Ja, das war ja schon immer deine Grundhaltung. Vor ein paar Jahren konnte ich die so recht verstehen. Da fand ich TNG zwar auch irgendwie gut, aber mochte auch, wie das in DS9 zu etwas umgemodelt wurde, das verteidigt werden muss. Inzwischen ist das Verteidigen, Kämpfen, usw. aber so sehr Vordergrund von allem, das wenig gezeigt wird, das verteidigt wird.
Ich glaube, der Punkt, den Du ansprichst, empfinde ich in der Wahrnehmung der Bewertung von vielen von Serien wie DS9 (oder auch DIS) sehr wichtig: Das Argument, es werde eben gezeigt, dass man die Utopie verteidigt und dazu auch zu schmutzigen Mitteln greifen muss, ist nicht unbeliebt. Ich verstehe auch den Ansatz und hatte und habe dennoch große Probleme damit. Es ist wie Du schreibst: Das Dunkle ist so dominiant geworden. Und ich glaube, dass die erwähnte Argumentation oft nur das Deckmäntelchen war, um Action und Brutalitäten zu zeigen bzw. anzuschauen (und gleichzeitig von der Aura des Progressiven und Utopischen zu profitieren, für das ST - ob immer zurecht oder nicht - ja auch steht).
Die Idee, zu zeigen, dass auch eine Utopie verteidigt werden will, ist ja alles andere schlecht. Aber ich hätte mir da eben andere Mittel gewünscht - sozusagen mehr Odo-Gründer-Diplomatie und weniger Sisko-Schmutzeleien. Ich hätte es toll gefunden, wenn ST gerade andere Wege aufgezeigt hätte, aber da sind wir eben wieder bei dem anderen Punkt, dass das ja sozusagen gar nicht im Sinne des Erfinders war, denn man wollte ja gerade Schlachten, Coup d'États etc.
Das hat so überhandgenommen, dass man halt richtig merkt, dass man bei Serien wie Picard gar nicht mehr in der Lage ist, andere Geschichte zu erzählen.
Ich bin mir auch nicht sicher, wie man es serienintern wirklich erklären hätte können, dass sich die Gesellschaft gegenüber TNG so verändert hat. Okay, klar, der Dominion-Krieg, aber das genügt ja nicht, um die sozialen Unterschiede wie Armut etc. zu erklären.
Ich habe die Tage auch in alten Threads noch mal meine FF-Ideen gelesen und war selbst schockiert/ genervt von manchen Pitches. Da waren dann auch deine Ansichten zu dem, was für die Star Trek ausmacht, sehr erhellend, noch mal zu lesen. Heute stimme ich dem mehr denn je zu und das wirkt sich auch darauf aus, was ich gerne sehen/ lesen möchte und was ich schreiben will.
Oh, danke schön

Ich bin in jüngster Zeit einigen Star Trek Fangruppen bei Facebook beigetreten. Und da gibt's häufig einen streit darüber, dass Star Trek zu politisch geworden sei, dass Star Trek nicht "woke" sein solle, etc. Wobei ich da eigentlich nur die Antworten mitbekomme, die betonen, dass Star Trek das immer schon war und die Leute mal zurückschalten sollen.
Na ja, wenn ich so an den ST-Newsletter denke, fällt schon auf, wie aktiv dort entsprechende Themen behandelt werden. Mir kommt das so ein bisschen aufgesetzt vor. Schwer zu beschreiben.
Zu dem Begriff Woke: Das ist sehr von Fischers "Kapitalistischem Realismus" geprägt. Quasi man kann nicht mehr außerhalb des bestehenden Systems denken und versucht nur durch marginale Detailverbesserungen irgendwas Positives zu erreichen. Mark Fisher meint auch, die Leute hätten gar kein richtiges Konzept einer anderen Zukunft, um es mal hart zu sagen. Die heutigen Menschen, insbesondere die Jugend, können sich nur eine endlose Fortsetzung der Gegenwart vorstellen.
Hmm, ich sehe nicht ganz, wie das in Einklang zu bringen ist: Beim "Woke" geht es ja schon darum, außerhalb eines bestehenden Systems zu denken, das auf durchaus tradierter Ungerechtigkeit in Bezug auf Wahrnehmung von zum Beispiel Hautfarbe oder sexueller Orientierung wurzelt. Aspekte wie nichtbinäre Geschlechtsidentität müssen ja quasi ein neues System einfordern, weil es solche Themen vor fünfzig Jahren oder so nun wirklich so gut wie gar nicht im Diskurs gab. Darüber hinaus ist der Kapitalismus ja dann doch eher eine Wirtschaftsordnung, die nicht alle gesellschaftlichen Faktoren gleich einbezieht, was man schon mal auch daran sieht, dass es im Grunde in den USA wie in China einen Kapitalismus gibt und sich die Lebenswelten doch ziemlich unterscheiden.
Der verknüpft das auch explizit mit dem Verschwinden der Sci Fi Utopie. Und der sagt: Der Witz ist: Alle heutigen Vorstellungen einer schönen Zukunft sind im Kern höchstens Rückgriffe auf die Vergangenheit. Selbst das Thema Star Trek ist de Facto Mitlerweile kein Blick auf die Zukunft sondern einer auf die Vergangenheit.
Interessant. Könntest Du das ein bisschen ausführen?