Daher kam ich in den zweifelhaften Genuss von "Platos Stiefkindern" und "Der Plan der Vianer". Beides Episoden die ich eigentlich gar nicht leiden kann... und beides Episoden die dicht aufeinander folgen und dabei fast identisch sind.
Beide Folgen sind wirklich sehr ähnlich - sie stellen immer eine Grundprämisse voran.
Zb das Aufgebaute (ungerechte) Utopia dessen Bewohner so träge sind, dass sie zwar Geistige Fähigikeiten von ungeheurer Macht besitzen - aber die kleinste Wunde sie töten kann, da sie keine Krankheiten mehr gewohnt sind und ertragen können. Beim Plan der Vianer ist das Szenario genau umgekehrt, auch wenn es sich langsamer enthüllt - das Sternensystem wir bald in einer Supernova verglühen. Und da nur eine Spezies gerettet werden kann, testet man deren Vertreter auf gute Eigenschaften... während die Enterprise Crew als Versuchsobjekte herhalten muss.
Beides sind keine schlechten Prämissen, beide scheitern aber an derselben Sache: Ein grossteil der Folgen bestehen aus Folterszenen von Kirk, Spock und McCoy die noch dazu in relativ überschaubaren, kleinen Studiokulissen stattfinden, während man sich um die eigentliche Grundprämisse kaum noch Gedanken macht.
Das macht das ganze nicht nur langweilig weil es sich immer und immer wiederholt, sondern auch relativ uninteressant. Beide Episoden bieten kaum Ansatzpunkte oder Wow-Momente... die meiste Zeit wendet man sich eher peinlich berührt ab. Daran hat auch mein Rewatch nichts geändert... Die Folgen werden bei mir weiterhin auf der roten (kaum geschauten) TOS Liste sitzen bleiben.
"Platos Stiefkinder" ist in der Umsetzung wirklich sehr unangenehm. Das reduziert übrigens auch den hochgelobten Kuss zwischen Kirk und Uhura ordentlich, weil die Folge es meiner Erinnerung nach doch wirklich so darstellt, als kämpften beide dagegen schon sehr dagegen an. Klar, das ist nicht verwunderlich, weil sie diese Intimität ja nicht freiwillig begehen, aber dann ist eben auch kein Zeugnis für einen normalen Umgang der Leute unterschiedlicher Hautfarbe.
Ich mag die Prämisse eigentlich auch, das Problem ist nur, dass wir das Prinzip - "unsere alten Götter" sind Außerirdische - schon gut kennen.
Beim "Plan der Vianer" bin ich zwiegespalten. Die Sets liebe ich geradezu, weil das so Reduzierte beinahe schon stilvoll ist. Im Gedächtnis geblieben ist mir, wie unheimlich ernst, fast schon brutal diese Folge ist, in jedem Fall, wenn man den TOS-Maßstab anlegt. Das hebt die Episode von anderen ab und wirkte auf mich schon auch beeindruckend. Aber ob das die Folge gut macht? Tja! Natürlich nicht unbedingt, aber im Gegensatz zu anderen TOS-Beispielen wird hier die Bedrohlichkeit der Situation doch spürbar.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Plan der Vianer noch weiß: Sie wollten doch testen, ob das Volk der jungen Frau "rettenswert" ist, nicht wahr? Wenn sie es retten würden, wer hätte dann das Nachsehen?
Da ich zum Ausgleich noch etwas besseres brauchte bin ich auch noch bei "Computer M5" hängen geblieben... eigentlich der direkte Vorläufer von HAL9000. Die Episode ist zweifellos eine der sehr guten in Star Trek - uns sie bietet einige geniale Dialoge. Im Nachhinein weisst die Folge aber eine interessante Zerissenheit in der Serie auf;
Star Trek gilt ja nicht zu unrecht als recht Technologie- und Fortschrittsgläubig. Das wird in dieser Folge fast komplett negiert. Plötzlich ist die Technik die in der Serie alles ermöglichte.... böse. Die Folge setzt deutlich auf den menschlichen Aspekt. Sogar Spock ist da relativ schnell dabei, was sehr erstaunlich ist. Insgesamt fällt die Folge damit etwas aus dem Start Trek Konzept heraus, dass stillschweigend die Supertechnologien propagiert.
Sogar Kirk, Spock und McCoy stehen am Ende gar nicht mehr wie die Forscher da als die man sie kennt... eher als Mahner und Leute die mit dem aktuellen Status Quo einverstanden sind. Technik ist gut, so wie sie ist. Aber bitte auch nicht weiter.
Ich glaube, die Grenze der Fortschrittsgläubigkeit verlief in TOS immer (und konsequent) dort, wo der Computer nicht mehr wirkmächtig ausführte, sondern bestimmte.
Die besten Beispiele sind sicherlich "Landru und die Ewigkeit", "Die Stunde der Erkenntnis", "Spocks Gehirn", "Der verirrte Planet", aber wohl auch "Der dressierte Herrscher".
Hier haben wir natürlich insofern die Ausnahme, dass es unsere Helden mit einer internen Technologie zu tun bekommen und nicht mit der einer fremden Zivilisation. Aber an sich bleibt das Prinzip erhalten: Computer sollen Werkzeuge bleiben und je ausgereifter die Werkzeuge sind, desto besser ist es für die Benutzer; nur wirklich ersetzen können die Werkzeuge die Benutzer nicht und dass sie dazu auch nicht in der Lage sind, spüren unsere Helden wohl schon, als das "Wegrationalisieren" anfängt, auch wenn sie die Gewissheit für die Richtigkeit ihrer Empfindung erst dann haben, als M5 das Morden beginnt.
Die Folge ist fraglos gut, leider krankt sie mMn daran, dass eigentlich gar nicht klar wird, warum M5 austickt. Dass er Daystroms Selbsterhaltungstrieb besitzt, erklärt mMn nämlich nicht, warum er einen automatisierten Frachter
*) jagen und zerstören muss oder Lebewesen töten will, die ihn simuliert angreifen.
Interessant ist, dass es gerade die Menschlichkeit ist, die den Computer böse macht, obwohl der eigentliche Tenor der Folge ja lauten sollte, dass wirklich weise Entscheidungen nicht berechnet werden können (was, wie so oft, auch einen Seitenhieb gegen Spocks Logik darstellt). Dieser Aspekt wird nicht aufgelöst, glaube ich.
Aber was wirklich auch stimmt, ist, dass die Folge ein paar geniale Zitate hat, in Dialogen, oder auch für sich:
Kirk, als M5 im Maschinenraum einen Techniker zerstrahlt:
"Das war kein Unfall mehr, das war Mord!"
Oder McCoy, während Daystrom auf der Brücke M5 zur Aufgabe überreden will:
"Jim, der kriegt uns einen Nervenzusammenbruch!"
*) Es ist erstaunlich, dass dem ersten krassen Übergriff von M5 ein "Artgenosse" zum Opfer fällt.
Wir lernen - na gut, wir wussten es wahrscheinlich schon seit "Where no man has gone before" - zum einen ganz nebenbei, dass die Sternenflotte schon vollkommen automatisierte Schiffe betreibt, noch dazu Schiffe, die dazu nicht state of the art sein mussten. Das unterstützt die Ansicht, dass der eigentliche Paradigmenwechsel also nicht Schiffe ohne Besatzung, sondern Schiffe mit einem Computer sind, der nicht programmiert Anweisungen befolgt, sondern selber welche schafft.
Zum anderen ist es also gerade das Ende einer Ansammlung von Technik, durch das die Crew besonders hellhörig wird, bzw. frühe Indizien für ihre These hat, M5 sei ein Fehlschlag. Natürlich ist der Grund für diese Szene, dass man nicht gleich ein Menschenleben opfern wollte, weil sich die Dramaturgie ja steigern musste. Trotzdem nicht uninteressant, dass etwas Unbelebtes sozusagen zu einem Opfer einer falschen künstlichen Entscheidung stilisiert wird, geradezu als wäre es Kirk, McCoy nicht egal, wie es einem automatisierten Frachter (er)geht.