Es gibt eine sehr einfache Möglichkeit sich auszutesten: Lies jemandem vor, am besten einem Kind. Das ist nicht nur sehr sozial - es macht diesem sicher auch Freude und... Du bekommst die ungeschöntesten Rückmeldungen die es gibt.

Ich habe demletzt in den Ferien meinem aus Darren Shan vorgelesen. Er war ziemlich begeistert. Was mir aber bei längeren, insbesondere Ausdrucksstarken Lesen aufgefallen ist:
a) Du solltest Dich vorbereiten - um flüssig und fehlerfrei vorzulesen empfiehlt es sich die texte vorher schon einmal gründlich(!) elesen zu haben. Eine komische Betonung, ein Buchstabe vergessen - schon stolperst Du und wirst Du in der Hörbuch Fassung schneiden müssen und den Satz nochmal lesen. Vorbereitung erspart hier vermutlich umfangreiche Nachbearbeitung.
Eine wirklich Ausdrucksstarke Betonung... wie in dem Dirk Bach Beispiel, dürfte ohne vorherigen lesen sogar gar nicht machbar sein... einfach weil Du bei längeren Sätzen gar nicht weisst wo die hinlaufen. Liest Du die normal runter, wird es extrem monoton werden. Betonung und Ausdruck hängen also ebenfalls an einem vorbereitendem Lesen.
Wenn Du es Dir erlauben kannst, wäre es sogar ein Option das ganze auf Papier auszudrucken... und wie Star schreibt gewisse Betonen (Hebungen/Senkungen etc) vorbereitend anzustreichen. Genauso wie man Text diverser Figuren farblich anmarkern könnte. Die hilft beim Lesen sich im Text zu orientieren und schon auch ein Augen drauf zu haben welche Passage oder Betonung gleich kommen wird...
b) Du musst erst eine Balance finden zwischen Ausdrucksstark und Übertrieben... zB die Stimme so extrem zu verstellen das jede Figur völlig anders klingt wirkt schnell wie Kasper Theater. Man kann und sollte die Figuren nuancieren, dass sie sich unterscheiden - aber nicht versuchen seine Stimme auf biegen und brechen zu stark zu verstellen. Zumal Dich das selbst oft aus dem Lesefluss bringt - auch und insbesondere wenn Nebenfiguren auftreten... für die man dann eine Stimme finden muss ohne in einen bereits gelesenen Charakter zu verfallen. Ergo; Figuren nicht zu stark verschieden lesen.
Ich persönlich habe die Stimme schliesslich kaum noch variiert... jedoch gesprochen Sätze den Charakteren angepasst; zögerliche Figuren also langsam lesen, den Helden normal und bestimmt, unsichere personen schneller lesen... usw. Also auch über die Atmung, Geschwindigkeit und Betonung und Aussprache von Sätzen ist viel machbar... ohne gleich die Stimme zu variieren.
c) das ununterbrochene Lesen strengt deutlich mehr an, als stilles lesen. Sowohl die Stimme als auch die Konzentration. Also ich war nach 2 Stunden ziemlich bedient... Ein Buch in einem Tag ausdrucksstark einzulesen... halte ich für nicht machbar. Ich würde empfehlen kapitelweise vorzugehen - Pro Tag ein oder zwei Kapitel vorzubereiten, sauber einzulesen und gleich Soundtechnisch zu editieren... dürfte schon straff Arbeit bedeuten. Insofern würde ich hier erstmal lieber etwas ... tiefer ansetzen. Nicht das man am Ende gleich gefrustet ist.
PS. Wenn Du Dich selber ausprobieren willst... in Bezug auf Lesegeschwindigkeit, Fehleranfäölligkeit, Ausdruck, Betonung... lies vielleicht mal eine Ballade ein... die sind nicht so lang wie Prosa Texte, der Reim erleichtert es am Anfang und sie sind sehr Ausdrucksstark - da meist lyrisch übersteigert. Du hast also die Möglichkeit dich gleich reinzuhängen. Also... Carl Gustavon von und zu Schiller ("Der Handschuh" zB) oder oder Jim Goethe zu testzwecken mal einzulesen... ist vielleicht gar nicht so übel und eine Sache von 10-20 Minuten.
