@Belar:
Schön zu hören, dass Du Dich nicht unterkriegen läßt, sogar neuen Elan gewinnst und so gut mit Kritik umgehst - das ist eine ganz besondere Eigenschaft, auf die Du sehr stolz sein kannst, wie ich finde

Original von ToVa
Wenn die Idee wirklich kreativ ist, dann meist schon. Weil eine kreative Idee meist einen ganzen Rattenschwanz an Weichenstellungen nach sich zieht, die man dann klären muss. Als Beispiel führe ich mal \"Dune\" an, in meinen Augen immer noch einer der kreativsten und innovativsten SF Romane. Ein wirklich grosser Teil der Entwicklungen dieser Welt geht auf den \"Krieg gegen die Maschinen\" zurück, nachdem Computer verboten wurden. Ein (Besser) Kreuzzug gegen die Maschinen ist keine neue Idee, aber in welch vielfältiger verästelung und zu was Hérbert sie dann entwickelt ist beeindruckend. Je besser ausgedacht also die Grundidee ist und je konsequenter man sie verfolgt, desto mehr wird sich einiges an \"Erklärungsarbeit\" auftürmen, warum dieses oder jenes so ist.
Ja, das stimmt, aber die größte Hürde - oder um es schöner auszudrücken - der initiale kreative Sprung stellt doch die ursprüngliche, neue, originelle Grundidee dar. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass die weiteren Konsequenzen und Erklärung viel Arbeit sind, aber zu einer vielleicht sogar Jahrzehnte dauernden Lebensaufgabe macht so ein Projekt einen Roman doch eigentlich nicht.
Original von ToVa
Original von Max
Denn es ist doch so: Eine Novelle oder ein wirklich bahnbrechender Roman wird in seiner Bedeutung, in seiner Originalität und in seiner Wirkung nicht geschmälert, nur weil er in der selben Realtität (nämlich unserer Welt!) wie ein Schundroman spielt.
Bin nicht ganz sicher ob ich das richtig verstehe. Aber der Reiz und die Prämisse von Science Fiction ist ja das das zugrunde gelegte, fiktive Universum/Welt, andersartig ist als jene die wir kennen. Deswegen lese ich Science Fiction. Sie bietet mir ein morisches Utopia, ein Vision - die ich dann hoffentlich interesannt finde. Habe ich kein verlangen nach so einer \"Vision\" werde ich kaum Science Fiction lesen - denn über die (fast) reale Welt gibt es von Dostojewski, Tolstoi bis hin zu DeLillo genug derart erstklassige Autoren, dass ich nicht in den SF Sektor abwandern muss. Insofern denke ich, lebt SF schon von der \"Vision\" welche sie entwickelt und eine solche sollte jedem Werk das den Titel SF ernsthaft beansprucht schon zu grunde liegen.
Ich wollte grundsätzlich darauf hinweisen, dass Innovationskraft kein ausgewiesenes Qualitätsmerkmal der Science Fiction ist.
Läßt man \"Verzierungen\" weg, stellt sich die Frage, welche neuen Themen oder welche nicht unbekannten Themen von grundauf neu bearbeitet werden.
So wie Du \"Dune\" als Bespiel heranführst, nenne ich immer gerne die Werke von Stanislaw Lem. Von seinen Romanen (ein paar habe ich mir noch aufgehoben) eröffnet mir jeder zweite oder dritte einen komplett neuen Kosmos. Sein - nach meiner Rezeptions-Analyse - großes Thema der Andersartigkeit und der Verständniskluft beschreibt auch Lem freilich über die Ausprägungsformen einer anderen Welt, aber die Stärke seiner Werke, also was ich wirklich originell nennen möchte, ist mMn die Leistung, ein Konzept zu entwerfen, dass einerseits so andersartig ist, dass es fern des menschlichen Erfahrungshorizonts ist und eigentlich nicht zu verstehen ist, und dennoch, andererseits, der uns eigene Versuch, es trotzdem verstehen zu wollen von philosophisch ansprechend bis spannend beschrieben wird.
Um die Sache von der anderen Seite aufzuziehen und zu erläutern: Eine groß ausgebreitete Welt ist noch keine wirkliche Garantie dafür, dass das Konzept wirklich originell ist. Wenn man sich nun auf dem Fantasy-Sektor eine Welt erdenkt, mit Clans und Elfen und Fabeltieren, lässt sie alle aber wie bei unzähligen Werken zuvor nur in einem Kampf von Gut und Böse gegeneinander antreten, hat man zwar ein paar Haltepunkte für die Phantasie (die Fabeltiere - wobei es dann doch meistens Drachen sind, oder?

- können zum Beispiel etwas neuartiges sein) und diese vielen Einzelheiten in Einklang zu bringen und dauerhaft reizvoll zu beschreiben, ist auch eine Arbeit und eine Leistung, die Grundidee ist aber absolut reizlos und uninspiriert.