Ich denke, Filme brauchen Tiefgang. Sicher, es ist nicht schlimm, sich einfach mal von Sex und Action unterhalten zu lassen, aber wir hatten Filme ohne tollen Tiefgang auch in Star Trek genug. Was hatte sich den \"Nemesis\" auf die Fahnen geschrieben? Und was brauchte es dem Film ein?
Ich hatte eine ähnlich Diskussion schon in einem anderen Forum. Ich bin der Meinung, dass Star Trek eine Identität gesitzt. Ich will nicht Star Trek auf Teufel komm raus am Leben erhalten, wenn die Inhalte verbogen werden. Natürlich setzten auch die beiden ersten Serie auf Action und natürlich kann man von einem Filmformat keinen Mut erwarten. Aber Star Trek hat nun mal auch Ressourcen, ein Erbe, was immer mehr in Vergessenheit gerät.
Außer Frage steht doch, dass von einem zukünftigen Film nicht mehr Philosophie und Tiefgang zu erwarten ist, egal, ob ST11 ein Erfolg wird oder nicht. Floppt der Film, traut man sich dennoch nicht, mal neue Wege zu beschreiten, das beweist doch die Zeit nach \"Nemesis\". Läuft der Film gut, hat also durch Mainstream-Zutaten Geld gebracht, sieht doch keiner die Notwendigkeit die Richtung zu ändern. Aus der Reaktion auf ST11 kann so schon fast zwingend keine Entwicklung zu mehr Tiefgang geschehen.
Klar, Charakterstudien können einen gewissen Tiefgang des Film gewährleisten. Es ist hier natürlich besonders heikel, Schlüsse aus dem Trailer schließen zu wollen, aber rein intuitiv erwarte ich kein größere Leistung als bei \"Nemesis\", weil mir die Schwerpunkte eben von Anfang bis Ende auf andere Anlagen ausgelegt zu sein scheinen. Die Geschichte mit einem Klon und die Frage, was eine Person ausmacht, ist grundsätzlich ja keine sonderlich schlechte Idee und vor allem Szene im Bereitschaftsraum zeigt auch mal, was für Vorteile man aus der schauspielerischen Leistung Stewarts hätte ziehen können und welche Feinheiten die Thematik hergegeben hätte.
Ja, aber es kann wirklich klappen, mit der Charakterstudie. Aber so besonders große Hoffnung habe ich nicht, arg zu gewollt wirkt der Konflikt zwischen Kirk und Spock, wie wir in Ausschnitten bislang vor Augen geführt bekamen. Nicht dass Spocks Anlagen nicht interessant wären, aber dazu hatten wir ja eine zweistellige Serienfolgen-Anzahl und die Filme waren dazu auch eine bedeutsame Bereicherung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass zwei Stunden unter der Vorgabe, auch Action, Zeitreisen-Hintergründe und andere \"Nebenkriegsschauplätze\" unterbekommen zu wollen, da eine sinnvolle Bereicherung noch dazu eben im direkten Vergleich mit TOS nicht gerade leicht machen.
Grundsätzlich ist das Problem, das der Trailer geschickt zu umgehen versucht, doch, dass die Oldschool-Fans neue Darsteller für alte Rollen nur schwer akzeptieren können und dass der Mainstream, der Ottonormalverbraucher von der Straße nur zu einem vernachläßigenden Anteil possitive Assoziationen zu ST und Kirk/Spock habt, während der Rest nicht mal die guten Parodien (wozu ich z.B. die in Southpark zählen würde - grundsätzlich alle, bei denen man die Parodie-Vorlage wirklich kennen muss, um es zu verstehen) beachtet, sondern nur die wirklich kennt, die sich auf ausgebaute Klischees stürzen (Mittermeier, Bully), die dieser neue Film nicht wirklich entkräften kann (zwar muss ja nicht umbedingt ein Rothemd sterben, aber Spocks \"Attribute\" bleiben unverändert).
Philosophie ist heute so wertvoll wie eh und je. Klar, wir sind nicht mehr in einem gesellschaftlichen Selbstfindungsprozess à la Aufklärung, Humanismus... - aber: Das heißt nicht, dass der Bezug zu Werten, Ethik, sozialen Gefügen, zum Verhältnis von Welt, Religion und Wissenschaften in Deutschland, in Europa und in einer globalisierten Welt nicht in philosophischen Gedanken untersucht werden sollte. Und dann leben wir eben in einer Zeit, in der (zumindest in den meisten Kreisen, ausgehend vom den Bedinungen unserer Lebenswirklichkeit) es sehr sehr leicht ist, sich mit solchen Inhalten zu befassen: Die Erreichbarkeit ist wohl so gut wie noch nie (in gedruckter und virtueller Form geringe Kosten - oder eben nur eine Kinokarte), die Zugangshürden so gering wie noch nie (geringe Zahl der Analphabeten, Recht auf Meinungsfreiheit u.ä.). Die Medien können dabei Fluch und Segen zugleich sein! Ich glaube nämlich nicht, dass man den Leuten einen Gefallen erweist, wenn man ihnen vorgaukelt, unterhalten könne man sich nur, wenn man sein Hirn abschaltet. Warum muss man die Menschen immer unterschätzen?
Star Trek als bloßen Namen brauche ich eigentlich nicht. Mir hilft es nichts, wenn das Franchise am Leben gehalten wird, nur damit man ordentlich Geld damit scheffeln kann, indem man Star Wars oder andere SciFi-Formate kopiert und Zutaten wie das Aussehen der Raumschiffe oder die Klischee-Masken der Aliens anpasst und ansonsten alles auf den Mainstream auslegt, der am Ende doch kaum als Zielpublikum gewonnen wird.
Selbst wenn ich die \"Seele\" Star Treks zu sehr idealisiere und die Action-Elemente der frühen Serien herunterspiele, so wären die Entscheidungsträger um so besser beraten, die Marke zu stärken, indem sie auf die sauberen, auf die vergeistigten, auf die mysteriösen und auf die utopischen Inhalte setzen, denn düstere, militärische Science Fiction gibt es wie Sand am Meer.