Wie versprochen, meine Review.
Vorsicht: LANG und SEHR verspoilert! Wer den Film noch nicht gesehen liest, liest besser nicht weiter ... oder eben auf eigene Gefahr
Im Vorfeld hab ich ja schon einiges an Kritik und Spoilern gelesen, die für „Alt“-Trekkies … ähm … nicht gerade magenfreundlich waren.
Weil ich mir die Vorfreude trotzdem nicht vermiesen lassen wollte, bin ich mit der Prämisse reingegangen: Ich vergesse einfach, dass das Star Trek sein soll, und habe meinen Spaß. Hat funktioniert

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Bei der Eröffnungssequenz kam wieder Erwarten sogar Trek-Feeling auf. Abgesehen davon, dass wir eine perfekt gedrehte Actionszene mit Gänsehaut-Garantie zu sehen bekamen, braucht man am Ende auch noch Taschentücher ^^.
Aber so perfekt es Abrams und Co. in der ersten Szene gelungen ist, Atmosphäre aufzubauen, so schnell haben sie sie in der zweiten schon wieder kaputt gemacht.
Eine Corvette??? OK, die kennen wir schon aus dem Trailer. Genau, wie diesen ulkigen Robocop, der hinter Kirk her war und offensichtlich vergessen hat, sein 80er-Jahre-B-Movie-Halloween-Kostüm auszuziehen. Kann ich ja alles noch verknuspern - aber NOKIA?

?? Wahrscheinlich haben die den Film gesponsert – nötig hatte er es allemal bei der Budgetverschwendung

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Jedenfalls ist die ganze Szene aus meiner Sicht flüssiger als Wasser und macht keinerlei Sinn – außer zu zeigen, was Kirk für ein schlimmer, schlimmer Junge war. Hinter der emotional aufwühlenden Anfangssequenz ist so ein Klamauk jedenfalls das filmische Äquivalent einer Eisdusche mit dreckigem Wasser

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Dagegen finde ich die Szene mit Kirk in der Bar und das anschließende Gespräch mit Pike wieder sehr stimmig, wenn man das Ganze im Zusammenhang sieht: Pike als Freund der Familie (auch nicht Canon – aber Schwamm drüber ^^) erkennt Kirks Potenzial erkennt und versucht, ihn auf den rechten Weg zu führen. Insofern macht es auch Sinn, dass er Kirk zum Ersten Offizier ernennt und Spock zum Captain.
Köstlich war auch, wie Pille Kirk auf die Enterprise geschleust hat. Überhaupt war Karl Urban als Pille eine Klasse für sich und mein unbestrittener Liebling aus der Crew.
Was die Einblicke in Spocks Kindheit auf Vulkan angeht, weiß ich nicht, was ich davon halten soll. Die innerliche Zerrissenheit des jungen Spock und seine Konflikte mit anderen Vulkaniern so darzustellen, war sicher mutig, aber stellenweise auch sehr überzeichnet. „Schulhofmobbing“ unter Vulkaniern hätte ich mir jedenfalls etwas subtiler vorgestellt – nicht gleich mit Schlägereien und irdischen Schimpfwörtern wie „Hure“.
Gestört hat mich auch die Szene, wo er den aufmüpfigen Kirk mal schnell auf einem Eisplaneten aussetzt. Was nu kaputt - Arestzellen noch nicht fertig? :Blink
Die übrigen Chars vorkommen leider in guter – oder vielmehr: schlechter – TOS-Tradition zu Stichwortgebern für Kirk , Spock und Pille. Die neue Uhura wirkt zwar taffer und dynamischer als die alte, aber viel trägt sie schlussendlich zur Handlung nicht bei. Ihre Liebesgeschichte mit Spock nenne ich … grenzwertig. Wir erinnern uns, dass die gute Uhura schon immer was für Spock übrig hatte und in der ersten TOS-Folge ganz offen mit ihm geflirtet hat … aber auch, dass Spock sie genauso hartnäckig abblitzen ließ

. Nach den Kommentaren einiger Fans hatte ich schon erwartet, die beiden unbekleidet in der Horizontale wiederzufinden - aber so weit ist es Gott sei dank nicht gekommen.
Scotty und Chekov sorgen vor allem für den Humor, der oft an die gute alte TOS erinnert, aber an manchen Stellen ziemlich übertrieben ist (Scotty in der Wasserleitung etc.).
Überhaupt finde ich Action und Humor insgesamt too much und kommen die ruhigeren Szenen zu kurz. Besonders als Vulkan zerstört wurde, hätte ich mir ein paar Minuten zum Innehalten gewünscht. Sicher blieb in dieser Situation keine Zeit für eine große Gedenkfeier o.ä. – aber es gelingt dem Regisseur an dieser Stelle auch nicht, die angemessene bedrückende Atmosphäre zu schaffen, bzw. den Schock für Charktere und Zuschauer fühlbar werden zu lassen. Wenn jemand wie ich (Trekkie, Vulkanier-Fan und manchmal ganz schön nah am Wasser gebaut

) nur leise „Autsch“ sagt, als Vulkan in einem Schwarzen Loch verschwindet, ist dramaturgisch wohl irgendwas schiefgelaufen.
Während man sich am Anfang noch viel Mühe mit der Charakterisierung gegeben hat, hetzt uns J.J. Abrams nach dem ersten Drittel des Films mit Warpgeschwindigkeit durch die Handlung.
Oder sollte man besser sagen: Nicht-Handlung?
Die dünne Story wurde ja schon von vielen Seiten bemängelt.
Wenn man von atemberaubenden Special Effects, einer ebenso atemberauben Optik, guten bis sehr guten Darstellern, netten Anspielungen auf Star Trek und Star Wars und einem Wahnsinns-Spaßfaktor einmal absieht … was bleibt übrig? Eine Geschichte über das Erwachsenwerden mit all seinen Höhen, Tiefen und Problemen. Soweit in Ordnung und auch prima umgesetzt. Aber weil man dafür eigentlich kein Star Trek braucht, sondern genauso gut Dawsons Creek schauen könnte, muss ein durchgeknallten Romulaner her, der ein Schiff bei den Schatten aus B5 klaut, mal schnell ein Loch in einen Planeten bohrt und eine Quantensingularität rein schmeißt.
Ich gebe zu, das hat was … Aber die Zeitreisegeschichte? Entweder, hier ging irgendwas viel zu schnell und ich habe eine entscheidende Erklärung nicht mitgekriegt – oder die Haare, an denen das herbeizogen wurde, sind mit mehr als Pantene ProV gestählt

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Nero hasst Spock so sehr, dass er in die Vergangenheit reist, um ihm das Leben zur Hölle zu machen und so nebenbei die Föderation zu vernichten. Kurz darauf stolpert ein überaus beeindruckender und präsenter Uralt-Spock hinterher, der neben jeder Menge Altersweisheit auch einen Tankwagen mit Roter Materie im Gepäck hat.
Aha. Es gibt also noch einen Spock in Neros Zeit. Und den Planeten Vulkan. Und Rote Materie (was inmer das sein soll). Aber wieso einfach wenn’s auch kompliziert geht. Wäre ja viel zu langweilig, die Angelegenheit ohne (unnötigen) Zeitreiseaufwand zu erledigen

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Wer den Countdown-Comic nicht gelesen hat, wartet außerdem vergeblich auf eine tiefschürfende Erklärung, warum Nero so übel drauf ist. Kindheitstrauma? Jetlag? Oder etwa das schlechte Tattoostudio?

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Klar, irgendwann, irgendwie zwischen zwei Phasertreffern wird mal erwähnt, dass Romulus in der Zukunft durch eine Supernova von der Sternenkarte radiert wird und Spock nichts getan hat, um Neros Volk zu helfen.
Aber warum sich Nero ausgerechnet auf Spock als Sündenvieh eingeschossen hat oder was der arme Teufel gegen eine Supernova ausrichten sollte, bleibt leider der Fantasie des Zuschauers überlassen. Oder ist mal wieder viel zu schnell an meinem trägen Hirn vorbeigeflutscht.
Wie auch immer: Nero bleibt als Figur so blass, dass es auch dem Schauspieler nicht gelingt, ihm Profil zu verleihen. Obwohl man von Eric Bana einiges erwarten könnte!
Was die vermurkste Zeitlinie angeht, hoffe ich einfach mal darauf, dass sie das im 12. oder 13. Kinofilm wieder in Ordnung bringen.
Ansonsten: Anschauen lohnt sich! Darüber nachdenken: lieber nicht

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