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Zeitreisen

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Max:
Denkbar wäre theoretisch auch, dass der Zeitreisende - will er "minimalinvasiv" vorgehen - ein Interesse daran haben dürfte, dass die Eingriffe möglichst nicht auffallen. Dann wäre es vielleicht einigermaßen sinnvoll, wenn eine Person, die ohnehin in der Zeit zuhause ist und vor allem genuin nah an den (manipulierten) Ereignisse dran ist, die eigentliche Arbeit übernimm - und nicht jemand, der als Fremdkörper auftritt und dadurch auffällt und hiermit eher neue Probleme bereiten könnte.

David:
Wenn die eigenen Eingriffe in die Zeitlinie dazu dienen sollen, den "natürlichen Lauf der Dinge" widerherzustellen, wäre ein solches Vorgehen eigentlich unsinnig - zumindest aus logischer Betrachtungsweise.

Zumindest wenn man davon ausgehen muss, dass der Zeitreisene nicht "zufällig in eine temporale Anomalie stolpert" sondern sich gezielt auf Zeitreise begibt.

In diesem Falle - wie gesagt - muss er Kenntnis vom Ablauf der Zeit haben und könnte ziemlich problemlos feststellen, an welchem Punkt wie, wo und wodurch die Zeit beeinflusst wurde.

Lösung:
Ich mache eine zweite Reise durch die Zeit, wenige Sekunden oder Minuten, bevor diese Manipulation stattfindet und verhindere die Entstehung der Manipulation.

Folge:
Umständliches Forschen, Sidekicks & Co. sind wieder obsolet und das ganze Abenteuer war absolut unnötig erzählt.
Was mich wieder zur Ursprungsfrage bringt:

Warum erst ein solches Konstrukt entwickeln, wenn ich doch weis, dass der Zeitreisende eigentlich doch so schlau sein müsste (da er/sie/es ja Kenntnis vom Ablauf der Zeit hat), zu wissen, wann das Problem auftrat und einfach nur etwas "früher" in die Vergangenheit reisen müsste, um das Problem zu lösen?

Praktisches Beispiel:
Die Geschichte wird geändert und ich stelle schließlich fest, wo die Realität sich ändert (Beispiel: Jemand reist ins Jahr 1917 und tötet Hitler im 1. Weltkrieg, wodurch die Nazis nie an die Macht kamen).
Anstatt jetzt heraus zu finden, wie genau der Zeitreisende das alles angestellt hat und ihn zu verfolgen, ist es doch viel sinnvoller, mich an die Fersen des Inzestbuben zu heften.

Ich brauch nix tun - nur beobachten - und erst in dem Moment, wo Zeitreisender Nr. 1 die Zeit beeinflusst -> den Deppen killt -
spring ich wieder zurück in meine Zeitmaschine, merke mir seinen Aufenthaltsort (Schützengraben XYZ) und reise einfach zehn Sekunden weiter zurück in die Zeit, stelle mich in den Schützengraben XYZ und entwaffe den Killer, bevor er seine Kugel abfeuern kann -> Problem gelöst.

Das ist daramaturgisch vorhersehbar wie ein Engländer, der zum Elfmeterschießen antritt ;)

Aus meiner Sicht ist das eigentliche Konstrukt einer Zeitreisegeschichte obsolet geworden:
Die Spannung und das Abenteuer.

Denn als Zeitreisender kann ich mich in meiner Zeitmaschine zurücklehnen, beobachten bis der Eingriff passiert, die Uhr nochmals ein paar Sekunden zurückdrehen und dann reagieren, um die Manipulation überhaupt passiert.

Und da ein Zeitreisender Immer außerhalb von Raum und Zeit steht, könnte der Bösewicht nie feststellen, dass er bereits verfolgt geworden sein worden ist (okay, der Satz ist grammatikalischer Schwachsinn, aber damit will ich verdeutlichen, dass es IMO unmöglich ist, ein spannendes Abenteuer daraus zu konstruieren, da ich es stets mit simplen Mitteln in Wohlgefallen auflösen kann)

Folge > daraus lässt sich kaum eine spannende Geschichte basteln, weil sich aus meiner Sicht immer wieder dieselbe Problematik auftut:
Warum daraus ein riesen Tam-Tam machen, wenn ich soeben eine ganz einfache Lösung konstruiert habe, bei der ich sogar noch ein paar MaiTais schlürfen und ich zum Schutz der Zeitlinie letztlich nur einen Finger krümmen muss (den, der den Abzug des Phasers, den ich eingesteckt habe, bedient) und schwupps, ist die Zeitlinie wieder im Normalzustand.

Kein Nachforschen, keine weiteren Eingriffe in die Zeit -> kein Besuch der Temporalen Behörde.


Das Rätsel und die Spannung bleiben also letztlich immer auf der Strecke, da man IMMER abstruse Erklärungen an den Haaren herbeiziehen müsste um darzulegen, warum der/die Held/en/in nicht eben den bequemen Weg gehen kann:

1. Zeitreise und beobachten, wo der Eingriff stattfindet (er hat ja Kenntnis vom realen Ablauf)
2. Eingriff beobachten, Details merken
3. Nochmal den Fluxkompensator anwerfen und zehn Sekunden weiter in die Vergangenheit reisen
4. sich direkt neben den temporalen Verbrecher stellen, bevor er eintrifft, um Murks zu machen und ihn ausknocken
-> Problem gelöst

Schlussfolgerung:
Ein Zeitreiseabenteuer funktioniert nur, wenn man genau diese Fragen, die ich hier gestellt habe, schlicht außer Acht lasse oder sie mit absurdesten Mitteln und Wegen verhindere, so dass ich mich als Leser wohl fragen würde: Und wofür das jetzt alles?
Logiklöcher aufbauen, nur um eine Rechtfertigung zu erzeugen, dass meine Figuren auch ja in den DeLorean springen müssen.

Ich persönlich stelle abschließend fest, dass hier das Ergebnis nicht den Aufwand rechtfertigen kann, weil jede noch so kryptische Verschachtelung immer auf einfachstem Wege gelöst werden kann.

=A=

btw. ich finde die Diskussion hierüber sehr interessant und bin gespannt, wie wir gemeinsam eine Lösung für diese offensichtlichen Schwächen bei der Erzählung einer Zeitreise finden werden, denn ich kann mir vorstellen, dass - trotz des oft genutzten Themas "Zeitreisen" - der ein oder andere von uns bestimmt mit der Idee spielt, eine Zeitreisegeschichte zu schreiben.

Max:
Na ja, ich denke, da gibt es vielleicht doch ein paar Punkte zu beachten.

Nehmen wir an, jemand wolle eine Manipulation verhindern... Nachdem er (irgendwie geschützt) erkannt hat, dass sich eine Veränderung zugetragen hat, muss er etwas machen, um sie zuverändern (im Grunde wie beim "Zeitstrudel" am Anfang von "First Contact"). Die Sache ist doch aber die, dass er keinesweg sicher sein, kann er den Eingriff ungeschehen machen kann, oder? Klar gibt es Szenarien, in denen der Zeitreisende aus vollkommener Sicherheit (beispielsweise hinter einem Tarnschirm etc.) agiert, aber ansonsten muss er ja fürchten, zu scheitern. Immerhin muss er ja wenigsten überleben, um einen weiteren Versuch mit einer weiteren Zeitreise zu unternehmen ;)

Eine Zeitreisegeschichte kann ihre Spannung doch eigentlich hauptsächlich aus zwei Aspekten ziehen. (1) Man ist sich gar nicht sicher, was zu tun ist, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. (2) Den Eingriff in die Zeitlinie zu verhindern, ist gefährlich.

Natürlich gibt es einige Paradoxien, aber mit denen muss man leben können ;) Es wäre natürlich lustig, wenn sozusagen das Universum selbst eingreift, weil es die widersprüchligen Ereignisse bei Zeitreisen einfach leid ist ;) :D


Ansonsten muss man fast konstatieren, dass die ENT-Idee eines "Temporalen (kalten) Krieges" an und für sich schon was hatte, denn das macht die Idee der Zeitreisen an sich nicht besser, aber immerhin noch unübersichtlicher ;) Bisher hatten wir ja immer Versuche, die Zeit zu ändern, die dann einmal (und sozusagen für immer) gelöst werden. Aber man kann sich natürlich fragen, warum eine böse Partei nicht nach dem Scheitern nochmal versucht, in die Vergangenheit zu fliegen. Damit würde sich alles immer und immer wieder wiederholen, einen Status Quo gäbe es in dem Sinne gar nicht mehr ;) 

David:
Nun ja,... bis ich mit "Tempus Fluvium" beginne, wird sicher ein weiteres Jahr vergehen, da meine Produktionsschleife für 2015 bereits voll ist.

Aber es wäre nett, wenn wir dieses Thema auch in der Zukunft weiter behandeln.
Vielleicht gelingt es uns ja, ein Konstruk zu entwickeln, mit dem man wirklich eine interessante und originelle Zeitreisestory entwickeln kann.

Von mir aus auch in 2016 als Contest. ;)
Wir können uns also Zeit lassen, Etwas interessantes auf die Beine zu stellen. ;)

Max:

--- Zitat von: David am 23.11.14, 14:00 ---Aber es wäre nett, wenn wir dieses Thema auch in der Zukunft weiter behandeln.

--- Ende Zitat ---
Machen wir doch vielleicht gerade: Vielleicht ist ja einer von uns aus Zukunft gekommen, um die Sache jetzt auf den Tisch zu bringen ;) :D  :Ugly


--- Zitat von: David am 23.11.14, 14:00 ---Vielleicht gelingt es uns ja, ein Konstruk zu entwickeln, mit dem man wirklich eine interessante und originelle Zeitreisestory entwickeln kann.

--- Ende Zitat ---
:duck Den originellsten Ansatz für eine Zeitreisegeschichte wäre sicherlich der, dass man ihr gar nicht anmerkt, dass es eine Zeitreisegeschichte ist :D

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