Zugegeben, ich hatte 2 Einlagen (sogar 3 wenn ich drüber nachdenke) vergessen, das von Uhura, ja, und die beiden italienischen Stücke von dem Doktor in Voyager. NIX davon war aber so dermaßen erzwungen und konsturiert wie zuletzt in PIC.
Dass eine Frau auf einer Abendgala ein Lied singt und damit die Aufmerksamkeit aller auf sich zieht - was soll daran erzwungen oder konstruiert sein? (Wenn ich das mit einem ein Scout-Schiff fliegenden Androiden vergleiche, der ein Stück einer heiteren Oper zu singen beginnt...) Fandest Du das Orchester, das vorher gespielt hat, dann auch unglaubwürdig? Ich bin der Meinung, dass Musik dieser Art bei einer Abendgala ganz natürlich und glaubwürdig ist. Die Probleme (der Folge und der Staffel) liegen ganz wo anders.
Das von Uhura war (soweit ich mich erinnere) eine Szene im Freitzeitraum der Enterprise, da ist es nicht abwegig, dass Spock zu seiner Laute greift und sich damit sich die eigene und die Zeit der anderen vertreibt und auch nicht abwegig, dass jemand mit Gesang mitmacht.
Ja, die Szene war nett.
Die beiden italienischen Stücke mit dem Doktor waren zum einen seinem sich selbst verwirklichen als "menschwerdendes" Hologramm geschuldet (er hat sein Hobby ausgelebt, in seiner Freizeit! Er hat aber nicht während einer heiklen Mission plötzlich als Ablenkungsmanöver angefangen zu singen, ohne andere vorher einzuweihen) und andererseits eine Szene, in der er sich im Tagtraum als DER große Star auf der Voyager fühlte.
Bei Jurati war es übrigens auch mehr als nur ein Ablenkungsmanöver.
Die Serie zeigt ja, dass es Agnes schwerfällt, ihren Platz in der Welt zu finden. Sie scheint sich alleine zu fühlen. Sie ist unsicher im Kontakt mit anderen und wie sie auf andere wirkt oder wirken sollte. Nehmen wir die Kleidung: Oft unscheinbar und nicht weiblich - ich glaube, Du selbst hast eines ihrer Outfits mal als "Kartoffelsack" bezeichnet. Und jetzt ist sie hier im (mehr oder weniger sexy) roten Abendkleid und singt und ist sowas wie der umjubelte Star des Abends. Die Szene zeigt, was in ihr steckt, hätte sie Selbstvertrauen, oder vielleicht in ihr stecken könnte oder eben auch wieder nicht, weil weder wir noch Jurati sicher sein können, in wie weit die Borg-Königin hier einen Anstoß gibt oder die wirklich treibende Kraft war.
Die Borg-Queen selbst nervt, aber die Charakterszenen rund um Jurati waren nicht so schlecht und vielleicht auch nicht so platt wie "Ein Holodoc singt Opern".
So, das sind insgesamt vielleicht 10 Gesangseinlagen in ganz Star Trek (vor Kurtz Trek)... bei sagen wir 1000 Episoden (5 Serien) und dazu 10 Filmen (wie gesagt vor Kurtz Trek) kann man da mit Nichten von einer "Tradition" sprechen. Daher glorifiziere ich Nichts, nein ich bin der Meinung, dass du die Vergangenheit von Star Trek eher verklärt hast. Denn traditionell sind solche Einlagen in Star Trek allein schon bezogen auf den Anteil an der Sendezeit bei weitem nicht.
Tradition hat nichts mit einer Quantität in dem Sinne zu tun. Den Geburtstag zu feiern, ist auch eine Tradition, obwohl es auch nur einmal alle 365 Tage geschieht.
Es geht um ein sich wiederholendes Motiv - nämlich das der mehr oder wenige cringe-Musikeinlagen - und das sehe ich bei ST absolut gegeben.
Damit spreche ich mich aber auch überhaupt nicht dagegen aus, dass man es machen kann. Aber WENN man es macht, dann muss der Hergang bzw. die Umstände glaubwürdig sein. Dass Jurati singt ist ja ok, sie wurde ja manipuliert, aber Alles was danach passiert ist einfach Mumpitz. Wenn in einer Abendveranstaltung plötzlich die Lichter ausgehen und eine wildfremde Person unter den Gästen plötzlich anfängt zu singen, dann ist es sehr unwarscheinlich, dass engagierte Musiker einfach mal spontan mitspielen, erst Recht nicht, wenn das nicht abgesprochen war und sie sich auf das Lied nicht vorbereiten konnten! Nein, in dem Moment wären die Musiker eher von der Bühne gegangen oder hätten sich an die Verantwortlichen des Abends gewendet, um zu erfahren, wie jetzt weitergemacht werden soll. Aber sie wären nicht im Halbdunkel stehen geblieben und hätten Jurati's "Schadows of the Night" gespielt!
Ja, mit der Szene gibt es schon praktische Probleme.
Man kann sich vorstellen, dass sie zur Band gegangen ist und gefragt hat: "Kennt ihr 'Mond über Rigel VII'? Nein? Und 'Shadows of the Night'? Ja? Soll nämlich eine Überraschung sein, macht ihr mit? Ja? Super!"
Ich behaupte nicht, dass "Two of One" nicht voller Ungereimheiten steckt, aber da stört mich spontan zum Beispiel das Attentat Soongs mehr.
Hier ein Vorschlag, wie man das ganze hätte glaubwürdig machen können. Ich bin selber Musiker und ich weiß, dass Veranstalter in Pause gerne Musik vom Band laufen lassen (also einfach eine CD einlegen). Genau das hätte in dieser Szene passieren können, die Veranstalter wollen die Gäste bei Laune halten bis das Problem mit dem Licht geklärt ist, man wirft eine JukeBox an und die Musik läuft... dann hätte sich Jurati ein noch funktionierendes Mikro von der Bühne schnappen können und im Karaoke-Stil loslegen können. Der gewünschte Effekt der Gesangseinlage auf die Handlung ist weiterhin gegeben, nur ist der Hergang der Gesangseinlage glaubwürdig.
Weitere Alternative wäre gewesen, wenn Jurati ganz ohne Band im Hintergrund gesungen hätte. Das wäre durch die Stille im Raum möglich gewesen und ihre Stimme wäre in dem Fall auch tatsächlich gut zu hören gewesen. Oder wollen mir die Drehbuchschreiber in der Folge etwas weis machen, dass Jurati von Haus aus eine Stimme hat, die laut genug ist, elektronisch verstärkte Instrumente einer ganzen Band zu übertönen!?
Du hast Recht, mit wenigen Mitteln hätte man diese Szene leicht verbessern können.
Und so wie es am Ende in der Folge ablief: Warum war keiner der Picard-Crew verwundert über Juratis Gesangseinlage (es war ja nicht abgesprochen! Nichtmal kurz vorher hat Jurati über die Comm-Kanäle dem Rest der Crew bescheid gegeben, dass sie das jetzt macht). Ein normal denkender Mensch hätte sich jetzt sehr warscheinlich gefragt, was plötzlich mit Jurati los ist, dass sie entgegen dem Plan plötzlich anfängt zu singen... man hätte zumindest ernsthaft an Juratis Verlässlichkeit zweifeln und die Figuren hätten zumindest für ein paar Sekunden mit einem Fragezeichen über dem Kopf dastehen müssen. Aber nein, war zwar nicht abgesprochen und wer weiß, ob Jurati manipuliert wurde und das auch garnicht aus eigenen Stücken macht (so war es ja dann auch!) aber sch**** egal, schnell mit dem Plan weitermachen und nicht nur eine Sekunde drüber nachdenken.
Die Crew wundert sich doch andauernd über Jurati: Picard, weil sie sich nicht meldet, Rios, weil sie ihn plötzlich küsst... Möglich, dass sie sich off-screen auch über die Gesangseinlage gewundert haben, aber die Ereignisse um Picard waren dann schnell wichtiger. Außerdem war diese spontane Idee im Grunde besser als die ausgeklügelten Teile des "Plans". Ich meine: Niemanden kümmert es, dass vom Security-Personal des Kontrollraums nur Schweigen kommt?
Seltsamer finde ich, dass Renée einfach verschwunden ist. Selbst wenn sie Picard nicht ins Krankenhaus begleitet, hätte ich gerne eine Szene gesehen, wie sie mit diesem Vorfall umgeht. Das ist viel interessanter als die Frage, ob sich Raffis Stirn mal wieder wegen irgendeinem ungewöhnlichen Verhalten Juratis in Falten legt.