HAUPTQUARTIER DER STERNENFLOTTE - Büro: William F. Sheridan
"Sie haben Tranar Ly'cole nach UNITY ONE geschickt?"
Der hochgewachsene Mann in Admiralsuniform, mit den Insignien eines Commodore am Kragen, blickte seinen Vorgesetzten, Fleetadmiral Sheridan, eindringlich an.
Erst vor wenigen Stunden war Commodore Valand Kuehn, mit dem Flaggschiff der Sektorenflotte-Bajor, der USS OBERON, über der Erde angekommen. Normalerweise war der norwegische Hüne die Ruhe selbst, doch in diesem Moment funkelten die Augen des Mannes in einem seltsamen Feuer.
Nur wenige Personen in der Sternenflotte wussten um seine Doppelfunktion innerhalb der Flotte. Sheridan gehörte zu diesen Wenigen.
"Bei allem gebotenen Respekt, Sir. Wollen Sie Fleetadmiral Belar mit der Nase darauf stoßen, dass es im Liropar Asteroidenfeld etwas für ihn zu kontrollieren gibt? Ly´cole wird auffallen wie ein bunter Hund."
Sheridan erhob sich hinter seinem ausladenden Schreibtisch.
Der Fleetadmiral hatte immer einen exklusiven Status inne. Als Sohn zweier Admirale standen ihm für seine Karriere alle Türen offen, die er stets genutzt hatte. Er war zwar ein vorbildlicher Schüler mit sehr gute Noten, aber Charakterlich eher schwach ausgestattet.
Dies hatte sich auf der Akademie fortgesetzt.
In Teammanövern war er stets derjenige, der das Kommando an sich riss und einen ausgeprägten Egoismus an den Tag legte. Er wollte immer um jeden Preis gewinnen. Sein größter Rivale war Joran Jakur Belar, der beinahe ebenso gute Noten besaß wie er und mit ihm in direkter Konkurrenz stand. Während Belar ihm immer freundlich gegenübertrat, hatte er nichts als Verachtung für Belar übrig. Für ihn war Belar ein Emporkömmling.
Diese Rivalität zog sich durch die gesamte Studienzeit und fand ihren Höhepunkt an einem der letzten Tage des vierten Studienjahres kurz vor dem Abschluss. An diesem Tage ließ Sheridan ein wahres Bombardement an Schmähungen auf Belar niederregnen, der zum ersten mal ausrastete, über sein Pult hechtete und dem Kinn Sherdians einen Aufwärtshaken verpasste, so dass dieses brach.
Seitdem bestand ein Waffenstillstand zwischen den beiden. Der „Kampf“ wurde wieder aufgenommen, als Belar als Lieutenant auf die Salahadin versetzt wurde und Sheridan es bis jetzt nur zum Lieutenant J.G geschafft hatte, was einen schweren Knacks bei Sheridans Stolz verursachte, da Belar nun sein Vorgesetzter war. Er nahm sich vor,dies zu ändern und arbeitete härter als zuvor. Außerdem hatte Belar ein Auge auf Sheridans Freundin, die Ärztin der Salahadin geworfen, die sich durch den Arbeitseifer und die dadurch mangelnde Zeit ihres Freundes vernachlässigt fühlte. Also verbrachte sie mehr Zeit mit Belar, was schließlich zu einer Beziehung wurde, als Sheridan davon erfuhr, kam es zu einem Duell auf dem Holodeck, auf das er Belar gelockt hatte. Er deaktivierte die Sicherheitseinrichtungen und generierte eine typische Wildwest Hauptstraßenszenerie. Als Belar ihn aufgrund seiner Ausbildung nichts ahnend angeschossen hatte und er auf der Krankenstation lag, war er so verletzt, dass er die Entscheidung traf, die Salahadin zu verlassen.
Belar bleib mit der Ärztin zusammen, bis diese bei einem Außeneinsatz unter Belars Leitung zu Tode kam. Sheridan und Belar sahen sich bei der Beerdigung wieder. Im Anschluss daran drohte Sheridan Belar, er würde dessen Leben zerstören, egal wie lange es dauern möge.
Und nun war es möglicherweise soweit vorzeitig zum finalen Schlag auszuholen. Dies würde er sich nicht von Valand Kuehn nehmen lassen. Andererseits konnte er Valand Kuehn nicht übergehen, dafür war er zu sehr in seine eigenen Pläne involviert. Und auch zu einflussreich. Vor drei bis vier Jahren hätte er Valand Kuehn noch aus einer solchen Angelegenheit heraushalten können. Mittlerweile war so etwas nicht mehr möglich.
Er blickte Kuehn mit betont nachsichtigem Gesichtsausdruck an, bevor er endlich meinte: "Nein, das wird er sicherlich nicht. Er hat zudem die Order Belar jegliche Unterstützung zu geben."
Kuehn wollte zunächst etwas erwidern, doch der Blick Sheridans ließ ihn wachsam werden. Er selbst war ein guter Kartenspieler, und er wusste zumeist, wenn sein Gegenüber noch einen weiteren Trumpf auf der Hinterhand hatte. Sein Gesicht wurde zur Maske, während sich unaufhaltsam ein Gedanke in dem Norweger festsetzte. Beinahe hätte er Sheridan unterschätzt - aber so schnell würde ihm dies nicht mehr passieren. Momentan stellte sich ihm nur eine weitere Frage:
Wer war der zweite Agent...??