Review: Star Trek: Typhon Pact - Zero Sum Game
Ein Sabotage- und Spionageakt in den Utopia-Planitia-Werften versetzt die oberen Schichten der Föderationshierarchie in Panik: Agenten des Typhonpaktes haben die Pläne für den Slipstreamantrieb gestohlen, einen der wichtigsten taktischen Vorteile der Föderation gegen den Zusammenschluss ihrer politischen Rivalen.
Aus Angst der momentan noch kalte Krieg könnte eskalieren, wenn dieser Vorteil verloren geht, autorisiert Präsidentin Nanietta Bacco eine Geheimdienstmission, um eine geheime Werftanlage der Breen zu infiltrieren, in der der Slipstreamprototyp des Pakts gefertigt wird.
Julian Bashir und seine alte Flamme Sarina Douglas werden auf die riskante Mission geschickt, die Breen-Gesellschaft zu infiltrieren, obwohl die Föderation so gut wie nichts über sie weiß, den Prototypen zu sabotieren und die Pläne zu vernichten. Währenddessen hält sich Captain Ezri Dax mit der Aventine bereit, ihren alten Freund Bashir und seine Partnerin zu evakuieren. Und Präsidentin Bacco zieht auf dem diplomatischen Parkett alle Register, um zu verhindern dass die politische Situation noch weiter eskaliert.
Das erste der "Typhon Pact"-Bücher beschäftigt sich zum ersten Mal eingehend mit den Breen. Und was dabei alles rauskommt ist schon allein das Lesen des Buches wert. Ich habe ja weiter oben schon "gespoilert", WAS es mit den Breen genau auf sich hat, deshalb gehe ich darauf jetzt nicht nochmal großartig ein.
Das Buch wechselt ständig zwischen vier Haupthandlungsebenen: Da wären einmal natürlich Bashir und Douglas auf ihrer Mission. Dann ihr "Gegenpart" auf Seite der Breen, der Konstrukteur des Prototypen namens Toth Keer. Ezri Dax und die Crew der Aventine, die auf das Rückholsignal der Agenten warten (und dabei immer mehr unerwartete Probleme bekommen) sind Nummer drei. Und Präsidentin Baccos Tanz auf den glühenden Kohlen des diplomatischen Parketts ist Nummer vier.
Wie bei allen guten Romanen sind hier auch die Widersacher sehr sympathisch geschrieben. Allen voran Toth Keer, der einem geradezu leid tun kann, so wie er unter seinen Vorgesetzten, nervigen Politikern, Ressourcen- und Zeitmangel leidet. Die Breen kommen weniger als klischeehafte, skrupellose Feindbilder 'rüber, sondern eher als eine Art Mini-Föderation, die zwar ihre Schattenseiten hat (Stichwort: Totale Überwachung der Bevölkerung), aber bei weitem nicht nur negativ dargestellt wird (z.B. das Konzept der absoluten Gleichberechtigung). Interessanterweise lesen sich manche Stellen fast wie bewusste Parallen auf Tendenzen, die sich in der Realität schon bei uns abzeichnen, darunter eben die Überwachungskiste, aber auch die im Vergleich dazu völlig freie Wirtschaft und Erstellung von sehr genauen Käuferprofilen samt personalisierter Werbung für jedermann. Wobei der mahnende Zeigefinger ausbleibt und es einem selbst überlassen wird, daraus seine Schlüsse zu ziehen. In einer sehr netten Abweichung vom Trek-Standard der Betrachtungsweise eines politischen Machtblocks liegt das Augenmerk auch weniger auf dem Militär der Breen, sondern auf zivilen Behörden und den Zuständen für den einfachen Bürger.
Die Handlung insgesamt ist ein spannender Agententhriller im Star Trek-Gewand, auch wenn es mitunter leicht klischeehaft wirkt, dass (natürlich) niemals alles einfach nach Plan laufen kann und ich mir irgendwann dachte "Och neee, schon wieder ein unerwarteter Rückschlag?". Das ist aber ganz ehrlich nur eine kleinere Schwäche und ich verzeihe sie eher, als wenn sich der Plot gebogen hätte, nur um den Plänen der Figuren gerecht zu werden.
Zu den Figuren:
Bashir ist im Grunde so geschrieben, wie man ihn aus DS9 kennt, wenn auch seine genetisch verbesserten Fähigkeiten wesentlich stärker beleuchtet werden, als man das gewohnt ist. Das hat aber mehr damit zu tun, dass er sie hier explizit ausspielt, statt sie wie sonst weitestgehend zu verbergen. So lernt er binnen weniger Tage die Grundzüge der geschriebenen Sprache der Breen und die subtile Körper- und Zeichensprache die bei denen die Mimik ersetzt. Was mich ein wenig irritiert hat ist, dass Bashir nach all dem was er im Dominionkrieg erlebt hat noch solche Skrupel mit dem Einsatz tödlicher Mittel hat. Als Sarina einen einzelnen Wachmann tötet, bekommt er fast einen Ausraster und grübelt darüber, dass er sich als Arzt dem Erhalten des Lebens verschrieben hat. Dass er solche Gewissensbisse hat, wenn es um tausende zivile Arbeiter geht ist ja verständlich, nachvollziehbar und auch positiv, aber bei einem einzelnen bewaffneten Gegner?
Zu Sarina Douglas kann ich wenig sagen, da sie so wie sie hier präsentiert wird das erste Mal auftritt (und vorher auch eher ein Randcharakter war). Bei ihren vorherigen Auftritten war sie ja entweder stumm, oder noch recht unbeholfen im sozialen Umgang. Sie balanciert auf der Grenze zwischen einem typischen Starfleet-Offizier und einem "Der Zweck heiligt die Mittel"-Standpunkt, rutscht da aber in der Regel in zweiteren Bereich ab. Sie ist die abgebrühte, professionelle Agentin, wo Bashir eher noch dem romantisch verklärten Bild seiner Holoroman-Agentenausflüge nachhängt.
Die Lovestory zwischen den beiden wirkte auf mich zwar etwas überraschend eingeführt (vor allem dass Bashir angeblich nie ganz über ihren Verlust hinweg kam), wird ab dort aber konsequent weitergesponnen und ist nicht so aufdringlich, dass man von den "Schnulzenmomenten" genervt sein könnte.
Präsidentin Bacco ist der Charakter, der nach diesen beiden am meisten bei mir punkten konnte. Wie üblich nimmt sie kein Blatt vor den Mund und lässt des öfteren raushängen, wie satt sie diesen Job im Allgemeinen und das aufräumen hinter Starfleet im Speziellen hat. Ihre Szenen bringen einen also trotz der ernsten Situation durchaus mal zum Grinsen. (Zitat: "Wie lange noch bis zur nächsten Wahl? [bekommt den Zeitpunkt gesagt] Können wir die Wahl dann so manipulieren, dass ich verliere?")
Ezri... ist Ezri, genauso wie Bashir bleibt sie ihrem Serienvorbild relativ treu, zeigt aber zwischendurch auch, was sie seit dem Ende der Serie gelernt hat und wirkt hin und wieder wesentlich reifer, vor allem reifer als ihr Ex Bashir.
Allgemein zieht die Crew der Aventine ein Wunder nach dem anderen aus dem Hut und stellenweise bringen einen die Dialoge da auch zum grinsen und/oder staunen. Zum Beispiel wenn Ezri "einen auf Picard macht" (eine Situation aus einer bestimmten TNG-Folge wird quasi 1:1 reproduziert) oder ihren Ingenieuren in bester Kapitänstradition nur sehr knappe Zeitlimits für unmögliche Aufgaben lässt.
Eine gesonderte Erwähnung verdient für mich noch das "Jack-Pack", die Gruppe aus psychisch gestörten Augments, die mit Sarina zusammen zweimal in DS9 aufgetreten ist (der soziopathisch-arrogante Jack, der kindliche Patrick und die mit einer hyperaktiven Libido "gesegnete" Lauren). Patrick kommt gefühlt kaum zu Wort (was mir nicht ganz unrecht war), aber Jack und Lauren sind zum schießen komisch und ihre Eigenarten wunderbar getroffen (was ja bei diesen Holzhammer-Psychosen auch nicht sonderlich schwer ist, hmm? Hmm? Hmmmmm?). Und auch Bashirs Reaktionen auf sie können sich sehen lassen.
Ich hatte schon beim Ansehen der Folgen mit dem Quartett einen Heidenspaß und so hat es mich extrem gefreut, dass die hier nochmal aufgetaucht sind und mal wieder alle gestandenen Föderationswissenschaftler (samt ihrem Augment-Artgenossen Bashir) in wenigen Sätzen völlig alt aussehen lassen.
Insgesamt spreche ich für den Roman eine klare Leseempfehlung aus.
PS: Es ist zwar nicht zwingend nötig, die vorherigen Bücher gelesen zu haben, aber es schadet sicher nicht. Vor allem, um schonmal gehört zu haben, was der Typhonpakt überhaupt ist und wie er zustande kam. Allein schon wegen der tollen Vorgeschichte. Insofern würde ich empfehlen, vorher wenigstens "A Singular Destiny" (dt.: "Einzelschicksale") gelesen zu haben.
Die "Destiny"-Trilogie selbst ist nicht direkt notwendig, im Grunde wird alles was für Zero Sum Game wissenswert ist nochmal kurz angerissen - im Wesentlichen, dass es eine gewaltige Borginvasion gab und Ezri jetzt ihr eigenes Kommando hat. Ich empfehle sie aber dennoch immer wieder gerne, wegen der Qualität des Handlungsbogens und weil sie einen großen Umbruch im Trek-Universum markiert, der für alle späteren Romane noch wichtig ist/sein wird.