Vorsicht, Spoiler!
Typhon Pact 6 - SchattenZwar konnte man das Raumschiff des Typhon Pakts aufhalten, das in den Gamma-Quadranten gereist war, um Komponenten für die wertvolle Slipstream-Technologie vom Dominion zu stehlen, doch der Preis war hoch: DS9 wurde von in den Fusionsreaktoren versteckten Bomben zerstört und obwohl es Captain Ro gelang, viele der Zivilisten zu evakuieren, wurden doch mehr als Tausend Todesopfer gefordert. Föderations-Präsidentin Bacco ist außer sich, bricht jegliche Friedensverhandlungen mit den Romulanern ab und lässt die Flotte mobilisieren. Nun liegt es ausgerechnet an Praetorin Kamemor, die keine der Geheimmissionen sanktionierte, einen zu Weg finden, einen Quadranten-umspannenden Krieg zu verhindern - doch Splitterparteien in ihrem Senat und im Typhon Pakt initiieren bereits den nächsten Plan, um die Föderation in die Knie zu zwingen...Weiterhin, nichts neues im Alpha-Quadranten. Wir erinnern uns: Militante Einflüsse im Typhon Pakt sehen sich von der Slip-Stream-Technologie der Sternenflotte bedroht, weil die ja zu Erstschlag-zwecken genutzt werden könnte (denn die Föderation ist ja total bekannt für solch listige Sachen). Also hat man in "Nullsummenspiel" versucht, die Baupläne zu stehlen und einen eigenen Prototypen zu bauen, was von Sternenflotten-Agenten (Bashir, Sarina Douglas) verhindert werden konnte. Angepisst darüber, haben sich die Romulaner in "Heimsuchung" mit den Tzenkethi zusammengetan, um eine Geheimmission in den Gamma-Quadranten durchzuführen, weil man jetzt irgendwie und aus heiterem Himmel auf den Trichter gekommen ist, dass man den Slip-Stream-Antrieb wohl nur mit Dominion-Schiffen realisieren kann (vorher ging es auch ohne, aber egal). Das ging irgendwie schief und DS9 kaputt - whoops. Sorry. Kommt nicht wieder- äh, noch einmal vor.
Denn nun, in "Schatten" dachte man sich wohl, na ja, alle guten Dinge sind halt Drei, also versuchen wir doch dieselbe Scheiße nochmal, nur dass man jetzt nicht mehr durch das bajoranische Wurmloch in den Gamma-Quadranten gelangen kann (Eingang zu schwer bewacht), sondern sich einfach mal eben ein eigenes Wurmloch bastelt, das man einfach irgendwie an das bajoranische Wurmloch drankoppelt. Das scheinen auch alle Verschwörer im Typhon Pakt für eine verdammt gute Idee zu halten, die den Aufwand total wert ist, und darüber vergisst man dann auch gerne, dass so ein künstliches Wurmloch ja eigentlich eine viel gruseligere Erstschlag-Waffe ist, aber egal. Wird schon keiner merken. So weit so blöd.
Damit die Drama-Schraube noch ein Stück angezogen wird, macht nun Föderationspräsidentin Bacco einen auf Stur, das Dominion wird als mögliche neue Bedrohung (Allianz mit dem Typhon Pakt?) wieder ausgepackt, Sisko ist immer noch auf Jammerkurs weil die Propheten ihm ja sagten, er würde mit Kasidy an seiner Seite unglücklich sein, was ihn dazu bewegt, sich von ihr zu trennen und... nun ja, trotzdem unglücklich zu sein, Bashir fällt in eine Sinnkriese, weil seine Freundin Sarina die Bombenlegerin sein könnte, nur, dass sie es dann doch nicht war, wovon er auch direkt wieder überzeugt ist, uuuuund irgendwo in dem ganzen Story-Wust ist ja auch noch die neue Raumstation, die man mal eben aus dem Boden stampft, aber das, und der Verlust von DS9 sind relativ wurscht, weil ja bald krie-hieg drohen könnte. KRIEHIEG! RHAAAA Immerhin steht der Zeiger schon zu Beginn der Geschichte SO sehr auf Kurz vor Zwölf, dass wir eigentlich schon lange nach Mitternacht haben. Und das Buch ist so affi- dramatisch, dass der Zeiger im weiteren Verlauf der Handlung NOCH VIEL KÜRZER vor zwölf steht, und... ja, man hört es bereits heraus, ich fand den Roman trotz geopolitischer Umwälzungen, trotz großer Entwicklungen und trotz guter Ansätze eher bescheiden. Bestenfalls. Man kann es nicht anders sagen, aber DS9 wurde an die Wand gefahren. Daran ist dieser Roman nicht alleine schuld, aber er trägt auch nichts zur Verbesserung der Lage bei.
Das sicherste Anzeichen dafür, dass hier etwas faul ist, ist folgendes: Es geschieht eine ganze Menge, und auch eine ganze Menge Großes, und dennoch fühle ich nichts. Die letzten beiden Einträge von David R George wussten mich emotional überhaupt nicht mehr anzusprechen. Wenn man mal auf den DS9-Relaunch zurückblickt, dann hat alles ganz fantastisch angefangen. "Avatar" hat sich einfach angefühlt wie DS9. Hat es wirklich. Die Charaktere hatten tolle Handlungsstränge, die Ergänzungen zur Crew waren sinnig, gut durchdacht und bekamen eine Menge Raum zur Entfaltung. Es hat sage und schreibe 18 Romane gedauert, um etwa ein Jahr Stationszeit zu füllen, was natürlich den positiven Nebeneffekt hat, dass man wirklich Zeit hatte, um in diese Welt einzutauchen.
Seit dem Typhon Pakt haben wir aber einen Sprung von über sieeeeeeben Jahren gemacht, und das nur in den letzten vier Büchern! Ein völlig anderes Extrem. Nun bin ich mir natürlich im klaren darüber, dass die achte Staffel mit ihren vielen Romanen ein ziemlicher Luxus war, dessen Wiederholung ich nicht erwarten kann. Aber ich kann doch wenigstens erwarten, dass ich in den Romanen, die gerade kommen, wenigstens nichts missen muss, und doch wird alleine in Schatten schon wieder - in kleinen Ettappen - über ein Jahr im Schnelldurchlauf durchenudelt. Dadurch wird letztendlich auch die Zerstörung von DS9 obsolet und zu einer Nebensache.
Warum? Weil wir in den letzten Romanen überhaupt keine Zeit mehr auf der Station verbracht haben - und mit den Charakteren sowieso nicht. Es sind ja ohnehin nur noch Ro, Bashir, Prynn und Quark da. Quark hat eine Szene pro Buch bekommen. Prynn wurde wieder zum nervigen Anhängsel ihres komatösen Vaters. Bashir hat einen Handlungsstrang bekommen, der gar keiner wahr und Ro... na ja, Ro war zunächst recht gut, ist dann aber auch unter den Tisch gefallen. Blackmer kam in "Sachtten" gar nicht mehr vor und der langhaarige da auf der Defiant wurde niedergemacht. Bei den anderen habe ich mir schon gar nicht mehr die Namen gemerkt. Am Ende steht eine neue Station und George versucht ein schönes "Jetzt ist alles wieder gut"-Gefühl zu erzeugen, aber das ist total fake. Es ist unverdient, weil es niemanden zu kümmern scheint, dass die alte Station in die Luft geflogen ist. Mehr noch, die Charaktere kommentieren, dass man das alte Ding eh nicht vermissen wird. Aha. Tolle Wurst. Als Kira am Ende der achten Staffel wieder der Kirche beitreten durfte, das hat Resonanz erzeugt (bei mir), weil man ihr solange beim Stolpern zusehen musste, und es war ein wichtiger Schritt für sie. In Schatten fühlen sich Auflösungen eher an wie "So, wäre der Punkt auch abgehakt."
DS9s Zerstörung wird aber eh nur als so eine Art WTC-genutzt, damit man noch mal ein bisschen einen auf "aaaah, Krieg" machen kann, was aber schon wieder völlig unglaubwürdig war, weil man eh weiß, dass die Föderation keine Kampfhandlungen führen wird. Ich meine... sie bekam gerade eine ihrer wichtigsten Stationen unterm Arsch weggebombt, und außer ein bisschen gekeife einer Präsidentin, die ICH nicht mehr wiedererkenne, ist nix passiert. Trauer der Überlebenden? Fehlanzeige. Innerhalb von ein paar Büchern hat sich das Muster einfach zu oft wiederholt: Typhon Pakt intregiert, Sternenflotte geht dagegen an, Typhon Pakt intregiert erneut, Sternenflotte geht dagegen an, bla. Gibt es nix interessanteres zu erzählen? Zum Beispiel... etwas über die Charaktere auf DS9, sodass man sich wieder für sie interessieren könnte?
Also nein, das war ein Satz mit X. Da hilft auch der gute Teil mit den Benny Russel-Visionen nicht mehr, und auch das Finale von Kira und Vaughn kann den Rest der Geschichte nicht über die Durchschnittlichkeit hinweghieven. George wiederholt sich dafür zu oft, füllt viele Seiten mit kaum Inhalt, erzählt und erzählt, zeigt aber wenig (Show, don't tell ist immer noch eine Maxime, oder?). Im verzweifelten Bestreben Dramatik aufkommen zu lassen und politisch zu sein (was ich eigentlich begrüße), bläst er seine eigene Geschichte viel zu stark auf, lässt dabei ganze Storybögen unter den Teppich fallen, vereinfacht, verwurstet, verfranst sich. Eigentlich kein Problem - lieber zu viel Story als zu wenig, aber ich fand es diesmal auch nicht gut geschrieben. Den Dialogen mangelt es durchgehend an Spritzigkeit, dafür sind sie angereichert mit Pathos, Kitsch, und dem Durchkauen der ewig gleichen Dinge. So spricht kein Mensch.
Fazit: "Schatten" bietet wenig neues und schlägt nur einen weiteren Nagel in DS9s Sargdeckel. Aber Totgeglaubte leben länger - vielleicht weiß ja ein anderer Autor die Serie wieder auf Kurs zu bringen. Es wäre wünschenswert, aber optimistisch bin ich nicht. Bis dahin ist man mit anderen Romanen besser bedient - es sei denn, man mag Drama, wo eigentlich keines ist.