2381, FARAS III, 07:00 OrtszeitEs regnete nun in Strömen. Und die Sicht war schlechter als vorher. Philipp war enttäuscht keinen dieser Riesen auf diese Entfernung getroffen zu haben. Zwei der Fünf waren übers Dach verschwunden, während ihre Kammeraden sich todesverachtend vom Dach geschwungen hatten. Die Brüstung an der die beiden zuvor gestanden hatten, zeugte davon, dass er es zumindest mehrfach versucht hatte.
"Mist! Du schießt wie eine alte Frau. Du solltest mehr in die Schiesshalle gehen!", nörgelte er an sich selbst herum, während er das Dach noch mal absuchte. Schließlich senkte er seine Waffe und aktivierte den Kommunikator.
"Oestrow an Alle. Zwei haben sich zurückgezogen. Ich sie sie nicht mehr! An alle treffsicheren Schützen. Wenn wir zurück sind, gebe ich euch eine Runde aus!"
Wied er zuckte ein Blitz auf einen nahen Berggipfel herab und das Donnern übertönte jegliches Geräusch. Selbst den Wind der bereits den Regen in Böen über den Platz trieb.
Er war wieder im Krieg!
2375, Delaya PrimePhilipp erwachte nach einem ruhelosen Schlaf. Sein Arm pochte, seine Lippen waren Trocken und sein hals fühlte sich an, als hätte ein benecianisches Mastrodon, darin Samba getanzt. Er stemmte sich vom Tisch, auf dem er lag und ging zittrig zu seinem transportablen Nahrungsmittelreplikator, den jemand während er schlief aufgestellt haben musste.
"Ein Glas Wasser, 5 Grad kalt!"
Er trank gierig das Glas leer und bestellte sich daraufhin ein zweites. Als er das Zittern seiner Beine gestoppt hatte, verließ er den Raum und ging quer über den Korridor in die Kommandozentrale zurück.
"Ah, sie da von den Toten aufgestanden, Fähnrich", begrüßte ihn Lieutenant Xavier mit etwas Heiterkeit in der Stimme. Er war gerade hinter seiner Konsole aufgetaucht, an deren Innereien er offenbar gearbeitet hatte. Der junge Assistenzarzt, der ihn versorgt hatte, saß an seiner Konsole und blickte ihn sorgenvoll an.
"Melde mich zurück, Sir."
"Das trifft sich gut. Ihre Ablösung wollte gerade Essen gehen!", bemerkte der Missionsleiter und nickte dem Mediziner zu.
"Wie ist der Status, Sir?", fragte Philipp und lies sich auf den Stuhl fallen.
Xavier deutete mit dem Daumen zu Monitor auf dem die Hochebene zusehen war und die Jem'Hadar, deren verbliebene Schiff dort gelandet war um Nachschub auszuladen.
"Im Moment haben wir ein Patt, Fähnrich. Aber so wie es mir erscheint ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich daran machen durch die Vordertür einzubrechen."
"Und dann?"
"Wir warten erst gar nicht. Meine Jungs haben damit begonnen in der Raffinerie Ladungen anzubringen."
"Sie wollen die Anlage sprengen?"
"Ja, aber keine Sorge. Wenn hier alles hoch geht, werden wir bereits hier weg sein. Wie fit fühlen sie sich?"
"Es geht, Sir. Aber ich will auf keinen Fall, dass sie ihr Entkommen von meinem Zustand abhängig machen, Sir."
Xavier winkte ab: "Nonsens, Fähnrich. Entweder alle oder keiner. In etwa einer halben Stunde sind wir fertig. Dann werden wir durch das Abwassersystem am Boden des Gletschers abhauen. Eine kurze Rutschpartie. So gelangen wir auf das untere Plateau. Sind wir dort, sprengen wir. Danach wird es eine elende Kletterei haben das Wasser abgesperrt. Wenn wir Glück haben erreichen wir die im Tal befindlichen Pumpstationen und können uns dort einnisten bis Rettung kommt.
"Sie hoffen, dass die Sprengung alle Jem'Hadar mit nehmen wird?"
Xavier bekam einen entschlossenen Ausdruck: "Ich will verdammt sein, wenn mir einer der Bastarde durch die Lappen geht. Zur Sicherheit werden wir auch einen der Deuteriumlagertanks in die Luft jagen. Soll doch die ganze Hochebene zum Teufel gehen!"
"Das wird einen ganz schönen knall geben", bemerkte Oestrow.
Der Lieutenant nickte zustimmend: "Den wird man noch im nächsten Sektor hören!"
2381, FARAS III Philipp ließ sich zurückfallen. Er wischte sich das Regenwasser aus dem Gesicht. Seine Kleidung war inzwischen von dem Dauerregen durchnässt. Mühsam kauerte er sich wieder unter den Sensorträger und blickte ab und zu durch das Okular seines Phasergewehrs hinüber zu dem Gebäude, dessen Hausherren sich nun doch gezeigt hatten. Die beiden geflüchteten Jem'Hadar waren verschwunden. Erst jetzt bemerkte Philipp den brennenden Schmerz an seiner Hüfte. Die gefährliche Situation und sein Adrenalin hatten alles überzeichnet. Er blickte an sich herab.
"Du schießt wirklich, wie alte Frau", bemerkte er leise und lachte hohl.
Mit der Gewissheit eines totgeweihten lehnte er sich an den Pylon zurück. Der Regen hatte ein Rinnsal gebildet, dass ihm von oben herab auf die Schulter tropfte.
"Jetzt haben dich die Brüder doch gekriegt", sagte eine wohl bekannte Stimme neben ihm. Lieutenant Xavier saß neben ihm und lächelte ihn an.
"Naja, aber wir sind ihnen damals entkommen. Es waren ein paar interessante Jahre."
"Für dich, Frischling."
Philipp erinnerte sich daran, wie Xavier sie alle in die abgesperrte Wasserleitung auf Delaya Prime, deren Durchmesser gute fünf Meter maß einstiegen ließ. Die Sprengladungen waren verteilt worden und doch traf sie die Erkenntnis mit einem bitteren, Nachgeschmack, dass einer zurückbleiben musste, um den Anderen die Zeit zu verschaffen, die dreihundert Höhenmeter durch die Röhre zu klettern und um dann das Wasser wieder anzustellen. Xavier war damals geblieben.
"War es schlimm?", fragte Philipp, der spürte wie langsam sein Körper ausblutete. Der Schuss der Jem'Hadar hatte seine Oberschenkelarterie zerfetzt und mit jeden Herzschlag, mit jedem Atemzug, das Leben aus seinem Körper floss.
"Nein, aber es hängt von Dir ab, ob Du es empfangen willst oder nicht."
"Empfangen?"
"Das Geschenk der Erkenntnis!"
"Welche Erkenntnis?", Philipp bemerkte wie ihm die Sinne schwanden. Weit entfernt hörte er Musik. Ein Klavier oder Piano. Die Melodie kam ihm seltsam bekannt vor. Eine gefühlte Unendlichkeit später erkannte er das Stück, nach den deutlich lauter geworden war. Es war das Lied, das seine Mutter ihm stets spielte, wenn er als Kind traurig war. Getrennt von seinem Vater auf Grund eines Streits zwischen Vater und älterem Sohn. Der Wind rauschte plötzlich in seine Ohren und das Lied wurde durch eine Stimme ersetzt.
"Philipp … wo ist mein kleiner Junge?"
Er hörte die Stimme der Mutter, lange hatte er sie nicht mehr gehört. Sie ließ ihn sich entspannen
"Hier bin ich Mom", rief er und plötzlich hörte er auch die Stimme seines Vaters: "Philipp ich bin stolz auf Dich. Nichts was Du je getan hats oder tun wirst, wir ändern, dass Du mein Sohn bist. William wird das eines Tages einsehen und ihr werde Frieden schließen."
"Ich wollte es niemals, Dad. Aber ich habe erkannt, dass Du Recht hattest. William und ich haben uns inzwischen getroffen."
"Ich weiß mein Sohn und das macht mich sehr stolz. Komm nun, Philipp. Es wird Zeit zu gehen."
"Ja, Dad. … Ich komme …"
Philipp von Oestrow legte den Kopf in den Nacken und begann zu lächeln. Licht hatte ihn umfangen. Ihn in eine wohlige warme Decke gehüllt und noch während sein Körper die letzten Lebensfunktionen einstellte, tropfte ihm der Regen auf FARAS III ins Gesicht und die Blitze zuckten zum Salut.
Jesse wälzte sich im Schlamm. Betäubt von dem Scharmützel und überfordert von den Eindrücken brach er in Tränen aus. Sein Körper zückte durch die Kraft seiner Emotionen.
"Ich habe es Euch gesagt", rief er aus, und das verstörte Gesicht von Jasmin Sharp, zeigte die Verwirrung und Irrationalität dieser Situation. "Ihr habt mir nicht geglaubt", schrie er so laut, dass selbst M'Rass, deren Fell vom Regen durchnässt und von Match verklebt war. Seine Stimme nahm die eines Wahnsinnigen an. Mit einer Geschwindigkeit, die man ihm nicht zu getraut hätte, sprang er auf und warf er sein Gewehr fort. Begleitet von dem Getöse und Lichterschauspiel des Gewittersturms.
"Bleiben sie ruhig, McDougal, sie sind fort!", rief ihm durch das Getöse zu, aber der Donner war so laut, dass sich einige, einschließlich Jesse, die Ohren zu hielten.
"Sie werden mich nicht noch einmal kriegen. Nein, dieses Mal nicht!"
Sein Blick zeigte eindeutig den Glanz des Wahnsinns, aber bevor jemand etwas dagegen tun konnte hatte Jesse seinen Phaser gezückt und ihn gegen sich selbst gerichtet. Der Strahl hüllte ihn ein und sein Körper verschwand unter dem trommelnden Getöse von FARAS III.