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Der Feind/Antagonist/Horror etc.

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SSJKamui:
Stimmt. So ein Racheplot eines Verbrechensopfers ist ja auch typisch für Geistergeschichten. Eines der bekanntesten neuesten Beispiele dürften die Yurei sein, eine Form japanischer Geisterfrauen, die im letzten Jahrzehnt zu extremer Bekanntheit auch in Westmedien schaffte. (Die berühmtesten Beispiele dafür sind The Ring, Der Fluch und die Spielereihe F.E.A.R.)

Auch bei künstlichen Menschen wie Frankenstein etc. spielt das Element der Rache eines Opfers ja eine Rolle.

Dies passt auch gut zur typischen Funktion von Gegnern in Horrorgeschichten. Diese sind zum Einen nämlich die Strafe (oder Vollstrecker der Strafe) dafür, dass die Gesellschaft oder die Protagonisten im Speziellen Grenzen überschritten und sich in etwa "Versündigten". Zum Beispiel durch wissenschaftliche Versuche (Frankenstein) oder Ähnliche Recherchen um an Biowaffen zu kommen (Die Ereignisse in Alien sind auch ausgelöst wurden durch den Versuch von Weyland Yutani, die Aliens zu suchen um diese als Biowaffen zu benutzen. Bei den Metroid Spielen ist es ähnlich mit den Metroids und im Resident Evil Franchise waren auch illegale Biowaffenversuche die Ursache für alles) oder beispielsweise unkonkreter Gesellschaftliche Ereignisse/Missstände. (Bei der Figur Leatherface gibt es einige Anspielungen, dass dieses "Ungeheuer" auch durch die Verarmung der amerikanischen Arbeiterklasse, Arbeitslosigkeit etc. erzeugt wurde. (Der Stammte aus einer Familie von Fleischereiarbeitern die vom wirtschaftlichen Verfall und Arbeitslosigkeit bedroht waren.))

Das Böse, was durch Grenzüberschreitungen oder Sünden der Gesellschaft ausgelöst wird taucht auch in nicht Horror Filmen auf. (Ein Non Horror Beispiel ist der Film Akira, mit dem Gerede "Es gibt Energieformen, die der Mensch nicht kontrollieren kann" etc. und den Experimenten, die dann amoklaufende Mutanten und Explosionen durch unkontrollierbare Energieentladungen zur Folge haben.)

Bei Typen von Gegnern habe ich eben auch noch eine Dr.Jeckyll und Hyde Variante vergessen. Das Böse/der Gegner nicht als Person sondern als Transformation. Beispielsweise Kafkas die Verwandlung, einige Mutantenfilme, Akira ein wenig (genau so wie die Borg Assimilation ein wenig) und die Tetsuo Reihe. Da ist nicht das Problem der Protagonisten, das Böse zu bekämpfen, sondern zu verhindern, dass man selbst zum "Bösen" wird. Der Gegner ist kein Wesen sondern ein Prozess, indem sich die Protagonisten wider Willen befinden.

ToVa:
Die in meinen Augen schlimmsten Gegner sind jene die in gewissen Zwangsläufigkeiten feststecken bzw. auch die ganz Rationalen. Gerade auch deswegen weil sie nicht so eindimensional sind.

Adrian Veidt ("Watchmen") ist zB so ein Gegner, der rational handelt - so das der Leser/Zuschauer fast schon nickt und sich selber die Frage stellen muss, "Kann man das anders machen?" Zb die Ermordung von 20 Mio Mneschen ist natürlich böse par excellence... aber was wenn damit die Rettung des Weltfriedens und damit das Wohl von mehreren Milliarden dran hängt, wie er argumentiert?

Bei Star Trek wäre so ein Gegner zB Vger... denn; Warum nicht das ganze Universum als Datenmuster speichern? Passt doch! Auch General Chang in ST VI tendiert in die Kategorie... er handelt "böse" weil er keine Veränderung des Status will. Er argumentiert sogar damit das die Klingonen durch eine Anbindung an die Föderation ihre kulturelle Identität gefährden... Schaut man was die Serien TNG/DS9 später mit den Klingonen gemacht haben, *hust* hatte Chang nicht ganz Unrecht.

Auch Star Wars verfügt (in Teilen) über so eine Figur: Count Dooku. Dieser führt die Droiden-Allianz an, gegen die Republik... in einer Szene versucht der Obi-Wan auf seine Seite zu ziehen indem er ihm sagt das dies die einzige Wahl sei, da die Republik von den Sith unterwandert sei. Was ja stimmt... mit Palpatine hat ein Sith Lord das Kommando über die Republik übernommen. So gesehen hat Dooku Recht... (leider, und dafür könnte ich Lucas heute noch treten, nutzt dieser die Chance nicht, sondern macht Doku am Ende zu eindimensional, weil dieser tatsächlich mit Palpatine verbündet ist).

David:
Apropos, Frankenstein.

Ich hoffe es wurde nicht schon erwähnt und ich habe es - da ich schon  ein wenig Müde bin (grad erst zu Hause) - überlesen.

Interessant ist auch der Feind/Gegner, der im Film für die Charaktere und den/die Zuschauer den Bösewicht darstellt, dies aber eigentlich gar nicht ist.

Frankenstein - bzw. das Monster von Dr. Frankenstein, ist ja gar kein Bösewicht sondern wird einfach nur aufgrund seiner Fremdartigkeit von den Menschen (Dorfbewohnern oder so) als solcher angesehen, was aber eigentlich nicht der Fall ist.
Ich glaube T'Pol hatte - als sie in einer ENT Folge den Film gesehen hatte - Parallelen zu der Beziehung Vulkanier - Menschen gezogen.

Das ist auch eine sehr interessante Herangehensweise, IMO. ;)

SSJKamui:

--- Zitat von: David am 07.03.12, 00:14 ---Apropos, Frankenstein.

Ich hoffe es wurde nicht schon erwähnt und ich habe es - da ich schon  ein wenig Müde bin (grad erst zu Hause) - überlesen.

Interessant ist auch der Feind/Gegner, der im Film für die Charaktere und den/die Zuschauer den Bösewicht darstellt, dies aber eigentlich gar nicht ist.

Frankenstein - bzw. das Monster von Dr. Frankenstein, ist ja gar kein Bösewicht sondern wird einfach nur aufgrund seiner Fremdartigkeit von den Menschen (Dorfbewohnern oder so) als solcher angesehen, was aber eigentlich nicht der Fall ist.
Ich glaube T'Pol hatte - als sie in einer ENT Folge den Film gesehen hatte - Parallelen zu der Beziehung Vulkanier - Menschen gezogen.

Das ist auch eine sehr interessante Herangehensweise, IMO. ;)

--- Ende Zitat ---

Stimmt. Wenn gar nicht erst klar ist, was der "Feind" überhaupt will kann diese Unsicherheit auch sehr dazu beitragen, dass der "Feind" unheimlicher wird. Ein extremes Beispiel ist die Zone im Film Stalker. Da ist noch nicht einmal klar, was passiert ist.  Es ist nur ein großer Teil Land scheinbar Verseucht und zum Sperrgebiet erklärt nach erfolglosen Versuchen des Militärs, das Ganze unter Kontrolle zu bringen. Es ist nicht mal klar, ob dies ein Unfall war oder geplant war, von irgendjemanden, oder wer oder was überhaupt dahinter steckte. Die genauen Effekte der Zone auf die Menschen werden ebenfalls nicht erklärt, es wird aber angedeutet, dies kann tödlich sein und selbst wenn es nicht zum Tode führt unter Anderem zu körperlichen Schäden wie Haarausfall oder genetischen Missbildungen in späteren Generationen führen. Dies ist für mich deshalb (und wegen einiger unbeabsichtigter aktueller Bezüge) eines der unheimlichsten Sci Fi Konzepte ever und war deshalb auch eines der direkten Vorbilder meiner Caine.

Zum Thema "nicht wirklich Böse", es gibt ein Alienkonzept von Lovecraft mit der Überlegung, unsere ganze Wahrnehmung etc. ist an die Erde angepasst und wirkliche Aliens hätten so fundamental andere Bedingungen der Evolution und würden sich deshalb so anders entwickeln, dass unser an die Erde angepasster Verstand sie nicht wirklich verstehen oder noch nicht mal wirklich erkennen könnte, wenn nicht sogar der Kontakt mit diesen Aliens sogar direkten Schaden anrichten könnte am menschlichen Geist, da dies die Grenzen unseres Denkens auf dermaßen fundamentale Weise sprengen könnte. (Es gibt reale Überlegungen, dass das Thema Unendlichkeit in zu genauer Betrachtung für den menschlichen Verstand durchaus in ähnlicher Weise gefährlich sein könnte, da für uns ein elementares Faktum ist, dass etwas enden muss. ) Lovecraft meinte, diese Aliens seien durch ihre fundamentale Andersartigkeit die schlimmstmögliche Bedrohung für die Menschheit. (Was teilweise von anderen Autoren zu extremen Klischees geführt hatte wie Leute, die diesen Aliens Jungfrauen opfern etc.) Einige Guides zu dem Thema haben aber die Meinung, diese Art von Aliens muss obwohl sie Fremd ist gar nicht Böse sein. Die könnten entweder genau so viel Angst vor Uns haben wie wir vor ihnen oder potentielle Partner sein, was alles an der mangelnden Kommunikation scheitern würde. Ich finde den Gedanken faszinierend  und auch besonders für Star Trek passend. V'Ger wird ja von manchen dieser Guides auch als Beispiel eines solchen "guten" Aliens dieser Variante gesehen, was zuerst nur scheinbar als Bedrohung agiert.

Wie gesagt, diese Überlegungen finde ich extremst faszinierend.

Dazu passt auch folgendes Gegnerkonzept genannt Paranoide Fiktion/Paranoider Horror. Grundüberlegung davon ist, es gibt ja viele psychisch Kranke mit Wahnvorstellungen. Was wäre, wenn nur eine einzige Wahnvorstellung gar keine Illusion gewesen wäre, sondern Wirklichkeit und die Begegnung damit die Ursache der Krankheit? Unter Anderem zählt man zu diesem Konzept viele Werke von Lovecraft, Franz Kafka und Phillip K. Dick und auch das Werk 1984 von George Orwell. Der Gegner kann da viele Formen haben, von Aliens über KI, Überwachungs-/Polizeistaaten bis zu Aliens etc. Meistens aber sind solche Gegner scheinbar übermächtig und können mühelos überall auftauchen und aktionen durchführen. Sie wissen meistens wahrscheinlich auch viel über den Protagonisten, während der Protagonist fast gar nichts über den Antagonisten weiß und der Antagonist zielt irgendwie beabsichtigt oder unbeabsichtigt auf den Verstand der Protagonisten ab. Dabei kann auch die Realität selbst in Frage gestellt werden. Häufig am Ende solcher Geschichten kommen die Protagonisten auch in die Psychiartrie und ihr Erlebtes wird als Wahnvorstellung abgetan, sodass niemand weiß, was wirklich für Kreaturen lauern in der Welt.

Diese Art von Gegnerkonzeption bietet sich eigentlich auch zur Frage an, ob der Gegner nicht wirklich nur eingebildet war.

David:
Wow, das geht hier ja ab.
Fast schon philosophisch.

Deine Überlegungen und Beispiele sind wirklich faszinierend SSJ.
Da kommt man ins Grübeln.

Und ich stelle fest, dass ich um so mehr Bock darauf bekomme, diesen Roman asbald in Angriff zu nehmen,

Danke, auch wenn es nicht der Sinn dieses Threads war (oder vielleicht doch? ;)), hat mir das sehr geholfen.

=A=

Vielleicht hätte dieses Thema auch heißen können >> Antagonisten - von Feindbildern, Vorurteilen und .... na ja, was auch immer.

Feinde und Gegner der Hauptfigur hier gleich mit Horror gleichzusetzen ist irgendwie... na ja.

=A=

Jetzt aber btt.

=A=

Ich frage mich, warum es in Filmen und Serien immer wieder so erfolgreich gelingt, frühere Gegner/Feinde so erfolgreich zu Freunden/Alliierten der Hauptakteure zu machen, dass sie sogar zu Sypmathieträgern der ganzen Serie werden können.

Bestes Beispiel, das mir gerade einfällt: Spike aus Buffy.

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