Was das Thema Gewicht in ST anbelangt...
Nun, so freigeistig Roddenberry in mancher Hinsicht war, so sehr engte er seine Sichtweise in anderer dann auch wieder ein. Doohan sollte ja, wie es heißt, während der Serie immer darauf achten, dass die Hand, an der ihm ein Finger fehlte, nie ins Bild kommt, weil Roddenberrys Bild der Zukunft war, dass dort Unfälle etc., die zu Verstümmelungen führen - also ein Auftreten jenseits der Norm bedeuteten - in seinen Augen nicht passieren konnten.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass es wirklich Roddenberrys Zukunftsvorstellung entsprang, dass die Medizin und die Lebensführung so etwas wie Übergewichtige oder auch Brillenträger quasi gar nicht erst entstehen lassen.
Da hat sicher ein Umdenken stattgefunden, aber was das Gewicht anbelangt...
Ja, dass das in Star Trek nicht mitintendiert war, hab ich mir schon gedacht. Ist halt auch ne Frage, wer Utopien kreiert. Es hat halt immer so was eliminatorisches, wenn du feststellst, dass du bzw. jemand wie du in jemand anderes Zukunftsvision nicht mehr vorkommt. Und vor allem ist es schade, wenn beim Schaffen besagter Utopie dann festgestellt wird, dass es das doch braucht. Pike (TOS), Jameson (TNG), Pazlar (DS9) brauchten de facto Rollstühle (halt in der regel irgendwie schwebend und besser, aber das Grundkonzept war identisch). Geordis Sicht war ja auch noch mal anders als "normal". Usw. usf.
Und, wo ich darüber so nachdenke, so richtig gelingt Star Trek das mit keinem Thema. Es soll keine Religion mehr geben. Aber Vulkanier und ab TNG Klingonen handeln nach religiösen Doktrinen.
Es soll keine Armut mehr geben. Aber ständig, und das interessanterweise von TOS an, erleben wir Zeugnisse davon, dass es eben doch noch unterschiedliche Lebensstandarts gibt.
Es wird immer wieder mit der Idee gespielt, es gäbe keine Strafanstalten/ Gefängnisse mehr bzw. sie würden nicht benötigt. Bis der Plot es eben nötig macht.
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Ich glaube, eine der größten Stärken von Star Trek war es, sich immer wieder zu reflektieren und reflektieren zu müssen, um Schritte vorwärts zu machen. Ich hab nicht genug von Discovery gesehen, von Picard natürlich bisher auch nur die erste Staffel (und Lower Decks ist kein Maßstab hierfür), um zu bewerten, ob das neue Star Trek dem wirklich, wirklich nachkommt oder ob der Realismus seit DS9 zu viel von der Ursprungsutopie genommen hat...
Sowas ist ja - wie anderes Äußerliches auch - seit jeher einem Zeitgeschmack unterworfen. Es gab und gibt Zeiten und Kulturen, in denen ein nach unseren Maßstäben hohes Gewicht erstrebenswert ist (Sumo-Ringer werden verehrt, ein stattlicher Bauch war wohl sogar nach dem Krieg eben auch ein Zeichen für Wohlstand, die Frauengestalten bei Rubens zeugen davon, dass Üppigkeit damals auch nicht als verkehrt angesehen wurde...) Und es gibt ja auch zahllose andere Beispiele: blasse versus gebräunte Haut zum Beispiel.
Jein. Ich würde mindestens sagen, dass es immer ambivalent war. Christopher e. Forth hat da ein sehr schöne Übersichtswerk verfasst: Fat: A Cultural History of the Stuff of Life. Und auch die dänische Doktorandin Dina Amlund zeichnet in Bezug auf Kunstgeschichte und überhaupt westliche Geschichte ein wesentlich negativeres Bild in ihrem Vortrag Was it ever okay to be fat?
https://www.youtube.com/watch?v=bhR1e59voAI.
Es gab in jedem Fall, soweit würde ich mitgehen, verschiedene Zeiten und Orte, an und in denen Körpergewicht positiver gesehen wurde. Aber eben auch immer nur in genau festgesteckten Rahmen. Sumo-Ringer waren auf Männer beschränkt und bis heute sind weibliche Sumo-Ringerinnen ein riesige Kontroverse in Japan. Und auch für viele andere Zeiten und Orte werden einzelne Elemente gerne übertrieben oder aus dem Kontext gerissen Oftmals auch zur Untermauerung, warum ein jetztiges neues Ideal gerechtfertigt ist.
Man könnte ST jetzt einfach so deuten, dass es da halt immer noch ein Schönheitsideal gibt, wobei das wahrscheinlich keine zufriedenstellende Lösung ist.
Ich hab vor kurzem noch die TNG-Folge gesehen, wo die auf diese "Paradies"-Welt treffen, auf der alle leicht bekleidet sind, Sport treiben und glücklich sind. Die Kehrseite sind die harschen Gesetze, die von so einem übernatürlichen Wesen enforct werden, das dann auch Wesley für das Betereten eines Beets oder so töten will. Jedenfalls ist die Folge aus Staffel 1 ein deutlicher Indikator in die Richtung.
(Übrigens kommen wir da meiner Meinung nach zu einem interessanten Aspekt auch einer Utopie, nämlich dass es bei all dem friedlichen Zusammenleben trotzdem noch gewissen Standards und Normen gibt. Star Trek würde ich da liberaler sehen, aber wenn ich da zum Beispiel an Lems "Rückkehr von den Steren"/"Transfer" denke... Dort gibt es eine geradezu perfekt harmonische Gesellschaft, die aber antriebslos ist und einen gewissen Jugendkult betreibt).
Musst egerade mal den Roman googlen. Ich weiß nicht, ob Normen nicht etwas unumgängliches sind. Zumindest wir als Menschen denken scheinbar seit einigen Jahrtausenden auf diese Weise. Unser Gehirn schafft immer wieder Kategorien, um mit Menschen einfacher klarzukommen.
Es bleibt zu hoffen, dass wir damit irgendwann anders werden umgehen können. Was aktuelle Schönheitsvorstellungen angeht, ist es ja nicht nur so, dass z.B. dicke Menschen als hässlich gelten. Es wird auch peer pressure ausgeübt auf Menschen, die mit einem dicken Menschen eine Beziehung eingehen. Diese Klassierung von v.a. Frauen, aber vereinzelt auch Männern, die u.a. in Sitcoms der letzten Jahrzehnte immer wieder vorkamen, sind da ein gutes Beispiel. Die Idee, dass eine Frau, die als 9 gilt, sich nicht mit einer 5 zufrieden geben sollte, zeugt halt davon, dass die Kategorien/ Normen/ whatever nicht mehr nur einfache Erwartungskategorien sind, sondern gesellschaftlich von allen eingefordert werden. Ganz exzessiv wird das in Incel-Kreisen betrieben.
Ich glaube, dass die Menschen einfach mehr darauf klarkommen müssten, dass es zwar Austausch über Normen gibt und diese gesellschaftlich entstehen, aber, dass dennoch die subjektive Sicht jeder*jedes einzelnen eine Daseinsberechtigung hat.
Ich glaube, dass das Übertragen, das Projezieren von eigenen Vorstellungen, verbunden auch mit Bewertungen, aber auf breiter Front passiert (also auch das Rauchen, die Ausdrucksweise etc.) - mal offener, mal weniger offen. Man muss sich doch auch nur mal anschauen, was die sogenannten Comedians da so veranstalten. Vieles, was flappsig oder witzig gemeint ist, sind Bemerkungen, die auf Kosten anderer Leute gehen. Auch ein menschliches, natürliches Phänomen ist, dass man gerade über das dann nicht lachen kann, in dem man sich selber harsch karikiert sieht.
Ich finde, die Gesellschaft bräuchte da generell mehr Taktgefühl, aber wenn man in einer Welt lebt, in der der Ausdruck "Opfer" dazu benutzt wird, Leute zu diffamieren, muss man wohl viel kleinere Brötchen backen 
Natürlich ist es aber auch so, dass viele Bemerkungen gar nicht wirklich böse gemeint sind.
Da hast du vollkommen recht. Wobei natürlich die bloße Intention nichts hilft, wenn die Handlung dennoch Schaden anrichtet. Ich hab vor c.a einem Jahr z.B. Brooklyn 9-9 entdeckt und lieben gelernt. Es ist eine Serie, die es schafft, einen Humor aufzubauen, der nicht auf Sexismus, Rassismus, etc. basiert, sondern diese, wenn überhaupt angreift. Immer wieder kommt dieses Argument, dass, wenn mensch über dieses oder jenes keine Witze mehr machen dürfe, Humor insgesamt nicht mehr funktioniere. Oft wird das gerade von denen ins Feld geführt, die neue "Tabus brechen" wollen. Zuletzt hat ja diese Lisa Eckhart das einmal durchexerziert.
Was die Zeichnung anbelangt...
Joah, klar, man könnte "mangelnde Perspektive" als Fehler bezeichnen, aber nachdem es ja eher ein Comic-Stil ist, finde ich eine "isometrische" Darstellung nicht schlimm. Das mit dem Finger stach da meiner Wahrnehmung nach mehr heraus.
ja, aber auch in einem Comic-Stil kann eine Tür, die aus Normalperspektive gezeigt wird, nicht den Blick eröffnen in einen Raum, von dem mensch dann so viel vom Boden sieht. Als ich das hinterher sah, war ich sehr genervt von meinem mangelnden Vorstellungsvermögen.
Die Hand kommt dann noch hinzu, das stimmt schon
