Star, da ist Dir wirklich was gelungen

Mir gefällt die Geschichte sehr gut! Die ersten sieben, acht Seiten sind für mein Dafürhalten sogar (von einer Mini-Ausnahme abgesehen, siehe unten) schlicht und ergreifend perfekt: Mit Sprache und Ausdruck hattest Du mich vollkommen in die fremde Welt entführt, in eine Welt, die man freiwillig so gar nicht mehr verlassen möchte

Die Figuren und ihre wechselseitigen Beziehungen sind sehr tiefgründig.
Das Thema, das Du beleuchtest, mag jetzt vielleicht nicht völlig neu sein, aber Du hast ihm auch noch eine eigene Facette hinzuzufügen.
Puris Entschlossenheit ist atemberaubend. Es ist die Konsequenz, die über das Normale hinaus geht und dennoch in Lebewesen verankert zu sein scheint, die Existenzen einen echten Nachhall geben können.
Ich weiß gar nicht, ob ich finden soll, dass die Rettung Juliets gegen die Oberste Direktive verstößt. Folgt man der eng(st)en Auslegung, mag das vielleicht durchaus so sein, aber wenn ich so darüber nachdenke, stellt sich bei mir auch die Vorstellung ein, die OD könnte ja umgekehrt auch dazu da sein, der Sternenflotte den unendlichen Druck zu nehmen, als ständiger Retter auftreten zu müssen: Das All wird voller (astronomischer und politischer) Bedrohungen sein. Stünde man nun in der selbst auferlegten Verpflichtung, aus moralischen Gründen eingreifen zu sollen, würde man ob der Unmöglichkeit dieses Unterfangens paralysiert und wahnsinnig werden; man müsste fast noch vorausahnen oder extrapolieren, was sich wann wie zu einer Bedrohung für wen entwickeln könnte. Das ist das Problem sehr weitgesponnen, zugegeben. Aber mir kam eben diese Idee, als der unterschiedliche Bezug, den die Ärztin und die Kommandantin Juliet gegenüber haben, so offensichtlich wurde.
Wenn man darüber diskutieren muss, ob Juliet überhaupt irgendwann einmal ein allgemein anerkanntes Leben entwickelt, ist das Problem doch halb so wild. Tala drückt es ja auch so ähnlich aus.
Wer würde sich schon aufregen, wenn jemand einen Stein von der Oberfläche mitnimmt? Ich denke mal, dass die Ressourcen der "Enterprise" nicht so knapp bemessen sein werden, dass man Versuche, eine Biosphäre an Bord einzurichten, wirklich nachteilig spüren würde. Man könnte das leicht als biologisch-geologisches Experiment verkaufen, ohne die Büchse der Obersten Direktiven-Pandora zu öffnen.
Wäre die Rettung von Juliet nicht gelungen, obgleich man sich schließlich so bemüht hätte, wäre das natürlich effektvoll-tragisch gewesen. Aber es sollte Happy Endings in Geschichten geben, selbst wenn die Wirkung bei einem schlechten Ausgang vielleicht nachdrücklicher gewesen wäre.
Puris "Enthüllung" (um hier mal nicht zu spoilern

) ersetzt mir zwar nicht vollends die Wendungen und Überraschungen, die bei Geschichten (und vielleicht erst recht bei Kurzgeschichten) natürlich immer willkommen sind. Aber sie eröffnet doch eine neue, originelle Perspektive. Gerade im Zusammenspiel mit der Kommandantin ("Du willst doch, dass diese Crew Geschichte schreibt") geht das wunderbar auf. Trotzdem frage ich mich, inwieweit wir als Leser Puris Aussagen am Ende auch trauen dürfen. Ich finde es genial, wie sie am Anfang die Gegenwart der Wissenschaftler beschreibt ("vorsichtig, um ja nichts zu beschädigen, was morgen ohnehin vernichtet wurde" - was für ein Hammer-Satz!). Dennoch hatte ich den Eindruck, als spielte es damals für Puri durchaus eine Rolle, Juliet ein Bewusstsein zubilligen zu können.
So gut, wie ich die Geschichte fand, bleibt mir (fast) nur übrig, mich über Kleinigkeiten auszulassen

Fröhliches Nitpicking also.
Mit der Zeichensetzung und auch Formatierung gibt es ein paar Schwierigkeiten. So hat sich zum Beispiel das ein oder andere Komma seinen Platz im Text zu Unrecht erobert

Mal sind Gedankenstriche kurz, mal Geviertstriche, wie es sich eigentlich gehört. Word passt hier nicht immer richtig auf (z.B. wenn nach dem Gedankeneinschub ein Komma folgt), sodass der Autor da schon noch mal einen kritischen Blick walten lassen muss. Das Wort "Leben" (später ist es bei "Angst" und anderen auch so) möchtest Du in einer direkten Rede mal hervorheben; ich persönlich empfinde die dazu gewählten Größer-/Kleinerzeichen als recht uneleganten Weg: Weder sind sie wirklich Entsprechungen der echten Anführungszeichen › ‹, noch sind sie folgerichtig, da Du ja "" und nicht »« benutzt und demnach besser auf ' ' zurückgegriffen hättest.
Und ich persönlich finde es furchtbar, wenn das Genitiv-S apostrophiert wird. Aber ich glaube, der Duden erlaubt das mittlerweile.
Das ist die eine Ebene, nun das Meckern in Bezug auf "begriffliche" Aspekte.
Dass Puri Affably plötzlich einen Bastard nennt, empfand ich als einen völlig unangemessen Bruch in der Art und Weise, wie sie und Blair sich unterhalten halten hatten. Affably scheint dieses "Label" ja ohnehin allgemein zu besitzen, sodass bei mir fast der Eindruck entsteht, es gehe hier nicht um eine Beleidigung an sich, sondern als wolle man ihn wirklich wegen der Umstände seiner Zeugung und Geburt in Misskredit bringen.
Verwirrend war für mich. dass das astronomische Objekt, das mit dem Planeten kollidieren wird, ma ein Planet, dann wieder ein Asteroid ist.
Egal

In jedem Fall ist das eine großartige Geschichte, die auch zeigt, wie gut Du nicht nur zeichnen, sondern auch schreiben kannst, und dass von der Ent-G-Crew noch viel zu erwarten sein wird

Deine Betrachtung zum gesamten Thema finde ich sehr gelungen und auch die Frage an welchem Punkt ein Bewusstsein beginnt.
Das ist ja ein strittiger Punkt der auch in der Humanmedizin immer wieder diskutiert wird. Es ist Dir sehr gut gelungen diese Frage innerhalb der Story zu diskutieren.
Jetzt wo Du es schreibst, Roger... der Punkt mit der Frage, ab wann man wirklich von Bewusstsein sprechen kann, hätte für meinen Geschmack als Lem- und TNG-Fan aber durchaus noch mehr Raum bekommen dürfen
