Filmreview - Indiana Jones: Das Königreich des KristallschädelsNun denn. Nachdem ich meine Tastatur vom Erbrochenem gereinigt habe, kann ich auch die Kritik zum vierten Teil einreichen. Wer nicht so viel lesen will, sollte einfach nur runterscrollen, und die Screenshots betrachten. Ich finde, dadurch kommt die Kernaussage meiner Kritik eh viel knackiger rüber.
EinleitungSo richtig hat ja eigentlich niemand mehr daran geglaubt. Gerüchte über einen vierten Teil waren immer mal wieder im Umlauf, ernstgenommen wurden die aber von den wenigsten. Umso überraschender war es dann, als sich anno 2007 die Hinweise doch noch zu verdichten schienen, und schließlich auch die offizielle Ankündigung kam. Die Überraschung war groß, die Freude auch, nur eine Frage hing im Raum: Kann Ford das noch? Als dann wenige Wochen später das erste Bild von ihm veröffentlicht wurde, war die Antwort auf diese Frage klar: Ja, er kann. Klar, die Nase war etwas knolliger, die Backen hängend, das Haar grau... aber Hut und Hemd saßen perfekt, und da Ford die coolste Sau des Universums ist, bestanden überhaupt keine Zweifel mehr: Das wird super!
Die folgenden Monate waren ein reines Fest – die Fans schaukelten sich hoch, die Euphorie nahm ungeahnte Züge an, die Vorfreude war ungebremst. Und warum auch nicht. Spielberg, Lucas, Ford, Kennedy, Marshall, alle wieder mit dabei. Was soll da schon schief gehen? Immerhin wurde vehement verkündet: Wir machen den Film nach alter Schule! Recht so!
Weitere Infos sickerten ins Netz. Um den Kristallschädel würde es diesmal gehen, und um Ufos. Cool. Damit hat Spielberg Erfahrung. Der kann das, der macht das schon. Marion ist auch mit am Bord, prima, die ersten veröffentlichten Fotos von ihr sahen unglaublich aus, als sei sie kaum einen Tag gealtert. Dann der erste Dämpfer. Shia LaBeouf ist dabei, höchstwahrscheinlich als Indys Sohn. Urks. Egal. Ford wird’s rausreißen. Hauptsache Indy. Der Tag des Releases rückte Näher, ich war wieder sieben Jahre alt und musste mich beherrschen, nicht ins Kino zu hüpfen, wie so ein Flummi.
Blöde Kinowerbung. Blöde Kinotrailer. Macht endlich! Als ob ich mich in meinem jetzigen Zustand für andere Filme interessieren würde. Dann, endlich, senkte sich der Vorhang, es ging los.
Zwei Stunden später war ich erstaunlich still und anscheinend auch blass. Meine Freunde haben sich gar nicht erst getraut was zu sagen. Mir war unbegreiflich, was da passiert war. Irgendwie... hat mir der Film nicht gefallen? Nein, unmöglich. Muss an mir gelegen haben. Vorfreude war vielleicht zu groß. Oder ich habe etwas falsches gegessen. Dumme Nachos. Vielleicht hatte ich auch einen Nervenzusammenbruch vor lauter Nervosität und habe halluziniert. Das muss es gewesen sein, jawohl. Am Film kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Erst mal alles sacken lassen, schlafen, heilen. Am nächsten Tag gleich wieder ins Kino gepilgert, irgendwie besorgt, unsicher. Das vermutete bestätigte sich bei der Wiederholung: Ich fand den Film uninteressant. Schlimmer noch, ich fand ihn über weite Strecken schlicht furchtbar?!
Da war einfach zu viel offensichtlicher Schwachsinn, der mir von Innen an die Leinwand klatschte, wie geistlose
Motten. Nichts weiter als einen gelben Brei hinterlassend, den ich liebend gerne ins Reich des barmherzigen Vergessens verbannt hätte, wenn sich das Grauen (Oxley, Interdimensionaler Reisende, Hochzeitsszene) nicht bereits von innen in meine Retina gebrannt hätte, und mich seitdem des Nächtens als wiederkehrender Alptraum heimsuchen würde.
VisuellesDas mag man mir nun direkt mal als absolute Kleingeistigkeit auslegen, aber... der Film erwischt mich schon optisch auf dem völlig falschen Fuß. Ein dezenter Weichzeichner wird verwendet – in manchen Szenen ist er mal mehr, mal weniger schlimm -, eine Überbelichtung findet statt, und dann kommt auch noch der hundsvermaledeite Teal- und Orange-Look zum Einsatz, der so viele Hollywoodfilme in letzter Zeit heimsuchte. Das in Verbindung mit den bewusst künstlich gehaltenen CGIs, die in ihren schlechtesten Momenten an Sky Captain and the World of Tomorrow erinnern, ergibt ein... untypisches Bild – zumindest für diese Filmreihe. Als Beispiel, ein BIld aus Raiders. Das Bild, gestochen Scharf, die Farben dezent, unaufdringlich, glaubhaft:

Kristallschädel:

(Aber ein Lob an die Setdesigner. Die haben alles richtig gemacht.)
Den direktvergleich kann man mit einer kleinen Bearbeitung in Photoshop herstellen.
Kristallschädel:

Auf Raiders getrimmte Nachbearbeitung per Photoshop:

Nun kann man darüber streiten, ob dieser Stilwechsel nach über zwanzig Jahren nicht auch erlaubt ist, und ob es nicht sogar den poppigen fünfzigern entspricht. Ich... habe aber etwas anderes erwartet, nämlich einen Film, der... aussieht, wie ein Indiana Jones-Film. So von wegen nach alter Schule und so. Aber vielleicht dachten die Macher auch echt, das hier würde besser aussehen:

Zum Vergleich dazu, ein Screenshot aus "Die Mumie":

Was fühlt sich hier wohl eher nach Adventure an? Das alleine kann den Film natürlich nicht unbedingt runterziehen, aber ich glaube diese visuelle Andersartigkeit hat schon dazu beigetragen, mich... etwas genauer hinsehen zu lassen.
AnfangDer Film fängt auch direkt in der ersten Einstellung schon... interessant an. Der Paramount Berg blendet über in ein CGI-Erdmännchen.

Das gibt eigentlich schon die ganze inhaltliche Richtung der nächsten zwei Stunden vor. Kurz wähnt man sich noch in Sicherheit: coole Autos kommen ins Bild, flotte Mucke erklingt, ein kleines Rennen findet statt, doch dann verpufft das auch schon wieder. Die Russen drängen den anderen Wagen nicht von der Straße, sondern biegen einfach rechts ab – irgendwie hat man das Gefühl, dass man gerade einen ersten, frühen Höhepunkt vorenthalten bekommen hat. Irgendwelche US-Soldaten werden erschossen, aber die Kamera will das nicht zeigen, denn Gott bewahre, Gewalt in einem Indiana Jones-Film? Bloß nicht! Wir sind doch keine Unmenschen! Wir wollen den Unsinn irgendwann noch an Disney verkaufen!
Dann endlich – der Hut kommt ins Bild, dann der Hutträger. Yay. Das Popcorn fliegt. Indy ist da. Begeisterung pur.
Und da folgt auch schon Spalko, die Gegnerin. Sie stell sich höflicherweise gleich vor, denn das Publikum ist ja blöd, zählt ihre Leistungen auf, denn das Publikum ist ja blöd, palavert etwas von psychischen Kräften, die in der Geschichte ohnehin nie wieder wichtig werden, was aber bestimmt keiner merkt, denn das Publikum ist ja blöd, und kurz fuchtelt sie mit ihrem Degen rum, weil man dem Publikum anscheinend anders nicht begreiflich machen kann, dass sie die Böse ist. Wie blöd. „Show, don’t tell” geht anders.
Indy ist zum Glück ganz der alte, denn da bindet er den Russen bereits einen Bären auf – genauso gut hätte er etwas vom lateralen Tirilaktiral erzählen können -, damit die ihre Patronen hergeben und ihre Waffen leeren. Clever, der Mann, so kann er die Situation bestimmt irgendwie an sich reißen und zum Gegenschlag ausholen, denn es ist ja Indy. Oder... doch nicht?
Jetzt macht er nämlich plötzlich einen auf McGyver, meint diesen Schwachsinn anscheinend ernst, den er da labert, und erzeugt ein Magnetismuswölkchen, um den Russen zu helfen, ihre dämliche Kiste zu finden. Dann haut er bei der erstbesten Gelegenheit ab. Es gibt ein bisschen Action, ein paar frühe Gags, aber das wichtigste sind eh die Erdmännchen. Man merkt schon hier: die Wartezeit von zwanzig Jahren hat sich gelohnt, beim Script wurden offensichtlich keine Kosten gescheut!
ArtefaktAm Kristallschädel kann man ganz gut erkennen, weshalb der Film in meinen Augen so schei- so sehr kränkelt. Er... ist leider das schwächste Artefakt der Reihe – schwächer sogar noch als die Sankara-Steine - und das liegt nicht an seiner Verbindung mit den Alie – pardon, mit den Interdimensionalen Reisenden, sondern an der Art und Weise, wie er inszeniert wurde. Dabei beginnt alles sogar äußerst vielversprechend.
In Area 51 (musste es ausgerechnet die Halle sein, in die die Bundeslade gebracht wurde?) bekommt man einen ersten Vorgeschmack von den magnetischen Kräften dieses Dings, ohne, dass viel zu sehen ist. Indy erzählt Mutt später im Restaurant von den Mysterien die um den Kristallschädel ranken, und tut sie dann mit „Es ist nur eine Geschichte, Kleiner.“, ab. Wir wissen ja, wie DAS endet, gell Indy?

. Durch all das kommt jedenfalls schon gut Atmosphäre auf. Das Sanatorium in Peru war dann recht langweilig, dennoch, als man die Zelle sieht, wo überall Return, Retur, Rückkehr steht, ja, da darf man wirklich gespannt sein, das ist schon mal ein gelungener Spannungsaufbau.
Gleichzeitig ist es aber auch schon das Spannungsende, denn zehn Minuten später ist der Kristallschädel gefunden.
Huh?
Der Friedhof ist ein herrlich schöner Schauplatz, der Kampf gegen die Totenkopftypen gelungen, wenn auch reichlich kurz. Man fragt sich voller Interesse, was die beiden Abenteuerer Indy und Mutt denn wohl im Grab erwartet.
Nichts mehr.
Ein CGI-Skorpion sagt hallo, das war’s. Nicht einmal eine richtige Falle gibt es, nur dieses kleine Rad-Rätsel, das auch schnell gelöst ist. Und dann findet man den Kristallschädel... hinter einer Mumie. Indy hebt sie hoch und drückt sie Mutt in den Arm – „Hier, halt mal, Kleiner“, dann hat er den Schädel auch schon in der Hand. Einen Moment man meint man noch er sei begeistert, denn sein Mund steht offen, aber nein, er denkt nur darüber nach, warum Oxley, (der das ganze Abenteuer schon durchlaufen hat wohlgemerkt), den Schädel wieder zurückgebracht hat.
Bin ich hier im richtigen Film?
Wieso wird das so langweilig inszeniert? Hat Spielberg zeitweise keinen Bock gehabt, oder was? Da gibt es keine Atmosphäre, kein Suspense, nichts.
Schaut euch mal an, wie das Finden der Lade zelebriert wurde, was da für eine Atmosphäre aufkam! Der Sturm, die Schlangen, wie sie langsam aus der Kiste gehoben wurde, glänzend, wunderschön, während John Williams herrlicher Soundtrack anschwoll. Ach Gott, selbst das Idol hatte etwas ungeheuer magisches. Ja sogar die Sankara-Steine wurden besser in Szene gesetzt. Was war das noch für ein Moment, als Indy sie das erste Mal aus dem Totenschädel herausnahm und die Diamanten im Innern zum Leuchten brachte. Die Musik schwillt an, Indys Blick ist zerrissen vor Gier, Staunen, Ehrfurcht. So macht man das! Sogar Sir Richards Schild im dritten Teil bekommt einen heiligen Moment.
Hier hingegen? Nix. Der Kristallschädel wird in die zweite Reihe der Film-Reliquien befördert, vom Besonderheitsfaktor irgendwo zwischen dem Kreuz von Coronado und dem Nurchachi zu finden. Und so uninteressant geht es auch weiter. Bisher war der Film noch recht vielversprechend. Jetzt sackt er hart ab. Die Szene, in der Harrison Ford versucht so zu tun, als stünde er mit dem Schädel in telepathischen Kontakt, lasse ich mal lieber zum Wohle aller Beteiligten unerwähnt, zumal ich keine Lust habe, meine Tastatur schon wieder von Erbrochenem zu reinigen.
In der Verfolgungsjagd, nach dem Papa und Mama aufgehört haben, sich vor dem Jungen zu streiten, und stattdessen mal zum Gegenschlag angesetzt wird, wird der Schädel dann fröhlich von einem zum anderen herübergeworfen – ja teilweise wird er sogar als Knüppel zweckentfremdet. Warum auch nicht, ist ja nicht so, als sei das Teil irgendwie wertvoll oder selten oder so... Dafür, dass er aus einem kristallartigen Material zu sein scheint, ist er wohl auch recht leicht. Genau wie... das Film-Prop, das er nun mal ist.
Einzig bei den Ameisen wird er super eingesetzt, auch wenn der Magnetismus eher inkonsequent dargestellt wird. Aber gut, das wird der schwarze Schlaf von Kali auch. Das muss man der fairness halber schon erwähnen.
Am Ende wird der Kristallschädel noch zum Türöffner umfunktioniert, dann fliegt er durch Zauberei auf die Statue, auf die er gehört, und die setzt sich dann mithilfe der anderen Statuen zum optisch wohl langweiligsten Alien der Filmgeschichte zusammen. Das hätte man auch genauso gut in Mission to Mars zu sehen bekommen können. Was war jetzt die Pointe dieses ganzen Unsinns? Indy + Chaotencrew bringen einen Kopp zurück, ein interdimensionaler Reisender entsteht daraus und der ist so dankbar/undankbar/gleichgültig, dass er die böse Spalko, die eigentlich gar nicht böse ist, mit Wissen brutzelt, denn irgendeiner im Produktionsteam hat schnell noch gemerkt, dass man so was immer am Ende eines Indiana Jones-Films macht.
Aus irgendeinem Grund hebt und ohne jeden Abschiedsgruß hebt die überdimensionale Waschmaschine ab und Mac verschwindet in einem Energievortex oder was auch immer – interessieren tut’s eh keinen.
Wisst ihr... jo, die anderen Filme hatten Geister und Tempelritter und schnell alternde Leute... aber die hatten darüber hinaus auch noch ein bisschen Sinn. So was... tiefergehendes. Schichten. Da kann man sich noch was reindenken wenn man will.
Der Start des Ufos ist dann zu meiner Überraschung erstaunlich schön gemacht. Ein toller Effekt, Daumen Hoch an die Effektkünstler der Grafikdemoabteilung. Natürlich wird dieser tolle Moment prompt von Oxley ruiniert. Reisende zwischen den Sternen? Nein, sagt er, und Aliens sind es angeblich auch nicht, sondern interdimensionale Reisende, die nur zufällig so aussehen wie Aliens. Warum? Weil Steven Spielberg keinen Bock auf Aliens hatte, denn er war ja gerade erst mit Krieg der Welten fertig. Achso, na dann. Ja ne, is klar.
Wisst ihr... Wenn ich in einen riesenhaufen Bullendung ein Schild mit er Aufschrift „Marzipantörtchen“ stecke, dann IST DAS TROTZDEM NOCH EIN RIESENHAUFEN BULLENDUNG!
Indiana JonesDiesmal haben wir es mit einem älteren, gediegeneren Indy zu tun. Er ist ruhiger, zen-mäßig mit sich im Reinen, und ein bisschen der Professoren-Rolle verfallen – zumindest am Anfang. So tendiert er nun dazu, während des Abenteuers mit Infos um sich zu schmeißen, als wäre er noch im Hörsaal. Finde ich eigentlich eine witzige Idee, funktioniert auch prima, passt gut zum letzten Kreuzzug, und irgendwie gönnt man es ihm auch. Leider findet darüber hinaus kaum Charakterentwicklung statt. Stattdessen mutiert Indy hier komplett zum typischen Hollywood-Helden, dem irgendwie fast alles leichtfällt. Klar, hier und da denkt er mal, der LKW, auf den er springen will, wäre näher, aber das Entern eines Trucks und so macht ihm nun keine Probleme mehr. Ein Kriegsheld ist er darüber hinaus auch noch. Brofist zu John McLane, für den ist es inzwischen auch ein alter Hut, Terroristen zu vermöbeln.
Früh im Film gibt es eine Szene, die auf einem gewissen emotionalen Level funktioniert; es ist die Szene, wo Indy mit „Brody-Ersatz“ spricht. Er äußerst Sorge über das älter werden, dass das Leben einem inzwischen mehr nimmt, als es einem gibt, und das er sich in seinem eigenen Land, vielleicht sogar in dieser Epoche deplaziert fühlt. Darauf wird im weiteren Verlauf der Handlung so gut wie gar nicht mehr eingegangen. Der FBI-Kommunisten-Plot wird sogar völlig unter den Tisch gekehrt. Stattdessen kommt Indy im Schnelldurchlauf an eine ganze Familie inklusive Frau und Sohn, erhält nicht nur seine Anstellung im Museum zurück (genau wie Brody-Ersatz), sondern wird auch noch Co-Dean – wieso, weshalb, das erfährt man nicht -, und, um das behinderte Ende noch unerträglicher zu gestalten, folgt dann noch die kitschigste Hochzeit der Filmgeschichte. Würg. Schlimmer könnte es Disney in einem fünften Teil nun wirklich nicht machen, selbst wenn sie Cinderella mitspielen lassen würden.
Der letzte Kreuzzug hat das Kunststück geschafft, Emotionen zu wecken UND Spaß zu machen. Der Kristallschädel fühlt sich über weite Strecken so an, als ob man zunächst dasselbe vorhatte, sich dann aber sagte „Ach zum Teufel damit, lasst uns einfach affig sein.“
Hinzu kommt, dass Indy einfach nicht besonders viel macht. Er sollte eigentlich der Held der Geschichte sein, die treibende Kraft. In Tempel des Todes hat er die Handlung im Alleingang vorangepeitscht. Im Vergleich dazu ist er diesmal erstaunlich passiv. Er hilft den Russen am Anfang, er hilft ihnen auch später im Urwald, denn eigentlich will er ja nur weg. Es ist Mutt, der Widerstand leistet. Es ist Mutt, der ihn auch öfters mal wieder retten muss, und es ist Oxley, der das ganze Abenteuer eh schon durchgemacht hat, und erst auf den letzten zehn Metern keine Ahnung hat, wie es weitergeht und Neuland betritt. Aber zum Glück ist er ja mischugge, so erscheint es dem Publikum wenigstens als würde hier jemand neues erleben.
Selbst in der Wasserfallszene ist Indy nur als Zuschauer in der zweiten Reihe dabei – sprichwörtlich. So belämmert die Stelle mit dem Schlauchboot im zweiten Teil auch sein mag, wenigstens hat Indy hier gehandelt.
Aber im Kristallschädel hat er keine richtige Motivation. Er versucht Mutts Mutter aus der Gefangenschaft zu befreien. Die stellt sich als Marion heraus. Okay. Um ihm dann eine weitere Motivation zu verpassen, spricht der Kristallschädel eben mit ihm und äußert seinen Wunsch, nach Hause zurückzukehren. Eigentlich keine schlechte Idee, der Gral hat ihn ja auch „gerufen“. Trotzdem ist das alles irgendwie so... erzwungen, als hätte man das Script aus den Überresten von drei anderen zusammengeklebt.
Trotz aller Meckerei: Ford kann es noch. Wenn er mit hängenden Klamotten und hängenden Backen in Doomtown steht, und zwischen den bunten Häusern wie ein Relikt wirkt, dann tut mir das zwar irgendwo weh, ganz ehrlich, und mit vor Alter zitternden Händen wollte ich Indy eigentlich auch nie sehen, aber davon abgesehen hat Ford noch immer eine beachtliche Präsenz, und offenbar hat er auch richtig Lust auf den Film. Und Fit war er ja auch – wenn ich in dem Alter noch so fit sein sollte, werde ich jedenfalls froh sein.
Mutt WilliamsDie Figur des Mutt hat mir im Vorfeld die einzigen Sorgen bereitet. Große Sorgen. Zunächst einmal hielt ich es schon für eine kreative Bankrotterklärung, dass man es wohl erneut mit einer Vater-Sohn-Geschichte versuchen würde. Die hatten wir schließlich erst – und die war so ungeheuer gut und unschlagbar, dass ich nicht begreifen wollte, wieso man das Risiko einging, sich mit dem Vorgänger messen zu müssen. Eine Vater-Tochter-Geschichte hätte ich wesentlich besser gefunden, das hätte der Sache wenigstens einen angemessenen Twist verschafft (und so hätte man ein Jones-Girl in der Geschichte und an Indys Seite gehabt, ohne einen siebzigjährigen Ford mit einer jüngeren zeigen zu müssen). Und dann hat mich auch noch die Wahl des Darstellers verunsichert. Ausgerechnet Shia Labouf. Den kannte ich nur aus den Transformersfilmen, und da hat er so hibbelig gespielt, dass ich mitunter gerne in die Leinwandgegriffen, in an den Schultern gepackt, und ihn angeschrieen hätte, dass er sich zum Teufel noch eins beruhigen soll. Das versprach nicht gut zu werden.
Meine Sorge war aber unbegründet. Denn ironischerweise ist Mutt sogar mit das Beste des gesamten Filmes. Klar, diese Vater-Sohn-Geschichte kommt nicht an den Vorgänger heran, aber dennoch hat sie genug leisen Charme, um gut zu unterhalten. Shia hält sich angenehm zurück, begegnet dem Filmprojekt mit dem nötigen Respekt und hat eine tolle Chemie mit Ford. Ich mag die beiden und so gut wie alle Szenen, die sich nur auf Indy und Mutt konzentrieren sind gelungen. Das Highlight ist die kurze Stelle in Peru, wo sich Mutt dafür rechtfertig, Motorräder reparieren zu wollen, und Indy ihm versichert, dass er in jedem Fall das tun sollte, was ihm Spaß macht. Das ist gelungen, das ist eine schöne Szene, gerne mehr. Doch leider kommt ja dann die hier in die Handlung:
MarionOh Gott, was hat man nur mit Marion gemacht? Im ersten Teil war sie noch ein wichtiger Charakter, eine ernstzunehmende Frau. Dass der vierte Film teilweise in Klamauk abrutscht, dessen Gags nicht einmal immer einen Sinn ergeben (wer kann mir den „Witz“ mit Mutts Messer erklären) ist schon gewöhnungsbedürftig genug. Aber dass man Marion zu einem grenzdebil grinsenden Schatten ihrer selbst macht, die NICHTS außer dieser völlig verhunzten Familien-Story beiträgt...? Für sie scheint das auch alles irgendwie ein großer Spaß zu sein. Indys Sohn verheimlichen, Mutt beim Fechten im Urwald korrigieren, von der Klippe auf einen Baum springen... ha ha, wie lustig.




Wie schön, dass es Menschen gibt, die so fröhlich (breit) sind.
OxleyIch habe noch nie einen Filmcharakter so sehr verabscheut wie Harold Oxley. Er ist mein persönlicher Jar Jar-Binks. Ich brauche ihn nur zu sehen und bekomme schon das kotzen. Dieses Outfit, dieses rumgealbere... argh. Dass Oxlay die Handlung (bis auf die letzten zehn Minuten) schon mal durchgemacht hat, fällt da kaum noch ins Gewicht. Ich wollte eigentlich noch viel mehr zu Oxley schreiben, aber ich lasse es lieber bleiben. Muss auf meinen Blutdruck achten.
MacDie Figur hat eigentlich potential und ist auch gut besetzt, geht aber neben den anderen Charakteren unter, weil insgesamt auch viel zu viele im Film sind. Der erste Film kam noch mit Marion und Sallah an Indys Seite aus. Im zweiten hatten wir dann konstant Willie und Shorty. Im dritten waren es dann schon drei, von denen dem Zuschauer zwei aber schon bekannt waren. Hier sind es dann gleich vier. Indy, Ox, Marion, Mutt, Mac. Teilweise hat man das Gefühl, dass Indy mit seiner ganzen Schulklasse unterwegs ist. Davon abgesehen kann man Mac keinen großen Vorwurf machen. Ist halt nur eine Nebenfigur. Dietrich, Toth oder Chattar Lal waren auch eindimensional und Staffage. Trotzdem schade, dass Mac nicht mehr zu tun hatte, denn sein Ende lässt einen verblüffend kalt.
GegnerMeiner bescheidenen Meinung nach ist Irina Spalko der schwächste Gegner der Filme, obwohl sie vielleicht sogar die mit dem meisten Potential war. An der Darstellerin liegt das Scheitern der Figur nicht. Cate Blanchett kann was, und sie hat auch sichtlich Spaß an der Rolle, das merkt man. Leider ist gibt die Figur „Spalko“ einfach nichts her. Mir ist sie schlicht egal. Ich mag sie nicht, ich verabscheue sie aber auch nicht. Das liegt auch daran, dass sie nicht viel böses tut.
Die Erschießung der Wachen vor Area51 geschieht zweifellos unter ihrem Kommando, und die Uga werden auch von den Russen getötet. Aber das passiert außerhalb des Bildes. Und vermutlich ist dafür dann auch eher Dovchenko verantwortlich, Spalko lässt machen. Das brutalste wie im ganzen Film (sichtbar) tut? Zwei Ameisen zerquetschen. Toll. Donavan war auch kein vielschichtiger Charakter, aber den konnte man wenigstens noch genießerisch verabscheuen, weil er auf Indys Vater geschossen hat. Ich will auch nicht sagen, dass die Lösung im Abschlachten von Unschuldigen liegt, aber ein Bösewicht sollte schon Bösewichtig sein.
Spalko hingegen wirkt... über weite Strecken sogar fast vernünftig, als käme man gut mit ihr aus, als könnte man sich einigen. Für kurze Zeit „arbeitet“ sie ja sogar mit Indy zusammen, da im Camp, bis ausgerechnet Mutt das richtige tut und dazwischen funkt – etwas, das eigentlich Indy hätte tun sollen. Mir ist ein Rätsel, warum man bei Spalko nicht auf etwas unterschwellig sexuelles gesetzt hat, ein hin und her zwischen ihr und Indy, ein cleveres gegeneinander ausspielen. Dann hätte man auch auf Marion als obligatorisches Jones-Girl verzichten können. Kurz deutet man so etwas ja sogar an. Gemacht wird nichts draus. Überbleibsel aus einer früheren Drehbuchversion?
Einige coole Momente hat Spalko dann doch noch – während der Verfolgungsjagd im Dschungel. Erst Schwertkampf, dann von Marion über den Wagen geschmissen werden, die Maschinenpistole packen und rumfeuern. So hätte sie die ganze Zeit über sein sollen. Schlau war sie ja auch, sie hatte einen guten Plan und versuchte ihre Ressourcen klug zu nutzen. Da war ja auch noch diese psychischen Kräfte, die auch nicht mehr genutzt wurden. Als ob im Filme viel Zeug reingesch(m)issen wurde, und nichts wirklich entwickelt war.
Die Russen selbst funktionieren einigermaßen, sind im Grunde aber auch nur Nazis in Grün, die ohne einen brauchbaren Anführer recht unbedrohlich wirken. Und bevor mich jetzt irgendwer für das "Nazis in Grün" aufknüpft: das meine ich im kontext des Filmes. Die Film-Nazis der Indiana Jones-Reihe haben ja auch recht wenig mit den echten Gemeinsam – gottseidank. Sie sind einfach nur die tumbe Masse, die durch Anzahl und gute Ausrüstung bedrohlich wird. Die Russen fallen in das gleiche Schema.
Einen Lichtblick gibt es aber doch noch, und zwar in Form von Dovchenko. Der tritt gut die Nachfolge vom verstorbenen Pat Roach an. Groß, brutal, absolut kalt. Der verströmt ein Gefühl von Gefahr, dem will man die Helden nicht ausgesetzt sehen. Wenn er dann irgendwann tatsächlich dazu kommt, ohne jede Rücksicht auf den sehr viel älteren Indy einprügelt, dann steht man als Publikum direkt gegen ihn. Hurra, eine emotionale Reatkion! Dass der Film so etwas noch schafft, unfassbar.
Die Schlägerei gegen Dovchenko ist dann auch eines der kleinen Highlights im Film, inklusive seines Endes.
ActionNoch so ein Problem: In den Action-Szenen gibt es keine richtige Spannung. Für ein Action-Adventure ist erstaunlich wenig vorhanden, was einen schwitzen und um die Helden bangen lässt. Genaugenommen ist die Szene in Doomtown (Atombombentest) die einzige, bei der man sich wirklich fragt, wie Indy da wieder rauskommen soll. Danach plätschert die Action so vor sich hin. Meist finden sich auch recht einfache Lösungen, um sich außer Gefahr zu bringen. Bei den Ameisen fährt später beispielsweise einfach Marion mit einen neuen Wagen vor. Wo ist der Indy hin, der noch auf einer Brücke stand, von Gegnern eingekreist, ohne Ausweg, und der die krasseste aller Lösungen wählte?
Bei der Schießerei im Raven, im ersten Teil, gibt eine Stelle, wo Indy plötzlich in die Mündung einer Pistole guckt. Auf seinem Gesicht: Purer Schock. Ein Schuss kracht, er zuckt zusammen. Ist er getroffen worden? Hier, als sein Wagen auf einen Ameisenhaufen kracht, steht er auch plötzlich einer Pistolenmündung gegenüber, nämlich Spalkos. Aber irgendwie wirkt er nicht besorgt, eher, als käme ihm das gerade ungelegen.
Und warum sollte er auch besorgt sein? Die Charaktere verhalten sich alle, als wären sie nicht wirklich in Gefahr, sondern eben in einem Film. Als Zuschauer weiß ich ja, dass Indy überleben wird, und die etwas übertriebene Art der Action ist ja auch Teil des Spaßes. Ich finde es aber problematisch, dass nicht wenigstens ab und zu ein Gefühl richtiger Bedrohung aufkommen mag. In Raiders hat Marion noch ordentlich geschrien, als man sie in die Quelle der Seelen geworfen hat. Hier, beim Sprung von einer Klippe macht sie nur „Wheee“, was für ein Spaß.
Eine gewaltige, verspielte Chance auf treibende Action liegt im Jungle-Cutter. Ihr wisst schon, dieses Ungetüm, mit dem die Russen sich einen Weg durch den Urwald drexeln. Geniales Teil. Schön mit dicken Kettensägen vorne und einen alles zermalmenden Schlund. Da hätte man was draus machen können. Verdammt, damit hätte man womöglich sogar die Panzerjagd aus dem dritten Teil überbieten können. Man stelle sich nur vor, das Ding hätte während dem Kampf um den Kristallschädel mitgemischt, wäre durch das Unterholz gebrochen, hätte ein paar unglückliche Russen, die nicht schnell genug auswichen konnten, niedergemäht (sprichwörtlich), und immer wieder Indy aufs Korn genommen. Was bekam man stattdessen? Ein Fechtduell auf zwei Enten und Äste und Buschwerk in Mutts Gemächt.
Was mir hingegen sehr gut gefallen hat, war die Motorradverfolgungsjad in der ersten Hälfte des Filmes. Die war klasse! Wie Indy da in das eine Auto gezerrt wird, dem Typen eins auf die Nase gibt, und zum anderen Fenster wieder rausklettert – pures Indiana Jones! Super. Die Verfolgung bricht abrupt ab, aber immerhin. Ansonsten waren ein paar ordentliche Action-Sachen dabei, durchaus unterhaltsam, wenn auch nicht übermäßig spannend, aber schön anzusehen auf jeden Fall.
SoundSoundtechnisch gibt es im Grunde nicht viel zu meckern. Die Soundeffekte sind wie immer absolut Top und auch die deutsche Synchro ist recht gut. Ein besonders schöner Bonus ist, dass man auch wieder Marions deutsche Stimme verpflichten konnte – vermutlich das einzige, was ich an ihr erfreulich fand. Einen nur zwiespältigen Eindruck hinterlässt hingegen der Soundtrack. Das Mutt-Theme ist herrlich verspielt und kann definitiv an die alten Zeiten anknüpfen. Der Kristallschädel-Theme hingegen ist ein Griff ins Klo. Ansonsten beruft man sich recht oft auf die alten Teile.
Schlusswort: Ist Indiana Jones 4 wirklich SO schlecht, wie Star hier tut? Nein. In meiner Enttäuschung rede ich mich in Anbetracht der inszenatorischen Verfehlungen und der verpassten Chancen gerne in Rage. Wer sich hingegen nur marginal für die Figur(en) interessiert, und lediglich einen netten Hirn-aus-Abend vor dem Fernseher verbringen will, der findet einen Film vor, dem man einen gewissen Unterhaltungswert durchaus nicht absprechen kann – so viel Ehrlichkeit muss sein. Übermäßig gut macht das den Kristallschädel dennoch nicht. Man kann es drehen und wenden wie man will, der Kristallschädel ist einer von vielen 0815-Hollywood-Sommerstreifen für die Massen, der auch gar nicht erst versucht mehr zu sein. Kann man durchaus gucken, muss man aber nicht, denn etwas besonderes bietet der Film eher nicht. Und wenn man bedenkt, wer hier alles zusammenkam, um einen Film zu kreieren, auf den viele seit 20 Jahren gewartet haben, und wie deren Biographie aussieht, dann kann man dieses Fazit nur als negatives Urteil verstehen. Alles, was den Film vor dem Absturz in die Belanglosigkeit bewahrt, ist der Name. Hätten wir es stattdessen mit Patrick Swayze in „Jack Hunter: Das Königkreich des Kristallschädels“ zu tun, hätte der Film zwar gewiss auch seine Kosten eingespielt, vielleicht auch ein bisschen Gewinn gemacht, danach wäre er dorthin gerutscht, wo auch der Jones-Kristallschädel eher hingehört: irgendwo zwischen Cowboys und Aliens und Red Planet.
Schade um Ford und Labeouf, die geben sich redlich Mühe, den Film trotz allem zu einem Erlebnis zu machen - und in den besten Momenten gelingt es ihnen sogar. Insgesamt kommen sie gegen diesen Wust an Durchschnittlichkeit aber nicht an. Der letzte Kreuzzug in Schlecht.
Gut gemacht, Henry!
