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Wo ist der Sense of Wonder geblieben?

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Max:
Die diesem Thread den Titel gebende Frage kann man vielleicht allgemein für Star Trek formulieren, ich hatte hingegen in erster Linie TNG mit dem Wechsel der Atmosphäre von der zweiten auf die dritte Staffel im Sinn.
Eigentlich sollte ich wahrscheinlich den Thread vielleicht sogar zweiteilen...

Gab es diesen Wandel überhaupt? Um das ganze mal zu erklären... Die ersten beiden Staffeln von TNG sind im Allgemeinen nicht sooo beliebt. Nach dem, was ich so gehört habe, wird oft herangeführt, dass die Qualität der frühen Folgen nicht so gut sei und sich die Figuren erst finden mussten. Erst ab der dritten Staffel sei TNG dann zu dem geworden, was ST einen neuen Schub gab. Folgt man dieser Lesart, wäre also nichts verlorene gegangen, dem man nachtrauern müsste, sondern nur etwas gewonnen worden.
Auch wenn mir bewusst ist, dass viele Folgen der ersten beiden Staffeln nicht besondern gut (oder produktionstechnisch gedacht: übermäßig hochwertig) waren, finde ich dennoch, dass von einigen Geschichten dort eine besonders große Faszination für die Weite des Weltraums und die für den Menschen nur schwer begreifbaren Phänomene in ihm innewohnen. In Folgen wie "Der Reisende" ist der Weltraum noch groß und unbekannt, in Folgen wie "Die Zukunft schweigt" noch rätselhaft und gefährlich.
Ich finde, diese Atmosphäre geht dann schnell und fast vollständig verloren.
Und wenn dem so sein sollte, was waren Eurer Meinung nach die Gründe für diesen Wandel?

Wie sehr Ihr das? Und findet Ihr auch, dass das frühe TNG und das alte Star Trek (man könnte nämlich auch TOS dazuzählen) etwas besaßen, was beides im Grunde faszinierender machte als die späteren Inkarnationen?

Alexander_Maclean:
Ja, der "Sense of Wonder" mag weg gewesen sein.

Aber um mal die ketzerische Frage zu stellen.

Braucht man den Sense of Wonder überhaupt?

Denn der Punkt ist, die meisten Leute möchte von den Serien die sie gucken, unterhalten werden. Ich auch.
Deshalb finde ich den - naja fast religiösen Anspruch. den  einzelne Fans an Star Trek haben schon etwas zu viel. Weil die betreffenden Personen damit teilweise einen elitären Anspruch verbinden, der ich imo mit der oft propagierten trekschen Toleranz beißt.

Zudem bin ich auch her jemand der mit den Charakteren mitfiebert. wenn die Heldentruppe mir symphatisch ist, ist das schon die halbe Miete. Bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass der Verlust von prägenden Figuren auch dazu führen kann, dass ich eine Serie für mich absetze.

Und in dem Punkt schneidet TNG für mich nicht so gut ab. Gerade in den ersten beiden Staffeln.

Max:
Schön zu sehen, dass wir verschiedener Meinung sind :thumbup Ja! Denn wie sollten sonst Diskussionen entstehen? :) Oder sind wir am Ende doch nicht unterschiedlicher Meinung? :(  Na ja, mal sehen...


--- Zitat von: Alexander_Maclean am 23.08.18, 11:55 ---Braucht man den Sense of Wonder überhaupt?

Denn der Punkt ist, die meisten Leute möchte von den Serien die sie gucken, unterhalten werden. Ich auch.
Deshalb finde ich den - naja fast religiösen Anspruch. den  einzelne Fans an Star Trek haben schon etwas zu viel. Weil die betreffenden Personen damit teilweise einen elitären Anspruch verbinden, der ich imo mit der oft propagierten trekschen Toleranz beißt.

--- Ende Zitat ---
Hmm..? Was verstehst Du denn unter "Sense of Wonder"? Es war natürlich etwas unglücklich von mir, mich auf einen englischen Begriff zu stützen, der vielleicht auch gar nicht so genau zu umreißen ist.
Ich denke, dieser "Zauber", der in der Science Fiction vom unbekannten Weltraum ausgeht, muss nichts (oder wenig) mit einem elitären Anspruch zu tun haben. ...Jedenfalls nicht mehr, als alles andere: Auch eine mitreißende Figurenkonstellation kann man in die Ecke des elitären Anspruchs schieben, wenn man zum Beispiel die Nase über Figuren in Soaps oder Telenovelas rümpft. Ich sehe hier also nicht, dass das was mit einer Toleranzdebatte zu tun hat, (eher noch anders herum, wenn man bemängelt, dass sich Fans über die einfachen Kulissen und Masken der ersten TNG-Staffeln lustig machen).
Vielmehr bietet dieser Zauber, diese Faszination für das Unbekannt-Unbegreifliche dem Zuschauer die Möglichkeit, wieder geradezu kindlich staunen zu dürfen und aufregende Abenteuer zu erleben.

Für mich hat das ab der dritten Staffel von TNG einfach nicht mehr so gut funktioniert. Ich glaube fast, es war ein Problem, dass das "Regelwerk" immer solider wurde: Man hat Begriffe wie 'Quadrant' festgezurrt, wohl auch immer mehr eine Vorstellung davon gehabt, wer wie wo ist - und auf diesem Wege ging das Gefühl verloren, dass die Ent-D schon in der nächsten Woche auf etwas im wahrsten Sinne des Wortes Unerhörtes stoßen könnte. Natürlich gab es immer noch Ausnahmen, aber mit dem etablierten Universum gab es kaum noch die Freiheiten für echte Überraschungen. So sehe ich das im Moment, obwohl dieser ganze Thread ja ein Zeugnis davon ist, dass ich noch rätsle, was sich da verändert hat.


--- Zitat von: Alexander_Maclean am 23.08.18, 11:55 ---Zudem bin ich auch her jemand der mit den Charakteren mitfiebert. wenn die Heldentruppe mir symphatisch ist, ist das schon die halbe Miete. Bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass der Verlust von prägenden Figuren auch dazu führen kann, dass ich eine Serie für mich absetze.

Und in dem Punkt schneidet TNG für mich nicht so gut ab. Gerade in den ersten beiden Staffeln.

--- Ende Zitat ---
Du meinst, weil Picard in der ersten Staffel zum Beispiel manchmal noch nicht so liebenswürdig rüberkommt, sondern eher streng ist und man deswegen nicht so leicht mit ihm warm wird und er einem nicht sofort sympathisch ist? (Aber sowas finden doch viele gerade an Figuren wie Lorca gerade cool?)

Was das Mitfiebern anbelangt, könnte sowas natürlich auch Geschmackssache sein. Aber wenn Picard & Co. in eine Umgebung verschlagen werden, wo jeder Gedanke, materialisiert, zur Bedrohung werden kann, fiebere ich da irgendwie mehr mit, als wenn sie wie in späteren Staffeln klingonische Rituale und Innenpolitik behandeln. Da bin ich wieder der gleichen Sache auf der Spur: Ersteres - der Besuch von M33 - trägt viel weniger zum Canon, zum Lore bei als Letztes - die klingonischen Rituale und die Innenpolitik.

Hinzu kommt in meinen Augen, dass der Weltraum, wenngleich das banal klingt, mehr oder wieder das Alleinstellungsmerkmal der Sciece Fiction ist. Politische Ränkespiele, Liebeswirren, Charakterentwicklungen... das können andere Genres mindestens genauso gut, teilweise vielleicht sogar mit mehr "Impact", weil es den Zuschauern durch ähnlichere Lebensumstände eher noch erleichtert würde, sich mit den Figuren zu identifizieren. Das Gute ist, dass die Science Fiction aber in der Lage ist, alle erwähnten Ansätze trotzdem auch zu zeigen - nur müsste das eigentlich doch nicht auf Kosten der faszinierenden Unbekannten Weltraum gehen.

Alexander_Maclean:

--- Zitat von: Max am 23.08.18, 22:31 ---Schön zu sehen, dass wir verschiedener Meinung sind :thumbup Ja! Denn wie sollten sonst Diskussionen entstehen? :) Oder sind wir am Ende doch nicht unterschiedlicher Meinung? :(  Na ja, mal sehen...
--- Ende Zitat ---

Ich glaube, da gibt es schon paar Unterschiede. Gerade wenn man sieht, wie oder auch was wir als FFs schreiben. Du bist mehr der Maler, du hast eben ein konkretes Bild vor Augen, während ich eher der Chronist bin. Ich versuche mit meinen Figuren Schritt zu halten.


--- Zitat ---
--- Zitat von: Alexander_Maclean am 23.08.18, 11:55 ---Braucht man den Sense of Wonder überhaupt?

Denn der Punkt ist, die meisten Leute möchte von den Serien die sie gucken, unterhalten werden. Ich auch.
Deshalb finde ich den - naja fast religiösen Anspruch. den  einzelne Fans an Star Trek haben schon etwas zu viel. Weil die betreffenden Personen damit teilweise einen elitären Anspruch verbinden, der ich imo mit der oft propagierten trekschen Toleranz beißt.

--- Ende Zitat ---
Hmm..? Was verstehst Du denn unter "Sense of Wonder"? Es war natürlich etwas unglücklich von mir, mich auf einen englischen Begriff zu stützen, der vielleicht auch gar nicht so genau zu umreißen ist.
Ich denke, dieser "Zauber", der in der Science Fiction vom unbekannten Weltraum ausgeht, muss nichts (oder wenig) mit einem elitären Anspruch zu tun haben. ...Jedenfalls nicht mehr, als alles andere: Auch eine mitreißende Figurenkonstellation kann man in die Ecke des elitären Anspruchs schieben, wenn man zum Beispiel die Nase über Figuren in Soaps oder Telenovelas rümpft. Ich sehe hier also nicht, dass das was mit einer Toleranzdebatte zu tun hat, (eher noch anders herum, wenn man bemängelt, dass sich Fans über die einfachen Kulissen und Masken der ersten TNG-Staffeln lustig machen).
Vielmehr bietet dieser Zauber, diese Faszination für das Unbekannt-Unbegreifliche dem Zuschauer die Möglichkeit, wieder geradezu kindlich staunen zu dürfen und aufregende Abenteuer zu erleben.
--- Ende Zitat ---
Jetzt wirds etwas klarer.

Aber selbst da muss ich meine Frage wiederholen. Bzw. noch mit einem Zusatz: Ist ein solcher Sense of Wonder überhaupt möglichß

Denn alles was wir sehen hat sich ein menschlicher Autor ausgedacht. Und das zweite Problem ist, wir können auf eine jahrzehntelange Tradition des Science Fiction zurückblicken. Sprich es ist schwer etwas zu erfinden, was noch nie da war. Fast immer wird jemand aus der Ecke gekrochen und sagen "Das gab es schon in XYZ".

Erschwerend kommt hinzu, dass eben solche Serien mhm konsumierbar sein müssen um sich in der Serienlandschaft zu halten. Und ich denke in unserer schnellebigen Zeit nehmen sich nur noch die wenigsten Zeit in diese fantastischen Welten einzutauchen. Für den Gelegenheistzuschauer muss alles sofort verständlich sein.


--- Zitat ---
Für mich hat das ab der dritten Staffel von TNG einfach nicht mehr so gut funktioniert. Ich glaube fast, es war ein Problem, dass das "Regelwerk" immer solider wurde: Man hat Begriffe wie 'Quadrant' festgezurrt, wohl auch immer mehr eine Vorstellung davon gehabt, wer wie wo ist - und auf diesem Wege ging das Gefühl verloren, dass die Ent-D schon in der nächsten Woche auf etwas im wahrsten Sinne des Wortes Unerhörtes stoßen könnte. Natürlich gab es immer noch Ausnahmen, aber mit dem etablierten Universum gab es kaum noch die Freiheiten für echte Überraschungen. So sehe ich das im Moment, obwohl dieser ganze Thread ja ein Zeugnis davon ist, dass ich noch rätsle, was sich da verändert hat.

--- Ende Zitat ---
Das lässt sich einfach erklären. Ab Staffel 3 hat mehr oder weniger Rick Berman das Ruder übernommen und Gene Roddenberry abgelöst. Und ab da war eben auch dieser Anspruch auf "Erklärbarkeit", den ich aber wiederum dennoch bei Star Trek schätze.


--- Zitat ---
--- Zitat von: Alexander_Maclean am 23.08.18, 11:55 ---Zudem bin ich auch her jemand der mit den Charakteren mitfiebert. wenn die Heldentruppe mir symphatisch ist, ist das schon die halbe Miete. Bedeutet aber auch im Umkehrschluss, dass der Verlust von prägenden Figuren auch dazu führen kann, dass ich eine Serie für mich absetze.

Und in dem Punkt schneidet TNG für mich nicht so gut ab. Gerade in den ersten beiden Staffeln.

--- Ende Zitat ---
Du meinst, weil Picard in der ersten Staffel zum Beispiel manchmal noch nicht so liebenswürdig rüberkommt, sondern eher streng ist und man deswegen nicht so leicht mit ihm warm wird und er einem nicht sofort sympathisch ist? (Aber sowas finden doch viele gerade an Figuren wie Lorca gerade cool?)

Was das Mitfiebern anbelangt, könnte sowas natürlich auch Geschmackssache sein. Aber wenn Picard & Co. in eine Umgebung verschlagen werden, wo jeder Gedanke, materialisiert, zur Bedrohung werden kann, fiebere ich da irgendwie mehr mit, als wenn sie wie in späteren Staffeln klingonische Rituale und Innenpolitik behandeln. Da bin ich wieder der gleichen Sache auf der Spur: Ersteres - der Besuch von M33 - trägt viel weniger zum Canon, zum Lore bei als Letztes - die klingonischen Rituale und die Innenpolitik.

Hinzu kommt in meinen Augen, dass der Weltraum, wenngleich das banal klingt, mehr oder wieder das Alleinstellungsmerkmal der Sciece Fiction ist. Politische Ränkespiele, Liebeswirren, Charakterentwicklungen... das können andere Genres mindestens genauso gut, teilweise vielleicht sogar mit mehr "Impact", weil es den Zuschauern durch ähnlichere Lebensumstände eher noch erleichtert würde, sich mit den Figuren zu identifizieren. Das Gute ist, dass die Science Fiction aber in der Lage ist, alle erwähnten Ansätze trotzdem auch zu zeigen - nur müsste das eigentlich doch nicht auf Kosten der faszinierenden Unbekannten Weltraum gehen.

--- Ende Zitat ---
Science Fiction nur über Weltraum zu definieren, ist schon eine gewagte These. Science Fiction hat mehr als das.

aber man sollte dabei eben auch das "science" wissenschaft nicht gänzlich außer acht lassen. Es gibt einen Grund warum es teilweise eine Debatte über die vier Geschlechter der Andorianer gibt. Und nicht nur, weil da selbst Star Trek widersprüchlich ist. Ich kann mir das schwer vorstellen, wie das biologisch funktionieren soll und ich denke, da bin ich nicht der Einzige.

Klar, vielleicht wäre ein wenig mehr Sense of Wonder doch nicht schlecht, aber man sollte ihn nicht nur in den unerforschlichen Weiten des Weltalls suchen. Und man sollte dafür auch nicht die Plausibilität aus der Luftschleuse jagen.

Btw: Vielleicht wäre "Valerian" was für dich. Nicht von der Story her, aber was den Sense of Wonder angeht hatten die Autoren dort ein paar coole Ideen. Ist eben ein typischer Luc Besson Film. Wobei der ja auch "Das 5. Element" gemacht hat.

SSJKamui:
Ganz ehrlich: Bei 90 Prozent von Star Trek gab es das nicht. Die haben die Erkundung des Alls sehr oft zu alltäglich dargestellt. Das Einzige, was mir dazu einfallen würde, wäre jetzt das erste Zeigen der Enterprise in TMP. Ansonsten war für einen Sense of Wonder immer zu viel Routine bei den Figuren. Da war nie "Oh. Das ist unbekannt. Das ist neu. Bin totalst beeindruckt", sondern eher "Och. Schon wieder ein neuer Planet."

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