Hat sich Star Trek Gesellschaftlich und Technologisch weiterentwickelt, oder doch irgend wann einmal stehen geblieben?
Das ist eine gute Frage und ein cooler Diskussionsthread!

Nun, TOS wurde ja nicht müde, zu betonen, dass die Menschheit nicht mehr die des 20. Jahrhunderts ist und es auch teilweise wirklich vorgelebt, um gleichzeitig nicht müde zu werden, zu betonen, dass Aspekte wie eine gewisse Aggressivität noch immer Teil der menschlichen Natur sind.
Bei ENT fand ich den ein oder anderen Ansatz - negativ fiel hier ja vor allem die dritte Staffel auf - immer wieder mit dem Argument entschuldigt, dass Archer und seine Leute einfach näher an der gegenwärtigen Mentalität sind. Umso merkwürdiger war es dann, wenn Archer selbst plötzlich wie aus dem Stand die Oberste Direktive erfand, obwohl das eine ziemlich ungerechte Einschätzung ist, immerhin ist auch unsere Gesellschaft zu der ein oder anderen sozial-verträglichen, taktvollen oder rationalen Verhaltensweise in der Lage

Ich finde aber schon, dass man einen Schritt von ENT zu TOS sehen könnte. Ich mache das gefühlt vor allem an dem lockeren Umgangston fest, der nicht aufgesetzt erschien, sondern davon zeugte, dass die Weltraumreisen weniger Anspannung an sich bedeuteten. Kirk, aber auch andere Offiziere der Sternenflotte wirkte bzw. wirkten sehr oft souverän. Das sieht man auch daran, wie sehr sich die Rolle der Menschen gewandelt hat. Nicht erst bei TNG fängt die Crew der "Enterprise" an, Außerirdischen die Welt zu erklären und den Ausweg aus der ab und an selbst verschuldeten Unmündigkeit zu erklären. Gleichzeitig ist ein typischer TOS-Topos doch auch, dass die ein oder andere höher entwickelte Lebensform den weiteren Kontakt mit der Föderation (bzw. den Menschen) verweigert, weil sie ihnen zu "wild" ist.
Das hat sich bei TNG fast schon ein wenig geändert. Inzwischen ist die Föderation (einmal mehr: sind die Menschen) schon interessanter geworden; man denke an den Reisenden.
Speziell in der ersten Staffel merkt man für mein Dafürhalten, dass sich schon was getan hat. Vielleicht fremdelt man als Zuschauer dann, weil einem einige Aspekte zu distanziert, zu friedlich-harmonisch, fast seelenlos vorkommt. Trotzdem hatte ich hier das Gefühl, es wirklich mit einer Gesellschaft zu tun bekommen zu habe, die sich echt verändert hat. Das machte auch die Weltraumreisen - so schwach einige Geschichten der ersten Staffeln auch waren - wiederum wirklich spannend.
Das verwässerte sich mit der Zeit und das Gefühl, etwas geseschaftlich Neues zu sehen, ging für mich im Verlauf der Serie auch verloren.
DS9 ist ein echter Rückschritt gewesen. Diese Gesellschaft hat für mein Dafürhalten fast nichts mehr mit der "Lernkurve" von ENT, TOS und TNG zu tun: Kaum wird es eng, brechen die üblen Urinstinkte wieder durch. Auf dem Altar der Actionlastigkeit wurde da alles geopfert.
VOY zu beurteilen, fällt mir schwer. Das ist so ein "Mittelwesen", eine Serie, die sich aus derselben Grundlage wie TNG und DS9 speist und vielleicht wirklich zwischen diesen Extremen hin und her pendelt. Zur Serienprämisse, nämlich, dass man in der Ferne gestrandet war, kam es ja eigentlich durch eine "gute Tat". Aber auch Janeway hatte ab und an keine Probleme damit rücksichtslos zu handeln - Ransom als zweiter Captain dieses Schicksal zeigte ja auch, wozu man negativ in der Lage war.
In technologischer Hinsicht hat sich in den zwei Jahrhunderten der Sternenflotte, die wir gesehen haben, erstaunlich wenig getan.
Das führt mich auch zu einem anderen Punkt...
Ich denke, eine Gesellschaft wie Star Trek, ohne Gier, Neid und Währung welche entdeckt hat was sie entdeckt haben, sind zu mehr fähig als Beamen und Warp 9.99..... irgendwas.
Das denke ich einerseits auch; aber andererseits...
... In
Stanislaw Lems Roman "Transfer" (auch unter dem Titel "Rückkehr von den Sternen" im Umlauf) kehrt ein Astronaut auf eine Erde zurück, die sich gegenüber dem Stand von vor über hundert Jahren, als er sie verließ, stark verändert hat.
Konflikte und Aggressionen gibt es nicht mehr; alle leben in völliger Harmonie, in einem Utopia miteinander. Verloren gingen damit aber auch einige Triebfedern des Schaffens.
In einer Gesellschaft, in der an sich kein Grund besteht, etwas zu ändern, weil man so zufrieden ist, nun, in so einer Gesellschaft könnte es vielleicht wirklich geschehen, dass sich auch die Kurve des (technologischen) Fortschritts wieder abflacht.