Ohne jemanden direkt anzusprechen oder zu meinen - da ich keine ewige Diskussion anfeuern möchte, denn dafür eignen sich textliche Austausche nur begrenzt - möchte ich kurz ein paar Kommentare abgeben.
Auch das alte Star Trek wurde auseinandergenommen. Z.B. auch von eben RedLetterMedia:
https://www.youtube.com/playlist?list=PLlRg7cW0DLPZVyuFqqxA-PKdDbzo_GZ-L&app=desktopUnd dadurch wurde etwa für mich aus Star Trek Insurrection, der bis dato von der Message und dem Handwerk her mein Lieblingsfilm der Reihe war, "nur" noch der gefühlt beste Star Trek-Film, weil er weiterhin den besondersten Platz in meinem Herzen hatte. Unter anderem wegen der Message und der Tatsache, dass er der erste Film der Reihe war, den ich im Kino gesehen hatte. Was die Ausführung der Story angeht und die Beantwortung der Fragen, die in der Handlung aufkommen, angeht... da hat mir das Review von RLM die Augen etwas geöffnet. Was aber nichts daran ändert, dass ich mir den Film dennoch sehr gerne anschaue. Weil er, trotz aller Schwächen, Star Trek so verkörpert, wie es gemeint war... auch wenn Alles zum Gefallen der breiteren Masse natürlich etwas mehr auf Action gesetzt und ein wenig von der Tiefe, die man aus den Serien kennt, genommen wurde.
Und das Alles ist vollkommen ok und die Kritikpunkte, die bei Verrissen und Kommentaren genannt werden, sind natürlich teils nitpicking und teils wirklich berechtigt. Was allerdings was ist ist wiederrum subjektiv und daher definiert sich auch Spaß und Eskapismus für jeden anders. Für manche ist das falsch platzierte 10-Vorne diskussionswürdig und manch' Anderen ist das herzlich egal. Egal wie gravierend ein Fehler oder ein vermeintlicher Fehler (denn Fehler werden manchmal auch etwas zu schnell "reingeredet" oder "reininterpretiert") oder analog zu der Entwicklung einer Story und den darin stattfindenden Handlungen an sich...
... am Ende kann man schon in gewisser Weise einen Rückschluss auf die Kompetenz und "Liebe"/Respekt zum/gegenüber dem Produkt seitens der Macher gegenüber den Schöpfern und bisherigen Machern erkennen. Und im Fall von etwa 10-Vorne finde ich so einen Schnitzer einfach nur peinlich und sowas zeigt für mich, dass die werten Herren und Damen hinter PIC ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben... aber gut. Da wird Star Trek in seinem Wesen nicht beschädigt oder angegriffen, aber peinlich ist es trotzdem und sowas sollte man dann zumindest im Nachhinein (wie etwa den Starbucks-Becher in Game of Thrones) korrigieren.
Man sollte auch als Kritiker offen sein für plausible Erklärungen, und die findet man mitunter erst bei längerem Diskutieren... so empfand ich es am Anfang von Picard z.B. als ziemlichen Stumpfsinn, dass er das Plakat vom Captain Picard Day wohl aufbewahrt hatte... und das wird auch als einer der klassischen Einstiegsschnitzer von Star Trek Picard oft genannt. Dann allerdings, nach etwas Überlegen und andere Meinungen anhören, hat es bei mir Klick gemacht und ich fand das mit dem Plakat dann völlig in Ordnung. Denn: es sind seit Nemesis ca. 15 Jahre vergangen, zudem hatte sich Picard in einer Folge von TNG schon etwas ungezwungener (Disaster) gegenüber Kindern gezeigt und der Verlust seines Neffen hat bestimmt auch etwas bewirkt. Menschen können sich ändern, sie lernen dazu oder entdecken neue Seiten an sich oder lassen Dinge an die Oberfläche kommen, die sie vorher nicht wahrgenommen oder unterdrückt hatten.
Ein alter Mann, der keine Nachkommen hat und dann noch Teile der Familie verliert, der fängt vielleicht an, selbst einen nachträglichen Kinderwunsch zu entwickeln und hebt dann vielleicht zumindest so ein Plakat auf, weil eben nicht mehr geht.
Dieses Beispiel mit Picard und den Kindern möchte ich mal benutzen, um etwas in STP anzusprechen, was aus meiner Sicht ständig - mit dem Effekt der Respektlosigkeit gegenüber der Figur Picard und damit im übertragenen Sinne dem gesamten Star Trek - gemacht wurde: Nämlich das Darstellen von Picard als Versager, der nach einer großartigen Karriere einerseits vergessen und andererseits als Sündenbock für andere Figuren und Parteien dient. DAS wollte kein Fan, zumindest kein TNG-Fan, sehen! No way, José! Hier in die Tiefe zu gehen würde jetzt zu lange dauern, aber wer will kann googeln, es gibt zuhauf gute Analysen dazu.
So, nehmen wir nun mal an, dass in einer neuen Erzählung darauf eingegangen werden soll, warum Picard nie eigene Kinder hatte (deshalb siehe oben das Thema mit dem Plakat, das ich angesprochen hatte)... zwar wird das in STP nicht thematisiert, aber zumindest wird - gewollt oder ungewollt - dieser Aspekt in Picards Leben angesprochen. So... nehmen wir an ein Schreiber möchte nun erklären, was die Gründe dafür sind. Ein Schreiber, der die Liebe der Fans zur Figur Picard und auch die Bedeutung der Figur Picard für das gesamte Star Trek anerkennen würde, würde aus meiner Sicht z.B. sagen, dass Picard einfach nie Zeit dafür hatte, da er zu beschäftigt war. Dass Picard einfach irgendwann vor der Wahl stand, ob er weiter in seiner Sternenflottenkarriere kommen will oder ob er stattdessen lieber auf der aktuellen Karrierestufe bleiben will und sich nun eine passende Frau zum Kinderkriegen sucht. Oder er welche adoptiert oder oder oder... man hätte z.B. sagen können, dass etwa ein wichtiges Ereignis seine Aufmerksamkeit (z.B. der aufziehende Dominion-Krieg, für den jeder gute Captain gebraucht wurde, da es nun für die Föderation ums Überleben ging) voll in Richtung Sternenflotte verschoben hatte. Oder aber, dass er einfach dennoch kinderlos glücklich ist, auch wenn er manchmal noch darüber nachdenkt... oder aber er könnte durch seine Beziehung zu Anij (die heiße MILF aus Insurrection; ich gebe zu auch wegen ihr mag ich Insurrection

), nun Teil der Ba'Ku-Gemeinde sein und sich dort als Adoptivpapa um das ein oder andere Kind bereits kümmern, oder aber er könnte nach seiner Erfahrung mit der Sonde in TNG, in der er sogar in einer Vision Großvater wurde, gesagt haben, dass ihm diese eine Vaterschaft reicht... oder aber er hat im Nachgang zu Generations vielleicht sogar irgendwo ein uneheliches Kind gezeugt?
ODER ODER ODER.... es gibt viele Möglichkeiten! Und jetzt - ich überspitze absichtlich etwas - kann man natürlich auch respektlos an die Figur herangehen und z.B. einfach sagen, das Picard keinen hoch bekommen hat, unfruchtbar ist, und das am Besten noch garniert mit einer enstprechenden Bettszene, um die Demütigung noch komplett zu machen. Im übertragenen Sinn hat man Picard meiner Meinung nach in seiner Serie zurechtgestutzt, um nicht zu sagen kastriert. Das macht im Sinne der logischen Weiterführung seiner Handlung und der Handlung als Ganzes wenig Sinn... und es ist die schlechteste Wahl, da sie die alten Fans vor den Kopf stößt.
Man hätte Picards Glanz bewahren und dennoch eine starke neue Figur oder Figuren aufbauen können, neben denen er noch glänzen kann, diese aber auch nicht mehr überschatten muss. Stattdessen ist man die Star-Wars-Schiene gefahren und hat es gemacht wie bei Luke Skywalker, um die neue toughe Protagonistin über ihn zu stellen.
Wenn etwas, das ich mag ohne erkennbaren Grund zurechtgestutzt wird, dann kann ich zumindest keinen Spaß mehr dran haben, muss einfach darüber reden und kann es auch nicht mehr als Eskapismus genießen. In "Measure of a man" kann ich z.B. wesentlich besser hineinflüchten und mich entspannen, obwohl es deutlich anspruchsvoller und gehaltvoller ist als etwa "Stardust City Rag"... und warum kann ich das? Weil ich etwas ansehe, dass mit Leidenschaft, Sorgfalt und Intellektualität gemacht wurde und eben seinem titelgebenden Anspruch genügt.
DAS war jetzt ein sehr langer Text und ich freue mich über jeden von euch, der bis zum Ende durchgehalten hat.

(Das Gleiche dachte wohl auch der Verfasser der Doktor-Arbeit zur 1. Seite von Effi Briest

)