Dann gibt es heute mal die zweite Geschichte - diesmal kein Crossover im herkömmlichen Sinn, auch wenn es sich so lesen mag und die Perspektive zudem sehr ungewöhnlich ist.
Die "Gast-Charaktere" sind auf jeden Fall alle von mir erfunden.
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Undercover
Detective George Rummers hielt den Wagen an und faltete noch seine Ausgabe der "New York Times" zurecht, bevor er ausstieg. Am abgesperrten Tatort wartete bereits sein Partner, Frank Monar. Er war wie immer spindeldürr, obwohl er gerade wieder einen Donut in sich hineinschlang.
"Das wird ja langsam abartig, Frank, wie kannst du nur all das Zeug in dich reinstopfen und nie auch nur ein Gramm zunehmen?"
"Muss wohl Veranlagung sein. Oder ein Bandwurm, wie meine Frau argwöhnt. Aber im Moment haben wir andere Probleme, George. Es hat wieder mal einen Doppelmord gegeben, an sich nichts Ungewöhnliches in dieser Gegend."
Detective Rummers brummte kurz etwas Unverständliches. Frank war nicht nur ein ewig schlanker Vielfraß, sondern auch noch ein Zyniker. Dabei gab es schlimmere Gegenden im Staat als diese hier und schlimmere Staaten im ganzen Land. Doch als Frank ihn nun zu den beiden Leichen führte, erkannte George etwas durchaus, ja sogar ganz und gar Ungewöhnliches.
"Die sehen ja aus, als hätte die jemand mit einem Schneidbrenner zu zerlegen versucht."
"Ja, oder sie mit einem weißglühenden Metallstab anstelle eines Schwerts aufgeschlitzt. Zumindest konnten wir auf die Schnelle keine anderen Wunden feststellen. Aber wenn du dir mal ihre Gesichter ansiehst, wirst du feststellen dass die beiden durchaus alte Bekannte sind."
George Rummers hatte sich bislang so sehr auf die kauterisierten Brand-Schnittwunden im Brust- und Bauchbereich konzentriert, dass er erst auf Franks Aufforderung hin einen Blick auf die Gesichter der Toten warf. "Da brat mir doch einer einen Storch, das sind Tom Garring und Mark Potrenko! Die müssen jemandem ganz schön auf den Sack gegangen sein, dass er sie so zugerichtet hat..."
"Für solche Kleinkriminelle ein wahrlich bizarrer Tod. Wäre ich religiös, würde ich behaupten, ein Engel mit flammendem Schwert hätte sie für ihre Verbrechen und Sünden bestraft. Du weißt doch, es gibt bei uns Spinner, die jemanden für noch geringere Vergehen, als die beiden sie auf dem Kerbholz haben lynchen würden."
"Welche, die auch mit Schneidbrennern rumlaufen?"
* * *
Der Gerichtsmediziner begann sogleich mit der Obduktion, kaum dass die Leichen bei ihm eingetroffen waren. Keine drei Stunden später rief er die Detectives Monar und Rummers zu sich.
"Ich habe keine Ahnung womit sie so zugerichtet wurden, aber es muss eine lokal sehr begrenzte und enorm starke Hitzequelle gewesen sein. Und sie war zweifelsfrei die Todesursache."
"Könnten ein Schneidbrenner oder ein stark erhitzter Metallstab dafür infrage kommen?", fragte George.
Der Gerichtsmediziner schüttelte den Kopf. "Die Wunden müssen sehr schnell zugefügt worden sein, wie mit einem Schwertstreich. Ein glühender Metallstab kommt aber ebenso wenig in Frage, denn bei den Temperaturen, die solche Verletzungen hervorrufen, würde auch jedes uns bekannte Metall schmelzen."
Die ziemlich ratlosen Detectives kehrten wieder an ihre Schreibtische zurück und begannen nun, nach möglichen Motiven und Tätern zu fahnden, die mysteriöse Mordwaffe erst einmal außer Acht lassend.
"Also wenn das FBI jemals wirklich einen Grund bräuchte, irgendwelche 'X-Akten' anzulegen, wäre dies der passende Zeitpunkt", murmelte Frank Monar kurz vor Dienstschluss. Andere Kollegen hatten die "üblichen" Verdächtigen bereits vernommen, jeder hatte ein auf den ersten Blick wasserdichtes Alibi.
"Ach, bleib mir bloß vom Leib mit dem FBI! Die mischen sich überall ein und lassen unsereins immer wie Provinzamateure aussehen."
* * *
Am nächsten Morgen jedoch trat genau das ein, wovor George Rummers sich gefürchtet hatte und was sein Partner insgeheim vielleicht sogar herbeigesehnt haben mochte:
Zwei Männer, der jüngere in Nadelstreifen wie ein Geschäftsmann gekleidet, der ältere mit Hut wie ein Privatdetektiv der 50er Jahre, betraten das Revier.
"Ich bin Anakin Skywalker, Special Agent des FBI. Mein Partner, Rex Miller."
"Wo sind Mulder und Scully?", frotzelte George, welcher die Identität der beiden trotz vorgezeigter Dienstmarken nicht ganz glauben mochte.
"Äh... Die müssen vor unserer Zeit im Dienst gewesen sein. Es geht um den Mordfall von gestern, wir werden ihn übernehmen. Übergeben Sie uns die Leichen und alle bisherigen Ermittlungsakten. Es geht um die Nationale Sicherheit!"
"Dann wurden sie mit einer streng geheimen Militär-Prototypwaffe getötet? Unter den Umständen wäre es besser, wenn wir zusammenarbeiten würden. Wir kennen uns hier vor Ort besser aus, es gab einige die ein Motiv hatten."
"Der einzige Grund für den Tod dieser Männer war, dass sie sich zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort aufhielten. Sie werden uns die Leichen und die Akten übergeben und sich dann wieder Ihren regulären Angelegenheiten widmen." Mit diesen Worten vollführte Agent Skywalker eine wischende Handbewegung, und der bislang misstrauische George Rummers fühlte auf einmal eine Woge der Kooperationsbereitschaft in seinem Innern aufbrausen.
* * *
Nichtsdestotrotz fuhr Rummers an diesem Abend Streife in der Gegend, in welcher Garring und Potrenko ermordet worden waren. Es gehörte für ihn einfach zu den "regulären Angelegenheiten", von denen das FBI-Milchgesicht gesprochen hatte.
Als er mit abgeschaltetem Motor am Gehsteig parkte, hörte er auf einmal ein merkwürdiges Brummen und Zischen aus der nächsten Querstraße, begleitet von wütenden Stimmen, die zwei Frauen zu gehören schienen.
Die Querstraße war nicht weit, so dass George Rummers gleich ausstieg und zu ihr hinrannte - trotz seiner Neigung zur Dicklichkeit war er zu Fuß immer noch einer der Fittesten in seinem Revier. Doch als er dort ankam, konnte er allenfalls noch ein, zwei undeutliche Schemen davonhuschen sehen. Kein Opfer, zum Glück auch keine potentiellen. Nur am Straßenrand saß ein Junkie der rief: "Whoo-hoo, Batgirl hat der Dämonenbraut das Fürchten gelehrt!"
Sofort rannte George zu dem Bekifften hin und zog ihn unsanft hoch. "Was hast du gesehen, Mann? Was hat sich hier gerade abgespielt?"
Der Junkie lachte fast eine halbe Minute lang wie irre, dann antwortete er: "Die Glatzköpfige sah aus wie das Bild dieses Schreienden von Munkhausen oder wie der auch hieß, sie hatte ein oder zwei Klingen aus rot leuchtendem Licht, Batgirl ebenfalls zwei mit grünem Licht, sie kämpften gegeneinander, es ging so schnell, whoo-hoo!"
George Rummers wusste, dass die Aussage dieses Zugedröhnten keinen Pfifferling wert war, aber dennoch fragte er: "Batgirl?"
"Oh ja, sie hatte riesige Ohren!" Der Junkie legte seine Hände mit nach vorne gedrehten Handflächen auf den Kopf und geriet in einen nicht enden wollenden Lachkrampf.
Trotz der zweifelhaften Worte des Bekifften schleifte Detective Rummers ihn mit sich und fuhr mit ihm zurück aufs Revier. Frank war natürlich schon längst nach Hause gegangen, aber George wollte unbedingt noch die Aussage des Junkies aufnehmen. Im Grunde genommen wiederholte er nur mehrfach das, was er bereits auf der Straße gesagt hatte, mit minimalen Abwandlungen und immer wieder von Lachanfällen unterbrochen. Schließlich warf der Detective ihn in eine Ausnüchterungszelle.
* * *
Tags darauf musste der Junkie auch schon bald entlassen werden; ihm dröhnte der Kopf und er erinnerte sich an gar nichts mehr vom vergangenen Abend. Dafür trafen bald wieder die Agents Miller und Skywalker ein (Rummers vermochte nicht recht zu begreifen, wie letzterer trotz eindeutig jüngerem Alter das Sagen haben konnte).
"Haben Sie gestern Abend irgendetwas Ungewöhnliches bemerkt?", fragte Skywalker eindringlich, "vor allem aus der Chelsea Street?"
"Nun ja, ich hörte einige nicht genau identifizierbare Geräusche von dort... Und zwei Frauenstimmen, die aggressive Worte austauschten, aber verstanden habe ich kein einziges davon. Als ich in die besagte Straße einbog, konnte ich nur noch ein, zwei schattenhafte Schemen davonhuschen sehen. Dass irgendwelche dunklen Gestalten nachts Streit haben ist nichts Ungewöhnliches, nur das seltsame Brummen und Zischen, das sehr nach technischem Gerät klang... Etwa die Waffe, über die Sie mir nichts mitteilen wollten beziehungsweise durften?"
"Ich kann Ihnen nur versichern, dass es keine weiteren Vorfälle und vor allem keine weiteren Morde mit dieser Waffe geben wird. Nur eines noch: Gab es einen Zeugen, der den Vorfall unmittelbar mitbekommen hat?"
George Rummers blickte den Bundesagenten, dessen Anzug und Krawatte schon weitaus FBI-mäßiger aussahen als am Vortag, skeptisch an. "Nur einen Junkie, der Unsinn brabbelte und sich heute Morgen an nichts mehr erinnern konnte. Er sprach von irgendwelchen... 'Lichtschwert'-schwingenden Comic-Bösewichtern und -Helden, keine Ahnung, was er wirklich sah."
Agent Skywalker sah für einen Augenblick besorgt drein, doch dann erhellte sich sein Gesicht wieder. "Detective Rummers, ich danke Ihnen für diese Auskunft. Geben Sie mir nur noch den Bericht über den gestrigen Vorfall und dann werde ich Sie wohl nie wieder belästigen müssen. Betrachten Sie den Fall als abgeschlossen, ich habe bereits mit Ihrem Captain gesprochen."
Mit diesen Worten verließen die beiden FBI-Leute das Revier, Agent Miller tippte zum Abschied noch einmal kurz an seinen Film-Noir-Hut.
"Na das ging ja schnell", bemerkte Frank Monar und biss wieder einmal in einen seiner geliebten Donuts, "ich sagte doch, an sich nichts Ungewöhnliches für diese Gegend."
"Jaah", brummte George Rummers gedehnt und widmete sich wieder seinem Computer.
[ Ende ]