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50 Jahre Star Trek - unsere Lieblingsfolgen
Max:
Noch habe ich "Darmok" nicht wieder angeschaut, aber ich meine mich noch durchaus erinnern zu können, deswegen wage ich den Einstieg in die Diskussion schon jetzt :)
Ich mochte den sprachlichen Ansatz auch sehr. Mich hat allerdings schon früher gewundert, dass das gesamte Vokabular der Kinder von Tama ja schon problemlos übersetzt werden konnte. Aber anders hätte das Konzept ja doch nicht funktioniert, sonst wäre es nicht ganz so schön aufgegangen. Die Idee war echt originell, man hätte die Andersartigkeit fremder Spezies gerne öfter aufgreifen können.
Lustig ist aber auch, dass die Sprache der Tamarianer auch durch die "Ignoranz" eines Zuschauers - nennen wir ihn Max ;) - in dessen Rezeption humoristische Momente bekommt. Wie war das doch gleich? "Der Fluss Temarc... ...im Winter!" :)) Wobei man hier eben auch sieht, wie schnell man eine Sprache im Kontext und in Kombination mit Gesten verstehen kann, denn die frühe Szene auf der Brücke zwischen dem tamaranischen Captain Dathon und seinem mutmaßlichen Ersten Offizier erschließt sich ja sofort :)
VGer:
--- Zitat von: Max am 09.05.16, 21:28 ---Ich mochte den sprachlichen Ansatz auch sehr. Mich hat allerdings schon früher gewundert, dass das gesamte Vokabular der Kinder von Tama ja schon problemlos übersetzt werden konnte.
--- Ende Zitat ---
Was mich daran irritiert ist folgendes ...
Es gibt ja offensichtlich Worte, die problemlos übersetzt werden können. "when the walls fell", "on the ocean", "with arms wide" usw. (sorry, hab die Folge auf Englisch gesehen und es ist mir jetzt zu blöd eine Übersetzung zu suchen bzw. aus dem Ärmel zu wurschteln). Außerdem - aber vielleicht gehe ich da zu sehr vom bias der menschlichen Sprachen aus - muss es eine Möglichkeit geben, wie die Kinder dieser Spezies (die Kinder der Kinder von Tama, sozusagen ;) ) ihre Sprache erlernen. Klar, Mutterspracherwerb funktioniert nach anderen Regeln und Prinzipien als Fremdsprachenlernen später im Leben, aber gerade solche Allegorien sind schwerer intuitiv zu begreifen als z.B. grammatikalische Strukturen ... also gehe ich davon aus, dass die Kinder irgendwann die Legende von Darmok und Jalad auf Tanagra erzählt bekommen um zu verstehen was es damit auf sich hat und die Redewendung dann korrekt einsetzen können (so wie mich mein blitzgescheiter Sechsjähriger letztens gefragt hat: "auntie, what's a compromise?" - klar erschließt sich vieles aus dem Kontext, wenn man es oft genug hört, aber eben nicht alles und nicht detailliert, vor allem nicht wenn es um komplexe Sachverhalte geht). Von daher wundert es mich, dass der Tamarianer einfach weitergeredet hat als sei Picard ein anderer erwachsener Tamarianer anstatt die Bedeutungsebenen herunterzubrechen.
Gerade weil es Worte gibt, um komplexere Sachverhalte, die durch diese Bildsprache ausgedrückt werden, darzustellen, frage ich mich wie weit das eigentlich geht. Nehmen wir mal an, dass ein Tamarianer einem anderen erklären möchte, dass eine Mauer eingestürzt ist ...
T1: Shaka, when the walls fell!
T2: (mitfühlender Blick)
T1: No, I mean, Shaka, when the literal wall literally fell!
--- Oder gibt es für diesen Kontext ein eigenes Bildkonzept wie, "Dumbass, when he failed his constructions exam"? :D
Und was passiert, wenn etwas passiert, das noch nie passiert ist und es deshalb keine Allegorie dafür gibt? In unserem Sprachkonzept (gerade im Deutschen, der ultimativen Endloswortkombinationsmöglichkeitensprache) kann man einfach ein Wort erfinden und erklären, aber ... joah. Fragen über Fragen.
Hier habe ich übrigens einen spannenden Artikel zum Thema gefunden: http://www.theatlantic.com/entertainment/archive/2014/06/star-trek-tng-and-the-limits-of-language-shaka-when-the-walls-fell/372107/
Max:
--- Zitat von: VGer am 09.05.16, 21:55 ---Gerade weil es Worte gibt, um komplexere Sachverhalte, die durch diese Bildsprache ausgedrückt werden, darzustellen, frage ich mich wie weit das eigentlich geht. Nehmen wir mal an, dass ein Tamarianer einem anderen erklären möchte, dass eine Mauer eingestürzt ist ...
--- Ende Zitat ---
Uh, keine Ahnung. Ich sehe da spontan zwei Ansätze.
Der erste wäre vielleicht: Vielleicht denken die Kinder von Tama gar nicht mehr so konkret, vielleicht geht es bei ihnen in erster Linie um die großen Züge und so machen die Tamarianer das Konkrete, das Profane sozusagen mit sich selber aus, und schließen es damit aus dem kommunikativen Akt der Gesellschaft aus.
Der zweite Ansatz würde vielleicht lauten, dass die Kinder von Tama für die konkreteren Ereignisse einfach andere Bilder benutzen: Dann wird eben auf ein Ereignis angespielt, wo tatsächlich mal eine Mauer eingestürzt (oder, schlichter, etwas kaputt gegangen) ist.
--- Zitat von: VGer am 09.05.16, 21:55 ---Und was passiert, wenn etwas passiert, das noch nie passiert ist und es deshalb keine Allegorie dafür gibt?
--- Ende Zitat ---
Da gibt es doch diesen netten Witz... Sinngemäß:
Sitzt ein Mann in einem Restaurant neben einer geschlossenen Gesellschaft. Mit einem Ohr hört er deren Unterhaltungen mit; geht auch nicht anders, denn sie sind sehr vergnügt und nicht eben leise. Sie rufen sich immer wieder Zahlen zu und lachen anschließend:
-"22!"
-"Ha, ha, ha!", "Ho, ho, ho!"
-"17."
-"Hihi!", "Hahaha!"
Daraufhin spricht der Gast einen aus der Gesellschaft an und fragt:
-"Entschuldigung, aber was hat das zu bedeuten?"
-"Wir sind alle Mathematiker und treffen uns in regelmäßgien Abständen und erzählen uns Witze. Und weil wir sie uns immer wieder erzählen, haben wir ihnen einfach Nummern gegeben und jetzt genügt es, wenn wir einfach die Nummer sagen und dann wissen wir ja, welcher Witz gemeint ist.
Der Gast staunt und bedankt sich für die Information. Das Schauspiel geht weiter: Die Mathematiker nennen Zahlen, es folgt Lachen. Dann:
-"62!"
Diesmal ist das Gelächter besonders laut. Der Gast wendet sich wieder an den Mathematiker und sagt:
-"Na, der Witz war jetzt aber wohl besonders gut, oder?"
Daraufhin der Mathematiker:
-"Nein, der war neu!"
:))
Nun, aber wenn wirklich etwas neues geschieht, wird dieses Geschehen eben zum Ausgangspunkt einer neuen Allegorie. "Dathon und Picard auf El-Adrel" eben. Die Vermittlung dieses Ereignisses ist das eigentliche Problem. Vielleicht ist der Weg, den Dathon beschritten hat, gar nicht so ungewöhnlich: Vielleicht wird da viel nachgestellt und vorgespielt (wie ein Schauspieler, nicht "vorspielen" im Sinne von "täuschen").
EDIT: Rechtschreibfehlerkorrektur
Leela:
Ich mag die Darmok Folge nicht so sehr... sie ist ein TNG Klassiker aber sie hat für mich erstaunlich wenig Wiedersehwert. Mein innerer Faulromulaner hat sich denn auch geweigert sie nochmal rauszusuchen... und deswegen wird das auch etwas kürzer.
Was mich an der Folge am mit stört ist, dass sie quasi eine Mischung aus „Enemy Mine“ und der TOS „Arena“ (← Gorn) Folge ist. Die Bedrohung von Picard und dem Fremden durch die unsichtbare Bestie entfaltet auch (für mich) relativ wenig Spannung. Es ist klar das Picard nicht sterben kann und damit ist auch klar wohin die Folge läuft.
Die Sache mit der Sprachbarriere wirkt dann (auf mich) auch reichlich an den Vokalen herbeigezogen und abstrus. Denn generell neigt lebendige Sprache zur Vereinfachung. Sprache entwickelt sich und schleift sich ab. Typisches Beispiel ist unser Auto... das früher einmal das Automobil war. Oder auch der Omni der heute nur noch Bus ist (den Tarquinius Superbus Witz für alle philologisch angehauchten Historiker spar ich mir.. oh halt, da ist er ja schon XD). Es ist also für mich nicht vorstellbar das eine Sprache dauerhaft in der Form langer Metaphern erstarrt. Es ist umständlich und unpraktisch – und schlicht lebens- und evolutionsfremd.
Zumal die Länge auch auf Kosten der Vielfalt geht. Man kann das ziemlich einfach probieren;
Dennjelängereineinzelnerausdruckwirdoderistdestomehrmussmansichbemühensachverhalteherunterzubrechenumsienochdarstellenzukönnenergolässtmandannsehrvielwegwiezbdieleerzeichenoderadjektivenähereerläuterungenusw.
Ein Sprache die nur auf langen Metaphern basiert bremst irgendwann die zivilisatorische Entwicklung ab oder aus, weil komplexere Sachverhalte nicht mehr angemessen darstellbar sind. Ohne die Vermittlung oder Speicherung spezifischen Wissens aber stagniert eine Kultur.
Man könnte grosse Werke wie das Gesamtwerk von Shakespeare oder Homer nehmen und daraus Metaphern ableiten. Aber trotz Umfang und (gerade bei Shakespeare) nahezu allumfassender Darstellung jeglicher Menschlicher Regung, liesse sich damit kein wissenschaftlicher Sachverhalt (Zb eine chemische Fragestellung) darstellen. Auch die Anleitung für eine Waschmaschine wäre nicht kommunizierbar.
Selbst auf der Erde kann man sehen wie die zivilisatorische Entwicklung solche „Bild“(Metaphern) immer wieder sehr schnell überwindet... das Chinesische Alphabet war ursprünglich ein Bilderalphabet. Die Hiroglyphen der alten Ägypter waren zuerst auch eine Bild und Symbolsprache bis sie sich in wenigen 100 Jahren zu einem Alphabet mauserten. Die Entwicklung und Vereinfachung von Sprache ist nicht so lang und findet permanent statt.
Auch eine der wenigen Sprachen der Erde die diesen Sprung nicht ganz geschafft hat und deswegen schwer lesbar bis unentzifferbar war bis sie vor rund 40 Jahren geknackt wurde (das Maya Hiroglyphen Alphabet) ist nur eine Silbenschrift.. was die Forscher lange Zeit nicht erkannt haben, da ihnen das Konzept einer Silbenschrift nicht untergekommen war. Aber auch die Maya haben hier, sprachlich von der Entwicklung her recht interessant, innerhalb weniger Jahrhunderte den Sprung von der Bild zur Silbenschrift geschafft und wären wohl auch irgendwann zur Buchstabenschrift gekommen...
Nun könnte man zu Recht einwenden, wie V'ger, dass Metaphern und Redewendungen immer neu Eingang in die Sprache finden können. Das stimmt – jedoch haben fast alle Metaphern ein zeitliches Verfallsdatum. Wenn sich die Gesellschaft weiter entwickelt und historisch gewordene Umstände verschwinden, verschwinden mit ihnen die sprachlichen Metaphern aus der lebendigen Sprache. Ich würde zB eine bessere Flasche Rotwein wetten, dass niemand hier im Forum noch etwas mit der Redewendung „einen Strauß fechten“ anfangen kann.
Das zweite ist, dass diese sprachlichen Metaphern keine innere Logik aufweisen müssen – sie können sogar genau das Gegenteil dessen bedeuten was sie laut-technisch meinen. Beispiel sind zB „Trojaner“ - im Sinne von eingeschleusten Computerviren. Der Name, die Umschreibung geht darauf zurück dass sich die Griechen *bei* den Trojanern mittels eine List (Holzpferd usw) in die Stadt geschleust haben um diese zu übernehmen. Witzigerweise heissen die Viren aber nun nicht etwa Achaier. Greeks oder Agammemnons letzte Brigade, sondern Trojaner. Aus den damaligen Opfern der List, werden im heutigen begriff die Täter. Was das eine völlige Umkehrung der Zugrunde liegenden Geschichte durch die Metapher bedeutet. Es gibt daher also keine echte innere Logik oder Folgerichtigkeit mit der man sprachliche Redewendungen entschlüsseln kann – es ist pures Glücksspiel den Sinn zu erraten. Auch insofern macht Darmok wenig Sinn.
Naja, wie dem auch sei. Je länger man jedenfalls über „Darmok“ nachdenkt, desto... unglaubwürdiger und konstruierter wirkt die Folge für mich. Daher definitiv kein persönliches Highlight.
Star:
Ich habe immer angenommen, dass bei der tamarianischen Kommunikation auch sehr viel nonverbal vermittelt wird - etwa durch den Tonfall, durch Gesten, Gesichtsausdrücke und halt allgemeiner Körpersprache. Das ist besonders durch den Umgang von dem tamarianischen Captain mit seinem ersten Offizier zu erkennen (hätte man ein entsprechendes Budged gehabt, hätte man auch noch eine Farbveränderung der Hautmuster auf den tamarianischen Köpfen mit einbeziehen können). Da gibt es ja nun auch auf unserem Planeten genug Beispiele für. Die ersten Schritte hin zum Verständnis, die Picard am Ende tätigt, sind ja nur das: erste Schritte.
Mathematik, die für Kommunikation so ziemlich das wichtigste, weil universellste ist, könnte mit den nonverbalen Hilfsmitteln auch gut klappen. So könnten bestimmte Töne verschiedene Zahlen repräsentieren, ihre Länge bestimmte mathematische Vorgänge. Wer weiß? Das ganze bei der Zuhilfenahme von Metaphern, die für bestimmte Piktogramme stehen...
Ist das ein bisschen weit hergeholt? Klar. Genau wie der Universalübersetzer selbst, der Transporter, der Warpantrieb... Ich glaube sich auf die technischen Spezifikationen der Sprache zu stürzen macht Spaß, geht letztendlich aber eher am Thema vorbei, weil die tamarianische Sprache selbst eine Metapher ist, dier hier nur genutzt wurde, um eine Geschichte zu erzählen, die... pures Star Trek ist.
Das einzige, was mich stört ist, dass sich die Enterprise mal wieder furchtbar winzig anfühlt. Über tausend Mann an Bord, aber kein Linguist zur Stelle? Klar, man muss den Hauptdarstellern etwas zu tun geben, und man schreibt lieber Szenen für die. Aber hier wäre es meiner Meinung nach wirklich hilfreich gewesen, nicht nur Troi und Data an die Sache zu setzen, sondern eben auch noch einen Linguisten - am besten ein ganzes Team, die im Hintergrund kopfkratzend herumwuseln.
Dass die Enterprise im Grunde zudem leichtes Spiel mit dem tamarianischen Schiff hätte haben müssen, muss man wohl einfach ignorieren, damit die Story klappt und Picard unerreichbar ist. Besonders kompetent kommt Riker aber nicht rüber :/
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