So, endlich war auch ich mal an der Reihe...
(Das Kino hatte ich übrigens mit meinen Eltern ganz für mich alleine, was wohl auch mit an dem schönen Wetter an diesem Sonntag-Nachmittag zusammenhängen dürfte.)
Jetzt aber zur Kritik:
Letzenendes läuft hier im Grunde alles auf die Frage hinaus, ob man Abrams & Co. nun einen Altar oder doch lieber einen Scheiterhaufen errichten sollte.
Wenn schon \"STAR TREK\" draufsteht - und das sogar ganz ohne weiteren Untertitel - sollte auch STAR TREK drin sein und zwar in Reinkultur. Vorab muss ich gleich mal sagen: STAR TREK war auch tatsächlich drin, aber mit dicken Eiern und auf Steroiden.
Die Charaktere sind allesamt gut bis hervorragend getroffen (von Uhura vielleicht mal abgesehen, die hier fast vollkommen neu charakterisiert wird). Insgesamt kam ein ganzes Stück weit wirklich die typische TOS-Atmosphäre zum Vorschein - einschließlich des zuweilen doch recht albernen Humors. Damit die Zuschauer sich deshalb vor Lachen nicht dauernd auf dem Boden kringeln, wurde als \"Dramatic Relief\" mal eben schnell Vulkan alle gemacht. Jau, weg mit den humorlosen Spitzohren, die verderben einem ohnehin nur jeden Spaß!
Die Beziehung zwischen Spock und Uhura stört mich nicht im Geringsten, solange sie keine seifenopernartige Ausmaße annimmt.
Eric Bana spielte einen durchaus glaubwürdigen Gegner, aber dass es schon wieder ein Romulaner sein musste - naja.
Leonard Nimoy legte einen würdigen Gastauftritt als alter Spock hin; meinetwegen hätte er ruhig mehr Szenen haben können, aber hier standen ja nun mal die jungen TOS-Helden im Vordergrund.
Ausstattung und Kulissen sind nicht selten im wahrsten Sinne des Wortes gigantisch. Bislang habe ich die \"Abramsprise\" ästhetisch ansprechender gefunden als das Original aus den 60ern; allerdings muss ich diese Meinung nun, da ich das Schiff in Aktion und aus mehreren Blickwinkeln erlebt habe revidieren. Die Grundform ist zwar immer noch schön, aber die vorne eindeutig zu dicken Warpgondeln sowie der Brauereikeller als Maschinenraum lassen diese Enterprise auch ein Stück weit wie eine Karikatur des Originals wirken.
Wie gesagt, J.J. Abrams serviert uns das altbekannte STAR TREK mit dicken Eiern (= Gondeln, Maschinenraum) und auf Steroiden (Waffenfeuer und sonstige Action). Aber nun wieder zurück zur Ausstattung: Uniformen, Phaser, Kommunikator, Tricorder und natürlich der altbekannte Ohrstöpsel - all das trägt mit dazu bei dass man sich auf dieser etwas seltsamen Enterprise doch recht schnell heimisch fühlt. Die Phaser sind dabei deutlich eleganter als ihre Ur-TOS-Vorbilder, ohne deren Grundform zu verraten und wie das Schiff selbst zur Karikatur zu verkommen.
Bleibt noch die Handlung, die entgegen mancher Unkenrufe durchaus vorhanden war. Sicher, allzu prall war sie nicht gerade und wurde von der blendend-bombastischen Inszenierung nicht selten an die Wand gedrückt. Aber im Prinzip hat dasselbe auch schon auf so manchen Vorgänger, allen voran NEMESIS zugetroffen, wobei die Inszenierung dort weitaus weniger bombastisch war. Das einzige was mich wirklich gestört hat war Kirks schnelle Beföderung vom Kadetten dritten Jahres zum regulären Captain. Man könnte fast meinen der alte Spock hätte das Oberkommando angefleht, Kirk unbedingt zu Pikes direktem Nachfolger zu küren, nur damit die ohnehin schon verhunzte Zeitlinie nicht noch weiter den Bach runtergeht.
Alles in allem war der Film im höchsten Maße unterhaltsam und zu mehr als der Hälfte auch STAR TREK pur. Der Rest allerdings hinterlässt einen recht faden Beigeschmack - das sich selbst karikierende Schiff, die Zerstörung von Vulkan und Kirks Beförderung mit Transwarp.
Noch etwas zur Zerstörung Vulkans: Ich habe irgendwie das Gefühl dass dies ein symbolischer Akt war, so als ob das Abramsversum zusammen mit den Spitzohren auch um eine gute Portion Logik, Sinn und Verstand ärmer geworden wäre.
Sicher, der alte Optimismus kam am Ende ganz gut rüber (hauptsächlich durch die Worte des alten Spocks und den Wiederaufgriff der originalen TOS-Titelmelodie), aber zuweilen hatte ich trotz aller StarTrek-Momente das Gefühl, eine 08/15-Action-Dramedy im Weltall zu erleben - und genau das ist der Film aus Konzession an den Mainstream im Grunde auch. Der ganze Rest ist hingegen trotz anderslautender Ankündigungen seitens Abrams\' auf jeden Fall ein Geschenk für die Fans, zumindest für all jene die bereit sind es anzunehmen.
Nun zur abschließenden Gesamtbewertung und der damit verbundenen Eingangsfrage:
Werde ich für Abrams einen Altar errichten? - ganz klar ja, aber nur einen kleinen mit einer bescheidenen protestantischen Dorfkirche drumherum. Und im Hinterhof stapelt sich in einem kleinen Schuppen weiterhin das Feuerholz, denn man kann nie wissen was da noch auf uns zukommen mag...
Fürs Erste vergebe ich aber 7 von 10 Punkten!