Autor Thema: "Brazil" und "1984"  (Gelesen 4375 mal)

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Tolayon

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"Brazil" und "1984"
« am: 04.06.12, 11:40 »
Normalerweise ist es nicht üblich, zwei nicht zusammengehörende Filme in einem Thread zu behandeln, aber die Grundthematik und das gleiche Produktions- bzw. Erscheinungsjahr (in beiden Fällen 1984) schreien geradezu nach dieser Gegenüberstellung.

Beiden Filmen gemeinsam ist die Darstellung einer dystopischen, von einer tyrannischen Bürokratie geleiteten Zukunft; sogar auf technischer Ebene ähnelt die Ausstattung sich jeweils verblüffend - sowohl "Brazil" als auch "1984" verbinden etwa bei der Darstellung der in den Behörden verwendeten Computer Technologie der 1940er und 50er Jahre mit den Bildschirmdarstellungen der 80er Jahre. Auch Rohrpostsysteme spielen - soweit ich mich noch erinnern kann - eine wichtige Rolle.

Weiterhin gemeinsam ist beiden Filmen, dass sich jeweils ein für die Regierung tätiger Büroarbeiter in eine Frau verliebt, die dem Widerstand gegen den Staat zuzurechnen ist. Und in beiden Fällen endet diese Liebe auf realer Ebene tragisch.

Den Unterschied macht nun die jeweilige Herangehensweise aus. "1984" ist eine Verfilmung des gleichnamigen Romans von George Orwell und dementsprechend ernst, düster und pessimistisch. Die Bürger werden durch "Neusprech" und "Doppeldenk" gezielt desinformiert, ja die Machthaber glauben ihre Lügen am Ende sogar selbst.
Auch Winston Smith, der für das "Ministerium für Wahrheit" arbeitet, verrät nach Folter und Gehirnwäsche seine Geliebte und wird zum "wohlerzogenen" Bürger Ozeaniens (der Name einer eigentlich als vollkommene Utopie gedachten Welt).


"Brazil" hingegen - in seiner Planungsphase als "1984 1/2" angedacht - treibt den Bürokratiewahnsinn in einer Mischung aus Franz Kafka und Monty Python auf die Spitze; Robert de Niro brilliert in einer absurd-komischen Nebenrolle als revolutionärer, freiberuflicher Heizungsreparateur, der die Konkurrenten von den offiziellen Stadtwerken auch schon mal in Fäkalien ertränkt.
Der Büroangestellte Sam Lowry indessen verliert sich immer wieder in Tagträumen, in denen er als geflügelter Held in strahlender Rüstung eine blonde Prinzessin aus den Klauen von Monstern befreit. Zum Schluss hin verschwimmen Traum und Realität zusehends, die Szenen werden immer grotesker - bis hin zum idyllischen "Happy End" in der Traumwelt, während Lowry im wirklichen Leben dem stummen Wahnsinn anheim fällt und auf diese Weise seinen Folterern "entkommt".

SSJKamui

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Antw:"Brazil" und "1984"
« Antwort #1 am: 04.06.12, 11:55 »
Ich glaube, einige von Monty Python waren sogar an Brazil beteiligt.

Tolayon

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Antw:"Brazil" und "1984"
« Antwort #2 am: 04.06.12, 15:52 »
Genau, deshalb ist das Monty-Python-Element auch drinnen - deren Mitbegründer Terry Gilliam hat bei dem Film Regie geführt.
Interessant übrigens, dass Gilliam gebürtiger Amerikaner ist, dessen Humor allerdings sehr britisch rüberkommt. In "Brazil" soll er auch selbst einen Kurzauftritt als Raucher haben.

 

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