…“
Er grinste: „Sagte ich gerade Bombe und Memorial Day 2014? Ist quatsch… ich erzähl hier nur rum, damit Sie mich nicht weiter mit Fragen behelligen.“
„Mister Cat…“
Okay, sie glaubt mir nicht, dass ich n Schuss habe. Also, Zeit zum Spielen. Wie wäre es mit der ‚verliebter Schuljunge’-Nummer? Ich sag dir alles, wenn Du mich mit nach Hause nimmst?“ , schoss es dem Captain durch den Kopf.
Agatha wird mich umbringen. “, dachte er und grinste dann: Also, los geht’s.“
, setzte Ziva an, doch Cal, der sich nun ganz wie ein verliebter Schuljunge grinsend auf dem Tisch niederließ und zu Ziva vorneigte, schnitt ihr das Wort ab: „Nennen Sie mich Cal – das tun alle meine Freunde.“
„Wie kommen Sie darauf, dass ich Ihre Freundin bin?“, fragte Ziva mit hochgezogener Augenbraue.

Nein, die Nummer war im NCIS-Hauptquartier nicht sonderlich gut gelaufen, Zwar hatte Traceless versucht, als Gibbs zu ihm und Ziva zu kommen und Cal hatte ihn durch gezielte Schüsse davon abgehalten, aber es hatte alles nicht sonderlich viel gefruchtet. Im Gegenteil, der NCIS wurde dadurch nur noch mehr in einer Angelegenheit gezogen, die seine Chefs ihn lieber Intern erledigen hatten lassen wollen.
Hier konnte er sich solche Patzer nicht erlauben – zumal er nicht mit Razul flirten wollte. Das sollte mal schön Agatha machen.
Oder so.
Der Hauptmann der Palastwache blickte ihn an und er erwiderte seinen Blick.
„Wie oft soll ich es eigentlich noch sagen? Morgana hatte von mir Besitz ergriffen. Vielleicht hat sie so den Griechen befreit, was weiß denn ich?“, fragte er erneut und Razul rollte mit den Augen.
„Das ist eine sehr schöne Geschichte, die Du mir da erzählst, Prinz. Aber – nehmen wir mal an, ich würde dir nicht glauben.“
„Was Du sowieso nicht tust, weil Du niemandem glaubst?“, schoss der Captain dazwischen und verdammte sich im selben Moment schon dafür. Die Ohrfeige, die seinen Kopf rumriss, spürte er nicht mehr, weil er sich dafür schon gewappnet hatte. Er spuckte Blut, schaute dann wieder zum wütend dreinblickenden Razul und schluckte.
„Mal im Ernst – würde ich dich wirklich anlügen?“; fragte der Captain dann, „Ich meine, du bist zwei mal so groß wie ich, hast soviele Muskeln wie ein Berufsboxer, wie ein blödgeschlagener…“
Erneut biss er sich auf die Lippen und schloss die Augen in Erwartung der Ohrfeige, die auch wie bestellt geliefert wurde.
Sterne tanzten vor seinen Augen der Captain merkte, wie er kurz davor war, in die Dunkelheit der Ohnmacht abzudriften, als er die Stimmen Jasmins, Thetis und Agathas hörte.
„Razul!“
„STOPP!“
„WARTE!“
Die drei Stimmen, die da an sein Ohr klangen, drangen durch den dichten Nebel der Ohnmacht, die ihn zu konsumieren drohte und fungierten als sein Rettungsanker.
Langsam, unendlich langsam öffnete er die Augenlider – verdammt, waren die eigentlich schon immer so schwer gewesen? – und zwang seinen Denkapparat – und war er schon immer so unerträglich lahm gewesen? Vielleicht wollte er darauf keine Antwort – wieder, richtig zu arbeiten.
Um ihn herum wurde alles viel klarer. Razul stand – über ihn gebeugt – die massige Pranke zum Schlag erhoben und schaute zu den drei in der Tür stehenden Prinzessinnen.
„Ihr wisst, dass ich hier völlige Handlungsfreiheit habe?“
„Natürlich“, nickte Jasmin und trat auf ihn zu, „Wir würden Dir auch niemals in dene Kompetenzen reden, aber – ich frage mich, ob Du dich hier nicht eher von deiner Sympathie oder Antipathie leiten lässt.“
Razul blickte zu ihr und knurrte.
Dann schüttelte er den Kopf: „Nein, ich bin vollkommen objektiv.“
Theti nickte: „Deswegen hast Du dich mit Prinz Doktor so schnell es ging ins Verließ zurückgezogen und hast begonnen, ihn auf deine Art zu verhören?“
„Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist.“
„Ich bin kein Eisen.“
Schon wieder so eine Dummheit, für die sich Cal später verdammen würde. Die Pranke Razuls krachte erneut gegen sein Kinn, riss seinen Kopf mit sich – der Captain hatte das Gefühl, dass sein Kopf komplett vom Rumpf getrennt wurde. Statdessen folgte der komplette Körper der Bewegung des Kopfes und sorgte dafür, dass er auf dem Boden landete. Die Stirn nahm Kontakt zum Boden auf – Bilde ich mir das Geräusch einer hohlen Kokosnuss einfach nur ein? – und erneut drohte die Dunkelheit über ihn zu sinken. Doch er spürte die grasgrünen Augen Agathas, die sich wie Scheinwerfer auf ihn richteten.
„Bleib wach, Cal!
Es war, als konnte er diesen Wunsch – diesen Befehl – diese Bitte – beinahe hören.
„R…zu…l“, keuchte er, spuckte Blut aus und blickte dann zu dem Riesen über sich hoch: „Ich bin auf eurer Seite. Verstehst Du das nicht?“
„Ich verstehe nur, dass Du es geschafft hast, Prinzessin Jasmin und unsere Gäste aus Theben für dich zu gewinnen, Prinz Doktor.“
Damit packte der Hauptmann den Captain am Kragen – spätestens bei einer eventuellen Übersetzung könnte der Satz hier kompliziert werden,  denn dann wüsste man nicht, welcher Captain welchen Captain am Kragen packte – und zog ihn in eine aufrecht-stehende Position.
Der Agrabahner förderte ein Messer zu Tage, hielt es Cal kurz vor die Augen, murmelte ein „Wenn Du irgendwelche Dummheiten machst, ramm ich es Dir bis ans Heft in den Hals und schau zu, wie du elendig verblutest.“ – und führte die Klinge dann gegen die Seile, um sie durchzutrennen.
Captain und Hauptmann blickten einander an, dann nickte der Kommandant der DRAGONFLY seinem Pendant aus der agrabahnischen Zeit zu und legte ihm dankbar eine Hand auf die Schulter: „Vielen Dank.“
„Pfoten weg, oder ich brech Sie dir.“
„Verstanden.“

Cal und drei Frauen.
Der Kommandant des Föderationsschiffes hätte niemals gedacht, dass er einmal mit drei Frauen aus einer Schlacht kommen würde – dann lernte er Gina, Agatha und Jill kennen. Drei wunderschöne Frauen, die er – Angedenk einer alten Fernsehserie für eine kurze Zeit „Drei Engel für Calvin“ nannte. Doch nachdem die drei Mädels ihm mehr oder weniger deutlich zu verstehen gaben, dass sie mit dieser Namensfindung ganz und gar nicht einverstanden waren, hatte er davon abgelassen – aber dennoch, zwischenzeitlich kam er nicht umhin, festzustellen, dass diese drei Frauen – und insbesondere Agatha – einfach nur …
Vielleicht sollte er in diesem Moment aufhören – oder besser: Sollte der Autor aufhören, ansonsten überquert er diese Linie, die Fanfic-Autoren nicht überqueren sollten. Als Fanfic-Autor eine Mary Sue schreiben? Geht gar nicht. In anderer Literatur ist dies schon möglich – schaut euch Twilight an . Auch Angus McGyver hat hier und da ein paar Gary Stu – ähnliche Züge , ist also eine männliche Mary Sue -  schließlich kann der Mann alles, weiß der Mann alles und hat darüber hinaus noch einen Schlag bei den Frauen. Auch Wesley Crusher aus Star Trek war in den ersten Folgen sehr Mary Sue lastig – aber das ist alles in Ordnung, die Autoren werden dafür bezahlt. Als Fan so etwas zu erfinden? Big no no.
Belassen wir es dabei, dass Cal von den Fähigkeiten Jills beeindruckt und von Gina und Agatha in schöner Regelmäßigkeit mehr als nur fasziniert ist.

Hier verließ gerade das Angel Squad B (Agatha, Jasmin und Theti) den Kerker, nachdem sie Cal herausgeholt hatten. Gut, vielleicht nicht wirklich wie es die Engel bei „Drei Engel für Charlie“ getan hätten und vielleicht ist dies auch alles nur auf Zufällen basiert und auf Nettigkeit, aber als Agatha den Captain vorsichtig aus der Dunkelheit des Kerkers ins Licht führte, konnte dieser nicht anders, als Lächeln, als er im Gegenlicht der Sonneneinstrahlung zu sehen glaubte, wie die drei Frauen, die ihn gerade herausgeholt hatten, von Halos umhüllt waren.
Konzentration, Captain., schoss es ihm durch den Kopf, Morgana will dich isolieren – und das lässt Du doch nicht mit dir machen, oder?“
Natürlich ließ er das nicht mit sich machen. Aber wie wollte er das Gegenteil beweisen?
Er stoppte – das war die Idee.
„Cal?“
Agathas samtweiche Stimme riss ihn aus seinen Gedanken: „Erm? Ja?“
„Alles in Ordnung?“
“Klar”, nickte der Kommandant, “Ich hatte nur gerade eine Idee.”
„Und welche?“, wollte nun Jasmin wissen.
Der Captain lächelte ihr zu: „Wie wäre es damit? Wir holen uns Al und Papyrus, nehmen dann den fliegenden Teppich und fangen den Mistkerl, der uns abgehauen ist?“

To be continued

CaptainCalvinCat

  • Crewman 1st Class
  • *
  • Beiträge: 302
Kapitel 14.5

Der Teppich flog in luftiger Höhe und Aladdin konnte feststellen, dass der Mann, der sich selbst „Prinz Doktor von Fiktivistien“ nannte, nicht ganz glauben konnte, dass er sich auf einem fliegenden Teppich befand. Immer wieder schaute er nach links und nach rechts, versuchte, das Geheimnis des Persers zu ergründen.
„Es ist Magie.“, lächelte der ehemalige Straßenjunge und klopfte dem Mann aus Fiktivistien auf die Schulter, „Glauben Sie mir, ich verstehe auch nicht ganz, wie er fliegen kann – aber er tut es.“
Prinz Doktor hob den Kopf, schaute Aladdin kurz verblüfft an, ehe er mit den Schultern zuckte.
„Momentan glaube ich alles. Ich wurde von einer Katzengöttin übernommen, man hat mich beschuldigt, Mechanikles frei gelassen zu haben, ich wurde mehr als nur einmal gehirngewaschen – und das im gründlichen Schleudergang – nenn mir einen Grund, warum ich jetzt anfangen sollte, Sinn in dieser Sache zu suchen.“
Damit warf er einen Blick zu seiner Frau, die ein Gerät anstarrte, das ungefähr 10 mal 10 Zentimeter groß war und piepsende Geräusche von sich gab.
„Ich scanne nach seinen Lebenszeichen“, sagte die hübsche Rothaarige und Aladdin konnte sich gedanklich nicht daran hindern, die Frage zu stellen: „Wie genau funktioniert das denn?“
Das fiktivistische Prinzenpaar blickte den agrabahnischen „Amtskollegen“ zuerst entsetzt und dann ratlos an, wenngleich der junge Mann nicht verstand, was an dieser Frage nun so entsetzenswert gewesen wäre.
Dann – so als ob sie sich irgendeine Begründung ausdenken müssten, legte die Rothaarige überlegend den Kopf schief und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen das Kinn.
„Das wäre schwer zu erklären“, sagte sie dann, wandte sich an ihren Mann und zuckte mit den Schultern. Dieser blickte sie an – auch in seinem Gesicht zeichnete sich Ratlosigkeit ab – und ein Gefühl, das er schon seit sie sich vorgestellt hatten, spürte, meldete sich immer lauter.
Mißtrauen.
Zwar war diese Empfindung den Fiktivistianern gegenüber nicht so stark, dass er sie umgehend vom Teppich hinunterscheuchen wollte, allerdings meldete sich schon ein kleines Stimmchen in seinem Kopf, das ihm einflüsterte: „Du weißt nicht, wer sie wirklich sind. Sie könnten dir einfach nur etwas erzählen.“
Das stimmte. Genie hatte mehr als deutlich gemacht, dass ihm ein Land namens Fiktivistien nicht bekannt vorkam und Feinde, die Agrabah böses wollten, gab es auch zu genüge. Beispielsweise Mechanikles, auf dessen Fährte sie waren, Morgana, die das ganze mehr oder weniger angeleiert hatte – wenngleich Aladdin sich fragte, wieso die Katzengöttin des Chaos dem mechanischen Genie half - , Mogelrath, der – so hatte es Genie ihm erzählt – tatsächlich für eventuelle Hilfsleistungen dem Palast gegenüber den Dienst von Eden und Genie selbst einforderte. Aber die Schurkengalerie war noch länger, etwa durch den unfähigen Dieb El Fatal ergänzt. Von daher war es nicht unbedingt unlogisch, anzunehmen, dass – wenn gewisse Fakten mit der Geschichte kollidierten, die einem erzählt wurden – die Leute, die sich hier als Hochwohlgeborene ausgaben, genau das nicht waren und ihnen eventuell sogar feindlich gesonnen.

Wie allerdings schon festgehalten, war diese mißtrauische Stimme eher ein „Stimmchen“, das sich langsam, aber sicher zu Wort meldete. Zwar hatten Prinz Doktor und Prinzessin Song bisher immer im Mittelpunkt des Trubels gestanden, allerdings brauchte es Beweise, um festzustellen, ob sie diesen Trubel sogar inszeniert, forciert oder provoziert hatten. Und wenn er daran dachte, wie häufig man ihm alles Schlechte dieser Welt nachgesagt hatte…
Er wollte einfach nicht glauben, dass die Beiden – die ihm sogar relativ sympathisch vorkamen – nicht das waren, was sie vorgaben zu sein.

Von dem ganzen Tohuwabohu hatte Papyrus nur am Rande etwas mitbekommen. Zwar war Theti in den Trainingssaal gestürmt und hatte, mit rasendem Puls, Bericht erstattet, aber so wirklich vermochte sich der der Mann aus Theben keinen Reim aus der Sache zu machen. Warum sollte Razul Prinz Doktor angreifen? Und warum sollte letzterer den Griechen freilassen, den festzunehmen er selbst mitgeholfen hatte.
Die sowieso schon hochgradige Unlogik der gesamten Geschichte nahm minütlich zu.
Und diese Feststellung will etwas heißen, wenn man selbst den Namen Papyrus trägt und auf eine Vita zurückblicken kann, in der „Prinzessinnen retten“ und „Theben vor dem bösen Gott Seth und dessen Diener Aker, einem mächtigen Zauberer, sowie seinen Lakeien, schützen“  zu finden war.

Wie war es nun tatsächlich gewesen? Das konnten eigentlich nur die Personen wissen, die dabei gewesen waren – wobei sich hier das Problem auftat, dass Prinzessin Song, Razul und Prinz Doktor komplett unterschiedliche Geschichten erzählt hatten. Allerdings schien die Frau des Doktors nach einem interessanten Trick, den sie „Hypnose“ nannte und in dem er glaubte, das griechische Wort „Hypnos“ – also Schlaf – zu bemerken, gewillt zu sein, der Geschichte des Prinzen Doktors Glauben zu schenken.  Und jetzt, wo er sich den geistesabwesenden Blick des Prinzen zu diesem Zeitpunkt, sowie dessen sehr emotionslosen, ja gerade zu „flachen“  Duktus, ins Gedächtnis rief, erinnerte es ihn sehr an Thetis Gesichtsausdruck, als sie ihn damals unter dem Befehl irgendeines Seth-Lakaien hatte umbringen sollen.

Das Wort für diesen Zustand musste er sich merken. „Hypnose“ – nur für den Fall, dass jemand in seiner Gegenwart sich noch einmal merkwürdig verhielt – und wenn es eine Sache gab, auf die er sich in der Heimat verlassen konnte, dann war es die, dass, solange die beiden Länder unter dem Kommando von Pharao Mehrenre standen, eben jene beiden Länder unter konstanten Attacken seitens Seth und seiner Diener zu leiden haben müssten. Und solange diese Situation eintrat, musste sich Papyrus auf alles mögliche einstellen.

So auch hier. Was war mit dem Prinzenpaar aus Fiktivistien? Wo lag dieses Land überhaupt? Oder war es vollkommen frei ausgedacht? Quasi…
Er stockte.
Ratofer, der weise, ältliche Berater des Pharaohs hatte ihm, im Zuge seiner Erziehung zum Gemahl der Prinzessin und damit Anwärter auf den Thron des Pharaohs höchstselbst, einen kleinen Kurs in „Ausdrucksweise“ erteilt. . Es waren nur ein paar Lektionen, die er absolvieren konnte, ehe er nach Agrabah aufgebrochen war und eigentlich hatte er, wenn er ehrlich war, die Meisten dieser Wörter schon wieder vergessen. Aber jetzt, wo er über das Wort „Ausgedacht“ nachdachte…
Das Wort „Fiktiv“ hatte schon eine sehr frappante Ähnlichkeit zu „Fiktivistien“. War dies ein Zufall? Oder waren an Bord des Teppichs Hochstapler?
Dies würde die Zukunft zeigen müssen, wenn sie den Mechaniker eingeholt und wieder eingefangen hatten.
Und wenn er ehrlich war – ein Teil von ihm wollte einfach nicht glauben, dass Prinz Doktor und Prinzessin Song ihnen Böses wollten.

Offenbar schien auf Wüsten ein Satz zuzutreffen.
„Hat man eine gesehen, hat man alle gesehen“.
Eventuell gab es hier und da einige Unterschiede in Beschaffenheit der Dühnen, Farbe des Sandes oder zwischenzeitlich auftauchenden Felsen – aber eigentlich unterschied die Agrabahnische Wüste fast nicht von der Wüste, die sich hinter der Hauptstadt der beiden Länder erstreckte.
Prinzessin Theti lehnte sich zurück. Der Flug auf dem Teppich war schön ruhig, entspannend und so konnte sie ihre Gedanken wandern lassen.


„Theti, ich habe einen Auftrag für dich.“, klang die Stimme des Pharaohs wohlmeinend durch den Thronsaal. Sie ging vor ihrem Vater in die Knie, verneigte sich kurz und blickte ihn dann abwartend an.
Mehrenre, der Herrscher der Beiden Länder, jeder Zoll eben solcher, blickte aus dunklen Augen auf sie herab und gestattete sich ein leichtes Lächeln, ehe er anhob, zu sprechen:
„Unsere Erkundungspartrouille nach dem letzten Angriff von Seth hat uns in Kontakt mit einer Handelskaravane gebracht, die aus einem fernen Land kommt.“
Die Prinzessin spitzte die Ohren. Interessant, wobei sie sich schon vorstellen konnte, dass erneut das Standard-Prozedere abgespuhlt würde. Man lud das Staatsoberhaupt nach Theben ein und entweder kamen Oberhaupt samt Familie oder man entsandte, wie schon einmal geschehen, die Tochter, auf dass sich Theti selbst in der diplomatischen Kunst üben konnte. Das war prinzipiell nicht schlecht, aber wurde auf die Dauer langweilig.
„Daher habe ich mich entschlossen“, setzte Mehrenre an und betrachtete seine Tochter, „dass Du – gemeinsam mit Papyrus – in dieses Land reist und den ersten diplomatischen Kontakt herstellst.“
Theti konnte spüren, wie sie ihre Augen aufriss und ihren Vater komplett fassungslos anblickte. Allerdings nur kurz, dann konnte sie ein Lächeln nicht zurückhalten.
„Danke, Vater.“, sprach sie, erhob sich und konnte schwören, dass sie in dem Moment, in dem sie sich erhob, ein leichtes, sanftes, väterliches Lächeln auf seinen Lippen erkennen konnte. Aber als sie wieder hinsah, sah sie nur das typisch-steinerne Gesicht, das von einigen Fackeln erleuchtet wurde.
„Deine Aufgabe wird die Anbahnung diplomatischer und Handelskontakte sein. Begleite die Prinzessin – ihr Name ist Jasmin – bei ihren täglichen Aufgaben und lerne sie besser kennen.“
Erneut verneigte sie sich.


Sie lächelte.
In den Wochen der Vorbereitung hatte sie allerhand über Jasmin, Aladdin und ihre Freunde gelesen und empfand es als richtig , ihrerseits den Fischer Papyrus mitzunehmen. Schließlich hatten er und Aladdin eine ähnliche Aufgabe und ein ähnliches Leben.
Das Auftauchen der anderen beiden Royalen hatte sie ein wenig verwirrt und aus der Bahn geworfen, ebenso der Angriff Mechanikles und die damit verbundenen Schwierigkeiten – dennoch war sie sich sicher, die Geschäfte zu einem erfolgreichen Abschluss bringen zu können und eine Freundschaft zwischen Agrabah und den beiden Ländern zu etablieren. Von ihr aus gab es da keine Probleme.
Sie mussten nur den entflohenen Griechen finden und dann …
Das Sprichwort „Wenn man vom Teufel spricht“ war zwar damals noch nicht bekannt, wenn es das gewesen wäre, hätte es sicherlich Verwendung gefunden.
Denn im Sand, einige Meter vorraus, sah sie jemanden fliehen.
Sie richtete sich auf, tippte Aladdin auf die Schulter und deutete auf den Flüchtenden.
„Könnte das unser Mann sein?“, fragte sie.

Da kann man doch auch noch als Starfleetcaptain etwas lernen. Er war eigentlich sicher, dass sie mit ihrer High-tech-Ausrüstung Mechanikles relativ schnell finden würden, doch dass es ausgerechnet Theti war, die diesen Fund machte, wobei sie ohne entsprechende Hilfsmittel wie Phaser und Tricorder auskam, machte ihn schon staunen. Verwundert blickte der Captain zu seiner XO herüber, die ihn schulterzuckend ansah. Vermutlich wusste sie auch nicht, wieso Technik aus dem 24. Jahrhundert nach Christus den guten Augen einer Prinzessin aus dem er-hatte-nicht-den-geringsten-Schimmer-Jahrtausend vor Christus unterlag – aber effektiv war es auch egal. Sie würden jetzt Mechanikles einfangen, erfahren, wo der Mann die Plakette der DRAGONFLY her hatte, das Schiff finden, reparieren, die Crew befreien und… irgendwie klang das alles viel zu einfach.
Und wenn ihn die Erfahrung im Laufe der Zeit eine Sache gelernt hatte, dann war dies „Einfach gibt es nicht einfach so.“
Toller Satz. Den musste er sich doch definitiv ausdrucken und quer über den Spiegel hängen.
„Einfach gibt es nicht einfach so.“ – wobei er sich sicher war, dass es diesen Satz sicherlich schon gab, dass ihn irgendjemand schon vor ihm mal ausgesprochen hatte. Entweder einer der Philosophen aus der Blütezeit der Philosophie – Descartes, Kant, Proust – oder vielleicht doch der große Philosoph des frühen 21 Jahrhunderts, mit dem Namen „Facebook“?
Cal wusste es nicht und es war ihm momentan auch relativ egal.
Der Captain zog seinen Phaser, stellte ihn auf „starke Betäubung“ und lächelte grimmig zu Agatha: „Das sollte den Mistkerl für ein Paar Stunden Fuffzig ruhigstellen.“

Die sanfte Berührung, die Agatha auf seinem Oberarm vollführte, ließ ihn seufzen, sandte ein wohliges Gefühl durch seinen Körper. Er blickte zu ihr, als sie ihn zweifelnd ansah: „Schatz, ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee ist.“
„Wieso nicht? Der Typ hat Agrabah angegriffen und ist jetzt auf der Flucht. Also bringen wir ihn wieder zurück. Damit dürfte er allerdings relativ wenig einverstanden sein – also müssen wir ihn erst einmal schlafen schicken. Das ist doch logisch.“
Sprachs und zielte.
Und drückte nicht ab.
„Teppich, wenn du uns noch ein paar Meter ranbringen könntest, kann ich garantieren, dass er tatsächlich getroffen wird.“
Und als ob der fliegende Perser ihn gehört hatte – was er wohl auch getan haben wird – schoss das Weberzeugniss auf den Griechen zu.
Noch 10 Meter – 9 – 8 – 7
Cal atmete tief durch. Noch weitere 6 Meter und er könnte einen guten Treffer absetzen.
5 – 4- 3
„Prinz Doktor?“
2-1 –
“Gute Nacht, Mechanikles.”
0.
Der Teppich war an den Griechen herangekommen und von Cals Phaser spannte sich ein kurzer, grelloranger Lichtstrahl, der den Flüchtling traf und…
Auf den Teppich reflektiert wurde.

Als unter sich der Teppich begann, sich zu verkrampfen, wusste Aladdin dass die Sache kein gutes Ende nehmen würde. Er riss seinen Kopf zu Jasmin herum, wollte nach ihr greifen, doch plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen und stürzte der Wüste entgegen.
Das Letzte, was er wahrnahm, war, wie er auf den harten Sand aufschlug und in einem Gewirr von Armen und Beinen – alles seine eigenen – die Düne hinunterrollte. Dann war da Dunkelheit.

„ALADDIN!“
Jasmins Stimme überschlug sich, als sie sah, wie ihr Mann, Freund und Geliebter vom Teppich fiel und dann unaufhaltsam gen Boden strebte. Vor ihrem inneren Auge sah sie, wie der Teppich sich umwandte, auf den Fallenden zuschoss und ihn wieder auffing. Sie würde ihre Arme um ihn schließen, er würde ihr in die Augen schauen, lächeln und sie küssen und…
Aber der Teppich wandte sich nicht um. Stattdessen strebte er einem bestimmten Fixpunkt entgegen, der Jasmin momentan gar nicht interessierte. Wenn die Webware sich nicht bewegte, würde sie es tun müssen. Zweifelnd blickte sie über den Rand des Teppichs, legte den Kopf schief. Würde sie es schaffen können, herunterzuspringen, ohne sich sämtliche Knochen zu brechen?

„Der Teppich ist ge… ARGH!“
Neben ihr erschlaffte Cal, vermutlich ebenfalls von der lähmenden Energie getroffen.
Agatha Silverbird tastete nach dem Puls des Captain, seufzte, murmelte ein „Hab ichs nicht gesagt?“ und fuhr dann erschrocken herum, als sie hinter sich Jasmins schrilles „ALADDIN!“ hörte.
„Jasmin?!“, keuchte die XO, „WO… wo willst du hin?“
„Ich muss Aladdin retten.“, keuchte die hübsche Orientalin, war im nu aus der Sitzenden in eine Stehende Position gekommen und schien selbst zweifelnd, ob das so eine gute Idee sein dürfte.
Doch Agatha konnte darauf keine Rücksicht nehmen. Wenn die Prinzessin jetzt auch noch sprang – was passierte dann? Wenn sie tatsächlich in einer Art „Disneyversum“ waren – dann nicht viel. Sie würde unten aufschlagen, im schlimmsten Fall das Bewusstsein verlieren und dann – nach der Werbepause – zu sich kommen. Es sei denn, dies wäre eine Story, die ihren Hintergrund beleuchtete, dann konnte es sein, dass sie ein paar Minuten vor sich hin fantasieren würde und der Zuschauer merkte, wieso Jasmin so war, wie sie war.
Aber – dem stand immer ein Happy End am Schluss gegenüber. Das heißt – egal welche Qualen man auf sich nahm, am Schluss würde sie in den Armen ihres Aladdin liegen, sich an ihn schmiegen und die Kamera würde abblenden.
Allerdings nur, wenn dies wirklich ein „Disneyversum“ war.
Sollte dies die harte Realität sein, mit Konsequenzen, dann hätte Aladdin mit seiner Landung auf der Düne Glück gehabt, Jasmin würde sich bei einem Sturz von hier allerdings die Beine oder mehr brechen.
Also packte sie die Prinzessin, riss sie zu sich herum und legte ihr beide Arme auf die Schulter: „PRINZESSIN JASMIN!“
Eine Ohrfeige, die den Kopf der hübschen Brünetten herumriss, später wandelte Agatha ihren strengen Kommandantentonfall in eine besorgte Stimmfärbung: „Jasmin – ich… ich kann verstehen was Dir durch den Kopf geht. Aber… wenn Aladdin noch lebt, dann wird er uns nur finden, wenn wir…“
„Wenn wir zusammenbleiben.“, nickte Jasmin – wobei ihre Stimme Nachdenklichkeit, Traurigkeit und Hoffnung ausdrückte -  und hielt sich die Wange, „Ich weiß schon.“
Ein Lächeln kroch über Agathas Lippen. Vielleicht könnten sie dann jetzt…
Agatha kam zu sich, als sie neben Cal lag und der Teppich immer noch stur gerade aus flog. Über sich stand, nun mit einem Ausdruck der Wut im Gesicht, Jasmin und hielt sich die Faust.
„Ich mag dich, Prinzessin Song. Aber wenn Du mich noch einmal schlägst, werde ich ungemütlich.“
„Junge, hast du Feuer.“, murmelte die XO und bewegte probehalber ihr Kinn.
Dann verlor der Teppich rasant an Höhe, stürzte auf die Erde zu und schlug auf. Agatha merkte, wie ihr Körper einmal kurz den Halt zum Teppich verlor, klammerte sich dann an den bewusstlosen Cal – so war er in diesem Zustand wenigstens zu etwas gut – und spielte kurz mit dem Gedanken, die Augen zu schließen.
Nein – sie wollte sehen was da auf sie zu kam.
„Sand“ – dachte sie, dann wurde alles dunkel.

To be continued
 
Kapitel 14.6

Natürlich war sie mit unterschiedlichen Spielarten der Sexualität vertraut und natürlich hatte Agatha Silverbird während ihrer Jugendzeit die eine oder andere Sache probiert, die sie nicht jedem auf die Nase binden musste. Das Gefühl, nackter Haut auf der Eigenen – das war etwas, das sie kannte, auch das Gefühl, nicht nur einen Partner im Bett zu haben, war etwas, von dem sie zumindest einmal gehört hatte. Doch zwei Frauen und einen Mann im Bett – und auch noch mehr oder weniger auf sich – liegen zu haben, war nun wirklich etwas zu viel des Guten. Ihre Nasenflügel nahmen die Arbeit auf – sie identifizierte den klar-erkennbaren Körpergeruch ihres Captain, vermutlich hatte er während seines Duschens von irgendwoher ein Duschgel gezaubert. Aber da lagen noch andere Düfte im Raum und als Agatha die Augen öffnete, sah sie als erstes einen großen Schleier über sich, der alles Licht schluckte.
Was war geschehen? Ihre letzte Erinnerung hatte den Absturz des fliegenden Teppichs betroffen und …
Sie versuchte, sich zu bewegen, aber das Gewicht Cals – und wer noch auf ihr lag – war zu hoch, um dagegen anzukommen. Dann hörte sie ein leises Stöhnen – eine Frau – und ein Seufzen neben ihrem Ohr.
„Aladdin.“, atmete die Frau neben ihr, „Aladdin, was ist passiert?“
Sie musste nicht mehr großartig überlegen, wer der Grund für den schwarzen Schleier war. Wenn sie sich das alles richtig zurechtdachte, waren alle, die noch auf dem Teppich gewesen waren, an Ort und Stelle in Ohnmacht gefallen und in der Position liegengeblieben, in die der Unfall sie verstrickt hatte. Daher vermutete sie, dass der Kopf, der auf ihrem Bauch ruhte, dem Captain gehörte, der Kopf, auf ihrer Schulter der von Jasmin war, es sich bei dem Besitzer des Körpers, der ihre Beine beschwerte um Papyrus handelte und die feingliedrigen Hände, die einerseits an ihrem linken Fuß, andererseits auf ihrem Bauch lagen, mussten – demzufolge – die von Theti sein.
Ihr linker Arm war frei, das heißt, sie konnte mit ihrer Hand die langen, schwarzen Haare Jasmins von ihren Augen bringen und sich wenigstens ein bischen umsehen.

Dunkelheit – abgelöst von flackerndem Feuer. Sie war in einer Höhle, soviel konnte sie sagen.
Agathas grüne Augen schauten sich um. Sie war immer noch nicht in der Lage, sich zu erheben, weil sie nicht wusste, wo sie waren und weil sie es nicht riskieren konnte vier Leute wie die aufgescheuchten Hühner herumlaufen zu lassen und sich potentiellen Gefahren auszusetzen. Selbst Cal konnte sie in diesem Zusammenhang nicht vollkommen vertrauen. Wer wusste schon, was auf sie zukam und beim letzten Mal, als der Captain die Entscheidung hatte treffen sollen, die DRAGONFLY oder die Flotte der Menschen zu retten, hatte er die Cheatcodes aktiviert und die Flotte versucht, in die Gegenwart mit zu nehmen. Was daraus geworden war, wussten sie nicht, da sie aus dem Zeitsprung gerissen worden und von Goa’Uld abgeschossen worden waren. Dies brachte sie zu einer Frage.
Waren die Goa’uld überhaupt noch da? Wenn, dann fragte sie sich, ob dies der Grund war, warum man die Plakette der DRAGONFLY gefunden hatte. Wenn nicht, fragte sie sich, wer das Schiff geborgen hatte.
„Mhhhm“, stöhnte es neben ihr. Die sanfte Stimme Jasmins klang schläfrig, als sie – mit geschlossenen Augen – ein „Was ist passiert, Aladdin?“ murmelte.
„Still.“
Der Befehl der XO war gezischt, aber sie war sich sicher, dass Jasmin sie gehört hatte.
Zumindest schwieg es von ihrer Schulter her.

Aladdin öffnete die Augen.
Warum tat sein Körper so weh?
Lag es tatsächlich an der Landung im Sand?
„Du bist ein Idiot“, murmelte er und richtete sich langsam – sehr, sehr langsam, auf, da jeder Muskel seines Körpers, jeder Knochen, vor Schmerz protestierte.
Er erinnerte sich an den Sturz, daran gesehen zu haben, wie Jasmin – seine Jasmin – ihre wunderschönen Augen entsetzt aufriss und nach ihm schrie – so laut, dass er es trotz der Entfernung hören konnte. Dann war er aufgeschlagen, konnte sich an nichts mehr seit dem erinnern.
Als er die Augen tatsächlich wieder aufgestemmt hatte, stellte er fest, dass er Dunkelheit sah. Kurz blinzelte er – seine Augen stellten sich scharf – und er sah den Agrabahnischen Nachthimmel. Ob es jetzt wirklich der Nachthimmel über dem Sultanat Agrabah war oder eher ein paar Distanzeinheiten nördlicher – das wusste er nicht. Er erkannte nur gewisse Sternenkonstellationen, von denen der Genie ihm erzählt hatte, am Nachthimmel wieder.
Und er fror. Verdammt, warum war es ihm in all den Jahren, in denen er in der Wüste gewesen war, nie so wirklich offensichtlich gewesen, dass in der Wüste die Temperatur nachts auf empfindliche Minusgrade herunterkühlen konnte?  Vielleicht lag es auch daran, dass er bis jetzt immer mit seinen Freunden unterwegs gewesen war und diese ihn wenigstens im Herzen warm gehalten hatten? Nun aber – da er sich sicher war, dass Jasmin sich irgendwo befand, nur nicht bei ihm – fühlte er nicht nur den Jammer und das Elend der Welt, sondern auch die Eiseskälte, die ihm in den entblößten Körper biss. Welcher Idiot kam auf die Idee, sich nur eine Weste anzuziehen, wenn er hinaus in die Wüste ging?
Andererseits – was wäre die Alternative gewesen? Zum Zeitpunkt seines Sturzes waren es Temperaturen gewesen, die jedes Gramm an Wäsche mehr quasi schon verboten hätten.

Aladdin richtete sich auf.
Sein Körper tat weh, aber inzwischen wunderte ihn das nicht mehr. Es war auch egal – er musste Jasmin finden. Den griechischen Erfinder konnte man später immer noch suchen und fangen, aber er wollte ohne seine Prinzessin gar nicht mehr nach Agrabah zurückkehren. Da würde er lieber auf ewig durch die Wüste laufen – dazu verdammt, als ruheloser Geist die Wüste zu durchqueren, auf der Suche nach seiner Geliebten.
Es war sowieso eine idiotische Idee gewesen, Jasmin mitzunehmen – aber andererseits, das sagte er sich immer, wenn ihr auf ihren Abenteuern etwas passierte. Das Problem war – es war eigentlich egal, ob sie mitkam oder nicht. In Agrabah konnte ihr genau so etwas zustoßen. Was wäre die Alternative? Sie irgendwo einzusperren?
Nein, das würde er nicht fertig bringen. Nicht seine Jasmin.
Kurz versuchte er sich daran zu entsinnen, in welche Richtung der Teppich davongestrebt war, seufzte und schloss die Augen. Vor seinem inneren Auge nahm die Situation erneut gestalt an. Er fiel, der Teppich flog stur geradeaus – zwischen zwei sich erhebenden Sanddünen hindurch. Die Augen des Abenteurers flogen auf.
Es musste doch möglich sein, die beiden Dünen zu finden, oder?
Schnell blickte er sich um, ließ seinen Blick über das Terrain gleiten und fand die gesuchten Änderungen in der Tropographie der Wüste.
„Zumindest habe ich jetzt eine ungefähre Richtung.“, murmelte er und marschierte los.
Das er nicht wissen konnte, ob der Teppich danach weiter gerade aus geflogen war oder eine Kurve geflogen hatte, ob die Dünen nicht in eine Richtung gewandert waren oder ob er einfach nur in eine elaborierte Falle lief, störte ihn nicht. Er wollte darüber nicht nachdenken. Aladdin von Agrabah hatte jetzt nur noch ein Ziel – seine Prinzessin zu finden.
Und er würde jeden, der sich ihm in den Weg stellte, bitter dafür bezahlen lassen.

Das Kitzeln , das Agatha Silverbird in der Nähe ihres Bauchnabels fühlte, erinnerte sie an Fliegenbeine, deren Inhaber sich auf ihren Bauchmuskeln sportlich austopten. Doch sie musste den Kopf nur kurz heben, um festzustellen, dass es sich dabei um die Wimpern des Captains handelte. Er blinzelte mit den Augen, hob den Kopf und wollte sich komplett aufrichten, als sie den Kopf schüttelte und ein „Nein!“ zischte.

Es würde den Kommandanten der DRAGONFLY nicht verwundern, wenn sie in seinen Augen Verwirrung sehen konnte. Er war verwirrt. Nicht mal so sehr darüber, dass er mit dem Kopf auf ihrem Bauch geruht hatte, sondern mehr über den Fakt, wo sie waren. Cal wandte den Kopf nach links und rechts, nahm die Höhle war, in der sie sich befanden, die leblosen Körper Papyrus und Thetis neben sich und die langen Beine Jasmins, die auf seinem Hintern ruhten.
Irgendjemand spielte hier eine merkwürdige Partie Mikado. Aber wie auch bei diesem Spiel wäre es vermutlich so, dass derjenige, der sich allzu lange und auffällig bewegte, verlor.
Der Captain schluckte und ließ sich vorsichtig wieder auf den nackten Bauch der XO nieder, wobei er den Kopf so drehte, dass er in ihr Gesicht schauen konnte.
Sie schaute ihn an, er zuckte kurz mit den Schultern – nein, er hatte nicht den geringsten Hauch einer Ahnung, wo diese merkwürdige Höhle war.
Vorsichtig zog er eine Hand an – versuchte, niemanden damit anzustoßen und hatte immer noch die Mikadoassoziation. Einer durfte sich bewegen, aber wehe, man bewegte jemand Anderen.
Seine rechte Hand legte er auf den Bauch seiner XO und schloss kurz die Augen. Wie war das denn nochmal?
Kurz und hart tippte er dann auf die Stelle, an der seine Hand lag, ließ dann zwei – vergleisweise sanfte – Tipper folgen, machte eine kurze Pause und tippte dann drei mal sanfter auf den Bauchmuskel.

Agatha konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Vermutlich musste man Cal ein paar mal auf den Kopf hauen, damit er ein paar sinnvolle Ideen hatte. Sie wusste, was die Berührungen auf ihrem Bauch zu bedeuten hatten, also streckte sie sanft und vorsichtig ihre Hand nach seiner aus und sie schaffte es, ihre Hand auf seine zu legen.
Die Frage, die der Captain ihr gestellt hatte, per Morsezeichen, war eigentlich einfach gewesen. Kurz lang lang – Pause – Lang, lang, lang – das war W O.
Sie ließ einen kurzen Rhythmus auf den Handrücken des Captain prasseln.
Lang kurz lang – Pause – kurz lang.
K A.
Keine Ahnung. Sie wusste es tatsächlich nicht. Und sie fragte sich, wie sie im Zweifelsfall mit einem Captain, der irgendwie fast schon unter fremden Körpern begraben war, gegen – wen auch Immer – zu Felde ziehen sollte.
Kurz überlegte sie, ob es sinnvoll wäre, Papyrus zu wecken und sicherlich wäre dies eine alternative Möglichkeit, aber sie hatte keine Ahnung, wer hier der Gegner war.
Handelte es sich dabei tatsächlich um Mechanikles? Und wenn ja, wie hatte er den Phaserstrahl reflektieren können?
„Prinzessin Song?“, wisperte es neben ihr und Agatha wandte sich um.
Jasmins Gesicht war keine 10 Millimeter von ihr entfernt und vermutlich – so konnte sie es sich nach ihrem Ausflug ins Washington des 21. Jahrhunderts denken – würden sicherlich einige der sogenannten Fanfiction-Autoren, die Idee „Jasmin und Agatha liegen nebeneinander im Bett und haben keine Ahnung, wie sie in diese Situation gekommen sind“ in eine vollkommen andere Richtung spinnen.
„Morgen Prinzessin.“
Die Stimme der XO verriet nichts ihrer eigenen Gedanken, sondern bloße Professionalität.
Und Agatha würde es bevorzugen, es dabei zu belassen.

Dann erklang eine bekannte Stimme von irgendwo aus der Höhle.
„Ah, ihr seid wach. Das ist doch gut.“
Dieser Aussage folgte ein Lachen, dass der ein oder andere anglophile Mensch als „maniacal“ bezeichnen würde – also als durch und durch wahnsinnig.
Cal hob den Blick, wenngleich ihm die Aussicht, die sich in Richtung Agatha bot, weit mehr interessierte.
Als er nach geradeaus – also in Richtung „Quelle des Lachens“ -  blickte, schälte sich aus dem Dunkel eine Gestalt.
Und irgendwie überraschte den Captain nicht, den Mann zu sehen, der da auf sie zukam.
„Tach, Mechanikles.“, sprachs, richtete sich dann zu einer stehenden Position auf und bedachte den Mann mit einem mitleidigen Blick.
„Okay, meine… Magie hast Du zurückwerfen können, Mechanikles, aber gegen einen einfachen Faustkampf hast Du doch keine Schnitte.“
Mechanikles grinste. „Dann zeig mal, was du drauf hast.“
„Du hast es so gewollt.“
Cal krempelte die Ärmel hoch, machte sich zum Sprung bereit, hörte nur ein „CAL, NICHT!“ und ein „PRINZ DOKTOR, NICHT!“ – und kam auf dem Rücken liegend zu sich.
Die Gesichter Agathas und Jasmins schwebten über ihm.
„Ich sehe Weihnachtsengel.“, murmelte der Kommandant gegen seinen Willen und zuckte zusammen, als die XO ihm eine schallende Ohrfeige verpasste.
Er richtete sich auf und schüttelte den Kopf: „War das…“
„Elektrizität. Du bist gegen ein Kraftfeld gesprungen.“, nickte die XO und wandte sich dann an Jasmin: „Ich glaube, wir müssen euch etwas sagen. Wir sind in Wirklichkeit…“
„… immer noch Gefangene.“, sagte die Prinzessin von Agrabah und schaute die XO an: „Es gibt für alles einen Ort und eine Zeit. Jetzt – hier – ist es ein bischen unpraktisch. Aber wenn Du es mir verraten willst, wenn wir hier rauskommen, kannst Du es gerne tun.“
„Huhuhuhu, köstlich.“
Die Stimme Mechanikles machte Anzeichen, sich überschlagen zu wollen: „Als ob ihr jemals wieder zusammen reden könntet. Es sei denn, meine Käufer kaufen das komplette Set.“
‚Käufer?’
Cals Kopf ruckte so heftig herum, dass seine Nackenmuskeln sich beschwerten.
Sorry Kumpels. Ihr wisst doch, Beschwerden nur in dreifacher Ausfertigung und zu Händen der Geschäftsleitung.
„Haben Sie gerade ‚Käufer’ gesagt?“, fragte der Kommandant fassungslos und Mechanikles nickte: „Ich muss mich auch mit ein paar größeren Aufträgen über Wasser halten. Und ich habe das Gefühl, dass zwei Hohheiten aus Fiktivistien, eine Hohheit aus Agrabah, eine aus Theben und ein kleiner Fischer ein wunderbares Komplettpaket abgeben.“
Cal schluckte.
„Sie wollen uns…“
Mechanikles nickte.
Das konnte ja noch heiter werden.

To be continued with Chapter 15.1

CaptainCalvinCat

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Kapitel 15 - Pläne

Kapitel  15.1


Es war sehr interessant, zu erfühlen, wie die eigenen Instinkte erwachten. Kommandoroutinen, irgendwann vor Jahren geprobt und dann vergessen, krochen aus den Winkeln von Cals Bewusstsein und versammelten sich irgendwo in der gedachten Mitte seines Hirnes.
„Komm, Cal, Du hast Gelegenheit einmal zu beweisen, dass Du ein fähiger Kommandant bist. Handel entsprechend.“, schoss es ihm durch den Kopf und er war sich nicht sicher, ob ihm dies sein Unterbewusstsein oder seine XO eingeflüstert hatte.
Vielleicht hatte er sich in den letzten Jahren auch viel zu sehr darauf verlassen, im Zweifelsfall von seinen Crewmitgliedern herausgehauen zu werden? Jetzt waren sie in einer Situation, in der zwar Agatha – aber ansonsten keiner seiner Crew – dazu in der Lage war. Und seine Freundin, Geliebte und XO wollte er um alles in der Welt schützen. Wo kam er denn dahin, wenn er sie in die nächstbeste Falle laufen lassen würde?
Der Captain atmete tief durch, legte kurz den Kopf schief und wiederholte für sich diesen Satz. Der Captain . Verdammt, er war nicht irgendein Redshirt, das in eine Falle laufen konnte, er war der Kommandant der DRAGONFLY und musste sie hier herausbringen. Schließlich war ihr Gegner zwar Mechanikles und damit eigentlich Aladdins und Jasmins Baustelle, aber das griechische Genie verwendete offenbar Sternenflottentechnologie.
Und damit war er für heute das Resort von Cal und Agatha.

Der Captain setzte sich auf, warf einen Blick auf seine Kampftruppe, die er nicht einsetzen wollte und stellte fest, dass Papyrus und Theti immer noch bewusstlos waren.
Besorgt tastete er nach dem Puls der Ägypterin, stellte fest, dass er stark war und sie eigentlich schon längst bei Bewusstsein hätte sein müssen. Kurz warf er einen Blick zu seiner XO, die die Bitte in seinen Augen „Kümmer dich um Theti“ offenbar schon verstanden hatte. Sie nickte ihm zu,schlängelte sich an ihm vorbei – dem Captain wurde in diesem Moment klar, dass ihr Gefängnis nicht unbedingt groß war – und nahm neben der bewusstlosen Ägypterin platz. Erneut warf sie dem Captain einen Blick zu und nickte.
Dieser rückte näher an das Kraftfeld, das er – einer imaginären Linie folgend, die das Areal, in dem sie sich befanden auf zwei mal einen Meter beschränkte – beinahe sehen konnte.
Natürlich nicht wirklich, aber er stellte es sich vor.

„So“, setzte Cal an und begann, Mechanikles in einen Dialog zu verwickeln. Agathas Finger tasteten derweil nach dem Puls Thetis, die in diesem Moment die Augen aufschlug und die XO der DRAGONFLY mit einem warnenden Blick anschaute. Hatte die Prinzessin etwa einen Plan? Dazu müsste sie sich eigentlich mit dem Ohr an ihren Mund begeben, das könnte allerdings in diesem Moment sehr auffällig werden. Also stieß sie einen Seufzer aus, ließ ihren Körper erschlaffen und kam so zum liegen, wie sie es geplant hatte. Sie spürte die sanften Finger Jasmins auf ihrer Halsschlagader, öffnete dann kurz die Augen und nickte ihr zu. Die braunen Augen Jasmins zeigten Verständnis für den Plan – etwas anderes hätte Agatha auch gewundert – und sie stieß einen entsetzten Keuchlaut aus, ehe sie sich an Cal wandte: „Prinz… Prinz Doktor?“
Der Angesprochene drehte sich um, warf sich neben sie und tastete nach ihrem Puls.
„SCHATZ!“, schrie er, „SCHATZ? BIST DU IN ORDNUNG?“
„Nicht so laut, du Hirni“, zischte Agatha leise und schaute ihn dann ganz kurz an, „Uns geht es gut, du musst ihn nur ein wenig hinhalten, während wir uns einen Plan ausdenken.“

Plan?
Hier wurde ein Plan geschmiedet? Na dann war es ja gut.
Der Captain konnte sich ein erleichtertes Seufzen nicht verkneifen und zuckte zusammen, als sowohl Agatha (unauffällig) als auch Jasmin (auffälliger) ihm in die Seite stießen. Das „erleichterte Seufzen“ wurde mit einem „Ohhh, mein Gott“ überspielt und er fragte sich, was er noch tun konnte. Aber er sollte ja sowieso ablenken. Also wandte er sich wieder Mechanikles zu, der gerade dabei war, irgendwas – was wusste Cal auch nicht – zu reparieren.
„Soooo“, lächelte der Captain und schaute den Griechen an, der sich ihm mit einem genervten Seufzen zuwandte: „Sooo – was?“
„Sie haben vor, uns zu verkaufen?“
Mechanikles nickte: „Blitzmerker, hm? Das habe ich Dir gerade schon verraten.“
Nun war es am Captain zu nicken. Das stimmte alles, der Grieche hatte ihnen seinen genialen Megamastersuperplan schon verraten und der Captain fühlte sich damit alles andere als zufrieden.
„Und… einen Kunden haben Sie auch schon?“
„Wieso fragst Du das?“
„Och“, zuckte der Captain mit den Schultern, „Ich hab mich nur gefragt, ob ich demnächst unter der Knechtschaft des brutalen Herrschers Arge-Hartz des Vierten meinen Lebensunterhalt verdiene.“
Mechanikles blinzelte ihn verständnislos an: „Wer soll das sein?“
Eine abwehrende Handbewegung vollführend, legte der Captain den Kopf schief: „Mal was Andreas.“
„Das heißt: mal was anderes.“, verbesserte Mechanikles ihn und seufzte: „Warum erlernt Ihr eigentlich nie die korrekte Aussprache? Was seid Ihr? Revoluzzer? Wollt ihr gegen alles, was gut und sauber und anständig ist, angehen?“
Der Winkel, in dem Cal den Kopf geneigt hatte, veränderte sich: „Erm – nein, eigentlich ni…“
Weiter sollte er nicht kommen, denn erneut stieß ihn Jasmin in die Seite.
Au – wenn sie bei Aladdin auch so rabiat war, durfte sich dieser aber regelmäßig auf eine Sonderbehandlung beim Arzt freuen.
Dennoch warf er ihr einen Blick zu und hob fragend eine Augenbraue. Den Hinweis, dass ihm keine Dukaten aus dem Allerwertesten fielen, egal wie sehr sie ihm in die Seite stieß, unterschlug er dabei.

Vielleicht hätte man Prinz Doktor auf einige Sachen hinweisen sollen – etwa wie Mechanikles tickte. Jasmin wusste, dass sie es dem Mann nicht vorwerfen konnte – schließlich kannte er diesen Griechen nicht so gut, wie sie es tat, hatte im schlimmsten Fall gerade erst heute von ihm gehört. Also stieß sie ihn an und zuckte beinahe zurück, als sie sah, wie er zu ihr herumfuhr und in seinen Augen eine Art der Wut eruptierte, die sie so von ihm nicht kannte. Doch der Ausbruch währte nur kurz – eventuell die Zeit, die man später eine „Milisekunde“ nennen würde.
Dann legte der Prinz seinen Kopf fragend schief, sie beugte sich vor, soweit sie konnte und flüsterte ihm ein „Er hat einen Sauberkeitsfimmel“ ins Ohr, „Nutz das.“
Damit beugte sie sich wieder zu Agatha River Song Silverbird, um die pflegende Prinzessin zu spielen, während Theti der hübschen Rothaarigen ihren Plan verriet.


Es war Nacht. Die Sterne, die da am Himmel wetteifernd blinkten, brachten dem Mann, der sich durch die Wüste schlug, weder großartige Erleuchtung noch sonst eine Hilfe. Die Kälte biss in seine Muskelpartien, Aladdins Zähne schlugen, vor Kälte bibbernd, aufeinander. Er hatte sich mit seinen Armen umschlungen – so gut es ging – und versuchte, die Wärme in sich zu speichern. Doch mit jedem Schritt den er tat, wusste er, dass es eigentlich nur eine Frage der Zeit sein würde, bis die Kälte ihn fertig machte. Momentan tat sie schon ganz gute Dienste.

Jeder Milimeter seines Körpers, jede Faser seines Seins, riet ihm, aufzugeben, sich in die nächste Düne zu legen, sich so klein wie möglich zu machen und somit die Wärme zu halten, bis die Sonne aufgegangen war. Und doch sah er, wann immer er blinzelte, in diesen Millisekunden, sie seine Augen geschlossen waren, Jasmin vor sich, die ihn entsetzt ansah.
Nein – er würde nicht aufgeben, würde diese braunen Rehaugen nicht verraten. Es war, als wären Körper und Geist zwei unterschiedliche Entitäten – die Eine riet ihm zum Aufgeben, die Andere spornte ihn noch weiter an. Und auf Letztere würde er hören.  Er gab nicht auf. Nicht er, nicht Aladdin. Es war ihm egal, wie lange er durch die Wüste laufen würde, wie lange er ziellos war – er würde erst in der Kälte der Wüste liegen, wenn er tot oder bewusstlos war. Vorher würde er nicht aufgeben, vorher würde er nicht ruhen, nicht rasten, nicht…

Den harten Schlag auf den Hinterkopf spürte er gar nicht mehr – aber wenn er mit sich selbst ehrlich war, spürte er sowieso nichts…

Cal schüttelte den Kopf.
Er betrachtete das Kraftfeld – respektive, die imaginäre Linie – und rief sich das ins Gedächtnis, was Jasmin ihm gerade per Zeichensprache verständlich machen wollte.
Wenn Mechanikles tatsächlich so einen Reinlichkeitsfimmel hatte, dann musste man diesen natürlich ausnutzen.
„Mechanikles!“, rief er und blickte den Griechen herausfordernd an, der sich umdrehte und eher interesselos dreinsah.
Gut, jetzt hatte er die Aufmerksamkeit, aber was sollte er sagen?
„Weißt du eigentlich, dass …“
„Was?“
Der Captain überlegte. Ja – was eigentlich? Was konnte er dem Griechen sagen? Lass uns raus oder Du trägst die Konsequenzen? Wie? Durch seine Crew, die er nicht finden konnte oder durch die fantastische fiktive fiktivistische Armee?
Er musste irgendwas sagen, konnte dieses ominöse „irgendwas“ aber nicht in Worte fassen.
Und wenn er jetzt schon versuchte, die Schmutz-Karte zu spielen? Eher nicht. Einen Trumpf zu früh auszuspielen, das wusste er, war nicht unbedingt ein cleverer Zug.
„Was willst Du mir sagen?“, fragte in diesem Moment der Grieche.
Cal schluckte sich – jetzt galt es. Verdammt, er war doch der Einzige, der momentan einen gewissen Handlungsspielraum hatte. Die Anderen berieten sich oder gaben vor, ohnmächtig zu sein – also musste er die Sache schaukeln.
Ein kurzes Räuspern, dann schloss der Captain kurz die Augen, gestattete sich, einen minimalen Moment der Meditation, ehe er die Augen öffnete und seinen Blick fest in den Mechanikles’ bohrte.
Er musste irgendetwas sagen, also entschließ er sich für den klassischen Bluff.
„Mechanikles, lass uns raus – oder Du trägst die Konsequenzen.“
Wie der Captain das bewerkstelligen wollte, sagte er natürlich nicht – zumal er dafür nicht wirklich viel Spielraum hatte, um genau zu sein: eigentlich gar keinen.
Aber hier ging es ja auch nur darum, den Griechen so lange zu beschäftigen, bis die Grazien und Papyrus auf eine entsprechende Idee gekommen waren, wie man ihn tatsächlich schlagen konnte.
Mechanikles schien davon wenig zu wissen, lachte und schaute den Captain dann an: „Tatsächlich? Na, das will ich doch mal sehen.“
„Dein Schlachtfeld, meine Herausforderung, meine Konditionen.“
Verdammt, wieso hatte Cal das wieder gesagt?
Die Augen des Griechen leuchteten erfreut auf: „Oh, aber ich bestimme, gegen wen Du antrittst.“
War es zu spät, sich von der Idee zu distanzieren? Anscheinend, denn plötzlich hörte Cal sich selbst sprechen: „In Ordnung.“
Und eigentlich stimmte das sogar. Es war ihm egal, wie die Konditionen aussahen, solange Agatha und die Prinzessinnen, sowie Papyrus, Zeit genug hatten, sich einen Schlachtplan auszudenken.
Das Kraftfeld fiel in sich zusammen.
Nun wäre eigentlich ein guter Zeitpunkt, um es den Ostfriesen gleichzutun und Neuland zu gewinnen, aber das Problem war natürlich, dass momentan, nur zwei Personen „bei Bewusstsein“ waren – er und Jasmin. Und der Grieche würde doch nicht Jasmin gegen ihn antreten lassen, oder?
Die hübsche Prinzessin neben ihm schien denselben Gedankengang zu haben, denn sie legte ihm eine Hand auf den Oberarm. Überrascht blickte er zu ihr, sah in ihre braunen Augen und darin, dass sie bereit war, im Zweifelsfall genau dieses Opfer zu bringen.
Der Vorteil bei einem Kampf gegen eine potentiell freundliche Partei bestand darin, dass man vorher die ganzen Manöver mehr oder weniger absprechen könnte oder aber sich im Zweifelsfall darauf verlassen, dass die Schläge, die ausgeführt wurden, einem Wrestling-Match gleich, in letzter Konsequenz doch nur „gespielt“ waren. So würde das ganze einem Tanz gleichen, den Cal und Prinzessin miteinander ausführen würden.
Und er war bereit, genau diesen Tanz mit ihr zu tanzen.
Er hatte gesehen, wie sie – zwar unter dem Einfluss eines Zaubers, aber nichts desto trotz kompetent – die Fähigkeiten und die Kraft hatte, sich ihrer Haut zu erwehren.
Gegen Jasmin zu kämpfen, das war etwas, das ihm im Traum nicht einfiel. So zu tun, als ob er mit ihr kämpfen würde – das war wiederum etwas, das er sich in dieser Situation sehr gut vorstellen konnte, zumal er spürte, dass er ihr vertraute.
Zwar würde er diesen Showkampf lieber mit seiner XO machen, die genau wusste, wie er sich im Zweifelsfall verhielt und welche Manöver beide einsetzen konnten – aber er war sich sicher, dass er und Jasmin zwar ein paar Glückstreffer, oder in diesem Fall besser: „Pechtreffer“, landen würden – aber er war sich sicher, dass sie größtenteils unbeschadet aus dieser Sache herauskommen würden.
„Worauf warten Sie noch, Mechanikles?“, fragte der Captain und richtete sich auf, „Ich kenne doch solche Typen wie Sie. Auf die Idee, jemanden aus Ihren eigenen Reihen einzusetzen, kämen Sie nie. Lieber würden Sie es sehen, wie ich und die Prinzessin uns halb-bewusstlos schlagen würden.“
Das Lachen aus der Kehle des Griechen verunsicherte den Kommandanten.
„Sie haben Recht“, haha-te und huhu-te Mechanikles, zuckte dann aber mit den Schultern, „Aber ich weiß auch, dass sie vermutlich mit der Prinzessin absprechen würden, wie dieser ganze Kampf aussehen würde. Nein, nein.“
Damit trat er auf Cal zu, packte ihn am Kragen und zog ihn aus dem Kraftfeld.
Mit den Fingern schnippend begab sich der Grieche wieder auf seinen Platz und lächelte: „Viel Spaß, Prinz Doktor.“
Dann kam ein Riese aus dem Schatten auf den Captain zu.
Und es würde ihn nicht überaschen, wenn in seinem Gesicht die Frage „Auf was habe ich mich da nur eingelassen“ zu lesen sein würde.

„Bobo, das war eine dumme Idee.“
„Ich dachte, er wollte uns ausrauben.“
Die Unterhaltungsfetzen drangen an Aladdins Ohr, als er erwachte – und er wusste sofort, wem er die Kopfschmerzen zu verdanken hatte, die ihn gerade plagten. Bobo – welch kreativer Name.
Kurz spielte der jetzt-Prinz von Agrabah mit dem Gedanken, die Augenlider zu öffnen, aber nachdem er sie nur eine Idee aufgestemmt hatte, beschloss er, sie wieder zu schließen. Grelles Licht schoss ihm in die Netzhaut. Hatte er tatsächlich bis zum nächsten Morgen geschlafen?
Nein. Die Temperatur, die zwar ein wenig höher als vorhin war, hatte sich dennoch nicht sonderlich verändert. Immernoch biss die Kälte in die Nase und Wangen, aber er merkte, dass man ihm etwas Anderes angezogen hatte. Vielleicht war es kein kompletter Kleidungswechsel, aber er spürte die Wärme und Schwere eines Mantels auf seinem Oberkörper.
„Er hat uns aber nicht ausgeraubt.“, erklang die Stimme eines älteren, gesetzteren Herren und Aladdin erkannte sie sofort.
Vater.
Nun riss er die Augen dennoch auf, versuchte die Kopfschmerzen, die ihn nun heimsuchten und die er mit einem Kopfschütteln zu vertreiben – nicht sonderlich effektiv, wie er fand – und blickte dann in das langsam klarer werdende Gesicht von Karim, der der Herr der vierzig Räuber war – und sein Vater.
Aladdin merkte, wie sein Herz schneller schlug. Vater hier?
„Wie kommst…“
„… du hier her?“
Es war interessant, dass zwei Männer genau denselben Gedanken in genau die selben Worte fassen konnten.
Andererseits – wieso überraschte Aladdin dies? Er und sein Vater waren – obwohl ihnen nur eine kurze Zeit der Interaktion beschienen war – doch genau das. Vater und Sohn. Warum sollten sie sich nicht ähneln?
„Du zuerst.“, stöhnte der junge Mann, der früher am liebsten immer „one jump ahead“ gewesen wäre – also den anderen, genauer gesagt: den Wachen „einen Sprung vorraus“.
Karim nickte – Al konnte sich nicht helfen, er hatte das Gefühl, dass es ihn weise und gütig aussehen ließ, aber vielleicht war dies auch nur dem Fakt geschuldet, dass dieser Mann sein Vater war.
„Gerne“, nickte Karim erneut und schaute ihn an, „Wir sind auf der Suche.“
„Auf der Suche nach einem neuen Schatz?“
„Nein, nein.“
Das Lächeln, das seinem Vater über das Gesicht lief, war offen und ehrlich – der Mann verbarg ihm gegenüber nichts. Zumindest in diesem Falle nicht.
„Wir sind auf der Suche nach einem neuen Versteck. Unser Altes wurde von seltsamen Soldaten eingenommen.“
„Seltsame Soldaten?“
„Ja“; nickte der Herr der vierzig Räuber, „Sie kamen eines Tages einfach so aus dem Nichts und haben uns vertrieben – mit Magie. Dein Flaschengeist hätte uns da helfen können, aber ich will mich nicht beklagen.“
Er zuckte mit den Schultern: „Wir haben gut gekämpft, wenn ich das von mir sagen darf. Leider wurden wir dennoch geschlagen.“
„Und was sind das für Soldaten?“
Erneut zuckte Karim mit den Schultern: „Ich weiß es nicht. Sie sprechen in einer Sprache, die ich nicht verstanden habe und ihre Rüstungen sind… merkwürdig. Einer meiner Männer hatte am Anfang das Gefühl, dass sie lebende Dämonen seien, mit Köpfen wie Falken. Aber es stellte sich doch heraus, dass diese Tierköpfe nur Helme sind.“
„Ich kann euch helfen.“
„Nein!“
Karims Stimme war Zeugnis davon, dass dieses „Nein“ endgültig war. Anscheinend wollte er nicht einmal die Möglichkeit in Betracht ziehen.
Und dann – als wolle er diesen Eindruck noch bestärken – schaute er Aladdin an: „Und was treibt dich so allein in die Wüste? Irgendeine agrabahnische Todesprüfung, der Du dich während der Ehe unterziehen musst?“
Aladdin schüttelte den Kopf, was er sofort bereute. Das Gefühl, sein Gehirn käme ihm gleich entweder zu den Ohren oder durch den Mund hinaus, wurde kurz übermächtig, also schloss er die Augen, atmete tief durch und öffnete sie dann wieder.
„Nein nein. Nichts dergleichen.“
Und so begann er, zu erzählen.

Das war eine verdammt dumme Idee gewesen.
Dessen war sich Cal in dem Moment klar, als die Faust des Riesen ihn erneut traf und er nach hinten taumelte. Momentan meldete sich sein gesamter Körper. Die Ohren klingelten, die Nase stach, als wäre sie gebrochen, der Kopf brummte, die Lippen bluteten fröhlich vor sich hin und von anderen Körperteilen reden wir lieber nicht.
Der Riese hatte nicht einen einzigen Kratzer abbekommen.
Was war nochmal die Strategie des Captains gewesen? So lange mit dem Kinn vor die Faust des Riesen schlagen, bis sie bricht? Kein toller Plan, wie er merkte, als der Typ ihn packte und ihm erneut einen Kinnhaken versetzte, der ihn rückwärts gegen die Wand taumeln ließ.
Hoffentlich hatten die Anderen die Zeit genutzt und sich auf einen Plan verständigt, denn so langsam, aber sicher wurde der Captain wirklich wütend.
Unter dem nächsten Fausthieb duckte der Offizier sich weg und versenkte – als so ziemlich ersten Treffer seinerseits – seine Fäuste im Magen des Angreifers. Dieser keuchte einmal auf, aber das war es schon an Reaktionen. Stattdessen riss er sein Knie hoch, das den Captain am Kinn traf – Kniescheibe gegen Kinn, kein guter Wettstreit – und den Kopf des Kommandanten wieder nach oben beförderte. Dann schnellte die mächtige Pranke nach vorne, pinnte den Captain mühelos an die Wand und machte sich daran, seinen Adamsapfel ein bischen platter werden zu lassen.
Die andere Hand wollte nun den Gefallen, den Cal seinem Bauch getan hatte, an den Captain zurückzahlen.
In Erwartung des Schmerzes schloss Cal die Augen, doch dann schnitt die Stimme Mechanikles durch den Raum.
„GENUG!“
Es war interessant, wie sich eine normalerweise recht tiefe Stimme in ungeahnte Höhen schrauben konnte.
Der Riese hielt inne, ließ den Captain los, der zu Boden ging und nicht verhindern konnte, zu keuchen.
„So, damit haben Sie bewiesen, wie gut – oder besser: wie schlecht – Sie sind, Rollbraten.“, sprach der Grieche und trat auf ihn zu: „Wenn mein Käufer nicht gesagt hätte, dass alle Hochwohlgeborenen am Leben bleiben sollen, hätte ich meinem Freund hier gesagt, dass er sie erledigen soll.“
„Aber Blut macht doch so Flecken.“, keuchte Cal unter einem Lächeln und richtete sich auf, ehe er auf den Boden deutete, „Nicht wahr?“
Der Schreckenslaut, den der Grieche da von sich gab, war genug, um Cal zum Grinsen zu bringen. Er deutete auf das Kraftfeld: „Ich… werde dann mal, nech?“
Das Kraftfeld fiel, Cal taumelte hinein und sank neben Agatha zu Boden.
„War das klug, Prinz Doktor?“, hörte er die Stimme Jasmins über sich. Er öffnete die Augen und schaute sie an.
„Keine Ahnung.“, flüsterte er, „Auf jeden Fall dürftet ihr Zeit genug gehabt haben, euren Plan zu verfeinern. Und darauf kommt es an, oder?“

Aladdins Vater hob fragend eine Augenbraue.
„Lass mich das klarstellen“, sagte er und blickte seinen Sohn an, „Ihr wart auf der Suche nach Mechanikles und als ihr ihn gefunden hattet, feuerte Prinz Doktor von Fiktivistien – einem Land, von dem ich noch nie etwas gehört habe – einen Schuss Magie auf Mechanikles. Dieser Schuss wurde reflektiert und Du fielst vom Teppich?“
Der angesprochene Mann nickte, rappelte sich dann in die Stehende Position auf und richtete seine Kleidung.
„So war es, Vater.“, erklärte er dann.
„Nun“, setzte der ältere Anführer der vierzig Räuber an, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und legte nachdenklich den Kopf in den Nacken: „Ich weiß nicht, wohin der Teppich mit einen Freunden geflogen sein könnte, aber ich würde vermuten, dass die Magie, die zurückgeschleudert wurde, ihn auch beeinflusst hat.“
„Das würde bedeuten, dass die Chance besteht, dass meine Freunde in die Hände Mechanikles geraten sind.“
Diese Erkenntnis traf den jungen Abenteurer wie ein Blitz und er schaute zu seinem Vater: „Du hast doch sicherlich Informationen, wo sich jemand wie Mechanikles verstecken könnte, oder?“
Karims Lippen umspielte ein Lächeln: „Natürlich.“
Erst jetzt hatte Aladdin Gelegenheit, sich genauer umzusehen und einen Eindruck der Umgebung zu gewinnen. Sie waren in einer Art Höhle, soviel war ihm schon von der Akustik her klar gewesen. Der orange Widerschein etlicher Fackeln erhellte den Teil der Höhle, in dem sie sich befanden, sowie einen Gang, den der junge Prinz aber nicht genau einsehen konnte. Aus diesem Gang dröhnten Stimmen an sein Ohr, deren Besitzer sich irgendwo in einem weitreichenden Labyrinth von Höhlengängen, Sackgassen und Kreuzungen verbergen mussten.
„Natürlich“, schoss es dem jungen Abenteurer durch den Sinn, „Vierzig Räuber – wenn jeder von denen eine Privathöhle hat, muss das ein sehr großer Berg sein, in dem wir uns gerade verstecken.“
Die braunen Augen Aladdins fixierten nun den Herren der Vierzig Räuber.
„Was denkst Du? Wo könnte sich Mechanikles versteckt haben?“
Aladdin merkte, wie sein Herz begann, schneller zu schlagen. Wenn sein Vater eine Idee hatte, wo sich Mechanikles versteckte, dann könnte er sicherlich auch Jasmin und die Anderen finden. Oder?
Er wusste es nicht, er wollte aber auch nicht aufgeben. Aufgeben? Das war etwas für Leute, die beschlossen, dass es das alles nicht wert wäre. Und ausserdem – was war schon einfach?
Nichts, was sich lohnte war so einfach, oder?
Und ausserdem bedeutete es ja nicht, dass Karim gleich alle möglichen Verstecke kannte.
Aber der Junge aus Agrabah war sich schon sicher, dass er seine Geliebte finden würde.


Jasmin war sich sicher, dass Aladdin nichts unversucht lassen würde, sie zu finden. Während sie sanft immer wieder abwechselnd nach Thetis, Agathas, Papyrus und Cals Puls tastete – so häufig, wie die Frau, die sich selbst Agatha nannte, Prinz Doktor mit „Cal“ ansprach, war sie sich ziemlich sicher, dass „Prinz Doktor“ nicht ganz der richtige Name war -  und versuchte, die Sorge um vier „Bewusstlose“ glaubhaft darzustellen, hielt sie sich an diesem Gedanken immer wieder fest.
Aber sie würde nicht aufgeben. Dieser Charakterzug war ihr fremd, wenngleich sie oft genug an die Grenze dessen getrieben wurde. Oft genug war sie kurz davor, festzustellen, dass alles keinen Sinn hatte. So war es damals gewesen, als sie aus dem Palast geflohen war, so war es gewesen, als Jafar die Macht ergriffen hatte und so war es gewesen, als die Prophezeihung die Zerstörung Agrabahs vorhergesagt hatte.  Und jedes Mal war sie an einen Punkt gelangt, an dem sie sagte „So geht es nicht weiter.“
Deswegen war sie aus dem Palast geflohen, deswegen hatte sie Jafar gezeigt, was sie wirklich von ihm hielt und deswegen hatte sie sich schützend vor das kleine Kind geworfen, als ein Turm bei der Zerstörung Agrabahs über ihm zusammengebrochen war.
Und deswegen würde sie auch hier nicht aufgeben. Deswegen würde sie auch hier zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt war.
Die grünen Augen „Prinzessin Songs“ öffneten sich und sie nickte ihr zu.
Jasmin stieß einen erleichterten Laut aus – der nur teilweise geschauspielert war -  und beugte sich dann vor.
„Prinzessin Song!“, keuchte sie, „Bist Du in Ordnung?“
Und sie kam nicht umher, das schauspielerische Talent der Prinzessin zu bewundern, als sie sich träge erhob, ihre Hand gegen ihre Stirn bettete und ein „Annnh, nicht so laut. Es dreht sich noch alles“ stöhnte.
Beide Prinzessinnen warfen einander einen Blick zu, nickten und richteten sich dann auf.
Jasmin mit pfeilgeradem Rücken, Song – Agatha – wie auch immer – ließ sich gegen die Wand sinken, die sich hinter ihnen befand und sackte ein wenig in sich zusammen, jedoch so, dass sie immer noch stehen konnte.
„Was… wasis passiert?“, lallte sie mit schwerer Zunge und Jasmin trat auf sie zu, ihr sanft eine Hand gegen die Stirn legend: „Nicht sprechen, Prinzessin“
Nun konnte sie nur hoffen, dass man ihr die Besorgnis, die sie zu verkörpern suchte, abnahm, als sie erneut kontrollierend ihre Hand von der Stirn nahm und an die Pulsfühlpunkte legte, wie man es ihr seinerzeit beigebracht hatte. Natürlich war Prinzessin Agatha-River Silverbird-Songs Puls stark und kräftig, aber sie musste natürlich so tun, als wäre dem nicht so.
Sie keuchte entsetzt auf, umfasste die Hüfte der Frau und sagte nur „Ganz ruhig. Setz dich lieber.“
Und damit half sie ihr, sich zu setzen und sah mit einem entsetzten Gesichtsausdruck mit an, wie River neben ihren Prinzen sank.
Nun wurde es Zeit für ihren Auftritt. Sie wirbelte herum, schaute zu Mechanikles und ging in die Knie.
„Bitte!“, stieß sie hervor, „Bitte, ich flehe dich an, Mechanikles, bei allem, was Dir heilig und anständig ist – lass sie gehen. Oder bring sie wenigstens in Sicherheit. Ich bleibe als Pfand bei dir.“
Das laute Lachen, das Mechanikles ausstieß, war beinahe schon wieder zu sehr Klischee, aber wenn sie ehrlich war, hatte sie gar nichts anderes erwartet. Zumal sie sich sowieso sicher gewesen war, dass der Grieche auf diese Idee nicht eingegangen wäre. Also – alles kein Problem. Die Mädels und die beiden Prinzen wurden in den Plan eingeweiht und nun musste sie die Ablenkung spielen.
Und plötzlich geriet der „bewusstlose Körper“ Prinzessin Songs in Zuckungen.
Jasmin konnte sich ein Lächeln gerade noch verkneifen – es wurde Zeit, den Plan auszuführen.

Mechanikles war gerade dabei, die Blutflecken, die der Prinz hinterlassen hatte, zu entfernen, als der Sauberkeit seiner Behausung neues Ungemach drohte. Eigentlich kaum zu fassen, da hatte er sämtliche Spinnen vertrieben, sämtliche Woll-, Staub-, und Real-Lebende-Mäuse durch neueste High-Tech aus diesem Versteck gejagt – da kam Prinz Doktor und begann, alles vollzubluten. Wo kam man denn da hin? Was kam als nächstes? Schweißflecken auf dem Boden? Speichel? Igitt.
Andere Körperflüssigkeiten, über die wir hier lieber nicht sprechen wollen, vielleicht isst der eine oder andere noch?
Warum konnten sich andere Menschen nie so reinlich verhalten, wie er? Nein. Sie schwitzten, sie husteten, sie röchelten – und überall waren Bazillen. Vielleicht sollte er nachdem er die Hochwohlgeborenen an den Käufer verkauft hatte, mal kurz feucht durchwischen?
Als dann auch noch die Prinzessin, die er eigentlich gar nicht auf dem Auftragszettel hatte, sie aber aus Komplettierungsgründen dennoch mitnahm, begann, zu zucken und vermutlich dadurch auch noch ihren Schweiß verteilte, schüttelte sich der Grieche, trat an das Kraftfeld und schrie: „RUHE!“
Die Antwort war ein noch lauterer Schmerzensschrei der unbekannten Prinzessin.
„Das kann doch wohl nicht wahr sein. Jetzt muss ich da auch noch putzen!“
Dies murmelnd und das Kraftfeld abschalten, war für Mechanikles eines.
„Los, kommt raus, damit ich da feucht durchwischen kann.“
Jasmin schaute ihm in die Augen: „Wirklich, Mechanikles, Du lässt uns einfach so raus?“
„Natürlich, wo solltet Ihr sonst hin? Es ist ja nicht so, als wäre ich in einer der Höhlen, die in der Nähe von Agrabah sind.“
Und dann, mit Blick auf den Boden: „Verdammt, das bin ich ja.“
„Und noch was anderes.“, sagte Jasmin und Mechanikles blickte sie an: „Ja, was denn?“
„Unglaublich Blöd!“, kam es von dem leblosen Körper des unbekannten Prinzen, dann schoss dessen Hand hoch, krallte sich um den Kehlkopf des Griechen und drückte einmal kurz zu. Mechanikles bekam kurzzeitig keine Luft und dann einen Stoß, der ihn zu Boden gehen lies.

Cal griff nach Agathas Hand, als er sich aufrichtete und dann zu Papyrus herübergrinste, der sich ebenfalls hochrappelte: „Schnapp ihn Dir, Tiger.“
„Mit dem größten Vergnügen.“
Sprach der Ägypter und war auf den Beinen, um zu Mechanikles zu gehen.
Der Captain bekam davon relativ wenig mit, er wandte sich erneut zu seiner XO, die nun ganz ruhig da lag – und stahl ihr einen Kuss, ehe er ihr in die Seite piekst: „Komm hoch, Schatz, wir müssen.“
Agatha öffnete die Augen, schüttelte ungläubig den Kopf und stand auf. Sie blickte zuerst zu Theti, dann zu Jasmin und anschließend zu Cal: „Ich hätte nie gedacht, dass dieser Trick funktioniert. Ich meine, der hat doch eigentlich einen Bart.“
„Naja, wir haben ihn halt rasiert.“
Ausserdem, aber das wusste ja eigentlich – ausser Agatha – nur Cal: Sie waren in der Vergangenheit. Das heißt natürlich, dass alte Tricks hier noch relativ neu sind.
Ein weiteres Plus: Sie waren im Disneyversum und hier klappten die alten Tricks immer noch am Besten. Der Captain stand nun auf, deutete hinter sich auf den Kampf zwischen Mechanikles und Papyrus, der relativ einseitig war – aber was wollte man erwarten. Mechanikles war nun mal ein Erfinder, kein Kämpfer.
„Wollen wir?“, fragte er die versammelte Prinzessinnenbrigarde. Wie eine Frau nickten die Ladies, Agatha zwinkerte ihm zu und sagte: „Lass uns wollen.“
Der Captain drehte sich um, Agatha hakte sich bei ihm ein, von der anderen Seite tat es der XO Jasmin gleich, während sich Theti bei Agatha einhakte.
„Dann wollen wir mal.“, sprach der Captain und setzte sich in Bewegung.
„Komm Papryus“, rief Theti in diesem Moment, „Ich glaub, er hat genug.“
Erst jetzt fiel Cal auf, dass Mechanikles überhebliches Gebaren fehlte, als Papyrus von ihm ablies.
Hatte da einer seine Lektion gelernt?
Irgendwie wagte der Captain dies zu bezweifeln, als… ihnen ein Ding, eine mechanische Konstruktion, vor die Füße rollte.
Cal legte den Kopf schief. Ein Roboter, hier?
„Oh nein“, keuchte Jasmin neben ihm auf, „Schaut ihm nicht in die Augen, es ist…“

Gregarius.
Jasmin fluchte in Gedanken und schloss die Augen.
Schon einmal hatte sie mit diesem Geschöpf zu tun gehabt. Es war – von Mechanikles, natürlich, von wem sonst? – in den Palast geschickt worden und hatte sofort angefangen, zuerst Aladdin, dann den Sultan und schließlich sie selbst in einen Zustand zu bringen, in dem sie jedem Vorschlag zugänglich waren.
Hatte Prinzessin Song sowas nicht vor ein paar Stunden „Hypnose“ genannt?
Wie auch immer dieser Trick hieß, sie wusste nur, dass sie dem Geschöpf nicht in die Augen schauen durfte.
Und dann merkte sie, wie neben ihr der Mann, der Prinz Doktor genannt werden wollte, stehenblieb.
Bei allem, was ihr heilig war.
„Prinz Doktor? Prinzessin Silverbird?“
Nichts.
„Papyrus? Theti?“
Wieder nichts.
Verdammt – Gregarius – oder Greg, wie er genannt werden wollte – hatte die anderen mit einem schnellen Schlag erwischt.
Schnell machte sie sich vom Prinzen los, begann zu Rennen und öffnete die Augen, als sie sicher war, aus Gregs Dunstkreis entflohen zu sein.
„Steht nicht so dusslig da!“, rief Mechanikles, plötzlich wieder oben auf, „Fangt Sie!“
Jasmin rannte schneller, sie wusste, dass mit Papryus, Theti und Silverbird nicht zu spaßen war – dies hatte sie schnell genug mitbekommen.
Hoffentlich fand sie eine Möglichkeit, schnell zu entkommen.

 „Steht nicht so dusslig da! Fangt Sie!“
Mechanikles merkte, wie seine Stimme einen ungeduldigen Klang bekam. Merkwürdig war das nicht – nachdem was Papyrus ihm angetan hatte, würde vermutlich mit dessen Bazillen und Krankheitserregern übersäht sein.
Igitt.
Dabei hatte er doch so eine sensible Haut, die vom ewigen Waschen angegriffen wurde.
Wie gut, dass er seinen getreuen Roboter Gregarius repariert hatte. Eigentlich müsste man diese Kreatur nicht großartig kennen, sie war nur eine Fußnote in seinem Krieg gegen Agrabah und dessen Bewohner – aber eine Effektive.
Dafür, dass Morgana ihm gezeigt hatte, wie diese Kreatur einen eigenen Willen entwickeln konnte, aber gleichzeitig keine Allmachtsfantasien ihm gegenüber hegte, war er der Hexe aus der Zwischenwelt bis heute noch dankbar. Und dabei war sie einfach so, aus dem Nichts, erschienen, war mit schwingenden Hüften auf ihn zugekommen und hatte ihn berührt. Eine Katzenfrau? Igittigitt. Wer weiß, ob sie Flöhe hat?
Aber laut ihr war es eigentlich einfach gewesen, diesen Roboter zu konstruieren. Dieser Situationsanalyse war der Grieche mehr als nur gewillt, zuzustimmen, nachdem er es versucht hatte und es auf den ersten Anlauf gelungen war.
Greg zu reparieren, nachdem der Genie ihn beschädigt hatte – das war auch vergleichsweise einfach. Das Einzige, was man dazu brauchte, war Geduld. Und diese Tugend hatte Mechanikles – sowie von ihr mehr als nur genug.

Und wie dankbar er Greg war, als dieser sich den Flüchtlingen angenommen hatte. Die Einzige, die sich immun gezeigt hatte, war Prinzessin Jasmin, aber irgendwie hatte ihn dies nicht sonderlich überrascht. Wohl aber, dass die Brigarde um das Prinzenpaar Theti und Papyrus keinerlei Anstalten zu machen schien, der fliehenden Jasmin zu folgen.
Stattdessen standen sie, wie vom Donner gerührt, da, starrten aus Augen, deren Augenlider auf Halbmast hingen,  stumm, dumm, geradeaus.
Der Grieche trat näher.
„Ich sagte: Steht nicht so dusslig da! Fangt Sie!“
Nichts. Keine Reaktion.
Verdammt, was war da wieder nicht richtig gelaufen? Hatte Gregarius sie zur Untätigkeit hypnotisiert?
Nun trat Mechanikles noch näher, so nahe, dass sich seine Nase und die des Mannes, der sich selbst „Prinz Doktor“ nannte,  beinahe berührten.
„Ich sagte“, wiederholte er und wurde im Folgenden so laut, dass seine Stimme sich beinahe überschlug: Steht nicht so dusslig da! Fangt Sie… aaaaaaaargh. !“
Der letzte Laut rührte daher, dass Prinz Doktors Hand nach vorne geschnellt war, den Kehlkopf Mechanikles gefunden und zugedrückt hatte.
Die Augen des Prinzen, die vorher noch braun und unintelligent in die Ferne gestarrt hatten, bohrten sich nun mit unversöhnlichem Hass in seine eigenen.
Und mit einem „Fang sie selber“ hieb er zu, traf den Griechen mitten im Gesicht – so hart, dass Mechanikles beinahe befürchtete, Prinz Doktor habe ihm einen Zahn ausgeschlagen.
Zu Boden taumelnd, tastete er nach der Nase, die plötzlich sengendheiß schmerzte und zuckte zusammen, als er etwas heißes, flüssiges ertastete, das aus seiner Nase schoss.
„Na?“, grinste Prinz Doktor, „Blutet’s?“
Und damit traf ihn die Sohle des Mannes im Gesicht. Kurz umfasste Dunkelheit Mechanikles.

Jasmin merkte, wie ihr Atem schneller ging.
Ihre innere Stimme riet ihr, sich zu beeilen. Wohin? Eigentlich egal, hauptsache weg von hier. Hauptsache weg von Mechanikles und seiner Höhle, hauptsache weg von den Anderen, die nun in den Diensten des Griechen stehen mussten.
Die durchtrainierten Beine der Prinzessin taten dabei gute Arbeit, ihre Geschwindigkeit zu erhöhen, sie eilte, hetzte und flitzte, über kleine, aber scharfkantige Felsen, die sie übersprang, unter Felsformationen hindurch, die ihr nur einen kleinen Platz zum Kriechen ließen. Sie hatte keine Zeit, sich genauer einzuprägen, in welche Richtung sie eilte – alles war besser, als in dieser Höhle zu bleiben. Vorbei an Felsen, die von der Decke herabhingen und an solchen, die aus dem Boden wuchsen, einfach nur raus aus diesem engen Höhlengang, der wie ein Schlauch einfach nur geradeaus führte.
Das Herz der Prinzessin begann, immer schneller zu schlagen, immer mehr zu pumpen und sie hörte in ihren Ohren, wie das Blut rauschte. Sie würde nicht aufgeben, denn sie wusste, dass irgendwann eine Höhle auch einen Ausgang haben musste. Das Licht, das – zunächst nur unscheinbar, dann aber immer unignorierbar – vor ihr schien, wurde immer heller und heller und es war Jasmin klar, dass dies der Ausgang sein musste.
Sie musste diese Öffnung erreichen und würde nicht aufgeben, bis sie entweder Aladdin gefunden oder Agrabah erreichte. Dann würde sie eine Armee zusammenstellen, wieder zurückkehren und Mechanikles fangen, sowie Gregarius zerstören, auf das die beiden Prinzenpaare wieder sie selbst waren.
Und nicht vorher würde sie sich Ruhepausen gönnen, die länger als maximal fünf Minuten waren.
Ihre Füße hämmerten auf den Boden, trieben sie vorran und das Licht des Höhlenausgangs – oder Höhlenmundes – wurde immer heller. Es würde nicht mehr lange dauern und sie wäre frei.

Die Finger schnippten und Leben kehrte in Agatha Silverbirds hübsches Gesicht zurück. Sie fand sich in einer Reihe stehend wieder, neben Theti und Papyrus, die beide jetzt in die Gegenwart zurückfanden. Es schien sich einiges geändert zu haben, während sie in Trance gewesen war – der Grieche lag bewusstlos am Boden und der Roboter, der sie hypnotisiert hatte, war relativ kopflos, spieh Funken und lag, auf die Seite gekippt, ebenfalls am Boden. Nur der Kopf, der ebenfalls Funken sprühte, lag – in seine Fregmente zerschmettert – vor ihr und über ihm stand, schwer atmend und mit einem scharfkantigen Felsenstück in der Hand, Cal.
„Wurd auch Zeit, dass Du wach wirst, Agatha.“, grinste er und ließ den Felsen erneut auf den Roboterkopf niedersausen.
„Nenn mich Greeeeee“, brachte der Hypnotiseur noch einmal zustande, ehe ihn seine Fähigkeit, die zur Kommunikation, verlies.
Die XO schaute ihren Captain verblüfft an.
„Klarnamen, Cal?“ , fragte sie dann und sah, wie der Captain nickte und ohne sich die Mühe zu geben, eine andere Sprache zu wählen, sagte „Klarnamen, Agatha.“
Damit wandte er sich an Theti und Papyrus: „Erfreut, euch kennen zu lernen. Mein Name ist Cat – Calvin Nathan Cat. Ich bin der Kommandant der USS DRAGONFLY. Dies“ – er deutete auf Agatha – „ist meine erste Offizierin und Freundin. Und bevor ihr fragt – ja, mehr oder weniger sind wir Prinz und Prinzessin.“
Damit zuckte er mit den Schultern und schaute zum Griechen, der gerade wieder zu sich kam und durch laute Unmutsbekundungen auf diesen Zustand aufmerksam machte.
Mit einem Grinsen auf den Lippen fuhr der Captain zu Mechanikles herum, trat auf ihn zu und packte ihn am Kragen.
„Also“, bellte er und Agatha hatte das Gefühl, dass seine Stimme nichts Menschliches mehr hatte, „Wie kommst du an die Plakette der DRAGONFLY?![/b]
Verblüfft hob die XO die Augenbrauen und trat neben den Kommandanten, ihm eine Hand auf die Schulter legend.
„Cal?“, fragte sie und blickte ihn an – vermutlich, aber dessen war sie sich schon beinahe sicher – konnte man in ihren Augen Sorge um den Mann sehen. Und wer konnte es ihr verdenken, schließlich verhielt er sich gerade sehr OOC.
„Cal?“, wiederholte sie und zuckte zurück, als der Captain den Griechen fallen lies und zu ihr herumfuhr. Der Blick, mit dem ihr Freund sie ansah, wirkte nun alles Andere als nett.
Sicherlich, sie hatte ihn hier und da schon mal angesäuert erlebt – oder auch mal komplett wütend – aber das, was jetzt da in Cals Augen funkelte, waren keine warmen Lichter, wie man sie eventuell von einem Adventskranz erwarten würde, sondern purer Hass.
„Du mischt dich viel ein, XO.“, knurrte er, „ist das alles, was Du kannst?“

Und dann kam Hilfe von einer Stelle, die Agatha so nicht gedacht hätte.
Mechanikles brachte ein schnelles „Vorsicht, er hat auf die Hypnose durch Gregarius anders reagiert!“ hervor, ehe der Captain herumfuhr und ihm mit dem Fuß gegen die Schläfe trat. Mit einem schmerzvollen Schrei sackte der Grieche wieder in sich zusammen.
Cal hatte seine Pirouette währenddessen vollendet, blickte Agatha an und lächelte, als sie merkte, dass ihr Gesichtsausdruck vermutlich sehr überrascht war.
„Was?“, fragte der Captain, in einer – beinahe schon übertrieben- liebenswürdigen Tonlage: „Agatha, wie kann ich Dir zu behufe sein?“
„Erdbeerparfait!“, sagte die XO – sie wusste, dass der Captain auf diesen Trigger reagierte und gleich in ihre Arme sinken würde… und keuchte entsetzt auf, als dieser den Kopf schräg hielt und dann den Kopf schüttelte.
„Klappt irgendwie nicht, hm? Aber meiner klappt.“
Damit schnippte er und sagte irgendwas – ehe es Dunkel wurde.

Calvin Nathan Cat fing die in sich zusammensinkende Agatha auf, lächelte sanft, als er sie niederlies und schaute dann zu Papyrus und Theti, die ihn verblüfft anblickten.
„Was?“, fragte er, stand auf und zuckte mit den Schultern: „Ich fürchte, Agatha ist nicht auf unserer Seite. Darum werde ich mich nachher kümmern.“
„Ihr werdet euch nicht erst nachher um diese Sache kümmern. Ihr werdet Agatha Silverbird in eure Gruppe integrieren, damit ihr Jasmin verfolgen und fangen könnt.“
Diese Worte wurden mit einer gewissen Rauchigkeit in der Stimme gesprochen und Cal fuhr herum. Es überraschte ihn nicht, in das feline Gesicht von Morgana zu blicken, die neben Agatha kniete und ihre Hand auf die Stirn der XO bettete.
„Darf ich mal erfahren, warum ich Dir zu Diensten sein sollte, Morgana?“
Ein leicht-amüsiertes Kichern entrann der Kehle der Magierin, ehe sie von Agatha ablies und auf Cal zutrat.
Der Captain merkte, wie sein Herz immer schneller schlug. Diese Katzenfrau machte keine Späße – eigentlich hätte er sich daran doch erinnern müssen. Aber momentan fragte er sich sowieso, was mit ihm los war. Er fühlte sich gut – angeknipst. Nicht wie ein willenloser, hypnotisierter Lakai, sondern wie jemand, der plötzlich und unerwartet eine neue Identität bekommen hatte. Jemand der…
Oh Gott.

Jasmin rannte immer noch und hatte inzwischen eine Veränderung der Umgebung festgestellt.
Würde man mit einer Person aus der Jetztzeit sprechen, hätte sie gesagt, dass seit sie knapp 140 Metern ,   von dieser Höhle aus zurückgelegt hatte, die Umgebung angefangen hatte, sich zu verändern. Welche Terminologie die agrabahnische Prinzessin dafür verwendete, mag nun jedem selbst überlassen sein. Fakt ist – sie rannte und inzwischen sah die Höhle anders aus. Sie war nicht mehr so dunkel wie vorher, war auch nicht mehr so metallern. Dies war ihr sofort aufgefallen, als sie gerannt war – hier hatte jemand eine Art Stollen in den Berg getrieben. Warum, weshalb, wieso? Das wusste sie nicht, sie kannte nur die Fakten. Und diesen Stollen hatte sie verlassen. Zwar hatte sie noch eine Art „Decke“ eines Berges über sich, aber sie sah, dass es nicht mehr all zu lange dauerte, bis sie den Berg, in dem sie sich befand, verlassen hatte.
Und sie würde Aladdin finden – und wenn es ihr Leben kosten würde.

„Bin…“, stammelte Cal und blickte Morgana erschrocken an, „Bin ich ein Zylone?“
Die Katzengöttin lachte: „Wenn Du dich als solchen sehen willst, bitte – ich sage nicht ja, aber ich sage auch nicht nein. Natürlich, es könnte sein. Aber warum sollte ich Dir Gewissheit geben?“
„Weil ich dich inständig darum bitte?“, sprach der Captain – oder Zylone? Vielleicht Zylone in Teilzeit? Gab es sowas überhaupt? Wurde das vom Arbeitsamt gefördert?
Der Captain wusste es nicht, er wusste nur, dass er in die Knie ging und den Kopf neigte: „Meine Gebieterin, befiele.“
Verdammt, was war das denn? Jetzt klang er schon wie Darth Vader – und das nur, weil er dachte, dass er ein Zylone war? Das war doch noch gar nicht bewiesen?
Cals Kopf ruckte hoch.
„Moment mal“ – und damit schaute er Morgana an – „Du versuchst mich hier gerade zu verwirren.“
Morgana lächelte: „Schlaukopf! Aber – ich möchte nur eine Sache von Dir. Fang mir Jasmin.“
„Warum?“
„Weil ich es dir befehle.“
Sprachs, schnippte mit den Fingern und hatte ihr Kleid gegen eine rot-schwarze Starfleetuniform getauscht, an der fünf Rangpins zu sehen waren.
Cal schluckte und nahm Haltung an: „Verstanden, Admiralin Morgana.“
Dann schüttelte er mit dem Kopf: „Du machst mich noch Kirre!“
Morgana lachte.

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Sie rannte und rannte. Ihr Körper hatte auf Autopilot geschaltet, sodass sie sich über Fragen, wie etwa „In welche Richtung renne ich eigentlich“ gar keine Gedanken machte. Weg von hier – nur das war wichtig. Einem inneren Kompass folgend war sie sich sicher und hoffte, dass am Ende des Weges, den sie gerade auf sich nahm, Aladdin warten würde – vielleicht sogar mit der agrabahnischen Armee, einer der Besten ihrer Zunft. Zugegeben, Razul mochte brutal sein, unfair gelegentlich – aber sie wusste, dass auf dieser Mann im tiefsten Grunde seines Herzens nur das Beste für Agrabah wollte. Und aus diesem Grunde konnte sie ihm vertrauen – ihm und dem Rest der Armee.
Neben ihr spritzte Staub, Sand und Dreck auf, hochgewirbelt von einer Explosion.
Sie wirbelte herum – war sich sicher, dass man ihr ansehen konnte, dass sie geschockt war. Nun wandte Mechanikles noch die Magie des Prinzen Doktors gegen sie an.
Und sie wusste, dass die diesem Mann aus dem Königreich Fiktivistien keinn großartigen Vorwurf machen konnte – er befand sich unter dem Zauber des Gregarius und war ihm somit willenlos ergeben. Wasimmer dieses Wesen dem Prinzen befahl – er würde es ausführen. Und wenn dieser Befehl vorsah, sie, Jasmin, durch Magie zu töten, dann würde es so kommen.
Erneut sausten rötliche Blitze heran und die Prinzessin warf sich – auf alte, antrainierte Reflexe vertrauend – zu Boden. Sie spürte Hitze, die über ihren Körper leckte und so schnell an ihr vorbeirauschte, wie sie gekommen war.
Es war an der Zeit, Diplomatie als Waffe zu verwenden.
„PRINZ DOKTOR!“, rief Jasmin, richtete sich auf, straffte ihre Gestalt und bemühte sich, ihrer Haltung und Stimme einen neutralen Ausdruck zu verleihen.
Der Magiebeschuss hörte auf und aus dem Höhleneingang schälten sich die Gestalten Papyrus, Thetis, des Prinzenpaares Doktor und River.
Während die beiden Hochwohlgeborenen aus Theben die Arme vor der Brust verschränkten und sie herausfordernd anblickten, hatten sowohl Prinz Doktor als auch Prinzessin Song ihre merkwürdigen Waffen entsichert und richteten sie auf sie.
„Prinz Doktor, Prinzessin Song, überlegt, was ihr tut!“
Die Stimme Jasmins hallte über den Fleck Wüste, den sie zwischen sich und die Höhle gebracht hatte, aus der sie gekommen war. Und erst jetzt, als sie sich diesen Berg genauer betrachtete, erkannte sie ihn.
Es war der Nf’y-Berg, der keine 3 Kilometer von Agrabah aus empor ragte.
Oft genug hatte sie diesen Berg gesehen und hatte sich gefragt, wie die Natur es geschafft hatte,ein derart großes Plateau entstehen zu lassen, eine Art „Teller“, der sicherlich seine 100 Meterin die Luft hineinragte. Oft genug hatte sie ihren Vater gefragt, der nur mit dem Kopf geschüttelt  und sich in seinen typischen Väter-Antworten ergangen hatte. Seine liebste Antwort war: „Das erfährst Du, wenn du groß bist.“
Nun, sie war groß, sie hatte die Welt bereist, sie hatte ihre Antwort nie erhalten. Zwar wusste sie, dass es Berge gab, die durch Unterspülungen von Flüssen eine bestimmte, charakteristische Form annahmen, aber in Agrabah, in der Wüste, hatte sie noch nie einen Fluss gesehen, der in der Nähe des Nf’y-Berges entlanggeflossen wäre.
Es half nichts – der Nf’y-Berg war eines der größten Mysterien der Menschheit.

Und nun stand sie, vor dieser geschichtsträchtigen Kulisse, die Füße und dazugehörigen Beine fest und stark auf den Boden gestellt, den Rücken pfeilgerade aufgerichtet und versuchte, ihren Gegenübern mit nur einem einzigen Blick sämtliches Interesse an einem Kampf zu nehmen. Sie versuchte das zu zeigen, was ihr Vater ihr immer eingebläut hatte: Stärke.
„Überlegt, was ihr tut.“, sagte sie erneut, holte tief Luft und – es war, als würde ein Regisseur eine Szene drehen – Wind kam auf und wehte ihre Haare hinter sie.
Sie würde nicht mehr weichen, sie würde hier stehenbleiben und die Angreifer wenn nötig zu Tode argumentieren.
„Euer Tun kann künftige Handelsbeziehungen mit dem agrabahnischen Königreich gefährden.“, sagte sie und versuchte, ihrer Stimme genug Kraft und Entschlossenheit zu verleihen, „Das wäre sicherlich nicht im Sinne eurer Väter.“
Damit blickte die Prinzessin zu Papyrus und Theti: „Oder was würde dein Vater, Mehren-Re, der Herrscher der beiden Länder, sagen, wenn ihr keinen Handel mit Agrabah treiben könnt?“
Das schien zu fruchten.
Thetis Haltung änderte sich – zuerst wirkte sie arrogant-desinteressiert, nun hatte Jasmin das Gefühl, als würde im Kopf der Frau aus Theben ein Überlegungsprozess in Gang gesetzt werden. Auch Papyrus schaute erst sie verblüfft an, dann Theti.
Einzig Prinz Doktor und Prinzessin Song schienen unbeeindruckt. Beide fixierten Jasmin mit einem Blick, ehe Prinz Doktor kurz zu Theti und Papyrus blickte: „Konzentriert euch! Sie will uns nur entzweien!“
Dann fixierte er wieder Jasmin über den Lauf seiner merkwürdigen Waffe hinweg.
„Nein!“, rief Jasmin über die Ebene hinweg, „Ich habe nur das Beste für die Bevölkerung Thebens im Sinn. Unsere beiden Länder können gute Geschäfte miteinander tätigen – doch dazu wird es nicht kommen, wenn ihr helft, mich hier in der Wüste umzubringen.“
„Wer sagt was von Umbringen?!“
Die Stimme des Prinzen Doktor schien ein einziges Gebell zu sein, als er die Waffe hob und auf Jasmins Brust zielte, „Bleib da stehen und lass Dir helfen!“
Also das war ja wohl die größte Unverschämtheit, die sie je gehört hatte.
„Helfen, ja?“, fragte sie, „Mit einer Waffe, die auf mich gerichtet ist?“
„Wir müssen ja dafür sorge tragen, dass Du keine Dummheiten machst.“, rief Prinzessin Song, „Schließlich wünschen wir alle einen erfolgreichen Ablauf dieser Operation.“
Jasmin durchzuckte es.
Irgendwas war da mit der Stimme Rivers. Sie kam ihr vertraut vor – nicht wie „ferngesteuert“ und „mit fremden Gedankengängen versehen“, sondern so, als wäre es tatsächlich und wirklich Prinzessin Song.
„Erfolgreicher Ablauf?“, fragte sie und blickte die Prinzessin fragend an. Diese nickte, dann riss sie ihre Waffe hoch und feuerte.

Deanna Troi hatte ihm damals eine Geschichte erzählt. Sie hatten sich im zehn Vorne zusammengesetzt – er hatte ein Praktikum auf der ENTERPRISE gemacht und sie war mehr oder weniger die Ansprechperson gewesen. Man unterhielt sich über dies und über jenes und der Mann, der später einmal Captain werden würde, warf einen sehnsüchtigen Blick auf eines der lächerlich-bunt gefärbten Getränke, die die Barfrau Guinan ausschenkte. Deanna hätte für die Feststellung, dass der damals 15 Jährige Cal mit dem Konsum von Alkohol liebäugelte, keine Betazoidin sein müssen und sie erzählte ihm von einer Begebenheit während ihres ersten Jahres auf der ENTERPRISE-D. Damals hatte ein Virus sie alle verrückt gemacht und sie hatte sich an Will gelehnt und wie betrunken vor sich hingemurmelt, dass sie alle Empfindungen fühlen könne.
Wieso dem Captain dies jetzt in den Sinn kam, wusste er nicht, er wusste nur, dass er am liebsten genau jetzt Deanna Troi eine Subraumbotschaft geschickt hätte, mit dem einfachen Inhalt, dass er sie verstand. Denn jetzt fühlte er sich wie trunken. Die ganzen widersprüchlichen Emotionen, die er empfand, die auf ihn einprasselten, diese Ahnungslosigkeit, ob er nun tatsächlich ein Zylone war oder nicht, diese Panik, was wäre, wenn er ein Zylone wäre – im nächsten Moment war ihm das alles egal und er wollte sich seiner Meisterin, der wunderbaren Morgana, seiner Göttin der Sonne und der Liebe, zu Füßen werfen, dann wollte er ihr eine verpassen, weil sie ihn komplett verrückt machte und dann dachte er an seinen Vorsatz, niemals eine Frau zu schlagen.
Das alles machte ihn trunken vor Verwirrung – und noch nicht mal im positiven Sinne.

Cal hörte ein Schnipsen. Morgana blickte ihn lächelnd an und er merkte, wie er Haltung annahm.
„Ich befehle Dir“, sagte die Hexe mit einem Schnurren in der Stimme, das bei einer anderen Person, nämlich seiner XO, und zu einem anderen Zeitpunkt, nämlich ihm und Agatha im Bett, sicherlich dafür gesorgt hätte, dass… - sagen wir mal: Dass nicht nur er strammgestanden hätte.
Aber dies war Morgana und Cal hatte es nicht so mit Furrys. Wer darauf stand – bitte. Seine Baustelle war dies nicht.
So schaute er sie an, legte abwartend den Kopf schief, wobei er sich eigentlich schon sicher war, was genau Morgana ihm nun befehlen würde. Und tatsächlich, seine Ahnung hatte ihn nicht mal einen Millimeter weit getrogen. Der Befehl war klar formuliert – holt euch Prinzessin Jasmin und sorgt dafür, dass sie auf unserer Seite ist.
Na, wenn es nicht mehr war.
Der Captain salutierte, ging zu der Werkbank, auf der Mechanikles seinen Phaser hatte liegen lassen, nahm sich die Waffe und überprüfte sie auf Ladung.
Befriedigt nickte er, nahm dann den Phaser Agathas, überprüfte diesen auch, machte kurz eine kleine Zielübung, indem er die beiden Waffen vorrucken ließ und auf Thetis und Papyrus Oberkörper zielte – dann nickte er und steckte seine Waffe weg, ehe er zu Agatha ging.
Er hockte sich neben sie, tastete nach ihrem Puls und nahm sie dann in die Arme.
„Schatz“, sagte er – aber ohne jegliche Panik in der Stimme, dass sie dem folgenden Befehl nicht nachkommen würde – „Wach auf. Bitte.“
Er hörte, wie sie neben ihm atmete, sanft, schläfrig stöhnte und ihn dann verwirrt anblinzelte.
„Cal, was ist…“
Er hielt ihr den Phaser hin: „Darüber reden wir gleich, Schatz, okay? Zunächst mal – bist Du bereit, Prinzessin Jasmin zu jagen und dafür zu sorgen, dass sie wieder bei uns mitmacht?“
Die Antwort darin bestand aus einem Phaserstoß, der aus der Waffe der XO kam und der in den Griechen fuhr – und sein Bewusstsein somit wieder in die tiefsten Tiefen der Ohnmacht verbannte.
Die XO zwinkerte ihm zu, küsste ihn – hart und wild – und nickte dann: „Klar, so bereit wie es nur geht.“

Als der Schuss die Waffe Agathas verließ und sich auf den Weg zu Jasmins Körper machte, war er sich sicher, sein eigenes „ NEIIIIIN! “ in Stereo zu hören. Das lag daran, dass in diesem Moment nicht nur er selbst schrie – sondern auch ein plötzlich auf der Bildfläche auftauchender Aladdin, der, heldenhaft wie eh und jeh, Anlauf nahm und mit pantherhafter Agilität – Michael Mittermaier sei für diesen Ausdruck gedankt – gegen Jasmin sprang. Das schützte die Prinzessin davor, betäubt zu werden, das Problem war, dass der junge Abenteurer nicht soviel Glück hatte. Überrascht seufzend sank er gegen die Prinzessin, die es geistesgegenwärtig schaffte, sich so zu drehen, dass sie – ihren Helden schützend – auf ihm lag. Sie riss den Kopf hoch und funkelte Agatha an.
„Na los, versuch es nochmal.“, zischte sie – „Bitte, gerne.“, nickte Agatha – und ging, von einem Strahl in die Brust getroffen, zu Boden, wo sie, neben Aladdin liegen blieb.
„Toll, ein Pärchen im Sand.“, sagte Cal und wandte sich zu seiner XO, „Erinnert mich an mich und Gina, damals auf Risa, im See der…“
„Die Story hast du schonmal erzählt und der Mist wird auch durch Wiederholung nicht besser.“, schnitt ihm Agatha das Wort ab und schaute ihn an: „Ich hab getan, was getan werden musste. Was willst Du, Captain, die Aufgabe ist erfüllt. Gibt es noch was, was ich tun kann?“
Der Kommandant der DRAGONFLY schluckte hart. Zugegeben, diese Agatha -  sie hatte was, aber … wenn er ehrlich war, sehnte er sich nach der anderen XO, die Widersprüche gab, zurück.
Seufzend schüttelte der Captain den Kopf: „Nein, wenn… wenn Du willst, kannst Du die Beiden noch in die Arrestzelle bringen und dann… naja, was auch immer du machen möchtest, tun.“

„Irgendwie habe ich mir das anders vorgestellt.“, murmelte Papyrus neben ihm und Theti bedachte ihn mit einem neugierigen Blick: „Ach ja? Und wie?“
Der Ägypter zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung – vielleicht mehr so, dass wir Prinzessin Jasmin durch die Wüste jagen, sie ihren Aladdin trift und sich beide in einer Höhle verstecken müssen. Dann würde Cal etwas von sich geben, wie „Juhu… Jasmihiiin. Es ist alles in Ordnung wir wollen dir nichts tun.“.“
Der Mann, der sich nun als Captain Cat vorgestellt hatte, blickte Papyrus aus dunklen Augen an und der kleine Fischer konnte eine Mischung aus Überraschung, einer kleinen Menge Wut und hauptsächlichem Amüsement sehen.
„Juhu… Jasmihiiin. Es ist alles in Ordnung wir wollen dir nichts tun.“, wiederholte der Captain dann und blickte zu Theti: „Seh ich denn wirklich wie so ein verrückter Typ aus, wie er bei – keine Ahnung – beim Texas Chainsaw Massacre rumläuft?“
„Bei was?“
Papyrus konnte bei seiner Prinzessin dieselbe Verwirrung feststellen, wie bei sich. Er hatte keine Ahnung, von was Prinz Captain Doktor Calvin Cat da redete – aber er sprach diese Worte mit einer solchen Selbstverständlichkeit aus, dass sie schon irgendeine Bedeutung haben mussten.
„Ob ich wie ein Irrer aussehe, wollte ich wissen.“
Der Fischer legte den Kopf schief: „Willst Du darauf eine ehrliche Antwort, Cal?“
„Was soll denn das heißen?“
Theti lächelte: „Nicht wirklich wie ein Irrer – aber irre-merkwürdig bist Du schon. Zumindest manchmal.“
„Na, wenn dat nich beruhigt.“, schmunzelte der Mann und zuckte dann mit den Schultern: „Hat eigentlich irgendeiner von euch eine Idee, wie wir Jasmin und Aladdin dazu bringen, dass sie uns helfen?“
In der Tat, das schien nicht einfach zu sein. Besonders nicht, wenn man das einzige Medium, wie dies wirklich funktioniert hätte, mit einem Felsbrocken zerschlagen hatte. Aber vielleicht konnte ja Morgana helfen.
„Ich habe keine Ahnung.“, sagte Papyrus, „Aber wir können uns Gedanken ma…“
Weiter kam er nicht.
Er sah eine rötliche Magiewelle angerast kommen, die ihn und Theti voll erwischte und ihnen den Boden unter den Beinen wegzog.
Dunkelheit umfing sie.

Cal warf sich aus der Schussbahn, wirbelte dann herum und sah zu den beiden – wie gefällt daliegenden – Ägyptern.
Na super.
Was war das denn jetzt? Und wieso hatte er das Gefühl, dass Papyrus und Theti zu den eher unterentwickelten Figuren dieser Geschichte gehörten?
Er zog seinen Phaser, stellte ihn auf Betäubung und wartete.
Worauf? Das würde er auch gern mal wissen – schließlich waren Jasmin und Aladdin ausser Gefecht und Agatha war auf seiner Seite.
Oder?

Er hob seine Waffe und trat auf die Stelle zu, an der die beiden Ägypter lagen. Sein Finger fand die Pulspunkte der Beiden – der Puls raste, war aber da. Typisch nach einer Phaserbetäubung.
„Agatha?“, fragte er und hob seine Waffe, „Schatz, was hast Du vor?“
Die Antwort bestand aus einem Phaserstoß, der seine eigene Waffe traf und sie ihm aus der Hand katapultierte.
Verdammt – da hatte jemand geübt.
Und dann warf sich die XO aus dem Dunkel der Höhle auf ihn, mit der Wildheit einer Raubkatze.
Schnell war der Captain in die Defensive gedrängt, steckte Tritte, Fausthiebe, Ohrfeigen ein und taumelte rückwärts. Und dann kam der Kinnhaken – es wurde Dunkel um ihn.

Kapitel 16 A little bit of revelation. (Das erste Kapitel im neuen Jahr).

Kapitel 16.1 


Als Papyrus wieder zu sich kam, war sein erster Gedanke und Reflex, sich wieder umzudrehen und weiterzuschlafen. Was auch immer ihn getroffen und gefällt hatte, war in seinen Kopf eingedrungen und machte sich in Form extremer Kopfschmerzen bemerkbar. Vor seinen Augen explodierten Bildmuster, als er blinzelte und in seinen Ohren rauschte das Blut. Innerlich musste er das gesamte ägyptische Pantheon um Kraft anflehen, nicht wieder zurück in die dunklen Schleier der Ohnmacht zu sinken – aber dies dauerte nur ein paar Sekunden. Spätestens, als er das sanfte Murmeln Thetis neben sich wahrnahm, war er wieder voll einsatzbereit, schoss hoch – Au, das würde sein Kopf ihm heute nicht so schnell verzeihen – und wandte sich zu der Prinzessin um, die gerade wie hingestreckt im Sand lag und langsam wieder erwachte.
Kurz musste er überlegen, was genau vorgefallen war, dass sie hier im Sand lagen und – fand heraus, dass er keine großartige Ahnung hatte. Sie hatten irgendeinen Auftrag gehabt, aber sein Hirn wollte ihm gerade partout nicht verraten, welchen. Er richtete sich auf und hielt der Prinzessin die Hand hin.
„Danke, mein kleiner Fischer.“, murmelte diese und zog sich mit seiner Hilfe in die Stehende, ehe sie sich umblickte: „Wo genau sind wir?“
Das war die nächste Frage, die seinen Kopf beschäftigte – und er musste zugeben, dass er nicht den Hauch einer Ahnung hatte. Seine letzte Einnerung betraf diese kleine, komische Gestalt, deren Augen plötzlich ein Spiralmuster aufwiesen, das ihn immer tiefer und tiefer in sich hineinzog. Und dann?  Dann waren sie hier im Sand aufgewacht.

Theti kannte sich mit Sand aus – sie wusste ja nicht, dass später in einem Film der Satz fallen würde „Der kriecht überall hin – in jede Ritze.“, aber sie wusste, dass sie zumindest ein bischen Sand geschluckt haben musste , denn es knirschte in ihren Zähnen. So wirklich begeistert war sie davon nicht, aber was wollte man machen? Ausserdem gab es wirklich wichtigere Dinge, denen man sich widmen musste. Beispielsweise: Wie kamen sie genau hierher?
Und sie konnte Papyrus ansehen, dass sich ihr kleiner Fischer genau dieselbe Frage stellte.
Ein paar Meter vor ihnen sah sie Commander Agatha Silverbird … moment mal, was dachte sie denn da? So hieß die hübsche Rothaarige doch gar nicht. Ihr Name war Prinzessin River Song. Und der Mann, vor dem sie kniete, hieß auch nicht Captain Calvin Nathan Cat, sondern nur „Doktor“ – er war der Prinz eines kleinen Landes namens Fiktivistien.
Und dieser Prinz kam gerade mit einem „Au, meine Birne“ wieder zu sich und Theti war beinahe geneigt, ihm mitfühlend zuzunicken.  Sie – Theti aus dem Land, das später „Ägypten“ heißen würde, nahm die Unmutsäußerung des fiktivistischen Prinzen wahr und beschloss dann, sich dem jungen Mann zuzuwenden, mit dem sie nach Agrabah gekommen war. Papyrus, der ihr gerade eine helfende Hand bot.
Er war halt doch ihr kleiner Fischer und sie würde sich immer an den Tag erinnern, an dem sie ihn zum allerersten Mal gesehen hatte. Wie war er ihr damals unsympathisch gewesen – wie arrogant und beinahe schon überheblich. Aber das mochte einfach nur daran gelegen haben, dass sie vorher von Aker betäubt und in einen Sarkophag gesperrt worden war – und da wird man halt ein wenig ungehalten. Jeder, der diese Situation schon einmal miterlebt hat, wird sie ihr nachempfinden können.
Im Laufe der Kämpfe gegen Aker waren sie zu einem funktionierenden Gespann zusammengewachsen, einem Konstrukt aus Einzelindividuen, das man später, sehr englisch „Team“ nennen würde, wobei hier der ein oder andere zynisch veranlagte Mensch – oder derjenige, der den Spruch kennt – sagen würde „Team heißt nichts anderes als : ‚Toll, ein anderer machts.’“.
So war es bei Papyrus und Theti aber nicht. Beide hatten ihre Momente, beide hatten ihre zugewiesenen Aufgaben und ihren Kompetenzbereich und beide waren in der Lage, im Zweifelsfall über sich hinauszuwachsen. Papyrus – ihr kleiner Fischer – hatte sie schon oft genug aus Schwierigkeiten herausgeholt, aber gleiches galt ebenfalls für sie. Sei es, dass sie ihn aus dem Labyrinth der Träume wieder herausgelotst hatte oder dass er bei ihr geblieben war, als sie diese Selbstmordmission durchgeführt hatte, aus der Beide ohne bleibende Blessuren wieder herausgekommen waren – wann immer sie einen Auftrag erledigt, Aker zurückgeschlagen oder das Königreich der beiden Länder gerettet hatten – ihr wurde immer stärker klar, dass sie den Fischer liebte. Und – aber das erfuhr sie erst später – ihm ging es nicht anders.

Theti erhob sich, strich sich den Sand vom weißen Gewand und blickte sich um. Sie fragte sich, wie genau sie hierhergekommen waren, aber sie beschloss, keine großartigen Fragen zu stellen. Warum auch? Was würde es bringen? Sie hatte so ein Gefühl, dass sie die wahren Umstände, weswegen sie an diesem Ort zu sich gekommen war, gar nicht so genau wissen wollte.
Sie ahnte ungefähr, was dazu geführt hatte, dass sie hier waren, erinnerte sich daran, an ihre Kopfschmerzen nach der ersten Begegnung mit des Prinzen Magie und wusste dass sie erneut Bekannschaft mit eben jener Magie geschlossen hatte – auch wenn sie darauf gut und gerne hätte verzichten können.

Die Prinzessin konnte nun einen ungefähren Grundriss ihrer momentanen Umgebung zeichnen. Sie befanden sich in einer Art großen Höhle – weitaus größer als die, in der Mechanikles sie eingesperrt hatte – die einen sandigen Boden aufwies, aber ein Blick nach oben machte deutlich, dass sie immer noch nicht im Freien waren. Zwar hing die Höhlendecke nicht direkt, stattdessen etliche Meter über ihnen und sie wies eine eigenartig-gräuliche Färbung auf, aber es war definitiv eine Höhlendecke.
„Wo sind wir?“, fragte Theti und zuckte ein wenig zusammen, als sie die sanfte Stimmfärbung Prinzessin Jasmins wahrnahm, die aus dem Schatten trat.
„Das ist das Nf’y-Gebirge.“, sagte sie und breitete die Arme aus, eine allumfassende Geste, die dem Ort galt, „Wir sind keine 3 Kilometer von Agrabah entfernt.“
Zugegeben, Jasmin sagte nicht Kilometer, sie verwandte einen Ausdruck, den Theti ebenfalls verstand, aber da der Autor  die entsprechenden Längeneinheiten sowohl im Agrabahnischen, als auch im Altägyptischen Raum nicht kennt, müssen entsprechende Kompromisse eingegangen werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nur, dass sich Theti und Jasmin verstanden. Sie waren in relativer Nähe von Agrabah.



Jasmin erwachte und merkte, dass ihre Brust brannte. Sie stand nicht wirklich in Flammen, aber es juckte und fühlte sich unangenehm an – allerdings nur einige Sekunden. Dann war das Gefühl verschwunden. Die agrabahnische Prinzessin richtete sich auf und blickte schockiert auf den jungen Mann herab, der neben ihr lag und wie tot wirkte.
Entsetzt sog sie die Luft ein, keuchte ein „Aladdin“ und zuckte zusammen, als dieser die Augen öffnete und sie verblüfft anstarrte.
„Was… ist passiert?“, murmelte der junge Abenteurer und hielt sich den Kopf, als er sich aufrichtete und die Umgebung abschätzig betrachtete, „Und wo sind wir?“
„In einem Stollen im Nf’y-Gebirge.“, erläuterte die Prinzessin und nahm ihren Mann dann in die Arme: „Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.“
„Das gleiche dachte ich auch.“, nickte dieser zustimmend und fing ihre Lippen mit den seinigen ein.
„Habt ihr es dann bald mal?“
Die Stimme Prinzessin Songs klang ein wenig genervt und als Jasmin zu ihr herüberblickte, sah sie, wie die hübsche Rothaarige die Arme vor der Brust verschränkt hatte und sich gegen eine der Höhlenwände lehnte – was ihr eine gewisse Lässigkeit verlieh. Die Genervtheit erkannte die Agrabahnerin dennoch und schaute die fiktivistische Frau an. Kurz spürte sie, wie in ihr Wut hochkochte und wie sich ihre Fäuste verkrampften. Am liebsten würde sie…
Die Arme Aladdins schlangen sich um ihre Taille und sie hörte ein leises: „Shhh, mach lieber keine Dummheiten, Liebes.“, das ihr Geliebter ihr ins Ohr flüsterte – und obwohl sie es eigentlich besser wissen müsste, als sich in den nächstbesten Faustkampf zu stürzen, konnte sie sich kurzzeitig genau dieses Gedankens nicht erwehren.
„Sie … haben uns niedergestreckt!“, zischte Jasmin dennoch und merkte, kaum, dass sie dies gesagt hatte, wie ihre Wut sie wieder verließ. Prinzessin Song blickte sie an, nickte und zuckte dann mit den Schultern: „Ja – erm… tut mir leid. Ich musste die Maskerade aufrecht erhalten, sonst… sonst wäre es zu unschönen Szenen gekommen.“
Irrte sich Jasmin oder sah sie in den grünen Augen der hübschen Rothaarigen sowas wie ein verlegenes Funkeln?
„Maskerade?“, fragte nun Aladdin und lenkte die Aufmerksamkeit der Prinzessin damit auf die Sache selbst. Agatha River Silverbird Song nickte: „Ja – seht ihr… der Prinz… also Prinz Doktor… er ist momentan ein wenig… wie sage ich das jetzt am Einfachsten?“
„Mit klaren und verständlichen Worten?“, schlug Jasmin vor und merkte, wie sich – beinahe gegen ihren Willen – ihre eigenen Mundwinkel die Vorbereitungen zu einem Lächeln trafen, diese elendigen Verräter. Sie würde nicht grinsen, sie war sauer und…
Hatte sie doch gelächelt.
Naja, so konnte es kommen.
Auch die Frau aus Fiktivistien – wie auch immer sie nun heißen mochte, war ihr beinahe auch schon wieder egal – schenkte ihr ein Lächeln, kratzte sich dann nachdenklich am Kopf und zuckte mit den Schultern: „Nun,  Prinz Doktor ist mal wieder – oder immer noch, das könnt ihr euch aussuchen – unter einem Zauber.“
„Wann ist er das mal nicht?“, fragte Jasmin und erneut stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen, „Ich meine, Morgana war schon zwei mal in seinem Kopf, Du hast eine gewisse Macht über ihn, jetzt waren es vermutlich Mechanikles und Gregarius…“
„Findest Du nicht auch, dass das wie ein Comedy-Duo klingt?“, grinste nun River – und vermutlich überraschte es sie nicht wirklich, dass sie damit bei Aladdin und ihr – Jasmin – nicht wirklich punkten konnte.
Doch Jasmin verzichtete auf ein verwirrtes Stirnrunzeln und die Frage „Was ist ein Comedy-Duo?“ und blickte sie stattdessen an: „Zur Sache, Prinzessin. Du hast uns mit Magie lahmgelegt, damit Prinz Doktor keinen Verdacht schöpft, richtig? Damit du ihn aus dem Hinterhalt angreifen kannst?“
„So in etwa.“, nickte ihre Amtskollegin aus dem fernen Fiktivistien, „Es tut mir leid.“
„Muss es nicht.“
Jasmin wandte sich über ihre nackte Schulter ihrem Mann zu: „Du kannst mich jetzt übrigens wieder loslassen.“
Und obwohl sich die Nähe des Mannes, den sie liebte, so gut anfühlte, war der Gedanke, wieder freier atmen zu können, durchaus attraktiv. Nachdem Aladdin sie freigegeben hatte, trat sie auf Agatha zu, hielt ihr die Hand hin und zwinkerte: „Ein guter Plan. Und was hast Du nun vor?“
„Abwarten.“, grinste die Frau, hob ihre Waffe und eilte an Jasmin und Aladdin vorbei auf den Höhleneingang zu.




Jasmin lächelte Theti beruhigend zu, als sie neben die Prinzessin aus Ägypten trat – und sie konnte spüren, wie die Sorge, die kurzzeitig vom Geist Thetis Besitz ergriffen hatte, begann, sich aufzulösen. Und wirklich – es gab keinen großartigen Grund zur Sorge. Oder – sagen wir mal so: relativ wenig Grund dazu. Mechanikles war in der Höhle – das heißt: Wenn er entkommen wollte, musste er an ihnen vorbei, Gregarius, der Roboter, war ausser Gefecht … gut, der Riese, gegen den Prinz Doktor gekämpft hatte, war vielleicht noch in der Höhle, aber dieser schien ebenfalls dem Kommando Mechanikles zu gehorchen und dieser war anscheinend nicht gewillt oder nicht in der Lage, entsprechende Befehle zu geben.
Also waren sie sicher… relativ.
Dann hörte Jasmin das Geräusch.
Sie schloss die Augen, legte den Kopf schief und lauschte. Es wurde durch den Wind über die Ebene getragen, die vor dem Eingang zu dieser Höhle lag und erinnerte sie an nahenden Donner. Sie trat näher auf den Höhleneinang zu, ließ ihren Blick über die weite Ebene schweifen und tatsächlich sah sie eine Wolke, die sich näherte – aber es war keine schwarze Gewitterwolke, die am Himmel pulste und Blitze spieh, sondern eine Staubwolke, die aus der Ferne auf sie zukam.
Reiter.
Und, wenn sie dieses Geräusch richtig interpretierte, waren dies nicht nur zwei bis drei Pferde, sondern eine komplette Armee, die sich dort näherte.
Sie drehte sich um und sah in das lächelnde Gesicht Aladdins.
„Keine Sorge, Prinzessin“, sagte er mit seiner ihm typischen Wärme in der Stimme, „Ich habe mir erlaubt, Verstärkung zu holen.“
Nun kroch auch über ihre vollen Lippen ein Lächeln: „Du meinst…“
„Ja.“

Karim konnte eigentlich nicht glauben, dass er sich jemals erneut nach Agrabah gewagt hätte, aber er hatte es getan. Während er seinem Pferd, das auf den klangvollen Namen „Blitz“ hörte, die Sporen gab, bemerkte er neben sich einen weiteren Reiter, dessen Pferde in langgestrecktem Galopp über die Ebene eilte.
„Wenn ich dir einen Rat geben dürfte, Razul…“, lächelte der Räuber und der Hauptmann der Wachen warf ihm einen Blick zu, der deutlich irgendwas zwischen „Verreck einfach und fall vom Pferd“ oder „Geh und spiel im Verkehr!“ sagte, ehe er ein „Was?“ knurrte.
„Du solltest nicht so sehr auf deinen Zossen eindreschen. Das mag er nicht.“
„Mein ‚Wind’ ist das schnellste Pferd in den sieben Wüsten – es ist deshalb so schnell, weil ich es antreibe. Du kannst mit deinem Flohfänger kuscheln, so sehr du willst, ich bevorzuge Ergebnisse!“
Karim zuckte mit den Schultern: „Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“
Damit klopfte er auf die Seite seines Pferdes, murmelte ein „Wenn Du mich noch ein bisschen schneller tragen würdest, Blitz, wäre ich dir sehr dankbar“ und lächelte, als sein Freund, Partner und Tragetier wieherte und sich anstrengte, schneller zu laufen. Beide – also „Wind“ und „Blitz“ – waren gleichschnell, gleichstark und gleich-ausgeruht, also würde es ein Kopf-an-Kopf-Rennen werden, wenn man sich die Zeit für sowas nehmen wollen würde.
Und nach ein paar Metern blickte „Blitz“ zu „Wind“, gab ein wieherndes Geräusch von sich  - und plötzlich lag Razul am Boden.
„Ich hab dir gesagt, dass dein Pferd nicht erfreut sein wird, wenn Du es schlägst, Razul.“, murmelte Aladdins Vater und duckte sich weiter gegen „Blitz“, um dem entgegenkommenden Wind – nicht dem Pferd, sondern tatsächlich Luftmolekülen in erhöhter Anzahl -  ein kleineres Profil zu bieten.
Razul richtete sich auf, schüttelte den Kopf und stieß einen schrillen Pfiff aus, welcher seinen „Wind“ dazu veranlasste, kehrt zu machen und zu ihm zu kommen. Soweit kam es noch. Er würde sich garantiert nicht vor seinen Leuten eine solche Blöße geben und ganz besonders nicht durch den Vater von Aladdin, diesem Straßenköter. Allein schon Teil einer solchen Rettungsmission zu sein, war etwas, das seinen Magen beinahe revoltieren ließ. Er, ein essentieller Bestandteil bei der Rettung von Aladdin? Das Unangenehme an der Situation war, dass mehr oder weniger „gezwungen“ war, dies zu tun. Schließlich war Aladdin ein eingeheirateter Prinz, der Thronerbe von Agrabah und der Mann von Prinzessin Jasmin. Mit den ersten beiden Faktoren konnte er sich arrangieren, der Fakt, dass Jasmin ihm dann vermutlich ernsthaft übel wollen würde, war etwas, das er so nicht akzeptieren konnte. Schon gar nicht, wenn er bedachte, dass er damals, als Jasmin und er noch Kinder waren, als Sohn des Hauptmannes der Wachen, die Gelegenheit hatte, mit ihr zu spielen – bis beide in die „Das andere Geschlecht ist doof“-Phase eintraten und das frühe Versterben von Jasmins Mutter und die daraufhin wechselnde Politik, das mehr auftretende Standesdenken, etc. einem weiteren „Wiederaufleben“ dessen, was eine tolle Freundschaft hätte werden können, ersteinmal im Weg standen. Dies änderte sich erst nach dem Tod von Jaffar – aber auch erst langsam.

„Wind“ war bei ihm, Razul schwang sich auf den Rücken des weißen Schimmels und gab ihm mit einem lauten „HA!“ die Sporen, ehe er leise murmelte: „Lass dir das ja nicht nochmal einfallen, Wind.“

Karim war nicht wenig überrascht, dass „Wind“ und sein Reiter Razul direkt neben ihm auftauchten und zumindest der Hauptmann der Wachen ihm einen finsteren Blick zuwarf.
Und eigentlich würde er dem Mann nur allzugerne sagen, was er ihn konnte – doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass dies vermutlich dazu führen konnte, dass die agrabahnische Armee, die ihnen folgte, eventuell den Rückzug antrat – und das konnte er nicht zulassen.
Dennoch konnte er sich ein „Na, auch wieder da, Razul?“ und ein leichtes Zwinkern nicht verkneifen, ehe er in Richtung des Gebirges nickte, dem sie sich immer weiter annäherten.

Das Nf’y-Gebirge – wie häufig hatte er es schon gesehen und wie oft hatte er sich gefragt, wie die Natur es geschafft hatte, eine so präzise Form in den Berg zu schlagen. Es erinnerte ihn immer wieder an eine Pfeilspitze oder an eine Art Speer, spitz-zulaufenden Spaten oder eine kleine Schaufel, die falsch herum lag.
Aber gerade die erste Interpretation – eine Pfeilspitze – hatte dem Nf’y-Gebirge, oder besser dem Nf’y-Berg, den Namen „Himmelspfeil“ gegeben.
Und es war nicht mehr weit, bis er seinen Sohn, der schon vorausgeeilt war, wiedersehen würde.
„Du gehst nach Agrabah und holst Razul und seine Armee“, hatte der Vorschlag Aladdins gelautet, „Ich werde zum Nf’y-Gebirge gehen und Jasmin holen.“
Eigentlich war es das pure Glück und pures Ausschlussverfahren, wie sie auf die Idee gekommen waren, wo Mechanikles Jasmin verstecken konnte – gut, die Mithilfe Genies, der Aladdin in der Gestalt eines großen, blauen Spürhundes gefunden hatte, zählte ebenfalls dazu.
Karim erinnerte sich daran, wie der Flaschengeist, mit Pfeiffe, Sakko, einem Hut, den man später als „Deerstalker“ bezeichnen würde und einem Vergrößerungsglas bewaffnet, auf und abging und in einem merkwürdigen Akzent sprach.


„Wenn man alle denkbaren Möglichkeiten ausschließt, muss das, was übrig bleibt – und sei es noch so unwahrscheinlich – die Wahrheit sein.“
Die Stimme des Genies klang sehr professionell. Der großgewachsene Flaschengeist – wobei man bei Genie nicht wirklich von ‚gewachsen’ sprechen konnte – schritt auf und ab, warf mit seinem Vergrößerungsglas einen Blick auf den Boden und steckte es dann weg, um, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, zu Al zu blicken.
„Was wissen wir? Erstens – Mechanikles hat Agrabah mit einem mechanischen Skorpion angegriffen. Zweitens, er ist am helligten Tag in brennender Wüstensonne entkommen. Drittens, der Teppich flog, nach deinen Angaben, Al, nach Süden, ehe du ihn aus den Augen verloren hast. Zwei der wichtigen Bestandteile um einen mechanischen Skorpion zu betreiben, der auf Dampfbasis operiert, sind Öl und Wasser. Weiterhin ist uns bekannt, dass es in einem Metallskorpion sehr heiß werden kann, das Wasser daher in einer spezifischen Menge eingefüllt werden muss. Dies bedeutet, dass der Skorpion einen sehr begrenzten Aktionsradius hat – ich würde vermuten nicht mehr als 4 Kilometer. Legt man einen vier Kilometer Radius um Agrabah stellen wir fest… die Gebirgskette, die Agrabah umschließt dürfte ein gutes Versteck sein. Doch wir wissen ebenfalls, dass diese Berge keinen geeigneten Unterschlupf bieten – bis auf einen.“
„Das Nf’y-Gebirge?“, fragte Aladdin und Genie nickte.


Sie würden sie finden – die Armee und die vierzig Räuber würden nicht ruhen, nicht rasten, bis sie die Entführten gefunden hatten. Dessen war sich Karim sicher – und nichts würde sie aufhalten.

Jasmin blickte in die Ferne.
Die Staubwolke, Rösser und Reiter, die Agrabahnische Armee und die vierzig Räuber, Razul und Karim, kamen näher und die Prinzessin war sich sicher – den Abend würde sie wieder in Agrabah verbringen können. Sie konnte Aladdins Vater und Razul schon erkennen – bald würde es soweit sein. Und sie merkte, wie sich ihre Beine in Bewegung setzten – nur weg von diesem Ort, nur weg…

Plötzlich schien der Himmel nicht mehr blau zu sein, sondern grün.
„Was ist das?“, brachte sie hervor und warf einen Blick zu der Rettungskaravane – und erstarrte.
Karim und Razul waren auf ihren Pferden die einzigen, die auf sie zukamen, der Rest schien von ihnen abgeschnitten.
Und plötzlich erschien direkt vor ihr ein kleines Wesen – und sie erkannte es.

Karim warf einen entsetzten Blick zurück, als er merkte, das niemand seinem Kommando nachfolgte.
„BRR!“, rief er und sein getreues Pferd, der gute „Blitz“, gehorchte aufs Wort.
Neben ihm kam auch Razul zum Halten, sprang von seinem Pferd ab und wandte sich dann Aladdins Vater zu: „Was ist?“
„Ich muss nur ein kleines Wort mit dem Autoren wechseln.“, sprach Karim, warf dann seinen Kopf in den Nacken und rief: „Hey, Schreiberling! Ich heiße CASSIM! Merk dir das endlich!“
Dann atmete er durch, lächelte und schaute zu Razul: „So, das tat gut. Wir können weiter.“
Sein Gegenüber warf ihm einen verwunderten Blick zu und deutete auf die Armee und Cassims Räuber: „Und was ist mit denen?“
„Nur Hintergrundgestalten. Wir sind die Nebendarsteller, wir packen das.“, grinste der Anführer der vierzig Räuber in einem Anfall von Selbstreferenz und klopfte „Blitz“ auf die Seite: „Komm, ‚Blitz’, lass uns losreiten.“



Aziz.
Der kleine Gnom vor ihr hieß Aziz.
Und er war ein häßlicher Gruß aus Aladdins Vergangenheit.
Damals, als der heutige Prinz noch obdachlos war und seinen Lebensunterhalt getreu dem Motto „Wenn die Mäuse fehl’n, muss man eben stehl’n“ verdingte, traf er auf eine Gruppe von drei Jahrmarktartisten, die nebenbei ebenfalls der Profession des Stehlens nachgingen. Genauer gesagt hatten sie dafür den Affen Abu abgerichtet, der sich aus den Taschen der durch die artistischen, arkobatischen Aktionen der drei Jahrmarktskünstler abgelenkten, staunenden Massen bediente. Gold, Schmuck, Juwelen – das alles war von den haarigen Pfoten des Affen nicht sicher. Aziz, der Feuerspucker, war ein Teil der Jahrmarktstruppe.  Fatima, die Schöne und Minos, der Starke, komplettierten das trio infernale. Alsbald wurde auch Aladdin Teil der Truppe und beschäftigte sich, wie Abu, damit, staunende Passanten auszunehmen, wie – der aktuellen Jahreszeit nicht mehr ganz angemessenes – Federvieh. 
Und als sie dann ein mystisches Artefakt, den Stein von Sowieso, stehlen wollten, sog selbiger die drei Jahrmarktsartisten ein – nur Aladdin und Abu blieben frei und konnten entkommen und hakten die Sache als „Erledigt“ ab.

Jahre vergingen.
Aladdin hatte sich inzwischen ins Herz von Jasmin geschummelt, als der Stein von Sowieso seine Gefangenen freigab. Minos war in eine Art menschlichen Stier verwandelt worden,. Fatima in eine Harpye und der feuerspuckende Aziz verfügte über ein inneres Feuer. Gut, das hatte er auch vorher schon unter Beweis gestellt – nämlich dergestalt, dass er sehr gerne und sehr gründlich „in die Luft ging“, wie man später sagen würde. Und da half auch keine Zigarette. Aziz inneres Feuer konnte der Artist sogar multifunktional anwenden. So verfügte er über die Gabe, Leute mit seiner Flamme in Stein zu verwandeln, sie aneinander zu fesseln oder gar Flammen in Schwerter umzufunktionieren.
Dies erfuhr Minos am eigenen Leib, als er – beinahe schon zu spät – erkannte, dass der kleine Gnom nicht unbedingt der beste Umgang war. Da hatten sie Jasmin schon entführt und wollten sie als Druckmittel für Aladdin verwenden, der auch prompt in die entsprechende Falle tappte. Doch zuerst erkannte Fatima, was sie im Begriff waren, zu tun, dann erleuchtete diese Erkenntnis auch den großen Hünen Minos.

Aziz war damit weniger zufrieden, spuckte ein Schwert auf Fatima, die von Minos zu Boden gestoßen und dadurch gerettet wurde. Nur Minos erhielt einen tödlichen Treffer – was sich jedoch relativierte, als der mystische Stein von Sowieso und Hassenichgesehen den griechischen Hünen wiederbelebte und ihn, sowie Fatima ihr menschliches Aussehen wiedergab. Nur Aziz blieb bestraft.

Jahre später ergab sich erneut eine Konfrontation, die in der scheinbaren Vernichtung des Gnomes endete.
Und nun stand er vor Prinzessin Jasmin, lächelte gehässig und legte den Kopf schief: „Überrascht, mich zu sehen, Prinzesschen? Ich war auch verblüfft, als ich von Morgana wieder zum Leben erweckt wurde.“
Damit warf er einen Blick auf die Umgebung und sein gehässiges Lächeln wandelte sich in ein noch gehässigeres Grinsen: „Nette Umgebung.“
„Was willst Du hier, Aziz?“, fragte Jasmin, jeder Zoll stolze Prinzessin Agrabahs, mit vor der Brust verschränkten Armen und starrte ihn wütend an.
Sie erinnerte sich noch gut an ihre letzte Begegnung, bei der er sie in Stein verwandelt hatte.
„Oh, ich dachte mir, nachdem unser letztes Treffen so unerquicklich verlaufen ist, würdest Du es gerne wiederholen wollen.“
Damit holte er tief Luft und Jasmin wusste schon, was auf sie zukam. Sie warf sich zu Boden, die grüne Flamme leckte in ihre Richtung, verfehlte sie aber. Erneut nahm er sie ins Visier, sie war auf den Beinen, rannte und… kollidierte mit Prinz Doktor, der mit einem lauten „NICHT“-Aufschrei gegen sie sprang und sie mit sich zu Boden riss. Sie spürte die Hitze der grünen Flamme – aber ansonsten nichts, ausser, dass Prinz Doktor ihren Körper mit seinem bedeckte und sie so vor weiteren Angriffen schützte.

Im Lauf der drei vergangenen Fanfics haben wir festgestellt, dass es Sätze gibt, die sich immer mal wieder wiederholen. Das mag vielleicht schlechter Stil sein, aber besser geht es halt nicht. Einer dieser Sätze ist „Er wusste nicht so ganz, was ihn geritten hatte, das zu tun, was er getan hatte.“ – respektive etliche Variationen dieses Satzes.
Und für diese Floskel wird es jetzt auch mal wieder Zeit, denn Cal fragte sich gerade ernsthaft, wer ihn da geritten hatte, sich einfach so auf Prinzessin Jasmin zu stürzen und sich noch – so gut es ging – um sie zu wickeln. Und wenn er ehrlich war, hatte er es so weder gemerkt, noch geplant, er wusste nur dass er mit Kopfschmerzen zu sich gekommen war und das Donnern der entfernten Hufe als kühlendes Gewitter fehlinterpretiert hatte. Als dann Agatha entsetzt aufgekeucht und in eine bestimmte Richtung gedeutet hatte, hatte sich der Captain aufgerappelt und gesehen mit was die Prinzessin da gerade kämpfte. Und ab da war sein Körper in den Autopilotenmodus verfallen. Nun kam er richtig zu sich, starrte überrascht in die braunen Augen der Prinzessin, die ihn mindestens genau so überrascht zurückanstarrten und er konnte die Frage „Knall ich ihm jetzt eine oder sage ich artig ‚Danke’?“ förmlich in Jasmins Kopf sehen.
Dann war sein Kampfinstinkt geweckt, als er hinter sich das Atmen Aziz’s wahrnahm. Schnell wirbelte er das Bein, das gerade noch um Jasmins Hüfte geschlungen war, herum und er hoffte- „AUA!“ –
Cal grinste.
Er hatte es tatsächlich mal geschafft, ohne hinzuschauen und ohne sich großartig leiten zu lassen, seinen Gegner zu treffen.
Schnell rappelte er sich auf, stand fest auf beiden Beinen und schaute zu dem Zwerg herab, der sich gerade seine Schläfe hielt.
„Das wirst Du büßen!“, knurrte Aziz und holte tief Luft. Nun war es an Cal, sich zur Seite zu werfen, um die Flamme ins Leere laufen zu lassen.

Jasmin blickte den Prinzen verblüfft an, als dieser aus der Stehenden in die Liegende wechselte, grinste dann aber. Das war eigentlich kein schlechter Plan – vorausgesetzt, der Prinz hatte einen Plan und ließ sich nicht nur von seinen Impulsen leiten.
Also zog sie ihre Beine an und stieß sie dem Gnom mit all ihr zur Verfügung stehenden Kraft in den Rücken, ehe sie sich aufrichtete.
Sie sah zu Prinz Doktor, der ihr einen Blick zuwarf, ihr zuzwinkerte und anerkennend nickte. Dann rappelte er sich auf, betrachtete seine Hand – Aziz hatte sie in Stein verwandelt – und seufzte.
„Ja, bin ich denn Hellboy?“, murmelte er und schüttelte den Kopf, ehe er sich nach vorne beugte und Aziz am Kragen packte: „Hör mal, Stanley Beamish, du kleiner Gnom. Die Pille machte dich vielleicht zum Phantom, aber ich schätze es nicht, wenn man mich in eine Comic-Figur verwandelt.“
Die Prinzessin kam mal wieder nicht umher, festzuhalten, dass sie auch hier keine Ahnung hatte, wovon der Prinz da gerade sprach, aber sie war sich sicher, dass es irgendwas wichtiges sein musste.
Aziz schien vom Gefühlsausbruch Doktors nicht unbedingt beeindruckt zu sein, grinste und zuckte mit den Schultern: „Was soll ich jetzt machen? Soll ich deine Hand wieder zurückverwandeln? Oh nein, so einfach nicht, mein Guter.“
Und damit schnippte er mit den Fingern.

Razul hieb seinem Pferd die Sporen in die Seiten, was dieses Tier zum protestierenden Wiehern brachte.
„So nicht, mein Freund.“, murmelte der Hauptmann der Wachen und hieb noch einmal nach, „Wir müssen uns beeilen!“
Und schon – als könne das Pferd Gedanken lesen – wechselte es in gestreckten Gallopp. Cassim neben ihm holte auf, wieder lagen beide Pferde Nüster an Nüster – und es war nur eine Frage der Zeit, bis sie am Zielort ankamen. Die grüne Energieglocke über ihnen nahmen sie zwar wahr, beschlossen aber, ihre Gedanken auf die Rettung der Hochwohlgeborenen und Aladdin zu konzentrieren.
„HIYA!“, rief Razul und sein Pferd bäumte sich kurz auf, nur um noch schneller zu werden.
Und dann tauchten vor ihnen Wesen auf.

Aladdin, der in dem Moment aus der Höhle kam, als er die Kampfschreie Doktors und Jasmins mitbekommen hatte, zuckte entsetzt zusammen, als er erkannte, gegen wen die Beiden kämpften – und als Aziz mit den Fingern schnippte.
Plötzlich war der Gnom verschwunden – doch um sie herum, wie mit einem Zirkel gezogen – tauchten Kreaturen auf. Aladdin erinnerte sich an sie.

El Katib – die Mordmafia.
Sie entstanden aus Kindern, die das wahre Böse in sich trugen – was ein Beweis für die Mittermeier’sche Theorie der Arschlochkinder wäre. „Es gibt ja“, so der bayrische Philosoph, „Kinder die kommen zur Welt und die siehst Du an und denkst: ‚Nah, geh weg, mit dir will ich nicht spielen.’“
Und wir alle kennen das aus dem normalen Alltag. Es gibt Menschen, die sind uns sofort – und ohne, dass sie etwas dafür können – unsympathisch. Die kommen auf einen zu und sagen nur „Hallo“ und man denkt sich „Oh, toll. Noch so einer.“
Wir alle haben solche Leute kennengelernt, wir alle haben Leute kennengelernt, die das selbe System auf uns angewendet haben, wir wissen, dass es unfair ist, Leute nach dem ersten Eindruck zu beurteilen – und wir tun es meistens trotzdem. Arschig? Ja. Menschlich? Auch.
Aber dann gibt es jene Leute, die tatsächlich und objektiv gesehen “böse” sind. Wir denken an den Charakter des Traceless zurück und wir müssen dabei noch nicht einmal fiktional werden. Denken wir an Diktatoren, denken wir an Menschen, die meinen, dass ihre Meinung mehr gilt, als die Anderer, denken wir an all jene Leute, die es schaffen, durch die Buchstabenkombination TTV (Täuschen, Tarnen und Verziehen) durchs Leben kommen – und dies regelmäßig, ohne schlechtes Gewissen und wenn man sie darauf anspricht, auch noch ungehalten werden können. Solche Leute können – auch hier, ohne schlechtes Gewissen – unter dem Prototyp „Arschloch“ subsumiert werden und solche Leute würden wahrscheinlich auch heute noch in ihrer Kindheit von Morgana zu „El Katib“ eingezogen, wenn es sich hierbei nicht a) um eine Geschichte aus der Vergangenheit handelte und B) sie nicht pure Fiktion wäre.

Aladdin – um einen weiteren großen Komiker und Kabarettisten zu zitieren: „Und do wore m’r jrod dra“ – hatte selbst schlechte Erfahrungen mit der sogenannten Mordmafia gehabt.
Damals, als die Bezeichung „Straßenjunge“ noch sehr akkurat war – er lebte auf der Straße und er war 7 Jahre alt, also per definitionem ein Junge -  hatte er drei Dinge. Seine Kleidung, einen starken, moralischen Kodex („Stehle nur soviel, wie du brauchst, um zu leben.“)  und einen besten Freund, namens Amal.
Dieser hatte mit Aladdin drei Sachen gemein. Er war ein „Straßenjunge“, er war Aladdins bester Freund und er trug Kleidung. Gut, Letzteres müsste nicht großartig erwähnt werden. Was Amal von Aladdin unterschied: Das Fehlen eben jenes Kodex’s. Amal stahl das, was er haben wollte, nicht das, was er brauchte – auch wenn da hier und da einige Überschneidungen zu finden sind. Aber – Amal stahl auch aus Freude. Oder sagen wir es mal so: Wenn man die Adjektiv-Nomen-Kombination „diebische Freude“ im Lexikon hätte verewigen wollen, man hätte ein Foto von Amal dazugereicht. Und einige Zeit lang ging diese Freundschaft gut – wie ja auch manche Freundschaften, die einem eher zweifelhaften Millieu entspringen, anfangs sehr gut laufen.
Amal brachte Aladdin eine gewisse Gerissenheit bei, die er für die Ausübung seiner Diebesprofession durchaus brauchen konnte und Aladdin versuchte, Amal ein moralischer Kompass zu sein. Dies ging nicht unbedingt gut und endete damit, dass in einer Vollmondnacht Amal spurlos verschwand.

Was Aladdin nicht wusste – Amal war in Morganas Falle getappt, die dem Dieb Macht und Unsterblichkeitversprach – und ihn in einen Katib verwandelte, eine Kreatur des Schattens und der Unterwelt. Rein optisch sehen die Katib relativ beeindruckend aus – wenn man eine Hauskatze-Fledermaus-Mischung auf Steroiden beeindruckend findet. Und diese Wesen waren alles Andere als freundlich und nicht unbedingt zahm.

Als Aladdin nun die schwarzen Felle der Katib im Sonnenlicht erblickte, musste er hart schlucken. Mit diesen Kreaturen wollte man sich nicht anlegen, man tat es nur, wenn man keine andere Wahl hatte.


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Und dann sah er, wie eines der Biester mit vor Geifer laufendem Mund Anlauf nahm und auf Jasmin zusprang.
„JASMIN!“, rief er und merkte, wie seine Stimme sich übeschlug.

Die Prinzessin hörte den Schrei und reagierte sofort. Sie wusste nicht, wieso Aladdin schrie, sie hörte nur, dass er panisch klang und dass ihn etwas erschreckte – etwas das hinter ihr war.
Also überließ sie ihren Körper der Schwerkraft, sackte in sich zusammen und sah wie ein tiefschwarzer Schatten über sie hinwegzog, mit pantherhafter Eleganz landete und sich umdrehte. Gelbe Augen starrten sie an.
Das war definitiv etwas Anderes als Rajah, ihre Schoßtigerin. Dies war gefährlich und würde sie vermutlich am Liebsten sofort zerfleischen.
Das Wesen schaute sie an, knurrte einmal leise, so dass sie die Resonanz im Kehlkopf des Geschöpfes hören konnte und brüllte dann. Ihr schlug eine Woge von Hitze, Gestank und Verwesung entgegen. Doch wer war sie, dass sie sich davon würde einschüchtern lassen?
Ihre allererste Lektion im Umgang mit Rajah war gewesen, dass ihr späteres Haustier vermutlich Angst würde wittern können und sie daher ruhig und beherrscht sein musste. Sie durfte sich keine emotionale Regung erlauben, die ihre Position der Tigerin gegenüber schwächen würde. So war es auch hier.
Obwohl Jasmin auf ihrem Hintern saß, erhob sie sich langsam und vorsichtig, schwang die Beine hinter sich und ging vor dem Katib auf alle Viere. Sie bohrte ihren Blick in die gelben Augen des Albtraumgeschöpfes und bemühte sich, nicht zu schwitzen.
Du wirst mich nicht angreifen. “, dachte sie und senkte den Kopf, was ihre Augen noch größer machte, „Du wirst mich in Ruhe lassen.
Der Katib schien davon anfangs nur mäßig beeindruckt, brüllte erneut und zuckte dann zu Prinz Doktor herum, der – wie Jasmin aus den Augenwinkeln sah – seine Waffe gezückt hatte und sie auf das Wesen richtete.
Kurz blickte sie – nur mit den Augen – zum Prinzen und sagte, mit fester Stimme: „Nein. Stecken Sie das Ding weg.“
„Prinzessin?“, die Stimme des Captain schien ungläubig.
„JETZT!“, sagte die Prinzessin mit Schärfe in der Stimme.
Der Katib reagierte, zuckte zu ihr herüber und war nun daran, ihr in die Augen zu starren.
Zwar war es lächerlich, dass sie ihn verstehen würde, aber der Blick sagte anfangs alles.
„Was willst Du mir? Du bist nur Beute, bist nur Fleisch.“
Die folgenden Worte hören sich eventuell merkwürdig unpassend an, aber sie sind eine akkurate Beschreibung.
Jasmin krabbelte langsam auf den Katib zu und schaffte es, dieser Bewegung eine Würde und Hoheit zu verleihen. Dann blickte sie erneut in die Augen des Wesens.
„Lass uns in Ruhe.“, dachte sie und hoffte, dass dieser Befehl bei dem Geschöpf ankam.
Nein, sie würde nicht zurückweichen, sie würde hier und jetzt ihren Willen gegen dieses Wesen durchsetzen.
„Lass…“, begann sie zu sprechen, „… uns“, und ihre Stimme war dabei ein Zeugnis von gleichzeitiger Ruhe und Befehlsgewalt, „in Ruhe.“
„FLEISCH!“ , schien der Katib zu brüllen, doch als Jasmin dann urplötzlich  ein „SITZ!“ bellte und immer noch in die Augen des Wesens blickte, trat dieses ein paar Schritte zurück, nahm dann Anlauf und sprang über Jasmin hinweg.
Dann trat das Tier auf seine Kameraden zu, brüllte etwas und verschwand – gefolgt von den anderen Tieren.
Der Prinz schien dem Abgang des Katib mit den Augen zu folgen, Jasmin drehte sich – immer noch auf allen Vieren – um und erhob sich dann langsam.
Doktor trat neben sie, legte ihr eine Hand auf die nackte Schulter und nickte anerkennend: „Woher wusstest Du, dass das klappt?“
Die Prinzessin zuckte mit den Schultern: „Ich hab einen Schoßtiger, wie Du weißt. Übung.“
„Und wenn das nicht geklappt hätte?“
„Dann wären wir gefressen worden.“, lächelte die Prinzessin dem Prinzen zu und genoß es, zu sehen, wie er kurzzeitig die Fassung verlor.
Dann drehte sie sich um und trat – wie eine Prinzessin, die sie wahr – gemessenen Schrittes auf Aladdin zu.
Dieser nickte ihr zu: „Gut gemacht, Jasmin.“
Sie lächelte: „Danke.“
Als auch Prinzessin Theti und Prinzessin Song auf sie zukamen, nickte sie ihnen zu und hakte sich bei ihnen ein.

Cal blickte der Prinzessin verwundert hinterher.
Respekt, das musste er der Frau aus Agrabah wirklich lassen – andererseits: Was hatte er erwartet? Kurz ließ er seinen Blick über die drei Frauen schweifen, die in der Höhle standen – Jasmin, Agatha, Theti – und schüttelte den Kopf. Keine dieser drei Frauen war geneigt, aufzugeben. Sie würden niemals, dem billigen Klischee folgend, erst eine große Tat vollbringen und dann ohnmächtig werden. Das wäre eigentlich eher sein Ressort.
Aber Jasmin hatte es tatsächlich geschafft, einen Angriff dieser komischen Flederkatzenviecher abzuwenden.
Und warum auch nicht? Wenn sie die Erfahrung hatte, die sie aus dem Training mit Rajah bezog? Wenn das alles klappte?
Tatsächlich verzogen sich ein Katib nach dem Anderen und der Captain konnte sich den Gedanken „Was für ein billiger Cop-Out“ nicht verkneifen. Vermutlich – so dachte er sich – hatten die hiesigen Produktionsstätten nicht genügend Geld „auf Tasche“ um eine beeindruckende CGI-Schlacht hinzukriegen.
Dann sah er die beiden Rösser und die Reiter, erkannte zumindest den einen von ihnen und trat auf ihn zu.
„Razul.“, grinste er, „Hätte nie gedacht, dass ich mal so froh sein würde, dich zu sehen.“
Der Hauptmann der Wachen blickte ihn an und deutete dann hinter sich: „Ich bin ein Gefangener, genau wie Sie, Prinz Doktor.“
„Das stimmt, aber Du bist ein Gefangener, der ernsthaft Ärsche treten kann.“, grinste der Captain, klopfte dem Hauptmann auf die Schulter und wandte sich dann zur Höhle um. Kurz warf er einen Blick auf den Berg, in den die Höhle eingelassen wurde – ein großer, massiver Felsen, der ihm jedoch irgendwie …
Cal schüttelte den Kopf.
Das war doch alles Quatsch und überhaupt nicht wichtig.
Er machte sich auf den Weg zur Höhle, als er hinter sich ein animalisches Knurren hörte, herumwirbelte und sich unter einem fliegenden Katib hinwegduckte.
Dieser krachte gegen den Berg und rutschte daran herunter.
„SIE KOMMEN WIEDER!“, schrie Cal und eilte zum Eingang der Höhle, seinen Phaser ziehend: „PRINZESSIN SONG! VERTEIDIGUNGSMUSTER ALPHA!“

Agatha Silverbird konnte gar nicht fassen, was sie da auch sich zukommen sah. Eine gewaltige Armee von merkwürdigen Wesen, die durch Aladdin als „Katib“ identifiziert wurden. Wenngleich sich die hübsche XO nicht so ganz zurechtlegen konnte, wer oder was die Katib waren, geschweige denn, was sie vorhatten, so war das entsetzte Aufkeuchen des jungen Prinzen Agrabahs ein ziemlich gutes Indiz. Der Captain kam auf sie zugehechtet, rief ihr zu, dass sie Verteidigungsposition Alpha einnehmen sollte und sie fügte sich diesem Befehl. Ihre Bewegung wurde militärisch-präzise, sie zog ihre Waffe und richtete sie auf den Eingang.
„Wer immer da gleich durchkommt…“, keuchte Cal und schaute sie an.
„Wird noch sein blaues Wunder erleben.“, komplettierte die XO den Satz, nickte ihrem Captain zu und stellte ihren Phaser auf „Betäubung“. Dem Verteidigungsmuster Alpha zufolge, würde sie versuchen, die Angreifer, die in Cals totem Winkel lagen, zu treffen. Stellte man sich die Höhle, in der sie sich befanden, die zu einer großen Felswand gehörte, als gerade Linie auf dem Boden vor und positionierte sowohl den grünen Energiehorizont, als auch die feindliche Linie der Katib so, dass sie einen Halbkreis zu der Grundlinie bildeten, hatte man einen Aktionsradius von 180 Grad. Der Höhleneingang lag so, dass man, schösse man einen Strahl geradeaus auf den Energiehorizont zu, den 180 ° Bogen genau in der Mitte teilte, sodass zwei 90 ° Bögen entstünden. Cal würde sich nun allen Angreifern rechts der gedachten Halbierungslinie annehmen, Agatha demzufolge die linke Seite betreuen.
Captain und Commander warfen einander einen Blick zu, dann grinste Cal: „Weißt Du, wir hätten uns auch einfach nur ein paar schöne Tage in Agrabah machen können.“
„Wäre doch zu einfach gewesen.“, zwinkerte die XO ihm zu, was den Captain zum nicken brachte. Dann wandte er sich an Aladdin, Jasmin, Theti und Papyrus.
„Okay, was auch immer hier gleich abgeht, ihr werdet euch nicht von der Stelle rühren. Das is unsere Show, kapiert?“
Dann begann der Angriff.

Die Katib spurteten los. Ihre durchtrainierten Klauenfüße gruben sich in den Sand, wirbelten ihn auf, als sie ihre pulsierenden Waden anstrengten und beschleunigten. Aus den geöffneten Mäulern dröhnte ein unheimliches Geräusch, ein nahezu unmenschlicher Kampfschrei, der das Blut in den Adern der Menschen in der Höhle gefrieren lies.

Agatha wartete, bis eines der Wesen nahe genug war, zielte dann und drückte ab. Ein goldener Lichtstrahl spannte sich vom Emitter des Phasers bis zur Brust des Tieres, ließ das Wesen erstrahlen und dann zu Boden fallen. Immer mehr Lichtstrahlen schossen aus der Höhlenöffnung zu den Wesen, ließen sie aufjaulen und zu Boden gehen, doch je mehr Wesen zu Boden gingen, desto mehr Katib kamen als Nachschub. Ihr fiel einer der Berichte ein, die sie seinerzeit im Stargate Command gelesen hatte – die erste Mission, die SG-1 zum Jaffa-Planeten „Chulak“ führte und die beinahe auch die letzte Mission des SG-1-teams gewesen wäre. Damals, unter dem Feuer der am Himmel partroullierenden Udajeet-Kampfgleitern (von Jack O’Neill später „Todesgleiter“ genannt), hatte Sam Jack einen Satz zugeworfen, den Agatha auch jetzt bemühen wollte: „Colonel, wir sind ein ideales Ziel!“
Und es stimmte. Zwar hatten sie Deckung, aber wenn man bedachte, dass immer mehr dieser Katib auftauchten und ihre betäubten Kameraden ersetzten, immer mehr Katib immer näher kamen, so war es sicher, dass diese Wesen diese Stellung irgendwann überrennen würden.
Sie blickte zu Cal und sah in seinen Augen, dass auch er wusste, was die Stunde geschlagen hatte.

Verdammt, verdammt, verdammt.
Vielleicht gab es ja noch eine andere Möglichkeit? Hatte sein Phaser noch genügend Energie um einen Fächerschuss abzugeben?
Der Captain warf einen Blick auf seine Waffe und spürte, wie die Entmutigung ihn beinahe selbst betäubte – wenn auch nur seinen Geist, den dafür mit Faustschlägen lahmlegend.
Natürlich hatte er nicht genügend Energie, um diesen Trick durchzuführen.
Das wäre ja auch viel zu einfach gewesen.
Und er konnte in den grünen, hypnotischen Augen Agathas sehen, dass sie genau das selbe Szenario gedanklich durchspielte.
„Hypnotisier mich!“, rief er ihr zu, riss seine Waffe hoch und feuerte auf einen Katib, der ihnen schon verdammt nahe gekommen war. Das Wesen kollabierte. Agatha blickte ihn verblüfft an, zielte dann auf einen anderen Angreifer und schickte ihn zu Boden, ehe sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihm widmete: „Bitte?“
„Auf dem… Schiff hast du mich getriggert und aus mir eine Kampfmaschine gemacht. Das könnten wir jetzt brauchen.“, schrie Cal gegen das immer lauter werdende Brüllen der Katib und das Fauchen ihrer beiden Waffen an.
Die XO schüttelte den Kopf.
„Momentan ist das nicht anzuraten.“, rief sie, lehnte sich aus ihrer Deckung und feuerte auf eines der Katzenwesen, ehe sie sich wieder in den Schutz der Höhle presste und Cal anschaute.
„Warum nicht?“
„Egal.“, erklang plötzlich die Stimme Papyrus, der nun sein Schwert zog und es golden aufglitzern lies.
Cal erhob sich und trat auf den Ägypter zu: „Ich habe gesagt, dass Ihr in Deckung bleiben sollt.“
„Ich werde nicht in Deckung gehen“, sagte der Angesprochene und verschränkte die Arme vor der Brust, „Ihr seid unsere Alliierten und wir werden euch verteidigen.“
Cals Reaktion bestand aus einem Augenrollen, dann einem gemurmelten „Is ja süß´“, ehe er Papyrus anblickte: „Hör mal, ich weiß, Du hast nur Gutes im Sinn, aber momentan haben wir hier die überlegenen Waffen.“
Damit hob er seinen Phaser kurz an, damit der Ägypter ihn sehen konnte, ehe er die Waffe wegsteckte: „Und damit will ich hier nicht die ‚Ich hab den Längeren’-Karte ausspielen, sondern einfach nur festhalten, dass ihr momentan wesentlich besser fahrt, wenn ihr uns unseren Job tun lasst.“
„Du willst nicht mit uns kämpfen, Prinz Doktor?“
Cal legte dem Ägypter eine Hand auf die Schulter: „Unter normalen Umständen wäre nichts eine größere Ehre – naja, abgesehen davon, Picard die Hand zu schütteln.“
Das verwirrte „Wem?“ seitens Papyrus wischte der Captain mit einem kurzen „Nicht so wichtig“ beiseite, ehe er ihn ansah: „Wie schon gesagt, nichts wäre eine größere Ehre, aber mit denen da“ – er deutete auf den Ausgang – „können wir mit diesem hier“ – er hob den Phaser – „definitiv besser besser in den Arsch treten.“
Kurz betrachtete der Prinz ihn, nickte dann und sagte: „Vielleicht hast Du recht.“
Der Captain seufzte erleichtert. Er würde nicht noch einmal die Geschichte verändern, in dem er andere Leute seine Kämpfe ausfechten lies, nicht noch ein…
„Prinz Doktor? Ich muss mich noch für eine Sache revangieren.“
Was meinte der Mann aus Ägypten damit?
Cal blickte ihn verblüfft an: „Bitte?“
„Hierfür.“, sprach Papyrus – und als Cal wieder klar denken konnte, lehnte er neben Agatha an der Felswand.
Sie blickte ihn an, wischte ihm kurz das Blut von der Lippe und grinste: „Ja, er hat dich k.o. geschlagen.“
„Wundert mich nicht.“

Gut, die Faust tat weh, aber einerseits hatte es sich gut angefühlt, zum anderen hatte er darauf gewartet, Prinz Doktor den Kinnhaken heimzahlen zu können und zum Dritten war dann niemand da der versuchte, den Helden zu spielen. Das heißt – niemand ausser ihm. Und – bei Horus – er würde diese Katib zumindest zurückschlagen.
Mit einem „Jetzt“ katapultierte sich Papyrus aus der Höhle, ließ das „Schwert des Horus“ gekonnt herumwirbeln und führte es in das entsprechende Ziel – die Brust eines Katib. Die Lebensform keuchte auf und ging zu Boden. Papyrus folgte ihr, zog das Schwert aus der Brust, wischte es ab und machte sich daran, ein neues Ziel zu finden.

Hinter ihm leuchtete es golden auf und Papyrus wusste, dass Prinzessin Song ihm mit ihrer Magie Rückendeckung gab, auf die Katib einschoss, die er nicht attackieren konnte oder verpasst hatte. Sicherlich war es ein Himmelfahrtskommando, alleine, gegen eine ganze Armee zu kämpfen, aber Papyrus war sich sicher, aus dieser Sache siegreich hervorgehen zu können. Dann hörte er die vertraute Stimme seiner Frau, Prinzessin Theti, die Kampfschreie ausstieß. Kurz wirbelte der Junge herum, sah, wie Theti sich mit einem Katib einen Faustkampf lieferte und musste grinsen. So kannte er seine Prinzessin. Seitdem sie in ständiger Angst leben mussten, dass Seth, der Gott des Chaos und der Unterwelt, der Herrscher von Omboss, eventuell heute den entsprechenden Schlag gegen sie ausführte, hatten sie trainiert. Das hatte dazu geführt, dass Beide eine annehmbare Kondition aufgebaut hatten.
Der Gestank nach Verwesung, der aus dem Maul eines Katib kam, riss Papyrus wieder in die Gegenwart zurück – er wirbelte herum, führte seine Klinge gegen die Kehle eines der Angreifer und machte sich dann auf, den nächsten Gegner zu bekämpfen.

Einer der Katib grub seine Klauen in den Sand, setzte zum Sprung an und eilte los. Er sprang über etliche seiner Kollegen, über einen Stein, erfasste sein Ziel und sprang, wie von einer Sprungfeder abgeschossen, ab. Im Flug fuhr er seine Krallen aus – es würde ein Vergnügen sein, jene Krallen in die Brust des Opfers zu versenken und das weiße Gewand, das sie trug, in rotes Blut zu tauchen. „Kämpf nur, du Opfer!“, dachte er sich, als er aus seinen Augenwinkeln etwas Goldenes wahrnahm. Und ehe er verstand, was sich ihm dort näherte, spürte er einen stechenden Schmerz in der Brust. Das Letzte, was er wahrnahm, war das erschrocken-grimmige Gesicht des Mannes, den man Papyrus nannte, als er das Schwert aus der Brust des Katibs zog.

Aladdin betrachtete das Gemetzel, das der Ägypter da anrichtete, nicht ohne gewissen Zweifel. Die Katib – das waren eigentlich Menschen, im Grunde. Zwar waren sie von Grund auf Böse, aber dennoch konnte er dies nicht gutheißen. In diesem Moment spürte er eine mächtige Pranke auf seiner Schulter. Er wandte sich an Razul, der ihm zunickte: „Ich kann mir vorstellen, was in dir vorgeht, Straßenköter. Es muss sein. Es gibt keinen anderen Ausweg. Es heißt wir oder die. Willst Du hier sterben, nur damit dort kein Mensch sterben muss? Denkst Du, Morgana würde auch nur mit der Wimper zucken?“
Der Prinz von Agrabah wusste nicht wieso, aber dieser Argumentationsgang ließ sein Blut kochen. Er schlug die Pranke Razuls weg: „Und? Verdammt, Razul, wir sollten besser sein, als das da.“
Anklagend deutete er auf die Ereignisse ausserhalb der Höhle, „Wir sollten besser sein, als das, was wir da tun.“
„Sollten wir“, sagte Prinz Doktor und erhob sich, „Sind wir aber nicht. Waren wir nie, werden wir nie sein.“
Und Aladdin hatte das Gefühl, dass der Prinz da aus Überzeugung sprach.

Cal schlug die Hände klatschend ineinander.
„Verdammt, Aladdin. Ich bin auch kein Fan dieses Gemetzels dort – und ich würde auch lieber Blumen pflücken und mich meiner XO – ähm – Prinzessin hingeben. Fakt ist, dass wir das momentan nicht können. Und eigentlich weißt du das.“
Verdammt, eigentlich müsste der Prinz in den Pluderhosen genau das wissen – er war Aladdin, einer derjenigen, der aufstand und kämpfte, wenn es notwendig war.
„Du hast recht, Prinz Doktor“, nickte der Junge aus Agrabah, „Ich weiß, dass es keine Alternative gibt. Aber ich muss es nicht mögen.“
„Das stimmt – das musst du nicht.“, sagte Cal und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter – und hoffentlich fragt nicht in ein paar Jahren der Leser (und vielleicht sogar der Autor selbst) „Ist das nich eine Menge unnötiges Drama, was du da gerade rein gebracht hast?“
Vielleicht, aber vielleicht braucht es das auch mal – wobei es dann nicht mehr in die Kategorie „unnötiges Drama“ fallen würde.

Papyrus spürte plötzlich einen harten Schlag. Verdammt, einer war durchgekommen und war mit ihm kollidiert. Der Prinz aus Ägypten rappelte sich auf, blickte sich suchend um und stellte fest, dass er entwaffnet war.
Plötzlich war Theti neben ihm, das Schwert des Osiris in der Hand – ohne von den Göttern gefällt zu werden – und schwang es gegen den Angreifer.
Dieser duckte sich unter dem Schwertstreich hinweg und begab sich in eine Kampfposition. Theti tat es ihm gleich, ließ das Schwert gekonnt rotieren – Papyrus kam nicht umhin, festzuhalten, dass sie unglaublich gut dabei aussah und fragte sich, wann sie das geübt hatte.
„Papyrus, wenn ich jetzt sage, duckst Du dich.“, hörte er dann die Stimme Prinzessin Songs und nickte, ehe er ein „THETI, lass dich FALLEN!“ rief.
Die Prinzessin gehorchte, als der Katib Anstalten machte, sie anzufallen – was darin endete, dass das Wesen einen Satz über sie machte und ein wenig irritiert stehen blieb.
„JETZT!“, schrie Prinzessin Song und der Ägypter ließ sich ebenfalls fallen. Goldene Energie schoss über ihn, traf den Katib und brachte ihn dazu, in sich zusammenzusinken.
Am Boden liegend warf der Prinz einen Blick zu Theti, die ihm sanft zulächelte: „Und, wie gefällt dir der diplomatische Ausflug, mein kleiner Fischer?“

Aladdin und Jasmin sahen einander besorgt an, ehe der junge Prinz aus Agrabah Razul das Schwert entwendete – was dieser mit einem verblüfften „HEY“ kommentierte – und dann ebenfalls losstürmte. Stimmt, er musste es nicht mögen, die Katib zu besiegen, aber anscheinend gab es keine andere Wahl.
Vielleicht würden sie hier und heute ihr Ende finden – niedergemacht von den Horden Morganas Mordmafia – oder sie würden obsiegen. Aladdin wusste es nicht, er wusste nur, dass er nicht abseits stehen durfte, wenn Papyrus und Doktor die Horden zurückschlugen.

Cal seufzte.
Jetzt lief auch noch Aladdin mitten ins Gefecht. Hoffentlich waren sie klug genug, ihm nicht dauernd vor der Phasermündung rumzuturnen, denn dies war eigentlich sein Ressort. Und sowieso war dies seine Aufgabe, er hatte die Waffe, die auf Distanz funktionierte, die beiden Prinzen hatten, verglichen damit, nur Stöcke zur Verfügung. Gut – glänzende, goldene, scharfe, sehr schmerzvolle Stöcke, mit denen man Leute absolut effektiv aufpieksen und die Eingeweide durcheinanderbringen konnte – aber im Vergleich zu einem Phaser waren dies einfache Stöcke.
Der Captain warf einen Blick zu Agatha, die ihre Waffe sinken ließ und mit den Schultern zuckte. „Jetzt haben beide Königreiche einen gemeinsamen Feind.“
„Wenn Seth nicht sowieso mit Morgana gemeinsame Sache macht.“
Diese Vermutung kam von Prinzessin Jasmin, die sofort im nächsten Augenblick mit einem Kampfschrei Cal den Phaser aus der Hand trat, die wirbelnde Waffe auffing und auf einen Katib abfeuerte, der es geschafft hatte, die Verteidigungslinien zu durchbrechen.
Der Inhaber der Sternenflottenstandardwaffe schluckte hart und warf einen Blick zur Prinzessin, die mit den Schultern zuckte: „Razul hat mich gut trainiert. Ist eigentlich auch nicht schwerer handzuhaben, als eine Armbrust.“
Sprachs, riss die Waffe erneut hoch und feuerte auf einen weiteren Angreifer.
‚Ja’, schoss es Cal durch den Kopf, ‚Aber eine Armbrust löst in der Regel eher weniger Leute auf. So’N Phaser tut das gern mal, wenn man ihn falsch einstellt.’
Agatha nickte: „Okay, hier hast Du meine Waffe. Beidhändig feuern geht ja auch, oder?“
„Natürlich.“
„Gut, sieh nur zu, dass diese Anzeige hier“, sie deutete auf den Energieintensitätsindikator, „im grünen Bereich bleibt. Verstell da bitte nichts.“
Agatha klopfte der Prinzessin auf die Schulter und ging zu Cal. „Übrigens, ich muss dir noch was zeigen.“
Damit wandte sie sich um und ging zurück in die Höhle. Der Captain folgte ihr.

 

Irgendwie fühlte es sich nicht unbedingt wie eine gute Idee an, die Schlacht zu verlassen. Das komplette Training, das er doch irgendwo in seinem Kopf abgespeichert hatte, meldete sich gerade in diesem Moment und flüsterte ihm zu: „Hey, psst, komm mal her, Cal – das is ne extrem bescheuerte Idee.“, aber momentan fühlte er sich wie Agathas Vorfahre im Kabarettprogramm, wenn er als eine der Politikerinnen des 21. Jahrhunderts von sich gab „Aaaaber… tralalala – hmpf…. Alternativlos.“
Und irgendwie traf genau dies zu.

Es war alternativlos. Es war eigentlich alles alternativlos. Sie waren hier, bruchgelandet – notgelandet? Bruchnotgelandet? Notbruchgelandet?! – in Agrabah und bevor er sich mit solchen Problemen wie etwa „Wie zum Henker kommen wir hier wieder weg?“ beschäftigen konnte, musste er sich erst einmal einer anderen Frage widmen: „Wo, zum Donnerwetter, ist die DRAGONFLY ?“ Sie hatten zwar einen vielversprechenden Hinweis – im Skorpion des griechischen Terroristen Mechanikles hatte der Genie die Bordplakette seines Raumschiffes gefunden (des Föderationsraumschiffes, nicht des Genieraumschiffes, der hatte ja keines, nur eine magische Lampe) -  aber der erste Verhörversuch des Griechen war darin geendet, das Morgana Aladdins Stelle eingenommen und dem Griechen zur Flucht verholfen hatte, der Versuch, Mechanikles einzufangen, hatte sie in diese Situation gebracht, also mussten sie ersteinmal aus dieser Situation rauskommen, ehe sie das Verhör erneut beginnen konnten.
Und dazu mussten sie an der Front sein. Schließlich hatten sie als Starfleetoffiziere Zugang zu hochentwickelter Waffentechnologie.

Zugegeben, die Waffentechnologie war so hochentwickelt, dass eine Traumgestalt aus dem Jahr „Keine Ahnung vor Christus“ sie verwenden konnte, aber das sprach nur für die einfache Bedienbarkeit. Im Grunde war ein Phaser ja auch nichts anderes, als eine normale Waffe – zielen und abdrücken, mehr nicht. Gut, eventuell sollte man vorher nochmal erklären, welche Einstellungen okay sind und welche man nicht jeden Deppen ausprobieren lassen sollte, aber erstens war Jasmin kein Depp und zweitens war sie gut.

Drittens waren sie im Disneyversum – das heißt: „Gute Menschen töten nicht.“
Ausser man heißt Papyrus, aber der findet ja nicht im Disneyversum statt, sprich: Er muss sich nicht an diese Regeln halten. Und wo wir gerade bei Regeln sind – Cal war zwar nicht unbedingt glücklich mit seiner neuen Tarnidentität, aber er musste sie solange aufrecht erhalten, bis er aus diesem Disneyalbtraum raus war.
Zugegeben, die Idee, einen Prinzen zu spielen, hatte was für sich.
Auch der Gedanke, mit Aladdin, Jasmin, Papyrus, Theti und allen voran natürlich Agatha, Abenteuer zu erleben, sagte ihm zu. Schließlich kannte er die ersten vier als Figuren aus alltäglicher Holounterhaltung und mit ihnen zusammen zu arbeiten war für den Captain ungefähr so ehrenhaft, wie die Zusammenarbeit mit einer der größten Legenden der Föderation.
Und sein wir mal ehrlich: „Prinz Doktor“ war immerhin noch ein besseres Alias als „Charlie Monrose“ oder „H-25-nochwaskirchen“.

Das Schlachtengetöse – gut, da war nich viel Schlachtengetöse, mit dem man arbeiten konnte, ausser den Kampfschreien der El Katib und dem lauten Auffauchen der Phaser, der Kampfschreie Aladdins, Thetis, Papyrus, Cassims, Razuls, dem Singen von Papyrus Schwert der Götter -  doch, wenn man ehrlich war, gab es schon einiges an Schlachtenlärm.
Dieser wurde also sukzessive leiser, je weiter Cal und Agatha den Stollen entlanggingen, den jemand in diesen Berg gehauen hatte. Beeindruckt von der Handwerkskunst, die dabei an den Tag gelegt wurde, blickte sich der Captain um, nickte ein paar Mal anerkennend und sagte: „Besser hätten es meine Vorfahren auch nicht gekonnt.“
Agatha stoppte, drehte sich um und schüttelte grinsend den Kopf: „Cal, du kommst nicht aus dem Ruhrgebiet. Und das weißt du. Du bist so britisch wie Fischstäbchen und Vanillepudding.“
„Lass mir doch meinen Spaß. Ich weiß doch nur ein paar Sachen über den Ruhrpott. Und wenn ich mich nach Aussen hin, wie einer „von da weg“ benehme, möchte ich auch hier und da ein bischen was entsprechendes sagen können.“
„Du weißt schon, Schatz, dass Du damit sehr klischee-ig wirst?“, fragte die XO und zwinkerte ihm dann zu, „Aber keine Sorge, ich werde es nicht verraten.“
Cal zuckte mit den Schultern: „Na, das’s ja man beruhigend.“
Dann legte er den Kopf schief und schaute seine XO an: „Was wolltest Du mir eigentlich zeigen?“
Und plötzlich grinste Agatha wie ein Honigkuchenpferd.
Nein, das stimmt nicht ganz. Im Vergleich zu der Süße, die in diesem Grinsen lag, das es schaffte so breit wie möglich zu sein, ohne dabei unheimlich zu wirken, war ein Honigkuchenpferd eine verdammt saure und bittere Angelegenheit.
Was wäre wohl ein perfektes Äquivalent?
Erdbeeren in weißer Schokolade?
Nein, nicht wirklich – die sind zwar süß und für den Captain wären sie sicher genau so verführerisch wie Agatha (ob nun mit weißer Schokolade bestrichen oder nicht, das überlasse ich meinen Lesern, ich schreibe ja keinen Schweinkram) , aber dieses Grinsen war noch süßer.
Er hatte mal den Satz gehört „Du grinst wie ein Pfannekuchen“ und noch nicht mal das war akurat genug.
Auch nicht, wenn der Pfannekuchen zusätzlich noch karamelisiert wäre…. Aber …
Er hatte es.
Agatha grinste wie ein karamellisierter Pfannekuchen, überzogen mit Ahornsirup und weißer Schokolade.
Also so süß, dass man spontan seinen Zahnarzt anrufen wollen würde und sagen „Doc, ich glaub ich hab n paar Löcher.“

Dieses süße Grinsen zeigte nun seine XO und deutete hinter sich.
Cal verschränkte die Arme vor der Brust, legte den Kopf in die andere Richtung schief, schloss ein Auge und versuchte, aus diesem Bild irgeneinen Sinn zu erkennen.
Er scheiterte.
„Hättest Du was dagegen, mich in den Grund deiner extrem guten Laune einzuweihen?“
„Nein“, schüttelte sie den Kopf, warf sich gegen ihn und küsste ihn: „Schatz – wir sind da. Wir haben die DRAGONFLY gefunden.“
Erneut betreten wir die fabelhafte Wunderwelt der Sprachen.
Jemand aus Deutschland würde vermutlich fragen „Wie kommst Du darauf?“.
Alternativ auch „Wie kommst’n auf dat schmale Brett?“
Oder in der Zeit des Internets: „What the fuck?“
In englisch übersetzt sich die Frage „Wie kommst Du darauf?“ nicht in „How do you come on that?“,  sondern in „What makes you say that?“
Aber Cal entschloss sich für die kürzeste Frage, die er in diesem Moment stellen konnte – auch er hatte zwischendurch die Momente, in denen er mit seiner Zeit so effizient wie möglich umgehen wollte und wenn sich seine rothaarige Freundin an ihn heranoperiert und ihn küsst, stellt er garantiert keine elaboriert-langen Fragen.
Also kein „Kommst n auf Dat?“, kein „What the fuck?“ auch kein „Was macht dich dies sagen?“ sondern ein einfaches Wort, das aus zwei Buchstaben besteht und in höchster Effizienz anzuzeigen vermag, dass der Fragesteller nicht ein Wort verstanden hatte.
Die Frage, die Cals Mund entfleuchte lautete: „Hä?“

Zugegeben, der Umgang mit der Armbrust war streckenweise dann doch ein wenig schwieriger gewesen. Hier hatte Jasmin die Möglichkeit, so häufig zu schießen, wie es notwendig war, ohne nachladen zu müssen. Das musste man der transportablen, fiktivistischen Magie lassen – sie war effizient und extrem einfach zu Handhaben. Sie zielte auf einen Katib, feuerte, und die Kreatur fiel – wie gefällt – um. Zwar stapelten sich die gefallenen Kreaturen langsam aber sicher, es gab für die Angreifer aber immer noch genug Möglichkeiten, über die gefallenen Genossen herüberzuklettern.
Verdammt – wenn man mit dieser Magie doch nur eine Möglichkeit hätte, die Gegner einfach verschwinden zu lassen.
Aber darüber durfte sie sich momentan keine Gedanken machen. Erneut näherte sich ein Katib, sie hob die Waffe, feuerte, das Wesen ging zu Boden – und wurde sofort durch ein Nächstes ersetzt, das auf sie zusprang.
Elegant auf allen vieren landend schüttelte es sich kurz, ehe es Jasmin anblickte und herausfordernd knurrte.
Jasmin blickte das Wesen an.
„Weswegen attackiert ihr uns?“
Die grellgelben Augen des Katib funkelten sie an, er fauchte und trat erneut einen Schritt auf sie zu.
Kurz schloss die Prinzessin die Augen, atmete tief durch und verbannte den Schlachtenlärm aus ihrem Kopf, ehe sie die Augen wieder öffnete und den Katib anblickte.
„Nenne mir den Grund für eure Attacke.“
Das Wesen kreischte und sie hatte das Gefühl, ein Wort in seinen Augen zu sehen. .
Gehorsam!
„Wem gegenüber?“
Morgana .“
Es war definitiv faszinierend. Von aussen mochte sie aussehen wie jemand, der mit einem Tier sprach und hoffte, verstanden zu werden – doch in ihrem Inneren wusste sie, dass der Katib sie wirklich verstand.
„Morgana zwingt euch, dies zu tun?“, fragte sie und kurz setzte ihr Herz aus, als das Wesen sie anblickte, erneut kreischte und einen weiteren Schritt auf sie zutrat. Wenn der Katib sie nun attackieren würde, wäre alles aus. Niemals könnte sie die Waffe schnell genug in die richtige Position bringen, um abzudrücken. Vermutlich würde stattdessen die Magie über das Feld zischen und bestenfalls unnütz verpuffen – schlimmstenfalls würde sie damit jemanden aus ihrer eigenen Gruppe treffen. Vielleicht sogar Aladdin.
Aber sie hatte keine andere Wahl.
Erneut besann sie sich darauf, wie sie mit Raja trainiert hatte, sank auf die Knie und blickte dem Katib in die Augen.
Als das Wesen antwortete – nicht mit Worten, sondern mit Gedanken, Gefühlen, Zisch- und Knurrlauten – verstand sie es.
„Ja. Morgana hat den, der mit dir gesprochen hat, bestraft. Sie tötete ihn und warf seine Leiche aus ihrem Reich.“ .
‚Das muss der Katib gewesen sein, der über Prinz Doktor hinwegflog.’, schoss es der Prinzessin durch den Kopf.
Sie nahm eine Hand von der Waffe und streckte sie nach dem Katib aus. Das Wesen gab kurzzeitig einen agressiven Zischlaut von sich, dann, als könne es ebenfalls in ihre Seele blicken, blieb es stehen und ließ zu, dass sie es am Kopf berührte.
„Ganz ruhig.“, sagte Jasmin und ließ ihre Stimme in einen Singsang verfallen, mit dem sie hin und wieder schon einmal mit kleinen Kindern sprach: „Ich werde dir nichts tun.“
Damit glitten ihre Finger über das dichte Fell des ehemaligen Menschen. Der Katib erinnerte sie immer mehr an Raja und instinktiv kraulte sie dem Wesen das Fell.
Sie blickt es an: „Hast du einen Namen?“
„Namen sind bei uns überflüssig. Wir sind Katib.“ , antwortete das Wesen, erneut in dem es keine wirkliche Sprache verwendete, sondern anscheinend Gedanken projezierte.
 Die Prinzessin nickte und ihre Finger kraulten weiter, was anscheinend beim Katib die selben Reaktionen hervorrief, wie bei Raja. Es gab ein Geräusch von sich, das Uneingeweihte vermutlich bestenfalls als fremdartig-unheimlich, schlimmstenfalls als hochgradig aggressiv deuten würden. Doch Jasmin erkannte ein Schnurren einer großen Katze, wenn sie es hörte.
Ein leichtes Lächeln lief über ihre Lippen, sie konnte sich des Gedanken ‚Wie bei Raja’ nicht erwehren.
„Was ist ein Raja?“
Zugegeben, dass der Katib ihre Gedanken irgendwie spüren konnte, wunderte sie nun nicht mehr.
„Raja ist mein Schoßtiger. Und bevor du fragst – ich behandele ihn gut.“
Damit zwinkerte sie dem Katib zu und kraulte ihn weiter, ehe sie den Kopf hob, und das Gemetzel sah, das vor ihren Augen stattfand.
„Könnt ihr euch gegen Morgana auflehnen?“
„Nein.“
Jasmin nickte.
„Ja, das habe ich befürchtet.“
Langsam stand sie auf, ließ den einen Phaser da liegen, wo er lag und trat einen Schritt nach hinten.
 „Das heißt, du wirst zulassen, dass meine Freunde niedergemacht werden?“
Auch der Katib merkte, dass ein Umbruch in Jasmins Stimmung stattfand. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
„Du musst das verstehen. Ich habe keine Wahl. Wenn ich den Angriff aufhalte, wird ein anderer kommen. So sind die Befehle. Wir haben keine Wahl.“
Jasmin hob ihre Waffe.
„Ich habe auch keine. Ich möchte meine Freunde nicht sterben sehen, ich hoffe, das verstehst du.“
Die Kreatur senkte den Kopf kurz und – wie Jasmin fand – erhaben. Es erinnerte sie viel zu sehr an Raja.
„Ja – ich verstehe. Du musst die Deinen schützen und ich muss die Meinen schützen.“ , projezierte ihr der Katib in den Kopf.
„Gut.“
Damit feuerte sie.
Das Wesen leuchtete orange auf und kollabierte.
Jasmin trat neben den Gefallenen, legte ihm sanft eine Hand auf die Stirn und tätschelte sie sachte, ehe sie nach dem Phaser griff und eine Träne, die in ihrem Auge blitzte, wegzwinkerte.
Sie richtete die Waffen wieder auf die Katib aus.
Verdammte Morgana.

„Würde es dir ausmachen, ein wenig deutlicher zu werden?“
Agatha Silverbird grinste.
Wann immer Cal vor unfassbaren Tatsachen stand, wurde er entweder sehr britisch oder aber immitierte irgendjemanden aus Film, Funk, Fernsehen und Internet. In diesem Fall tat er sogar beides zusammen, denn er intonierte nicht nur einen distinguierten britischen Akzent, sondern immitierte damit sogar Edward Mulhare, besser bekannt als Captain aus „The Ghost and Mrs. Muir“ – oder aber in diesem Fall besser bekannt als Devon Miles aus „Knight Rider“.
„Wir haben die DRAGONFLY gefunden.“, wiederholte die rothaarige XO mit Engelsgeduld – was sonst sollte sie tun?
Je eher der Captain diese Tatsache in seinen Dickschädel bekam, desto besser.
„Und wie kommst Du auf das schmale Brett?“
Dem Grinsen nach zu urteilen, das Cal nun auf seinen Lippen spazieren trug, hatte er vermutlich Minuten gewartet um diesen Spruch anbringen zu können. Aber gut, irgendwie würde sie es ihm noch begreiflich machen.
„Du erinnerst dich daran, dass ich Jasmin und Aladdin betäubt hatte, um zu beweisen, dass ich zusammen mit Dir, Papyrus und Theti unter der Kontrolle von Morgana stand?“
„Ich stand unter der Kontrolle von Morgana? Mal wieder?“
Agatha rollte mit den Augen.
Hatte er das tatsächlich mal wieder vergessen?
„Ja, standest du.“, seufzte sie „Und du wolltest mich dazu bringen, dass ich mithelfe, Jasmin zu fangen. Also habe ich solange mitgespielt, wie ich musste – das beinhaltete, Jasmin und Aladdin zu betäuben.“
„Ahhhh“, machte der Captain, „Ich hab mich schon gewundert, wo er herkam.“
Das zweite Seufzen, dass der Kehle der XO entrann, war so leise, das Cal es nicht hören konnte. Manchmal fragte sie sich, ob der gute Captain nicht einfach nur eine Aufmerksamkeitsspanne von 5 Minuten besaß und dann alles wieder vergessen hatte.
Oder lag das an den unzähligen Schlägen, die er sich in den Abenteuern der DRAGONFLY eingefangen hatte – ob es nun EM-Entladungen waren, die ihn in Stasis versetzten, ob es nun Phaser waren, die ihn von den Beinen holten, ein kleiner Kampf mit Xena, der Kriegerprinzessin, die ihn so „besoffen“ boxte, dass er nur noch ein „Kein Buchungssatz ohne Beleg“ als sogenannten „Non Sequitur Thud“ von sich gab, ehe er kollabierte, ob es nun ihr „Erdbeerparfait“ war, das ihn betäubte – vielleicht hatte das alles irgendwann dazu geführt, dass er das Wissen, das er auf der Academy besaß, einfach mehr oder weniger vergessen hatte.
Oder war er einfach nur ein Depp, aber ein lieber?
Sie wusste es nicht.
Und sie hatte auch momentan keine Zeit, darüber nachzusinnen – wobei sie es ja gerade gemacht hatte. Sagen wir es so – sie hatte keine Zeit elaborierte Thesen aufzustellen. Das war sowieso eher der Job von Bordcounselor Linda Layd oder von Doktor Gina Intrupper, die momentan ziemlich „unavailable“ waren.
„Also“, sagte die XO, griff den Captain bei den Schultern und wandte ihn zu ihr: „Jetzt versuch bitte, mir zuzuhören, okay?“
„Ich bin kein fünfjähriges Kind, Agatha.“, sagte Cal und nun war es an ihm zu seufzen: „Denkst Du, ich lauf jetzt einfach durch die Höhle wie das Urmele? Ich hab mich nur gewundert, wo Al herkam. Also, weiter im Text. Wieso denkst Du, dass wir die DRAGONFLY gefunden haben?“
„Jasmin kam als erste wieder zu sich. Sie und Aladdin vollführten das übliche Prozedere – du weißt schon, ein ‚Wo bin ich’ gefolgt von einem ‚Ich dachte, ich hätte dich verloren’, gefolgt von einem ‚sich einander in die Arme werfen und kurz der Leidenschaft hingeben’ – also so ziemlich das, was wir auch machen, wenn wir beide ausser Gefecht gesetzt werden und an einem anderen Ort wieder zu uns kommen.“
„Ich verstehe.“, nickte Cal.
Dann verschränkte er die Arme hinter dem Rücken und blickte seine XO abwartend an: „Und der Part wo du erklärst, woher du weißt, dass wir die DRAGONFLY gefunden haben?“
Agatha grinste und machte eine Geste die der Höhle galt: „Jasmin nannte dies einen – und ich zitiere  - ‚Stollen im Nf’y-Gebirge.’“
„EnF-Ih?“, echote der Captain und legte den Kopf schief: „En Ef Ih?“
„Enfi.“, nickte Agatha, „Ich hab mir dann mal zeigen lassen, wie man es schreibt. Großes N, dahinter ein F, ein Apostroph und dann ein Y. Und was kommt dir da in den Sinn?“
Cal zuckte die Schultern.
„Erm…. Naja… erm.“, machte er und legte den Kopf schief: „Nich viel?“
„Schatz!“; rollte die XO mit den Augen, „Schatz überleg mal… welche Buchstaben haben wir hier?“
„Naja, ein N, ein F und ein Y.“
„Jaaa?“, machte Agatha und legte den Kopf schief: „Und weiter? Was suchen wir?“
„Na, die Dragon…“, setzte Cal an – ehe er stoppte und Agatha ansah: „Du meinst – ‚Ich schoss einen Pfeil in die Luft’?“
Die XO nickte: „Vejur, V’jur, V’ger, Voyager 6 – genau.“
„Das heißt“, setzte Cal an, ehe er Luft holte, „Scheiße – das heißt die DRAGONFLY ist dieser Berg?“
Er legte eine Hand auf die Höhlenwand: „Computer?“
Nichts geschah.
„Computer?“
Wieder keine Reaktion.
Agatha grinste: „Schatz – ich meinte nur, dass die DRAGONFLY ein signifikanter TEIL des Gebirges ist – nicht das gesamte Gebirge selbst.“
„Stimmt“, nickte der Captain, „Das hätte man dann ja auch von draußen gesehen.“
„Eben. Aber was ich mir schon denke, ist, dass die Höhle, in der wir von Mechanikles eingesperrt worden waren, zumindest mit Föderationstechnologie betrieben wurde – wenn es nicht sogar eine Arrestzelle der DRAGONFLY war.“
„Aber das hätten wir doch gemerkt.“, widersprach der Captain, „Ich meine, Föderationszellen ändern sich doch nicht.“
„Es sei denn, eine Menge Staub, Dreck et cetera, verändert die Umgebung nachhaltig.“
„Ja, aber soviel Staub kann doch gar nicht entstanden sein. Wir sind doch erst vor ein paar Tagen hier eingetroffen.“
Die XO nickte: „Darüber muss ich mir nochmal Gedanken machen.“
„Gut, aber das machen wir nachher. Wir gehen jetzt erstmal zur Waffenkammer, holen dort die nächstbeste BFG und dann zeigen wir den Katib mal, was ein Hammer ist.“
Damit drehte sich der Captain um und sprang entsetzt einen Satz nach hinten, hinter ihm plötzlich Mechanikles stand und ein Messer zog.

Aladdin duckte sich unter einem der Katib hinweg, hieb nach oben und wusste nicht, ob er dort irgendewelche Körperteile traf, die das Wesen langfristiger ausser Gefecht setzen würden – aber er hoffte es. Erneut wirbelte er herum, verpasste dem nächsten Wesen einen Tritt und sprang zurück, als einer der Katib dort landete, wo er gestanden hatte.
Um ihn herum – die Schlacht.
Der Prinz fühlte sich nicht sonderlich wohl dabei, aber er wusste, das es da keine großartige Alternative gab. Dennoch würde er lieber versuchen, mit den Wesen zu reden.
Plötzlich erweckte etwas ausserhalb seines Aufmerksamkeitsbereiches sein Interesse.
Auf einer der zahlreichen Dünen, die sich dem Nf’y-Gebirge entgegenwölbten, schimmerte etwas. Es war nur einen kurzen Bruchteil einer Sekunde zu sehen, dann war es wieder verschwunden.
Vielleicht hatte er es sich auch nur eingebildet.

Vielleicht bildete sich Theti das Geräusch auch nur ein, dass sie meinte, über den Kampfeslärm hinweg zu hören. Es erinnerte sie an irgendwas – aber sie konnte es nicht so ganz zuordnen. Bei Osiris, es waren inzwischen knappe 4 Tage, an denen sie in Agrabah weilten und sie wurden seit 4 Tagen mit Ereignissen bombadiert . Nicht mal ihrem Heimatland gab es mehr als nur eine Krise innerhalb einer Woche. Ob sich Seth, der Herr von Omboss und sein Gefolgsmann Aker dabei an Wochenenden oder Tarifverträge hielten wusste sie nicht, es war aber ein Fakt.
Schnell musste sich die Prinzessin unter einem wütenden Hieb eines Katib hinwegducken, ehe sie ihm einen Schlag auf die Schnauze verpasste. Dies schien das Wesen nicht unbedingt gut zu heißen, aber das genügte ihr um sich an der – aus dramaturgischen Gründen direkt hinter ihr befindlichen – Felsenwand nach oben zu ziehen und die Sohle ihrer Sandale erneut in die Schnauze des Katib zu versenken. Dieser jaulte auf und fiel. Er krachte auf seinen Rücken, jaulte erneut, rollte sich auf die Beine, schüttelte sich und begann, sich ein einfacheres Opfer zu suchen.
Theti lächelte, zog sich weiter empor, bis sie ein Plateau erreicht hatte, von wo aus sie einen Blick auf die Ebene unter sich hatte. In der Ferne konnte sie den charakteristischen Zwiebelturm des Sultanpalastes erkennen und lächelte. Sie waren also gar nicht so weit von Argabah entfernt. Und gerade, als sie einen Blick nach unten werfen wollte, um ihren Freunden aufmunternde Worte zuzurufen, sah sie ein metallenes Gleißen, dass sie erkannte.
Der Skorpion kehrte zurück.
Theti formte ihre Hände zu einem Trichter,  rief „ACHTUNG!“, ehe sie einen harten Schlag auf den Hinterkopf spürte und vornüber in die Dunkelheit fiel.


Cal blickte auf die Spitze des Messers, das auf ihn gerichtet war.
„Hahahaha“, kicherte der irre Grieche, packte nach Agathas Arm und zerrte sie vor sich, um ihr das Messer an die Kehle zu halten: „Habt Ihr gedacht, Ihr könnt mir entwischen?“
„Wenn ich ehrlich bin, der Gedanke ist mir gekommen.“, murmelte der Captain und zuckte dann einen Schritt zurück, als Mechanikles ein lautes „SCHWEIG!“ schrie.
Vielleicht war das wirklich besser. Schließlich wollte er Agatha nicht in unnötige Gefahren bringen.
Er trat einen weiteren Schritt zurück, als Mechanikles nach vorne trat, das Messer drohend an die Kehle seiner XO gehalten.
„Ihr werdet jetzt ganz ruhig zur Höhle hinausgehen und euren Freunden sagen, dass sie sich ergeben sollen. Meine Mordmafia…“
„Deine?“, grinste Agatha und Cal schaute sie entsetzt an. Wieso riskierte sie jetzt eine Dicke Lippe?
„Ja, gut, okay“, nickte der Grieche, „Morganas Mordmafia.“
Damit presste er die XO fester an sich und schnitt einmal leicht über die Kehle. Nicht schwer, aber so, dass ein leicht-rosaner Strich zu sehen war.
„AGATHA!“
Die Reaktion Cals mochte ein wenig überzogen sein, sonderlich verhältnismäßig war sie auf keinen Fall. Der Schrei des Captains hallte durch die Höhle und im nächsten Moment hatte sich Cal auf den Griechen geworfen und bearbeitete ihn mit Fäusten.
„DU“, schrie er und hieb auf das Gesicht ein, „Wirst“, dann war der Magen dran, „dich“, erneut ein Hieb auf die ohnehin schon angeknackste Nase, „entschuldigen“ und dann die Knie dorthin getrieben, wo es für einen Mann wirklich am Lustigsten war.
Dann stand er auf, grinste zu Agatha herüber, die ihn verblüfft anstarrte, ehe er mit den Schultern zuckte: „Und, wie war ich?“
„Gut“, sagte die XO und deutete auf seinen Bauch: „Aber wie geht es dir?“
„Gut, wieso?“
Dann gaben seine Knie nach.

Inzwischen waren die El Katib schon in beeindruckenden Stärken aufgelaufen. Jasmin riss die Waffe hoch und zuckte zusammen als nichts geschah. Der Phaser gab ein gluckerndes Geräusch von sich – mehr nicht. Verdammt – was war das?
Und dann sprang einer der Katib auf sie zu, landete vor ihr und knurrte.
„Bereite dich darauf vor, zu sterben.“

TBC


CaptainCalvinCat

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Kapitel 17 – Dawn of the Dead –

Kapitel 17.1



„Was haben Sie für mich, Miss Sciuto?“
Die Frage war relativ einfach gestellt und sollte eigentlich auch relativ einfach zu beantworten sein. Eigentlich.
Als sich Abigail Sciuto zu dem Mann umdrehte, der diese Frage gestellt hatte, bemerkte sie – zu ihrer eigenen Verwunderung – tiefe, innere Unsicherheit.
Und wenn sie ehrlich war – wie konnte sie dies nicht?
Director Leon Vance war ein Mann, der jetzt nicht durch eine beeindruckende Größe aufwarten konnte – er war zwischen zwei und fünf Zentimetern kleiner als „The Man“, Leroy Jethro Gibbs, Abbys allerhöchste Authorität – aber er war der Mann, dem Gibbs „antwortete“. Darüber hinaus war er in seinem Direktorenposten der Mann, der ihre Gehaltschecks unterschrieb und mit diesen Leuten sollte man sich gut stellen.
Ausserdem wies er eine ungeheuerlich-gute Karriere auf, beginnend mit seiner Ausbildung, die er 1991 mit dem Eintritt in den NIS – den Vorläufer des NCIS – abschloss. Interessant war jedoch, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine großartigen Daten über den Mann mit der schokoladenbraunen Haut zu finden waren.
Damals, als sie ihn kennengelernt hatte, hatte dies Abby ein wenig verunsichert – jetzt war ihr klar, wieso wichtige Informationen fehlten.
Leon Vance war ein Zeitreisender, ein Captain der Föderation, was ihn ungleich cooler machte. Aber wie konnte sie diesem Mann nun begegnen?
Schließlich hatte sie nun einen unumstößlichen Beweis, dass diese ganze Welt, die in „Star Trek“ geschildert wurde, den Tatsachen entsprach.

Abby fuhr herum, verfluchte sich in dem Moment, in dem sie aus den Augenwinkeln wahrnahm, dass das Bild von Felicity Jones immer noch vom Monitor glotzte.
Vance sah es ebenfalls, legte den Kopf schief und trat auf sie zu.
„Wieso interessieren Sie sich für eine Grundschullehrerin aus Minnesota?“, fragte er mit seiner ihm eigenen Stimme, die eine gewisse Tiefe aufwies.
Die Forensikerin blickte ihren Chef an: „Sie ist eine Augenzeugin im … Desilu-Fall?“
Innerlich schloss sie die Augen und seufzte. Sie war keine gute Lügnerin – das hatte sie nie beherrscht und fand es eigentlich, wenn sie ehrlich war, nicht nur unhöflich, sondern auch unschicklich.
„Desilu-Fall?“
Die Stimme Vances verriet mißtrauen:  „Wer bearbeitet den?“

Gut, nun wurde es Zeit, zu zeigen, dass sie das Talent zum Lügen hatte – wenn sie es nur hätte. „Erm… erm….“, setzte Abby an, überlegte, wem sie den Schwarzen Peter in die Schuhe schieben konnte, wen sie für diese Nummer verantwortlich machen konnte – und fand erschreckenderweise heraus, dass sie dazu nicht in der Lage war. Nicht einmal Masterton, der nie den Kaffee in der Kaffeemaschine nachfüllte, was Gibbs schon ein paar mal auf die Palme gebracht hatte oder Caulder, der den Kopierer im Gang immer auf das letzte Blatt ausreitzte, sich aber nie die Mühe machte, neue Blätter einzulegen oder bescheidzusagen, wenn ein „schwerer Fehler“ aufgetreten war – nicht einmal diesen wirklich sehr unsympathischen Nebencharakteren konnte sie diesen Auftrag zuschanzen.
Also schwieg sie.

Vance blickte sie an: „Miss Sciuto? Für wen recherchieren Sie gerade?“

Beharrliches Schweigen. Sie würde nichts sagen – sie würde Daniel nicht verraten, zumal sie keine Ahnung hatte, welche Konsequenzen dies für sie, für den guten Doktor, für Vance oder den Rest des Teams hatte.

„Miss SCIUTO!
Vances Stimme wurde schneidend scharf. Der Mann wusste, wie man sich Gehör verschaffte und wusste vor Allem, dass Abby ihm gerade etwas verschwieg. Und er hatte den Kaffee auf.
Dabei hatte der Captain der Sternenflotte eigentlich nichts gegen einen Aufenthalt in dieser Zeitebene – im Gegenteil.
Eigentlich fand er es sogar sehr faszinierend, wie wenig sich Herangehensweisen änderten.

Als Vance von der Starfleetacademy abging und seinen ersten Posten – Wissenschaftsoffizier auf der U.S.S. Al-Batani - antreten wollte trat eine junge Frau auf ihn zu, die er schon einige Male gesehen hatte. Sie trug, genau wie er, die Uniform der Sternenflottenacademy – er hatte es noch nicht geschafft, sich entsprechend neu einzukleiden -  und blickte ihn aus großen, grasgrünen Augen an. Dann salutierte sie: „Fähnrich Vance“
Es war ein simpler Automatismus, der sich in den letzten Jahren in sein Hirn gefräst hatte. Kaum das jemand salutierte, salutierte er zurück. So auch hier: „Fähnrich… Fähnrich.“
Der Mann, der später einmal Direktor des NCIS werden würde, fühlte sich gerade informationstechnisch sehr im Nachteil.
Sie lächelte ihn an: „Stone mein Name. Angela Stone.“
Er erwiderte ihr Lächeln und legte den Kopf schief: „Wie kann ich ihnen helfen, Fähnrich Stone?“
„Es geht um eine Mission, für die Sie auserwählt wurden.“
„Mission? Jetzt schon? Das ist doch unmöglich – ich muss heute um Dreizehn Hundert an Bord der Al-Batani sein.“
Stone lächelte: „Ich weiß. Dieser Auftrag wurde einem anderen Wissenschaftsoffizier zugeteilt. Captain Paris ist über den Wechsel informiert worden und wünscht Ihnen bei Ihrer Mission alles Gute.“
„Das hätte ich gerne von ihm selbst gehört.“, meinte der Fähnrich, doch Stone zuckte mit den Schultern: „Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt. Sie haben einen anderen Job.“
„Und welchen?“
„Sagen wir einfach“, grinste Angela, „dass Sie eine Verabredung mit der Ewigkeit haben – da möchten Sie doch nicht zu spät kommen.“
Vance hob die Augenbrauen: „Bitte?“
„Wir beide machen uns jetzt auf den Weg zum Ewigkeitsplaneten. Ihre Freundin und mein Freund warten dort schon auf uns. Näheres erfahren Sie am Treffpunkt.“
„Ja, aber moment mal…“, setzte Vance an, doch Stone schüttelte den Kopf: „Dafür haben wir jetzt keine Zeit.“
Sie betätigte ihren Kommunikator: „Stone an die Leroy Jethro Gibbs ?“
Gibbs hört.“
„Beamen Sie uns hoch. SCIS Security Code 734.“
„Code bestätigt. Willkommen an Bord, Fähnrich Stone.“
Damit löste sich die gesamte Umgebung in Pixel auf.

Zugegeben, der Ansatz, dem Stone damals gefolgt war, war doch ein wenig rabiater gewesen, als der, den Special Agent Sharp wenige Wochen später, aber etliche Jahrhunderte früher, bei ihm anwendete, um ihn nach Amsterdam zu bewegen. Wenigstens hatte man ihn damals nicht vom Militärcollege entführt – wobei ihn das irgendwie wunderte. Nach dem, was er gelesen hatte, war der NCIS – und ganz besonders der unerschrockene Leroy Jethro Gibbs – nicht sonderlich zimperlich. Das Team, das Gibbs um sich geschart hatte, war – so hatte er schon an der Academy erfahren – so berühmt gewesen, wie seit dem kein anderes Team mehr. Kein Wunder, dass der SCIS, die Sternenflottennachfolge des NCIS , seine Schiffe nach eben jenen berühmten Mitgliedern benannte.

„Doktor Jackson hat mich gebeten, dieses Gesicht zu finden.“, riss ihn die leicht geknickte Stimme Abigail Sciutos wieder aus seinen Gedanken. Daniel Jackson? Der Mann vom Stargate-Command? Wieso würde er Informationen über eine junge Frau haben wollen?
Sein „Wieso?“konterte Abby mit einem „Hat er nicht gesagt.“ – sein „ Wann hat er sie gebeten?“ beantwortete die junge Laborgoth mit einem lapidaren: „Per Handy.“
Vance merkte, wie seine Ungeduld sich wieder meldete. Er wusste nicht wieso, er hatte keine Ahnung, woher diese Ungeduld kam, er wusste nur, dass sie da war und ihn nervte. Eigentlich hätte er sein Eliteteam gar nicht erst nach Dubai schicken sollen. Vielleicht wäre es besser gewesen, die DRAGONFLY an Ort und Stelle verrosten zu lassen. Aber das ging ja nicht. Abgesehen davon, dass dies ein Eingriff in die Zeitlinie wäre, musste man auch festhalten, dass man Sternenflottenoffiziere nicht einfach so zurücklies.

Nicht einmal bei der Voyager , die sieben Jahre im Delta-Quadranten verschollen gegangen war, hatte man sofort nach den ersten Wochen gesagt „Tja, Pech gehabt, schlechten Tag erwischt. Das Schiff is verschütt und wir finden es nicht mehr wieder.“
Dazu hatte es schon ein paar Jahre gebraucht. Und wie konnte man hier sagen „Gut, lassen wir das Schiff auf dem Meeresgrund rumliegen?“ Nein – das ging nicht.
Er hatte Gibbs den Auftrag erteilt, allerdings mit der Bitte, die Sache so diplomatisch wie möglich zu regeln.

Dass nun Daniel Jackson allerdings den NCIS-Eigenen AFIS dazu einspannte, eine Frau zu identifizieren, das machte ihn dann doch mißtrauisch.
„Darf ich die MMS sehen?“, fragte er daher und nickte Abby dankbar zu, als sie ihm das Mobiltelefon überreichte. Der Director-Captain warf einen Blick auf die Bild-und-Textnachricht und legte den Kopf schief: „Hier ist noch ein Anruf an Special Agent Gibbs.“
„Ja“, nickte Abby,  „ich wollte auch wissen, ob er weiß, wieso…“

In diesem Moment erklang ein lautes Geräusch.
Vance erkannte den Klang, er musste gestehen, selbst schon oft genug ein solches Geräusch verursacht zu haben und er wusste von Abby, dass sie ein Nilpferd hatte, dass diesen Klang ebenfalls verursachte. Aber weder hatte die Laborgoth ihren Bert in Händen, noch hatte er seinen Körper nicht unter Kontrolle. Und Abby schien sich ebenfalls keiner Schuld bewusst.
Erneut dieses Geräusch – und dieses Mal erkannte Vance, dass ihr Handy diesen Klang hervorrief.
Die Labortechnikerin warf eine Mischung aus leicht-beschämtem und sehr amüsiertem Blick zur Seite, als das Handy erneut …
Vance warf einen Blick auf das Display. Die Caller-ID tat ihren Dienst und identifizierte den Anrufer als niemand geringeren als Leroy Jethro Gibbs.
„Miss Sciuto – können wir sehen, wo sich Gibbs gerade befindet?“
„Natürlich, Director… ähm… Captain… ähm…“
Vance konnte sich das Grinsen, dass sich gerade in seine Mundwinkel einarbeitete, nicht verhindern. Dass es Leute geben würde, die Schwierigkeiten mit seiner Identität hätten, war ihm in diesem Moment klar. „Bleiben wir doch beim Director.“, sagte er, ehe er einen Blick auf den großen Bildschirm warf, auf dem gerade das Bild von Felicity Jones – Grundschullehrerin aus Minnesota – durch eine Satellitenaufnahme ersetzt wurde. Gibbs hatte sich hinter einem Faß versteckt und war unter Beschuss.
„Mein Gott…“, raunte Abby.
Vance drückte auf den grünen Knopf, der den Anruf annahm.

„Was haben Sie gemacht, Gibbs?“, raunte Leon Vance ins Telefon, „Ich habe Sie doch gebeten, die Sache diplomatisch zu lösen.“
„Code 3 vierzehn. Team unter Beschuss, zwei Agenten am Boden. Timothy McGee und Anthony D. DiNozzo Junior. Zustand des Letztgenannten unbekannt. Zustand des Erstgenannten: vermutlich tot. Ich empfehle eine Posthume Belobigung für ausserordentlichen Mut.“
„Diese Belobigung können Sie aussprechen, wenn Sie hier sind, Special Agent Gibbs“, erwiderte Vance, „Wir werden Sie abholen und nach DC bringen.“
Pause am Anderen Ende. Gibbs schien zu grübeln, raunte dann ein  „Sagen Sie Abby, dass es eine Ehre war, mit ihr zu arbeiten. Ich werde hier nicht mehr rauskommen.“in den Apparat und legte auf.

Vance seufzte. Das war alles andere als gut, was da passierte.
„Silberfuchs wird das Ding rocken.“, sagte in diesem Moment die Labortechnikerin mit jeder Menge Vertrauen in den Special Agenten des NCIS. Und eigentlich war der Director gewillt, ihr zu glauben. Schließlich wusste er aus den Akten, wann Gibbs eigentlicher Todestag war – und dieser lag noch weit in der Zukunft. Allerdings stand in den Akten auch nichts von einem Kampf gegen Traceless, daher stand er dieser Tatsache eher mit einer gesunden Portion Skepsis gegenüber. Papier war letztenendes geduldig. Aber hier war er sich eigentlich sicher. Gibbs würde nicht sterben.

Minuten später hieb Vance wütend auf die Tastatur ein.
Das „T“ seiner Computertastatur liebte es mal wieder, ihn zu ärgern, ihm zu zeigen, dass er nicht der Boss war und nach dem, was er gerade gesehen hatte, fühlte er sich innerlich leer.
Vielleicht sollte er seiner Frau sagen „Schatz, wir packen die Koffer und reisen wieder in unsere Zeit. Es hat hier alles keinen Sinn mehr. Die Welt, wie wir sie kennen, hat sich gerade verschoben.“
Vermutlich würde seine Frau ihn fragen, woher er das wieder wüsste und er konnte nur diesen einen Satz sagen: „Leroy Jethro Gibbs ist tot.“

TBC

Kapitel 17.2


„Ich dachte schon, ich müsste erst sterben, bevor mir DiNozzo ein Komp…“
Dieser Satz wurde abrupt abgebrochen, durch eine Kugel, die scheinbar aus dem nichts kam und Caitlynn Kate Todd mitten in die Stirn traf.
Leroy Jethro Gibbs erinnerte sich.
Er hatte damals auf dem Dach gestanden, sie hatten einen terroristischen Anschlag vereitelt und dennoch ein Mitglied ihres Teams, die eingangs erwähnte Kate Todd verloren.
Und er wusste, dass er damals nichts hätte tun können. Die Kugel hatte seine Agentin in dem Moment getötet, in dem sie in die Stirn getroffen worden war.
Und die ganze Zeit über, seit sie Ari gejagt hatten, hatte er Flashbacks, Erinnerungsfetzen oder Hirngespinste, die ihm eine wütende Kate zeigten. Wütend, weil sie für ihn ihr Leben gegeben hatte.
Doch statt jetzt umzufallen, blickte sie ihn an, schloss kurz die Augen und seufzte.
„Ich glaube, ich krieg Migräne.“, sagte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
Es gab nicht viele Momente, in denen Gibbs so offen erstaunt war, dass er es zeigte, aber dies musste einer von diesen Momenten sein. Er spürte, wie sein Kinn locker nach unten baumelte – die Amerikaner nennen diesen Zustand ‚slack jawed’ – und seine Augen mindestens einen Meter aus ihren Höhlen traten.
Kate lächelte, fuhr sich einmal über die Stirn, sodass das Loch verschwand und zuckte mit den Schultern: „Sie sehen aus, als hättest Du einen Geist gesehen, Gibbs.“
Einen Geist? Natürlich – irgendwie machte das auf beinahe beängstigende Art und Weise Sinn.
Dann fing er sich wieder.
Natürlich, das war doch alles logisch.
Er erinnerte sich daran, wie er in der Freihafenzone unterwegs gewesen und in eine Schießerei geraten war.

Plötzlich katapultierte sich ein Schemen aus dem Krankenwagen, war auf den Beinen und schoss, ohne zu zielen. Gibbs spürte, wie die Kugel in seine Brust eindrangen und krachte gegen den Wagen. Überraschung musste sich auf seinem Gesicht zeigen, als er nach unten sah und feststellte, dass er nicht blutete.
Die Frage „Wie ist das möglich?“, beschäftigte ihn, bis ihn eine erlösende Dunkelheit umfing.

Gibbs öffnete die Augen, hörte sich selbst entsetzt aufkeuchen, als deutliche Realisation in seinem Kopf zu dräuen begann.
Es gab keine andere Möglichkeit, keine andere Erkenntnis.
Er – Leroy Jethro Gibbs – musste tot sein.
Von einem Schemen, das sich aus einem Krankenwagen katapultiert hatte, erschossen.
In Dubai.
„Hey“, hörte er die Stimme Kates und warf seiner ehemaligen Mitarbeiterin einen Blick zu.
Diese drehte sich um und blickte auf ihre eigene Leiche hinab, ehe sie mit den Schultern zuckte: „Hm – ich bin in diesem Moment seit Jahren gefangen und ich verstehe immer noch nicht, wie meine letzten Worte „Ich dachte schon, ich müsste erst sterben, bevor mir DiNozzo ein Kompliment macht“ sein konnten.“
„Eigentlich war es mehr ein „Ich dachte schon, ich müsste erst sterben, bevor mir DiNozzo ein Komp…“.“, sagte Gibbs mit schiefem Grinsen und die ehemalige Secret Service Agentin legte den Kopf schief, ehe ein leichtes Lächeln über ihr Gesicht lief: „Schämen Sie sich, Senior Special Agent Gibbs. Sie verulken gerade meine letzten Worte. Sie reden gerade schlecht über eine Tote.“
Schultern zuckend warf der Boss der Major Crime Unit einen Blick auf das Szenario um ihn herum.
„Wenn ich das richtig sehe, bin ich ebenfalls tot.“
„Und das beunruhigt Sie nicht, Gibbs?“
Erneut tauchte ein Lächeln in den Mundwinkeln Jethros auf – ein leises, ein ironisches Lächeln: „Nein, sollte es? Was mich mehr erschreckt ist, dass mein Hirn meint, mir meine Fehler vorhalten zu wollen.“

„Fehler?“
Diese Frage wurde mit einer anderen Stimme gestellt. Tatsächlich hatte sich das gesamte Szenario gewandelt – Gibbs befand sich nun in einem Raum, der gerade von einer Explosion erhellt wurde.
Direkt neben ihm, die Hände mit entsetztem Gesichtsausdruck erhoben, sie dann sinken lassend, stand Special Agent Paula Cassidy und schaute ihn mit verzaubernd-blauen Augen an.
„Sie sehen meinen Tod als Fehler an?“
Der Senior Special Agent nickte: „Ja, er hätte nicht sein müssen.“

Direkt neben ihm richtete sich nun Jenny Shephard auf – und erneut bemerkte Gibbs, wie sich die Umgebung verändert hatte. Sie waren in dem kleinen amerikanischen Diner, das William Decker gehört hatte.
„Und was ist mit meinem Tod?“
Gibbs atmete durch.
„Jen…“, setzte er an, wie eigentlich immer, wenn er und sie alleine gewesen waren, „Jen… dein Tod war …“

„Sag nicht, er war unausweichlich, Frischling.“
Erneut ein Szenenwechsel, dieses Mal kniete er in der verregneten Straße vor seinem Haus, bettete den Körper Mike Franks in seinen Armen, der gerade vom P2P-Killer ermordet worden war.
Doch Mikes Augen verrieten eine Lebendigkeit, die er so nie gesehen hatte – jedenfalls nicht bei Toten.
Aber es stimmte – sowohl Mikes als auch Jennys Tod waren unausweichlich gewesen. Beide hatten eine tödliche Krankheit und so traurig ihr sehr zeitiges Dahinscheiden auch war – ihre Tage waren, im Gegensatz zu denen Kates und Paulas gezählt gewesen. Oder im Gegensatz zu McGee.

Erneuter Szenenwechsel, dieses mal stand er im Computerraum des Navy-Stützpunktes in der Freihandelszone. Vor ihm lagen McGee und Hanson, beide – wie er sich sicher war – tot.
Und eigentlich hatte er das Gefühl, etwas sagen zu müssen, wenn sein Hirn ihn schon an diese Orte führte – aber alles, was er feststellen konnte war, dass alles seine Zeit hatte. So wie er.
So wie er jetzt – der er vermutlich in seinem eigenen Blut lag und in der Realität verblutete.

„Sie sind aber dramatisch.“, hörte er eine amüsierte Stimme und wandte sich um.
Am Funkgerät – oder besser gesagt, an dessen Überresten – saß, in eine weiße Uniform gekleidet, Calvin Nathan Cat und grinste ihn an.
Gibbs legte den Kopf schief, was Cal dazu veranlasste, das selbe zu tun: „Sie sehen mir wenig erschrocken aus, Gibbs.“
Es war eine Feststellung, keine Frage und als der Captain sich erhob, verschränkte Gibbs die Arme vor der Brust: „Glaubt mein Unterbewusstsein tatsächlich, wenn ich mich schon mit meinem Ausbilder, meiner ehemaligen Liebschaft und Chefin und zwei Untergebenen – von denen eine direkt vor meinen Augen gestorben ist – anlege, dass ein Captain der Sternenflotte, den man gut und gerne als Milchbubi bezeichnen könnte, mich dazu bringt, in die Knie zu sinken und um Vergebung zu bitten?“
Gibbs grinste: „Nein. Da musst du schon besseres auffahren, Unterbewusstsein.“
Der Captain legte nun seinerseits den Kopf schief: „Okay, ich erkläre Ihnen mal kurz, wie das Spiel funktioniert. Sie – Gibbs – sind von einem Intar getroffen worden. Das ist so eine Art „Betäubungskanone auf Elektroimpulsbasis“ – extrem schmerzhaft, sorgt auch dafür, dass man ohnmächtig wird, aber nicht tödlich. Sie, Senior Special Agent, sind nicht tot. Und ich bin nur ein Fragment ihrer Einbildungskraft, dass ihnen versucht, das, was sie in einem Bericht des SG-Kommandos gelesen haben, als sie Traceless gejagt haben, zu vergegenwärtigen. Machen Sie sich also keine Sorgen – Sie kommen wieder zu sich.
Und zwar genau… jetzt.“


Die eisblauen Augen Gibbs flogen auf. Gut, eigentlich hoben sich die Augenlider, die Augen selbst flogen natürlich nicht auf, aber die Nachricht, die die Vision – oder was auch immer – Cals ihm mitgeteilt hatte, schien zuzutreffen. Er war nicht tot.
Kurz atmete er tief durch und versuchte, sich zu beruhigen. Es war eine Sache, vor seinem Team den harten Hund zu geben, aber wenn er tatsächlich alleine sein sollte, durfte er sich einigen Sekunden des Schocks hingeben. Und wenn man bedachte, dass er angeschossen worden war und im Traum all die getroffen hatte, die unter seinem Kommando gefallen waren, durfte man sich einige Sekunden des Schocks ruhig gönnen.

Kurz atmete er durch, warf einen Blick auf die Umgebung, in der er sich befand, ehe er ein Gefühl verspürte, das er so das letzte Mal im Irakkrieg verspürt hatte. Er erkannte eine Krankentrage, wenn er eine sah oder – wie in diesem Fall – spürte. Auf seinen Oberkörper und auf seine Kniescheiben wurde ein bestimmter – sich sehr vertraut anfühlender – Druck ausgeübt und er musste gar nicht großartig überlegen, um seine Situation genauer zu vergegenwärtigen. Man hatte ihn auf eine Krankentrage gelegt und festgebunden, um ihn später am Aufstehen zu hindern.

Er hob den Kopf, schaute sich um – und seufzte. Es war de facto viel zu dunkel, um überhaupt irgendetwas erkennen zu können. Aber er war sich sicher, dass er, wenn der Raum, in dem er sich befand, hell erleuchtet worden wäre, ebenfalls nicht unbedingt glücklich mit seiner Situation wäre.

Ein vertrautes Geräusch drang an seine Ohren – das Öffnen einer Tür.
Schnellen Schrittes näherte sich jemand, packte seinen Kopf, drehte ihn zu sich und – Gibbs starrte überrascht in das vertraute Gesicht eines Mannes.
„Gunny, ich will verdammt sein, was machen Sie denn hier?“
Die Person, die diese Worte ausgesprochen hatte, grinste und griff nach einem Klappstuhl, auf den sie sich dann setzte.
Der Senior Special Agent runzelte kurz fragend die Stirn, ehe er sein Gegenüber anblickte. „Robert Makepeace?“,  fragte er und hob dann eine Augenbraue: „Das Gleiche könnte ich Sie fragen. Das Letzte, was ich von Ihnen gehört habe, war, dass sie ins Gefängnis gegangen sind, nachdem man Sie irgendwelchen Schmugglereien überführt hatte.“
Makepeaces Gesicht verdunkelte sich: „Dieser verdammte O’Neill.“
O’Neill?, schoss es Gibbs durch den Kopf, Etwa Jack O’Neill?
„Dieser Bastard hat mir eine Falle gestellt. Hat mich für seine Verbrechen ins Kittchen gehen lassen.“, zischte Gibbs Gegenüber und schüttelte dann den Kopf: „Aber – ich bin wieder frei. Ich wurde zu elf Jahren verurteilt, weil ich an etwas geglaubt habe.“
Makepeace erhob sich – nicht nur sich, sondern beide Arme, richtete sie dem Himmel entgegen legte den Kopf in den Nacken, um die nächsten Worte an die Decke zu schleudern:
„Aber die wahren Schuldigen, die, die unseren Planeten“, Speichel verlies, als feiner Sprühnebel seinen Mund, als er das Wort ‚Planet’ ausspieh, „ihrem Schicksal überlassen haben, sind frei und dürfen gehen. Ein großartiges Beispiel unseres Rechtssystemes.“
Nun beruhigte sich der Mann, trat hinter den Klappstuhl und stützte sich auf die Lehne, wobei er Gibbs einen Blick zu warf: „Sie. Sie hätte ich gebrauchen können.“
Erneut stieß er sich vom Stuhl ab, kam nun auf Gibbs zu und legte den Kopf schief: „Sie sind ein Navy Cop. Sie hätten meine Unschuld beweisen können.“
„Ich bin beim NCIS. Sie sind zur Air Force gegangen, da habe ich keine Weisungsbefugnis.“, erwiderte der Festgebundene und blickte Makepeace an, ehe er den Kopf schüttelte: „Was ist nur aus Ihnen geworden? Sie waren ein Mann voller Initiative und Ambitionen – sie waren bereit, Risiken einzugehen. Und jetzt? Erst werden Sie wegen Schmugglerei angeklagt und dann geben Sie hier den großen Zampano. War es tatsächlich Ihr Ziel uns hierherzulocken, damit Sie mich fangen konnten? Weil ich Ihnen nicht geholfen habe?“
„Von uns eingenommen sind wir aber gar nicht, oder?“, kicherte Makepeace und setzte sich wieder: „Ich wusste selbst nicht, dass Sie hier sind – ich habe Sie nur gesehen, als man ihren bewusstlosen Körper hier reingeholt hat. Und wenn ich Ihnen noch einen Tipp geben dürfte, Gibbs? Vertrauen Sie hier niemandem. Nicht einmal Jackson.“
Er machte eine Pause und grinste: „Oh, ganz besonders nicht Jackson.“
Gibbs legte den Kopf schief: „Sie kennen Doktor Jackson?“
„Kennen?“, lachte der andere Mann und schloss kurz, sich erinnernd die Augen, „Ich habe mit ihm zusammengearbeitet. Er, Sam Carter, Teal’C und ganz besonders Jack O’Neill haben mich in diese Situation gebracht.“
Er lächelte: „Ich war tatsächlich ein Mann voller Ambitionen. Wollen Sie wissen, wie ich Hierher gelangt bin?“

Wie gut, dass Gibbs seine Augen unter Kontrolle hatte, ansonsten würde sein Blick vermutlich sagen „Klar, erzähl mir ruhig deine Lebensgeschichte, es ist ja nicht so, als ob ich hier gefesselt wäre, oder so.“. So aber atmete er tief durch und schaute Makepeace an: „Natürlich, schießen Sie los.“

To be continued.

Kapitel 17.3
Tonys erstes mal war der Mann mit den Schwimmshorts gewesen. Diese Information genommen und fröhlich aus dem Kontext gerupft, lässt die Sache in einem komplett anderen Licht erscheinen. Fakt ist: Das erste Mal, als Tony eine Serie aus purer Verdrängung heraus schaute, war es die Serie „Der Mann aus Atlantis“ gewesen. Auch Jahre später hatte er ein unglaublich nostalgisches Gefühl, wenn er die Melodie hörte, sie summte oder gar einen Film mit Patrick Duffy sah, der damals den Mark Harris – den titelgebenden Mann aus Atlantis – spielte. Diese Stunde, die mit sinnlosem Camp (also Kitsch) ‚vergeudet’ wurde, war eine der Glücklichsten in seinem Leben. Das hing aber mit den Umständen zusammen.

Dem Konsum dieser, seiner, ersten „Mann aus Atlantis“-Folge ging der Fakt voraus, dass es genau in jener Nacht war, in der Tonys Mutter ihn und seinen Vater verlassen hatte. Und da mit Dad über sowas nicht zu reden war („Ein DiNozzo verspürt keinen Schmerz!“), hatte er sich in seiner Wut, Trauer und seinem Schmerz vor den großen Röhrenfernseher in seinem Zimmer gesetzt und versucht, seine Gedanken abzulenken.

Diese erste Folge begann schon mysteriös, nämlich in einer stürmischen Nacht – genau so einer stürmischen Nacht wie die, die gerade draußen herrschte. Und im Gegensatz zu dem immer wieder ans Fenster klopfenden Ast, dessen unheimlichen Schattenspielereien sich der Halbitaliener künftig komplett alleine stellen musste, schien die stürmische Nacht im Fernsehen der hübschen Blondine hinter der Glascheibe des Gerätes die genau richtige Umgebung um einen Strandspaziergang zu machen. Sich tief in ihre blaue Jacke gekuschelt, lief sie den Strand einer unbekannten Stadt entlang, ehe sie etwas ausserhalb des „Frames“, also ausserhalb dessen erblickte, was die Zuschauer sehen konnten. Was dies war, wurde durch ein schnelles Auszoomen der Kamera etabliert: Ein Mann, der nur in eine Badehose bekleidet, das Gesicht vorraus, im Sand lag.

Und in späteren Folgen erläuterte der Erzähler die Handlung eben jener Szene.
Bei einem Sturm wurde ein Mann gefunden. Doktor Elizabeth Merril (die hübsche Blonde)  machte sich an Reanimierungsarbeiten, scheiterte jedoch. Da kam ihr die rettende Idee. Sie bringt den Mann zurück ins Meer, woher er kam.
Der Gerettete beschließt, da er keine Ahnung hat, wie er heißt, bei Merril und ihren Kollegen des Meeresinstitutes zu bleiben. Man nennt ihn Mark Harris – und der Erzähler ist so freundlich, uns seine Vorzüge aufs Butterbrot zu schmieren:
„Er schwimmt schneller als ein Delphin, kann tiefer als jedes U-Boot tauchen und entwickelt unter Wasser erstaunliche Kräfte.“

„Schneller als ein Delphin.“, dachte sich Tony, „Sowas hätten wir bei der Suche nach der DRAGONFLY auch gebrauchen können.“
Und in dem Moment, in dem ihn diese Erkenntnis traf, bemerkte er, dass es in seinem Bewusstsein gar nicht so dunkel war, wie vor ein paar Minuten noch.
Oder war es inzwischen Stunden her?
Dunkel war es zwar vor seinen Augen, aber das mochte damit zu tun haben, dass er dieselbigen noch geschlossen hatte.
Die Lider hochgestemmt, nahm er zwei ebenso bezaubernde, wie besorgt dreinblickende braune Augen wahr, die ihn musterten.
„Alles okay?“
Das war eine merkwürdige Frage, aber sie gehörte vermutlich zu einem Fragenkatalog, der immer dann gestellt wurde, wenn jemand aus dem Reich derer, die Ohnmächtig waren, wieder in die Welt der Lebenden zurückfindet.
Meistens folgt ihr der obligatorische Test – eine bestimmte Anzahl von Fingern wird vor die Augen des zu Bewusstsein kommenden gebracht und die Frage gestellt „Wieviel Finger sehen Sie?“

Dies ist dazu gedacht, um herauszufinden, ob jemand unter einer Gehirnerschütterung leidet und wurde in diesem Falle auch angewandt. Ziva zeigte ihm drei Finger, stellte die dazu gehörende Frage und Tony antwortete, mit einem leichten Grinsen: „Freitag, Samstag, Sonntag.“
Damit zwinkerte er ihr zu, richtete sich auf und blickte sich um.
Er bemerkte, wie sie mit seiner Antwort nicht sonderlich zufrieden wirkte – als ob ihn das großartig überraschen würde. Seufzend suchte er danach, seine Hände in die Hosentaschen zu stecken, scheiterte aber am nicht Vorhandensein selbiger, verschränkte die Arme stattdessen vor der Brust, anstatt sie nutzlos links und rechts herunterbaumeln zu lassen, holte noch einmal tief Luft und schenkte Ziva dann wieder volle Aufmerksamkeit.
„Du zeigst drei Finger.“, sagte er und er war sich sicher, dass sein Tonfall nicht unbedingt Spaß verriet. Wie konnte er auch, wenn er dieses Gefühl momentan einfach nicht empfand. Stattdessen fühlte er sich ein wenig desorientiert, besonders, als er daran dachte, was seine letzte Erinnerung war.
Wie war das noch gewesen?

Tony DiNozzo stellte gerade einmal mehr fest, dass es vermutlich in seiner Branche weitaus besser war, keine Beziehungen zu Kollegen zu unterhalten. Keine Freundschaft, keine Sympathie, kein gar nichts. Diese Leute arbeiteten mit ihm, er teilte Acht Stunden eines Wochentages mit ihm, aber die restlichen 16 Stunden eines Wochentags, plus zwei mal 24 Stunden an einem Wochenende, gehörten ihm. Und wenn man von einer gesundheitlich-ratsamen Schlafenszeit von 8 Stunden je Tag ausging, blieben Tony 8 Stunden, in denen er sich auf die Suche nach Freunden begeben konnte, mit denen er nicht arbeitete. Der Fakt, dass McGee vermutlich angeschossen – oder vielleicht sogar tot – war, bestärkte ihn in seinem Glauben. Er warf einen Blick zu Ziva, atmete tief durch und fragte sich, wie er ihr dies beibringen sollte. Aber momentan gab es einfach Wichtigeres. Der Rückzug, den McGee angeordnet hatte – oder vielleicht besser: geraten. Der Anglo-Italiener atmete tief durch. Wohin sollte man sich zurückziehen?
Die Antwort kam, als er einen Blick in Richtung Hafen warf. Von dort waren zwei schwarze Punkte auf dem Weg zu ihnen und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn diese zwei schwarzen Punkte nicht Abfangjäger oder ähnliches wären. Er wandte sich an Ziva, die schon bereit stand, den drahtigen Körper zum Sprung bereit. Tony warf einen Blick auf das Funkgerät, doch Ziva schüttelte den Kopf: „Das bekommt einen Langen, wenn wir mit ihm ins Wasser tauchen und das Wasser durch das Gehäuse tropft.“
„Du meinst einen Kurzen, Ziva“, verbesserte er sie und sie zwinkerte ihm zu: „Gernonimo, Tony.“
Damit sprang sie. Keine Sekunde zu früh, denn die Flugobjekte waren da – es waren Hubschrauber – und eröffneten das Feuer.
Tony sprang und sah kurz, dass dort, wo er vor einer Millisekunde noch gestanden hatte, ein Loch im Schlauchboot war. Dann schlug er im Wasser auf und begann, zu tauchen.

Kugeln drangen ins Wasser ein, zischten links und rechts an ihm vorbei und ihm fielen viel zu viele wirklich schlechte Filme ein, die eine exzessiv-lange Tauchsequenz beinhalteten, während über den Tauchenden ein Schütze eines Hubschraubers das Magazin in den Ozean, den See oder den Fluss – oder durch was auch immer man sonst tauchen konnte – entlud.
Und während er seine Muskeln anspannte, um sich im Wasser fortzubewegen, merkte er, wie ihn eine Kugel im Rücken traf. Silberhell explodierten dort Schmerzen, er konnte sich einen Schrei gerade  noch verkneifen – da ihm eine innere Stimme (wobei sie wie Ziva klang) zuzischte: „Wenn du jetzt schreist, bist Du tot.“
Und dann wurde es dunkel um ihn – er merkte noch, wie sein Körper erschlaffte und er entgegen der Richtung, die er eigentlich tauchen wollte, vom Auftrieb des Wassers erfasst und nach oben getrieben wurde – und dann war da nichts mehr.


Aber für einen Angeschossenen fühlte er sich gerade verdammt prächtig. Er erinnerte sich daran, in einem früheren NCIS-Fall einmal eine Kugel abbekommen zu haben – und erinnerte sich vor allem an die Schmerzen, die er noch Tage später hatte.
Momentan hatte er aber keine.
Gut, sein Kopf dröhnte ein wenig, aber im Gegensatz zu der Pain, die er damals, als man ihn angeschossen hatte, verspürte – war dies verdammt wenig. Viel zu wenig. Nicht, das er sich beschweren würde, aber – merkwürdig war die Sache schon.
Er blickte zu Ziva, deren dunklen Augen ihn zu vermessen schienen.
Dabei war nur der Kopf ihm wirklich zugewandt, der Rest ihres atemberaubenden Körpers konnte er im Profil erkennen – und stellte fest, dass sie immer noch den Neoprenanzug trug. Was ihn nicht verblüffte.
„Was?“, fragte er.
Ziva atmete tief durch: „Ich habe gesehen, wie Du getroffen wurdest, DiNozzo.“
„Ja, soweit war ich auch schon.“
Er bemerkte erst in diesem Moment, dass Zivas Gesicht vor Nässe glitzerte.
Wasser?
Oder waren es Tränen, weil sie dachte, dass er verletzt, schlimmstenfalls sogar tot war?
Ein Teil von ihm wollte auf sie zugehen, wollte sie umarmen und ihr zuflüstern, dass alles in Ordnung war, aber momentan hatte er so eine Ahnung, dass sie nur eiskalte Professionalität aus dieser Situation herausholen würde.
Er atmete tief durch, hob den Kopf und schenkte dem Raum, in dem sie sich befanden, erstmals volle Aufmerksamkeit.
In der Hauptsache war dieser Raum eines, nämlich dunkel.

„Tony, wir sind an Bord der DRAGONFLY .“
Ziva konnte nicht anders, sie empfand eine eigenartige Mischung aus Wut, Freude, Genervtheit und sie fragte sich, ob sie aus diesem Gefühlsmix jemals schlau werden würde. Vermutlich nicht – vermutlich genau so wenig, wie aus dieser gesamten Situation.
Denn – wie sie in den letzten paar Stunden, in denen sie sich hier in diesem Raum umgesehen hatte, feststellen konnte, war die DRAGONFLY nicht fabrikneu abgestürzt. Eher im Gegenteil. Das Schiff, auf dem sie sich befanden, hatte schon ein paar Jahre auf der Schulter. Oder sagte man Buckel?
Das war eigentlich auch nicht zu glauben, da war man nun schon seine knapp sechs bis sieben Jahre in den Vereinigten Staaten, hatte die amerikanische Staatsbürgerschaft und war richtiger Agent des NCIS – und stolperte dennoch über Details der Sprachbarriere. Aber andererseits – man sagte ja nicht umsonst, dass der Teufel im Detail steckte.
Das Interessante – so hatte sie es empfunden – war der Fakt, dass dieses Föderationsraumschiff vor der Dubaischen Küste notgewassert war und diese Landung nun auch schon eine Zeitlang her war, wenn man die Ergebnisse die Abby erbracht hatte, in Betracht zog.
Sie schenkte dem Raum um sich herum ebenfalls einen Blick, als sie erkannte dass Tony sie erstaunt anschaute. Ein leichtes Lächeln bildete sich auf ihren vollen Lippen und sie streckte die Arme aus, um eine allumfassende Geste zu machen, die dem Raum galt: „Ich vermute, das hier ist eine Luftschleuse. Wir sind durch diese tür gekommen“ – sie deutete nach Links – „und durch diese Tür“ – sie deutete nach rechts – „müssten wir eigentlich die an Bord gehen können.“
„Und warum tun wir es nicht?“
Die Frage war mit einer dermaßenen Professionalität gestellt worden, dass es Ziva verwundern würde, wie schnell – relativ gesehen -  Tony sich mit der ganzen Sache doch abgefunden hatte.
„Schnikedi-Schnick, die Zeit hat n Knick“ – genau dieses Doctor Who-Zitat konnte sie sich gerade noch so verkneifen. Aber es traf zu. Wenn ein Raumschiff aus der Zukunft schon seit tausenden von Jahren auf der Erde lag, dann war diese Situationseinschätzung des werten Doktors, dessen Namen man immer noch nicht kannte, definitiv zutreffend. Wobei es sie nicht wundern würde, wenn irgendwie tatsächlich der berühmte Timelord in der Sache drinhing. Andererseits war das viel zu sehr fanfiction-klischee-ig, wenngleich sie den Gedanken auf den Doktor zu treffen jetzt gar nicht mal so schlecht fände. Vielleicht würde er sie, Tony, Gibbs und McGee als Companions mitnehmen? Interessant wäre es schon.

„Ziva?“
Die Stimme Tonys riss sie wieder aus ihren Gedanken. Eigentlich schade – sie hatte sich schon an der Kontrollkonsole der legendären blauen Kiste gesehen, die innen größer war als aussen. Aber – nun gut.
Sie hob ihren Blick, warf ihn zu Tony und schaute ihn fragend an: „Ja?“
„Also?“
„Also was?“
„Warum gehen wir nicht einfach durch diese Tür?“
Ziva lächelte.
„Weil diese Tür“, sprach sie, trat näher und tippte gegen das Schott aus Nicht-transparent-Aluminium und Duraplast, „nicht aufgeht.“
Damit wandte sie sich zu dem Halbitaliener um: „Und ja – ich kann deine nächste Frage schon mit ja beantworten. Wir sind gefangen.“

TBC



Kapitel 17.4

Wäre er ein Androide, würde er jetzt eine Checkliste durchgehen. Zuerst schaltete sich sein Geruchssinn ein und nahm eine ganze Reihe von Düften war, die sein wie durch einen elektrischen Schlag lahmgelegtes Hirn komplett überforderten und ihn verunsicherten.
Was roch er da?
Nackte Frauenhaut, Schweiß, Parfum, Deo und noch etliche andere Düfte, die dann doch gnädigerweise in den Hintergrund traten und ihm doch nur eine kreative Auswahl überließen, aus denen er sich nun ein Umgebungsbild basteln konnte. Auch sein Tastsinn kam wieder zum Einsatz. Er spürte dass die Eigentümerin der nackten Frauenhaut auf ihm lag, dass er selbst ebenfalls keinen Fetzen Stoff am Leibe trug und dass sie sich in einem Bett befanden, dass mit Satinbettwäsche bezogen war.
Nun meldete sich sein Gehör und übermittelte das tiefe, regelmäßige Atmen dieser Frau, gemischt mit einem schläfrigen Stöhnen.
Und dennoch – summa summarum – kam er nicht umher, sich die Frage zu stellen „Timothy McGee, wie kommst Du hierher?“
Dann – die große Enthüllung. Seine Sehfähigkeit kehrte wieder zurück, Tim blinzelte und stellte dann fest, dass die Nackte, die da auf ihm rumlag, ihm gerade einen ziemlichen Schrecken einjagte. Seven of Nine lag auf ihm? Ohne jegliche Kleidung? Was würde da wohl Commander Chakotay sagen?
Kurz blinzelte er, stellte dann – zu gleichzeitiger Erleichterung und Verwirrung – unterschiede zwischen der Frau auf ihm und der Borg fest. Erstens – diese Frau war dunkelhaarig und zweitens war sie nicht nur nackt, sondern sehr nackt – sprich, es fanden sich, nach dem, was er sehen und spüren konnte, keine Borgimplantate. Zumindest nicht auf ihrem Körper.
Und dann blitzte der Name auf.
Jessica Hanson.
Natürlich. Er erinnerte sich wieder.


 
Dieses Geräusch war ohrenbetäubend, gellte durch den Raum, ließ McGee mitten in der Bewegung erstarren, um sich die Hände auf die Ohren zu pressen und einen kurzen Schmerzenslaut von sich zu geben – nur um dann festzustellen, dass er mehr oder weniger taub war. Ein lautes Klingeln überdeckte alles, wurde dann von einem Rauschen abgelöst. Egal – er hatte keine Zeit für weitere Unannehmlichkeiten, hieb auf den Rufknopf des Mikrophones, stieß ein „RÜCKZUG, ZIVA!“ hervor und zuckte zusammen, als er hinter sich weitere Schüsse hörte.

Er wirbelte herum.
Im Türrahmen – gefallen – lag ein Soldat. In seiner Hand ruhte eine Maschinenpistole. Blut trat aus seiner Wange aus. Hatte Jessica ihm in den Kopf geschossen? Kurz betrachtete er die Person und stellte fest, dass er auch noch aus einer Wunde am Arm blutete und sein Kiefer leicht verrenkt wirkte.
Vermutlich hatte ihm Jessica zuerst in den Arm geschossen und dann gegen das Kinn getreten und die Wunde an der Wange ging von einer Bekanntschaft mit einer scharfen Metallkante aus, gegen die er dann gefallen sein mochte.
Tim wandte sich zu ihr, reckte seinen Daumen nach oben und lächelte, als sie ihn anblickte und ihm zunickte. Perfekt. Sie war also nicht…

In diesem Moment war ein weiterer Soldat da, betrachtete die Bescherung und brauchte keine Millisekunde, um zu reagieren. Er richtete das Maschinengewehr auf Jessica aus und feuerte. Die Frau erstarrte, tastete nach ihrer Brust und fiel in sich zusammen.
Aus McGees Mund drang ein gequälter Schrei, dann ließ er seinen Blick schweifen und griff nach dem erstbesten Gegenstand, den er finden konnte. Es war eine – nicht angeschlossene – Maus, aber das war ihm egal. Er nahm sie und schleuderte sie mit aller Wut, die er aufbringenkonnte, dem Mann ins Gesicht. Dieser taumelte, hielt sich die Nase, doch da war Tim schon bei Jessica, ging neben ihr in die Knie und tastete nach ihrem Puls. Er raste.
„Laura, bitte.“, stammelte er, „Bitte, bitte, komm zu dir. Lau… Jessica! Halt DURCH!“
Es war ihm egal, dass er direkt vor einer Maschinengewehrmündung kniete – es war ihm egal, dass dies vermutlich sein Ende bedeutete, er wusste nur, dass er verdammt sein wollte. Er hatte es schon wieder geschafft, eine Person, für die er tatsächliches Interesse empfand, an dem Tag zu verlieren, an dem er sie kennengelernt hatte.
Wer war er? Black-Widow-McGee?
Wäre sein Leben eine Serie – würden Fans auf diversen Seiten, in diversen Fanboards, ihm diesen Namen geben?
Dann spürte er, wie der Puls Jessicas aussetzte.
Jetzt war ihm alles egal. Er blieb in der Knienden, blickte zu dem Soldaten empor und sagte nur: „Tun Sies doch endlich!“


Und dann? Was war geschehen? Er hatte sich hingekniet, Jessica für tot befunden und – ein greller Blitz, der aus der Waffe kam, hatte sämtliche Gedanken mit einem Schlag verbannt.
Und nun war er hier.
Mit einer Frau auf ihm, die Jessica zu hundert Prozent ähnelte – mit dem Unterschied, dass diese Frau lebte. Allerdings, wenn man ihn betäubt hatte, vielleicht war dies auch mit Jessica passiert?
Aber worin war der Nutzen, zwei Leute ihrer Kleidung zu berauben und sie aufeinander zu platzieren?

Timothy McGee stellte fest, dass seine persönliche Logik für die Angreifer und Kidnapper anscheinend viel zu logisch war. Aber wenigstens fehlten ihnen keine Körperteile, keine Niere, die man ihnen rausgeschnitten hatte, wie in diesen „urban legends“.
Oder?
Der Special Agent fühlte sich nun doch bemüßigt, zumindest einmal kurz die Bettdecke zu lüften, um nachzusehen, ob irgendwo Blut zu erspähen war.
Und er war nicht gerade wenig stolz auf sich, dass sich seine Professionalität gerade eingeschaltet hatte.

McGee ließ die Decke wieder sinken, dann den Kopf in die weichen Kissen, und lächelte. Keine Wunden, keine verschwundenen Nieren, kein gar nichts… nur zwei hypnotisierend-blaue Augen die ihn anstarrten.
Jetzt erkannte der Special Agent erst, dass Jessica den Kopf gehoben hatte und ihn neugierig anschaute. Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen.
„Na, du?“
Tim runzelte die Stirn.
‚Na, du?’?
Das war so mit die merkwürdigste Art und Weise einen „Wie kommen wir hierher und wieso sind wir nackt?“-Dialog zu eröffnen – vor allem, was sagte man darauf?
„Gut geschlafen, Perfect?“, fragte sie und Tim merkte, wie er nun nicht nur die Stirn so kraus zog, dass er vermutlich als Klingonen-Cosplayer durchgehen konnte, sondern auch dass sein Blutdruck stieg.
„P… Perfect?“, echote er – vermutlich wirkte er gerade sehr unintelligent – und zuckte zusammen, als Jessica sich an seinen Brustkorb kuschelte: „Ich kann dich auch weiter Elflord nennen oder Alain, aber – nach dem was gestern war, ist Perfect doch ein schöner Name.“
Dies war der Zeitpunkt, an dem dem erfahrenen Romancier das erste Mal seit langer Zeit die adäquaten Worte fehlten.
Es waren keine Worte, die seinen Mund verließen – jedenfalls nicht im traditionellen Sinne – eher sowas wie ein „Jaaberermuhisdasheißermwiewaswowarum?“
Und er konnte das freche Lächeln, das sich über Jessicas schöne Lippen legte, beinahe hören.
„Bringe ich dich um den Verstand?“
Die Frage verriet ihre Amüsiertheit und als dann ihre Hand über seine Brust wanderte, sah er für sich eigentlich nur noch zwei Möglichkeiten. Entweder er gab sich ihr jetzt hin, egal wie verwirrend die ganze Situation war – oder er versuchte, zu fliehen.
Und so wie schon Harry Kim es bei Seven Of Nine gemacht hatte, stieß er einen überraschten Laut aus und rutschte unter seiner Seven weg und taumelte aus dem Bett.
Die blauen Augen Jessicas musterten ihn mit einer gewissen Verspieltheit, die – da war er ganz Mann – ihn durchaus zu erregen verstand. Sie lächelte – ein schönes, wildes Lächeln: „Spielen wir heute Spielchen, ja, Special Agent Hansen?“
McGee stockte.
„W… wie war das?“
„Oh“, machte Jessica und ihre Stimme verriet Sorge: „ Du hast es also schon wieder vergessen, hm?“
Damit legte sie eine Hand auf ihre, durch die Decke vor Blicken Unberufener geschützte, Brust: „Ich bin Jessica Hansen – wir haben uns vor einigen Monaten in der Freihandelszone Jebel Ali kennengelernt und wir wurden beide von Aufständischen verletzt. Du hast Dir einen Schuss in den Kopf – genauer gesagt: einen Streifschuss – eingefangen und leidest seit diesem Tag an einer Art sporadisch auftretender, alles löschender Amnesie. Aber keine Sorge, Senior Special Agent David hat mir gesagt, das ich – wenn das passiert – mit ihm sprechen soll.“
„Senior Special Agent David?“, blinzelte McGee – oder Hansen? – verblüfft und hob eine Augenbraue. Die Offizierin, die mit ihm Bett und offenbar nun auch Tisch und Appartement teilte, nickte, ehe sie kurz mit den Augen rollte, ein „Verdammt“ murmelte und dann mit den Fingern schnippte, als habe sie etwas vergessen.
Sie blickte McGee an: „Ich habe gute Nachrichten für dich – aber auch schlechte.“
Kurz pausierte sie, seufzte und ließ ihren Kopf zurück in die Kissen sinken, die Haare eine lange, braune Kaskade, die über das Bett floss.
„Es gibt auch leider keinen diplomatischen Weg, das alles zu erklären. Also – Timothy… Perfect…. Wir haben gestern geheiratet.“
Tim stockte, legte den Kopf schief und schüttelte ihn dann: „Bi… bitte was?“
„Du bist seit knapp 8 Stunden Mister Timothy Hansen. Und ja – du hast dich bereit erklärt, meinen Namen anzunehmen. Vielleicht weil bei Thom E. Gemcity’s Werken keinen großen Unterschied macht, wie Du in Wirklichkeit heißt.“
Der Special Agent schluckte, setzte sich auf einen Ledersessel (verdammt, wann hatte er die denn gekauft) und schreckte wieder hoch, als er durch die Kälte schmerzhaft daran erinnert wurde, dass er immer noch nackt war.
Sein Gegenüber, Jessica, schien mit einem Lächeln zu kämpfen und diesen Kampf gloriös zu verlieren, denn sie brach in schallendes Gelächter aus. Das Problem, dass sich nun McGee ergab, war ein Einfaches: Wie sollte er reagieren?
Nicht wegen der Sache mit der Heirat, sondern wegen der Sache mit seiner sporadischen Amnesie und vor allem damit, dass er einer fremden Frau gegenüberstand.
Er konnte sich ja nun nicht einfach umdrehen und anziehen, das – das wirkte albern. Oder?
Andererseits – Jessica würde es verstehen.
Also griff er nach seiner Unterhose und zog sie an, ehe er die Aufmerksamkeit wieder seiner – anscheinend ganz persönlichen – Seven of Nine zuwandte: „Du… Sie…“
„Bleiben wir beim Du, wenn es recht ist. Wir sind verheiratet.“
„Ja, genau, richtig. Also – Du sprachst von einer schlechten Nachricht?“
Jessica nickte, entstieg ebenfalls dem Bett, griff nach ihrer Unterwäsche und bedeckte ihre Blöße, ehe sie Tim anblickte: „Leroy Jethro Gibbs ist tot. Er starb vor knapp 5 Monaten, während der Sache in Jebel Ali.“
McGee wandte sich um, neigte den Kopf nach unten um die sechs Zentimeter Höhendifferenz zwischen sich und seiner ihm-ohne-dass-er-sich-daran-erinnern-könnte-angetrauten-Ehefrau zu überbrücken.
Sein Mund wurde schlagartig trocken: „W… was?“
Die blauen Augen Jessicas blickten ihn ernst an, als sie nickte und ihn dann in den Arm nahm: „Es tut mir so leid, Schatz.“

TBC
17.5
„Ich hätte etwas tun können.“, murmelte der Captain der DRAGONFLY und blickte Daniel aus braunen Augen an, in denen Tränen schillerten. Der Antrhopologe hob seinen Kopf, schüttelte selbigen und machte eine wegwerfende Bewegung: „Was hättest Du tun können? Sie hat dich ausgeschaltet. Neben dem, dass sie Wissenschaftlerin ist und wusste, was passiert wäre, wenn Du sie gerettet hättest, war sie Soldatin und wusste, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um jemanden kampfunfähig zu machen.“
Und dann, mit festem Blick: „Es ist nicht deine Schuld.“
„Hast Du eine Ahnung.“, seufzte der Captain und ließ seinen Kopf sinken. Daniel seufzte, als er plötzlich eine Berührung spürte. Überrascht wandt er seinen Kopf und sah die Hand Sams, die auf seiner Schulter ruhte.
Er seufzte. Vermutlich war sie zur Seite gesunken, als die Leichenstarre nachgelassen hatte.
Sich aufrichtend, griff er nach der kalten Hand seiner Frau, führte sie sanft auf ihren Bauch und ließ sie dort sinken.
Daniels blaue Augen füllten sich nun auch mit Tränen, als er sah, wie ruhig und friedlich sie wirkte.
„Wach auf.“; dachte er sich, „Verdammt, wach auf.“
Es war pure Unlogik, die von ihm Besitz ergriff, doch in diesem Moment interessierte es ihn nicht. Der Wunsch, dass Sam doch nicht tot war, so kindisch und doch verständlich, er auch war, bohrte sich in seinen Kopf. Und dann öffnete die Astrophysikerin die Augen
Daniel schluckte.
„S… Sam?“, fragte er, als die hübsche Frau sich aufrichtete und ihn anblickte.
Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen: „Ja.“

Daniel schluckte, wischte sich die Tränen aus den Augen und blickte seine Frau verblüfft an.
„Wie… wie ist… wie kann…“
Er schaute zum Captain, der nicht minder verblüfft dreinblickte, blinzelte und dann das tat, was ein Captain in diesem Fall immer tut – er aktivierte seinen Kommunikator.
„Cat an Intrupper?“
„Intrupper hört?“
Daniel konnte sehen, wie ein leichtes Lächeln sich auf die Lippen des Kommandanten der USS DRAGONFLY stahl: „Hast Du Superärztin nicht vorhin gesagt, SG-1 sei tot?“
„Sind sie auch, wieso?
„Nun, momentan schaut mich Sam an und scheint sehr lebendig zu sein.“
Damit beendete er die Kommunikation, blickte zu Daniel und klopfte ihm auf die Schulter: „Wenn Du mich entschuldigst – ich glaube, du hast sowieso noch ein bischen was mit deiner Freundin – Frau – whatever – zu bequatschen.“
Damit wandte er sich um, wollte gerade gehen, als Daniel die Stimme Sams hörte: „Warte!“
Sie hüpfte vom Bett, trat auf den knapp 5 Zentimeter größeren Cal zu und lächelte ihn an.
„Danke für die versuchte Rettung.“
Cal beugte sich vor, küsste sie auf die Stirn: „Wie könnte ich mir den Tod meiner guten Freundin Sam Carter vergeben?“
Damit hob er den Blick und schaute ihn, Daniel, aus braunen Augen an: „Oder wie könnte einer meiner anderen Freunde mir das vergeben.“
Der Anthropologe konnte sich ein Zwinkern nicht verkneifen und als sich der Captain dann abwandte und den Raum verließ, trat er – Daniel – auf Sam zu, legte beide Arme um sie und atmete tief durch, als sie sich an ihn lehnte und leise seufzte.

Und dann erklang eine Stimme in seinem Kopf.
Mooooment.
In der Tat – moment. Hier stimmte was nicht. Aus dem tiefsten Grunde seines Herzens und Hirnes hörte und spürte er, wie eine Warnung emporblubberte.
Ja, er hatte diese Szene, wie er und Cal in der Leichenkammer der DRAGONFLY saßen schon oft genug geträumt, hatte schon oft genug gewünscht, gefleht , dass Colonel Sam Carters Tod ein Irrtum vom Amt gewesen war, dass sich Gina vertan hatte und Sam wieder zu den Lebenden zurückkehrte. Und bisher war er aus jedem Traum, der sich so verhielt, aufgewacht.
Vermutlich hatte er sich unwillkürlich versteift, denn Sam sog tief Luft ein, wandte sich über ihre Schulter zu ihm um, neigte ihren Kopf nach oben, um die 8 Zentimeter Höhenunterschied zu überbrücken, die beide voneinander trennte und schaute ihn fragend an.
„Was ist los, Daniel?“
Das musste er seinem Traum, seiner Vision oder Halluzination lassen – die Stimme Sam Carters klang heute extrem realistisch, nicht so wie beim letzten Mal, wo er beinahe das Gefühl hatte, mit Sha’re, seiner ersten Frau, gesprochen zu haben.
„Nein“, schüttelte der Anthropologe den Kopf, „Das ist nicht real. Ich wurde von einem Intar betäubt und träume jetzt. Aber es sind wenigstens schöne Träume.“
„Träume?“
Sams Gesichtsausdruck verriet erst Unglauben, dann Amüsement.
Sie trat auf ihn zu, ließ eine Hand über seine Bauchmuskeln gleiten und küsste ihn dann, heiß, leidenschaftlich, innig.
Als sich die Astrophysikerin dann von ihm los machte, grinste sie: „Fühlte sich das wie ein Traum an?“
Und obwohl er es eigentlich gar nicht wollte, lief ein Lächeln über seine Lippen: „Zugegeben – es ist ein sehr schöner Traum, aber es ist nichts desto trotz ein Traum.“
Damit trat er einen Schritt zurück und blickte Sam an: „Ihr seid tot. Gestorben auf Dakara.“
Die blonde Frau verschränkte die Arme vor der Brust und legte den Kopf schief: „Das glaubst Du wirklich, oder?“
Und dann, mit einem ihrer berühmten „Naja“s, legte sie ihren blondbehaarten Kopf in die andere Richtung: „Es mag möglich sein, dass der Transporter der DRAGONFLY mit der Waffe auf Dakara reagiert hat und uns für ein paar Sekunden wie tot hat wirken lassen. Aber ich verspreche dir, ich bin echt.“
Sie überbrückte die Distanz zwischen ihnen, griff nach seiner Hand, legte sie in ihre und drückte sie dann an ihre Wange.
„Daniel, spürst Du das? Spürst du die Wärme, die von mir ausgeht? Fühlt sich eine Leiche wirklich so an?“
Und der Anthropologe musste zugeben, dass sich die Wärme, die von ihrer Wange in seine Hand kroch, wirklich real anfühlte.
Kurz hob er beide Augenbrauen, betrachtete dann die Blonde vor ihm: „Und wie erklärst Du dir die letzten paar Tage?“

Es gibt diesen Spruch „to blind someone with Science.“, der eigentlich nichts weiter bedeutet, als jemanden durch pseudowissenschaftlichen Unsinn von seiner Fährte abzubringen. In Sams Fall ist dieser „Unsinn“ natürlich nicht nur pseudowissenschaftlich und dass sie jemanden ganz gut durcheinanderbringen kann, wusste Daniel, da er unterschiedlichen Unterhaltungen zwischen ihr und Jack beigewohnt hatte, die meistens mit einem „Arrrgh, Carter, ist ja gut!“ endeten.
In diesem Fall wusste Daniel nicht, ob es pseudowissenschaftlicher Unsinn war, der da gerade Sams Mund verließ oder tatsächliche Wissenschaftsfakten, welche die gute Sam in einer Art Brainstorming vortrug.
Was er wusste, war, dass Colonel Samantha Carter innerhalb von weniger Minuten knapp 10 Theorien aufgestellt hatte, nachdem sie erfahren hatte, was Daniels Erlebnisse der letzten Tage waren, die mit ihrem Tod begonnen hatten.
Unter den populärsten Thesen war eine Reise in ein paralleles Universum, die durch einen Schuss durch ein Intar beendet wurde, ein Traum, eine Halluzination – oder das er dies hier träumte und tatsächlich ge-intar-t wurde.
„Das ist ja wie in Total Recall.“, grinste Daniel und stockte, kaum, dass er diesen Satz von sich gegeben hatte. Seufzend wandte er sich an Sam: „Ich hab definitiv zu viel Zeit mit O’Neill verbracht.“
Nun war es an Sam, zu grinsen, ehe auf ihn zutrat: „Aber gefällt dir diese Gesellschaft hier nicht wesentlich besser?“
„Darauf kannst Du dich verlassen.“, sagte der Anthropologe, nahm sie erneut in die Arme, beugte sich vor und… seufzte, als ein Beben durch das Raumschiff ging.
Sam hob ebenfalls den Blick und er konnte in ihren Augen die Leidenschaft, die sie gerade dabei war, in sich heraufzubeschwören, verebben sehen. Dann wurde es kurz dunkel um sie – zumindest solange bis das Schiff auf Alarmstufe Rot sprang.
Seufzend schaute Daniel zu seiner Gefährtin: „Wollen wir auf die Brücke?“
„Warum nicht? Das Andere können wir auch noch nachher tun – oder auf der Erde.“
Sie küsste ihn, die sanfte Berührung ihrer Lippen ein Versprechen, das sie mit einem gehauchten „Ich kenne einen Ort, an dem uns niemand stört“ noch verstärkte.
Dann griff sie nach seiner Hand, die beiden Fingerpaare verschlungen sich ineinander, sie eilte los, er folgte ihr mit einem Lachen. Es wurde wieder Zeit.

Kaum, dass die Turbolifttür zur Brücke aufglitt, standen Tränen in Daniels Augen. Nebens ich hörte er Sam husten und wusste auch, weswegen. Das komplette Nerven- und Kommandozentrum der DRAGONFLY war mit Rauch gefüllt. Flammen züngelten empor, die Dunkelheit war hier noch allumfassender und das Rot der Alarmsignale schien kaum bemerkbar. Dennoch taumelte er, seinen Arm schützend vor das Gesicht gebracht und gefolgt von Sam, auf die Brücke und warf einen Blick auf das Chaos.
Neben ihnen erhob sich Jill Menacer, warf einen Blick auf flackernde Eingabefelder und seufzte.
„Phaserbanken 1, 3, 4,5 und 6 sind zerstört, Photonentorpedolauncher 1 und 2 feuern nicht mehr. Die Sensorenphalanx ist ebenfalls beschädigt, wir haben nur noch Kurzstreckenscanner.“
Es kam keine Antwort vom Kommandantenposten.
„Captain?“, fragte sie und Sam blickte sie an: „Commander, was ist passiert?“
„Ich habe keine Ahnung.“
Jills Ratlosigkeit war ehrlich. Sie blickte kurz noch einmal in die Dunkelheit, ins Ungefähre, dorthin wo Cals Posten gewesen war, rief noch einmal den Rang und als keine Antwort kam, blickte sie zu Sam: „Plötzlich wurden wir angegriffen. Wir hatten nicht einmal mehr Gelegenheit, die Schilde rechtzeitig zu heben.“
Und erneut: „CAPTAIN!“
Keine Reaktion.
„Also wir wurden einfach so aus dem Dunkel in den Arsch getreten?“
Die Stimme, rau, aber dennoch sympathisch, kam von einem anderen Brückenzugang. Jack O’Neill blickte sich aus grauen, kriegsgewohnten Augen um und warf dann einen Blick zu Sam und Daniel.
„Schön dich auch am Leben zu wissen, Jack.“
Die Stimme des Anthropologen verriet ein gewisses Maß an Amüsement, wie eigentlich immer, wenn er mit dem General sprach, aber es war dieses Mal eher eine Nuance. Mehr Ernsthaftigkeit lag in der Stimme, als er erneut ins Dunkel blickte.
Immer noch kam vom Captain keine Antwort und irgendwie überraschte ihn das recht wenig. Schließlich war es Cal und das konnte eigentlich nur bedeuten, dass der Captain von dem Angriff überrascht und dann ausgeknocked worden war.
Eigentlich kein Grund zur Panik.
„Wer auch immer uns angegriffen hat – er schickt ein Begrüßungskommitee.“, stieß in diesem Moment Jill aus, als sie alle ein rasch schnellerwerdendes Piepsen hörten.
„Auf Einschlag vorbereiten.“, stieß Sam aus, als die DRAGONFLY hart zur Seite kippte.
Und Traum oder nicht, er würde nicht zulassen, Sam ein weiteres Mal zu verlieren. Als er merkte, dass sie beide den Halt verloren, packte er seine Freundin und klammerte sich so fest an sie, dass er als Kissen oder Auffang diente, sollten sie aufschlagen und – tatsächlich. Sie schlugen auf.
Dies taten sie so grundlegend, dass Daniel im ersten Moment ein Knacken hörte und dann sengendheißen Schmerz spürte, der in seiner linken Armgelenkpfanne pulste.
Moment mal – er spürte Schmerz?
Aber – wenn man träumt spürt man keinen Schmerz.

Sam schaute ihn an, keuchte ein „Oh Gott“ und rappelte sich dann wieder hoch, bellte ein „Feuer mit den Phasern erwidern“, ehe sie sich an Daniel wandte: „Schatz, geht es Dir gut?“
„Ich…“, stammelte er gegen silberhellen Schmerz in seinem Arm an, „Ich glaub, ich hab mir das Gelenk ausgekugelt und den Arm gebrochen.“
Und gegen seinen Willen musste er grinsen: „Das heißt – ich träume nicht.“

TBC
« Letzte Änderung: 01.07.14, 15:33 by CaptainCalvinCat »

CaptainCalvinCat

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Kapitel 18 – Vorder- und Hintergründiges

Kapitel 18.1


„Fähnrich Vance?“
Der Mann, der ihm gegenüberstand, maß einen Meter dreiundsiebzig, trug das blonde Haar militärisch kurz und schaute aus blauen Augen nicht unbedingt optimistisch in die Zukunft.
Ein Lächeln konnte Leon weder in seinen Augen, noch in seinem Gesicht erkennen. Irgendwie kam er ihm sowieso ein wenig unfreundlich vor.
Dennoch nickte er, hielt ihm die Hand hin, die sein gegenüber ergriff und nur zwei Worte sagte, als wären diese komplett selbsterklärend: „Luther Sloan.“
Vance hatte noch nie von einem Luther Sloan gehört und empfand es als merkwürdig, dass sein Gegenüber seinen Namen so aussprach, als müsse man gleich in ehrfürchtige Verehrung verfallen.
Sloan schien das zu merken, legte den Kopf schief und lächelte dann. Es war kein ehrliches, sondern eines der verschlagenen, falschen Lächeln, die Leon später noch öfter zu sehen bekommen sollte.
„Ich habe einen Blick in Ihre Akten geworfen, Fähnrich. Sie sind gut.“
Auch der Tonfall, den Sloan angeschlagen hatte, war alles andere als freundlich und schon gar kein Zeichen, dass man diesem Mann vertrauen sollte.
Daher ließ es Vance bei einem leichten Nicken bewenden, ehe er sich umschaute.

Die U.S.S. LEROY JETHRO GIBBS , benannt nach dem Senior Special Agent, der den Ruf als harten Hund zementiert hatte und dessen Karriere so turbulent wie einzigartig war. Sein selbstloser Tod 2045 hatte sich vor einem Jahr zum 310sten Mal gejährt,  war ein Stoff für Legenden und selbst die Klingonen waren mit dieser Sagengestalt vertraut und sangen ruhm- und, wenn wir ehrlich sind, auch rumreiche Schlachtlieder über den grauhaarigen Mann, der sich selbst gerne in der Rolle des „Bastard“ gefiel. Zugegeben, der Rum war dann meistens Blutwein, aber wen scheren schon Details?

Doch die LEROY JETHRO GIBBS , an deren Bord sie sich befanden, war selbst sowas wie ein eiskalter Bastard. Eine Constitution-Klasse – ein Schiff von zeitloser Eleganz – und beinahe baugleich mit einem der berühmtesten Föderationschiffe, die jemals die sieben Galaxien unsicher gemacht hatten… mit der ENTERPRISE, die seinerzeit von Kirk kommandiert wurde.

Es gab keine Zeit, großartig darüber nachzudenken, was es nun zu tun galt, plötzlich setzte sich Luther Sloan in Bewegung und – als wäre es ein Drang – wurde von Stone und ihm, Vance, verfolgt.
„Haben Sie jemals einen Blick in die Akten des SCIS geworfen?“, fragte Sloan und Vance nickte – das der Andere das nicht sehen konnte, merkte er erst, als er erneut gefragt wurde.
„Erm…“, machte Vance und sagte dann deutlich und klar: „Ja, Sir. Ich habe einige Akten gelesen. Ich verstehe nur nicht ganz, was das mit dieser Sache zu tun hat?“
Sloan stoppte, drehte sich um und schaute ihn an: „Wir werden Sie in diese Zeit zurückversetzen.“
Damit machte er sich wieder auf den Weg, ließ einen Vance stehen, der kurz verblüfft zu Stone blickte und dann wieder zu Sloan aufschloss: „Wie meinen Sie das? Was – was haben Sie vor?“
Dieses mal stoppte Sloan nicht, im Gegenteil, er beschleunigte sein Tempo: „Sie können das noch nicht wissen und wir werden Sie erst mit allen Einzelheiten vertraut machen, wenn Sie die Mission wirklich annehmen – aber soviel können wir jetzt schon sagen: Sie sind ab sofort kein Sternenflottenoffizier mehr.“
Erneut blieb Vance stehen, setzte sich dann aber wieder in Bewegung: „Mo… moment mal, wie meinen Sie das?“
„Ab sofort ist es ihre Aufgabe, Veränderung des Raum-Zeit-Gefüges in ihrer Zeitebene aufzuzeichnen, zur Meldung zu bringen und zu überwachen.“, sagte Sloan und erreichte eines jener großen Schotten, hinter dem sich ein Frachtraum verbarg. Er trat hindurch, gefolgt von Stone und Vance, die beide verblüfft stehen blieben.


Vances Augen öffneten sich und er lauschte in die Dunkelheit hinein.
Was hatte ihn geweckt?
Bewegte sich irgendwas in ihrem Haus? Attentäter? Aliens? Mäuse? Er lauschte erneut und merkte, wie er sich entspannte. Was auch immer ihn geweckt hatte, schien nicht mehr so bedrohlich.
Neben ihm hörte er das beruhigende, leise Schnarchen seiner Frau, Jackie.
Und dennoch konnte er sich nicht entspannen. Irgendwas berunruhigte, beschäftigte ihn und er brauchte keine fünf Sekunden, um zu wissen, was das war.
Und so richtete er sich auf, seufzte und beugte sich nach vorne. Sein Gesicht unter den Händen vergraben, atmete er erneut durch, bis er die sanften Hände seiner Frau auf seinem nackten Rücken spürte.
„Leon?“, fragte sie und er reagierte. Zuerst hob er den Blick, dann wandte er sich seiner Frau zu.
„Schlaf weiter, Liebes.“, hauchte er und sie schüttelte den Kopf: „Ich kann nicht. Nicht, wenn du wie ein lebender Vorwurf da sitzt.“
Nun richtete auch sie sich auf, schwang ihre nackten Beine aus dem Bett und legte einen Arm um ihren Mann: „Ist es die Arbeit?“
„So kann man es auch sagen.“, raunte er, ehe er seufzte: „Schatz, ich hab noch nie in meinem Leben so dringend eine Zigarette gebraucht.“
Und er konnte sehen, wie sie mitfühlend nickte.
„Es sind die legendären Vier, nicht wahr? Gibbs, Tony, McGee und Ziva?“
Er nickte, stand auf und verließ das Schlafzimmer. Sie folgte ihm, fingerte noch nach ihrem Morgenmantel, zog ihn an und blieb in der Tür stehen, die ihr Schlafzimmer von der Küche trennte.
Sie sah Leon dort werkeln und wusste, dass er ihr und sich ein Rührei zubereiten würde.
Und Vance wusste, dass sie ihn dabei beobachtete, wie er das Küchenmesser in den Champignons versenkte, um sie zu kleinen, perfekten Streifen werden zu lassen.
Er drehte sich um und sie bekam etwas zu sehen, was niemand anderes zu sehen bekam, nicht einmal Cynthia.
Angst, die in Leons Augen funkelte und schillerte, wie heiße Tränen.
„Was… was wird jetzt aus der Zeitlinie?“, fragte er und seufzte. Dann trat er an einen Küchenschrank heran, öffnete ihn, zog eine Schublade aus der Halterung und legte seine Hand auf einen in der Schublade grün aufleuchtenden Handabdrucksscanner.
„Handabdruck überprüft. Handabdruck mit Leon Vance identisch. Vorbereitung auf DNS-Extraktion.“
Jackie hasste das, was nun passierte. Eine kleine, feine Nadel würde Blut aus Leons Handinnenfläche entnehmen und somit seine DNS abgleichen.
„DNS-Vergleich positiv. Herzlich Willkommen, Captain Vance.“
„Computer“
Leon war plötzlich wieder jeder Zoll das, was er nach aussen hin darstellen sollte – ein Mann, der „in charge“ war, also die Verantwortung trug.
„Analyse und Hypothese. Wäre ein anderes Team genau so erfolgreich, die notwendigen …“

Vance brach ab.
Es war sinnlos. Gibbs musste diese Verhaftungen machen, sein Team musste die nächsten Fälle lösen, Gibbs höchstselbst musste in knappen 32 Jahren diesen Heldentod sterben. Es gab keine Alternative. Und wenn Gibbs tot war, starb auch diese Hoffnung.
Wobei – es gab noch eine Andere.

Die Tür zu seinem Büro stieß Vance mit jugendlichem Elan auf.
Das alles war zwar nur ein Langzeitspiel, aber vielleicht konnte es funktionieren. Dazu benötigte er nur eine Sache, genauer gesagt: eine Person. Und diese Person zu finden, das dürfte sich als kompliziert erweisen, aber nicht als unmöglich. Schließlich hatten sich ihre Wege schon vorher ein paar Mal gekreuzt.

Vance atmete tief durch.
„Beruhige dich, Leon“, schalt er sich selbst, ehe er einen Blick auf seinen Schreibtisch warf – und merkte, wie seine Gesichtszüge verrutschten.
Es gab eine Sache, die er noch erledigen musste.
Eine Sache, die er noch mit Abby klären musste und eine Sache, die er noch…
Er griff nach dem Hörer und ließ sich mit Port Jebel Ali verbinden.

TBC

Kapitel 18.2

Leroy Jethro Gibbs stellte wieder einmal fest, dass es Momente gab, in denen es durchaus ratsam war, ruhig zu sein. Eigentlich kannte er diese „Halt die Klappe“-Momente ziemlich gut, aber hin und wieder war dem nicht so. Colonel Robert Makepeace dazu aufzufordern, „loszuschießen“, war vielleicht mal wieder ein „Halt-die-Klappe“-Moment, den er ignoriert hatte. Und nun zahlte er dafür, denn der Colonel begann, ohne Punkt und Komma, draufloszuschwadronieren – über seine Kindheit (ja, wir alle haben eine verkorkste Kindheit, Robert, erzähl mir was neues.), über seine Karriere (Ja, auch das haben wir alle erlebt – bester der Besten der Besten, mit Auszeichnung, harte Arbeit im Corps, dann Beförderung zu einer anderen Dienststelle.) und dieses mal war Gibbs klug genug, den „Halt-die-Klappe“-Moment zu erkennen, der sich hier anbot, nämlich nicht zu sagen: „Jaja, alles wahnsinnig spannend, aber komm endlich zum Punkt.“

Nein, das tat er nicht. Stattdessen hörte er zu und fragte sich, ob das, was der Colonel da erzählte, wirklich so zutraf. Was Gibbs nicht weiß, der geneigte Zuseher der Abenteuer des SG-1 Teams vor ihrem tragischen Dahinscheiden jedoch schon ist, dass diese Geschichten der Wahrheit entsprachen.  Jedenfalls großteils.

„Meine erste Mission im Stargate-Center“, setzte Robert Makepeace an, „führte uns zu einem Planeten, dessen eine Seite komplett im Dunkeln lag und dessen andere Seite ein sonnendurchflutetes Paradies war.“



„Wir gehen vor.“
Jonathan ‚Jack’ O’Neill sagte dies mit einer Bestimmtheit die ihm, Robet Makepeace, dem jüngeren Colonel nicht nur Respekt, sondern auch gleich Gehorsam abnötigte. Er salutierte, warf dann einen Blick zum langhaarigen Anthropologen Daniel Jackson, der ihn anblickte und den Kopf schüttelte. Jeder Andere mochte dies als ein „Sie brauchen vor Jack nicht zu salutieren, Robert“ interpretieren, er sah aber die pure Verachtung, die dieser Mensch, dieser Friedensfreund, ihm gegenüber empfand aus seinen Augen herauseruptieren und den Hass in seinen Augen lodern, wie das Glühen, das – laut Beschreibung – einen Goa’Uld-Wirt als solchen verriet. Er sah und verstand die Haltung des Wissenschaftlers ihm gegenüber sofort.
Jackson war kein Freund des Einsatzes von Waffen – und so, wie er ihn gerade angesehen hatte, war er auch kein Freund davon, diese Waffen dann einzusetzen, wenn es ihm potentiell das Leben retten konnte.

„Sie zählen bis Zehn und folgen dann.“, sagte O’Neill, trat durch das Stargate und er konnte sehen, wie Daniel dem Colonel hinterherblickte und vermutlich, kaum, dass sie auf der Anderen Seite waren, Jack fragte „Können die überhaupt zählen?“
Makepeace warf einen Blick zu seinem Team, jeder der Marines hatte den Körper unter äußerster Anspannung und war bereit, loszuschlagen.
Der Colonel von SG-3 zählte, 8…9…10… , nickte seinem Team dann zu und trat als erster auf die ringförmige Vorrichtung zu, die sie in ihre Moleküle aufspalten und durch das Universum pusten würde.
Ein Schritt noch, dann war er auf einem anderen Planeten.
Makepeace schritt durch das Tor, spürte wie sein Körper sich auflöste, fühlte, wie er beschleunigte, quasi wie von einer Rakete abgeschossen wurde, auf einer genau festgelegten Bahn auf einen bestimmten Punkt zuraste und kam am anderen Ende ohne nennenswerte Beschleunigung heraus.

Und sah, dass SG-1 in Gefahr war.
Sam Carter, die blonde Wissenschaftlerin, wurde von einem primatenähnlichen Wesen niedergeschlagen und über die Schulter geworfen, Daniel lag bewusstlos in einer Ecke – vermutlich hatte ihn die erste Welle der Angreifer schon ausgeknocked – allein Teal’C und O’Neill wehrten sich und ließen Tod und Verderben aus ihren Waffen auf die Feinde sprühen.
Makepeace nickte seinem jungen Scharfschützen, einem gewissen Airman Green, zu, dieser hob seine Waffe, zielte auf den flüchtenden Primaten und feuerte. Die Kugel folgte präzise der Flugbahn, traf den Flüchtenden in den Kopf und ließ ihn zu Boden gehen.
„Person am Boden, Sir.“, meldete Green und machte sich auf, die ohnmächtige Sam Carter aus der Gefahrenzone zu bringen.



„Und natürlich wurde es so, wie es war, nicht geschildert.“
Makepeace seufzte, warf die Arme hoch und wandte sich Gibbs zu, der ihn aus eisblauen Augen leidenschaftslos anblickte und ein einfaches Wort fragte: „Sondern?“
„Na“, der ehemalige Colonel gab ein abfälliges Geräusch von sich, „so, als ob SG-1 zwar Probleme gehabt hätte und wir sie retten mussten, aber nicht in dem Umfang, in dem es tatsächlich geschehen war.“
Vorsicht, Gibbs. “, schoss es dem Chefermittler durch den Kopf, „ Du weißt nicht, bei welchen Aussagen er lügt und du hast leider keine Beweismittel, mit denen du ihn festnageln könntest.
Also blickte Gibbs Makepeace an und legte leicht die Stirn in Falten: „Das heißt?“
„Nun, das heißt im Klartext, dass im Bericht steht, dass sich SG-1 in der Klemme befand und wir sie dadurch vertrieben haben, dass wir mit unseren Gewehren eine Menge Krach verursacht haben.“
„Und von dem Schuss, der den flüchtigen Primaten erledigt hat, wird nichts erwähnt?“
„Nichts.“
Irgendwas stimmte hier nicht. Vielleicht hatte Gibbs Probleme damit, dass das Team, das er als sehr kompetent kennengelernt hatte, in einem eher fragwürdigen Licht –wenn nicht sogar einem negativen Licht (wobei Gibbs das immer noch klassisch als „Dunkelheit“ bezeichnen würde) -  dargestellt wurde, vielleicht lag es daran, dass Makepeace für seine Thesen keine Beweise hatte oder es lag daran, dass ein Teil von ihm, sein legendäres Bauchgefühl, sich gerade bemerkbar machte – er hatte das Gefühl, als würde Makepeaace lügen. Wenngleich es ihm nicht besser erging als Makepeace – er hatte für seine Thesen keinerlei untermauernde Fakten.

Der Unterschied zwischen ihm und dem ehemaligen Marine – „Gibbs, so etwas wie einen Ex-Marine gibt es nicht“, rief er sich zur Ordnung – war, dass sein Gegenüber wilde Anschuldigungen von sich gab, er selbst seine Thesen für sich behielt. Machte es das besser? Vielleicht nicht. Vielleicht sollte er tatsächlich einmal einen objetiven Blick für die Sache haben – andererseits tanzten seine Gedärme gerade Rhumba, was er nicht unbedingt dem Lammcurry von gestern Abend zuschrieb, sondern der Geschichte, die Makepeace ihm hier auftischen wollte.

„Bitte, fahren Sie fort, Makepeace.“
Gibbs hatte keine großartigen Möglichkeiten, musste sich, solange man ihn hier gefesselt hatte das anhören, was Makepeace so erzählte und gleichzeitig Optionen Ausschau halten.
Der Colonel fuhr mit seiner Geschichte fort:
„Die größte Unverschämtheit, die man sich an diesem Tag mit uns erlaubt hatte, war, dass man mir die Rolle des ersten „Berührten“ zukommen ließ.“
Gibbs hob die Augenbrauen: „Berühte?“
„Steht alles im Bericht – Berührte waren von einem Virus infizierte Menschen. Dieses Virus ernährte sich von Histaminen und aktivierte dabei die sogenannte „Broca“-Zone im Hirn…“
„Makepeace?“
Der Colonel stockte und nickte: „Klar, kurz und knapp.“
Er setzte sich und begann, weiterzuerzählen: „Zu Deutsch: Wir alle wurden zu primitiven Wilden, eben zu jener Art primitiver Wilder, die wir im „Land der Dunkelheit“ auf P3X-797 gesehen haben.“
Vermutlich der Name des Planeten. , schoss es Gibbs durch den Kopf, aber er beschloss, Makepeace nicht zu unterbrechen, selbst, wenn das gegen eine seiner Regeln – „Nimm nichts als gegeben hin, überprüfe die Fakten zwei Mal“ – verstieß.
„Auch ich verwandelte mich in einen dieser Wilden – aber der Erste, der sich verwandelte, war Daniel Jackson. Er wurde zu einer Art Tier, wollte Samantha Carter verführen und…“
„Und man schrieb diese Rolle in den offiziellen Berichten Ihnen zu?“, unterbrach Gibbs nun doch. Makepeace legte den Kopf schief: „Nicht ganz, Gibbs. Die Rolle Daniels wurde mehr oder weniger aufgeteilt und grundlegend verändert. Sehen Sie, aus mir machte man den Trottel, der Teal’C angriff, während man Sam Carter die Rolle einer Frau in einem knappen Top zuschrieb, die Jack O’Neill verführen wollte und ihm die Rolle eines Mannes, der Daniel Jackson –dem harmlosen, ach so harmlosen Anthropologen, der sich nur um Samantha sorgte – ansprang, zu Boden riss und mehrfach auf ihn einschlug. Daniel erhielt dann die Tochter des Obrsten von P3X-797.“

Gibbs beschloss, sich seinen Teil zu diesen Geschehnissen zu denken. „Es wird ja wohl sicherlich irgendwelche Kameraaufzeichnungen des SGCs geben, mit denen man sich einen objektiven Blick verschaffen kann.“, schoss es ihm durch den Kopf und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Colonel zu: „Und weiter? Weswegen sind Sie nun im Gefängnis gewesen?“
Makepeace holte Luft: „Das zu erklären, wird ein wenig Zeit in Anspruch nehmen.“
Und er begann, zu erzählen.

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Kapitel 18.3
Es waren diese drei Worte, die Tonys Herz zum Schnellerschlagen brachte. „Wir sind gefangen.“
Zugegeben, der Gedanke, dass er und Ziva es noch ein bischen länger in dieser behaglischen Atmosphäre aushalten würden, hatte schon viel Schönes für sich. Wenn da nicht der Faktor „Luft“ mit reinspielen würde und diese würde ihnen hier vielleicht schneller ausgehen, als ihnen lieb war. Bildete er es sich ein, oder begann er schon, sich schwummrig zu fühlen?
Tony konnte sich nicht helfen und das Ganze nicht als „faszinierend“ bezeichnen. In ihm brandete ein Widerspruch der Gefühle auf. Zivas Nähe elektrisierte ihn, ließ sein Gehirn in den nächsten Gang schalten und ihn Überlegungen anstellen, wie sie hier herauskamen. Die Umgebung – respektive der Mangel an Sauerstoff – hingegen betäubte ihn und er hatte das Gefühl, als sei alles in seinem Körper mit Blei gefüllt. Blei, das Material, von dem sein Physiklehrer ihm scherzhaft erklärt hatte, warum man diesen Stoff im Periodensystem mit PB abkürzte. PB für „Plumbum“ und als der Lehrer das Stück Blei auf den Boden fallen lies, traf es tatsächlich mit einer Art „Plum-Bum“-Geräusch auf.
Selbiges „Plum-Bum“ wollte er gerade nachstellen, denn am Liebsten wäre er hier, an Ort und Stelle, in sich zusammengesunken, wäre vermutlich erst auf die Knie gesagt (Plum) und dann nach vorne aufs Gesicht – oder nach hinten auf den Hinterkopf – gesunken (Bum). Die Situation begann, ihn an den Frachtcontainer im Hafen zu erinnern, in den er mit Ziva eingesperrt gewesen war.

Und dann, ehe er verstand, weswegen, hatte er die letzten Zentimeter, die ihn von Ziva trennten, überwunden, er hatte sie gepackt und ihr seine Lippen auf den Mund gepresst – nur um sich zu Boden geschubst wiederzufinden. Ziva schüttelte den Kopf, ihre langen Haare machten jede Bewegung mit, als sie ihn aus braunen Augen fassungslos anstarrte.
„Was ist los mit Dir, DiNozzo?”
Das war eigentlich eine gute Frage. Er rappelte sich auf, schüttelte seinerseits den Kopf und atmete tief durch: „Ich… ich weiß es nicht, ich…“
Weiter kam er nicht, als er merkte, dass in seinem Inneren eine Art von Euphorie ausbrach. Er konnte diesen Zustand nicht genau beschreiben, er wusste nur, dass er sich gerade unglaublich gut fühlte und konnte gegen das verräterische Zucken seiner Mundwinkel auch nicht angehen.
„DiNozzo, reiß dich zusammen.“, sagte die hübsche Israeli und er musste erneut den Kopf schütteln, um wieder klar zu werden.
Und irrte er sich, oder sah er da tatsächlich eine Spur „Besorgnis“ in ihren Augen, als sie sich vorbeugte und ihm zwei, drei sanfte Schläge auf die Wangen gab.
So genau konnte er das nicht sagen, weil er momentan echte Schwierigkeiten hatte, die drei Zivas – Ziven? Zivi? Zivasse? – auseinanderzuhalten und zu erkennen, auf welche er sich nun konzentrieren sollte. Ein Hinweis konnte sein, dass die Ziva in der Mitte deutlich schneller als die beiden „Aussenseiterinnen“ war.  Dies bedeutete – rein theoretisch konnte nur die Ziva in der Mitte die echte Israeli sein – oder?

Ziva seufzte.Auch sie begann, die Auswirkungen des Sauerstoffmangels zu fühlen – Hitze, Schwindel, merkwürdige Euphorie und (ja) sie spürte ein nahezu widersinniges Verlangen, sich gerade jetzt den Zärtlichkeiten des Halbitalieners hinzugeben, der vor ihr saß und mit Augen, deren Augenlider auf Halbmast hingen und die selbst Schwierigkeiten zu haben schienen, sie zu fokussieren – nach seinem Schielen zu urteilen. Natürlich hätte das was. Natürlich wäre dies eine interessante Todesart – McGee würde sagen „Death by Jamaharon“, also „Tod durch Jamaharon“, wobei Jamaharon ein Wort aus dem Star Trek – Universum ist und nichts anderes als „Sex“ bedeutet. Wir sind ja soooooo hip.
Würde sie diesen Tod einem anderen Tod vorziehen? Klar – wenn sie überlegte, welche anderen Arten und Weisen es gab, sein Leben auszuhauchen – eventuell mit der ein oder anderen Kugel im Körper, oder gar so, wie ihre Vorgängerin aus dem Leben geschieden war, per Kopfschuss – erschien ihr die Vorstellung, den Tod hier zu finden, in den Armen des Mannes, den sie tatsächlich liebte, an ihn gekuschelt und nie wieder aufwachend, eigentlich gar nicht so fremd und recht verlockend.

Würde sie dieser Verlockung nachgeben?
Auf gar keinen Fall.
Dazu hatte ihr Vater – an den sie in letzter Zeit immer mal wieder sporadisch denken musste – viel zu sehr zur Kämpferin erzogen, als dass sie einfach so aufgeben würde. Sie war viel zu sehr Soldatin, um sich einfach auf die Seite zu legen und zu sterben, wenn die Umstände ihr das rieten. Und sie würde kämpfen – würde um jeden Atemzug ringen, in dem sie ihre Lungen mit Sauerstoff füllen konnte. Wenn sie schon die Bombenexplosion in Marokko, von der sie wirklich dachte, dass sie sie nicht überlebte, nicht langfristiger zu Boden schickte, wollte sie verdammt sein, wenn sie ihr Leben in einem Raumschiff der Föderation aushauchen würde.

Es gibt die Theorie, dass Gedanken Einfluss auf das Wohlbefinden des Körpers haben. Und dieser Theorie mag jeder geneigt sein, zuzustimmen, dem sein Geist schon einmal gesagt hat, dass er einen „tierischen Brand“ hat, der von einem entsprechenden Getränk gelöscht werden möchte. Vermutlich ist es sogar möglich, sich selbst mental so sehr anzufeuern, dass der Körper kräftemäßig „wahre Wunder“ vollbringen kann. Vielleicht war es bei Ziva mehr so eine Art „letztes Aufbäumen“ vor der allesumfassenden Ohnmacht – so genau wusste die hübsche Israeli es nicht – sie wusste nur, dass sie merkte, wie ihr Körper vor Energie und Tatendrang förmlich „brannte“.
Ihre Hände schnellten vor, packten Tonys Kragen und rissen den Mann in eine stehende Position.
„Verdammt, DiNozzo“, zischte sie, „Streng dich jetzt an und reiß dich zusammen!“
Damit verpasste sie ihm noch eine Ohrfeige, dieses mal wesentlich stärker und auch lauter. Der Kopf des Halbitalieners wurde herumgerissen und gerade, in dem Moment, in dem Ziva befürchtete, dass der Mann von der Wucht der Ohrfeige einfach wieder zu Boden gehen, bewusstlos werden und somit unnützer Ballast sein würde, straffte sich sein Körper, er drehte den Kopf zu ihr herum und leckte sich einmal über die Wunde an der Unterlippe.
Er legte den Kopf schief, schaute sich um und nickte dann.
„Sehen wir zu“, lallte er, „dass wir hier herauskommen.“

Eines musste Tony Ziva lassen – der Schlag hatte ihn geweckt und er spürte genügend Kraft in sich pulsen, um dieser Todesfalle zu entgehen. Doch er merkte, wie diese Energie von Sekunde zu Sekunde weniger wurde, wie seine Augen erneut anfingen, sich anzufühlen, als habe man Bleigewichte an ihnen befestigt und wie sein Körper eindeutig zuviele Muskeln aufzuweisen schien, die sich alle entspannen wollten. Am Schlimmsten war sein Kopf, der ihm durch immer stärkere Schmerzen in immer kürzeren Intervallen zeigen wollte, wer hier der Boss im Ring war. „Verstand über Materie? Hier haben wir den Beweis.“, dachte sich der Halbitaliener, ehe er seinen Blick durch die Luftschleuse schweifen lies.
Und was er sah, ließ ihn seufzen.
Entweder war sein Genius – von dem jetzt der Ein oder Andere die Frage „Welches Genius“ stellen konnte – durch die Müdigkeit, die in ihm war, so erschöpft, dass er das Offensichtliche nicht mehr wahrnahm – oder aber hier gab es wirklich nichts, mit dem sie ausbrechen konnten. Wobei…
„Ich habs!“, grinste Tony und wankte, schweren Schrittes, auf die Sauerstoffflaschen ihrer Taucherausrüstung zu.

Ziva betrachtete fasziniert, was der Halbitaliener da tat – er griff sich eine Sauerstoffflasche und begann sie, hinter sich her zu schleifen.
„Darf ich fragen, was Du vor hast?“
„Das wirst du gleich sehen.“, grinste Tony und wenn es jemals Momente gegeben hatte, in denen sie dachte, dass ihr Very Special Agent Anthony D. DiNozzo Junior „bekifft“ gegrinst hätte, musste sie das revidieren, denn das war ein „bekifftes Grinsen“. Das mochte vielleicht damit zusammenhängen, dass ihnen immer mehr Sauerstoff ausging, aber… moment mal. Sauerstoff?
Warum hatte sie nicht gleich dran gedacht? Hatte der Sauerstoffmangel ihr Hirn schon so erweicht?
Und gerade, als Tony zu dieser Flasche wanken wollte, trat sie vor und schüttelte den Kopf.
„Nein.“, sagte sie, „Diese verwenden wir anders.“
Sprachs, nahm einen Zug und spürte, wie sie immer belebter wurde.
Schnell nahm sie die Sauerstoffmaske ab und drückte sie Tony auf Mund und Nase, der einen kurzen Atemzug tat und dann nickte.
„Danke.“, sagte er, nachdem sie die Flasche wieder auf den Boden gestellt hatte.
„Ja“, erwiderte sie dann, mit einem zweifelnden Blick auf den Sauerstoffanzeiger: „Allzu viel ist aber nicht mehr drin. Wir sollten wirklich versuchen, hier rauszukommen.“
Der Halbitaliener lächelte, deutete auf die Flasche an der Tür und sagte: „Und da hab ich schon eine Idee. Kennst Du ‚Der weiße Hai`?“
„Tony“, rollte die Israeli mit den Augen, „Das ist jetzt keine gute Gelegenheit für eine Nachhilfestunde in Filmgeschichte.“
„Professor DiNardo ist gerade sehr enttäuscht. Also, vor der Küste von Amity, einer kleinen Stadt irgendwo an der Ostküste – kann auch die Westküste sein…“, setzte Tony an und Ziva konnte sich ein „Typisch, da will er mal glänzen und weiß es selber nicht“ nicht verkneifen – zumindest in Gedanken. Sie hörte den Ausführungen des „Professors für Filmgeschichte“ zu, dessen Identität Tony bei einer Undercovermission angenommen hatte, fragte sich aber, was bei allem, was einem heilig sein konnte, die Geschichte des „Weißen Hais“ und des mutigen Sherrifs Brody mit ihrer aktuellen Situation zu tun hatte.
„Also“, sagte in diesem Moment Tony, „ließ Brody den Hai eine Sauerstoffflasche schlucken, sagte ‚Smile, you son of a bitch’ und feuerte. Die Sauerstoffflasche wurde getroffen, der Sauerstoff expandierte schlagartig und tötete den Hai.“
Zivas Verstand meldete sich zu Wort und sie schüttelte den Kopf: „Das wird nicht klappen, DiNozzo.“
„Probieren wir es aus, Zivaaaa.“, sagte er in dem Duktus, der sie immer auf die Pinie, Palme oder Petunie – egal, irgendein Gewächs mit P, dessen war sich Ziva sicher – brachte und schob ein „Was haben wir schon zu verlieren?“ hinterher.
In der Tat, was hatten sie schon zu verlieren. Ausser, dass einer von beiden von Querschlägern getroffen wurde.
„Muss ich dich tatsächlich an unsere Nacht im Container erinnern?“, fragte sie und er schüttelte den Kopf: „Das ist vollkommen anders. Hier haben wir eine echte Chance.“
Er zog seine Pistole, lud sie durch und zielte auf die Sauerstoffflasche.
„Smile, you son of a bitch.“,raunte er, grinste dann zu Ziva, “Wollte ich schon immer mal machen” – und feuerte.
Die Kugel traf die Flasche und sirrte als Querschläger davon.

Tony seufzte und er war sich sicher, dass der Gesichtsausdruck, den er gerade spazieren trug, von seiner großen Enttäuschung zeugte. Er steckte die Waffe wieder weg.
„Im Film hats geklappt.“, murmelte er und wandte sich entschuldigend an Ziva – zumindest dorthin, wo sie gerade noch gestanden hatte.
„Zi…“, setzte er an, als er merkte, wie sein Herz aussetzte. Ziva lag am Boden, auf dem Bauch und regte sich nicht.
Der Halbitaliener wusste nicht, ob er das „Oh mein Gott“ gekeucht, gedacht, gemurmelt, gelallt, geflüstert oder geschrien hatte, er wusste nur, dass es in seinem Kopf laut wie eine Explosion wiederhallte. Schnell war er neben ihr auf den Boden gesunken, hatte nach ihrem Puls getastet und gefühlt, wie regelmäßig er ging. Erleichtert atmete er auf, ehe er bemerkte, dass die drahtige Israeli zu zucken begann.
Was mochte das sein? Ein Anfall? Eine Panikattacke? Schluckauf? Was?
Er wollte sie gerade berühren, als sie noch mehr zuckte und dann brach es aus ihr heraus.
Nein, kein Alien, ein lautes Lachen.
Tony zuckte zurück, starrte sie an, die die Augen öffnete und mit einem schelmischen Grinsen ein „Du solltest dein Gesicht sehen“ kicherte.

Der „Very Special Agent“ bemerkte, wie eine Achterbahnfahrt der Emotionen in ihm losbrach. Erleichertung, Wut, Amüsement, Sorge, Panik und wieder Erleichterung.
„Das…“, stammelte er und schaute sie an, selbst mit sich ringend, nicht zu lachen, wobei er merkte, wie seine Mundwinkel hochrutschten, „… war nicht witzig.“
„Du grinst.“, stellte sie fest, erhob sich und trat auf ihn zu, um ihn zu umarmen, zu küssen und ihm dann frech entgegenzugrinsen: „Ich hab doch gesagt, dass es nicht klappt.“
Dann hörten sie ein lautes Pochen.
Und es kam von der anderen Seite der Tür.
TBC

  Kapitel 18.4

McGee starrte die hübsche Brünette, deren aufregende Kurven in der Unterwäsche mehr als deutlich abzeichneten, verdattert an.
Das musste ein Scherz sein, anders konnte er es sich nicht erklären. Gibbs war tot? Na aber sicher.
Er merkte, wie gegen seinen Willen ein Lächeln über seine Lippen kroch.
„Soso, Gibbs ist tot, hm?“, fragte er und bohrte seinen Blick in die hübschen, blauen Augen der Frau, die ihn an Seven of Nine erinnerte: „Und wir sind verheiratet. Und das ganze seit 8 Stunden. Und wir sind 5 Monate in der Zukunft?“
Hansen nickte, machte sich von ihm los und beugte sich vor, um nach ihrer Jeans zu greifen, in die sie nun schlüpfte.
Der Blick des Computergeeks glitt kurz über den Körper vor ihm, ehe er tief Luft holte und dann den Kopf schieflegte: „Du kannst mir nicht zufällig sagen, wie die Hochzeit war und wer alles da war?“
Seufzend richtete sich Jessica auf, verschränkte die Arme vor der Brust und bedachte ihn mit einem leicht-genervten Blick. „McGee“, setzte sie an und ihre Stimme erschien, trotz der Genervtheit in ihrem Blick sanft und sorgend: „Ich weiß, dass Du mir momentan nicht traust. Wir haben diese Situation schon etliche Male durchlebt und – wir wissen nie, wann der nächste Schub kommt. Aber – eines kann ich dir versichern: Ich bin nicht dieser Traceless – und wir haben vorgesorgt.“
Damit trat sie an ihm vorbei und verließ das Schlafzimmer. Erst jetzt hatte McGee – Hansen – oder wie auch immer er sich gerade nennen wollte – Gelegenheit und Muße, sich genauer umzusehen. Kurz erkannte er die Details der Umgebung. Das Schlafzimmer war – durch einen kleinen Durchgang – vom Wohnbereich abgetrennt, wies zwei zusätzliche Türen auf, die vermutlich in zwei seperate Badezimmer führen würden Kurz warf er einen Blick hinter sich und erstarrte. Hinter ihm befand sich ein Fenster und durch dieses Fenster hatte er einen guten Blick auf das weiße Haus.
Und gerade, als er wirklich komplett zu sinnen kam, kam ihm auch ein Gedanke: „Hoffentlich hat die First Lady nichts gesehen.“
Langsam ging er den Teppichboden in Langflorqualität entlang, der in diesem Zimmer ausgelegt war, verließ das Schlafzimmer der Suite und näherte sich dem hellen, freundlichen und geräumigen Wohnbereich.
Die Sonne schien hell in das Zimmer, machte es zu einem lichtdurchfluteten Wohnerlebnis, das eine cremefarbene Sitzgruppe der Firma Brolf Enz zierte, die er von seiner Position aus sehr gut sehen konnte. Er trat näher an einen Schreibtisch, auf dem er Briefpapier erkennen konnte. Bald würde er wissen, wo er war – wobei er sich darüber keine großartigen Gedanken machen musste. Die Fakten sprachen für sich, aber noch wollte er es für sich beweisen. Ein Blick auf das Briefpapier bestätigte ihm, , was seine Sinne ihm schon verraten hatten – er war im Adams Hotel, gegenüber des Weißen Hauses – um genauer zu sein in der Präsidentensuite. 

Er spürte die Wärme eines Körpers hinter sich, eines, im Vergleich zu ihm, kleineren Körpers, drehte sich um und musste seinen Kopf nach unten neigen, um Jessica in die Augen zu blicken. 
Sie war gut 14 Zentimeter kleiner als er und schaute ihn mit Bestimmtheit im Blick an, als sie eine DVD hochhielt.
„Hier“, sagte sie und in diesem Moment klang ihre Stimme derart rauchig, dass er sich an diverse Szenen aus Star Trek – Raumschiff Voyager – erinnert fühlte. Auch dass sie sich umdrehte und jeden Schritt, den sie tat effizient zu planen schien, ließ ihn mehr daran denken, tatsächlich Seven of Nine geheiratet zu haben, als Jessica Hansen.
„Schau Dir die DVD an, es wird sich alles erklären.“
„Gerade jetzt würde ich lieber mal meine Kollegen anrufen.“, erwiderte McGee, doch die schöne Brünette schaltete ungerührt den Fernseher ein und spielte die DVD ab.
„Hi Timothy“, hörte er eine Stimme – seine Stimme – und das Handy, dass McGee gerade eben noch genommen hatte, entglitt seiner Hand und landete klackernd auf dem Boden. Tim schluckte. Das konnte doch nicht wahr sein. Er trat auf den Fernseher zu, von dem aus er sich selbst ansah und weitersprach:  „ich weiß nicht wie ich dir das sagen soll, aber Du wurdest von einem INTAR getroffen. In die Stirn“
Der McGee im Fernseher berührte die Mitte seiner Stirn, dort, wo gerade Kopfschmerzen zu pulsen begannen.
„Hierhin“, sagte der Fernseh-McGee und Tim spürte, wie seine Beine unter ihm nachgaben und er in die gar-nicht-mal-so-überraschenderweise-starken Arme der Militärfrau Jessica Hansen sackte, die ihn festhielt und ein „Schatz, bist Du in Ordnung“ von sich gab, ehe die 14 Zentimeter mehr sich bemerkbar machten und er mit ihr auf den Boden plumpste. Jessica – Musterbeispiel an schnellen Reaktionen – spreizte die Beine, damit Tim nicht auf sie fallen und sie verletzen konnte, verschränkte sie dann hinter seinem Rücken,  fingerte nach der Fernbedienung, drückte die „Pause“-Taste und der McGee auf dem Bildschirm erstarrte mitten in der Bewegung. Timothy Hansen hingegen gönnte sich einen kurzen Moment der … er wusste nicht was… ließ sich gegen Jessica sinken und atmete tief durch. Es tat gut, ihre Wärme zu spüren, ihr Parfum zu riechen und zu merken, wie sie ihm sanft über die Stirn fuhr.
„Mein armer McGee.“, hauchte sie und küsste ihm dann in den Nacken: „So hart hat es dich noch nie erwischt.“
Er schluckte, schaute sein Selbst auf dem Bildschirm an, das sich immer noch gegen die Stirn tastete und warf dann einen Blick über die Schulter: „Das ist meine erste Nachricht an mich selbst.“
Sie lächelte: „Nein, eigentlich nicht.“
Dann beugte sie sich vor, und küsste ihn auf die Stirn: „Ich kann dir erzählen, was Du wissen musst.“
McGee – Hansen – wer auch immer er gerade war – schüttelte den Kopf: „Ich glaube, wenn ich mir schon Mühe gebe, mich selbst aufzuzeichnen, dann werde ich mir auch was zu sagen haben.“
Sie seufzte, zog ihre Beine unter ihm weg, richtete sich auf und half ihm hoch.
„Ich bring dich noch eben zur Couch.“, sagte sie, half ihm, sich auf das cremefarbene Faulteil sinken zu lassen und reichte ihm die Fernbedienung.
„Dann lass ich dich mal mit dir allein.“, zwinkerte sie ihm zu und trat an ihm vorbei zur Tür: „Wir sehen uns zum Honeymoon-Brunch mit den Resten der Hochzeitsgesellschaft. Nicht vergessen. Punkt 1 Uhr.“
„Okay, Liebling.“, nickte er und kaum, dass die Tür geschlossen war stockte er. Hatte er gerade wirklich ‚Liebling’ zu Jessica gesagt? Tse – wie schnell das doch ging.
Innerlich mit den Schultern zuckend, griff er nach der Fernbedienung und schaltete sich selbst auf „Play“.
„Hierhin.“, führte der Tim auf dem Bildschirm aus.
Wenn das alles zutraf und er tatsächlich mit Jessica verheiratet war und tatsächlich ihren Namen angenommen hatte, war eine Unterscheidung zwischen dem sich auf der Couch und dem sich auf dem Bildschirm definitiv möglich. Er würde sich jetzt Tim nennen, den auf dem Bildschirm „McGee.“
„Ein Intar… gott, Sam könnte es dir besser erklären – oder Daniel“ – McGees Gesicht zerfurchte sich mit einem zweifelnden Blick, etwas, das Tim ihm gleichtat, als er den Rest des Satzes hörte, der „ aber Daniel ist vor knapp 5 Monaten verschwunden.“ lautete.  Daniel Jackson war verschwunden? Und dann auch noch in genau dem Zeitfenster, in dem nicht nur angeblich Gibbs gestorben, sondern auch er sich seinen permanenten Gedächtnissprung -nein, das Wort klang nicht schön. Perm-Amnesie vielleicht?  -  zugezogen hatte? Durch einen INTAR-Treffer?
„Du bist verheiratet“, sagte McGee auf dem Bildschirm, „– diese Botschaft wurde am Tag vor deiner Hochzeit aufgenommen und … wie soll ich dir das sagen? Lass es dir einfach von Jessica erklären.“
Sprachs, nur um sich an eine nicht im Raum befindliche Jessica Hansen zu wenden, und ein „Jessica, Liebling, könntest Du uns bitte alleine lassen? Danke.“ zu sagen, - ein nutzloses Unterfangen, schließlich war Jessica schon längst weg, ausser Jessica hatte diese Aufnahme gemacht und sollte etwas nicht mitbekommen -  ehe er sich wieder an Timothy Hansen wandte: „Also pass auf, die Sache ist wie folgt.“
So, jetzt wurde es spannend. Was war in den letzten 5 Monaten passiert?
„Du bist nicht mehr beim NCIS.“
Tim schluckte. Vielleicht war es besser, dass er auf der Couch lag und nicht neben ihr stand, ansonsten wäre er vielleicht wieder umgekippt. Das waren ja gute Nachrichten – was tat er dann, wenn er nicht beim NCIS arbeitete?
„Der Intartreffer in die Stirn hat dein Gehirn beeinträchtigt.“, klarifizierte McGee – the ghost of work past – auf dem Bildschirm:  „In zufälligen Intervallen verlierst Du Erinnerungen. Das gilt für beides – die Intervalle, in denen du Erinnerungen verlierst und die Zeitintervalle DIE du verlierst. Kann sein, dass Du nur ein paar Sekunden verlierst, ein paar Stunden, Tage oder gar Monate. So wie jetzt. Deshalb sitzt Du hier und schaust dir dieses Video an.“
Hansen blickte seine Vergangenheit auf dem Bildschirm an: „Ich liege hier.“
Kaum, dass er dies gesagt hatte, fragte er sich, wieso er dies gesagt hatte. War es tatsächlich so, dass er das letzte Wort haben musste, selbst sich selbst gegenüber? Oder hatte die Arbeit mit DiNozzo ihn so sehr verändert, dass er – wann immer es passte – blöde Sprüche reißen musste?

„Dies beeinflusste deine Arbeit beim NCIS so stark, dass Du den Job dort verloren hast. Du bist zwar noch da – aber nicht in offizieller Position. Du bist eine Art Berater in Cybercrime-Angelegenheiten und schreibst weiter an „Deep Six“ – Vance sieht es als gute PR-Geschichte und Marketing-Projekt.“

Aha. Er war also in beratender Funktion tätig und bekam nun offizielle Genehmigung, die „Deep Six“ Romane zu schreiben? Dies schien Hansen so absurd, dass selbst McGee dessen bewusst wurde und mit den Augen rollte. Oder gefiel ihm die Aussicht, nur auf beratende und schreibende Funktion reduziert zu sein, nicht? „ Du bist in die Aktuellen Fälle Aktenlesenderweise involviert – unterhältst dich mit Ziva, Tony – Tony ist übrigens der neue Chef des Teams -  Ach ja – und da ist Maura. Maura ist deine Nachfolgerin, die neue „Bambina“ und wenn Du dachtest, dass Tony dich schlimm behandelt hat, hast Du bei Maura noch nichts gesehen.“
McGee pausierte, schien zu überlegen und Tim merkte, dass es ihm erschreckend leicht fiel, diesen Überlegungen zu folgen. Natürlich, wenn ihn ein Intar, also eine Waffe, die auf Energie basierte und den Körper durcheinanderbrachte, in den Kopf traf, würde vermutlich die elektromagnetische Resonanz – oder was auch immer – sein Gedächtnis mehr als nur gründlich durcheinanderbringen. Dass er so keine Hilfe für den NCIS war, war auch klar. Zumindest nicht ermittelnd. Seine Kenntnisse über Cybercreme schien er nicht verloren zu haben, genausowenig wie seine Fähigkeiten als Autor. Und anscheinend schien er dies sogar so gut zu beherrschen, dass Leon Vance, der Mann, der bisjetzt allem möglichen widersprochen hatte, die „NCIS-Fanfiction“, wie er sie gerne selbst nannte und bei der er nur dem folgte, was jeder gute Autor tat, nämlich über das zu schreiben, was er kannte, in großem Stil zu publizieren.

„Ach übrigens“, brachte sich McGee wieder in Erinnerung - und das bei einem beinahe amnesischen Mann, da kann man nur gratulieren - , „wenn Du das hier siehst, lagst Du mit einer wunderschönen Frau im Bett und weißt gar nicht, warum, respektive Wie. Wie schon gesagt – du hast geheiratet. Glückwunsch von mir.“
Hansen konnte sich ein „Ja, erm… danke?“ nicht verkneifen, ehe McGee fortfuhr: „Und du heißt jetzt Timothy Hansen – und ich glaube nicht, dass ich dich dran erinnern werde müssen, aber falls doch: Ja, Du hast ihren Namen freiwillig angenommen.“
Ein leichtes Lächeln erschien auf Hansens Lippen – er konnte sich den Gedanken, dass er sich mit Jessica tatsächlich darüber gestritten hatte, wer wessen Namen annahm, eigentlich auch gar nicht vorstellen.

„Aber da ist noch eine Sache“, meldete es vom Bildschirm her und Tim konnte sehen, dass McGees Gesicht sehr ernst wurde: „das ist der Grund, weswegen ich Jessica rausgeschickt habe. Wir beide wissen, dass Du noch für eine andere Frau schwärmst – naja, eigentlich für zwei.  Keine Sorge, Abby geht es gut, sie ist inzwischen mit einem Beamten zusammen – ich weiß, das hätte keiner von uns beiden je gedacht, aber, sie hat ihn vor 3 Monaten kennengelernt und „uns freigegeben“, sozusagen.
Bleibt noch eine andere Frau.
Du kennst ihren Namen und ich kenne ihren Namen.“

Tim konnte sich ein Schlucken nicht verkneifen – ein sehr, sehr hartes Schlucken. Und wenn er bisher jeden Gedanken daran, dass dies real sein könnte, mit einem Hauch gewisser Grundskepsis gesehen hatte, merkte er, in dem Moment, in dem Tim sich selbst in die Augen sah, dass diese Person am anderen Ende des Fernsehers tatsächlich er selbst war. Er kannte sein dunkles, sein so tiefsitzendes Geheimnis, dass eigentlich niemand darüber tatsächlich Bescheid wusste. Nicht einmal Abby und mit ihr teilte er so gut wie jedes Geheimnis.
Und kaum, dass er – Hansen - den Namen geflüstert hatte, nickte McGee.
„ Genau – wir wissen beide, dass Du für sie schwärmst. Und da ist nichts verkehrt dran. Sie ist eine wunderschöne Frau, aber sie und Tony sind ein Paar – japp, du warst Tonys Trauzeuge, er ist unter all dieser harten Schale doch ein anständiger Kerl, aber das wissen wir beide ja auch. Und du hast Ziva einmal in einem Zustand alkoholischer Zuspitzung ihre Gefühle gestanden – und sie sagte, dass sie dich auch toll findet und wenn Du nur ein paar Jahre früher gekommen wärest, wäret ihr beide jetzt zusammen.“

War McGee gerade eben schon ernst geworden, blickte Hansen nun ein Timothy McGee an, den er so noch nie gesehen hatte. Das gewisse Grundamüsement, das er sich selbst gerne zuschrieb, war verschwunden und Hansen wusste, dass das, was jetzt kam, toternst gemeint war: „ Und nein – Egal was du jetzt denken magst, Jessica ist kein Lückenbüßer für die arschtretende israelische Kampfmaschine, die Du nicht haben kannst. Und wenn du tief in dich hineinhörst, weißt du das eigentlich auch.“
Tim überlegte kurz, wurde dann aber von weiteren Informationen überrollt, die McGee für ihn Parat hielt:  „Sie ist übrigens Jessicas Brautjungfer gewesen und hat den Posten gern übernommen und – das hat Jessica mir , also Dir, lächelnd verraten, hat gedroht, dass sie, also Ziva, wenn Jessica Dir jemals wehtun würde, mal wieder ihre alten Büroklammern herausholen würde – und Abby hat gesagt, dass sie dann wegsehen würde.

Und übrigens, falls Du dich das fragst – nein, Du hast Jessica auch nicht geheiratet, weil Du Laura gegenüber… oh, das Band ist gleich voll.

Da ist noch was – ich werde morgen heiraten. Die Hochzeitsbänder werden beiliegen und – noch ein anderes Band, falls Du am Hochzeitsmorgen aufwachst und nicht weißt, wo du hinsollst. Ja, das ganze ist sehr wie „Total Recall“ oder „Blackout – ein Detektiv sucht sich selbst.“, aber – das ist wirklich wichtig. Wir lieben Jessica. Und jetzt wird es Zeit für mich eine Drohung an Dich auszustoßen. Behandel Jessi gut – ansonsten tauche ich in deinen Träumen auf und werde dich jagen.“
Ein Grinsen erschien auf McGees Lippen, aber nicht nur auf seinen. Auch Tim konnte sich selbst lächeln fühlen – ja, das schien sehr nach ihm zu klingen.
„Ich wünsch dir einen schönen Hochzeitsmorgen und auch von mir nochmal „Alles Gute zur Trauung, Mister Timothy Hansen“.
Keine Sorge, Tim. Es wird alles gut. Bye bye“
Damit verschwand er selbst vom Bildschirm und machte einem DVD-Auswahlmenü platz. Tatsächlich – wer auch immer diese DVD erstellt hatte, er hatte eine Fotoshow und sogar zwei, drei Hochzeitsvideos mit auf die Scheibe gebrannt.
Tim wählte eines aus und sah es sich an.

Die Tür zur Präsidentensuite öffnete sich und McGee – nein, Timothy Hansen – verließ seine Unterkunft. Er trug einen Smoking – genau die Kleidung, die ihm anscheinend Jessica herausgelegt hatte – und folgte Instruktionen, die er, auf kleine Karten geschrieben, in seiner Anzugjackentasche gefunden hatte. So stieg er in einen Aufzug und fuhr hinunter in das Erdgeschoss, folgte einem roten, auf dem Boden kleibenden Band, das zu einem Schild führte auf dem „Honeymoon-Brunch – Hansen-Wedding“ geschrieben stand.
Wer um alles in der Welt hatte genügend Geldmittel zur Verfügung, ihnen ein Hochzeitswoche im Adams-Hotel zu finanzieren? Selbst mit den Einnahmen aus seinen Tantiemen, seinem Lohn beim NCIS und dem Sold, den Navy Lieutenant Jessica Hansen bezog, kombiniert konnte man sich so etwas nicht leisten, ohne auf Nennenswertes verzichten zu müssen. Mit den Geldmitteln, die ihnen zur Verfügung standen, konnte es entweder eine Hochzeitswoche in einem eher billigeren Hotel sein, oder aber ein Wochenende im Adams – aber so?
Und kaum, dass er sich das gefragt hatte, spürte er einen kräftigen Schlag auf die Schulter.
„Hey“, hörte er die Stimme Gibbs, fuhr herum und stellte fest, dass der Mann, der ihm gerade die Hand auf die Schulter gelegt hatte, nicht Gibbs war, sondern Anthony D. DiNozzo Senior.
„Stehen wir hier nicht draußen rum. Lass uns reingehen. Ich bin sicher, Junior erzählt schon wieder irgendwelche peinlichen Geschichten über dich.“
„J… ja.“, gab Hansen verwirrt von sich, trat einen Schritt auf die Tür, die zum Empfangsraum führte, zu und stockte, als er in der Glasscheibe der Tür, die Reflexion von Gibbs sah, wie er mit verschränkten Armen am Aufzug stand und ihn wartend ansah.
Hansen – McGee – wer auch immer – drehte sich erneut um, doch Gibbs war verschwunden.
Bildete er sich das alles nur ein?
Schließlich hatte Jessica gesagt, dass Gibbs gestorben war.
Er musste es sich einbilden, welche anderen Möglichkeiten gab es denn? Vielleicht ein Holodeck? Das war nun wirklich lächerlich. Andererseits, ein Intar-Treffer in den Kopf, der einem das Gedächtnis kurzzschloss, war auch nicht sonderlich plausibeler.
„Was ist los?“, fragte Tonys Vater und Mc… Hansen zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, Mister DiNozzo. Ich glaube, ich muss nochmal hoch, zu meinem Laptop und sagen Computer? Programm beenden..“
Nichts.
Es passierte nichts. Kein Holodeckgitter tauchte auf, keine Computerstimme, die sagte, dass der Befehl nicht ausführbar war – kein gar nichts.“
Nur der ihn verwirrt anblickende Anthony D. DiNozzo Senior, der vermutlich gerade sehr am Verstand des Jüngeren zweifelte.
„Alles in Ordnung, mein Sohn?“, fragte er und Tim nickte: „Mir geht es gut, Sir. Lassen Sie uns reingehen.“
Sprachs, schritt durch die Tür und warf noch einmal einen Blick in Richtung der Aufzüge. Nein, Gibbs war nicht mehr da.
Vielleicht war es doch eine Halluzination?`
Vermutlich.
Sämtliche Gedanken waren wie weggeblasen, als er Jessica sah, die gerade Ziva umarmte und dann zu ihm herüberlächelte.
„Vergiss die Realität.“, grinste Hansen und trat auf die Frau – seine Frau – zu.

TBC
Kapitel 18.5

Schmerzen.
Daniel Jackson spürte tatsächlich Schmerzen. Silberhell, höllisch und so stark, dass er zwar versuchen konnte, sie zu ignorieren, er aber wusste, dass er nur scheitern konnte – und er konnte nicht anders… er musste lächeln. Wenn er wirklich Schmerzen verspürte, wenn er tatsächlich die Pein einer ausgekugelten Schulter verspürte… dann war dies real. Oder?
Zumindest war es so real, wie es sein konnte.
Und kaum, dass er diesen Gedanken gedacht hatte, konnte er sich nicht helfen. Er schüttelte den Kopf: „Was für ein Klischee.“
Ein Klischee, das nicht besser wurde, wenn er bedachte, wie häufig seine Schulter durch die Treffer, die das Föderationsraumschiff einsteckte, schlingerte, bockte und bebte.
Daniel Jackson stellte sich gerade vor, wie die DRAGONFLY flog – wie sie pfeilgleich vor dem floh, was sie gerade zu zerstören suchte. Vor seinem inneren Auge sah er, wie das majästetische Schiff der Intrepid- Klasse goldene Lichtstrahlen und Lichtkugeln spuckte und sich gegen den unbekannten Angreifer verteidigte.
„Feuere Phaser und Photonentorpedos ab“, schrie Jill Menacer, taktische Offizierin, gegen den Schlachtenlärm an, betätigte die dazu erforderlichen Schaltflächen auf der taktischen vorderen Konsole, warf dann einen Blicka uf einen, in selbige Konsole eingelassenen Bildschirm und rief: „FESTHALTEN!“.
Der Ruf kam keine Sekunde zu früh, denn von einem Moment auf den Nächsten bockte und buckelte das 344 Meter lange Schiff, sprühten Funken von der Decke, wurde die Dunkelheit der Brücke noch allumfassender. Licht fiel aus, nur die treuen, roten Lampen, welche „Alarmstufe Rot“ verkündeten, blieben erhalten.
Die Schulter des Anthropologen meldete sich mit silberhellen Schmerzimpulsen, die ihn stöhnen und mit den Zähnen knirschen ließen, ehe er die vertraute Hand Sams neben sich spürte, deren blau-graue Augen er trotz Mangelbeleuchtung immer noch gut erkennen konnte.
Und er wusste, was sie vorhatte.
„Tu, was du tun musst.“, keuchte er und erlaubte es sich, sich in ihren Augen zu verlieren, zu sehen, wie sie verzaubernd funkelten – zumindest bildete er sich das ein, denn sein Sinn für Realismus flüsterte ihm in diesem Moment böse zu, dass die Augen nicht verzaubernd funkelten, sondern – beinahe schon im Gegenteil – besorgt dreinblickten, als sie die Schulter ergriff und…
Daniel schloss die Augen.
Er war nicht hier.
Er war mit Sam am Strand von Hawaii, beide tranken Cocktails und die Hitze ließ ihre Körper in Schweiß glänzen, ohne, dass sie sich sportlich betätigt hätten. Einer der Tropfen, der sich in Sams kurzen Haaren bis zur Haarspitze vorgekämpft hatte, tropfte herunter, an ihren Augen, den Lippen und dem langen Hals entlang, vorbei an den vom Bikinioberteil verdeckten Brüsten, hinauf auf den durchtainierten Bauch, dessen Muskeln AAAAAAAAAAAAAAAAAARGH .
Hatte er tatsächlich geschrieen? Oder hatte er das nur gedacht?
Langsam, aber sicher kämpfte er sich durch die Wogen des Schmerzes, die durch sein Schultergelenk rasten. Er würde nicht aufgeben, würde nicht ohnmä…

Die Geräuschkulisse hatte einen Sprung.
Jackson wusste nicht, wie lange er tatsächlich ohnmächtig gewesen war, er wusste nur, dass es so gewesen sein musste, denn – wie schon gesagt – die Geräuschkulisse hatte einen Sprung. Das bedeutet, dass ihm von den Geräuschen, die ihn umgaben, den taktischen Berichten, die Jill von sich gab, ohne das irgendjemand zuzuhören schien, das beruhigend-einschläfernde „Shhhht, Daniel, es wird alles gut“ von Sam und das „Bericht, Carter?“ von O’Neill mindestens drei, wenn nicht gar fünf Silben fehlten.
Aber – das musste der Wissenschaftler zugeben – die Schmerzen waren weg. Nicht ganz, sie waren nur nicht mehr so prominent. Und, wenn er ehrlich war, konnte er sich momentan eigentlich keine bessere Position vorstellen können. Sam hatte seinen Kopf in ihren Schoß gebettet, streichelte ihm sanft das Haar – und eigentlich war er sich sicher, dass seine Frisur gerade ein ziemliches durcheinander war -  und er spürte ihre Wärme und Nähe und merkte, wie beruhigende Lethargie durch seine Muskeln floss, seine Arme schwerer werden ließ, genau wie seine Augen, wie eigentlich so ziemlich alles.
Am Liebsten würde er sich diesem Gefühl jetzt gleich hingeben, sich einfach fallen lassen und erst wieder aufwachen, wenn alles vorbei war und er auf der Krankenstation des Föderationsschiffes von Doktor Intrupper zurechtgemacht und zusammengeflickt wurde.
Und plötzlich war alles vorbei.
„Feind zieht sich zurück!“, meldete Jill, an niemand speziellen gewendet und Daniel hörte, wie er erleichtert aufatmete. Es war vorbei. Wer – oder was – auch immer sie da ärgern wollte, er – sie – es hatte das Interesse verloren und beschloss nun, sich anderen Gegnern zuzuwenden. Ihm konnte es egal sein. Sie waren nun auf dem Weg zurück zur Erde, der NCIS, der an Bord war, würde seinen Fall aufklären und er würde sich um die Beerdigung von Sam und…
Aber Sam und SG-1 waren gar nicht tot. Im Gegenteil, sie waren sehr lebendig und daher konnte er an die Zukunft denken, die er mit Sam geplant hatte. Vielleicht war es ein bischen zu sehr „Spießer“-Glück, was er sich vorstellte – Hund, Zaun, Kinder, Bäume (nicht zwangsläufig in der Reihenfolge)  -  aber Sam schien auch diesen Traum nach Normalität zu haben. Und irgendwie überraschte es Daniel wenig bis gar nicht. Wenn man einen gewissen Teil – nahezu ein Drittel seines Lebens – damit verbracht hatte, bösen, tyrannischen, Goa’Uld in den Allerwertesten zu treten, das Universum zu retten oder sonst irgendetwas Abgefahrenes zu tun, dann – ja, dann war das Spießerglück tatsächlich der willkommene Ausgleich. Und wenn er ehrlich war … warum auch nicht? Er konnte sich schon vorstellen, wie Sams 60 Jähriges Ich – in Ehren ergraut – mit ihm, der auch hier und da Falten hatte, auf der Terasse saß und den Enkelkindern beim Spielen zusah.
Und sie würden…

Dann hörte er die beiden Worte, die ihn elektrisierten. Jill Menacer sprach sie aus und sie zeugten von einer inneren Getriebenheit und Dringlichkeit.
„Captain? Commander?“

Daniels Kopf ruckte hoch.
Tatsächlich. Während des gesamten Gefechtes waren die beiden Kommandanten der DRAGONFLY ruhig geblieben. Gut, bei Cal war das sowieso kein großes Problem, der Mann hatte von taktischen Manövern keine Ahnung und hielt sich daher meistens im Hintergrund, dem schönen Sprichwort folgend: „Es ist besser, für einen Narren gehalten zu werden und zu schweigen, als den Mund aufzumachen und jeden Zweifel zu zerstreuen.“
Aber Agatha war in der Regel bereit, einzuspringen und war sogar eine gute Kombattantin. Von ihr nichts zu hören, war schon befremdlich.
Dann ging das Brückenlicht wieder an.
Cal und Agatha saßen nebeneinander und schienen sich nicht zu rühren. Aus irgendeinem Grund spürte, wie Daniels Herz zu pumpen begann, als er sich erhob und das Brückengeländer umrundete, das die hintere Sektion der Brücke, dort, wo bei Voyager Kim und Tuvok arbeiteten, von den Plätzen des Captains und des XO trennte. Langsam trat er die Stufen herunter und schluckte.
Die braunen Augen Cals starrten blicklos in die Ferne, in seiner Brust steckte ein Metallschrapnell, das wohl beim ersten Treffer heruntergekommen sein musste. Auch Agathas Augen waren in die Ferne gerichtet, vorbei an Alexander Strange, vorbei am Bildschirm, der – so stellte Daniel gerade fest – momentan kein Bild zeigte, sondern ein Gegrissel, wie man es sonst nur von Fernsehapparaten mit schlechtem Empfang kannte.Auch in ihrem Körper steckte Metall. Vermutlich hatten beide Offiziere weder gesehen, was da auf sie zu kam, noch hätten sie, wenn sie es gewusst hätten, eine Möglichkeit gehabt, ihrem Verderben zu entkommen.

„Daniel?“, hörte er die Stimme Sams und schluckte hart, als er in ihre blauen Augen blickte.
Er schlug die Lider nieder, schüttelte langsam und sachte den Kopf, ehe er sich an Jill Menacer wandte:
„Nimm bitte ins Logbuch auf, dass Captain Calvin Nathan Cat und Commander Agatha Silverbird im Einsatz gefallen sind.“
Jill blickte ihn an – wie vor den Kopf geschlagen – ehe sie ihren Kommunikator betätigte: „Gi… Gina?“
Daniel konnte hören, wie ihre Stimme brach.
‚Verständlich’ -  schoss es ihm durch den Kopf – ‚Cals Politik war ja darauf ausgelegt, Freunde und keine Mitarbeiter an Bord zu haben.’
Die samtene Stimme mit diesem leichten italienischen Unterton, die zu Gina Intrupper gehörte, meldete sich: „Jill? Alles in Ordnung? Was war das gerade, ich habe hier einen Haufen Verletzte.“
„Komm bitte sofort auf die Brücke. Wir haben hier zwei medizinische Notfälle.“, hauchte Jill und Daniel hatte das Gefühl, dass sie die Fassade der coolen Soldatin nicht mehr lange aufrecht erhalten würde können.
„Es wäre besser, wenn man mir die Beiden runterbeamen würde.“
Da hätte die Ärztin recht – wenn da noch etwas zu machen gewesen wäre. Das Problem war – Daniel erkannte leb- und blicklos in die Ferne starrende Augen, wenn er sie sah. Und auch, wenn es sich beiden beiden Toten um Agatha und Cal handelte, zwei Personen, die er sehr schätzte und sogar als Freunde erachtete, durfte er hier die Professionalität nicht schleifen lassen. Und ehe er wusste, was geschah, war Sam neben Jill, legte ihr tröstend einen Arm um die Schulter und sprach dann selbst: „Gina? Hier Carter. Wenn da noch etwas zu machen sein sollte, dann dürfen die Beiden nicht bewegt werden.“
„Gut, dann beamt mich auf die Brücke.“
Kurz hörte Daniel noch ein „Special Agent Gibbs, sie sind in Ordnung. Kümmern Sie sich um den Rest der Patienten.“, fragte sich dabei, wie Gibbs wohl mit der Nachricht, dass er jetzt als Krankenschwester Einsatz fand, klar kam und sah dann, im nächsten Moment die Umrisse Gina Intruppers in Säulen Energie materialisieren.
Als sie die beiden Leichen sah, weiteten sich kurz ihre Augen, Schock ergriff Besitz von ihr, dann atmete sie tief durch und nickte Daniel zu: „Wenn Sie mir bitte helfen wollen, Doktor Jackson?“
„Natürlich, Gina.“

SFDebris nennt es den „Magic Meetingroom“, also den „Magischen Besprechungsraum“, weil hier alle Analogien, die der geneigte Drehbuchautor gewillt ist, seinen Figuren in den Mund zu legen, zur Realität werden.
Sessel mit Zusatzpolstern sorgen für einen komfortablen Sitz und das Dekor ist – zumindest auf der Voyager – ziemlich spartanisch. Auf der DRAGONFLY sieht so manches ein wenig anders aus, in diesem Fall jedoch nicht. Und momentan wäre es auch eigentlich egal.
Daniel Jackson saß links von dem Platz am Kopfende des Tisches, dort, wo eigentlich Calvin Nathan Cat saß, und blickte zu der Person in der gelben Uniform der ausführenden Offiziere.
Jill Menacer seufzte, drehte sich zu Daniel und wollte etwas sagen, verstummte aber.
Der Anthropologe lächelte ihr aufmunternd zu, sah, wie sie einmal kurz durchatmete und dann einen Knopf an dem Panel, dass sich auf des Captains Seite des Tisches befindet, betätigte.
„Carter“, sagte sie, „Schaltung aufs Schiff.“
„Schaltung erfolgt.“
Die hübsche Blonde holte tief Luft und setzte an.
Daniel war klar, dass die nächsten Sätze schwer werden würden.
„An alle, hier spricht acting Captain Jillian Menacer.“
Vor dem inneren Auge des Anthropologen sah er, wie Crewmitglieder der DRAGONFLY verwirrt und überrascht ihre Tätigkeiten unterbrachen, innehielten, der eine oder andere vielleicht sagend „Jill? Was is aus dem Trottel geworden?“
„Um 14:55 Ortszeit wurde die DRAGONFLY von einem unbekannten Angreifer attackiert.“, leitete Jill ein, ehe sie tief Luft holte: „Im Zuge der Kampfhandlungen sind mehrere Offiziere verletzt und zwei Kommandooffiziere getötet worden.“
Erneut eine Pause, ehe Captain Menacer die folgenden Worte mit ihrer ihr typisch-militärischen Kaltschnäuzigkeit vortrug: „Die Gefallenen – Captain Calvin Nathan Cat, Commander Agatha Silverbird – werden in zwei Tagen, nachdem wir in unsere Zeit gereist sind, mit allen militärischen Ehren beigesetzt werden. Ich danke führ Ihre Aufmerksamkeit.“
Damit hieb sie auf den Knopf, den sie gerade eben noch gedrückt hatte, blickte zu Daniel und schluckte kurz, ehe sie sich ein Lächeln abrang: „Das… ging überraschend gut.“
Und er konnte sich ein zustimmendes Nicken nicht verkneifen.
TBC

CaptainCalvinCat

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Kapitel 19 – Rätsel noch und noch

Zu sagen, dass sie geschlafen hätte, wäre eine Lüge. Abigail Sciuto hielt sich seit sie diese verdammten Aufzeichnungen gesehen hatte, mit „CafPOW!“ wach, der Erfrischungsbrause mit einem hundertfachen Koffeeingehalt und dem so einprägsamen Markennamen. „Caf-POW!“ – die Koffeeinexplosion die so gewaltig war, dass sie das Ausrufezeichen hinter dem W durchaus rechtfertigte. Und zu denken, dass sie Charakterzüge mit Abdul Sulman oder wie auch immer der Typ hieß, der seinerzeit Ziva gefangen genommen und gefoltert hatte, drehte ihr den Magen um.
Ziva.
Seit einigen Stunden kreisten ihre Gedanken nur um ihr Team. Sicher, sie war die Forensikexpertin des gesamten NCIS-Hauptquartieres, aber das Major Crime Response Team, geleitet von Leroy Jethro Gibbs, das war IHR Team. Das waren die Leute, mit denen sie freundschaftliche (und bei einigen nicht nur freundschaftliche) Bande knüpfte, die Leute, die ihr besonders am Herzen lagen und die Leute die…
Abby seufzte.
Es war das Team, das vor knapp 8 Stunden in Dubai gefallen war.

Sie wusste, wie schnell sich manchmal Dinge ändern konnten – wie schnell der Tod jemanden aus ihrer Mitte riss. Abbys Gedanken rasten zu jenem schicksalhaften Tag, als Ari Haswari – der Schweinehund – dies an Catelynn ‚Kate’ Todd demonstriert hatte. Und Jahre später war der Tod von Paula Cassidy genau so überraschend wie grausam gewesen, ebenso der von Director Jenny Shepherd oder der erst kürzlich erlittene Verlust durch Mike Franks. Und wie häufig ihr durch den Kopf gegangen war: „Das ist es. Das ist die letzte Mission von Gibbs.“, wenn ihr Silberfuchs und sein Team, der ebenso kluge wie herzensgute Timothy McGee, die warmherzige, eiskalte, wunderschöne Killerin Ziva David und ihr Tiger, Tony DiNozzo Junior, sich auf den Weg machten, irgendwen zu stellen… und dennoch kamen sie immer wieder. Hin und wieder zwar mal ein einem etwas lädierten Zustand – sie erinnerte sich da an den Port to Port Killer, der Ziva in ein Hotelzimmer gelockt und dann von hinten bewusstlos geschlagen hatte (der feige Hund), oder an Gibbs, der bei einer Ermittlung beinahe in die Luft gesprengt worden war -  aber sie kamen wieder.

Und dann das.
Dann die Situation, der sie nie beiwohnen wollte und sich vermutlich doch nicht vergeben hätte, wenn sie sie verpasst hätte: Der Tod ihrer Freunde.
Mit dem Tod ist es sowieso so eine Sache -  besonders mit dem Tod von Freunden oder Verwandten. Man will ihn eigentlich nicht miterleben, wünscht sich, seine Liebsten doch so im Kopf zu behalten, wie man sie zuletzt gesehen hat – aber man hat doch ein unglaublich schlechtes Gewissen, wenn man sich diesen Anblick „aus purem Egoismus“, wie man dann geneigt ist, zu denken, „erspart“ hat. Aber man weiß natürlich, dass es irgendwann unvermeidbar ist, dass man sich mit diesem Thema auseinandersetzt und beschäftigt. So auch Abby.
Sie wusste eigentlich, dass es eine Frage der Zeit war, dass erneut ein Mitglied des NCIS-Teams Nummer 1 (geführt von Gibbs) fallen – sterben – nie wieder kehren würde.
Es war ihr bewusst und sie fürchtete sich jeden Tag davor.
Andererseits wusste sie auch, dass dies zu diesem Job gehörte und man nicht jeden Tag in Angst leben kann.
Aber wer hätte gedacht, dass es genau dieser Tag gewesen wäre?
Dieser Tag, an dem sowieso schon alles irgendwie merkwürdig war.

Es war doch eigentlich ganz harmlos losgegangen – eine MMS Doktor Daniel Jacksons hatte um Identifizierung einer fremden Frau gebeten und Abby hatte diesen Auftrag gerne ausgeführt. Den AFIS zu füttern, war etwas, dass sie gerne mal tat, damit dieses Programm „in der Übung blieb.“ Ja, sie wusste auch, dass es sich hierbei nur um ein Computerprogramm handelte, aber sie arbeitete lieber mit Menschen zusammen, als mit Maschinen. Aus diesem Grund nannte sie den Kasten, der die Meiste Arbeit erledigte auch gerne „Major Massenspektrometer“ – wobei man hierbei sagen muss: Eigentlich heißt Major im Deutschen ja nix anderes als „groß“, „gigantisch“, „gewaltig“, „Mehr“- wie in Mehrheit.
Also das große Massenspektrometer von Abby – respektive der „Major Massenspektrometer“ wurde genauso mit entsprechenden Proben gefüttert, vermenschlicht – also, wenn sie gerade Zeit hatte.
Und AFIS auf das – zugegebenermaßen – recht attraktive Gesicht einer Fremden anzusetzen und zu gucken, was dabei rauskam, war etwas, was …
Sie verwirrte.
Wieso wollte Daniel eigentlich etwas über eine Grundschullehrerin wissen?
Ab da begann der Tag, wirklich schräg zu werden – besonders als Direktor Vance hereinkam und Neuigkeiten über die Tatortverunreinigung an der Stone’schen „Crime Scene“ haben wollte.

Und dann hatte ein Anruf Gibbs die Sache noch komplizierter werden lassen – und dennoch wäre Abby froh, wenn es dabei geblieben wäre. Nein.
Über Sicherheitsaufzeichnungen hatte die hübsche Laborgoth gesehen, wie Gibbs erschossen worden war – und hatte auch den Schützen identifiziert. Doktor Daniel Jackson höchstselbst.
Was danach passiert war, wusste sie so genau gar nicht mehr. Die letzten paar Stunden waren wie in einem Rausch der Wut vorrübergegangen, sie hatte sich versucht, mit Schusswaffen auf dem Schießstand abzulenken –was daran gescheitert war, dass der Schießstand geschlossen hatte. Auch der Caf-POW!-Automat war nicht unbedingt in Spendierlaune, was ein Kunststück war, wenn man das Ding konstant leerkaufte – und der NCIS-eigene Starbucks hatte ebenfalls schon lange geschlossen.

Es war Nacht, das war ihr aufgefallen – und sie fühlte sich alleine. Und das, obwohl die Nachtschicht ihren Dienst tat. Abby schlich sich aus dem Labor und fuhr mit dem Aufzug zum Bullpen, dort, wo Gibbs und Konsorten gearbeitet hätten. Hier war momentan nicht viel los, die paar Agenten, die das Los der Nachtschicht gezogen hatten, nickten ihr kurz verwirrt zu, doch sie bekam das alles gar nicht mit und stand dann plötzlich in der Mitte des „Gibbs-Bereiches“ des Bullpens, also dort, wo McGee und Tony mit dem Rücken zur Treppe saßen, die nach oben führte und somit zum MTAC und dem Büro des Directors.
Sie blickte sich um – noch wusste niemand, dass die Inhaber der paar persönlichen Utensilien, die auf den Bürotischen des Gibbs-Teams standen und in McGees Fall sogar kreatives Chaos zeigten, nicht wieder kommen würden.
Kurz schluckte sie, merkte, wie ihre Unterlippe bebte, aber sie würde dem Drang, zu weinen nicht nachgeben. Stattdessen schloss sie die Augen, atmete tief durch und …


„Hey, Abby. Magst Du mein neues Spiel sehen?“

Die Angesprochene öffnete die Augen, konnte beinahe sehen, wie eine geisterhafte Erscheinung, quasi ein McGee in semitransparent, blauleuchtend, aus dem Aufzug geschwebt kam und ihr zulächelte.
Sie grinste.
„Nein, danke, Tim. Aber schön, dass Du wieder da bist.“

„Wo sollte ich sonst sein?
, fragte das Geisterwesen, schwebte neher und berührte mit seiner blau-semi-transparenten Hand das Tal zwischen ihren Brüsten: „Ich bin immer hier. In deinem Herzen.
„Mein Herz schlägt aber links.“, lächelte die hübsche Laborgoth und blinzelte rasch die Tränen weg, als aus dem Aufzug drei weitere Geistererscheinungen schwebten.
Transparentoptik-Gibbs blickte sie an, legte den Kopf schief und schien das Loch in seiner Brust gar nicht wahrzunehmen.
„Was machst Du hier eigentlich, Abby? Solltest Du nicht unten im Labor sein?“
„Das war soooooooooooooooooo typisch für Gibbs.“, schoss es der Forensikerin durch den Kopf, „Nicht mal im Tod kann er auf seine militärische ‚Time is money’-Art verzichten.“
Dann schaute sie ihn an, als er auf sie zugeschwebt kam und ihr einen Kuss auf die Stirn gab.

„Geh nach Hause, Abs. Es ist schon spät. Wir sind auch morgen noch hier.“

Sprachen die Geister, nahmen ihren Platz ein und – verschwanden.
Jetzt gab es kein Halten mehr.
Sie spürte die erste Träne, die ihre Wange herunterrann, atmete einmal keuchend ein und – verlor die Kontrolle. Sie kam erst wieder zu sich, als der Tag schon dämmerte und ein junger Mann sie anlächelte.
„Na, wieder bei uns?“
Jimmy Palmers ewig-optimistisches Lächeln schwebte vor ihr und sie hatte noch nie in ihrem Leben – respektive der Zeit, in der die Beiden beruflich miteinander zu tun gehabt hatten – so sehr den Wunsch verspürt, ihm dieses Lächeln aus dem Gesicht zu prügeln.
Aber sie würde es auch dieses mal nicht tun – so hoffte sie.

Leon Vance seufzte, als er den Telefonhörer sinken ließ.
Die letzten drei Stunden hatte er mit Dubai telefoniert, mit der amerikanischen Botschaft, der Polizei, der Verwaltung der Freezone – und immer wieder war er von Hinz nach Kunz weiterverbunden worden, immer wieder war die Antwort gewesen „Darüber kann ich keine Auskunft geben.“
Verdammt, war das denn so schwer?
Er warf einen Blick auf seinen Kalender -  Anfang November 2011. Gibbs Todesdatum war der 15.03.2045 – jene berühmten zweiten „Iden des März“. Waren die ersten „Iden des März“ mit dem Tod von Gaius Julius Cäsar untrennbar verknüpft, erinnert der 15.03.2045 an den großen Kampf bei Isny, einer Stadt im deutschen Allgäu, wo 2045 eine Sicherheitskonferenz stattfand. Jene Konferenz war Ziel eines Anschlags, den Gibbs in Überlebensverachtendem Heroismus vereitelte.
15.03.2045 – das war das Todesdatum Gibbs, das in Stein gemeißelt war.

Was ihn genauso frustrierte, war, dass auch er, der ein bekennender Fan des Spieles, das seit knapp 5000 Jahren den Titel „Spiel des Jahres“ abräumen müsste, war – nämlich „Bürokratie für Fortgeschrittene – Ein Spiel für 2 bis 45 Mitspieler“ – und daher auch wohl geübt in den gänigen Floskeln war, dennoch nicht die entsprechenden Schritte beschleunigen konnte, respektive niemanden fand, der sich „zuständig“ fühlte.
Niemand fühlte sich zuständig, niemand war gewillt, irgendwelche verbindlichen Aussagen zu machen und das Schlimmste war – er konnte die Behörden voll und ganz verstehen. Er würde es vermutlich auch nicht anders machen. Den Einzigen, den er einigermaßen verpflichten hatte können, war der Sicherheitschef der Freihandelszone gewesen und dieser hatte ihm lediglich Videoaufzeichnungen zukommen lassen können. Aber das war immerhin etwas.

Auch der Anruf bei General Landry vom Stargate Command, der seinen Sitz auf einem Sessel im Cheyenne Mountain Complex, in den Rocky Mountains bei Colorado Springs hatte, war – verständlicher weise – wenig berauschend verlaufen und war darin geendet, dass Landry in ein paar Stunden bei ihm auf der Matte stehen würde.
Erneut seufzte der dunkelhäutige Mann, erhob sich dann von seinem Sessel, trat auf die Zimmerbar zu und gönnte sich einen Schluck Whiskey, ehe er einen Blick auf das Poster warf, das einen Boxer zeigte.
„Auf Dich.“, sagte er, trank erneut einen Schluck und stellte das Glas wieder an seinen Platz. Er wandte sich um, trat auf die Tür zu seinem Vorzimmer zu und öffnete sie.
Cynthias Kopf ruckte hoch und er hatte das Gefühl, als habe er sie bei etwas gestört. Langsam legte er den Kopf schief, sie nickte ihm zu – ein Musterbeispiel an nonverbaler Kommunikation.
Glückliche Cynthia – sie wusste noch nichts von der Meldung, die gleich den gesamten NCIS lahmlegen würde.
„Director Vance?“, fragte sie und er schüttelte den Kopf: „Nicht weiter wichtig. Was lesen sie da?“
„Och, nur etwas aus der Klatschpresse.“, sagte sie und schloss das Fenster – doch Vance konnte noch drei Wörter entziffern: Wimbeldon, Indiana und Sydney.
Irgendwie regte sich eine Erinnerung in seinem Kopf, wischte sie aber weg. Es gab wesentlich Wichtigeres, dem man sich widmen musste.
Also blickte er die hübsche Sekretärin an, holte tief Luft und begann, ihr den Boden unter den Füßen fortzureißen.



Es tut weh.
Den Boden unter den Füßen fortgerissen zu bekommen, ist eine sehr schmerzhafte Angelegenheit.
Leon Vance blickte den Mann, der sich selbst Luther Sloane nannte, verblüfft an: „Könnten Sie das nochmal wiederholen?“
Und das tat der Angesprochene mit der Präzision und der Leidenschaftslosigkeit eines Computers.
„Sie,“ sagte er und deutete auf Fähnrich Vance, „Sie sind kein Nachfahre.“
Immer noch konnte sich der Sternenflottenfähnrich keinen Reim darauf machen und schüttelte den Kopf: „Das… das muss ein Mißverständnis sein.“
„Das ist keines.“, erläuterte Sloane und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, „Sehen Sie – wir haben Nachforschungen angestellt, haben die Leiche exhumiert und DNS-Analysen durchgeführt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Sie kein Nachfahre des Director Leon Vance vom NCIS sind, der im 21. Jahrhundert die Behörde leitete. Vielmehr…“
„Vielmehr bin ich dieser Vance?“, fragte der Mann in der Kadettenuniform und schüttelte erneut ungläubig den Kopf, ehe er Sloane anblickte: „Und was heißt das jetzt?“
„Das heißt, dass Sie Ihr Leben in die richtige Bahn lenken müssen. Deswegen fliegen wir zum Wächter der Ewigkeit.“
Vance schluckte.
Er war dieser Leon Vance, dessen Karriere er so inspirierend gefunden hatte – so sehr, dass er eine Bewerbung an den SCIS gesendet hatte, den „Starfleet Criminal Investigative Service“? Da stimmte doch etwas nicht. Das war doch eine enorme Verladung.
Oder?
Vance blickte zu seiner Frau Jackie, die gerade die Hände auf den Mund presste, als sei ihr entweder Übel geworden oder würde das Gefühl empfinden, einen lauten Freudenjauchzer unterdrücken zu wollen.
Auch Angelina und Thaddeus Stone schauten ihn verblüfft an und er blickte in die Runde: „Hey, ich hab nichts damit zu tun. Ich kann doch nicht wissen, dass ich tatsächlich dieser Vance bin.“
In der Tat klang das Ganze viel zu Abgehoben, als dass er sich darauf wirklich verlassen könnte. Schließlich hatte auch dieser Vance, dessen Rolle er jetzt vermutlich annähme, Eltern, Freunde aus Kindertagen, die ihn als Schwindler identifizieren könnten…
Es sei denn, die Sternenflotte würde eine Menge an Geld bezahlen – was Vance nicht großartig überraschen würde. Schließlich war Geld in der damaligen Form etwas, dass die Sternenflotte als „obsolet“ abtat.
Sowieso wurden Kontrolloffiziere mit aller größter Sorgfalt in die jeweilige Zeitebene eingewoben. Und dennoch – da konnte was nicht stimmen.

Und dennoch verließ er die Leroy Jethro Gibbs nicht und empfand sowas wie Neugierde, als das Schiff der Constitution-Klasse immer weiter der Welt des Wächters entgegenstrebte. Wie würde es im 21. Jahrhundert wohl sein?



Dieser Gedanke – diese grenzenlose Naivität – nervte Leon Vance heute nur noch. Damals, als er mit der Gibbs gen Ewigkeitsplanet gestrebt war, hatte er gedacht, er könne alles erreichen – und heute?
Heute reichte er der Frau, die seine Sekretärin war, ein Taschentuch, damit sie ihre Trauer daran ablassen konnte. Aber er würde dafür sorgen, dass das, was auch immer da unten in Dubai geschehen war, aufgeklärt würde – das schwor sich Vance bei den Tränen Cynthias – und wenn er dabei draufging.

Es ist eine Sache, einen Fall zu lösen, wenn man ein komplettes Team zur Seite stehen hat. Sicher – es gab Momente, das wollte Gibbs auch gar nicht beschönigen, in denen einem die Teamkameraden mehr nervten, als das sie ihm halfen. Beispielsweise, wenn McGee anfing, von irgendwelchem Technokram zu erzählen, den er zwar soweit verstand, als das er den Kontext kapierte, aber wenn es dann ans Detailwissen ging, scheitern musste. Zugegeben, er sah sich noch lange nicht beim vielzitierten „Alten Eisen“, aber er musste zugeben, dass er vermutlich nicht mehr in der Lage wäre, einen so komplizierten Vortrag, wie Tim McGee ihn gerne einmal hielt, in seiner Gänze zu verstehen. Wie gesagt – die Kurzfassung, sicherlich, den groben Handlungsabriss, auf jeden Fall, aber die technischen Details – auf keinen Fall.

Nichts desto trotz wünschte er sich gerade hier und jetzt eher diese Ablenkung, einen Tim McGee, der ihm irgendeinen Computerschwachsinn erzählte, als sich durch diese Akten zu wühlen, die ihm Robert Makepeace gebracht hatte.
Oh, er würde sein bestes tun, um den Fall des Colonels von allen Seiten zu beleuchten und er würde sich garantiert nicht voreingenommen präsentieren. Wenn man ehrlich war – was wusste man (und ganz besonders er: Jethro) schon über das Team SG-1?

Er hatte mit ihnen genau einen Einsatz absolviert und hatte sie eigentlich als sympathisch befunden – allerdings: So sehr er auch seinem Bauchgefühl vertraute, konnte er auch die Anklägerseite nicht einfach abbürsten und sagen: „Das ist alles gelogen.“
Nein, sowas musste ganz präzise und genau durchgearbeitet werden.

„Ich brauche mein Team.“
Das war der erste Satz, den Gibbs seit den letzten Stunden von sich gegeben hatte und seine Stimme klang rau.
Die Antwort Makepeaces war ihm irgendwie klar gewesen – sein Team war nicht da, konnte nicht aufgetrieben werden. Irgendwie ließ dies Gibbs Herz schneller schlagen, bedeutete dies nämlich, dass einige Mitglieder seines Teams noch am Leben waren. Wenn er in diese Gleichung einbezog, dass er selbst auch angeschossen worden war und den Treffer genau in die Brust gespürt hatte – dann war vielleicht auch McGee, den er gedanklich schon abgeschrieben hatte, ebenfalls nicht tot? Aber wer wusste das schon? Er sicher nicht, denn er hatte ja noch nicht einmal eine Idee, was mit ihm passiert war.
„Haut ziemlich rein, oder?“, lächelte Makepeace in diesem Moment und blickte ihn an. Verdammt, hatte der Colonel einen Einblick in seine Gefühlswelt erhalten? Hatte er seine Maske sinken lassen?
Jetzt galt es, den Ahnungslosen zu spielen.
„Bitte?“, fragte er daher und Makepeaces Lächeln wurde eine Spur breiter: „Sie fragen sich sicherlich, wieso sie nicht tot sind, oder?“
„Ich sehe Ihnen an, dass Sie das umtreibt.“, grinste Makepeace und räusperte sich: „Des Rätsels Lösung heißt Intar. Es ist ein Kristall, der jede Waffe immitieren kann und der das Opfer entweder verwirrt oder für Stunden ausser Gefecht setzt.“
‚Interessant’, dachte sich Gibbs, ‚Vielleicht sollte man das mal Vance vorschlagen, wenn es mal wieder an einen simulierten Einbruch geht.’
Erinnerungen an die Sache vor zwei Jahren quollen in ihm empor – damals hatten sie eine undichte Stelle im NCIS finden müssen, einen Maulwurf und hatten zuvor einen Einbruch in eine Sicherheitseinrichtung inszeniert. Es wäre sehr interessant gewesen, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn die Sicherheitskräfte …
Er stockte innerlich und schüttelte den Kopf.
Darum ging es hier doch gar nicht. Und dennoch konnte er sich nicht helfen – sein Herz schlug schneller. Wenn McGee noch lebte, befand er sich vielleicht auch irgendwo hier, in diesem Gebäude, wo auch immer er war. Und vielleicht konnten sie alle hier rausspazieren, wenn… ja, wenn er Makepeace dazu bewegen konnte, ihm sein Team zur Verfügung zu stellen.

Also tat er etwas, das er normalerweise nie tat.
Er wiederholte ein Anliegen.
„Um diesen Fall lösen zu können, brauche ich mein Team.“
Makepeace blickte ihn an: „Ich habe Ihnen gerade schon gesagt, dass Ihr Team nicht zur Verfügung steht.“
Der Satz war mit einer dermaßenen Ehrlichkeit dahingesagt, dass Gibbs sich fragte, ob der Colonel ihm nicht tatsächlich die Wahrheit sagte. Vielleicht war sein Team entkommen? Das wäre natürlich die Beste aller Möglichkeiten.
Wenn sein Team nicht hier war, wenn sie geflohen waren, wenn Ziva und Tony sich totgestellt und dann McGee und Jessica Hansen mitgenommen hätten, dann waren sie jetzt auf dem Weg nach Dubai und von dort aus war es doch nur ein Katzensprung nach Washington. Schließlich stand die von Tonys Dad gemietete Maschine immer noch dort und war vermutlich sofort bereit, zu starten.
Rasch machte Gibbs einen gedanklichen Überschlag. Ein Flug nach Washington – wie lange mochte er dauern? 12 Stunden? 20? Einen Tag? Dann wäre sein Team aber in Sicherheit und konnte in Washington agieren und diesem Ort – wo auch immer er sich befand – die Hölle heiß machen.
Er musste eigentlich nur einen oder zwei Tage aushalten. Das war zu schaffen. Im Irak hatte er weit länger im Schützengraben gelegen, hatte sich mit entsprechenden Medikamenten aufgeputscht, hatte sich – wenn gar nichts mehr ging – mit dem Gedanken an seine Familie, die zu Hause auf ihn wartete, wach und am Leben gehalten – da würde er doch zwei Tage in der Gesellschaft Makepeaces aushalten. Zumal Ziva David, damals, als sie in Saleem Igor Ulmans Gefangenschaft war, weit aus mehr ausgehalten hatte.

Vermutlich würden sich Gibbs und Ziva in Bälde genauer über solche Unterhaltungen austauschen können, wenngleich er bei Makepeace weniger das Gefühl hatte, dass er ihm bei einer Antwort, die ihm nicht passte, eine Kugel in den Kopf jagen würde.
Wobei – wer wusste es schon?
Erneut seufzte der Senior Special Agent und warf einen Blick auf die Akte.
„ Colonel Harry Mayborne ”, las er und runzelte die Stirn. Er hatte diesen Namen irgendwo schon einmal gehört, konnte ihn aber nicht zuordnen. Er überflog die Schriftstücke mit seinen blauen Augen, blätterte in anderen Akten nach und erinnerte sich daran, wie Maybourne ihn mit den Worten „Sie kommen hier eh nicht raus“ losgemacht hatte. Und Gibbs war viel zu klug, um es tatsächlich auszuprobieren… zumindest jetzt.
Nun blickte er zu Makepeace: „Was soll ich jetzt beweisen?“
„Beweisen Sie, dass ich einzig und allein zum Wohle der Erde gehandelt habe. Sie haben die Unterlagen, sie sind ein schlauer Fuchs, Sie können das.“
Ein sarkastisches „Oh, ja aber sicher“ konnte sich Gibbs verkneifen, doch er wusste, dass diese Überlegung, dass Makepeace tatsächlich unschuldig war, nicht unbedingt auf solidem Fundament stand. Wie würde der Colonel wohl reagieren, wenn er ihn nicht entlasten konnte?
Gibbs wusste es nicht – aber er wusste, dass es vermutlich kein anderes Urteil als einen Schuldspruch geben konnte. Sein Bauchgefühl riet ihm da zur Vorsicht.

Und so widmete sich Gibbs wieder den Akten.

In jedem Horrorfilm gibt es diese oder eine ähnliche Szene. Die Guten, von denen man sich schon von mindestens 50 % der Gruppe verabschieden kann und davon ausgeht, dass sie als „Monsterfutter“ enden werden, sind in einem Raum, es gibt kein Entkommen, zwei Türen, eine führt in den sicheren Tod und die andere – vermeintlich – in Sicherheit. Eigentlich ist es dann gar nicht so schwer, sich zu entscheiden, welche Tür man nehmen soll. Das ganze wird dadurch mehr als nur relativiert, dass es an der Tür beginnt, zu klopfen. Nicht sanft, nicht vorsichtig, sondern mit voller Wucht. BAMM! .

Im Kinosaal sind sicherlich hier und da ein paar erschrockene Laute erschrockener Leute zu hören und einige Jungs legen in Demonstration ihrer beschützenden Männlichkeit ihre Arme um das zarte Geschlecht neben ihnen, dass gerade gekeucht hat. Und dann gibt es zwei Möglichkeiten, nämlich einmal dass sich das Mädchen lächelnd in die Arme des sie beschützenden Mannes kuschelt und daraus eine Romanze entsteht, aus der später Opern und Arien geschmiedet worden wären, wenn – ja, wenn – man über so was überhaupt eine Oper machen könnte.
Die andere Möglichkeit ist die, dass das Mädchen sich losmacht und den Typen anschaut, als wolle sie sagen „Behalt mal schön deine Griffel bei dir.“
Es gibt natürlich auch noch die andere Spielweise, nämlich die, dass sich der Typ schutzsuchend in die Arme der Frau begibt.

Im Fall von Tony und Ziva ergab sich bei dieser Situation nur ein Problem. Dies war kein Film.
Sie waren in einer kleinen Schachtel von Raum gefangen, einer Luftschleuse eines Föderationsraumschiffes, der eine Ausgang führte in den sicheren Tod durch Ertrinken und der andere Ausgang hätte durch eine Explosion eines Sauerstofftankes freigelegt werden sollen, was er aber nicht tat. Dafür klopfte es. Laut, mit voller Wucht.
Bamm .
Und im Gegensatz zum Horrorfilm waren sich die beiden NCIS-Agenten noch nicht einmal sicher, ob auf der anderen Seite überhaupt ein menschenfressendes Monstrum auf sie wartete. Vielleicht war es ein Mitglied der Crew, das in einer Art „Transporterstasis“ gesteckt hatte? Wenn ja – wieso machte es sich nicht daran, die Lebenserhaltung wieder zu aktivieren?
Wenn nein – wer oder was war es dann?
Konnte es sich dabei vielleicht um etwas handeln, was die Crew von ihrem letzten Abenteuer mitgebracht hatte? In Tony DiNozzos Hirn schaltete sich sofort die „Filmreferenzdatenbank“ ein – und er konnte sich nicht helfen, er sah vor seinem inneren Auge auf der anderen Türseite McCready von „Das Ding“, der gegen die Tür hämmerte und dauernd „Watch the skies“ rief. 
Und gerade, als er beruhigend und beschützend einen Arm um Ziva legen wollte, stellte er fest, dass sie nicht mehr da war – stattdessen ging sie langsam und vorsichtig und wie in Trance auf die Tür zu.
„H… hey, Ziva.“, brachte der Halbitaliener hervor, „Mach keine Dummheiten, wir wissen nicht, wer da…“
Diesem spontanen Ausbruch an tatsächlicher Gedankenarbeit begegnete die Israelin mit einem scharfen, verärgerten „Shhh“ und entsprechenden Handbewegungen. Er wollte noch etwas anderes sagen, da hatte Ziva die Tür erreicht und presste ihr Ohr lauschend an sie.

„Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand.“
Ziva kannte das Sprichwort, auch wenn sie es momentan eher mit der Stimme von Tony hörte und in Gedanken den Satz mit „Da es aber eine Tür ist, an der ich lausche, ist dieser Kommentar hinfällig“ ergänzte. Interessant war jedoch, dass sie etwas gehört hatte. Geräusche, genauer gesagt, Worte. Noch genauer gesagt – ein Gespräch zweier Frauen, die gerade über sie diskutierten.
 „Was tust Du da?“, fragte die eine Frauenstimme, die einen eher amerikanischen Dialekt hatte, ihr aber irgendwoher bekannt vorkam. Gleiches galt für die Frau, der die Stimme gehörte, die sich nun mit  „Wonach siehts aus? Ich helfe“ zu Wort meldete und dabei einen sehr schön ausgeprägten, deutlichen britischen Akzent verwendete, der vermutlich irgendwo aus der Nähe von London kam. Und auch diesen Akzent hatte sie schon einmal gehört und sie wollte verdammt sein, wenn es sich hierbei tatsächlich um…
„Du weißt doch gar nicht, wer da hinter der Tür ist.“, stritt die Amerikanerin weiter, wurde aber von der Frau aus London mit einem  „Sie sind hier draußen auf jeden Fall besser dran“ auf die Notlage Tony und Zivas hingewiesen.
„JA!“, rief Ziva und hieb gegen die Tür, „Wir sind HIER DRIN!“
„Ziva?“
Die Israeli konnte bei beiden Frauen, die die Frage zur selben Zeit und im selben Duktus gestellt hatten, deutliche Überraschung feststellen und nickte befriedigt, als sie hörte, wie der „Dialog-im-selben-Duktus“ weiterging.
„Du kennst Sie auch?“
„Ich war mal in Israel.“
„Wer war da nicht?“
„Stimmt auch wieder.“
Warum der Autor hier keine Hinweise gibt, wer welchen Satz von sich gab? Es macht keinen Unterschied, beide Frauen, die Amerikanerin und die Britin verwendeten dieselben Wörter, denselben Duktus und sprachen die Wörter nur Millisekunden hintereinander aus.
„Könntet Ihr euch später darüber unterhalten, woher ihr mich kennt und uns rausholen?“, fragte nun Ziva und in diesem Moment merkte selbst sie, dass ihr israelisch-gefärbter Dialekt gerade starke Oberhand gewann.
Tony räusperte sich: „Kennst Du die beiden?“
Oh stimmt. Der Halbitaliener war ja auch noch da.
Mit einem „Mach dich auf eine große Überraschung gefasst“ wandte sich Ziva um und zuckte nicht einmal zusammen, als etwas mit großer Wucht und großer kinetischer Energie in die Fuge zwischen den beiden Schotten, die Ziva und Tony von dem Korridor, dessen hörbare Aktivitäten ein gewisses Maß an „Mehr Sauerstoff“ versprachen, trennten.

Und Ziva hatte nicht untertrieben, wie Tony in diesem Moment herausfand. Von draußen ertönten Geräusche körperlicher Anstrengung, ein „FESTER“ in britischem Akzent und ein „Ich geb mein Bestes“ –ebenfalls in britischem Akzent, allerdings mit leicht amerikanischer Stimmeinfärbung – und dann glitt das Schott einige Zentimeter weit auseinander. Sofort geschahen zwei Dinge. Erstens hatte der Halbitaliener das Gefühl, dass frischer Sauerstoff – einer Welle gleich – in den Raum schwappte, was vielleicht gar nicht so abwegig war und auf seine Sinne eine nahezu belebende Wirkung hatte, zweitens konnte er sehen, wie sich durch diesen Spalt Arme streckten und sich anstrengten das Schott aufzustemmen.
Es war nur eine Frage von Sekunden, ehe auch Ziva, sowie Tony an der Tür waren und ebenfalls ihre ganze Kraft in das Öffnen des Schottes investierten.
Es gelang – allerdings mühsam und Milimeter für Milimeter. Mindestens einmal sah sich Tony schon von den wieder zuschnappenden Schotten enthauptet, sein Kopf mit entsetzt-blicklosen Geleekugeln, die früher einmal seine Augen waren, über den Boden kullernd, als wäre er ein Nebendarsteller bei dieser unsäglichen Final-Destination-Reihe.
Es war schon keine Kleinigkeit, sich mit dem ganzen Körpergewicht gegen Schotten aus Duraplast oder Durastahl oder was auch immer anzustemmen und mehr als einmal verfluchte er sich dafür, diesen Tripp gemacht zu haben. Vielleicht hätte er lieber mit dieser Brünetten, die er im Hubschrauber gesehen hatte, im Computerraum des Komplexes bleiben sollen und hätte darauf bestanden, dass McGee und Ziva den Tauchgang machen. Schließlich konnte Probie die Übung brauchen, er…
Probie.
In seinem Inneren verkrampfte er sich. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor und dennoch …
„Agent am Boden.“
Dieser Satz drang durch sein Schmerzvernebeltes Hirn und er fragte sich, wie er diesen Satz überhaupt hören konnte. Seine letzte Erinnerung betraf sich selbst, wie er mit einem – wie er fand – formvollendeten Kopfsprung ins Wasser eingetaucht war und wie plötzlich Kugeln anfingen, um sie herum ins Wasser einzudringen.

Er hatte sich wie einer der Helden aus einem Film gefühlt – eventuell True Lies, mit Arnold Schwarzenegger, einem der besseren Filme aus dessen Oevre, wie er auf der Flucht vor der arabischen Terroristengruppe Crimson Jihad ins Wasser vor den Florida Keys tauchte und unter Beschuss genommen wurde.
Innerlich hatte Tony nur mit dem Kopf schütteln können. In den 90ern waren arabische Terroristen noch etwas gewesen, worüber man sich lustig machen konnte. Haha, der Handlanger des Anführers war nicht in der Lage vorher zu checken, ob der Camcorder – allein schon der Camcorder war damals noch ein lächerlich-großes Ding gewesen – überhaupt noch genügend Akkuleistung hatte. In den 90ern, knapp nach dem kalten Krieg, war das alles kein Problem gewesen. Und heute? Er erinnerte sich daran, dass Gibbs erzählt hatte, wie er sich übergeben hatte, nachdem Mike Franks ihm…
Konzentrier dich, Tony! “, war es ihm durch den Kopf geschossen und er hatte sich für den Bruchteil einer Sekunde als den strahlenden Helden gesehen, der zusammen mit seiner wunderschönen Kriegerprinzessin hinunter zum Schatz taucht, um ihn zu…
SCHMERZ
Schmerzen waren in seinem Rücken explodiert, silberhell und alles verzehrend und…

„Agent am Boden.“
Gesprochen mit der Stimme von Leroy Jethro Gibbs.
Tony glaubte, hören zu können, wie die Stimme seines Anführers – des Silberfuchses, den eigentlich so schnell nichts anficht – zitterte: „Ich wiederhole: Agent am Boden. Tim…“
Kurz machte Gibbs eine Pause, holte tief Luft und schien sich sammeln zu müssen, ehe er die fatalen Worte sagte: „Tim ist tot.“

Verdammt“, schoss es Tony durch den Kopf, ehe er bemerkte, dass die Welt um ihn herum immer dunkler wurde, „Nicht Tim.
Nicht die Person, die er als seinen kleinen Bruder, den er nie hatte, erachtete. Den Tod Kates und Paulas hatte er schon schwer verwunden, ebenso den Tod Jenny Shepherds oder den vermeintlichen Tod Zivas, als sie …

Nein , schoss es DiNozzo in der Jetztzeit durch den Kopf, denk nicht dran.

Die Tür war offen.
Tony atmete tief durch und reichte den Helferinnen die Hand: „Danke, dass Sie uns geholfen haben.“
Dann stockte er, wandte sich an Ziva und deutete, mit einem Kopfnicken, auf die beiden Frauen, die sich gerade den Schweiß von der Stirn wischten: „Sind das…“
Ziva nickte, als die Frau mit dem deutlich britischeren Akzent Tonys Hand ergriff, sie angemessen fest drückte und sagte: „Sie sind der Sohn von Anthony D. DiNozzo Senior? Freut mich Sie kennen zu lernen. Einige der Expeditionen meines Vaters und auch einige von meinen wurden durch ihn finanziert.“
Tony schluckte. Dad kannte Lara Croft?

Tim konnte nicht verhindern, dass er sich in den schönen Augen seiner Frau verlor.
Frau. “, schoss es ihm durch den Kopf und erst jetzt, wo er einen Blick auf die Gäste warf, die da in dem Saal platz genommen hatten, konnte er es endlich, wirklich selbst fassen.
Er war verheiratet. Verheiratet mit einer wunderschönen Frau, deren weißes Kleid ihr wie eine zweite Haut stand. McGee – Hanson konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Wie sollte es auch sonst sein? Natürlich stand ihr jede Kleidung wie eine zweite Haut – dies war eine brünette Seven of Nine.
Und gerade, als er diesen Gedanken gedacht hatte, erfassten seine Augen an einem der Gästetische eine Bewegung, erhob sich dort eine Frau, die tatsächlich Seven of Nine sein könnte. Es traf alles zu, die Größe, die Augen, die Haare – und sie kam auf ihn zu.
Die Bewegungen präzise, knapp, beinahe schon militärisch, erreichte sie ihn, umarmte ihn und flüsterte ein: „Verletz meine Schwester und du wirst große Schmerzen erleiden dürfen.“
Überrascht machte sich McGee los, sah in die blauen Augen von Seven und bemerkte, wie der Schalk in ihnen funkelte. Ihre steinerne Miene verzog sich zu einem Lächeln, erneut umarmte sie ihn und sagte lauter: „Willkommen in der Familie, Timmy.“

Offenbar musste er genau so verwirrt ausgesehen haben, wie er sich fühlte, denn plötzlich stand Jessica neben ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter und blickte kurz zu Seven herüber, ehe sie sich Tim widmete: „Das ist meine Zwillingsschwester.“
Diese machte einen formvollendeten Knicks – wieso eigentlich, man war doch nicht bei Königins – neigte ihren Kopf leicht nach vorne und sagte dann: „Annika Hansen.“
„Annika?“, fragte Tim und er konnte sehen, wie sie mit den Augen rollte: „Ja – genau. Und nein, du brauchst dich nicht zu genieren, dass Dir der Gedanke durch den Kopf gegangen ist – ich kenn die Witze. Ja, ich weiß, ich sehe aus und heiße wie Seven of Nine. Widerstand ist zwecklos.“
Ein humorloses Lächeln erschien auf ihren vollen Lippen, als sie ein trockenes „Ha ha ha“ von sich gab.
Dann ließ sie sich auf den Stuhl nieder, von dem sie sich gerade eben erst erhoben hatte und nahm einen Schluck Wein, ehe sie sich wieder an Tim und Jessica wandte und dem Bräutigam ihrer Schwester ins Gesicht blickte.
„Hey“, sagte sie, mit einem diesmal-ehrlichen Lächeln auf den Lippen, „Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben. Ich nehm dir das nicht übel, es ist nur – ich hab diesen Satz seit meinen Uni-Zeiten gehört. Irgendwann ist es einfach nicht mehr witzig.“
„Dabei hat sie sich zur Comic-Con immer gerne als Seven verkleidet.“, grinste nun Jessica, was ihr ein „Jetzt fang nicht damit an“ von Annika bescherte.
„Jaja.“, machte die brünette Seven und hob entschuldigend, wenn auch mit einem leicht-ironischen Grinsen die Hände:  „Ich sag ja schon nichts mehr.“
Beide Hansen-Zwillinge zwinkerten einander zu, die gute Laune deutlich sichtbar, als Tim plötzlich von etwas angesprungen wurde.
Mit einem „UFF!“ stellte er fest, dass er geschätzte 50 Kilo weißgekleideter Laborgoth in den Händen hielt.
50 Kilo lächelnde Laborgoth, die einen Ring vor seinen Augen hin und her schwenkte.
„Hier, schau dir das an.“, grinste sie, „er hat mir heute einen Neuen gekauft.“
Irgendwie konnte sich Tim ein Lächeln nicht verkneifen. Das war so typisch Abby – das hier jemand gerade seine Hochzeit feierte? Egal. Dass der Bräutigam selbst von der Sache extrem überrascht war? Auch egal.
Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe er sie anlächelte und dann den Ring genauer betrachtete.
„Hey, der ist wirklich schick.“, stellte er fest und reichte den zierlichen Goldring, der mit einem blauen Stein – Tim musste gar nicht groß überlegen, es war sicherlich Zirkon – bestückt war, an Jessica weiter: „Schick, nicht wahr?“
Seine bessere Hälfte strahlte: „Ja – aber der hier ist auch schön.“
Damit hielt sie ihm ihre ringbesetzte Hand hin, die er betrachtete und für sich feststellte, dass er sich so einen Geschmack gar nicht zugetraut hatte.
„Ich muss dir noch danken“, meinte Abby neben ihm und wandte sich nun Jessica zu: „Dass Du mit Rudi gesprochen hast.“
Tim warf ihr einen Blick zu: „Wer ist Rudi?“
„Eigentlich heißt der Rudiger“, sagte die hübsche Laborgoth mit einem ihrer häufigen, strahlenden Lächeln und begann immer schneller zu sprechen, wie eigentlich immer, wenn sie sich für etwas interessierte. Es war für den Romancier immer wieder ein Faszinosum, dass diese Frau es schaffte, Fakten in einer Geschwindigkeit abzuspuhlen, die selbst Scott Speed – der us-amerikanische NASCAR-Fahrer nicht mehr einholen konnte und bei denen Sebastian Vettel aus dem Formel-1-Rennzirkus ebenfalls nur noch die Flagge streichen konnte.
„Noch eigentlicher heißt Rudiger Rudiger“, sagte sie, stockte und schüttelte den Kopf, ehe sie versuchte, sich der Tücken des Objektes anzunehmen. „Rüdiger“, korrigierte sie sich, pausierte und grinste: „Das Ü ist ein Umlaut. Auf jeden Fall ist er ein deutscher Beamter und hat gleich mal seine ganzen Freunde aus seiner Wirkungsstätte eingeladen. Wenn Du willst, stell ich sie dir vor.“

„Was?“, schoss es Tim durch den Kopf, „Aber… ich weiß nicht, wann ich aus diesem Traum aufwache. Ich möchte mich jetzt noch mit Jessica glücklich fühlen.“
Seine Frau schien das zu bemerken, küsste ihn auf die Wange und nickte Abby zu: „Natürlich möchte er die Freunde deines Mannes kennenlernen.“
Und ehe er eine Möglichkeit hatte, sich großartig Gehör zu verschaffen, dass er genau das eigentlich gar nicht wollte, hatte ihn Abby schon mitgezogen und stand dann vor einem Tisch, an dem vier Personen saßen und sich die Umgebung besahen.

Nicht sonderlich ungewohnt war es, dass Tim, kaum, dass er in den Wahrnehmungsbereich der Vier gekommen war, unterschiedliche Reaktionen erntete. Ein Mann, der knapp 35 sein mochte, richtete sich auf, trat cool – fast schon zu cool – auf den Romancier zu, sagte ein knappes „Hi“ und hielt die Hand hoch, als warte er darauf, dass Tim ihn „abklatschte“. Und da er keine Anstalten machte, die Hand herunter zu nehmen, oder aufzuhören, den Mund sperrangelweit offen zu halten und sich das vermutlich erst dann ändern würde, wenn Tim ihm den Gefallen tat, ergab er sich seufzend in sein Schicksal und schlug mit seiner Handinnenfläche gegen die des 35-Jährigen.
„Ich bin Rüdiger.“, sagte sein Gegenüber und kaute auf etwas herum, was Tim erst jetzt als Kaugummi identifizieren konnte.
Der Romancier konnte sich ein inneres Augenrollen nicht verkneifen – naja, jede Hochzeit hatte ihren Vollprimaten, der darauf bestand, sich zu genau selbigem zu machen, das war anscheinend ihrer.
Irgendwie schienen das auch die drei Anderen zu finden, die mit ihm zu sprechen begannen – auf Deutsch – ehe sie sich an ihn, Tim, wendeten.
Der Älteste der deutschen Runde – er mochte um die 50 sein – erhob sich und der Romancier konnte sich des Gedankens nicht erwehren, dass dieser Typ wohl einen Stock derart tief im Allerwertesten stecken hatte, dass dieser zu einem zweiten Rückgrat mutiert war.
„Hallo“, sagte er in unbeholfenem Englisch: „Ich bin Hagen Krause, der Leiter des – des…“
Er blickte zu einer der beiden Frauen herüber, die ihn ansah, als würde sie am liebsten im Boden versinken: „Ulla, was heißt Bauamt auf englisch?“
„Planning department and building control center.“, warf die Frau links neben der “Ulla” genannten ein, was den Mann, der sich selbst Hagen nannte, zu einem Augenrollen und zu einem Blick hinreißen lies, den Tim nur allzugut vom Empfängerende her kannte.
Der Gedanke „Klugscheißer“ erschien sicherlich gerade in Hagens Hirn, ehe er ein „Ist ja gut, Fräulein Schäfer!“ von sich gab, was diese mit einem genervt klingenden „Frau Schäfer!“ kommentierte.
Und interessanterweise war es gerade der kaugummikauende Mann, dem Tim aus irgendeinem Grund instinktiv gewillt war, nicht allzuviel IQ zu attestieren, der zu seinen Kollegen blickte und einen Satz von sich gab, dessen Wortwahl Hansen – so langsam aber sicher gewöhnte er sich daran, von sich als „Timothy Hansen“ zu denken – nicht ganz verstand, wohl aber dessen Intention:  „Hey, Hagen, Nadja, streitet euch nicht. Wir sind hier bei Tims Hochzeit!
Die Frau, die Hagen „Fraulein Schafer“ genannt hatte – ja, Tim hatte selbst gedanklich Probleme mit dem Umlaut und fragte sich was erstens ein Schafer oder Schaefer sein sollte und zweitens wie Abby damit zurecht kam – richtete sich auf und lächelte. „Ich bin Nadja Schäfer“, stellte sie sich in einem Englisch vor, das beinahe perfekt und akzentfrei war, ehe sie auf ihre Kollegin deutete, die ihm, Tim, kurz zuwinkte: „Das ist Ulla Herbst – Herbst wie in „Autumn“ oder „Fall.“
„Was hast Du da gerade gesagt?“
Offenbar begehrte die Frau, die Nadja Schaefer gerade Ulla Autumn genannt hatte, zu wissen, was ihre Kollegin gerade gesagt hatte und …

Dann tippte jemand auf seine Schulter.
Tim drehte sich um und erstarrte.
Was tat er denn hier?
Was tat dieser Mann hier? Von allen, die er hier jemals zu sehen gedacht hatte, war es ausgerechnet sein Onkel, der ihn hier überraschen wollte.
„Ausgerechnet sein Onkel“ war gut. Der Mann, der das schwarze Schaf der Familie war – und der Mann, der offenbar irgendwie dafür verantwortlich war, dass er – Tim -  mit dem Schreiben anfing. Er erinnerte sich daran, wie er ihn besucht hatte, damals, in den Achtzigern. Sein Onkel war damals schon als „komischer Kauz“ verschrien, der seine journalistische Karriere in den Orkus gegeben hatte, nachdem er – wie er selbst sagte – etwas gesehen hatte, was nicht wahr sein durfte.
Tim hatte ihn damals, als er sechs Jahre alt war, die Geschichte erzählen lassen und erinnerte sich nicht ohne eine gewisse Gänsehaut daran. Aber die Sache war so abgefahren – kein Wunder, dass man ihm nicht glaubte.
Ein Monster in einem Labor hatte ein Feuer entfacht und war dann mit einem Doktor entflohen – oder so.
Jahre später hatte auch Tim den Ausführungen seines Onkel Jack nicht mehr Gehör geschenkt – und jetzt stand er vor ihm.
„Glückwunsch zur Hochzeit.“, sagte er knapp und reichte ihm die Hand.
Tim stockte und fragte sich selbst gerade, wieso soviele widersprüchliche Emotionen in ihm emporkrochen. Eigentlich sollte er sich freuen, dass seine Familie da war – in der Ferne sah er seinen Vater und Sarah – seine Schwester – auf sich zukommen und hoffte, dass Jack McGee nicht auf dumme Gedanken kam, hoffte, dass es keinen Eklat geben würde und griff nach der Hand seiner Frau, die gerade auf ihn zukam und zog sie zu sich. Hier konnte sie ihm rettenden Halt bieten.
„Jessica, darf ich Dir meinen Onkel vorstellen?“, sagte er daher, als sie ihn verblüfft ansah, deutete dann auf den ehemaligen Journalisten und lächelte: „Jack McGee – damals National Register.“
„Jack McGee?“, erklang die Stimme Hagen Krauses hinter ihm und dann ein Schwall von Worten, die der Romancier nicht verstand – aber auch nicht verstehen brauchte. Die abwertende Haltung, die der deutsche Beamte seinem Onkel gegenüber einnahm, sagte schon alles. Und dann fiel dieses eine Wort.
Dieses eine Wort, dass Jacks Karriere ein für alle mal zerstört hatte.
„Hulk.“
Tim atmete durch. Das konnte noch was werden.
Ja, Jack McGee war damals bekannt geworden, weil er eine Kreatur namens „Hulk“ durch die Staaten gejagt hatte, was für jeden Comic-Fan besonders lustig war, dar es die Geschichten über einen Doktor Robert Bruce Banner als Comicbücher zu kaufen gab. Das man daher davon ausgegangen war, dass Jack – als er diese Gestalt gesehen haben mochte – einfach nur zu tief ins Glas geschaut hatte, war verständlich. Aber dennoch – sein Onkel glaubte an die Geschichte.
Und Tim hatte inzwischen viel zu viel Verrücktes gesehen, sogar herausgefunden, dass die Sternenflotte existierte, dass er inzwischen gewillt war, auch die Existenz des Hulk in Betracht zu ziehen.
Oder?
Vielleicht müsste er das ganze einfach mal mit Sternenflottenoffizieren besprechen – allerdings gab es dabei ein Problem. Die DRAGONFLY war – zumindest nach seinem Kenntnissstand irgendwo auf dem Meeresgrund vor Dubai und…
„Entschuldigung, kann ich mal durch?“, fragte in diesem Moment ein Kellner. Tim Hansen hob den Blick, sah in ihm bekannte, braune Augen, sah ein Lächeln und dann war der Mann wieder verschwunden.
Nun legte sich ein Lächeln auf seine Lippen und er drehte sich um, dem Cal-ner nachschauend.
Es gab also immer Möglichkeiten?
Vielleicht – Botschafter Spock, der vulkanischste der vulkanischen Vulkanier, wies immer wieder darauf hin.

Der Löffel klirrte laut gegen den feinen Kristall, aus dem das Glas, das der Mann in der Hand hielt, bestand.
„Wenn ich kurz um ihre Aufmerksamkeit bitten dürfte?“, fragte eine italienisch-angehauchte Stimme und die Hochzeitsgemeinde kam ins Stocken und schwieg.
„Danke.“, lächelte Anthony D. DiNozzo Junior gewinnend in die Runde, ehe er sich an Tim widmete.
„Als Chef des Teams…“, setzte er an und gab einen kurzen Schmerzenslaut von sich. Der Romancier brauchte gar nicht groß zu überlegen, wusste eigentlich, dass dies die bezaubernde Brünette gewesen sein musste, die in einem blauen, rückenfreien Traum von einem Kleid saß und Tony gerade auf den Fuß getreten hatte.
Der Halbitaliener verzog kurz das Gesicht, seufzte dann und korrigierte sich: „Als stellvertretender Chef des Teams möchte ich ein paar Worte verlieren.“
Dann verlagerte er seine Haltung, stellte sich so hin, dass sein Rücken kerzengerade war, begann, zu erzählen – wobei er von Nadja ins Deutsche übersetzt wurde.
„Mein Vater hat sich erboten, diese Hochzeit hier auszurichten.“, sagte er und blickte zu dem Senior herüber, der kurz den Kopf schüttelte, abwehrend die Hände hob und sagte: „Das habe ich gern getan. Ihr könnt es brauchen.“
„In der Tat.“, fuhr Tony fort, blickte zu Tim – der erschrak.
Und zwar nicht in einem „Horror-Jump-Scare“-Moment, wie er in jedem guten Psychoschocker gegeben würde, sah nicht etwa dass Tonys Gesicht nun einem Totenschädel glich, was ihn dazu bringen würde, mal wieder die Realität anzuzweifeln, in der er sich befand – sondern auf tiefe, emotionale Art und Weise.
In den Augen des Halbitalieners glitzerten kleine Tränen.
„Das letzte Jahr war schwer – für so ziemlich alle von uns.“, erläuterte er, „Gibbs, Jackson… die Zerstörung des Flugzeugträgers, deine Verletzung in Dubai.“
Tim merkte, wie sein Herz schneller pumpte. „Flugzeugträger“ fungierte in der Öffentlichkeit als Codewort für die DRAGONFLY , so hatte es Gibbs, bevor sie losgeflogen waren, festgelegt – damals, als sein Gedächtnis noch in Ordnung war.
Die DRAGONFLY war zerstört worden? Aber wer war dann der Cal-ner?
Eventuell Traceless?
Hatte er vor, sich für die letzte Niederlage zu rächen?
Er wusste es nicht, zuckte zusammen, als Jessica ihn anstubste und ihm zunickte und alle in Synchronklatschen verfielen. Schade – er hatte nicht mitbekommen, wie Tony dem jungen Glück alles selbige wünschte und vielleicht war es auch besser so – schließlich war er sich immer noch nicht sicher, ob das alles real war. Und selbst wenn – er kannte Tony. Vielleicht würde er die Story aufgewärmt haben, wie er damals in die Kloake gesprungen war, um die Waffe zu bergen. Das musste man sich wirklich nicht anhören.
Aber die Sache mit der DRAGONFLY irritierte ihn dann doch.
Ob…
Weiter kam er nicht.
Er spürte einen Blick auf sich liegen, wandte seinen Kopf von Jessica ab, versuchte dem Starren quasi mit seinen eigenen Augen zu folgen und erstarrte.
Hinter der Glastür, die zum Foyer führte, stand Leroy Jethro Gibbs und schaute ihn warnend an.

Die Bestattung des Captains und des ersten Offizieres  wurde mit dem üblichen militärischen Pathos inszeniert, Jill verlor in ihrer Eigenschaft als ‚acting captain’ ein paar Worte und man konnte gerade der Seniorcrew ansehen – allen voran Sebastian ‚Scotty’ Middlegate, Gina Christine Intrupper und eben Jillian Abigail „Jill“ Menacer – wie sehr sie der Verlust tatsächlich mitnahm. Und auch Daniel konnte sich ein leichtes Schlucken nicht verkneifen.
Erinnerungen an 1998 kamen in ihm hoch, als der Kommandant der USS DRAGONFLY das erste Mal – durch einen Stabwaffentreffer in die Brust – getötet wurde. Damals wurde er allerdings durch die Tatsache gerettet, dass sie in einer Jaffa-Basis waren und dort ein Sarkophag vorhanden war, der ihn wiederbelebte.

Beim Leichenschmaus wurde es dann ein wenig lockerer, man unterhielt sich über die Geschichten, die man mit Captain und XO erlebt hatte – unter anderem darüber, wie Cal im bolivischen Dschungel ein Shuttle bruchlandete, daraufhin mit seiner Crew von einem wahnsinnigen Terroristen als Geisel gehalten worden war und SG-1 zusammen mit zwei Agenten des CIA anrücken musste, um die Sternenflottenoffiziere dort herauszuholen. Das war übrigens das zweite Mal, das Daniel miterlebte in dem der Captain für tot gehalten wurde, weil der Terrorist dem Sternenflottenoffizier mit einer Baretta in die Brust schoss. Überhaupt war dann, wenn Cal beteiligt war, der Schnitter, Freund Hein genannt, offenbar geneigt, Überstunden um Überstunden zu schieben.
Da war die Sache mit der Fahrt nach Lyon gewesen – eine Klassenfahrt, die Cals Nemesis Traceless dazu nutzen wollte, eine Seite aus dem „Skynet-Handbuch für angewandte Eliminiertung von Widerstandszellenanführern“ herzunehmen und zu versuchen, den Urahn des Captains zu liquidieren. Dieser fuhr gerade mit seiner Klasse nach Lyon, was dazu führte, dass sowohl Captain, XO, CMO, als auch SG-1 in Gestalt von Klassenneuzugängen und Vertretungslehrern an der Fahrt teilnahmen. Traceless nutzte an einem Tag die Gunst der Stunde, beraubte Captain, XO und CMO des Bewusstseins, steckte sie in einen Schrank und koppelte ferner zu einem späteren Zeitpunkt den Speisewagen ab, in dem gerade des Captains Ahn mit großem Genuss ein Schnitzel mit Pommes verzehrte. Dass Traceless – in Gestalt des Kellners – dem Ahn keine Kugel in den Kopf jagte, war den schnellen Reaktionen Sams und Jacks zu verdanken, von denen sich „Miss Carter“ vor den verblüfften Augen des Ahns eine Kugel in die Schulter einfing und „Mister O’Neill“ in die Brust geschossen wurde. Doch, wie wir schon aus den „Schweinehunden“ wissen, ist ein Brustschuss mit einem Föderationsschiff, das im Orbit schwebt, nur noch ein kleines Problem. Und da war natürlich Daniels eigener Tod, den er einer Naquadria-Strahlungs-Vergiftung zu verdanken hatte.

Ein paar Stunden später, als Sam und Daniel nebeneinander im Bett des ihnen zugewiesenen Quartieres lagen und sie die Ereignisse des Tages Revue passieren ließen, konnte der Anthropologie spüren, wie Sam neben ihm den Kampf gegen etwas verlor, gegen das sie die ganze Zeit anfocht. Tränen.
Sanft legte er eine Hand auf ihre Schulter und – als sie sich an ihn kuschelte – nahm sie dann in den Arm. Er platzierte einen Kuss auf ihren blonden Schopf, schaute ihr dann in die unglaublichen blauen Augen und wischte ihr eine Träne von der Wange.
Und er wusste – verdammt noch mal – nicht, was er sagen sollte. Irgendwie fehlten ihm die Worte. Ihm, dem Anthropologen und Gelehrten – der eigentlich mit Wörtern umgehen können sollte, wie andere mit Jonglierbällen oder mit P-90 Maschinenpistolen aus der Fabrique Nationale in Belgien -  fehlten die Worte, zu sagen, was er sagen wollte.
Colonel Sam Carter schniefte neben ihm – „zog die Nase hoch“, wie Cal sagen würde – und schaute ihn an. In ihren Augen standen immer noch Tränen und eine Verwundbarkeit, die er schon lange nicht mehr gesehen hatte.
„Es tut mir so leid.“, brachte der Anthropologe jetzt hervor und er fragte sich, ob dieser Satz aus seinem Wirbelwind der Gedanken, der gerade durch seinen Kopf tobte, der Richtige gewesen war. Schließlich hatten sie genügend Beileidsbekundungen sowohl gegeben als auch empfangen.
Sam schloss kurz die Augen, nickte dann und stellte den Blickkontakt wieder her.
Und er konnte sehen, dass sie diesen einen Satz immer wieder innerlich wiederholte: „Wir sind Soldaten – der Tod gehört zum Geschäft und wird irgendwann auch die treffen, die wir mögen.“
Aber war das fair?
War das einem knapp 25-Jährigen gegenüber fair?
Und wenn man schon einmal dabei war – war es eigentlich einer Person –gleich welchen Alters – gegenüber fair?
Daniel wusste es nicht und als er sich erneut Sams Augen vergegenwärtigte, die ihn nun nicht mehr ansahen, sondern hinter Augenlidern verschwunden waren, weil sie mit ihrem Kopf auf seiner Brust eingeschlafen war, bemerkte der Anthropologe, dass auch sein Bewusstsein langsam zu schwinden begann. Es war ein harter Tag gewesen und er würde…



Daniel Jackson rannte um sein Leben. Um ihn herum explodierte die Welt, Jaffa rissen Stabwaffen hoch und gaben gezielt Schüsse auf ihn und die Leute um ihn herum ab. Dreck spritzte hoch, der Anthropologe riss seine Waffe in die Höhe, feuerte, brachte Tod und Verderben über die, die diese Behandlung ansonsten ihm angedeihen würden, sah, wie Jaffarüstungen Funken sprühten – Querschläger, die aus seiner Waffe oder aus anderen P-90ern, M 16ern oder Barettas auf sie abgegeben wruden – und dennoch zu Boden fielen. Binnen Sekunden, seit sie aus dem getarnten Jumper gekommen waren, waren sie mit Dreck besudelt. Direkt neben ihm kam Airman Matthies auf, starrte mit leblosen Augen in die Ferne und an ihm vorbei.
Eines der ersten Opfer in diesem sinnlosen Krieg.
Neben ihm landete Sam auf ihrem Hosenboden, betrachtete kurz den Zustand ihrer Kleidung und schüttelte den Kopf. „Tanzen fällt damit flach.“, stellte sie flapsig fest, klopfte Daniel auf die Schulter und deutete in Richtung der Tempelruinen.
Der Anthropologe nickte seiner technisch-gesehen-vorgesetzten-Offizierin zu, hörte dann das Auffauchen einer Stabwaffe und stieß sie zur Seite. Direkt neben seinem Ohr ging die P-90 Carters los, spuckte Kugeln auf den Jaffa, ließ ihn zu Boden gehen und Daniel kurzzeitig taub werden. Aber es war nicht notwendig, zu hören, was sie sagte, denn ihr Blick verriet ihm, wie der Befehl lautete. „Auseinanderstürmen und neu gruppieren.“

Und Daniel gehorchte dem Befehl. Er rannte, rannte so schnell, wie es seine Beine hergaben.
In seinen Ohren pochte der Puls, er hörte seinen Atem, nahm war, wie es um ihn herum rauschte, Explosionen donnerten, spürte sengendheiße Erde neben sich aufspritzen und rannte weiter. Die Tempelruinen waren nicht mehr weit entfernt. Es musste zu schaffen sein.

„Meine Damen und Herren“ – er glaubte, sich das einzubilden, aber in seine Ohren drang die Stimme General Hank Landrys, „Ich bedauere, Ihnen allen mitteilen zu müssen, dass General Jonathan „Jack“ O’Neill, Colonel Samantha Carter, Teal’C, Colonel Cameron Mitchell und Vala, heute gefallen sind. Sie waren die Ersten, die dieses Tor in regelmäßigen Missionen durchschritten, sie waren die Wegbereiter und sie waren das große Aushängeschild dieses Kommandos. Ich möchte Sie nun bitten, eine Schweigeminute einzulegen.“

Der Anthropologe wusste nicht, welch Narretei sein Geist da wieder ausbrütete, er wusste nur, dass er Sam gerade eben noch gesehen hatte und…
Verdammt, er musste zu diesen Tempelruinen. Es war nicht mehr weit, es war nur noch…
Ein grelles, blendendes Licht schoss aus den Ruinen, auf ihn zu, traf ihn frontal und er spürte, wie er sich auflöste…


Es ist übrigens eine Lüge, dass der Mythos des „Aufschreckens nach einem Albtraum“ nur ein Mythos ist. Dies stellte Daniel in dem Moment fest, als er sich schwer atmend und aufrecht sitzend im Bett wiederfand. Sein Brustkorb hob und senkte sich, er merkte, wie ihm vom Hyperventilieren schwindlig wurde und er versuchte, seine Atmung zu regulieren – aber das Gefühl, gestorben zu sein, ließ ihm keine Möglichkeit.
Neben sich hörte er ein schläfriges Murmeln, blickte in die müden Augen Sam Carters, die ihn aus Augenlidern, die auf Halbmast hingen, anschauten und eine Mischung aus Sorge und Verständnislosigkeit signalisierten.
„Was ist denn los?“
Auch die Stimme Sams zeugte von Schläfrigkeit und davon, dass sie sich am Liebsten sofort umdrehen würde und weiterschlafen.
Verdammt, ihm ging es auch nicht anders.
Seine Augenlider wurden auch immer schwerer, fielen immer wieder zu und schließlich ließ er seinen Körper auf die weiche Matraze des Sternenflottenbettes sinken.
„Nichts, schlaf weiter.“, nuschelte schläfrig, nahm ihren Oberkörper wieder in seine Arme und ließ den Kopf langsam gegen ihre Halsbeuge sinken.

Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung war, registrierte eine weiße Sternenflottenuniform, die sich am Fußende des Bettes postierte, ehe er sich der Müdigkeit hingab, in die Dunkelheit fiel, hinab in das Vergessen sackte …

Und nach ein paar Sekunden die Augen wieder aufriss.
Eine weiße Sternenflottenuniform?
Kurz hob der Anthropologe den Kopf, merkte, wie dieser schmerzte und meldete „Bist Du bescheuert? Ich will pennen!“ und ließ einen kurzen Blick durch den Raum schweifen. Nein, da war nichts.
Daniels Stirn nahm Kontakt mit Sams Halsbeuge auf und er fiel in einen von nun an traumlosen Schlaf.

Das Aufwachen war immer etwas, das er eigentlich verabscheute. Eigentlich. Zwar konnte man ihn durchaus als „Morning Person“ ansehen, jedoch brauchte auch er einige Minuten, ehe er in den neuen Tag fand. Sam war dagegen – meistens – noch mehr „Morning Person“ als er.
Meistens war sie, wenn er noch schlief, schon wach und gerade dabei, zu duschen, so dass sie ihn, wenn er dann – meistens um 7.30 Uhr – aufwachte, schon mit einem breiten Lächeln und einem großen Angebot an Leckereien zum Frühstück begrüßte. Ja, zwischendurch war auch Colonel Samantha Carter eine Hausfrau. Wenn sie dann von ihrem Einsatz heimkam, wartete er allerdings schon mit dem Abendessen auf sie, sodass man sagen kann, dass sich beide wirklich ihre Hausarbeiten teilten. Morgens war sie die Hausfrau, abends war er der Hausmann – das war clever durchdacht und nutzte die Zeitpunkte, wenn jemand zu Mehrleistungen in der Lage war auf effiziente Art und Weise.

Auf einem Starfleetschiff war die Sache ein wenig anders gelagert, hier gab es keine Wasserdusche, in der man es sich romantisch machen konnte, sondern Schall, der die Körperporen reinigte. Das war schnell, effizient, konnte auch seine Vorteile haben, aber auch bei weitem weniger romantisch, als der Anblick, wenn Wassertropfen einen athletischen Körper herabperlten.  Und heute merkte Daniel, als er die Augen aufschlug, dass kein Geräusch einer sonischen Dusche ihn weckte. Stattdessen lag Sam neben ihm, immer nich in tiefen Träumen gefangen.

Es gab wenige Momente, in denen sich Daniel eines solchen Anblickes erfreuen konnte: einer schlafenden Samantha Carter, die nicht mitbekam, was um sie herum passierte, die einfach nur den Schlaf der Gerechten schlief. Und es war ein viel zu seltener, viel zu kostbarer Anblick, um ihn gleich wieder zu ruinieren. Nach einigen Minuten richtete sich Jackson dann doch auf, entledigte sich seiner Hose und seinem Shirt und trat den Gang zur sonischen Dusche an – heute war er der Erste.

Auch das Frühstück war heute einfach gehalten, aber dafür hatte es Charme. Gut, stellt sich die Frage, wie ein Frühstück Charme haben kann, aber das war Daniel spätestens in dem Moment egal, als Sam ihm gegenüber saß und sich daran machte, ihr Spiegelei zu verzehren.
„Geht es dir gut?“, fragte er, während auch er sich dem Kampf mit den Nahrungsmitteln zu stellen suchte. Sie blickte ihn an, nickte, aber in ihren Augen konnte er erkennen, dass sie immer noch verletzt war. Es wunderte ihn nicht, vermutlich ging es ihm nicht anders – schließlich waren beide mit Cal befreundet gewesen.

Nach dem Essen gingen sie auf die Brücke. Sam hatte kommissarisch den Posten der XO eingenommen, Jack den des taktischen Offiziers, da Jill das Schiff momentan kommandierte. Er selbst bevorzugte es, sich in der Schiffsbibliothek zu vergraben und ein paar Blicke in die Vergangenheit zu werfen.

Es war interessant, zu lesen, was die Bibliothek so herzugeben hatte und fast hätte sich Daniel in diesen ganzen PADDs verloren, wenn – ja, wenn nicht plötzlich eine Art Windhauch durch die Bibliothek geweht wäre.
Daniel hob den Blick.
Ein Windhauch? Hier?
„Das bildest Du dir ein, Jackson.“, murmelte er und streckte seine Hand nach dem PADD, das mit „Die Religion in Mesopotamien“ beschriftet war aus, nur um im selben Moment wieder zurückzuzucken. Ihm wurde kalt und er hatte das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte.
Irgendwie spührte er einen fremden Blick auf sich, der sich in seinen Rücken brannte, wie ein Phaser. Herumwirbelnd ließ er seine Augen den ganzen Ort wahrnehmen und erstarrte.
An einem der Regale lehnte, in eine weiße Sternenflottenuniform gekleidet und bläulich leuchtend Captain Calvin Cat.
Und er grinste.

TBC


CaptainCalvinCat

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  Kapitel 20 – Enthüllungen Part 1
 

Director Leon Vance saß in seinem Sessel und schüttelte einmal mehr den Kopf.
„Seien Sie ja diplomatisch.“, hatte er dem Mann mit den eisblauen Augen gesagt, der ihm ein leicht-ironisches Lächeln geworfen und den Raum verlassen hatte, ohne ihn einer Antwort zu würdigen. So war Leroy Jethro Gibbs gewesen, so hatte man ihn gekannt. Und irgendwie hatte er sich an die Art des Marines gewöhnt – dieses Freche, dieses Unverschämte, das ihm vermutlich, wenn er an Bord eines Föderationsschiffes gewesen wäre, mindestens ein Disziplinarverfahren eingebracht hätte, hier war es geduldet worden, weil Gibbs der Mann war, der Ergebnisse brachte.

„Seien Sie ja diplomatisch“, wiederholte er jetzt für sich, in die Stille hinein und wünschte sich, die Zeit zurückdrehen zu können, wünschte sich, Gibbs den Einsatz in Dubai zu verbieten. Warum musste es ausgerechnet der NCIS sein, der dort tätig wurde? Hätte nicht auch das Stargate-Center gereicht? Schließlich war das Aufspüren verschwundener Raumschiffe deren Ressort. Oder vielleicht sollte er der Sternenflotte bescheid sagen? Aber die würden vermutlich ihm die Aufgabe übertragen, sagen „Ja, das Schiff is im Wasser – Wasser ist gleich Navy, Navy ist gleich Ihre Aufgabe“ – oder so.

Konnte dieser Tag eigentlich noch schlimmer werden? Abgesehen davon, dass sein Computer mal wieder spann und die Tastatur beschloss, ihm das große „T“ als Buchstaben beim Schreiben im Zehn-Finger-Blind-System zu verweigern und ihm erst immer ein kleines „T“ vorzusetzen? Abgesehen davon, dass er sich fragte, wie die Welthistorie weitergehen würde, ohne Gibbs, der 2045 sein Leben im heldenhaften Kampf gegen die Bösen ließ?
Abgesehen davon, dass sie jetzt vermutlich in einer parallelen Zeitlinie waren, so wie er es vor knapp zwei Jahren im Kino gesehen hatte?
Oh, er erinnerte sich daran, wie er zum ersten Mal davon erfahren hatte, dass die Abenteuer von Captain Kirk als Fernsehserie liefen, dass es um die Sternenflotte selbst ein riesiges, sogenanntes „Fandom“ gab. Es hatte ihn komplett überrascht und…

Ein Klopfen störte seine Gedanken.
„Ja!“, rief er, ein kurzes, befehlendes Bellen und fragte sich in dem Moment, ob er nicht vielleicht ein wenig zu harsch gewesen war.
„Director Vance?“
Die Stimme der Person, die da gerade in der Tür erschienen war, schien gar nicht großartig beeindruckt zu sein, hörte sich stattdessen so an, als habe sie selbst  schon viele Befehle gegeben und würde sich von niemandem „anpinkeln“ lassen.
Leon Vance schaute hoch und blickte den Mann an, der im Türrahmen stand.
„Ja, bitte?“, fragte er dann und legte den Kopf in die Andere Richtung schief, als er sah, dass dieser Mann von der Air Force stammte.
„General Hank Landry“, stellte er sich vor.
Vance nickte: „Kommen Sie rein.“

Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
Sie wollte gerade niemanden hören, niemanden sehen und sich mit niemandem beschäftigen. Es war ihr eigentlich egal, wieviele CafPOWs sie heute würde trinken müssen um wach und konzentriert zu bleiben – sie würde heute einfach nicht schlafen gehen. Nicht heute, nicht morgen, nicht übermorgen und über-übermorgen schon gleich zwei mal nicht. Gut, es mochte sein, dass ihre Freunde tot waren, aber wer war sie, dass sie ihnen nicht zumindest eine Beerdigung auf heimischem Grund und Boden ermöglichen würde? Abigail Sciuto ließ ihre Freunde niemals im Stich.
Schnell fuhr sie Major Massenspektrometer hoch, den sie eigentlich heute schlafen lassen wollte und der ihr die Behandlung vermutlich übel nähme. Auch den Computer und die AFIS-Datenbank nahm sie sich vor, den Gesichtsscanner und was auch immer noch in ihrem Büro hochgefahren werden musste. Ihre Freunde waren im fernen Dubai gefallen und sie würde sie wieder zurückholen.
Dazu war es nur wichtig, die…
Abbys Gedanken stockten.
„Komm schon“, schoss es ihr durch den Kopf, „Das ist nicht all zu schwer. Du hast sowas schon tausende von Malen gemacht, du kommst damit klar. Du musst nur die…“
Ja, die „was“ eigentlich?

Irgendeinen Schritt musste sie machen – irgendetwas… aber was?
Ihr Kopf meldete sich.
„Abby, Du solltest wirklich schlafen gehen.“, hörte er ihre Gedanken, formuliert in der sonoren Stimme von Leroy Jethro Gibbs und schüttelte den Kopf so heftig, dass ihre Zöpfe ins Fliegen gerieten.
„Nein, nein, nein.“, sagte sie zu sich selbst und sie wusste, dass sie alleine war und dass es ihr nichts ausmachte, mit der Luft zu reden. Normalerweise bildete sich gerne ein, dass sie, wenn sie mit jemandem sprach, dieser jemand auch vorhanden war. Dieses mal war es ihr egal. Es hätte genau so gut ein kleiner Grey im Labor sein können und sagen „Ich will deinen Körper.“ – sie hätte sich ihn gepackt und ihm erzählt, was ihr gerade durch den Kopf ging.
„Ich werde euch heimholen, Gibbs, dass verspreche ich.“
Sprachs und begab sich daran, die notwendigen Erledigungen zu machen.
HA! Sie wusste wieder, was zu tun war.
Schnell begab sich die hübsche Laborgoth an ihren Computer, ihre Finger berührten die Tastatur…
Verdammt, was wollte sie noch machen?
„Du solltest schlafen.“
Erneut die Stimme von Gibbs und sie merkte, wie ihre Augen diesem Wunsch nachkamen. Schwer, bleischwer sanken sie zu und sie spürte, wie ihr Kopf dem Gewicht folgte, sich weiter nach unten neigte, ihr Kinn – ebenfalls mit Steinen gefüllt – den Rest nach unten zog, bis es fast das Tal zwischen ihren Brüsten berüh…
„WACHBLEIBEN!“
Die Stimme – ihre Eigene – hallte durch den Raum, klingelte in ihren Ohren, ihr Kopf ruckte hoch, meldete sich mit kleinen, fiesen Schmerzimpulsen und für einen Moment fühlte sie sich, als habe sie eine eiskalte Dusche genommen.
Aber eben nur einen Moment lang.
„Ich muss nur die…“, begann sie und erneut entwichen ihrem Geist die nötigen Schritte. Sie war wirklich viel zu müde – das merkte sie erst jetzt.
Vermutlich müsste sie sich doch den ersten CafPOW des Tages gönnen.

„Darf ich erfahren, was mein Anthropologe bei einer ihrer inoffiziellen Missionen im arabischen Raum zu suchen hat?“, fragte General Hank Landry und schaute den dunkelhäutigen Director des NCIS an. Dieser zuckte mit den Schultern: „Mir wurde hinterbracht, dass Sie über diesen Einsatz informiert und mit ihm einverstanden seien.“
„Mir wurde gesagt, dass Doctor Jacksons Aufgabenbereich in der Übersetzung zwischen arabischer und englischer Sprache liegt. Weswegen er sich dann allerdings mit Leroy Jethro Gibbs ein Duell liefert, das kann ich mir nicht erklären.“
Vance runzelte die Stirn. Sie hatten sich gerade die Aufzeichnungen von diesem Überwachungssatelliten angesehen, hatten gesehen, wie Gibbs und Daniel aufeinander schossen, wie der Special Agent getroffen gegen den Wagen krachte und wie Daniel von einer anderen Entladung niedergestreckt wurde – und den Director überraschte die eindeutige Kaltschnäuzigkeit seines Gegenübers.
Beinahe unwillkürlich fiel ihm dabei Luther Sloane ein, mit dem er auf der Gibbs Richtung Ewigkeitsplanet geflogen war.
„Darf ich Sie bitten, dass Sie sich respektvoll gegenüber der Verblichenen äußern?“
„Verblichene?“
Vance hob überrascht eine Augenbraue, denn Landry schien tatsächlich ein wenig verwundert, als der Director von „Verblichenen“ sprach.
„Sie wurden von Schusswaffen niedergestreckt.“, erklärte Vance, was nun zu seiner großen Überraschung einen großen Heiterkeitsausbruch bei Landry hervorrief.
„Bis gerade eben habe ich tatsächlich gedacht, dass einer meiner Leute in Dubai gefallen wäre“, erläuterte er dann und deutete auf den Bildschirm, ehe er Vance anblickte: „Ich meine, sie haben es doch gesehen, oder?“
„Was?“
„Die rötliche Energiekugel, die sowohl die Waffe ihres Special Agents und meines Anthropologen verlassen hat?“
Erneut konnte Vance fühlen, wie man ihm den Boden unter den Füßen hinwegzog.


Es war eine lange Reise von der Erde zum Ewigkeitsplaneten, aber eine, die sich lohnte. Nach einigen Tagen konnte sich Leon Vance sogar vorstellen, diesen Posten, den man ihm gerade angeboten hatte, anzunehmen und – wenn er die Theorie in Betracht zog, dass alles, was geschieht aus Vergangenheitsbezogener Sicht auch geschehen wird, weil es geschehen muss, stellte er fest, dass ihm keine andere Wahl blieb. Er war der Leon Vance, der Mann, der den NCIS in eine goldene Zeit führen sollte, der Leon Vance, der als Visionär und Vordenker in die Geschichte eingehen würde. Andererseits hielt er sich da mehr an die unsterblichen Worte von Helmut Schmidt – oder war es Harald Schmidt gewesen? – der sagte „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen.“
Nein, es gab keine andere Möglichkeit, Zeit blieb zwar eine Variable, aber auch eine Konstante. Was geschehen war , wird geschehen, weil es geschehen musste . Oder?



Wieso ihm gerade diese Überlegung durch den Kopf ging, wusste er nicht – er hörte nur wie beinahe betäubt zu, als Landry ihm erklärte, dass ein Intar eine kristalline Waffe war, die sämtliche gängigen Pistolen, Gewehre und wie sie alle hießen, immitieren und nachahmen konnte – dafür allerdings nur betäubten.
So wie ein Phaser. , schoss es ihm durch den Kopf.
Aber wenn das stimmte…
Vance erhob sich. Wenn das zutraf, wenn Gibbs nicht gestorben war, wenn weiterhin die Chance bestand, dass alle Gefallenen nur mit Intars beschossen worden waren, dann war die Chance groß, dass niemand von seinem Team tatsächlich gestorben war. Kurz stoppte der Direktor des NCIS und wiederholte seinen Gedankengang langsam.
Den Kopf schüttelnd stellte er fest: „Verdammt, ich habe viel zu wenig geschlafen.“
Aber dafür gab es nun auch keine Gelegenheit. Er griff nach seinem Telefon, wählte sein Vorzimmer an: „Cynthia? Buchen Sie mir bitte einen Flug nach Dubai. Muss nicht Erste Klasse sein.“
Er würde nach Dubai fliegen und er würde sein Team suchen.
Die Vergangenheit hatte gute Aussichten darauf, die Zukunft zu werden.


„Schlaf endlich.“, hörte sie innerlich die Stimme Gibbs und schüttelte erneut wild den Kopf: „Nein, ich werde nicht zulassen, dass Ihr mich… ich meine, das ich…“
Ja, was meinte sie eigentlich?
Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass ihre Sinne gerade vorhatten, ihr einen Streich zu spielen oder sie sonst wie zu foppen.
Sie spürte die kräftigen Hände Direktor Vances, die sie packten, starrte in seine braunen Augen, hörte wie er ein „gute Nachrichten, Miss Sciuto“ sagte – und hörte dann eine Weile nichts mehr.

Leroy Jethro Gibbs war mit seinem Leben eigentlich relativ zufrieden. Er hatte Rache für den Tod seiner Frau und seiner Tochter genommen, die Sache war inzwischen verjährt und man stand hinter ihm. Wenn man das ganze so schreibt, könnte man fast meinen, dass Gibbs der Bösewicht der Story wäre, aber – wir wissen, es macht ihn nur zu einem dunkleren Charakter, nicht gleich zu einem Bad Guy.

Er war ein Mann, der des Rätsels Lösung schon wusste, wenn andere noch rätselten, aber er würde niemals sein Team mit der Nase auf die Lösung stoßen. Was für einen pädagogischen Effekt hätte dies denn?
Alles in allem kann man aber sagen, dass er mit seinem Lebensstil momentan relativ zufrieden war. Sein Job machte ihm Spaß, füllte in aus, ließ ihn die Dinge so erledigen, wie er es für richtig hielt – was konnte man daran nicht mögen?

Momentan jedoch wünschte er sich, jemand anderes zu sein.
Eventuell Remington Steele, der diese ganze Situation, in der er sich befand, mit einer Menge Filmzitaten aufpeppen und auffüllen konnte. Da würde er dann jetzt sagen…
Ja, was würde er sagen?
Er war zwar nicht mehr gefesselt, befand sich aber zusammen mit einem vollkommen Bekloppten in einem Raum, der ihn zwang, sich durch diese Akten zu wühlen – und dieser rettungslos-Bescheuerte war noch nicht mal der Autor der ganzen Chose, sondern Robert Makepeace der – wie er jetzt gerade durch das Lesen der Akten erfuhr – eben nicht deshalb im Gefängnis gelandet war, geschmuggelt hatte, sondern weil er eine Reihe von Diebstählen beging, die beinahe die intergalaktische Allianz, in der sich die Erde befand (auch das war neu für Gibbs) beendete.

Robert Makepeace – nicht mehr und nicht weniger als ein einfacher Dieb?
Das mochte Gibbs gerade nicht glauben. Er erinnerte sich daran, wie er ihn kennengelernt hatte und wie er ihn noch vor ein paar Stunden bezeichnet hatte – als Mann voller Ambitionen, voller Initiative, Energie – bereit Risiken einzugehen. Und so ein Mann verstieg sich aufs Stehlen?
Der NCIS-Chefermittler, die Ermittlerlegende, der Altmeister, schüttelte den Kopf:  „Ich kann das nicht glauben – noch weniger verstehen.“
Sein Gegenüber, der Mann, der Robert Makepeace war und an der Wand gelehnt hatte, kam auf ihn zu, nahm den Klappstuhl, stellte ihn vor Gibbs – so gründlich und nachhaltig, dass der Knall von Metallstreben des Klappstuhles auf Betonboden deutlich hörbar waren und es Gibbs überraschte, dass nicht noch ein paar Funken flogen, was Pech wäre, für die Kuh Elsa – und setzte sich rittlings auf die Sitzgelegenheit. Blitze zuckten aus seinen Augen.
„Sie haben ja keine Ahnung.“, begann Makepeace leise und erhob sich dann wieder, was Gibbs dazu brachte, sich zu fragen, warum der Mann den Stuhl überhaupt geholt hatte, „Keine Ahnung, wie es da draußen, im Weltall aussieht.“
Oh, wenn Du wüsstest. , schoss es dem Chefermittler durch den Kopf, der sich allerdings hüten würde, sich zu äußern.
Stattdessen ließ er Makepeace erst einmal reden, um darüber nachzudenken, wie er aus der Situation herauskam.

„Keine Ahnung, von den Gefahren, die dort draußen lauern.“, fuhr der Colonel – oder ehemalige Colonel – fort und deutete nun auf die Decke über ihnen und damit, per Erweiterung des Fingers ins Unendliche – natürlich nur gedanklicher Erweiterung, reale Erweiterung wäre relativ schmerzhaft -  in die gestirnte Unendlichkeit des Weltenalls.
„Ich“, setzte Makepeace fort und zuckte dabei auf Gibbs zu, wobei er einen Zischlaut von sich gab, „Ich habe das alles gesehen. Goa’Uld, Re’etu-Rebellen, Pflanzen, Viren denen wir alle nichts entgegenzusetzen haben und gegen die nur fortgeschrittene Technik helfen kann. Aber – die Überlebenden der vier großen Arten – also die Asgard, Furlinger und die Nox, - sowie die Re’etu-Imperative,  die Tok’Ra und die Tollaner, waren nicht gewillt uns irgendwelche fortschrittlichen Technologien zu verkaufen. Sie berufen sich dabei darauf, dass sie sich nicht in die Belange „weniger-entwickelter“ Kulturen einmischen. Währenddessen sterben da draußen unsere Soldaten – Jack – in einem sinn- und endlosen Kampf gegen die Goa’uld oder die Ori, weil diese da keine Skrupel kennen, ihre überlegene Technologie gegen uns einzusetzen und uns damit in den Arsch zu treten.“
„Jack?“
Innerlich hob Gibbs eine Augenbraue. Wieso redete er ihn mit Jack an? Makepeace hatte eindeutig in seine Richtung geblickt und eindeutig mit dem Finger auf ihn gezeigt – er meinte ihn. Aber wieso sprach er ihn mit Jack an?
„Robert?“, setzte er an und zuckte beinahe zurück, als er sah, wie Makepeace ihn anblickte: „Komm mir nicht mit deinem ‚Wir sollten besser als das sein’-Mist, Jack. Das ist Bullshit und das weißt du auch!“
Okay, gerade wünschte er sich wirklich der wortgewandte Remington Steele zu sein, der sich jeder Situation, gleich wie kompliziert sie war, nach einer kurzen Angewöhnungsphase anpassen konnte und der sogar verkaufen könnte, dass man gegen etwas war, wobei man sich gerade noch dafür ausgesprochen hatte.
Aber andererseits – er hatte einen festen Standpunkt und er würde sich dessen nicht entledigen. So weit kam es noch.
Kurz räusperte er sich: „Fahren Sie fort, Makepeace.“
Ja, da war ein leicht-irrsinniges Funkeln in den Augen des Angesprochenen und nach dem, was er sich gerade so anhören durfte, wunderte es ihn nicht.
„Sie wissen, dass wir überlegene Technologie brauchen – und sie haben sich dem in den Weg gestellt, als wir das getan haben, was getan werden musste.“
Junge, geht es vielleicht noch ein bischen kryptischer? , schoss es dem NCIS-Agenten durch den Kopf, ehe er 1 und 1 zusammenzählte. Er hatte die Diebstähle nicht im Alleingang begangen – und auch nicht aus Spaß an der Freude – sondern weil er das tat, was andere nicht tun konnten.
Gibbs schüttelte innerlich den Kopf.
Es stimmte – einerseits hatte Makepeace das getan, was er für richtig gehalten hatte, hatte seine Überzeugungen vertreten, war ihnen gefolgt und hatte – aus seiner Sicht – seinem Land, seinem ganzen, verdammten Planeten , einen riesigen Gefallen getan, während die, die sich dagegen aussprachen, nicht nur dafür gesorgt hatten, dass die Erde immer noch relativ unverteidigt darstand, sondern gleich dafür gesorgt, dass das, was Makepeace als gut und anständig erachtete, mit Füßen getreten wurde.
Allerdings – das muss man auch sagen: Wenn das, was in den Akten stand, wirklich zutraf, dann hatte er gestohlen, beinahe eine Allianz verhindert oder gestört – das heißt er war der Böse. Das alles waren zu viele Graustufen, als das man sie überblicken konnte.
Graustufen – Shades of Grey, vielleicht sogar fünfzig davon… ach was dachte er sich da wieder?

Dann öffnete sich die Tür.
Makepeace, der abgehärtete Militär, drehte sich um, nahm Haltung an und Gibbs wusste, dass jetzt die Person den Raum betreten würde, die für all dies verantwortlich war.
Und tatsächlich – sie trat langsam ein,  , mit schwingenden Hüften, betrat langsam den Raum, sodass die Lampe, die auf der anderen Seite der nun geöffneten Tür stand, nur langsam aber sicher dafür sorgte, dass ihr Körper erhellt wurde. Kurz blieb sie stehen, Füße, durchtrainierte Beine, die in einem paar kurzer Hosen steckten, bis hin zum Busen im Licht, von der Brust an bis zur Nase im Schatten und dann – ein nahezu unglaubliches Licht, das quer über die Augensektion ihres Gesichtes fiel, sodass quasi ein Schlaglicht auf die Augen gerichtet war, während der Rest im Dunkel steckte. Sie schaute ihn aus gefärhlich-funkelnden, grünen Augen an und lächelte dann zu Makepeace herüber, ehe sie anfing, mit einem gewissen Akzent, zu sprechen:  „Rooobert… wat machst Du hier?“
Der Kopf des Senior Special Agents ruckte hoch.
„Wat?“
Kurz verdammte er sich dafür, damals, als er zum Militär gegangen war, nicht auch noch einen Kurs in Sprachwissenschaften belegt zu haben, aber dieses „Wat“ klang merkwürdig. Er hatte es vor allem schon einmal gehört – und zwar immer dann, wenn er dann doch mal, entgegen aller Gewohnheiten, fern sah und irgend ein alter Kriegsfilm lief. Dieses „Wat“ erinnerte ihn sehr an einen schlecht immitierten, deutschen Akzent.

Gibbs blickte zur Drahtzieherin und erkannte das Gesicht in dem Moment, in dem sie komplett ins Licht trat. Der Senior Special Agent richtete sich auf und legte den Kopf schief.
„Sie sind auch hier?“
Sein Gegenüber lächelte, blickte dann zu Robert Makepeace und legte den Kopf schief: „Hättest Du was dagegen, uns alleine zu lassen? Ich möchte mit Special Agent Gibbs ein paar Worte plaudern.“
„Aber“, stetzte Makepeace an, „ich…“
„Rooooooooobert … gemma inne Karibbik.“
Die Worte mochte sie eventuell sogar mit einer Spur von Humor in der Stimme gesprochen haben, doch ihr Blick sagte alles andere, sodass Makepeace erbleichte und sich schleunig empfahl. Mit einem „Sie bringen meinen Fall doch noch vor, oder?“ in der Tür verschwand er und Gibbs schüttelte sachte den Kopf, ehe er sich der Frau zuwandte, die gerade eingetreten war.
„Also, wer genau sind sie?“, fragte er und sein Gegenüber lachte: „Oh, ich bin sicher, man hat schon einiges über mich herausgefunden, hm?“
„Einiges schon, aber noch nicht den Grund, warum eine Grundschullehrerin aus Minnesota einen Air Force Soldaten herumscheuchen kann, Miss Felicity Jones.“

„Jones, ja?“, fragte in diesem Moment jemand hustend vom Eingang her. Die Stimme klang alt und doch für Jethro sehr vertraut – und tatsächlich. In der Tür stand jemand. Langsam, leise hustend, und auf einen Krückstock gestützt, trat dieser Jemand ein, blickte ihn aus braunen Augen an, während sein schlohweißes, schulterlanges Haar seinen Kopf einrahmte  - wahlweise wie ein Halo oder eine Löwenmähne.
„Hallo, Jethro.“, lächelte er und setzte sich auf den Makepeace’schen Klappstuhl, „hätte nicht gedacht, dass wir uns nochmal sehen. Aber es ist schön, dass wir es tun.“
Leroy Jethro Gibbs legte den Kopf schief, hob eine Augenbraue und zuckte dann mit den Schultern: „Wenn Ihr mich so nett einladet, kann ich doch schlecht nein sagen, oder?“
„Das ist wahr, das ist wahr.“, hustete sein Gegenüber, ehe er auf Felicity deutete: „Hab ich dir schon meine Ur… Ur… frag mich nich wat Enkelin vorgestellt?“
Die hübsche Frau, deren Ähnlichkeit er jetzt tatsächlich erkannte, lächelte erst zu ihm, verbeugte sich mit einer Hand auf der Brust so tief wie es ging und es gelang ihr dabei, sogar maximalst-erhaben zu wirken, ehe der Mann mit den weißen Haaren und den Falten im Gesicht sie auf eine derart bekannte, beinahe schon jungenhafte Art angrinste, dass Gibbs gar nicht umherkam, festzustellen, dass er tatsächlich der Mann war, der er vorgab zu sein.
„Nur der Name Jones stimmt nicht so ganz.“, grinste Gibbs dann und erhob sich, „Aber eines müssen Sie mir erklären. Wieso sind Sie hier? Nein – nochbesser: Wieso sind Sie so alt, Captain Cat?“

„Mund zu, Herz wird kalt.“, grinste Ziva, als sie zu ihrem halbitalienischen Arbeitspartner herüberblickte, der gerade damit beschäftigt war „slackjawed“ zu „gawken“, wie der eine oder auch andere anglophile Mensch sagen würde – zu Deutsch, er starrte mit beinahe schon cartoonig-lächerlich herausspringenden Augen und einem Kinn, dass damit beschäftigt war, nach Erdöl zu graben, die beiden Frauen an, die ihnen da gerade zu Hilfe geeilt waren.

Tony riss seinen Blick zu ihr herum, schaute sie an und schüttelte den Kopf: „Ja, natürlich. Entschuldigung.“
Und plötzlich war es ihm wirklich peinlich, die beiden Archäologinnen so angestarrt zu haben – andererseits, wenn er bedachte, wer da vor ihm stand…
Lara Croft und Sydney Fox, die beiden Frauen, die auch schon für diverse Mode- und Männermagazine abgelichtet wurden, meistens mit der Bildunterzeile „Jetzt wird Archäologie wieder richtig scharf“ versehen, standen ihm gegenüber und zumindest die Britin aus Wimbeldon – oder war es Wembley? Tony warf die beiden Städte immer durcheinander – war mit seinem Dad bekannt. Und er hatte es nicht für nötig befunden, sie ihm vorzustellen? Natürlich nicht – warum auch. Auf seinen Siegelring, den er zum 21 Weihnachtsfest erhalten sollte, wartete er bis heute noch. Und er hörte in seinem Geiste immer wieder die wohl fadenscheinigste Entschuldigung aller Zeiten: „Man hat mir den Ring gestohlen.“

Das dezente Räuspern der hawaiianischen Schönheit – Sydney Fox, wie sich Tony erinnerte – riss ihn wieder in die Gegenwart zurück. Dann schaute er die beiden Frauen an und verschränkte die Arme vor der Brust: „Und… darf ich fragen wie Sie hergekommen sind?“
„Getaucht?“, fragte Lara lächelnd und deutete auf ihren Zopf, von dem Tony erst jetzt feststellte, dass er tropfnass war und genau das tat – nämlich tropfen.
Gleichzeitig bemerkte der Halbitaliener, dass der atemberaubende Körper der Britin in einem Taucheranzug steckte und warf einen Blick zu Sydney Fox herüber, die ebenfalls das neueste Modell aus der Reihe „Tieftauchermode für abenteuerlustige Archäologinnen“ trug , ein silbernes Neoprenimmitat, dass sich an ihren Körper schmiegte wie eine zweite Haut.
Der einzige Mann in der Runde unter Wasser lächelte. Hahn im Korb. Na das hatte doch Vorteile, oder?
Allerdings merkte er den Blick von Ziva, der sich erst in seine Seele bohrte und dann zu den anderen beiden Frauen herüberglitt.
„DiNozzo, wo denkst Du ausserdem wieder hin?“ , schalt er sich im Geist.

„Ich nehme an, ihr habt auch den Seeweg genommen?“
Die Stimme Lara Crofts wies einen starken, britischen Akzent aus und verriet darüber hinaus Neugierde. Ziva lächelte, fuhr sich durch ihre, ebenfalls feuchte Haarpracht und schob sich eine der normalerweise existenten Locken hinter ihr rechtes Ohr.
„Ja – wir… wir wollten dieses Schiff finden.“, erklärte sie und schaute die beiden Frauen an, die nun verblüfft die Augenbrauen hoben.
„Ihr kennt die Dragonfly ?“, fragte nun Sydney Fox und Ziva spürte, wie ihr Herz begann, schneller zu schlagen. Woher wussten diese beiden Archäologinnen von diesem Schiff?
„Und ihr?“
Zivas Frage war mit einem leicht-ironischen Lächeln ausgesprochen worden, „Seid ihr ebenfalls mit diesem Raumschiff vertraut?“
„Mit ihm“, beantwortete Lara nun die Frage, die ebenfalls wie ein Elefant im Raum stand, „Und mit dem ihn kommandierenden Captain.“
Und Lara begann, zu erzählen.


„Ladies, seit ihr dann mal fertig?“
Die Stimme des Mannes in der merkwürdigen Uniform, die Lara Croft zwar schon einige Male gesehen hatte, allerdings nur hinter einer Fernsehscheibe, verriet eine gewisse innere Unruhe. Die britische Archäologenlady spürte, wie die Unruhe auf sie abfärbte und gerade das konnte sie zu genau diesem Zeitpunkt nicht gebrauchen. Sie atmete tief durch,  ihr Odem passierte ihre vollen Lippen, während sie ihre braunen Augen kurz schloss, ehe sie sie wieder öffnete und weiter mit dem Pinsel die Erde bearbeitete, die sie vor sich hatte.  Neben ihr, in einem Top und Hotpants, Sydney Fox, die sich mit einem Archäologensieb daran machte, den Sand durch die Maschen rinnen zu lassen, auf dass irgendwas von Wert sichtbar wurde.
„Cal.“, hörte sie sich selbst sagen, legte den Pinsel zur Seite und wandte sich dem Captain der Sternenflotte zu, „Ich weiß, Du willst hier schnellstens wieder weg, aber – wir haben hier gerade den Durchbruch erzielt. Wir brauchen noch ein Weilchen.“
Diesem Satz setzte sie ein charmantes Lächeln zu und wandte sich wieder ihrer Arbeit entgegen. Das blaue Augenpaar Daniel Jacksons fixierte sie, sie hob den Kopf und zwinkerte ihm zu. Dieser nickte: „Militärs. Ich weiß genau was Du meinst, Lara.“

Damit versank die Angesprochene wieder in ihrer Arbeit, von der sie immer wieder fand, dass sie etwas zutiefst meditatives hatte. Sand sieben, Fundstücke mit dem Pinsel bearbeiten, zur Seite legen, ein Foto machen, Sand sieben, Fundstücke mit dem Pinsel bearbeiten, zur Seite legen, ein Foto machen, Sand sieben… irgendwann wurde die Arbeit monoton und Lara lief auf Autopilot. Diese Zeit nutzte sie, um ihre Gedanken schweifen zu lassen, über Aufbau und Struktur von den Vorträgen nachzudenken, die sie am Trinity-College halten wollte oder welchen Auftrag sie nach dieser Expedition annehmen sollte.

„Captain?“, riss sie das Knacken aus dem Funkgerät aus ihren Gedanken und sie hörte, wie der junge Mann neben ihr sich räusperte: „Ja, Colonel?“
„Erinnern Sie sich noch daran, dass ich Ihnen sagte, sie sollen sich bei diesem Tempel beeilen, wir wollten dort weg sein, ehe die ankommen, die dort angebetet werden?“
Lara gefiel die Richtung, die das Gespräch nahm, gar nicht und als sie den Sternenflottenoffizier neben sich unbehaglich schlucken hörte, wusste sie auch gleich, wieso.
„Lassen Sie mich raten“, murmelte der Captain in seinen nicht vorhandenen Bart, „Die Worshippees sind auf dem Weg?“
Kurz wart es Stille im Funk. Dann hörten sie das leise, geraunte Flüstern des Mannes mit dem Minnesota-Akzent: „Bestätigt. Wir sehen hier Bewegungen an der Baumlinie.“
Die braunen Augen Laras fanden sich von den Augen Cals angeblickt: „Packt zusammen – die Goa’uld kommen.“


Ziva hob den Kopf.
„Die Goa’uld?“
Sydney nickte: „Ja – wir waren mitten in ihrem Feindesgebiet, auf P5C-629 und…“

Feuer loderte um sie herum auf.
Sydney Fox duckte sich unter dem energetischen Rotationsellipsoiden, der deutlich ihrer Brust gegolten hatte, hinfort und warf sich im nächsten Moment in Deckung. Kurz hob sie den Kopf, um einen Blick auf ihren Gegner zu werfen, der ihr gerade wie eine kranke Mischung aus mittelalterlichem Ritter, etwa dem „dollen Jobst von Schloss Strünkede“ und einem Falken vorkam, nach dem Helm zu urteilen. Und dieser Falke sah sich gerade mit einem wild nach vorn preschenden Starfleetcaptain konfrontiert, der mit einem Kampfschrei losstürzte und mit einem gezielten Schlag den Bauch des Gegners bearbeitete – nur um seine Faust mit schmerzverzerrtem Gesicht von der Stelle zu nehmen, gegen die er gerade geschlagen hatte, angehoben zu werden und neben ihr, Sydney, zu landen.
Er rappelte sich auf, blickte sie an – sie konnte in seinen braunen Augen deutlich Schmerz funkeln sehen, als er seine Hand probehalber bewegte.
„Sind Sie in Ordnung?“, fragte Syndey, musste gegen das Gefauche der Waffen anschreien, die ihre Gegner da abfeuerten.
Ihr Gegenüber nickte – immer noch brannte Schmerz in seinen Augen – ehe er seinen Phaser hob: „Nichts, was Janet Fraiser nicht heilen könnte.“
Damit rollte er sich auf den Bauch, warf einen Blick über die zerstörte Mauer, die ihnen als Deckung galt und versuchte – so glaubte sie – die Entfernung abzuschätzen.
Kurz warf er noch einen Blick auf den reglos daliegenden Archäologen, neben dem sich gerade Lara aufrichtete: „Wie geht’s Daniel?“
„Von dieser Laserwaffe betäubt.“, rief Croft ihm entgegen, der nickte und ein „Die heißen Zat!“ von sich gab, ehe er sich wieder dem Soldaten, einem „Jaffa“, wie sie in der Missionsbesprechung gehört hatte, zuwandte.
„Und?“, grinste er dann, stellte an seiner Waffe etwas ein und blickte dann zu ihr herüber: „Haben Sie sich ihre erste Ausgrabung auf einem anderen Planeten so vorgestellt?“
Ein Lächeln schlich über ihre vollen Lippen: „Wenn ich ehrlich bin – es überrascht mich wenig.“

„Lass mich mal machen.“
Lara Croft zog ihre beiden Pistolen, begann, dem Gegner ein paar feurige Grüße entgegen zu schicken und duckte sich dann, als dieser das Feuer erwiderte. Der orangene Widerschein des Waffenfeuers erhellte ihr Gesicht und zeigte, dass sie – trotz ihrer oberflächlichen Selbstsicherheit – arge Zweifel daran hatte, ob sie aus dieser Situation herauskämen.
„Lara!“
Sydney sah, wie der Captain sich neben ihr aus seiner Deckung erhob, den Phaser auf den Gegner richtete und ihn unter Feuer nahm, währenddessen er versuchte, in die Nähe der Lady zu kommen.
Der Soldat, gegen den sie kämpften, schien dem Phaserstrahl zwar relativ wenig entgegenzusetzen zu haben, allerdings wurde er gleich durch einen weiteren Ritter-Falken-Typen ersetzt, der in irgendeiner fremdartigen Sprache etwas sagte. Entweder gab er Befehle von sich oder versuchte, zu verhandeln.
Dem gegenüber stand jedoch die gezückte Waffe, die Sydney Fox an einen der Stäbe erinnerte, die sie im tiefsten Ägypten während einer ihrer Expeditionen gefunden hatte.
Cal war inzwischen bei Lady Croft angekommen, warf sich in Deckung, rappelte sich dann hoch und begann in kurzen Intervallen Phaserschüsse auf den Soldaten abzugeben.
„MISS FOX!“, brüllte er, „Kommen Sie her!“
Irgendwie war das ein sehr verführerischer Gedanke.
Dann begann das Konzert.

Stabwaffensalven erklangen wuchtig und mit großem Getöse, während über ihnen – über der Wolkendecke des Planeten ein lautes Fauchen verriet, dass etwas – Sydney wusste nicht so ganz was – sich ihrer Position näherte. Phasersalven sangen in einem hohen Ton, zischten über sie hinweg, während ihre Füße rhythmisch auf den Boden hämmerten und sie weitertrugen.
Und wenn sie in die braunen Augen des Sternenflottenoffiziers blickte, wusste er, was dieses Geräusch verursachte und schien panisch zu sein. Dann stieß es durch die Wolkendecke.
„TODESGLEITER!“, schrie Cal, warf sich herum, riss seinen Phaser hoch und feuerte. Die Energie zerbarst an dem Gefährt, ohne nennenswerten Schaden zu hinterlassen.


„Und wie habt Ihr euch kennen gelernt?“, fragte sie attraktive Israeli
Die „Tomb Raider“in lächelte Ziva zu, klopfte ihr kameradschaftlich auf die Schulter: „Das erzähl ich euch gleich. Erstmal müssen…“
„Lara, bitte melden.“, unterbrach eine Stimme die attraktive Britin, die mit den Augen rollte und nach ihrem Funkgerät griff: „Ja, Zip, wir sind sicher angekommen und machen uns gleich auf den Weg. Aber wir haben jemanden gefunden.“
Damit reichte sie das Funkgerät an Ziva weiter, die grinste: „Hey, Zip. Schön mal wieder von dir zu hören.“
„Z… Ziva?“, erklang die britische Stimme eines Mannes und Tony hob verwundert den Kopf. Die hübsche Israeli wandte sich him zu, schenkte ihm ein Zwinkern und ein Lächeln und sagte dann: „Lara und Zip haben mal in Israel gegraben, so wie Sydney und Nigel.“
Dann aktivierte sie das Funkgerät: „Ist eigentlich auch Nigel bei dir?“
Eine weitere britische Stimme begann, zu sprechen: „Hey, schön dich zu hören, Ziva.“
Das Grinsen Zivas wurde breiter: „Wenn wir hier rauskommen, lade…“
Weiter kam sie nicht, denn plötzlich war Tony bei ihr, presste ihr die Hand auf den Mund und schaute sie mit einem scharfen, eindringlichen SHHHT-Laut an.
„Niemals sagen, was du machen würdest, wenn du hier rauskommst. Das ist doch die erste Regel des Filmes.“, zischte er ihr zu und sah dann, dass Lara ihre beiden Pistolen auf ihn gerichtet hatte.
Über die Mündung zu ihm blickend, lächelte sie: „Tony DiNozzo – kann es sein, dass Sie mit Captain Cat verwandt sind?“

„Wieso?“
Irgendwie hatte Tony das Gefühl, gerade etwas ziemlich unintelligentes gesagt zu haben, aber – er und Cal verwandt? Nein, das konnte er sich so nicht vorstellen. Und überhaupt – Ziva und die Männer von Sydney und Lara… wo kam er denn da hin?
Irgendwie spürte er gerade eine leichte Eifersucht in sich aufsteigen, wenngleich der rationale Teil von ihm sagte, dass es dazu keinen Grund gab. Ziva liebte ihn – dessen war er sich sicher.
Sydney hob den Blick, legte den Kopf schief und lächelte.
„Könnte aber auch Verwandtschaft von Nigel sein – aber Cal und Nigel sind sich ja streckenweise auch sehr ähnlich.“, sagte sie, ehe Ziva die hübsche Hawaiianerin wieder anblickte: „Ihr wolltet uns erzählen, wie ihr euch kennengelernt habt.“
Erneut quäkte das Funkgerät, das offenbar das Drehbuch gelesen hatte, auf: „Lara, Sydney, Ziva? Wir haben die Koordinaten eures Schatzes herausgearbeitet und schicken es auf dein Navigationsgerät, Lara.“
„Danke, Zip.“, lächelte die hübsche Tomb-Raiderin und schaute dann zu ihrer Kollegin, der Relic Hunterin: „Möchtest Du es erzählen?“
„Gerne.“


Sie hätte nicht gedacht, dass dieser Tag, dieser 15. März, so interessant werden würde. Betrachtete man allerdings das Datum – 15. März, die Iden des März, der Tag, an dem Brutus zusammen mit anderen Mitverschwörern Gaius Julius Cäsar auflauerten und ihn mit 42 Messerstichen eliminierten -  hätte man allerdings drauf kommen können, dass es kein allzu gewöhnlicher Tag werden würde.
Noch lief allerdings alles seinen normalen Gang. Sie hatte sich in ihrem Büro einen Kaffee gegönnt, las noch einmal im Plan nach, was sie ihren wissbegierigen, jungen Studenten heute beizubringen hatte, als es plötzlich in der Tür klopfte und Nigel sie aus braunen Augen anblickte: „Syd? Du sollst zum Dekan kommen.“
Verblüfft runzelte sie die Augenbrauen. Was konnte Dekan Meyers von ihr wollen? Lag es etwa an ihrer letzten Expedition, die sie ins tiefe Ägypten geführt und von der sie mit einer Vase wiedergekehrt war, die alles, was es bisher zu glauben galt, auf den Kopf stellte?
Sie wusste es nicht, folgte aber der Bitte ihres Vorgesetzten.

Nachdem sie an der Tür geklopft hatte, betrat sie das Büro und sah sich – zu ihrer Überraschung – nicht nur mit dem Dekan konfrontiert, sondern auch mit ihrem Doktorvater, der sie aus lebenslustig-funkelnden Augen anblickte, ihr zuzwinkerte und mit einer kehlig-klingenden Stimme ein „Setz Dich doch“ sprach, wobei er auf den gepolsterten Sessel deutete, der vor ihm stand.
Wieso war ihr Doktorvater hier? Es war ja nun nicht so, als habe sie unsauber zitiert oder abgeschrieben und man würde ihr ihre Dissertation aberkennen. Sie konnte sich die Augenbrauen heben fühlen, trat auf den Sessel zu und ließ sich nieder.
Professor Henry ‚Indiana’ Jones Junior lächelte ihr zu.
„Schön, dich zu sehen, Syd.“, sagte er. Da sie nicht wusste, wie sie auf den alten Fuchs reagieren sollte, zuckte sie mit den Schultern, lächelte – wie sie hoffte – so ehrlich, wie es ihr gerade möglich war, zurück, stand dann auf und nahm ihn in den Arm.
Sich lösend, ließ sie sich wieder in den Sessel fallen: „Professor Jones?“
„Indy. Bitte, ich bestehe drauf.“
„Gut“, zuckte Sydney mit den Schultern, „Indy – wie kann ich Dir helfen?“
Das Professor Jones nicht mehr der jüngste war, war allgemein bekannt. Doch jetzt ergriffen ungeahnte Lebensgeister Besitz von ihm. Er stand auf – tatsächlich, ohne sich auf irgendwas zu stützen – und ging langsam, aber sicher, einen Schritt vor den nächsten setzend, auf den Schreibtisch des Dekans zu, der ihn verblüfft anblickte: „Professor, hätten Sie doch was gesagt. Ich hätte ihnen den…“
„Ich bin kein Krüppel, Phil!“
Dieser Satz wurde mit einer solchen Schärfe gesprochen, dass Dekan Meyer es nicht wagte, ihm zu widersprechen.
Sydney kannte diesen Tonfall sehr, sehr gut. Obwohl Indiana Jones durch die ganze Welt gereist war, Artefakte um Artefakte heimgebracht hatte, war er – was die Mitarbeit in seinem Studienfach anging – geradezu erschreckend konservativ. Oder besser: Man durfte schon seine Meinung sagen – wenn sie allerdings nicht zu der des Professors passte, konnte es passieren, dass man angeblafft wurde. So war es ihr und ihrer besten Freundin und „Dormmate“ Lady Lara Croft hin und wieder ergangen und es leuchtete ihr ein, dass sich Lara diesem Druck nicht unterwerfen wollte. Dazu war sie viel zu sehr Freigeist und da kam ihr der Deutsche Werner von Croy gerade recht, der sie unter seine Fittiche nahm.
Sydney Fox blieb am College, promovierte unter den strengen Augen Henry Jones Junior und übernahm später seinen Posten und – mehr oder weniger symbolisch – sogar die Peitsche.

Als Indy zurückkam, hielt er einen Kristalltotenschädel in der Hand.
Sydney betrachtete das Ding, zuckte mit den Schultern und sagte: „Einer der zwölf Kristalltotenschädel der Mayas?“
Kaum, dass sie dies gesagt hatte, konnte sie in Indys Gesichtsausdrücken eine Veränderung erkennen, ein nuanciertes Mimenspiel, als würde er in Gedanken etwas durchleben, das er am Liebsten niemandem erzählen wollte.
„Mehr oder weniger. Gefunden in Belize von einem engen Freund von mir.“
Sydneys Kopf ruckte hoch.
„Doktor Nicolas Ballard?“, fragte sie und Jones nickte. Sie kannte die Geschichte, wusste, dass Ballard nach dem Fund des Schädels als Verrückt abgestempelt wurden war und, dass er vor einigen Tagen aus dem Sanatorium, in dem er sich befunden hatte, entlassen worden war.
Verblüffenderweise auf Geheiß seines Enkelsohnes – der, genau wie sein Großvater, in der Welt der Archäologen über Nacht zur Persona non grata wurde.
Als Syd hinter sich ein Räuspern hörte, drehte sie sich um und sah in die babyblauen Augen des Mannes, der Doktor Ballard aus dem Sanatorium geholt hatte. Doktor Daniel Jackson – der gerade den Raum zusammen mit Lara Croft betreten hatte.
Kurz blickten die beiden Archäologinnen einander an, Syd nickte ihrer besten Freundin zu, was diese mit einem kaum wahrnehmbaren Zwinkern quittierte.
Dann wandte sich Sydney an Daniel, schaute ihn kurz von oben bis unten an, streckte dann die Hand aus und sagte „Doktor Jackson – ihr Ruf eilt Ihnen voraus.“
„Ja, was das angeht…“, setzte Daniel an und schien etwas sagen zu wollen, schwieg jedoch, als er aus dem Büro der Dekanssekretärin eine empörte Frauenstimme hörte, die ein „Ohne Termin kann ich sie nicht durchlassen!“ von sich gab, ehe sich die Tür erneut öffnete und eine wunderschöne Blonde, ein grauhaariger, beinahe schon gelangweilt dreinblickender Kerl, ein hochgewachsener Afroamerikaner mit einer Fedora auf dem Kopf, sowie ein freundlich, aber nicht wirklich intelligent wirkender Mann mit militärischem Bürstenschnitt im Raum standen.
Der junge Mann blickte zu ihr herüber, nickte kurz, ehe er sich an Daniel widmete: „Haben wir es dann?“



„SG-1 ist echt in kompletter Kompaniestärke bei Dir aufgetaucht?“
Ziva wusste nicht so ganz, ob das nun Verblüffung war, die sie empfand oder der Gedanke „Das war mir irgendwie so klar“ durch ihr Denkstübchen spukte. Sie waren auf dem Weg zu – was auch immer – und die Israeli kam nicht umher, festzustellen, dass die Dragonfly irgendwie ramponiert wirkte.
„Ich sag dir, so war das.“, grinste Sydney und warf einen Blick zu Lara, die auf ihr Navigationsgerät sah und dann ebenfalls lächelte: „Am Anfang hielt ich ihn ja für einen verrückten Cosplayer. Für einen totalen Spinner – wie er auf mich zukam, mir zunickte, seine klar-als-solche-erkennbare Spielzeugpistole hob und mit diesem optimistischen Grinsen sagte ‚Keine Sorge, Lady Croft. Kommen auch bessere Zeiten.’“
„Ein Cosplayer?“
Die Stimme des Halbitalieners verriet eine gewisse Ratlosigkeit und er blickte zu Ziva herüber, die ihn anlächelte.
„Ein Cosplayer, mein kleiner Pelzarsch“, setzte sie zur Erklärung an, „ist jemand, der sich auf einer Convention verkleidet und für die Dauer dieser Convention oder auch nur die Dauer eines Auftrittes eine bestimmte Rolle spielt.“, ehe sie sich dann an Sydney und Lara wandte: „Weswegen seid Ihr nun eigentlich hier?“
Lara lachte: „Oh – wir suchen nur nach dem Captain oder der XO – nach irgendwas, das uns helfen kann, die Dragonfly zu heben.“

So langsam aber sicher fragte sich der nicht-mehr-Special-Agent-Timothy-Mc-Gee-der-eigentlich-Timothy-Hansen-hieß, ob er durchdrehte. Eigentlich war für ihn alles klar – er hatte genug schlechte Star Trek Episoden gesehen und wusste , dass er sich nur in einem Holodeck befinden konnte . Dabei musste es sich aber um ein sehr fortschrittliches Holodeck-System handeln, wenn es ihm eine so detaillierte und vor allem so persönliche Situation vorspiegeln konnte.
Kurz hielt er inne.
Das Geplapper um ihn herum, der falsche Hochzeitsempfang der vom falschen Tony Senior falsch finanziert und vom falschen Tony Junior falsch zelebriert wurde, den er im falschen Adams House mit seiner falschen Frau abhielt – wenn er so darüber nachdachte, klang das fast ein wenig paranoid – trat in den Hintergrund und er begann, eine Faktensammlung anzulegen.
Was wusste er?

Eigentlich nicht viel – um ihn herum reagierte jeder so, wie man es in einem schlechten Psychothriller erwartete. Man gab sich ausgesprochen ausgelassen – wie es der Situation wohl auch in der Realität geschuldet wäre – aber er hatte das Gefühl, dass, wenn er nach den Ereignissen die zu dieser Situation führten, fragen würde, keine zufriedenstellende Antwort bekäme.
Es war für McGee eigentlich sowieso klar, dass er in dieser Traumwelt, die ihm wer-auch-immer anbot nicht all zu lange verweilen würde können und der im Türrahmen stehende, ihn warnend anblickende Leroy Jethro Gibbs war ein mehr als nur deutliches Zeichen.  Er musste aufwachen, so sehr ihn das auch schmerzte. Wenn er ehrlich war gefiel ihm diese Traumwelt, die ihn zusammen mit Jessica Hanson als Bräutigam und Braut platzierte. Das hatte doch wirklich was Schönes, aber -  leider, leider – war das alles nur ein Traum.
Und Träume sind Schäume und mussten enden, platzen wie Seifenblasen, die auf Schaumkronen tanzten. Es gab keinen anderen Ausweg.
Also holte er tief Luft, wandte sich an seine ihm-doch-nicht-angetraute-weil-nicht-reale-Ehefrau, küsste sie auf die vollen Lippen, was von anderen genau-so-wenig-realen Zuschauern mit einem großen Gejohle und einem Riesen-Hallo kommentiert wurde, erhob und verneigte sich formvollendet, ehe er in die falschen, hübschen blauen Augen Jessicas blickte.
„Schatz“, sagte er und lächelte sie an, „Ich muss dich jetzt verlassen.“

Wer auch immer für die Programmierung des Holodecks zuständig war – er wusste, wie man mit Frauen sprach, wie Frauen reagierten, was man von McGee nicht behaupten konnte.
Für einen Mann, der sein Brot mit Fallermittlungen verdingte, war das eigentlich kein Problem. Für einen Mann, der seinen Brotaufstrich jedoch damit verdiente, als Autor die richtigen Worte zu finden, ist dies schon peinlich. Andererseits ist es ja nicht gegeben, dass derjenige, der von Berufswegen Worte verwendet um sie in gut klingende Satzkonstrukte (möglicherweise gar noch mit Inhalt gefüllt) zu metamorphieren, in spontanen ad hoc Unterhaltungen ein ebensolches Musterbeispiel an Eloquenz und Esprit ist. McGee war jetzt wortfindungstechnisch kein Stümper, den genialen Formulierungskonstrukten eines Thom E. Gemcity hatte er jedoch wenig entgegenzusetzen.
Dass Timothy Hansen-oder-Nicht-Hansen nun mit Anlauf und Füße voraus in das größte Fettnäpfchen gesprungen war, dass da so rumstand, dürfte klar sein und auch, wie die Ehefrau, die Verwandtschaft und die Bekanntschaft auf diesen Satz reagierte.
Erst legte sich Stille über den Saal wie ein Leichentuch, dessen Bleiche mit der Haut der guten Jessica konkurieren konnte,  Tim spürte die Blicke des gesamten Saales – ach was -  von ganz D.C. auf sich ruhen, ehe er schluckte und ein „Ich muss auf… ich muss wohin.“ stammelte, dass seine Wirkung, ein erleichtertes, lauthalses Lachen nicht verfehlte.
Jessicas Haut, die in ihrem Kleid mehr als deutlich zu sehen war, gewann merklich an Farbe zurück, in ihren Augen funkelte eine leise, nicht ganz ernst gemeinte, Drohung aus der Schiene „Komm Du mir erst mal nach Hause“, dann entließ sie ihn mit einem ebenso gütigen, wie erhabenen, Nicken.
Und gerade, als er die Tür zur Eingangshalle erreicht hatte, von wo aus er eigentlich in „sein Zimmer“ gehen wollte und sich nach eventuellen Hinweisen, dass hier gerade ein Betrug in ganz großem Stil vor sich ging, dass er in einem Holodeck war und nur noch keine Möglichkeit gefunden hatte, es abzuschalten, sah er, wie sich Tony DiNozzo Junior erhob und auf ihn zukam.
Großartig.

Das Einzige, was er jetzt nicht gebrauchen konnte, war eine Unterhaltung mit einem Tony DiNozzo Junior, der sich so verhielt wie der echte, von dem er – McGee -  aber sicher war, dass er eine Kopie, ein Hologramm war, dafür aber nicht bereit war, sein komplettes 13. Jahresgehalt zu verwetten und das Bedürfnis zu befriedigen, das er schon seit Jahren spürte, wenn er Tony sah – den Wunsch, etwas mit ihm zu tun, das komplett abseits jeglicher Regeln war und – bevor die Tony/McGee-Shipper hier jubeln – ich spreche von dem Wunsch, dem Halbitaliener eine reinzuhauen.
Aber  - DiNozzo Junior hielt Kurs auf ihn, nickte unterschiedlichen Personen, die sie beide kannten, freundlich zu, sagte Gemeinplätze wie „Wir müssen uns gleich weiter unterhalten, aber ich muss mich jetzt mal um den Bräutigam kümmern“ und war schließlich bei ihm angekommen.
Toll – jetzt stand halt wirklich nur noch der Gang zur Toilette an.

Tony stand am Urinal, er selbst hatte sich in eine der Kabinen verzogen. Bald würde es kommen – bald würde dieses Gespräch…
„Du scheinst nicht begeistert von deiner Hochzeit zu sein.“
Japp, da war der Gesprächsanfang. McGee fluchte in Gedanken. Er hätte in dieser Traumwelt lieber Lotto spielen sollen.
„Das ist es nicht.“, sagte er und hoffte – betete – dass der falsche Tony ihn in Ruhe lassen würde, obschon er wusste, dass genau das nicht eintreten würde.
Und es trat nicht ein.
„Deine Gattin-Gemahlin ist eine wunderschöne Frau.“, hörte er die Stimme DiNozzo Juniors und rollte mit den Augen. Gattin-Gemahlin? Verwendet diese Worte heute überhaupt noch jemand? Und wenn er als Autor das nicht wusste…
„Ich weiß.“, erwiderte er und es war ihm eigentlich egal, ob Tony nun real oder irreal war – eigentlich wollte er weg und fragte sich, ob es einen Weg gab, sich aus dieser Nummer herauszustehlen. Und wenn er ganz ehrlich war, fragte er sich, wo genau diese Einstellung herkam? Brauchte er tatsächlich nur das Bild eines mürrisch-warnend dreinblickenden Leroy Jethro Gibbs, der eigentlich schon tot sein sollte, damit er das, was er vor sich sah, als irreal abstempelte? War er so versessen darauf, tatsächlich unglücklich zu sein?
Hier – wenn diese Welt real war – hatte er Freunde, die für ihn ein großartiges, gigantisches Hochzeitsfest ausgerichtet hatten. In dieser anderen Welt hatte man ihm gerade in den Kopf geschossen und das konnte er eigentlich nicht überlebt haben. Vielleicht ging es ihm auch wie DCI Alex „Schampusschlüpfer“ Drake aus der britischen Serie „Ashes to Ashes – Zurück in die 80er“? Vielleicht war die Kugel in seinen Kopf eingedrungen und er war zwischen Leben und Tod gefangen? Vielleicht war dies auch seine Belohnung, sein Himmel dafür, dass er immer sein Bestes gegeben und Recht und Ordnung verteidigt hatte?
Wer war er, dass er sich gegen eine so übermächtige Realitätsimmitation auflehnte, die eventuell sogar realer war, als die Realität?

„Machen wir doch mal eine Faktensammlung.“, murmelte er, was von Tony mit einem verblüfften „Was?“ quittiert wurde.
„Nicht wichtig.“, rief der Informatikfachmann zurück, „Wenn Du mich bitte jetzt allein lassen würdest? Ich bin gleich fertig.“
Ein paar Schritte, die verstummten, später, legte McGee den Kopf schief.
Machen wir den Überschlag.
Was steht auf der Pro-Seite, was ist in der Contra-Abteilung vorzufinden?
Dafür, dass dies die Realität war, sprach eigentlich recht wenig – um genau zu sein: Fast gar nichts.
Was bedeutete dies im Umkehrschluss? Die Beweislast, dass sich McGee in einer Umgebung befand, die mit der Realität, wie er sie kannte, nicht viel gemein hatte, war überwiegend und erdrückend.
Hier war er mit dieser wunderschönen Frau verheiratet, wieder zurück in Washington und hatte die, die er schon lange nicht mehr gesehen hatte, getroffen – hauptsächlich seinen Onkel Jack McGee, den alle als Spinner abgetan hatten.
Das war doch eigentlich typisch für solche Geschichten, die davon handeln, dass jemand aus der rosa-roten Fantasiewelt wieder in die harsche und grimme Realität zurückkehren sollte.
McGee seufzte und zuckte zusammen, als es an die Toilettentür klopfte.
„Ich bin gleich fertig!“, rief er und dachte im selben Moment, dass dies wohl die blödesten letzten Worte gewesen wären, wenn ihn jemand auf dem Gewissen zu haben plante.
Dafür gab es aber keinen Hinweis.
Seufzend betätigte er die Spülung, öffnete die Tür und blickte in die eisblauen Augen Gibbs.
„Wach auf, Tim.“, sagte er nur, berührte seine Stirn und…

Timothy McGee schreckte hoch.
In was er sich befand, konnte er gar nicht beschreiben, es erinnerte ihn an eine Art Mischund aus „Sessel“ und „im 45 Grad Winkel stehende Trage“, aus der – und hier klang es fast wie in einem dieser sehr merkwürdigen Animes – eine Art Tentakel herauswucherten, ihn festgeschnallt hatten und sich nun zurückzogen. Seine Schläfen pochten und er setzte all seine Kraft ein, um von diesem Ding wegzukommen. Er sprang, taumelte, strauchelte, schlug hart auf und blinzelte. Desorientierung machte sich in ihm breit, als er sich aufrichtete und versuchte, herauszufinden wo er war. Er merkte wie ihm übel wurde und konnte nicht verhindern, dass die Natur ihr Recht forderte. Ein Mülleimer wurde ihm hingehalten, den er dankbar verwendete, ehe er die Person anblickte, die ihm den Eimer hingehalten hatte.
Gibbs legte den Kopf schief, hielt ihm die Hand hin und sagte: „Dann komm mal hoch, McGee.“

 

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