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Star Trek: Picard
PercyKeys:
Ja, ich war von seinen letzten Reviews und Äußerungen genauso (positiv!) überrascht. Endlich kein krampfhaftes Schönreden mehr, sondern die Grütze beim Namen genannt. Und SciFiNews sind bei den vergangenen PIC-Folgen auch schonungslos ehrlich
Schöne Ostern! :)
Will Pears:
Also die Erwartungshaltung, dass immer alles vorangegangene bis ins kleinste Detail geschaut und verarbeitet und integriert werden muss, hat zu so "Perlen" wie ENT geführt. Ja, ja, wir sind uns inzwischen alle einige, dass es nicht so schlecht war, wie anfangs alle dachten. Aber es ist auch nicht so gut, wie manche rückblickend reminiszieren.
Es gab, gibt und wird immer Brüche geben, wenn irgendetwas neu erfunden wird. Diejenigen, die am alten hingen, an der Art, werden durchs neue irritiert sein. Das gab es beim Bruch von TOS zu TNG, kulminierend in der Frage: Kirk oder Picard? Das gab es bei DS9 entlang einiger Unterschiede, das gab es bei Voyager und das gab es so sehr bei ENT, dass da erstmal Ende war.
Die Verbautheit des Canon hat dazu geführt, dass ein neues Schreiben ohne ein de facto Star Trek-Studium kaum mehr möglich wäre. Und angesichts auch vergangener interner Widersprüche, halte ich es auch nicht für die notwendigste Sache der Welt. Was euch und in geringerem Maße auch mich ja stören, ist doch nicht wirklich, dass dieses oder jene kleine Detail nicht mit diesem und jenem kleinen TNG-Detail übereinstimmt.
Es sind die großen Dinge, die hier ja auch teilweise schon angesprochen wurden. Wobei mich das World Building und die Hintergründe um die Figuren herum mich gar nicht stören. Das ist eine Bereicherung, die z.B. bei DS9 bereits eine willkommene Erweiterung war. Und die Figuren sind bei PIC auch nicht, was mich an der Serie stört.
Für mich ist es vor allem das gedankenlose Abspielen von Ideen, die aber irgendwie nie Konsequenzen haben. In Staffel 1 funktionierte das noch einigermaßen: Picard hat's aus öffentlicher Sicht verbockt, die Gesellschaft hat keine Lust mehr auf Asylpolitik, Picard fliegt raus und der Raum des ehemaligen romulanischen Imperiums ist eine Katastrophe, was die Lebenssituation angeht. Das wurde dann aber fallen gelassen bzw. nicht weiter behandelt. Stattdessen waren die Reste der Romulaner:innen weiterhin so mächtig, dass sie Ende der Staffel eine Patt-Situation mit der Föderation erreichen konnten. Das passt für mich nicht zur ersten Hälfte der Staffel.
Der Übergang in die zweite Staffel ebenso. Selbst mit der aufgedeckten Verschwörung und dem Reinwaschen seines Namens führt das nicht dazu, dass alles vergessen ist. Gesellschaftliche Veränderungen lassen sich nicht einfach so rückgängig machen. Siehe Brexit. Auch nachdem klar wurde, dass das keine allzu rosige Zukunft wird, nachdem alle großen Brexit-Befürworter*innen sich zurückgezogen haben, lässt sich das nicht aufhalten bzw. umkehren. Und ähnlich wäre es mit KIs, Asylpolitik und sonst was bei der Föderation, die PIC uns präsentiert. Und entsprechend würde seine Rehabilitierung dazu führen, dass er vielleicht besser darstünde, aber nicht dieses Maß wie in PIC gezeigt.
Dieser Punkt mit: Handlungen haben Konsequenzen, ist etwas, dass das anfängliche Game of Thrones stark gemacht hatte. Uns wurde eine quasi-mittelalterliche Welt gezeigt, die nach bestimmten Regeln funktioniert. Werden diese verletzt, hat das Konsequenzen. Bei Star Trek waren in der Vergangenheit DS9 zum Ende hin, phasenweise VOY und ENT, darum bemüht, sowas zu etablieren. Wobei das in eher episodischen Handlungen nicht ganz so wichtig ist.
Bei so was wie PIC ist das im Gegensatz zu Lower Decks, Strange New Worlds und ggf. DIS (dafür habe ich zu wenig davon gesehen), wo es eine zentrale Handlung gibt, die über eine Staffel hinweg erzählt werden soll, wäre genau diese Authentizität wichtig und hilfreich. Bei Game of Thrones war auch die Luft ganz schön raus, als das erst nachließ und dann völlig verschwand.
Ich finde es ausgesprochen schade, dass ich mir PIC ausschließlich aus Nostalgie und der Hoffnung, dass sie die Kurve noch mal kriegen, weiter ansehen werde. Aber im Großen und Ganzen bleibt es leider weit hinter seinem Potential zurück. Sehr, sehr schade. (Wobei es auch sein gutes hat: TNG wurde in Romanan fortgesetzt ähnlich wie DS9, VOY und all die anderen Serien. Vllt. gibt mir das den Anstoß, auch die TNG-Fortsetzungsromane mal zu lesen.)
Max:
Sehr interessante Betrachtungen, Will :) :)
--- Zitat von: Will Pears am 20.04.22, 10:32 ---Also die Erwartungshaltung, dass immer alles vorangegangene bis ins kleinste Detail geschaut und verarbeitet und integriert werden muss, hat zu so "Perlen" wie ENT geführt. Ja, ja, wir sind uns inzwischen alle einige, dass es nicht so schlecht war, wie anfangs alle dachten. Aber es ist auch nicht so gut, wie manche rückblickend reminiszieren.
--- Ende Zitat ---
Was mir in Bezug auf PIC und ENT aufgefallen ist: Bei keiner anderen Serie habe ich so oft den Vorspann angeschaut wie bei ENT. Der war damals ja allein schon wegen des Hintergrundliedes ein kleiner Skandal. aber für mich ging das auf, weil der Vorspann einfach super zu dem Aufbruchsgeist Star Treks passte. Bei PIC drücke ich immer umgehend auf "übersprungen", wenn der Vorspann kommt.
Aber das nur als kleine Anekdote.
Du hast natürlich Recht, dass es immer mit einer Erwartungshaltung zu tun hat und man sich auf die neue Idee einlassen muss. Bei ENT gelang mir das eigentlich schon, obwohl es mein Bild davon, wie die Föderation entstand und welche Rolle die Menschen dabei spielten, schon irgendwie auf den Kopf stellte. Ich glaube, es lag an der verfünftigen, wenn auch nicht sehr kreativen Erzählweise, dass ich die Serie anders angeschaut habe als es heute bei PIC der Fall ist.
--- Zitat von: Will Pears am 20.04.22, 10:32 ---Es gab, gibt und wird immer Brüche geben, wenn irgendetwas neu erfunden wird. Diejenigen, die am alten hingen, an der Art, werden durchs neue irritiert sein. Das gab es beim Bruch von TOS zu TNG, kulminierend in der Frage: Kirk oder Picard? Das gab es bei DS9 entlang einiger Unterschiede, das gab es bei Voyager und das gab es so sehr bei ENT, dass da erstmal Ende war.
--- Ende Zitat ---
Der Kulturschock von TOS auf TNG muss groß gewesen sein, das kann ich mir vorstellen. Ich würde aber auch schon beim Unterschied von TOS zu den TOS-Filmen ansetzen, denn da hatte sich in der Zwischenzeit auch schon viel getan und verändert, was den Fans einiges abverlangte, wenn es um die Wahrnehmung des ST-Univerisums ging.
--- Zitat von: Will Pears am 20.04.22, 10:32 ---Die Verbautheit des Canon hat dazu geführt, dass ein neues Schreiben ohne ein de facto Star Trek-Studium kaum mehr möglich wäre. Und angesichts auch vergangener interner Widersprüche, halte ich es auch nicht für die notwendigste Sache der Welt. Was euch und in geringerem Maße auch mich ja stören, ist doch nicht wirklich, dass dieses oder jene kleine Detail nicht mit diesem und jenem kleinen TNG-Detail übereinstimmt.
--- Ende Zitat ---
Dass der Canon so umfangreich geworden ist, stellt wirklich ein Problem dar, trotzdem denke ich, dass man einige der Schwierigkeiten gut umschiffen könnte, statt sie so offensiv anzugehen, wie es vor allem bei DSC, aber auch bei PIC der Fall war oder ist.
ICh denke, dass Du Recht hast, dass es gar nicht um Fehler und Widersprüche geht, sondern dass es bei der großen Linie hapert.
--- Zitat von: Will Pears am 20.04.22, 10:32 ---Und die Figuren sind bei PIC auch nicht, was mich an der Serie stört.
--- Ende Zitat ---
Joah, wobei ich zugeben muss, dass die Figuren für mich schon auch zur großen Linie gehören (können).
Ein Beispiel ist für mich Raffi: Ihre Story-Anlagen, die ganze Ausstrahlung, die Ausdrucksweise, die Art, wie Hurd sie spielt... Das ist eine Figur, die nicht wegen einer Zeitreise ins 21. Jahrhundert gehört, sondern die eigentlich durch und durch zum 21. Jahrhundert passt.
--- Zitat von: Will Pears am 20.04.22, 10:32 ---Für mich ist es vor allem das gedankenlose Abspielen von Ideen, die aber irgendwie nie Konsequenzen haben. In Staffel 1 funktionierte das noch einigermaßen: Picard hat's aus öffentlicher Sicht verbockt, die Gesellschaft hat keine Lust mehr auf Asylpolitik, Picard fliegt raus und der Raum des ehemaligen romulanischen Imperiums ist eine Katastrophe, was die Lebenssituation angeht. Das wurde dann aber fallen gelassen bzw. nicht weiter behandelt. Stattdessen waren die Reste der Romulaner:innen weiterhin so mächtig, dass sie Ende der Staffel eine Patt-Situation mit der Föderation erreichen konnten. Das passt für mich nicht zur ersten Hälfte der Staffel.
--- Ende Zitat ---
Für mich ist die Serie gar nicht so weit, als dass sie sich über so was wirklich Gedanken machen kann oder auch nur wollte. Eigentlich ist sie diesbezüglich in einer Findungsphase, die nur zu nicht viel führen kann, wenn wirklich nach der dritten Staffel Schluss ist.
"Das gedankenlose Abspielen von Ideen"... beim ersten Linien habe ich sofort in eine andere Richtung gedacht, denn das beschreibt mMn gut ein größeres Problem, das ich mit dieser zweiten PIC-Staffel habe: Ich habe das Gefühl, dass alles immer so mäandert, ohne dass klar würde, welcher der begonnen Punkte überhaupt wo hin führt. Klar, man kann jetzt sagen: "Wie im richtigen Leben", aber für eine Serie würde ich dennoch andere Maßstabe anlegen.
--- Zitat von: Will Pears am 20.04.22, 10:32 ---Ich finde es ausgesprochen schade, dass ich mir PIC ausschließlich aus Nostalgie und der Hoffnung, dass sie die Kurve noch mal kriegen, weiter ansehen werde. Aber im Großen und Ganzen bleibt es leider weit hinter seinem Potential zurück. Sehr, sehr schade.
--- Ende Zitat ---
Das verstehe ich gut.
Ich schaue PIC vor allem aus Neugierde und... weil ich es kann ;) Denn ich habe Amazon-Prime.
Ich weiß nicht wie das bei Dir oder anderen ist, vielleicht ist das auch ein Effekt, der bei vielen TOS-Fans auftrat, als sie dann TNG angeschaut haben, aber irgendwie bringe ich PIC nicht mit TNG in Verbindung. Dass man das als Zuschauer sagt, ist natürlich eigentlich ein Armutszeugnis für die Macher, aber na ja.
Spaceteller:
Dass man für eine Star-Trek-Serie oder einen Film aufgrund des Umfangs der Serienuniversums mittlerweile Experten bräuchte, finde ich jetzt eigentlich nicht so dramatisch. Bei einer Krankenhausserie oder einem Film über den D-Day hat man ja auch medizinische Berater oder Geschichtsexperten, damit alles stimmig ist.
Bei der ersten Staffel von Picard habe ich auch nicht verstanden, wieso die romulanischen Flüchtlinge gerade auf Picard wütend sind, der sie ja gerettet hat. Viel mehr Anlass hätten sie ja bei der offensichtlich wiedererstarkten romulanischen Regierung, die sie nicht wieder nach Hause (bzw. in ein neues Zuhause) geholt hat. Man ist da ja in den wenigen Folgen ohnehin schrittweise von der kompletten Zerstörung des romulanischen Reiches, wie sie im Star-Trek-Reboot angedeutet wird, zurückgerudert zu eher gesellschaftlichen Umwälzungen, die stärker bei Nemesis anknüpfen.
Den "Bruch" zwischen TOS und TNG finde ich eigentlich eher bemerkenswert gering. Zwischendurch gab es ja noch eine Animationsserie und mehrere Kinofilme, zwischen denen immer einige Jahre lagen, darunter war dann aber sogar eine Trilogie. Andere Reihen haben da viel stärkere Fluktuationen, wobei ja nur ganz wenige so lange Bestand haben.
Für mich ist bei den Filmen "Treffen der Generationen" der Wendepunkt. Das erste Segment würde für mich als Kurzfilm zu dem besten gehören, was Star Trek zu bieten hat, während im zweiten Teil mit dem (wenn auch spektakulären) Absturz der Enterprise die glorreiche TNG-Ära symbolisch zu Grabe getragen wird. Bei den Serien sind nur wenig später die optimistische Grundhaltung von Star Trek und hintersinniger Humor immer mehr einer Mischung aus Dystopie und billigen Kalauern gewichen.
Max:
Cool, dass Du Dich auch an den Diskussionen beteiligst, Spaceteller :)
--- Zitat von: Spaceteller am 20.04.22, 19:17 ---Dass man für eine Star-Trek-Serie oder einen Film aufgrund des Umfangs der Serienuniversums mittlerweile Experten bräuchte, finde ich jetzt eigentlich nicht so dramatisch. Bei einer Krankenhausserie oder einem Film über den D-Day hat man ja auch medizinische Berater oder Geschichtsexperten, damit alles stimmig ist.
--- Ende Zitat ---
Ja, das ist eine interessante Feststellung. Ich habe den Verdacht, dass die Macher die Sache halt anders beurteilen. Und sie betreiben in gewissem Sinne Rosinenpicken, indem sie sich das nehmen, was sie gerade brauchen (legitim) und es irgendwie zurechtbiegen (weniger legitim) oder Name-Dropping betreiben (ungeschickt).
--- Zitat von: Spaceteller am 20.04.22, 19:17 ---Bei der ersten Staffel von Picard habe ich auch nicht verstanden, wieso die romulanischen Flüchtlinge gerade auf Picard wütend sind, der sie ja gerettet hat.
--- Ende Zitat ---
Ja, seltsam war das schon. Wie so vieles, was den Eindruck erweckte, man hätte einiges ohne festes Ziel eingeführt.
--- Zitat von: Spaceteller am 20.04.22, 19:17 ---Den "Bruch" zwischen TOS und TNG finde ich eigentlich eher bemerkenswert gering. Zwischendurch gab es ja noch eine Animationsserie und mehrere Kinofilme, zwischen denen immer einige Jahre lagen, darunter war dann aber sogar eine Trilogie. Andere Reihen haben da viel stärkere Fluktuationen, wobei ja nur ganz wenige so lange Bestand haben.
--- Ende Zitat ---
Die Filme haben wirklich schon viel verändert. ST wirkte ernster. Trotzdem glaube ich, dass die Altfans mit der neuen TNG-Art (Art im deutschen wie im englischen Wortsinn) erst einmal warm werden mussten. Eigentlich dürften einige der Plots der ersten Staffel ihnen das wiederum aber auch wieder erleichtert haben; da war schon noch ein Echo von TOS zu spüren.
--- Zitat von: Spaceteller am 20.04.22, 19:17 ---Für mich ist bei den Filmen "Treffen der Generationen" der Wendepunkt. Das erste Segment würde für mich als Kurzfilm zu dem besten gehören, was Star Trek zu bieten hat, während im zweiten Teil mit dem (wenn auch spektakulären) Absturz der Enterprise die glorreiche TNG-Ära symbolisch zu Grabe getragen wird. Bei den Serien sind nur wenig später die optimistische Grundhaltung von Star Trek und hintersinniger Humor immer mehr einer Mischung aus Dystopie und billigen Kalauern gewichen.
--- Ende Zitat ---
Das ist meiner Meinung nach wieder eine sehr treffende Einschätzung.
"Generations" war im Grunde wie eine Fernsehfolge gestaltet. Es gab ein paar Szenen, die richtig Größe hatten, aber vieles - auch von der Inszenierung her - wirkte dann wieder klein. Ehrlich gesagt glaube ich, dass man auch aus der Absturzszene mehr rausholen hätte können.
Ich denke auch, dass es einen tiefen Einschnitt nach "Generations" und mit/durch "First Contact" gab, der dem Franchise gar nicht unbedingt so gut getan hat. Ich habe mir ja unlängst noch mal FC angeschaut und bleibe dabei, dass der Film gut produziert ist, aber eben auch, joah, nennen wir es beim Namen, Fehler gemacht hat. Die Einführung der Borg-Königin sah ich immer schon kritisch. Sie zeigt, dass man sich bestimmten Regeln zu beugen begann. Auch die eigentliche Lösung, wie Data (und Picard) die Borg letztlich besiegen, indem sie die biologischen Anteile in erster Linie der Königin zersetzte, war eigentlich auch eher billig. In späteren Filmen folgen andere Beispiele.
Insofern gab es schon in den Filmen einen Kurswechsel, sodass sich PIC schon darauf berufen kann, dass sich die Zeiten geändert haben. Doch ich hatte die Verlautbarungen so verstanden, dass man das Erbe von TNG erstnehmen wollte, aber das ist bislang noch nicht wirklich gelungen.
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