Original von Star
ch habe lange mit mir gerungen, ob ich etwas schreiben soll, aber ich nehme an, ehrliches Feedback ist besser als gar keines, und ich halte dich für eine viel zu reflektierte Person, um mir ernsthaft böse zu sein
Ich war mal in einer Lesung, in der ein Theaterautor und -Regisseur von seinen Empfindungen beim Schreiben eines neuen Stücks und bei den Reaktionen bei der Uraufführung erzählt hat. Auf die Frage danach, wie er mit Buh-Rufen u.ä. umgeht, meinte er: \"Ja, was kann einem denn besseres passieren?\"
Ich glaube, er meinte es ernst

Aber ich persönlich freue mich dann doch über positives Feedback mehr. Und dennoch hat der Theater-Profi recht, denn gerade wenn man etwas vorstetzt, was zu \"Reibungen\" führt, stellt man damit auch eine Aufforderung in den Raum, sich mit Inhalten auseinander zu setzen und negative Kritiken sind oft ausführlicher und gehen mehr auf das \"Produkt\" ein als einfach wohlwollende.
Und gerade wenn ein Kommentar so konstruktiv ist wie Deiner und wenn ich sehen darf, wie lange Dein Feedback ist, freue ich mich sehr über Deine Antwort

!!!
Original von Star
zumal du mit so einer Reaktion vermutlich schon gerechnet hast: Mir ist der Stil zu hoch. Du schreibst ungeheuer lyrisch, so lyrisch, dass ich mitunter nicht weiß, ob ich einfach zu blöd bin, einen Satz zu begreifen, oder ob es nicht doch an einem falsch gesetzten Komma oder etwas ähnlichem liegt. Dass die Sätze recht lang und verwoben sind, macht die Sache natürlich nicht einfacher. So weiß ich beispielsweise nicht, ob es Absicht ist, dass da \"Ilfe\" statt \"Hilfe\" steht. Ist das ein Fehler? Oder gar ein lyrischer oder französicher Ausdruck, der meine schlechte Bildung entlarvt, wenn ich ihn als Rechtschreibfehler benenne? :/
Das ist der Punkt, warum ich mich immer so ägere, wenn ich bei mir Rechtschreibfehler entdecke, denn als Leser kann man meiner Meinung nach vom Autor erwarten, dass er keine Fehler macht und dass hinter dem, was da \"falsch\" geschrieben steht, ein Sinn steckt. Bei \'Ilfe\' ist das genau der Fall, denn ich wollte damit zeigen, dass Sprache etwas Dynamisches ist, sich hin und her bewegt, und so wie sich Worte bis in die Gegenwart verändert haben, dürfte es auch in der Zukunft Veränderungen geben. Eigentlich ist das bei \"Hilfe\" nicht wirklich zu erwarten, glaube ich zumindest (weil das \"H\" ja nicht verschluckt wird), aber dennoch: Im 25. Jahrhundert dieser Geschichte heißt es halt \"Ilfe\" statt \"Hilfe\", \"fehlig\" statt \"falsch\" und dergleichen mehr.
Mit dem Lyrischen (naja, eigentlich bleibt es ja Prose, halt sehr verschlungene) habe ich wirklich gerne gespielt, denn hier soll soetwas wie ein Spannungfeld entstehen, zwischen der Erzählung (und dem Erzähler, der ja auch durchaus nicht unironisch mit den Figuren umgeht) und der wörtlichen Rede: Die eine ausladend, verschlungen, geschmückt, umständlich, komplex - die andere verstümmelt, knapp, verschleiernd.
In der Erzählung kann man sich nicht \"zuhause\" fühlen, weil sie etwas veraltet wirkt, in der direkten Rede aber auch nicht, weil sie einer Projektion auf die Zukunft entspricht.
Okay, ich gebe zu, das ist dann nicht so einfach runterzulesen, das sehe ich auch ein. Aber ich finde, man darf den Schreibstil nicht einfach ignorieren, bzw. besser ausgedrückt: man muss ihn zur Vermittlung einer Idee benützen. Und sich da eine Metaebene einfallen zu lassen, um dieses Spannungsfeld auszudrücken, wäre noch umständlicher, als es in den Schreibstil zu packen.
Original von Star
Ich würde dir gerne für dieses Meisterwerk komplexer Sprache applaudieren, so wie jeder Neandertaler gerne das Feuer anbetet und es am liebsten begreifen würde, aber... Ich kann\'s nicht, ich bin zu \"simpel\" dafür. Zu sehr Banause, offenbar. :/
\"Die Lyotard flog mit Maximalgeschwindigkeit in Richtung Zielkoordinaten.\"
Ich glaube das ist der einzige Satz im ganzen Text, der nicht lyrisch ist. Der gefällt mir :mood
Hmm, tut mir leid

Gut, da spielt natürlich ein wenig auch der persönliche Geschmack mit hinein. Ich habe meiner Schwester zu Weihnachten auch zwei Bücher geschenkt, beide bekannt, beide nicht ohne Renomee. Das eine inzwischen zwei Jahre alt, der andere noch tief aus dem 19. Jahrhundert - und was soll ich sagen, die Sprache des letzteren hat mich beeindruckt, hat mich mitgerissen, während ich das andere nach einem Absatz weggelegt habe!
Ich finde, dass ein so verspielt ausufernder Stil gerade zur Science Fiction deswegen gut passt, weil das Genre meiner Meinung nach mehr ist als nur das Hobby von Technikfreaks.
Allerdings, ich gebe auch zu: Mein Ansatz, die Sprache für eine Botschaft der Geschichte zu nutzen, führte schon so weit, dass die Schönheit eines Stils, der nicht darauf setzt, simpel oder technisch zu sein, etwas verloren ging.
Ich glaube nicht, dass \"L\'homme nouveau\" so abgehoben ist oder gar ein Meisterwerk sein könnte - dazu habe ich zu viele Texte gelesen oder lesen müssen, deren Komplexität mich vollkommen überfordert oder mich zu einem beeindruckten Verehrer der Fähigkeiten des Autors gemacht hat.
Original von Star
Habe ich die Geschichte dahingehend richtig verstanden, dass sich Laertes als einer der letzten \"guten\" Menschen für eine höhere Sache (dem Frieden) \"opfert\", nur um das Feld ziemlich kalten Gestalten zu überlassen, die ihm keine Träne nachweinen, ihre eignen dubiosen Ziele verfolgen, und ihn vielleicht gerade deswegen auch zu dieser seiner Selbstaufgabe getrieben haben? Die Resignation vor der berechnenden Welt in einem letzten Akt des Gutmenschtums, der bei ihm und eventuell bei Naija zur Wiedergeburt führen könnte?
Oder... wie, oder wat?
Na ja, inhaltlich werde ich nicht viel sagen

...schon allein deswegen, weil viele Punkte angesprochen werden, bei denen ich davon ausgehe, dass der Leser eine eigene Haltung dazu hat; Stärke/Schwäche, Nähe/Liebe und Kälte/Distanz, das Individuum und die Pflicht/Verantwortung.
Daneben naütlich der Punkt, was einen Menschen überhaupt ausmacht.
Der Stil, in dem die Geschichte verfasst ist, erschwert es vielleicht etwas, den Standpunkt der Erzählung selbst herauszufischen, aber umso mehr wird die Rolle des Lesers gestärkt.
Original von Star
Den Mainstream-zerfressenen Pöbel, also mich, lässt du nämlich hinter dir zurück. Ich bin kein großer Fan von undurchdringlichen Texten, und ich war nie der gleichen Meinung vieler bebrillter Kritiker, dass nur Populär sein kann, wer trivial ist, und wer populär sei, könne nicht seriös sein. Klar zu schreiben ist auch eine Kunst, und es ist die einzige literarische Kunst die ich (an)erkenne.
Ich denke, jeder liest und schreibt aus eigenen Erfahrungen und Vorlieben heraus. Die unterhaltsamsten Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren mit dem Lesen gemacht habe, gingen halt alle in die Richtung, dass ein Wort nicht nur die Bedeutung hat, die ihm landläufig zugeschrieben wird. Es kann so spannend sein, neue Zusammenhänge in den Texten von Autoren zu entdecken. Das ist sicher auch Geschmackssache.
Ich persönlich schließe mich Deiner Meinung an: nur weil etwas populär ist, muss es nicht schlecht oder unseriös sein.
Aber - und das halt ja nichts mit \"L\'homme nouveau\" zu tun, denn ob ich damit was sinnvolles geschrieben habe oder nicht, who knows?...: Nur weil ein Text mehr als nur eine Ebene hat, muss er nicht unklar sein und auch ein Text, der auf Komplexität setzt, kann populär werden.
Original von Star
Letztendlich bin ich wohl einfach kein Teil der Zielgruppe. Die Mühe, die du dir gemacht hast, gehört aber dennoch honoriert. Dass in dem Text viel Arbeit und viele Gedanken stecken, erkenne sogar ich. Ich bin zumindest bis zum Ende dabeigeblieben - was für die Geschichte sprechen mag. Oder einfach dafür, dass ich mich nicht gerne von einem Text geschlagen gebe. Ich weiß es nicht. Die Geschichte beschäftigt (oder verwirrt?) mich auch nach dem Ende noch. Ob das etwas gutes ist, oder etwas schlechtes, überlasse ich dir - das ist natürlich der Vorteil solcher Werke, da kann man sich dumm und dämlich spekulieren, Sachen hineininterpretieren und Sinnhaftigkeit in Elementen erkennen, wo der Autor sich vielleicht gar nichts bei gedacht hat. Mein Fall ist so was leider nicht :/
Ja schade, dass Du Dich nicht als Teil meiner Zielgruppe fühlst

Andererseits freue ich mich dennoch darüber, dass Dich die Geschichte auch nach dem Lesen noch beschäftigt hat. Ich respektiere natürlich Deine Einstellung.
Aber ich mag nichts schreiben, bei dem am Ende kein Punkt offen bleibt, nach dem Motto: \"So und nicht anders\" und \"Ich habs gelesen, was gibts zum Abendessen?\".
Und am Hineininterpretieren kann ich nichts schlimmes finden, denn es ist ein wenig so, als müsse man ein Rätsel lösen und warum sollten nur Adventure-Spiele für den Computer so funktionieren? Natürlich besteht die Gefahr, dass da etwas falsch gedeutet wird und mit dem Risiko muss ich als Schreiber der Geschichte (und als Leser von bestimmten Romanen) leben. Aus der Schule kenne ich das Argument \"Aber wer sagt mir denn, dass sich der Autor wirklich das dabei gedacht hat?\" und habe es der Deutschlehrerin auch selber entgegengeworfen. Doch - und vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum meine Geschichte so kurz sind -: So gut wie kein Wort, das in \"L\'homme nouveau\" vorkommt, steht da aus einem Zufall heraus.
Ich bedanke mich auf jeden Fall bei Dir dafür, dass Du die Geschichte durchgelesen hast und möchte Dir auch ausdrücklich für die ausfühliche Kritik bedanken.
Original von Alexander_Maclean
Es ist zwar nobel, zu versuchen die Sprache des 25. Jh. nachzustellen, aber es fühlte sich für mich an, als wäre es das deutsch des 18. Jh.
Wie ich bei Star auch schrieb: Die Sprache der Geschichte ist nicht einheitlich. Die Erzählpassagen greifen auf Vergangenes zurück, die wörtliche Rede bemüht sich, eine mögliche Zukunftsenwicklung zu zeigen. Das ist auch nicht ohne Grund geschehen, es handelt sich hier um ein Gegensatzpaar. Die Pole sind die weite Komplexität, die erzählt und erzählt und die verschleiernde Knappheit, die redet und zugleich schweigt.
(Weiteres Gegensätze finden sich ja auch in der Beschreibung der Handlung: Da werden brisante Vorgänge in der Action runtergebrochen und das eigentlich nicht dynamische \"Urlaubsleben\" von Laertes bis hin zur Raumtemperatur erläutert).
Original von Alexander_Maclean
Wobei das Grundthema, der Konflikt zwischen den Oberkommando und dem Captain selbst sehr interessant ist.
Danke schön, es freut mich, dass Dir dieses Thema der Geschichte gefallen hat
Original von Alexander_Maclean
Ich habe mir mal Gedanken gemacht, wie die leute sich in meinen FanFics ausdrücken sollen.
Darum sind eben auch schon seit langem meine Gedanken gekreist.
Klar ist das auch ein heikler Punkt, denn es fällt natürlich schwer, etwas zu verstehen, das es von vornherein ein Stück weit darauf anlegt, nicht verstanden zu werden.
Auf der anderen Seite muss ich gestehen, dass ich gerade deswegen die Figur Commander Nimm ein wenig ins Herz geschlossen habe, denn er ist ja wirklich ein Original, oder besteht die Gefahr, seine Dialogszenen mit denen eines Siskos zu verwechseln?
Und gerade aus dieser Unverwechselbarkeit heraus mag ich diese Figur. Denn wie sagt er ja auch selbst...
\"Nein, Magister, tauschen Sie mich nicht zum Captain als Laertes den Zweiten. Sie bekommen nur Captain Namm\"
Alex, auch bei Dir möchte ich mich fürs Lesen und für Dein Feedback bedanken
