Joah, also ich stelle mir das aber auch wirklich als schwierige Aufgabe vor, wenn es darum geht, mehrere "Geschichtsblöcke" zusammenzuführen, zumal, wenn sie nicht gänzlich aus der eigenen Feder stammen.
Das ist etwas, was man durchaus loben muss. Die Kommunikation der Autoren untereinander und auch mit den Editoren scheint sehr sehr gut zu sein - die Romane wiedersprechen sich so gut wie nie. Bei der achten DS9-Staffel hat man das besonders gemerkt, die wirkte wie aus einem Guss, obwohl ganz unterschiedliche Autoren dran beteiligt waren.
Aber: Lese ich da also heraus, dass schon die Strategie besteht, dass am Ende alle unterschiedlichen ST-Romane regelrecht zusammengesetzt werden können?
"Können" ist gut. Es bleibt einem gar nichts anderes mehr übrig. Wo die Romane früher noch nur Anhängsel der Serien und Filme waren, die hier und da mal narrative Lücken stopften, oder unabhängige Einzelabenteuer in beliebiger Vielzahl erzählten, ist die Trek-Literatur inzwischen völlig verändert und hat im Grunde das Ruder über das Star Trek-Universum - zumindest im 24. Jahrhundert - komplett selbst übernommen. Die Einzelromane und Burchreihen befinden sich untereinander im ständigen Wechselverhältnis und sind zu einem ganz dichten erzählerischen Wandteppich verwebt worden. Alles, was in einem Roman geschieht, wirkt sich auf nachfolgende Romane aus. Selbst jene Geschichten, die für sich zu stehen scheinen, können und werden später wieder aufgegriffen.
Die Ereignisse aus der "Vanguard"-Buchreihe beispielsweise... die spielt zu TOS-Zeiten. Aber was dort geschieht, ist mit ein wichtiger Auslöser, für die Gründung des Typhon Paktes im 24. Jahrhundert. Figuren tauchen wieder auf. Namen tauchen wieder auf. Geschehnisse haben Nachwirkungen.
Das hat natürlich den Nachteil, dass das Material für Neueinsteiger kaum noch überschaubar ist. Zumindest ist die Gefahr massiver Spoiler sehr groß, wenn man nicht ganz zurück zum Anfang geht und... ja, die komplette Trek-Literatur der letzten zehn oder fünfzehn Jahre nachholt. Ansonsten werden einem ständig wichtige Ereignisse vorweggenommen. Was auch der Grund dafür ist, dass ich inzwischen chronologisch lese.
Das wäre natürlich ein ambitioniertes Ansinnen und nicht unbedingt nur gut. Denke ich zum Beispiel an unsere FF hier im Forum: Das Bild der Sternenflotte etwa in UO ist ein anderes als in Davids Akademie-Geschichten oder bei der "Da gedachte ein zweiter des Satyrs"-Reihe und die verschiedenen Ansätze sind ja auch spannend, weil sie einem nicht die Bandbreite der Möglichkeiten zeigt, sondern schlicht auf für viel Abwechlsung bei den erzählten Geschichten sorgt.
Joa, während unsere Geschichten größtenteils nebeneinander existieren, jede "Serie" in ihrem eigenen Universum, steckt in der Trek-Literatur alles unter einem Hut. Es ist schon bemerkenswert, wie gut das eigentlich klappt. Wobei die Autoren natürlich immer daran gebunden waren, zumindest dem Serien-Kanon nicht zu widersprechen. Jetzt widersprechen sie eben zusätzlich noch dem eigenen Literatur-Kanon nicht.
Ich glaube aber auch, dass es selbst für uns nicht unmöglich wäre, alles unter einen Hut zu packen. Ich glaube da wäre auch eher sehr viel Detailarbeit nötig, als massive Eingriffe in die Strukturen der Geschichten selbst. Aber das würde natürlich ein enormes Ausmaß an Kommunikation und Hin- und Herleserei erfordern. Ich weiß nicht, ob das die Mühe wert wäre.
Es klingt für mich auch so, als wäre es schade, dass diese Bücher als Reihe aufgebaut sind. Gut, das ist natürlich die Prämisse, die zu hinterfragen irgendwie nicht (mehr) sinnvoll ist. Aber mir geht es da eigentlich ein wenig so, wie es Leela für Filme formuliert hat: Es ist doch eigentlich ganz schön, am Ende eine abgeschlossene "Einheit", einfach eine einzelne Geschichte gehabt zu haben. Aber gut, dann besteht nicht unbedingt der Anreiz, den neuesten Roman zu lesen 
Es hat alles Vor- und NAchteile. Natürlich gibt es auch nach wie vor Geschichten, die in sich abgeschlossen sind. "Artikel der Föderation" beispielsweise, ein auch sehr experimentelles und mutiges Buch. Allerdings wird danach natürlich auf diesem Roman aufgebaut, das ist klar. Es ist also durchaus auch noch Platz für eigene Stile. Nur kann eben keiner dahergehen und die Föderation komplett umkrempeln - es sei denn, der Editor gibt sein okay. DAnn gibt es aber keinen Weg zurück. Und das ist momentan vielleicht die, hm, schwierigste Sache daran. Wenn einem der Verlauf der Story nicht gefällt, dann hat man nämlich Pech gehabt. Einen Status Quo gibt es nicht mehr.
Ich hätte auch gerne wieder ein paar Geschichten, die zu der Zeit auf der Enterprise-E spielen, als die Crew noch komplett war. Oder meinetwegen auf der Enterprise-D. Aber die gibts nicht mehr. Die Gangart in der Trek-Lit ist vom Stillstand auf langsam zu flott gewechselt und es geht nur nach vorn, nicht zurück (Ausgenommen ist TOS). Es gibt auch keine Geschichten mehr, die auf Archers Enterprise, zur, sagen wir, vierten Staffel spielen. Entweder man akzeptiert, dass die Charaktere inzwischen alle auf eigenen Schiffen sind, oder man hat Pech gehabt.
Aber ich will das auch nicht zu negativ aussehen lassen. Man wird als Fan schon verwöhnt. Welches andere Franchise kann sich an über zehn Romanen im Jahr erfreuen? Die meist auch noch qualitativ überdurchschnittlich sind. Und dann die Freiheit haben, mutige Schritte durchzuführen. Für Leseratten ist das schon eine sehr spannende Zeit momentan.
Auf der anderen Seite: Wenn dann nur große Füllgeschichten entstehen, wird man auch nicht recht zum nächsten Kauf motiviert, schätze. Klar will man vielleicht immer noch wissen wie es weiter geht (bei dem Cliffhanger
), aber wenn die Hoffnung geringer wird, da dann etwas wirklich besonderes zu lesen... Und am Ende wartet man doch fast auf den einen großen Wurf, der das Setting, das sich aufgebläht hat, in einem schönen Knall auflöst. Oder ist das nur meine Sicht von außen?
Nein, das ist im Grunde auch meine Ansicht. Diesen schönen Knall, den gibt es inzwischen seltener, weil... bei den Romanreihen im Prinzip kein Ende vorgesehen ist. Die haben jetzt alle Freiheiten und können weiter und weiter und weiter und weiter gehen. Eine Never Ending Story sozusagen. Man könnte sagen, Star Trek - also das alte Universum - gehört jetzt nur noch den Romanen (und den Fans). Eigentlich eine gute Sache, denn die Romane haben die Möglichkeit gut in die Tiefe zu gehen, politische Entwicklungen zu betrachten, wissenschaftliche Zusammenhänge und Charakterdramen über lange Zeit zu bieten. Das ist schon spannend. Ärgerlich, ja, frustrierend wird es dann nur, wenn Handlungsstränge im Sande verlaufen, - wie das mit der neuen DS9 Staffel geschehen ist -, oder eben in eine unbefriediende Richtung gehen - oder eine unbefriedigende Auflösung erfahren. Das... geschieht in richtigen Serien aber auch. Es ist eben alles ein Prozess, ein ständiges Auf und Ab.
Ich bin aber definitiv neugierig, wohin das noch führen wird. Noch ein paar Jahre dieser rasanten Entwicklung, und man wird weder auf der Enterprise-E, noch auf DS9 irgendwelche aus den Serien bekannten Gesichter sehen. Dann wäre tatsächlich die Next Next Generation an der Reihe. Könnte gut werden. Könnte schlecht werden. Der Ausgang des Spiels ist noch relativ offen
