Star Trek Lost Era - Terok NorAngeregt durch Alex‘ Bemerkung in der Diskussion zur neuen Star Trek Serie, dass auch eine Geschichte mit bekanntem Ende interessant erzählt werden kann, kopiere ich hier mal meine Kommentare zur Lost Era-Romantrilogie
Terok Nor aus einem anderen Forum herein (wenn ich das richtig gesehen habe, dann wurden diese Romane hier noch nicht besprochen). Denn Band Eins befasst sich genau mit dem von Alex‘ angesprochenen Zustand:
Band 1:
Day oft he Vipers von
James Swallow. Der Band umfasst die Jahre 2318 bis 2328 und beschreibt, wie die Cardassianer vorgegangen sind, sich Bajor Untertan zu machen.
Ich sehe jetzt mal von solch irritierenden Kleinigkeiten am Rande ab, dass z.B. Dahkur hier offensichtlich eine Stadt anstelle einer Provinz ist (oder eine Stadt in der gleichnamigen Provinz?) und dass jede Menge bekannter Gesichter auftauchen (Jaro Essa (DS9/Der Kreis), Keeve Falor (TNG/Ensign Ro), Proka Midgal, Kotan Pa‘Dar (beide DS9/Cardassians), Skrain Dukat (DS9) oder Alynna Nechayev (TNG)), die alle bereits Karriere gemacht haben und/oder Familie haben, damit zu dem Zeitpunkt des Romans sicherlich mindestens Mitte zwanzig sein müssten, eher in den Dreißigern und somit zu Beginn der TV-Serie DS9 alle an die achtzig Jahre alt sein müssten … ich weiß, ich weiß, Alter ist in ein paar hundert Jahren nicht mehr das, was es heute ist … aber irritierend beim Lesen war es doch.
Also, DAVON abgesehen war ich sehr fasziniert von dem Roman. Es ist jetzt ja nicht so, dass man als Leser fingernagelkauend davor sitzt und sich fragt, wie es endet. Dass Bajor fällt und die bajoranische Zivilisation unterjocht wird, ist von vorne herein klar. Und doch schafft es der Autor die ersten zehn Jahre der Unsicherheit spannend zu schildern. Ab einem bestimmten Moment konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Da wird intrigiert, was das Zeug hält. Der Obisidianische Orden und Central Command benutzen die spirituelle cardassianische Bewegung „Oralianischer Weg“, um sich in das Vertrauen der Bajoraner, insbesondere der Kai, einzuschleichen. Die Priester lassen sich benutzen, halb wissend, dass sie nur Marionetten im Spiel sind, halb hoffend, dass sie als Enklave auf Bajor ihre im Niedergang befindliche Gemeinde tatsächlich wieder erstarken lassen können. Die Geistlichen auf beiden Seiten sind sich sofort sympathisch und finden in ihrem Glauben an die Propheten und an Oralius etliche Gemeinsamkeiten. Der Erstkontakt könnte harmonischer nicht sein.
Tragischer Weise erfährt der oberste Priester des Oralianischen Wegs zu Beginn in einer Drehkörpervision das Schicksal Bajors, erkennt es aber nicht als solches, sondern interpretiert es auf seine Glaubensgemeinschaft um.
Gerade weil man als Leser weiß, wie es endet, sind manche Passagen sehr intensiv, wenn die Protagonisten Hoffnung schöpfen, und an eine Zusammenarbeit glauben.
Ich habe mich oft schon gefragt, wie es möglich war, dass eine solche Erobererspezies wie die Cardassianer einfach einen ganzen Planeten besetzen können, ohne dass sich Widerstand bildet oder Hilferufe nach außen laut werden. Die Idee, das auf der Schiene eines Religionsaustauschs geschehen zu lassen, halte ich vor dem Hintergrund der bajoranischen Kultur für äußerst glaubwürdig. Nach und nach wird die Regierung unterwandert, die Bevölkerung in die Irre geführt und als endlich das Ausmaß der Verschwörung ans Licht tritt, ist niemand mehr da, der das offizielle Hilfegesuch an die Föderation richten könnte, das jene wohl benötigt, um einer geknechteten Spezies beizustehen. Ironischerweise kommt Nechayev kurz vor dem Fall Bajors noch als Undercover-Agentin ins Spiel und setzt sich für die Belange des Planeten ein, doch auch ihr wird nur gesagt, dass die Sternenflotte anderes zu tun hätte, als sich um diese Randerscheinung zu kümmern. Da kommt man nicht umhin, ein-, zweimal zu schlucken, wenn man weiß, welche grausamen Jahrzehnte nun vor der bajoranischen Bevölkerung liegen.
Von cardassianischer Seite fand ich den Roman ausgesprochen spannend, von bajoranischer Seite hätte ich mir noch ein wenig mehr „Bajor“ gewünscht, ein wenig mehr Ausleuchten der Kultur, das Eingehen auf Eigenheiten der Spezies. Die Seite des bajoranischen Schicksals wird vor allem anhand eines Milita-Offiziers, eines Schmugglerpiloten und eines Prylar beleuchtet, die als Kinder Freunde waren. Die drei Charaktere sind gut gezeichnet, doch sie hätten für mich stellenweise einfach noch bajoranischer sein können. In der Hinsicht bin ich von den guten Romanen, welche Cardassia beleuchten, ein wenig verwöhnt.
Mein Fazit: Ich bin sehr angetan davon, wie der Autor es geschafft hat, eine Geschichte, die gänzlich bekannt ist, so zu schreiben, dass sie mich gefesselt hat. Wer sich schon immer gefragt hat, was die Cardassianer nach Bajor getrieben hat, der ist mit diesem Roman sicherlich gut bedient (wenn man mal das Alter vergisst …)
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Band 2:
„Night of the Wolves“ von
S.D. Perry und Britta Dennison. Dieser Band umfasst die Jahre 2345 bis 2357 und das Cover ziert irritierender Weise Kira Nerys. Sie kommt in diesem Band jedoch auf höchstens zwanzig Seiten vor (wenn überhaupt so viel).
Während der erste Band der Trilogie mehrere Schicksale verknüpft hat, die auf ein unausweichliches Ende (den Fall Bajors) hinsteuern, reißt dieser Band mehrere Schicksale an – Punkt. Ich hatte zeitweilig das Gefühl, dass das Autorenteam eine Liste von Namen vor sich liegen hatte, welche in den Serien genannt worden sind, und ein Wettrennen ausgerufen wurde, wer mehr davon hineinpacken kann. Streckenweise geschieht das in so kurzen Auftritten, dass es nur für recht sattelfeste ST-Fans eine Bedeutung hat. Alle paar Seiten überkam mich das Gefühl, dass man aus jener persönlichen Geschichte einen ganzen Roman hätte machen können, und aus dieser auch, und dieser …
Es beginnt mit dem Fund Odos im Denorios Gürtel im Jahr 2345. Ocett, eine der wenigen weiblichen cardassianischen Militärangehörigen, die in den Serien auftauchen (TNG/“The Chase“), stolpert sozusagen bei einem Routineflug über ihn. Es wird erklärt, wie es kommt, dass sie als Frau die militärische Laufbahn eingeschlagen hat, was an sich gut geschrieben ist, wenn denn von ihr in den nächsten 460 Seiten auch nur noch einmal ein Wort erwähnt worden wäre. Odo ergeht es ein wenig besser, er verschwindet lediglich für die nächsten 200 Seiten in der Versenkung.
Dafür begleiten wir auf cardassianischer Seite eine Zeit lang Natima Lang (DS9/“Profit and Loss“), wie sie als systemtreue Nachrichtenkorrespondentin auf Bajor beginnt und ihr allmählich Zweifel an der allumfassenden cardassianischen Wahrheit kommen. Ein Teil des Weges begleiten wir Damar (DS9/“Return to Grace“), der hin- und hergerissen ist zwischen seiner Wertschätzung Dukats gegenüber und seiner Verlobten, die auf Bajor ebenfalls beim cardassianischen Nachrichtendienst arbeitet. Beide verschwinden nach einiger Zeit wieder von der Bildfläche. Auf Cardassia hören wir die Geschichte einer Agrar-Studentin, welche zufällig über einen der entwendeten Drehkörper stolpert und fortan dem Wahnsinn nahe von visionären Träumen des alten Oralius-Kults heimgesucht wird.
Der einzige rote Faden, der sich durch den Roman auf cardassianischer Seite zieht ist Dukat, der 2346 als Präfekt auf die neu errichtete Station Terok Nor zurückkehrt. Die Einsichten in seine Denkweise sind recht gut gelungen, dieses für Außenstehende schwer verständliche Gefühl, dass er sich als Wohltäter der Bajoraner sieht, seine Gründe für die relative Religionsfreiheit, welche er den Bajoranern gewährt.
Auf bajoranischer Seite erleben wir die Geschichte wie Lenaris Holem (DS9/“Shakaar“) zum Widerstand in die Ornathia-Gruppe kommt und zu deren Anführer wird. An sich eine gute bajoranische Geschichte darüber, mit welchen primitiven Mitteln die Landbevölkerung den Widerstand organisiert. Ich hätte es aus persönlichen Gründen jedoch um einiges schöner gefunden, wenn ein anderer Widerstandsführer aus derselben DS9-Episode näher beleuchtet worden wäre.
Bevor der Leser auch von ihr nichts mehr hört, gehen wir ein Teil des Weges mit Opaka (DS9/“The Emissary“), die aufgrund ihres Einsatzes für die Auflösung der D’Jarras, das Kastensystem Bajors, vom Kai ihres Amts enthoben wird und fortan als Wanderpredigerin ihre Gefolgschaft vergrößert.
Ro Laren (TNG/“Ensign Ro“) bekommt einige Seiten für sich, in denen sie als miesgelaunte, aufmüpfige Jugendliche den Leuten ihrer Widerstandszelle das Leben schwer macht, und einfach nicht weiß, was sie mit ihrem Leben anfangen soll.
Wir erfahren ein wenig von Kira Meru (DS9/“Wrongs Darkter Than Death or Night“), in deren kleine Geschichte auch noch rasch der Arzt Crell Moset (VOY/“Nothing Human“) eingeworfen wird (wahrscheinlich um noch einen Haken auf der „ich hab mehr drin“- Liste machen zu können). Ähnliche eingeworfene Auftritte erhalten die später Kai Winn (DS9/“In the Hands of the Prophets“), die einmal kurz durchs Bild marschieren darf und den Mitgliedern der Ornathia-Widerstandszelle auf die Finger klopft; oder Tora Naprem (DS9/"Indiscretion"), die einen kurzen niesreichen Anruf an Dukat tätigen darf, dass sie schwanger ist, ohne vorher mit einem Wort erwähnt worden zu sein.
Zwei der Protagonisten aus dem ersten Band bekommen ebenfalls ihre kurzen Auftritte, die aber beide auch eher so wirken, als ob rasch eine Verbindung zu eben diesem Roman geschaffen werden sollte.
Das klingt jetzt alles reichlich negativ, ich habe den Roman dennoch gerne gelesen. Die auftauchenden Seriencharaktere sind allesamt sehr schön getroffen, die allgemeine Entwicklung der Besatzung und die Ansichten auf beiden Seiten sind gut herausgearbeitet. Ich fand auch (fast) jede einzelne der oben erwähnten Lebensgeschichten interessant. Ich hätte jedoch bei jeder gerne mehr gehört. Jeder dieser Charaktere hätte gut und gerne ihren oder seinen eigenen Roman füllen können (vielleicht dann nicht über 460 Seiten, aber für 200 hätte es gut gereicht). Es gibt so viele interessante Aspekte aus diesen Jahren, so viele Schicksale, die beleuchtet werden wollen. Es war ein löblicher Ansatz des Autorenteams, doch es ist einfach des Guten zu viel. Die Konzentration auf weniger Charaktere, und dafür deren Schicksal etwas ausführlicher betrachtet, hätte dem Roman besser getan. Mir fehlte der durchgehende Bogen auf bajoranischer Seite. Sowohl Opaka, als auch Ro oder Kira (die kurz vor Beginn der Zeitspanne des Romans auf die Welt kam) hätten sich hier angeboten (Von Shakaar möchte ich gar nicht anfangen, dessen Werdegang perfekt in diese Zeit gepasst hätte).
Es ist der mittlere Roman der Trilogie und als solcher hat man es immer schwerer als die anderen beiden Bände. Also stürze ich mich jetzt einfach auf Band drei und hoffe, dass ich dort ein wenig mehr über hier vernachlässigte Charaktere erfahren werde. Im Personenverzeichnis habe ich dort bereits den Namen Bareil Antos gelesen: Ich werde auf jeden Fall beide Seiten, in denen er wahrscheinlich durchs Bild stolpert, aufs äußerste genießen
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Mein Fazit: Eine gute Schilderung der Besatzungszeit, der Probleme auf beiden Seiten, der verschiedenen Kulturen, und jede Menge gutes Hintergrundmaterial für FF-Autoren, die sich für diese Zeit oder die bajoranische oder cardassianische Spezies interessieren (ich z.B.). Jedoch werden zu viele Charaktere zu kurz abgehandelt. Es kommt bei mir dadurch kein Bezug zu irgendjemandem zustande, und dem Roman fehlt der richtige Guss.
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Nur der Vollständigkeit halber hier noch ein kurzer Kommentar zu Band 3
Dawn of the Eagles (2360 – 2369).
Leider war das der schlechteste der Bände, wobei schlecht noch gar nicht so richtig passt. Mir erschien er einfach nur banal. Wie im zweiten Band wurde vieles angerissen, viele Charaktere aus der Serie eingeworfen, aber nichts wirklich betrachtet. Die Szenen wirken distanziert, bevor man irgendwo tiefer Einblick erhalten kann, wird man aus der Szene wieder herausgerissen. Li Nalas (DS9/ „The Homecoming“) taucht auf exakt 1 ½ Seiten auf, um festgenommen zu werden. Davor nicht und danach nicht wieder – wozu dann also diese paar Absätze? Dr. Mora Pol (DS9/ „The Alternate“) hat zufälligerweise einen Cousin, der Sito Keral heißt, dem er geheime Informationen über ein Sicherheitsnetz zuspielen möchte, und zufälligerweise möchte Odo just in diesem Moment nicht mehr in seinem Gelee-Behälter rumhängen, sondern sich auf eine Wanderung durch Bajor machen, so nimmt er zufällig ebenjene Informationen mit, die dann zufälligerweise Kerals Tochter Jaxa in kindlichem Übermut zu den Rebellen schmuggeln möchte, um dann zufällig von Odo gerettet zu werden, der dann zufällig die Informationen weitergibt, um sich zufällig gleich mal mit den Rebellen einzulassen … das wirkt mir alles irgendwie zu konstruiert (und von Sito Jaxa hört man davor und danach übrigens – nichts mehr).
Bareil, noch als Prylar, macht einen vielversprechenden Einstand, als er gleich in der ersten Szene auftaucht – um dann sage und schreibe auf Seite 368(!) das nächste Mal wieder durch das Bild zu laufen – wozu also dieser Anfang? … und in der Art ging es mir durch fast den gesamten Roman. Selbst die cardassianischen Schicksale waren dieses Mal so uninteressant für mich, dass kein Gefühl bei mir aufkam. Streckenweise habe ich quergelesen.
Shakaar gibt es als Randnotiz, Lupaza und Furel werden überhaupt nicht mehr erwähnt. Kira hat ein paar Auftritte, in denen sie aber irgendwie meist Hilfe braucht. Tahna Los (DS9/ „Past Prologue“) taucht öfters auf als ihre Freunde aus der Shakaar. Ich schätze, die meiste „Air-time“ auf der bajoranischen Seite hat Kalem Apren, der spätere Erste Minister der provisorischen Regierung (DS9/“Shakaar“).
Statt darauf einzugehen, wie z.B. Furel seinen Arm verloren hat, um seine Gefährten zu retten, warum Lupaza es offensichtlich gut im Widerstand gefallen hat, wenn sie sich zu Aussagen wie „erschieß mich, wenn ich mich das nächste Mal nach den guten alten Zeiten sehne“ (beides DS9/“Shakaar“) hinreißen lässt, oder was hinter der Aussage von Kira in „Crossfire“ steckt, als sie sagt, dass Shakaar niemals gegenüber Terroristen nachgeben würde, weil er selbst einer war. Er hab gewusst, dass der Tag, an welchem die Cardassianer begannen mit ihm zu verhandeln, der Tag war, an dem Cardassia geschlagen war. DAS wären Szenen gewesen, die mich sehr interessiert hätten. Oder auch wie es kommt, dass Kira in den Rang eines Major erhoben wird. Überhaupt, wie der politische Übergang vonstatten ging.
Wer Interesse daran hat, etwas Substantielles aus Kiras Leben vor DS9 zu erfahren, der ist weit, weit besser mit dem FF-Roman
„Ein Leben für Bajor“ von unknown sample beraten (und ich kann nun gut verstehen, warum die Autorin das Gefühl hatte ihn schreiben zu müssen, nachdem sie die Terok Nor Reihe gelesen hat. Wenn sie es nicht getan hätte, hätte ich es getan), wer etwas mehr von den bajoranischen Nebencharakteren erfahren möchte, der muss deren Geschichten wohl selbst erzählen.
Immerhin ist der Roman ein netter Hintergrund für die politischen Gegebenheiten, wenn man sich selbst in FFs über diese Zeit stürzen möchte, und immerhin bekommt die Sternenflotte in Gesprächen mit Kalem Apren ihr Fett weg. (und das jeweils angehängte Glossar ist auch recht brauchbar)
Ansonsten muss ich sagen: Band 1 „Day of the Vipers“ war wirklich gut, Band 2 und 3 sind … nett und belanglos.