Pilotfilme von Serien haben es immer schwer. Bei PIC haben wir ja noch Glück, dass eine Figur bereits aus TNG bekannt ist. Dennoch merkt man Episode 1x02 an, dass Sie der Mittelabschnitt des 2h Pilotfilms ist, der durch die drei ersten Episoden von PIC gebildet wird. Das war ja auch der Grund, warum man sie auf der Premiere zusammen gezeigt hat.
Es ist schade, dass man auch nicht gleich so für den Streamingdienst umgesetzt hat, das würde vielleicht die eine oder andere Schwäche, die man finden kann auch ausbügeln können.
Wer so wie ich Spaß an einem klassischen Krimi hat, kommt schon auf seine Kosten. Gleich zu Anfang wird mehr über die angebliche Revolte der Androiden auf dem Mars berichtet und gleichzeitig auch soziologisches Statements abgegeben.
Wieder trifft es einmal zu, dass höhere Kulturen ihren Wohlstand auf dem Rücken einer als niederwertig eingestuften Lebensform erreichen. Picards mahnenden Worte bei der Verhandlung um DATAs Rechte bei TNG scheinen Madox und auch die politischen verantwortlichen nur kurzzeitig einen Nachhall gefunden zu haben. Denn Madox konstruierte die Androiden so, dass sie sich kognitiv nicht weiterentwickeln konnten. Was den verantwortlichen eindeutig in die Hände spielte.
Da ist zum Beispiel der Vorarbeiter, der die „Plastik Menschen“ aus ihrer Garage holt, um sie an die Arbeit zu schicken. Er ist sich durchaus bewusst, dass er intelligente Werkzeuge vor sich hat, betrachtet sie allerdings nicht als mehr.
Andere fürchten sich instinktiv vor der Fremdartigkeit, andere sind herablassend arrogant und doch gibt eine Person in dem Kontrollzentrum, die bereit ist weiter zu denken.
Diese Einstellung spiegeln auch in unserer Zeit wider. Nur leider sind es heute keine Maschinen, sondern vielfach anders Gläubige, Migranten oder Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten.
Im Grunde wird m.E. in dieser kurzen Eingangssequenz gezeigt, dass sich selbst in einer fortentwickelten entwickelten irdischen Gesellschaft, wie man sie sich bei Star Trek vorstellt immer noch unterschiedliche Schichten herausbilden, die trotz eines hochgradig technisierten Umfeldes dazu neigen andere abzuwerten.
Man lässt es dem Betrachter offen zu beurteilen, ob dies aus einer mangelnden Bildung heraus entsteht oder aus ureigenen Ängsten gegenüber einer künstlichen Intelligenz. Es ist aber im Grunde ein kurzer Einblick in eine (irdische) Welt von Star Trek, auf die man bei TOS, TNG und VOY nur selten zu Gesicht bekam. Es erinnert mich ein wenig an die Ereignisse die nach der Xindi-Krise die Phlox, Mayweather und Reed in der Bar wiederfuhren. Nur da war es Fremdenhass, den man thematisierte.
Wenn man schon beim Begriff Werkzeuge waren wird auch deutlich vermittelt, dass sie gefühllos gemäß ihrer Programmierung gehandelt haben und diese „Revolte“ nicht selbstständig durchgeführt haben. Dass es dabei Tote gab, ist beklagenswert. Aber ich würde das nicht als übermäßig negativ betrachten. Zum Einen ist es schon fast die Regel, dass in den Star Trek Pilotfilmen Leute sterben. The "Man Trap" hatte zwei Redshirts

TNG hatte mindestens einen, den Q auf dem gewissen hatte. Bei DS9 war es gleich eine Raumschiffschlacht die Massenweise Opfer kostete und selbst VOY und ENT reihten sich da ein. Bei VOY sah man sogar Blut.
Es ist vieleicht die "Qualität" mit der heute Brutalität (fast gleichgültig) vermittelt wird, aber das liegt auch an unserer aktuellen Zeit. Während man bei TOS noch ablendete oder die Kamera geschickt abwand, so wäre es doch heute fast ein Bruch, wenn man ähliches versuchen würde. Ich empfand die Szenen, wie die F8 die Crew beseitigt hat, noch recht harmlos, wenn man Szenen wie in The Hobit, Alien oder sogar Star Wars berücksichtigt.
Selbst wenn man die Motive für diese Tat noch nicht erkennt ist es m. E. kein Angriff auf die Menschen/Föderation gewesen. Hier ging es eindeutig darum die Hilfe für die Romulaner zu unterbinden. Auffällig ist auch, dass es ausgerechnet am Tag des Ersten Kontaktes war, wobei ich das für den größten Klops halte. Entweder in der Übersetzung der Episode oder von Autoren selbst. Der Erste Kontakt war im April 2063. Das Datum das angegeben in Episode wurde, war 2485, das ergibt keinen Sinn, wenn der Jahrestag rund angegeben wirde. Einen April gibt es im jedem Jahr. 2463 war Picard noch Jung und hatte die Enterprise D noch nicht einmal übernommen. Es kann also nicht sein, dass in dem Bericht über den Angriff ein runder Jahrestag genannt wird. Aber ich gebe zu, es kann auch ein Missverständnis meinerseits sein.
Was ich allerdings in dem Zusammenhang bemerkenswert und viel wichtiger fand, ist ein Nebensatz, den man bei der Autopsie des BORG an Bord des Kubus hören konnte. (Möglicherweise auch ein Übersetzungsfehler) Der angegebene Zeitraum der Stasis des BORG scheint mit der „Revolte“ der Androiden zusammenzufallen, d.h. als der BORG in Stase versetzt wurde haben oder hatten die Androiden die Hilfe für die Romulaner zerstört. In meinen Augen ist das kein Zufall. Es gibt da m.E. vielfältige Möglichkeiten, wie das zusammenhängen könnte, aber einige Dinge, die mir sofort als Autor einfallen, ergäben richtig viele Wendungen und Verwicklungen was die Zerstörung von Romulus betrifft und aller Dinge die darauffolgten. Das könnte da wirklich noch spannend werden.

Dr. Jurati gefällt mir, sie ist der typische Wissenschaftler, der für seine (ihre in dem Fall) Arbeit lebt. Obwohl ich es ihr zugestehe, dass sie sich der moralischen Bedeutung ihrer Arbeit sehr wohl bewusst ist, sieht sie die Schaffung empfindsamer künstlicher Intelligenz als eine wissenschaftliche Herausforderung und ihre Lebensaufgabe an. Im Grunde ist es für Sie das, was Botaniker auch tun, eine neue Art von Leben erschaffen. Sie kommt aber m. E. zumindest im Moment sehr empathisch herüber.
Besonders gefallen mir bislang die beiden Romulaner in Picards Haushalt. Laris und ihr Mann haben sicher zu früheren Zeiten es Faustdick hinter den Ohren gehabt und sicher haben sie auch Leichen in ihrem Keller versteckt. Aber sie erscheinen mir sehr Loyal. Insgesamt finde ich es sehr gut, dass man sich hier mit den Tiefen der romulanischen Gesellschaft beschäftigt. Es wird Zeit, dass der alte Feind endlich mal aus seiner stereotypen Ecke heraus geholt wird. Nur würde ich mir wünschen, dass man sie nicht wie die Klingonen zu einerm Schmusetier der Föderation macht. Der kalte Krieg mag vorbei sein, das bedeutet aber noch lange nicht alle immer gleich unter einer Decke kuscheln müssen.
Ich hoffe nur, dass die BORG, sofern sie eine noch größere Rolle spielen, wieder den alten omnipotenten Grusel hinterlassen und nicht wie in VOY zu Papiertigern und Staffagen degenerieren. VOY Endspiel ist immer noch so eine Folge die für mich ganz unten rangiert.
Nicht besonders kreativ fand ich den Griff der Autoren in die alte Schublade „Geheimbund / Geheimorganisation die unabhängig von Staat agiert". Aber irgendwie musste es ja so etwas auch bei anderen Spezies geben. Was ich allerdings als hoch bemerkenswert und informativ empfand, war die mögliche Altersangabe. Sollte Laris Aussage nur halbwegs zutreffen, dann gab es diese Geheimorganisation schon vor der Trennung der kulturellen Gesellschaften auf Vulkan. Das würde erklären, warum und wie trotz des Exodus Teile der romulanisch-vulkanische Beziehung bestehen blieb.
Kommodore Oh, die für mein Empfinden eine interessante Wahl für den höchsten Sicherheitschef der Sternenflotte ist, war sich sofort bewusst worum es ging. Ich glaube nicht, dass sie Romulanerin ist, aber ich schätze einmal, dass Sie dem vulkanischen Teil dieser Geheimorganisation angehört. Das könnte, wenn es von den Autoren geschickt gemacht umgesetzt wird, noch für einige Überraschungen über die vulkanischen Geschichte sorgen.
Edit: Übrigens auch die Vulkanier haben keine Verwendung für Androiden und kennen offenbar auch keine Forschung in diese Richtung. Wobei mir Narek, wie eine romulanischen Version von 007 rüberkommt. Schade, dass er seinen Vornamen nicht nannte. Vielleicht ist das auch als Augenzwinkern gedacht.

Schön, aber höchst unnötig war das Auftauchen von Picards ehemaligen Schiffsarzt der Stargazer. Der arme Schauspieler hatte so wenig zu erzählen, dass es auch ein beliebiger Landarzt hätte sein können. Was fast zu erwarten war ist, dass man auf die Krankheit, die Picard im Alter befallen (TNG Episode 178/179) sollte und bei der Q auch eine Rolle spielte zurückgegriffen hat. Das könnte darauf hindeuten, das Picard am Ende der Serie stirbt, oder vielleicht von Q in andere Sphären geleitet wird. „Und wieder so eine Spekulation“

Insgesamt gebe ich der Episode eine 2. Wenn man so eingeklemmt ist und nichts Anderes machen kann, als den Zuseher mit Informationen zu versorgen und die Protagonisten auf definierte Pfade zu führen, ist es etwas schwieriger zu brellieren, wie zu Beginn oder am Höhepunkt eines Filmes. M.E. hätte man die Episoden nicht trennen müssen. Aber vermutlich stecken da auch kommerzielle Motive dahinter.
Auf jeden Fall, ist das alles viel besser als bei DSC umgesetzt. Die Technik fühlt sich nicht deplaziert an, sondern Stimmig. Optikvon Alt und neu ist gekonnt gemsicht. Hätte man m.E. DSC im selben Zeitraum wie PIC oder etwas danach spielen, und die Finger von den Klingonen gelassen, dann wäre DSC bei mir speziell besser angekommen. Auch wenn die Autoren mit den Geschichten nicht immer so glücklich waren. Ich hoffe Kurzmann macht es dieses Mal besser. Dass er es kann beweist er in anderen Serien, die er macht. Er hatte in der Vergangenheit aber auch schon die eine oder andere goldene Himbeere gewonnen.
