Mein Review hat sehr lange gedauert, weil ich gar nicht genau wusste, wie ich zum Ausdruck bringen soll, dass ich mich sehr über diese Folge geärgert habe.
Das Beste kommt zum Anfang: Die Aufnahmen der Ent-D empfand ich als atemberaubend schön. Leider können die weiteren CGIs der Folge hier mMn nicht mithalten.
Das Grundgefüge stimmt vielleicht: Die Ent-D kümmert sich um die Borg, die "Titan" um die Flotte und Jack muss aus dem Kollektiv geholt werden. Wahrscheinlich war ich aber von der Umsetzung im Großen und im Kleinen so enttäuscht, weil ich den Plot erwartet habe und an sich auch nicht verkehrt fand.
Exemplarisch die Handlung rund um die Ent-D-Crew. Das war alles zu viel wie bei einem Computer-Spiel. Dazu passt auch der Flug der Enterprise durch das Borg-Schiff. Ich würde noch nicht mal sagen, dass das Schiff das nicht schaffen würde. Aber es verkennt die eigentliche Stärke der Ent-D, die in der "Erhabenheit" liegt. Das Schiff wird dadurch "klein" und die Optik besitzt auch nicht die Klarheit der ersten Szene.
Der Flug der Ent-D gaukelt Dynamik vor, die bei den Handlungen der Figuren dann wieder fehlt.
Alles ist mMn so uninteressant, ja geradezu nervig inszeniert.
Die Musik scheint einem Fernseh-Thriller entliehen. Sie ist weit davon entfernt, schön oder unterstützend zu sein. Ich weiß, Musik ist immer Geschmackssache, aber sie muss trotzdem eine Atmosphäre schaffen. Das hier klingt weder sphärisch noch sinfonisch, sondern eher brachial beliebig.
Hier bleibt nichts hängen, sieht man mal von den musikalischen Zitaten aus früheren ST-Inkarnationen ab.
Für meinen Geschmack steckt in der Folge zu viel des eher schlichten comic-relief-Humors: Wenn Beverlys Feuerkünste angesprochen werden, wenn Worf über die Wahrscheinlichkeit des Ablebens spricht oder gar auf der Brücke einschläft, wenn sich der Pilot der "Titan" als Koch entpuppt... Es gäbe weitere Beispiele, aber ich habe sie mir nicht gemerkt.
Für sich genommen sind sie vielleicht nicht alle verkehrt, wobei sie mir zu oft nach Standardschema verlaufen. Aber in der Masse wirkten sie für mein Dafürhalten zu sehr der Dramaturgie der Folge entgegen.
Zahlreiche Dialoge waren mir zu gekünstelt. Worf zum Beispiel scheint eigentlich nur noch in Aphorismen sprechen und Lebensweisheiten von sich geben zu wollen. Anderes ist pathetisch - was vielleicht verständlich ist, wenn es um Leben und Tod und Abschiede geht. Aber es ist zu aufdringlich und erschöpft sich auch bald.
Zusammen mit mancher Darbietung hat das was von einer merkwürdig ambitioniert-experimentellen Laientheateraufführung. Man denke dazu nur an die Borg-Königin! (Zumindest teilweise schwache) Zeilen aus FC zu wiederholen, hilft auch nicht weiter.
Viele Szenen sind so angelegt, dass sie das Publikum wohl rühren sollen: Angedeutete Abschiede und geselliges Zusammensein der TNG-Crew, Shaws Loblied auf Seven... Wirklich erreicht haben mich aber nur zwei Momente: Erstens, wie Seven Sidney umarmt hat. Eigentlich müssen Sidney und die anderen ja auch durch eine Hölle gegangen sein. Und zweitens, als Picard zu Jack sagt, er werde bei ihm bleiben.
Die letzten Szenen sind wohl so gestaltet, wie man es sich vorstellen muss, aber es ist alles so ein bisschen zu übertrieben, als wollte sich die Crew irgendetwas beweisen. Klar, die Poker-Runde ist nicht originell, aber ich hätte sie akzeptieren können, wenn sie Charme gehabt hätte.
Insgesamt bleibt nicht viel übrig: Die Borg sind mal wieder besiegt, die Formwandler en passant auch. Die Konsequenzen scheinen gering (wobei das auch am Ende von TNG-Folgen sehr oft so war) und die TNG-Crew hat ihre Krisen überwunden und freut sich nun, ebenso wie Seven, Raffi und Jack, auf die Zukunft.
Vielleicht herrscht damit eine andere Stimmung als am Ende von "Nemesis", ein besserer Abschied von TNG war es in meinen Augen aber nicht. Dazu hätte die Geschichte überzeugender sein müssen und es hätte mehr einprägsame Szenen gebraucht.
Einzelheiten:
Ich starte gleich mit einem Detail, das gar nicht unwichtiger sein könnte

Die Warp-Gondeln der "Syracus" haben je drei statt zwei Bussard-Kollektoren! Nicht schöner als das Original, aber für einen Ent-D-Fan bemerkenswert.
Anton Tschechow, "Der Kirschgarten", ähh..., nein, Anton Chekov... Lassen wir mal die Chronologie außer Acht, finde ich es etwas seltsam, dass er sich in einer Krisensituation auf seinen Vater beruft. Als Föderationsbürger würde ich mir denken: "Hmm, wäre mal der Vater Präsident und nicht Anton!" Egal.
Ich kenne die Non-Canon-Quellen nicht wirklich gut, aber wäre dieser Checkov nach dem verstorbenen Darsteller des JJA-Chekovs benannt, fände ich das eine schöne Hommage.
Der Titel "The Last Generation"... Irgendwie lustig, dass die Folge wie die Klima-"Demonstranten" heißt. Und: Ich musste an ein Buch von Arthur C. Clarke denken:
"Die letzte Generation", das im Original aber den Titel "Childhood's End" trägt. Auch dieser Bezug wird wohl nicht bezweckt worden sein. Trotzdem ist der Titel interessant. Er bezieht sich wohl mehr auf die Borg?
Seltsam ist, dass die ganze zentrale Crew der "Titan" - und, siehe den nächsten Punkt, die Flotte als Ganzes - wohl sehr jung ist. Für die Rückeroberung des Schiffs scheinen Seven und Raffi nicht die Versiertesten gefunden zu haben, obwohl ja gerade die Älteren mehr Erfahrung haben sollten.
Weil kein Schiff wirklich aus der Formation ausbrach (von der "Excelsior" abgesehen), muss man davon ausgehen, dass die jungen Borg die ganze Flotte unter Kontrolle hatten. Nachdem sie nicht zimperlich waren, bedeutet das den Tod von zig Tausenden von Leuten?
Daraus würde folgen, dass der Sternenflotte praktisch das gesamte erfahrene Personal weggebrochen ist und diejenigen, die übrig geblieben sind, eigentlich traumatisiert sein müssten. Gut, das ist den Machern so gesehen gleichgültig.
Man fragt sich, wie die Formwandler und die Borg-Königin Kontakt zueinander aufgenommen haben.
Die Darstellung der Borg-König ärgert mich zudem. Die Maskenbildnerei war nicht gerade überzeugend. Man konnte gut sehen, dass die Schauspielerin nur auf der Stütze lehnte und nicht mit ihr verwachsen war. Dadurch wurde das Gewedel mit den Armen und Händen nur noch lächerlicher. Das hatte was von Jahrmarktpuppe. Sollte uns die Gestik zeigen, dass auch die Borg etwas Marionettenhaftes haben? Ich verstehe das nach wie vor nicht.
Die Enterprise-G... Ich bin kein Fan der "Titan". Das alte Design ist nett, wenngleich auch nicht wirklich schön. Aber das Schiff wegen einer äußerst wichtigen, gelungenen Mission in "Enterprise" umzutaufen...? Warum sollte Picard das rühren?
Eine Enterprise muss ein gewisses Format haben, eine gewisse Ausstrahlung, ja gut, vielleicht sogar einen gewissen Status innerhalb der Flotte repräsentieren. Das vermag die "Titan" nicht.
Tja, alles in allem reicht es für mich nicht für mehr als eine Fünf.
Irgendwie stellte sich bei mir nie Spaß, Interesse, Spannung, Faszination für die Folge ein. Ja, es war wirklich so, dass ich immer wieder nachgeschaut habe, wie lange es noch dauert und wann das Ganze vorbei ist!
